piz Magazin No. 43

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#43

Sommer | Stà  2012

NameN gebeN uNd VermesseN

Von schartenhöhen und Nebengipfeln

[ muntognas ]

berge

VerkaufeN uNd schützeN

die schwierige aufgabe der touristiker

badeN uNd triNkeN

die Wassertradition aufleben lassen


JEDE

ROLEX

ZEUGT

VON

GROSSER

TECHNISCHER

LEISTUNG.

D I E YA C H T- M A S T E R I I W U R D E U R S P R Ü N G L I C H S P E Z I E L L F Ü R DIE

ANFORDERUNGEN

ERSTE

KO M P L I K AT I O N

PROGRAMMIERBARER

VON DER

SEGELPROFIS W ELT

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IST

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E N T W I C K E LT.

ALS

IHR

PAT E N T I E R T E R

EINEM

MECHANISCHEN

S P E I C H E R A U S G E R Ü S T E T, D E R D I E P E R F E K T E S Y N C H R O N I S I E R U N G M I T J E D E M R E G AT TA S TA R T E R L A U B T.

die yacht-master ii


INHALT / CUNTGNU Editorial. Die Berge rufen.

5

Namen geben und vermessen. Zuerst wurden sie ver-

6

messen und mit Namen versehen. Heute streitet sich die Wissenschaft, ob die Berge noch immer wachsen.

Alpen-Club auf Gratwanderung. Umweltschutz

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und Tourismus, rote Socken oder Funktionsbekleidung. Im SAC wird engagiert diskutiert.

Vermarkter und Umweltschützer. Ariane Ehrat

14

und Urs Wohler stehen an der Spitze der beiden Engadiner Tourismusdestinationen.

«Da wirt das gantze erdtrich brinnen.» Geht die

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Welt im Dezember unter? Nein, sagt der Churer Geologe Markus Weidmann, aber irgendwann viel später.

Graubündens höchste Wirtin. Silvia Bergo leitet das

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Berghaus Diavolezza auf 2978 m ü. M.

Die Farben der Natur versammelt. George Stein-

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mann sammelt seit 25 Jahren Mineralwasser-Pigmente, Steine und Flechten. Diesen Sommer stellt er im Zentrum für Gegenwartskunst in Nairs aus.

Heidi, Bond und Sennentuntschi. Die Berge als be-

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liebte Kulisse: Über zweihundert Spielfilme wurden im Engadin schon gedreht – und ungezählte Werbefilme.

Ohne Blitz und Donner in der Wand. Im Serlas Parc

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in S-chanf kann bei jedem Wetter geklettert werden: Der künstliche Berg steht in der schützenden Halle.

Ad fontes – Wasser wieder entdecken. Die Trink-

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hallen von Nairs und St. Moritz-Bad sollen aufleben.

Auch tief im Fels muss alles klappen. Davide Maz-

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zucchi kontrolliert tief im Bernina-Massiv die Druckstollen.

Geplant – und trotzdem zugebaut. Was kann und

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konnte die Raumplanung bewirken?

Der mit den Bergen kocht. Sternekoch Martin Gö-

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schel bringt Moosbrot und Arvenrauch auf den Tisch.

Alpinismus und Visionen im Museum. Im Museum

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Alpin in Pontresina entdeckt man Alpinismus, Kristalle, Tiere, alte Wohnkultur – und Bahn-Fantasien.

Bücher. Neuerscheinungen aus der Region in Deutsch

60

und Romanisch.

Pizzeria. Aktuelles aus Südbünden.

62

Vorschau. Impressum.

66

Titelbild und Bild rechts von Heiko Blankenstein. Titelbild: Detail aus «Crossbreed», 2012. Bild rechts: Detail aus «When you breathe in, I breathe out», 2009. Beides sind Leuchtkastenzeichnungen, 90 x 127 cm. www.heikoblankenstein.com


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Die Berge rufen Las muntognas cloman Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur

D

er Ausspruch gilt noch immer: «Der Berg ruft.» Und doch bleiben die Berge Orte des Schreckens, des Aberglaubens und der Geheimnisse.

Wir fürchten uns davor, aber sie strahlen gleichzeitig

L’

expressiun «la muntogna cloma» vala amo adüna. Adonta da quai restan las muntognas ün lö da schnuizi, da superstiziun e misteris. Tant

co ch’ellas ans fan temma, ans fascineschna eir. Chi

Faszination aus. Wer in Südbünden lebt, ist von vielen

chi viva in Grischun dal Süd, es circundà da munto-

Bergen umgeben. Die Menschen hier sind mit der

gnas. Quia es la populaziun di per di con- fruntada di-

Schönheit und den Gefahren jeden Tag direkt kon-

rectamaing cun lur bellezza e privels. Chi chi vain

frontiert. Wer aber für Ferien oder zur sportlichen He-

d’utrò in vacanzas o in tschercha da la sfida sportiva,

rausforderung anreist, will die Berge erleben, entde-

voul scuvrir las muntognas e tschercha l’aventüra.

cken. So sind es denn oft Gäste und Zugezogene, die

Perquai sun quels chi examineschan, interprete-

den Berg untersuchen, interpretieren, vermessen oder

schan e masüran oura las muntognas o tillas douvran

hier Filme drehen. Viele haben Ansprüche ans Ge-

sco motiv in lur films, pelplü giasts o fulasters. Blers

EDITORIAL

birge und nehmen es in Beschlag: Künstler, Wissen-

han eir aspettativas invers la muntogna e tilla confis-

Urezza Famos

schaftler, Bergsteiger, Naturliebhaber, Forscher. Da-

fisceschan: Artists, scienciats, alpinists, amatuors da

hinter steckt wohl der Wunsch, hier Neues zu erleben,

la natüra, perscrutaders. Davo quai as zoppa faquint il

dem Himmel nahe zu sein.

giavüsch da ramassar nouvas experienzas, d’esser plü

Vor allem aber sind die Berge in den letzten 150 Jahren

dastrusch pussibel al tschêl.

zusehends zum Freizeit-Ort geworden. Das hat die

Ils ultims 150 ons sun las muntognas dvantadas vie-

Diskussionen über die verträgliche Nutzung ange-

plü spazi per passantar il temp liber. Quai ha dat andit

heizt. Die Meinungen dazu gehen weit auseinander,

a discussiuns, quant ch’ellas cumportan insomma da

so weit wie die Nutzungen: Die einen bezwingen den

gnir trattas a nüz. Ils maniamaints van fermamaing

Gipfel immer noch zu Fuss oder auf den Skiern, andere

ourdglioter, tant sco’ls differents adövers: Ils üns til-

lassen sich lieber mit einer Bahn hinaufbringen. Aber

las vendschan amo adüna a pè o süls skis, oters as la-

beide Gruppen sind der Tourismusbranche willkom-

schan transportar sülla pizza. Tuottas duos gruppas

men. Die Begleiterscheinungen sind bekannt: Die ur-

sun baivgnüdas al sectur turistic. Ils fenomens secun-

banen Bedürfnisse werden heute auch in den hinters-

dars sun cuntschaints: ils bsögns urbans vegnan cun-

ten Tälern befriedigt – die Globalisierung macht vor

tantats hozindi eir aintasom las vals las plü isoladas –

unseren Gipfeln nicht Halt. Mit dieser piz-Ausgabe

la globalisaziun nu’s ferma neir davant nossa pizza. In

stellen wir Ihnen Menschen vor, die sich intensiv mit

quist’ediziun as laina preschantar persunas chi s’oc-

der Bergwelt beschäftigen.

cupan intensivamaing cul muond muntagnard.

