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3 Fragen an …
In lockerer Folge beantworten Menschen, die hinter dem Elternnotruf stehen, drei persönliche Fragen. Diesmal die Beraterin Rita Girzone und das Vorstandsmitglied Christoph Walder.
Rita, warum arbeitest du für den Elternnotruf?
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Noch während meines Masterstudiums in den USA war ich in der Elternberatung und Elternbildung tätig. Nach meinem Umzug in die Schweiz im Jahr 1991 arbeitete ich viele Jahre in verschiedenen sozialpädagogischen Einrichtungen mit Säuglingen, Kindern und Eltern. Danach arbeitete ich 16 Jahre lang mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Psychologielehrerin und Schüler:innen-Beraterin. Parallel dazu begann ich, mich mit Achtsamkeit und Selbstmitgefühl zu befassen, und liess mich anschliessend zur Lehrerin für «Mindful Self-Compassion» und «Mindful Parenting» ausbilden.
Als ich Anfang 2021 auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung war, weckte die offene Stelle beim Elternnotruf mein Interesse. Während der Bewerbungsgespräche wurde mir immer klarer, dass der Elternnotruf und ich gut zusammenpassen könnten, was sich in den letzten rund anderthalb Jahren bestätigt hat. Bei der Beratung von Eltern mit Kindern unterschiedlichen Alters kann ich auf meine Erfahrungen aus den letzten dreissig Jahren zurückgreifen. Auch die Haltungen und Praktiken der Achtsamkeit und des
Selbstmitgefühls kann ich in meine Beratungsarbeit einfliessen lassen. Ich finde es spannend und erfüllend, Eltern telefonisch, persönlich, aber auch per Mail und durch Bildungsveranstaltungen auf ihrem Weg zu unterstützen. Den Austausch und die gegenseitige Unterstützung im kleinen und hochkompetenten Team empfinde ich als sehr bereichernd.
Was möchtest du Eltern mit auf den Weg geben?
Alle Eltern, die sich an uns wenden, wollen es mit ihren Kindern gut machen. Sie möchten eine positive Familienatmosphäre schaffen, in der sich ihre Kinder gesund entwickeln können. Manchen Hilfesuchenden fehlt es vielleicht an Wissen – zum Beispiel über Kindesentwicklung – oder an praktischen Werkzeugen, wie sie die guten Ideen im Alltag umsetzen können. Andere sind zuweilen überfordert, weil zum Beispiel viele Herausforderungen auf einmal auftreten oder weil ihr Kind ein besonders schwieriges Verhalten zeigt. Andere sind erschöpft, weil sie versuchen, ihren Kindern so viel wie möglich zu geben und sich dabei selbst vergessen.
In allen Fällen möchte ich den Eltern vermitteln, dass ich sie, ihre Gefühle und Bedürfnisse wahr- und ernst nehme und dass diese verständlich sind. Ich möchte sie daran erinnern, dass sie mit ihrer Überforderung oder Unsicherheit nicht allein sind, sondern dass diese zum Menschsein und zum Elternsein dazugehören. Ich versuche, Eltern ihre Ressourcen bewusst zu machen und ihnen einfache Werkzeuge mitzugeben, um selbst in sehr herausfordernden Situationen präsent und verbunden zu bleiben, sowohl mit sich selbst als auch mit ihren Kindern. Denn aus dieser Präsenz und Verbundenheit heraus können Eltern –wie auch Kinder – wirksame Lösungsschritte entwickeln.
Woraus ziehst du persönlich Kraft?
Die Natur gibt mir viel Kraft. Ich gehe so oft wie möglich im nahe gelegenen Wald spazieren und versuche – mit mehr oder weniger Erfolg –, so achtsam wie möglich zu sein und die Bäume, das Vogelgezwitscher und meine eigenen Schritte bewusst wahrzunehmen. Auch meine morgendlichen Körperübungen und Meditation tun mir sehr gut. Meine nahen Beziehungen, zu meinem Mann, zu guten Freundinnen und Familie, geben mir ebenfalls Kraft. Tanzen und Lachen tun mir sehr gut, und mein wöchentlicher Betreuungstag mit meinen beiden kleinen Enkelkindern hält mich frisch und macht viel Spass.
3 Fragen an …
Christoph, warum arbeitest du für den Elternnotruf?
Als Kinder- und Jugendpsychiater in der Praxis kenne ich die Nöte von Eltern mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen aus meiner täglichen therapeutischen Arbeit. Wir Psychiater und Psychologen versuchen, für unsere Klientinnen und Klienten da zu sein, wenn sie uns brauchen; ein regelmässiges 24-Stunden-/365-TageAngebot können wir aber nicht leisten. Vor allem können wir keine Aufgaben für Eltern in einer Notlage übernehmen, die nicht bereits unsere Klienten sind.
Ich bin deshalb sehr froh und dankbar für das Rund-um-die-Uhr-Beratungsangebot des Elternnotrufs. Es steht allen Eltern jederzeit offen, sei es in einer einmaligen Krisensituation oder für eine längere schwierige Phase der Familienentwicklung.
Gerne helfe ich darum im Vorstand mit, für die professionellen und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Beratung möglichst optimale Rahmenbedingungen zu schaffen und zu erhalten, sodass Eltern in einer Notlage schnell und erfolgreich die Unterstützung bekommen, die ihnen weiterhilft.
Du arbeitest schon seit ein paar Jahren für den Elternnotruf…
Ich übernahm die Aufgabe 2014 von meiner Vorgängerin, einer Kinderpsychiaterin und Kollegin. Zunächst musste ich dazu von ihr wie auch vom damaligen Geschäftsführer, der mich aus einem beruflichen Kontext kannte, mehrfach angeschubst werden – ich fürchtete die zusätzliche zeitliche Belastung. Unterdessen möchte ich die interessante Aufgabe nicht mehr missen. Zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern, der Präsidentin und den Geschäftsführerinnen die Geschicke des Elternnotrufs begleiten zu dürfen, die Entwicklung mitzugestalten, sich über Erfolge freuen zu können und auch mal Rückschläge verkraften zu müssen, macht im Hinblick auf das wichtige Angebot des Elternnotrufs sehr viel Sinn.
Woraus ziehst du persönlich Kraft? Gerne wandere ich auf den Wegen «unseres» abgelegenen Bündner Tals, besuche ich Konzerte mit alter Musik, lerne seit meiner Teilpensionierung ein neues Instrument; ich lese gerne und koche für mich und meine Frau, die noch intensiv im Arbeitsleben steht. Auch zu erleben, welche Wege unsere erwachsenen Töchter gehen, macht Freude.
Fachlich sind mir neben der Arbeit im Team meine langjährig vertrauten Kollegen und Kolleginnen in Supervisions- und Intervisionsgruppen wichtig sowie die gelegentlichen Sitzungen bei meinem Therapeuten, der mich seit vielen Jahre begleitet und gut kennt.
