Dr. med. Martin Bachmann, Hamburg; Prof. Dr. med. Wolfgang Eichler, Neustadt; Dr. med. Hans-Joachim Frercks, Malente; Dr. med. Volkhard Kurowski, Ratzeburg; Dr. med. Martin Lindig, Lübeck; Dr. med. Amitava Majumder, Hamburg; Dr. med. Manio von Maravic, Marbella, Spanien; Dr. med. Anne Paschen, Hamburg; Dr. med. Cord Schneuzer, Hamburg; Dr. med. Karsten Schwarting, Hamburg; Anja Voß, Neustadt; Prof. Dr. med. Tilman Wetterling, Berlin
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Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.
Begründer der Reihe: Dr. Arne Schäffler, Ulrich Renz
[A400] Reihe Pflege konkret, Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München [F288–01] Adaptiert mit Genehmigung des Journal of the American College of Surgeons, ehemals Surgery Gynecology & Obstetrics
[F783–002] Campeau, L.: Letter: Grading of angina pectoris. In: Circulation 54/3, September 1976, pp. 522–523
[F818–001] Forrester, J. S., Diamond, G. A., Swan, H. J.: Correlative classification of clinical and hemodynamic function after acute myocardial infarction. In: American Journal of Cardiology 39/2, February 1977, pp. 137–145
[F819–001] Busse, O., & Straeten, V.: Konzept zur besseren Versorgung von Schlaganfallpatienten. In: Psycho: Psychiatrie, Neurologie, Psychotherapie, Psychosomatik für Klinik und Praxis, Ausgabe 23, 8/1997, S. 488–493 [G289] Diener, H.-Ch. (Hrsg.): Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, 5. Auflage, Stuttgart 2012, Georg Thieme Verlag
[G399] Müller-Plathe, O.: Säure-Basen-Haushalt und Blutgase, 2. Auflage, Stuttgart 1982, Georg Thieme Verlag [G400] Querschnitts-Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. Herausgegeben von der Bundesärztekammer auf Empfehlung ihres Wissenschaftlichen Beirats, 4. Auflage, Köln 2009, Deutscher Ärzte-Verlag [L106] Henriette Rintelen, Velbert [L157] Susanne Adler, Lübeck [L190] Gerda Raichle, Ulm [L215] Sabine Weinert-Spieß, Neu-Ulm [L234] Helmut Holtermann, Dannenberg [M184] Dr. med. Roland Preuss, Ratzeburg [M246] Dr. med. Manio von Maravic, USP Hospital de Marbella, Unidad de Neurología, Marbella, Spanien [T125] Prof. Dr. med. Ulrich Stierle, Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck [T792] Dr. med. Karsten Schwarting, Klinik für Innere Medizin, Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg gGmbH [V213] PULSION Medical Systems SE, Feldkirchen [W798] World Health Oganization (WHO), Genf, Schweiz [W916] Morbidity and Mortality Weekly Report (MMWR), Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, USA
1.4 Verlegung eines Patienten von Intensivstation 11
1.5 Organisation einer Intensivstation 11
1.5.1 Interdisziplinäre Zusammenarbeit 11
1.5.2 Burn-out-Risiko 12
1.5.3 Hygiene auf der Intensivstation 13
1.6 Sterben und Tod des Patienten 15
1.6.1 Der sterbende Patient 15
1.6.2 Totenbescheinigung (Leichenschauschein) 16
1.6.3 Hirntoddiagnostik 16
1.6.4 Organspende und -transplantation 17
1.6.5 Obduktion 18
1.7 Rechtliche Probleme 19
1.7.1 Aufklärungspflicht 19
1.7.2 Einwilligung 19
1.7.3 Behandlung gegen Patientenwillen („Zwangseinweisung“) 20
1.7.4 Patientenverfügung 22
1.8 Der Problempatient auf der Intensivstation 22
1.8.1 Der „infektiöse Patient“ –Nadelstichverletzung 22
1.8.2 Der suizidale Patient 24
1.8.3 Der aggressive Patient 24
1.8.4 Der drogenabhängige Patient 25
1.8.5 Der Patient mit Diabetes mellitus 26
1.8.6 Der geriatrische Patient 26
1.8.7 Der Patient mit Post Intensive Care Syndrome (PICS) 27
1.9 Kommunikation mit Angehörigen 28
1.1 Patientenaufnahme
1.1.1
Erste Maßnahmen
Nach der Aufnahmeuntersuchung (▶ 1.2) muss entschieden werden:
• Nahrungskarenz: absolute Nahrungskarenz, solange dringende op. Eingriffe (z. B. Laparotomie) oder invasive diagnostische Prozeduren (z. B. Koronarangiografie, Phlebografie, Bronchoskopie, CT mit KM) nicht ausgeschlossen sind
• Schmerzbehandlung (▶ 17.1): effektive Analgesie senkt z. B. bei Herzinfarkt den myokardialen O2-Verbrauch!