Ein Hinweis: piz organisiert am 24. August in Vnà und

Avis: piz organisescha per vo als 24. auost a Vnà ed als

am 20. September in Chur, jeweils um 20 Uhr, span-

20. settember a Cuoira uras plain tensiun davart il

nende Stunden zum Thema Weltuntergang. Wenn Sie

tema da l’apocalipsa. Scha vo laivat esser da la partida,

dabei sein wollen, finden Sie alles Wichtige dazu auf

chattaivat tuot las infuormaziuns importantas sün

Seite 46. Und wenn Ihnen unsere Themen zusagen,

pagina 46. Scha noss temas as interessan, abunai il piz

zögern Sie nicht, piz zu abonnieren und weiterzuemp-

ed ans racumandai inavant! Vo ans pudaivat contac-

fehlen. Kontaktieren Sie uns per E-Mail oder rufen Sie

tar per email o per telefon.

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piz 43 : Sommer | Stà 2012

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Namen geben und vermessen Erst wurden die Berge vermessen und mit einem Namen versehen. Dann wurde diskutiert, was ein Berg, ein Gipfel oder nur ein unbedeutender Felszacken ist. Heute streitet sich die Wissenschaft, ob und warum die Berge noch immer wachsen.

Text: Walter Aeschimann Fotos: Marco Volken

G

laubt man dem Höhenmeter, sind die Berge im

Winter höher als im Sommer. Aber der Höhen-

cheli du Crest mit der Bitte an Haller, die Namen der

meter irrt, denn der Höhenmeter ist ja gar kein

sieben Berge auf einer beigelegten Skizze zu überprü-

Höhenmeter, sondern ein Barometer, das den aktuel-

fen. Das Schreckhorn und das Wetterhorn waren rich-

len Luftdruck misst und uns dann die Höhe angibt.

tig angeschrieben, Jungfrau, Mönch und Eiger aber

Wer bei kalten Temperaturen auf die Berge steigt, er-

falsch. Die schriftliche Antwort Hallers vom 30. Juli

hält vom Messgerät einen höheren Wert als bei war-

1754 ergab noch eine Verschlechterung. Crest veröf-

men. Die Abweichung ist marginal und das physikali-

fentlichte später den «Prospect Géometric». Von vier-

sche Gesetz mag vielen banal erscheinen. Dass dieses

zig bezeichneten Bergspitzen waren nach heutiger

kleine Ding heute eine recht genaue Höhe angibt,

Nomenklatur nur gerade fünf korrekt benannt. Dies

grenzt an ein Wunder und lässt kaum mehr ahnen,

ist einem Text aus den «Mitteilungen der Naturfor-

wie mühselig die wissenschaftliche Eroberung der

schenden Gesellschaft Bern, 2009» zu entnehmen.

Berge war. Die Schweizer Karte aus dem Jahr 1712 von Johann Jakob Scheuchzer enthielt weder Höhenanga-

6

lemy Micheli du Crest. Am 20. Juli 1754 gelangte Mi-

Die Dufourkarte entsteht

ben noch ein Gradnetz.

Die Forschungen geschahen auf privater Basis. «Die

Die Gelehrten glaubten lange, der Gotthard sei die

Vermessung der Alpen ist als ein eigendynamischer

höchste Erhebung der Alpen. Es gab Versuche, die re-

Prozess zu verstehen, in dessen Verlauf einzelne Al-

lative Höhe der Berge anhand von Schneegrenzen

pengipfel als Orte definiert wurden, die es zu errei-

oder Vegetationsstufen zu bestimmen. Ab 1705 unter-

chen galt», sagt David Gugerli, Professor für Technik-

nahm Scheuchzer kaum eine Alpenreise ohne Queck-

geschichte an der ETH Zürich.

silberbarometer. Er musste ein meterlanges Glasrohr

Später war es vor allem das Militär, das eine koordi-

und ein Gefäss mit Quecksilber mit sich schleppen

nierte Vermessung forderte. 1837 gründete Guillaume-

und jeweils vor der Messung das flüssige Metall ins

Henri Dufour das Eidgenössische Topographische

Glasrohr abfüllen.

Bureau in Genf – Vorgänger der heutigen Landesto-

1787 auf dem Mont Blanc

Dufour schon im März 1834 als wichtigste Losung an

pografie. «Il faut à tout prix franchir les alpes», hatte

Als Horace-Bénédict de Saussure, Schweizer Pionier der

seinen Stab definiert. 1840 publizierte der Astronom

Alpenforschung, am 3. August 1787 auf den Mont

und Geodät Johannes Eschmann die «Ergebnisse der

Blanc gestiegen war, machte er in der dünnen Höhen-

trigonometrischen Vermessungen in der Schweiz».

luft auch vergleichende barometrische Messungen.

Sie dienten der Dufourkarte als geodätisches Bezugs-

Die ergaben, dass der Mont Blanc der höchste Gipfel

system. Aber Vermessungen in den Alpen waren nicht

Europas ist. Er errechnete einen Wert von 4775 Metern

einfach. Die in eidgenössischen Diensten stehenden

und kam den heute geltenden 4807 Metern recht nahe.

Kartografen hatten öfters Höhenangst und waren

Da sich die Wissenschaft bis anhin kaum für die Berge

nicht immer wetterfest.

interessierte, kannte man häufig nicht einmal deren

So begab es sich, dass Berufsleute aus Nordbünden ins

Namen. Dass dies zum Problem wurde, zeigte der

aufstrebende Engadin zogen um die Berge topogra-

Briefwechsel zwischen den beiden Schweizer Univer-

fisch auszumessen. Unter ihnen auch der junge Geo-

salgelehrten Albrecht von Haller und Jacques-Barthé-

meter Johann Wilhelm Coaz. Er war Vermesser im

piz 43 : Sommer | Stà 2012



Vorangehende Seite:

Dienste Dufours und erhielt den Auftrag, einen da-

Erosion im Münstertal

mals namenlosen Berg zu besteigen. «Der 13. Septem-

und 1865 publiziert und entstand damit parallel zum

ber 1850 wurde zu einem Versuch der Erstbesteigung

modernen Bundesstaat. Es ist das erste amtliche Kar-

des Bernina festgesetzt. (...) Wir versahen uns daher

tenwerk, das die ganze Schweiz umfasst.

nur für einen Tag mit Speise und Trank. Ein Beil zum Einhauen von Tritten ins Gletschereis, ein Seil und

Wann ist der Berg ein Berg?

Bergstöcke waren unser gesamtes Hilfsgerät», schil-

Kaum waren die Berge mit Namen versehen und die

derte Coaz später seine Tat. Nachdem sie Spalten über-

Höhen wissenschaftlich austariert, begann eine neue

wunden, einen Weg im Gletscherlabyrinth gefunden

Diskussion: Was ist ein Berg, was ein Gipfel oder nur

und Felswände bezwungen hatten, war es so weit:

ein unbedeutender Felszacken? Die Debatten kamen

«Abends gegen 6 Uhr, also 12 Stunden nach unserem

auf, weil die Alpen als sportliches Freizeitvergnügen

Abmarsch von Berninahäuser, betraten wir den bisher

entdeckt wurden. Einer der bekanntesten Alpinisten

von Menschen noch nie erklommenen höchsten Gip-

war Karl Blodig, ein Augenarzt und Bergsteiger aus Ös-

fel des Piz Bernina, auf 4055 m ü. M.» Acht Stunden

terreich. Er hatte sich aufgemacht, alle Viertausender

später, nach einem abenteuerlichen Abstieg, kehrten

zu bezwingen, und beeinflusste damit massgeblich

sie in ihr Quartier zurück.

Belächelte Erstbesteigung Johann Wilhelm Coaz war zusammen mit Jon und

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1:100’000, die Dufourkarte, wurde zwischen 1845

die Diskussion darüber, wie viele Gipfel dieser magischen Höhe es in den Alpen gibt. Im August 1911 hatte er mit der Besteigung des Picco Luigi Amedeo den 68. Viertausender und somit alle Viertausender der Alpen

Lorenz Ragust Tscharner auf dem Gipfel. Weil der

bestiegen. Der Picco Luigi Amedeo ist ein 4470 Meter

heute mit 4048,6 Metern vermessene Kulminations-

hoher Gipfel im Mont-Blanc-Massiv. In seinem Buch

punkt des Kantons Graubünden noch keinen Namen

«Die Viertausender der Alpen» aus dem Jahr 1923

hatte, nannte Coaz ihn Piz Bernina. «Am zweiten Tage

räumte Blodig dann allerdings ein, es sei strittig, die-

nach der Erstbesteigung begab ich mich nach Same-

sen «Gipfelblock» als eigenständig zu bezeichnen.

dan und teilte im Kasino meinen Bekannten die statt-

Erst Anfang der 1990er-Jahre machten sich die Alpen-

gefundene Ersteigung des Bernina mit, fand aber nur

Verbände der Schweiz, Italiens und Frankreichs daran,

zweifelndes Lächeln, denn der Bernina gilt als uner-

eine offizielle Liste der eigenständigen Gipfel aufzu-

steigbar. Erst vor der Ortschaft, da, wo gegenwärtig

setzen, denn «bis heute gibt es keine eindeutige alpi-

das Hotel Bernina steht, vermochte ich die Herren von

nistische und topografische Referenzliste für die Gip-

der Ersteigung des Bernina zu überzeugen, indem ich

fel der Alpen, die über 4000 Meter hoch sind», schrieb

ihnen mit dem Fernrohr die auf der Berninaspitze flat-

die Internationale Alpinismusvereinigung (UIAA) im

ternde Fahne zeigte.»

März 1994. «Unter Gipfel im weitesten Sinne des Wor-

Die spätere Vermessung des Piz Bernina geschah mit-

tes versteht man einen Punkt der Oberfläche der Al-

tels Triangulation, bis heute Basis jeder Landesver-

pen, der sich mit einem gewissen Höhenunterschied

messung. Der Theodolit, das Winkelmessgerät zur Hö-

von der umliegenden Fläche abhebt», beginnt die De-

henbestimmung, musste jedoch mühselig in die

finition. Jeder Gipfel muss «autonom» sein, das heisst,

Höhe und in die damals unbekannte Gletscherwelt

eine «Individualität» besitzen. Diese Liste der 4000er

getragen werden. Die topografische Karte der Schweiz

sei «in erster Linie für Bergsteiger gemacht. Sie basiert

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demzufolge nicht ausschliesslich auf topografischen

nentalen Platte vor 50 Millionen Jahren hatte die Al-

Impressionen vom Piz Blaisun

Kriterien (…), sondern auch auf komplementären, et-

pen hervorgebracht und die Berge aufgeformt. Dann

im Albulagebiet.

was subjektiven Kriterien, die sich mit der Evolution

schien Ruhe einzukehren. Die Geodäten stellten je-

des Bergsteigens evtl. noch ändern können», heisst es

doch fest, dass sich die trigonometrischen Mess-

in den UIAA-Ausführungen weiter.

punkte weiterhin verschieben und sich die Alpenwelt

Schartenhöhe und Dominanz

Dies wird von einigen Wissenschaftlern damit erklärt,

bis zu 1,3 Millimeter pro Jahr hebt.

Grundlage bilden trotzdem topografische Kriterien:

dass die Alpenfaltung noch schwach im Gange sei.

«Für jeden Gipfel gilt der Grundsatz, dass zwischen

Andere gehen davon aus, unter ihnen der Geologe

ihm und dem höchsten angrenzenden Sattel oder ei-

Fritz Schlunegger von der Uni Bern, dass die Kollision

ner Scharte der Höhenunterschied nicht weniger als

der Kontinente zum Stillstand gekommen ist und an-

30 Meter sein darf.» 30 Meter entsprechen wohl nicht

dere Phänomene verantwortlich sind, etwa der so ge-

ganz zufällig der klassischen alpinistischen Seillänge.

nannte «isostatische Ausgleich».

Zum Kriterium der «Schartenhöhe» wird der Abstand

«Nicht die Bewegung von Erdplatten, sondern Auf-

in horizontaler Richtung zwischen dem zu prüfenden

triebskräfte lassen die Berge wachsen», ist Schluneg-

Gipfel und dem Hang eines in der Nähe liegenden

ger überzeugt. Wirksam werden diese Kräfte, weil die

Viertausenders in Betracht gezogen (Dominanz).

Erosion an den Gebirgen nagt. Das ergibt gigantische

Die UIAA definierte so 82 Gipfel und 46 Nebengipfel.