• Sedierung (▶ 17.2): rel. KI: V. a. zerebrale Blutung, Atemwegsobstruktion, V. a. Intoxikation
• Intubation und Beatmung (▶ 3): frühzeitig v. a. nach Polytrauma und bei drohendem ARDS. Tendenz der Atemfrequenz und pO2-Verschlechterung entscheidender als absoluter pO2!
• Monitoring (▶ 2.1)
• Parenterale Ernährung (▶ 4.1)
• Bei blindem oder schwerhörigem Pat. Info an Personal (ggf. Zettel ans Bett!). Alle Prozeduren vorher erklären, sich bei jedem Patientenkontakt vorstellen
1.1.2 Notfalluntersuchung
Bei Aufnahme auf die Intensivstation sind initiale Ther.-Maßnahmen meist vordringlich, daher zunächst nur problemorientierte Kurzuntersuchung (Kontrolle der Vitalfunktionen). Ausführliche Untersuchung nachholen!
• Anamnese (z. B. Schmerzbeginn bei Ang. pect.), möglichst Fremdanamnese: Vorerkr., Medikation
• Dringliche Diagnostik festlegen:
– EKG, Temperatur, Sauerstoffsättigung (obligat)
– Ggf. BGA, Notfalllabor, Rö-Thorax, Echo, Sono
1.2 Körperliche Untersuchung
1.2.1
Allgemeine Untersuchung
Allgemeine Einschätzung
• Allgemeinzustand (AZ) und Ernährungszustand (EZ): gut, reduziert, stark reduziert?
• Diagnostik und Vorgehen bei Koma und Präkoma nach Glasgow Coma Scale (▶ 5.2.3): Konzentrationsfähigkeit? Orientierung zu Raum, Zeit und Person (Verwirrtheit ▶ 9.1.2)? Kontaktfähigkeit? Körperhaltung?
– Rhythmus: regelmäßig, unregelmäßig, peripheres Pulsdefizit (▶ 6.2.7), Pulsus paradoxus (Puls wird bei Inspiration deutlich schwächer → Hinweis auf Perikarderguss mit Tamponade oder schweren Asthmaanfall)
• Blutdruck: Seitendifferenz > 20 mmHg path., Manschette sollte ⅗ des Oberarms bedecken (bei kleineren Manschetten falsch hohe RR-Werte). Distaler Rand mindestens 3 cm oberhalb der Ellenbeuge. Cave: Bei Dialysepatienten nie am Shuntarm messen, bei Hemiplegikern nicht an der gelähmten Seite!
• Herzinspektion, -palpation und -perkussion: Pulsationen (z. B. bei Aorteninsuff. im 2. ICR parasternal), Herzspitzenstoß (normal im 5. ICR, MCL; bei Linksherzhypertrophie hebend, verbreitert und nach außen unten verlagert)
Herztöne (HT)
• 1. Herzton: tiefer Myokardanspannungs- bzw. AV-Klappenschlusston. P. m. 3. ICR li parasternal = „Erb“. An der Herzspitze lauter als der 2. HT – Laut bei Stress: Fieber, Anämie, Schwangerschaft – Paukend bei Mitralstenose
–
Gedämpft bei Kontraktilitätsverminderung: Myokarditis, Infarkt, Herzinsuff., Perikarderguss
– Hörbar gespalten z. B. bei Schenkelblock
• 2. Herzton: höherfrequenter Semilunarklappenschlusston. P. m. 2. ICR li bzw. re parasternal:
– Laut bei Aortensklerose, Hypertonus
– Gedämpft oder fehlend bei Aortenstenose
– Physiologische, bei Inspiration verstärkte Spaltung: Aortenklappe schließt vor Pulmonalklappe
– Paradoxe Spaltung (Pulmonalklappe schließt vor Aortenklappe, in Exspiration verstärkt) bei Linksschenkelblock, Hypertonus, Aortenisthmusstenose
– Fixierte Spaltung bei ASD
– Weite Spaltung bei pulmonaler Hypertonie und Rechtsschenkelblock
• 3. Herzton: ventrikulärer Füllungston in der frühen Diastole → protodiastolischer Galopp. DD: im Vergleich zum 2. HT später, im Vergleich zum Mitralöffnungston dumpfer und ebenfalls später. P. m. Herzspitze. Beim Erwachsenen nur bei rascher Ventrikelfüllung hörbar: Mitralinsuff., Herzinsuff. (Vorlast ↑). Bei Kindern und Jugendlichen häufig und physiologisch
• 4. Herzton: niederfrequenter Vorhofkontraktions- und Myokardfüllungston kurz vor dem 1. HT → präsystolischer Galopp. DD: im Vergleich zum 1. Anteil eines gespaltenen 1. HT leiser und gegenüber dem 2. Anteil des 1. HT anders klingend. P. m. Erb. Hörbar bei verstärkter Vorhofkontraktion bei Herzinsuff., häufig bei Hypertonus, Aortenstenose, Myokardinfarkt. Bei Jugendlichen physiologisch. Fehlt bei Vorhofflimmern
Nebengeräusche
Jeweils Zeitpunkt, Lautstärke (übliche Skala ⅙–6⁄6), Frequenz (hoch-, niederfrequent), Atemabhängigkeit und P. m. bestimmen.