Mengen an Material, um welches die Alpen erleichtert

Während die UIAA nur zwischen Haupt- und Neben-

werden und deshalb weniger auf den Erdmantel drü-

gipfel unterschied, ist auch üblich, kleine Nebengip-

cken. Die auf dem Erdmantel «schwimmenden» Kon-

fel, grosse Nebengipfel, relativ selbständige Hauptgip-

tinentalplatten sinken weniger ein – die Alpen heben

fel oder grosse Hauptgipfel zu benennen, bis hin zum

sich. Mit neuen geochemischen Verfahren ist nun

Berg. Um einen Gipfel als eigenständigen Berg zu be-

festgestellt worden, dass die Erosionsraten bis zu zehn-

zeichnen, gelten in den Alpen mindestens 100 bis 300

mal so hoch sind wie angenommen.

Meter Schartenhöhe und eine Dominanz von einem

Die Alpen könnten noch dramatischer wachsen,

bis drei Kilometern. Der Piz Bernina hat eine Schar-

wenn sich Hypothesen von Geophysikern der ETH in

tenhöhe von 2234 Metern zum Malojapass und eine

Zürich bewahrheiten sollten. Beim Crash der Konti-

Dominanz von 138 Kilometern. Er ist der Schweizer

nente sind Teile der äusseren Schicht ins Erdinnere

Berg mit der grössten «Dominanz». Der nächsthöhere

vorgerückt und haben sich verkeilt. Die hängen nun

Berg ist das Finsteraarhorn.

wie Gewichte an der europäischen Platte unter der Al-

Wachsen die Berge?

könnten diese Gewichte wegbrechen und in die Tiefe

penwelt. Irgendwann, in ein paar Millionen Jahren,

Als auch diese Diskussionen einigermassen geregelt

sausen. Dann würden die Alpen nach oben schnellen

schienen, streute die Wissenschaft erneut Verwir-

wie ein Luftballon, der unter Wasser gehalten und

rung. Die Berge wachsen, verkündete sie. Dies ist

plötzlich losgelassen wird – bis auf 7000 Meter Höhe.

umso erstaunlicher, als die Experten bislang dachten,

Dann müssten die Berge erneut vermessen, die Debat-

der Alpenriegel nehme nicht mehr weiter an Höhe zu.

ten um Felszacken oder Gipfel abermals geführt und

Der Zusammenprall der afrikanischen mit der konti-

auch der Höhenmeter müsste neu gerichtet werden.

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Alpen-Club auf Gratwanderung Umweltschutz und Tourismus, Moderne und Tradition, rote Socken oder Funktionsbekleidung. Unter den Alpinisten wird engagiert diskutiert. Die Sektionen des SAC, des Schweizer AlpenClubs, kennen die Auseinandersetzungen. Es geht auch um den Komfort in den Hütten.

Text: Sina Bühler Fotos: SAC und Marco Volken

S

treit», «Abspaltung» und «Krach» titelten die

che Auffassungen und Begehrlichkeiten aufeinander.

Medien im letzten Jahr öfters, wenn es um den

Klar ist auch: Der SAC und die ganze Outdoorbranche

Schweizer Alpen-Club SAC ging. Manchmal

haben in den letzten Jahren einen wahnsinnigen

mit einem Fragezeichen versehen, manchmal auch

Boom erlebt. Das multipliziert auch die Meinungen

nicht. Konflikte entzündeten sich an Hüttenrenovati-

zum adäquaten Umgang mit der Bergwelt, den Gra-

onen, Heli-Landeplätzen, Extrembergsteigen, Mas-

ben zwischen Nützen und Schützen. Die einen wollen

sentourismus und Umweltschutz. So war in der Presse

am liebsten alles so lassen, wie es ist. Die andern for-

zu lesen, dass die sogenannten traditionalistischen

dern eine Öffnung, die wiederum ganz unterschied-

«Rotsocken» Probleme mit den Leistungssportlern

lich aussehen kann. Also doch ein Streit?

hätten, dass jene, die Übernachtungskomfort schätzten, mit den Puristen uneinig gingen. Die Zentrale des

Die Kommentare auf entsprechende Artikel zeigen:

ständigen Sektionen, derartige Konflikte doch bitte

Vor allem an der Hüttenfrage scheinen sich die Ge-

intern zu klären. Was wiederum die Frage aufwirft:

müter zu entzünden. Von der «Arroganz gewisser

Steckt etwa doch etwas dahinter?

Heterogene Mitgliederstruktur

10

Nichts für Rollkoffer-Touristen

SAC selber hielt sich derweil bedeckt. Sie bat die zu-

Samsonite-Rollkoffertouristen» über «Die Menschheit verweichlicht» hin zu «Wenn ich bezahle, darf ich auch eine einigermassen vernünftige Infrastruk-

Eines ist klar: Der SAC und seine Mitglieder sind un-

tur erwarten!» streiten sich die Kritikerinnen und Kri-

glaublich heterogen. Der Alpen-Club ist organisiert in

tiker. Am häufigsten fällt das Killer-Argument: «Für

112 Sektionen, die 153 Hütten betreiben. Er kümmert

mich hat es jetzt schon genug Leute in den Bergen.»

sich gemeinsam mit der REGA um Bergrettungen. Er

Selbst war man natürlich immer schon vorher da.

stellt die Nationalmannschaften im Sportklettern

Doch das kann nicht stimmen: Vor zwölf Jahren wa-

und Skitouren und bildet Bergsportlerinnen und

ren die Übernachtungszahlen bei den Hütten näm-

Bergsportler aus. Natürlich prallen da widersprüchli-

lich auf einem Tiefstpunkt. Das wurde zum finanziel-

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3

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len Problem, Sanierungen konnten die Sektionen

man mit dem Auto, eine Postautolinie führt daran

kaum noch finanzieren. Damals schuf der SAC eine

vorbei, die Wanderungen in der Nähe sind eher kurz

1-4 Hütten-Impressionen

Hütten-Marketingstelle: Heute ist das Bruno Lüthis

und leicht. Hier übernachten Familien und Wande-

3 Hütte Es-cha, oberhalb von

Job. «Wir mussten neue Leute ansprechen, und die ha-

rer.» Andere Hütten hingegen seien auf Alpinistinnen

Madulain und Zuoz

ben andere Bedürfnisse als die klassischen Nutzer»,

und Alpinisten ausgerichtet. So komme sich in den

sagt er. Einen Streit habe es deswegen aber nicht gege-

Bergen gar niemand in die Quere.

ben. Eine Diskussion vielleicht. Lüthi weiss: «Es gibt unterschiedliche Auffassungen: Die Puristen würden

Eine neue Hütte?

am liebsten alles so lassen, wie es ist. Und andere

Auch Gianna Rauch, Sektionspräsidentin des SAC En-

möchten mit der Zeit gehen und die Infrastruktur den

giadina Bassa, findet, die beiden Positionen und Be-

Bedürfnissen der heutigen Gäste anpassen», sagt er.

dürfnisse hätten gut nebeneinander Platz, in ver-

Eine Grenze, die im Übrigen nicht zwischen «neuen»

schiedenen Hütten. Und wo sich die beiden Gruppen

und «alten» Nutzern verläuft: «Auch klassische Alpi-

vermischen? «Da spielt die Kommunikationsfähigkeit

nistinnen und Alpinisten schätzen einen gewissen

der Verantwortlichen eine Rolle. Dann wird vom Hüt-

Komfort», weiss er.

tenwart halt klar gesagt: Um drei Uhr gibt es Zmorge

Oft sei der Komfort aber gar nicht das Thema. Beim

für die Bergsteiger, und er macht ab sieben Uhr ein

Abwägen, ob eine Hütte umfassend saniert werden

zweites Frühstück für die Wanderer.» Die Linard-

soll, seien die gesetzlichen Richtlinien wichtiger. «Zu-

Hütte, die zu ihrer Sektion gehört, sei so ein Beispiel:

erst einmal gilt es, Brandschutz, Lebensmittelhygiene

Ursprünglich für Alpinisten gedacht, zieht sie heute

und Abwasserrichtlinien einzuhalten. Dann erst be-

viele Familien an. Ein problemloses Nebeneinander.

mühen wir uns, die Infrastruktur dem heutigen Stan-

Intensive Diskussionen sind der Sektion trotzdem

dard anzupassen.» Indem man die Massenlager in

nicht fremd. Als vor vier Jahren die Idee aufkam, eine

kleinere Räume unterteilt beispielsweise.

leerstehende Hütte auf der Alp Sprella im Münstertal

Klares Zielpublikum

Protest von Umweltorganisationen: Die Alp Sprella

Das wird offensichtlich auch geschätzt: Wie Christian

kann zwar heute schon von Gruppen gemietet wer-

zur SAC-Unterkunft umzubauen, provozierte das den

Haller, Präsident der Sektion Bernina, erzählt. «Wir

den, liegt aber mitten in der «Biosfera Val Müstair»

haben in unserer Jenatsch-Hütte ein einziges Zweier-

und wäre die erste neue Hütte des SAC seit über 25 Jah-

zimmer eingerichtet, das zehn Franken mehr kostet.

ren. 2009 sprach sich die SAC-Abgeordnetenver-

Es ist jeweils Monate im Voraus ausgebucht.» Weil ei-

sammlung für die neue Hütte aus und die Sektion ver-

nes der ehemaligen Personalzimmer nicht mehr ge-

sprach, Bedenken von Umweltschützern ernst zu

braucht wurde, war kein eigentlicher Umbau nötig.

nehmen. So hat sie sich beispielsweise bereit erklärt,

Einen «Richtungsstreit» zwischen den Nutzerinnen

auf eine Winternutzung zu verzichten. Wie es weiter-

und Nutzern der Hütten gebe es deswegen aber nicht,

geht, ist noch unklar. Zurzeit läuft das Verfahren beim

das sei ein Medien-Hype. Meist würden die mögli-

Amt für Raumplanung.

chen Konflikte ohnehin durch einen ganz simplen

Die dritte Sektion in Südbünden, der CAS Bregaglia,

Fakt entschärft: Es sei je nach Hütte ziemlich klar, wer

muss sich solche Konfliktlösungen gar nicht erst über-

zum Zielpublikum gehöre. «Auf die einen kommt

legen: Sie besitzt bloss eine einfache Hütte, die Sasc

piz 43 : Sommer | Stà 2012

Die SAC-Hütten im Engadin und in der ganzen Schweiz im Internet: www.sac-cas.ch/Huettesuchen.971.0.html Reservationen erfolgen direkt bei den Hüttenwarten oder den Sektionen.

11


5

5 Für die Gäste bereit

6

7

Furä im Val Bondasca. Die finanziellen Mittel sind be-

Hütte im Tessin bleiben dennoch die Ausnahme.

schränkt, utopische Überlegungen über teure Neu-

Christian Haller hat nach den betrieblichen Erfah-

6 Bondasca-Hütte: Schönwetter-

oder Umbauten muss sich die Sektion deswegen keine

rungen mit der erweiterten Tschierva-Hütte (siehe un-

service durchs Fenster

machen. Obwohl sie das auch aus Prinzip nicht würde,

ten) allerdings eine Konsequenz bereits gezogen: «Mir

wie der Sektionspräsident Martin Ganzoni sagt: «Zu

baut in Zukunft keiner eine Hütte, der nicht mindes-

7 Modern und für den Ansturm

uns kommen wenig Tagestouristen, es übernachten

tens zwei Wochen da oben gewohnt hat.»

gerüstet: Kesch-Hütte

fast nur Kletterer, die auf den Pizzo Badile, Pizzo Cengalo oder auf den Trubinasca wollen.» Die Gäste kommen meist spät nachmittags und verlassen die Hütte

Neue Tschierva-Hütte

in den frühen Morgenstunden wieder.

Die erweiterte und umgebaute Tschierva-Hütte in der

Komfort ist aber doch ein Thema. 1995 wurden bei ei-

Bernina-Gruppe wurde 2003 eingeweiht. «Eine fan-

ner Sanierung und Erweiterung die Anzahl Schlaf-

tastische Hütte», sagt Christian Haller, Präsident der

plätze pro Zimmer reduziert: Statt einem einzigen gibt

SAC-Sektion Bernina, der sie gehört. Architektonisch

es nun vier Zimmer und die Wolldecken wurden

und aus Sicht der Gäste ist die Erweiterung sehr gut ge-

durch Duvets ersetzt. Ein paar Jahre später wurde die

lungen, doch betrieblich hat sie einige Schwächen:

Winterhütte komplett neu aufgebaut und 2009 die

«Von der Küche bis zum Speisesaal muss das Personal

WC-Anlage mit Duschen versehen. «Ideen für weitere

durch drei Türen, das ist unpraktisch und das Perso-

Verbesserungen im Bereich Komfort sind vorhanden,

nal ist deswegen nicht glücklich», weiss Haller. Nicht

aber es sind nur kleine, einfache Schritte möglich»,

zuletzt deshalb will er vor einem nächsten Um- oder

sagt Ganzoni.

Neubau die Architekten zuerst mindestens zwei Wo-

Historische Diskussion «Sinnkrise» und «Richtungsstreit» gab es bei den Hütten aber immer schon: Im gesamten Alpenraum entzündeten sich die Diskussionen – spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg, als immer mehr Menschen die Alpen entdeckten. So mussten sich die heutigen Puristinnen und Puristen, die der neuen Generation «Verweichlichung» vorwerfen, von ihrer Elterngeneration dasselbe sagen lassen. Und jene wiederum von ihren Grosseltern. Interessant ist allerdings, dass heute jene, die es gerne einfach haben, meist in den urbanen SACSektionen beheimatet sind. «Sie haben oft ein verklärtes Bild der Alpen», sagt Christian Haller. Und fügt lapidar hinzu: Man könne das locker sehen oder militant – die Entwicklung lasse sich trotzdem kaum aufhalten. Spektakuläre Hütten wie der High-TechBau Monte Rosa in Zermatt oder die neue Cristallina12

piz 43 : Sommer | Stà 2012

chen als Hüttenwart verpflichten.