• DD Systolikum: Mitral- und Trikuspidalinsuff. (Pansystolikum). Aortenstenose (spindelförmig, fortgeleitet in die Karotiden), Pulmonalstenose; VSD (Frühsystolikum); Aorteninsuffizienz (Mittsystolikum); offener Ductus Botalli (Maschinengeräusch)
• Funktionelle Herzgeräusche: ohne organische Herzveränderung. P. m. meist nicht lokalisiert, selten holosystolisch: z. B. bei schwerer körperlicher Arbeit, Fieber (HZV ↑), Anämie (Viskosität ↓), Schwangerschaft, Hyperthyreose
• DD Diastolikum: Mitralstenose; Aorteninsuff. (frühdiastolisches Decrescendo); offener Ductus Botalli (Maschinengeräusch). Gelegentlich schwer abgrenzbar von Mitralöffnungston, 3. und 4. HT
Abdomen
• Inspektion: – Zeichen der Lebererkr. („Abdominalglatze“, Venenzeichnung?)
– Aufgetriebener Bauch: Faustregel zur DD „Fett, Fetus, Fäzes, Flatus (Luft), Flüssigkeit (Aszites) und Tumor“
• Palpation:
– Im schmerzarmen Bereich beginnen. Druckschmerz? Resistenzen (verschieblich, schmerzhaft, wie groß)?
– Bauchdecken weich oder Abwehrspannung? Loslassschmerz? Bruchpforten geschlossen?
Berührung der Kornea mit sterilem Wattestäbchen von der Seite → Lidschluss (Afferenz N. V1, Efferenz N. VII)
Tab. 1.2 Wichtige Kopf- und Hirnnerven (Forts.)
Hirnnerv Funktion
N. VII (facialis) Mimische Muskulatur
N. IX (glossopharyngeus)
Würgereflex (Afferenz)
N. X (vagus) Würgereflex (Efferenz)
Tonus der hinteren Rachenwand
N. XI (accessorius) M. sternocleidomastoideus, M. trapezius
N. XII (hypoglossus) Zungenmotorik
Reflexe
Klinische Untersuchung
Asymmetrie? Verstrichene Nasolabialfalte? Periphere Lähmung: komplett mit Lagophthalmus und Bell-Phänomen (beim Schließen der Augen wird auf der betroffenen Seite die Vertikaldrehung des Augapfels sichtbar)
Zentrale Lähmung: Stirnast intakt, Lidschluss funktioniert, kein Bell-Phänomen
Mit Spatel auf beiden Seiten getrennt den Würgereflex am weichen Gaumen auslösen
N. IX
Pat. „Aaaaa“ sagen lassen. Gaumensegelparese auf der kranken Seite
Kopf gegen Widerstand zur Seite wenden lassen und kontralateralen M. sternocleidomastoideus palpieren. Schultern hochziehen lassen und oberen Teil des M. trapezius palpieren
Symmetrie der herausgestreckten Zunge? Abweichung zur gelähmten Seite? Atrophie? Faszikulationen, Fibrillationen?
Eigenreflexe Funktionsstörungen der Pyramidenbahn führen zur Steigerung, periphere Nervenschädigungen zur Abschwächung der Eigenreflexe.
• Masseterreflex: N. V3
• PSR = Patellarsehnenreflex: L2–L4
• ASR = Achillessehnenreflex: (L5–)S1(–S2)
• Adduktorenreflex: (L2–)L3–L4
• BSR = Bizepssehnenreflex C5–C6
• RPR = Radiusperiostreflex: C5–C6
• TSR = Trizepssehnenreflex: C7–C8
Fremdreflexe Fremdreflexe sind bei spastischen Lähmungen oder bei Sensibilitätsstörungen gemindert oder erloschen (▶ Tab. 1.3).
Tab. 1.3 Fremdreflexe
Reflex Segment Prüfung (a: aktiv, p: passiv)
Kornealreflex N. V1 a: Berühren der Kornea p: Lidschluss
Würgereflex Nn. IX und X a: Berühren des Gaumens p: Würgen
Bauchhautreflex (BDR) Th8–Th12 a: Bestreichen des Bauchs von außen nach innen p: Kontraktion der Bauchhautmuskeln