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Vermarkter und Umweltschützer Ariane Ehrat und Urs Wohler stehen an der Spitze der beiden Engadiner Tourismusdestinationen. Im Gespräch erklären sie unter anderem, wie sie den Spagat zwischen Verkäufer und Schutzpatron der Berge meistern.

Interview: Franco Brunner Fotos: Mayk Wendt

piz: Frau Ehrat, Herr Wohler, welches ist der schönste Berg

U.W.: Das Leben besteht nun mal auch aus Interessens-

der Schweiz und weshalb?

und Zielkonflikten, keine Frage. Gerade deshalb müs-

Ariane Ehrat: Ich habe nur Lieblingsberge. Bei mir

sen wir als Repräsentanten der Tourismusbranche uns

hängt viel von der Stimmung, der Wetterlage und der

auch immer sehr intensiv mit diesem Spannungsfeld

verfügbaren Zeit ab. So finde ich immer gerade den

zwischen Nutzen und Schützen auseinandersetzen.

passenden Lieblingsberg. Das kann die Fuorcla Surlej sein oder der Muottas da Schlarigna mit dieser wun-

Aber Sie üben doch den Spagat, wenn Sie auf der einen Seite

derbaren, rund 1400-jährigen Arve. Das sind für mich

von einem wunderbaren, schützenswerten Stück Natur

fantastische Aussichtspunkte und nicht zuletzt auch

und auf der anderen Seite von einem Markt- und Ge-

ganz persönliche Rückzugsorte.

schäftsobjekt reden.

Urs Wohler: Mir kommen bei dieser Frage gleich zwei

A.E.: Wir sind heute glücklicherweise in der Zeit ange-

Bilder in den Sinn. Zum einen der Moment, wenn

kommen, in der Nachhaltigkeit ein absolut zentraler

man an einem schönen Herbsttag vom Oberengadin

Wert ist. Jede Destination hat die Wahl, diese Nach-

nach Zernez kommt und den prächtigen Piz Linard

haltigkeit für sich zu interpretieren und zu erfüllen.

mit seiner fast schon an das Himalaya-Gebirge erin-

Weil sich der Ökofundamentalismus und Kapitalden-

nernden Pyramidenform erblickt. Zum anderen ist

ken angenähert haben, haben wir heute die grosse

zum Beispiel ein Mot Madlain für mich persönlich ein

Chance, beide Seiten miteinander zu verbinden.

sehr wertvoller Ort. Das ist eigentlich nur ein runder

U.W.: Wichtig ist auch, dass die Angebote der einzel-

Hügel, jedoch mit einem steilen Weg nach oben und

nen Destinationen auf den regionalen Stärken beru-

einem wunderbaren Edelweissparadies.

gen. Natürlich kann es zu Zielkonflikten kommen,

Das klingt romantisch. Aber Sie als Touristiker sehen beim

geht es darum, die Region so zu erhalten, wie sie ist,

Betrachten eines Berges doch nicht nur die Schönheit der

schliesslich ist das unsere touristische Grundlage. An-

Natur, sondern vor allem die touristischen Möglichkeiten.

dererseits soll es aber auch möglich sein, sich weiterzu-

etwa mit der einheimischen Bevölkerung. Einerseits

A.E.: Heutzutage ist ja auch in der Gedankenwelt so

entwickeln. An diesem Punkt ist die Diskussion heute

schnell alles vernetzt, dass man einen Berg sowohl aus

zwar immer noch anspruchsvoll, jedoch sehr gut

privater als auch aus beruflicher Sicht betrachtet. Per-

möglich. Denn eines ist klar: Nur gemeinsam können

sönlich mache ich die Unterscheidung Privat und Be-

wir unseren grössten Trumpf behalten: Wir sind nicht

ruf jedenfalls nicht bewusst. Was jedoch immer mit-

austauschbar! In diesem Sinne sind wir als Touristiker

schwingt, ist der Gedanke, dass man der Natur Sorge

sozusagen beides, Vermarkter und Umweltschützer,

tragen muss. Denn wenn man vom touristischen As-

denn die Umwelt ist unser Kapital.

pekt eines Berges spricht, klingt das ja immer nach Zivilisation. Deshalb ist es für unsere Gesellschaft und

Schön und gut, aber mehr Umsatz für eine Bergtourismus-

unsere Nachkommen unheimlich wichtig, dass wir

region ist doch automatisch mit einem grösseren Eingriff

uns bewusst sind, welches Kapital die Natur darstellt.

in die Natur gekoppelt. Das ändern die Diskussionen nicht. A.E.: Nein. Genau das darf es heutzutage eben nicht

14

Wie geht das denn zusammen, wenn man die Natur als

mehr sein. Zudem reden wir heute auch nicht mehr

Kapital betrachtet und ihr gleichzeitig Sorge tragen will?

vom Umsatz, sondern vom Beibehalten oder Steigern

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\ Urs Wohler ... ... ist seit 2005 Direktor der heutigen Tourismusorganisation Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG. Zuvor war er Leiter Marketing-Services von Graubünden Ferien und Geschäftsführer des Kur- und Verkehrsvereins ValsValsertal. Der gebürtige Berner hat an der Academia Engiadina und der Hochschule Luzern studiert.

Y Ariane Ehrat ... ... ist seit 2008 Direktorin von Engadin-St.Moritz-Tourismus. Sie hat Kommunikationswissenschaften in Lugano und Memphis (USA) studiert, war Leiterin der Abteilung Kommunikation und Marketing vom Schweizer Radio DRS sowie Marketingchefin der Alpenarena Flims-Laax-Falera. In den Achtzigerjahren war sie Profi-Skirennfahrerin. Ihren grössten Erfolg feierte sie mit einer Silbermedaille in der Abfahrt bei der Weltmeisterschaft 1985.


der Wertschöpfung. Mit anderen Worten, im Touris-

Den professionellen Skizirkus und somit die verschiedens-

mus geht es nicht mehr um quantitatives, sondern

ten Berg-Destinationen kennen Sie, Frau Ehrat, aus Ihrer

ausschliesslich um qualitatives Wachstum. Und das

Zeit als Profiskirennfahrerin bestens. Wie hat sich seit die-

schon seit einigen Jahren. Vielleicht haben wir Touris-

ser Zeit die touristische Bergwelt verändert?

tiker immer noch das Image der rücksichtslosen Pro-

A.E.: In den mit Bergbahnen erschlossenen Gebieten

fitstreber. Wir sind wohl noch nicht in der Glaubwür-

haben sich vor allem das Design und die Ästhetik sehr

digkeitsphase angekommen, in der klar wird, dass

stark verändert. Früher wurden irgendwo Masten zu-

wir – wie es Urs Wohler eben gesagt hat – nicht nur

betoniert und irgendwelche Bauten hingestellt. Heute

Vermarkter, sondern auch Umweltschützer sind.

legt man sehr viel Wert darauf, dass es rund um eine

Dorthin müssen wir aber kommen. Wir sind uns abso-

Bergstation schön aussieht. Auch die Ursprünglich-

lut bewusst, dass es langfristig nur noch funktioniert,

keit wird heute viel stärker gewichtet als früher.

wenn sich der Einheimische als Gastgeber und damit auch der Gast wohl fühlt, wenn die Natur stimmt und

Was sehen Sie nach Annahme der Zweitwohnungsinitia-

der Komfort gewährleistet ist.

tive auf sich zukommen?

U.W.: Das sehe ich genauso. Zum Thema Wachstum

U.W.: Die Initiative wird einschneidende Veränderun-

möchte ich noch anfügen, dass wir in Bezug auf die

gen mit sich bringen, keine Frage. Aber vielleicht ist es

Auslastung der bestehenden Kapazitäten noch jede

auch eine Chance, sich kreativ zu überlegen, wie man

Menge Wachstumsmöglichkeiten haben. Wir haben

in Zukunft zum Beispiel die Hotellerie finanziert. Ich

sogar in der Hochsaison noch freie Kapazitäten, erst

bin überzeugt, dass heute das Wissen hierfür vorhan-

recht in den Saisonrandzeiten.

den ist. Für uns als Tourismusorganisation ist entscheidend, dass sich durch die Initiative unser Auftrag

Wurde also in der Vergangenheit alles viel zu gross dimen-

nicht verändert hat. Wir wollen nach wie vor die

sioniert?

Nachfrage fördern.

U.W.: Nein. Das Problem ist, dass zum Beispiel gegen

A.E.: Ich persönlich bedaure das Abstimmungsergeb-

Frühling hin, wenn man bei uns immer noch unter

nis. Nun müssen Wege gefunden werden, dem Volks-

Top-Bedingungen Ski fahren kann, die Nachfrage

willen zu entsprechen. Mit Blick auf das Oberengadin

massiv zurückgeht, denn im Unterland explodiert

ist es nun wichtig, sehr sorgfältig auf die alpinen Ski-

dann gleichzeitig das Alternativangebot. Das ist eine

weltmeisterschaften hinzuarbeiten, die wir mögli-

grosse Herausforderung.

cherweise 2017 durchführen dürfen. Auch die Olym-

A.E.: Die Rahmenbedingungen haben sich in den ver-

piakandidatur mit dem Motto «Zurück in die Berge» ist

gangenen zehn Jahren extrem verändert. Auf der ei-

eine Chance. Solche Anlässe bieten die Chance, Inves-

nen Seite kann man früher mit dem Skifahren begin-

titionen, die durch die Initiative wohl wegfallen wer-

nen und man kann auch länger fahren. Auf der

den, anderswo und gemeinsam zu generieren – selbst-

anderen Seite fliegen die Leute heute gerne einmal ein

verständlich unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.

paar Tage nach Mallorca oder rasch nach New York um zu shoppen. Die Möglichkeiten sind um einiges grösser geworden.

Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Wie sieht die Engadiner Bergwelt in zwanzig Jahren aus? A.E.: Zuerst hoffe ich, dass der auftauende Permafrost

16

Im Münstertal wird der Tour-de-Ski-Tross Halt machen.

bei uns zu keinem gröberen Problem wird und dass

Ist dieser Grossanlass keine Mehrbelastung für das Bios-

die Erosion nicht weiter voranschreitet. Weiter hoffe

fera-Gebiet?

ich, dass wir auch in zwanzig Jahren noch Mut haben

U.W.: Die Tour-de-Ski ist ein Medienevent, der dieses

und Pioniergeist entwickeln. Im Tourismus wird es

Jahr im Val Müstair und damit erstmals auch in der

dann vermehrt überregionale Allianzen geben.

Schweiz stattfinden wird. Das gibt grosse punktuelle

U.W.: Auch ich blicke durchaus positiv in die Zukunft

Aufmerksamkeit. Eine solche Veranstaltung kann

der Engadiner Bergwelt. Wenn alle Seiten mit dem

man heute ohne Umweltbelastungen durchführen.

gleichen Engagement wie heute weiterarbeiten, dann

Da wird zum Beispiel ein temporäres Stadion gebaut.

wird es sich auch in zwanzig Jahren immer noch sehr

Zudem ziehen bloss die paar hundert Aktiven mit ih-

lohnen, auf einen der wunderbaren Engadiner Berg-

rem Tross von Austragungsort zu Austragungsort. Die

gipfel zu steigen, um von dort aus die herrliche Aus-

Besucher kommen aus der Region selbst.

sicht zu geniessen.

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«Da wirt das gantze erdtrich brinnen» Unzählige Theorien und Prophezeiungen datieren den Weltuntergang auf den kommenden Dezember. Macht nichts. Denn in Graubünden hat der Weltuntergang weit weniger Konjunktur als vielmehr Kontinuität. Ein historischer Rückblick und ein Gespräch mit einem Geologen.

Text: Thomas Kaiser

Z

uerst kommen riesige Fluten, vierzig Ellenbogen

nen, um aus Kalendern, Kometen, Zahlenspielen, My-

hoch, und «ertrenken alle berg vnd landt». Selbst

then oder kryptischen Schriften das Ende der Welt

Fische und Vögel beginnen zu klagen, dass sie

zusammenzudichten.

«der todt will nemmen hin». Dabei ist dies erst der An-

Dabei ist der Weltuntergang schon seit Jahrhunderten

fang des grossen Untergangs. Die nächste Flut wird

omnipräsent, auch in Graubünden. Bereits der

brennen wie Schwefel, die übernächste alles zerstören,

schweizweit älteste, um 800 entstandene Bilderzyklus

«stett, schloss alle turn und huß». Da stellt sich die

in der Klosterkirche von Müstair zeigt das Jüngste Ge-

Frage: «Wie mag der mensch kon lebig druß?»

richt. Und die Darstellung von Jesus, wie er nach den

Es waren dramatische Schilderungen, die in Chur an

apokalyptischen Katastrophen die Menschen richtet

Ostern 1517 vorgetragen wurden, womöglich in der

und gruppiert (links von ihm die Seligen, rechts die

Kathedrale oder auf dem Vorplatz. Der Kirchenvater

Verdammten), ist fester Bestandteil sakraler Malerei.

Augustin, Papst Gregor der Grosse, König Salomon, Propheten wie Joel und Zephania, alle hatten sie ihren

«Natürlich steht der Weltuntergang bevor»

grossen Auftritt. Selbst regionale und lokale Bekannt-

Nur, was hat es mit den Katastrophen tatsächlich auf

heiten fanden noch einen Platz im «Churer Weltge-

sich? Naheliegend, dies einen Mann zu fragen, der

richtsspiel»: Der im Bistum verehrte heilige Florinus

sich seit Jahren mit Naturgefahren in Graubünden

von Remüs (Ramosch) trat ebenso auf wie Ulrich Tho-

und der natürlichen Dynamik von Mutter Erde ausei-

mali; dem Publikum wohlbekannt als Schelm, der

nandersetzt. Optimistisch stimmt es dabei nicht, dass

1504 in Chur inhaftiert worden war.

Markus Weidmann sein Büro für erdwissenschaftli-

Vierzehn Tage lang folgt in diesem «Churer Weltge-

che Öffentlichkeitsarbeit ausgerechnet in Chur be-

richtsspiel» eine Katastrophe nach der anderen:

treibt – jener Stadt also, in der vor fünf Jahrhunderten

Bäume und Kräuter beginnen Blut zu schwitzen, nach

das dramatische Weltgericht aufgeführt wurde und

Stürmen, Fluten, Bergstürzen und Erdbeben («Das erd-

die Friedrich Dürrenmatt in «Das Versprechen» so

rich bidmet grusamlich, da nieder valt thier vnd

schilderte: «Die Stadt war von Bergen eingekesselt, die

viech») schiessen die Himmelskörper auf die Erde nie-

jedoch nichts Majestätisches aufwiesen, sondern eher

der («das gstirn wirt och von hymmel schussen»),

Erdaufschüttungen glichen, als wäre ein unermessli-

letztlich geht alles in Flammen auf («Lufft, wasser, fir-

ches Grab ausgehoben worden.» Und tatsächlich:

namendt wir(d) für»).

«Natürlich steht der Weltuntergang bevor», sagt Mar-

Heutige Szenarien mit wenig Dramaturgie

Aus geologischer Sicht sei alles im Wandel. Die Welt,

Feuersbrünste als Warnung oder

Im Vergleich zum «Churer Weltgerichtsspiel» (das ne-

wie sie heute von uns bevölkert wird, sei nichts ande-

Strafe. – «Frontispiz» aus: Bar-

benbei auch eine der ältesten Aktgliederungen im

res als ein pragmatisches Recycling-Produkt unterge-

tholomäus Anhorn, Christliche

deutschsprachigen Drama aufweist) scheinen selbst

gangener Welten: «Was vor Jahrmillionen in die

Betrachtung der vielfältigen /

die Endzeit- und Katastrophenfilme Hollywoods zu

Meere gespült wurde, wird heute von Bergsteigern bezwungen. Und was von unserer Welt in die Meere ge-

Illustration rechte Seite: «Zorn Zeichen Gottes». Erd­ beben (linke Reihe, drittes Bild v. oben), Kometen, Hagel oder

kus Weidmann ohne zu zögern.

sich dieser Zeit erzeigenden

verblassen. Erst recht harmlos sind die modernen Un-

Zornzeichen Gottes / und Vor-

tergangsprophezeiungen, die sich ungeniert und mit

spült wird, wird in Millionen Jahren wieder bestiegen.

botten seiner gerechten Straffen,

wenig dramaturgischen Kenntnissen bei allen mögli-

Jedem Weltuntergang folgt irgendwann wieder ein ge-

Basel 1665.

chen Kulturen und Wissenschaftsdisziplinen bedie-

birgsbildender Weltaufgang.»

18

piz 43 : Sommer | Stà 2012



Auf all die pseudowissenschaftlichen Theorien, wel-

aber erstens brauchen Nord- und Südpol mehrere

che die Kalender der Maya, die Mythen der Zulu oder

Jahrtausende, um ihre Position zu tauschen, und

der Hopi bemühen, in denen unbekannte Planeten

zweitens hat der Polsprung, anders als behauptet,

nur auftauchen, um mit der Erde zu kollidieren, in de-

keine Auswirkungen auf die Erdrotation; schon gar

nen Zahlenspiele so gut wie jedes gewünschte Ergeb-

nicht bringt er die Erdachse zum Kippen.»

nis hervorbringen können, geht Markus Weidmann zunächst nicht ein.

Dann heisst es also einfach weiterleben und irgend-

Von welcher Welt reden wir?

wann ohne globale Dramatik sterben? Lebenstipps

Entscheidender sei doch die Frage, von welcher Welt

will Weidmann keine geben, sagt aber, dass man in

man grundsätzlich spreche. So sei ja schliesslich jeder

Graubünden die Eintretenswahrscheinlichkeit ver-

Mensch, jedes Lebewesen, zum unvermeidbaren Un-

schiedener Naturgefahren mittlerweile recht gut ein-

tergang des persönlichen Mikrokosmos verdammt:

schätzen könne. Nicht, dass man Erdbeben voraussa-

«Die Welt, die ein Mensch darstellt, geht unter, wenn

gen könnte, «aber man kann beispielsweise Häuser

er stirbt. Staub zu Staub, Asche zu Asche. Atome zu

erdbebensicher bauen».

Atomen.» Auch im Falle einer Wiedergeburt.

Was einen möglichen Untergang des Planeten Erde be-

Ob all die aktuell kursierenden Theorien eine Projek-

trifft, empfiehlt Weidmann, den Planeten nicht zu ei-

tion der eigenen Sterblichkeit auf die grosse Welt sei?

ner gutmütigen, fürsorglichen oder verletzlichen

Möglich, meint Markus Weidmann. Lieber ist ihm

Mutter zu machen: «Begriffe wie ‹Mutter Erde› oder

aber eine gewisse Systematik. Die nächstgrössere

auch der Ansatz: ‹Gaia – die Erde ist ein Lebewesen› –

Welt – die den Untergang eines einzelnen Individu-

verleiten dazu, falsche Schreckensszenarien zu ent-

ums zu überleben vermöge – sei jene von Gemein-

werfen. Die Erde ist kein Lebewesen. Sie rächt sich des-

schaften und Kulturen; ihr Untergang sei in einer iso-

halb auch nicht in einem vermenschlichten oder

lierten Wahrnehmung durchaus mit dem Untergang

göttlichen Sinn an den Menschen.»

der Welt an sich gleichsetzbar. Und letztlich, ja, «letztlich ist auch die gesamte belebte Welt zum Untergang

So schnell wird nichts passieren

verurteilt».

Warum die Rache ausbleibt, erklärt Weidmann so:

«Der Countdown läuft», sagt Markus Weidmann. «In

«Im Vergleich zur Erde sind wir in etwa so gross wie

rund einer Milliarde Jahren wird die Kohlenstoffdi-

Bakterien auf unserer Haut im Vergleich zu uns. Ja,

oxid-Konzentration in der Atmosphäre voraussicht-

uns vermögen Bakterien zwar umzubringen. Doch:

lich so niedrig sein, dass alle Pflanzen absterben. Da-

99 Prozent der Erde sind heisser als 1000 Grad, und der

nach wird der Sauerstoffgehalt zurückgehen und alles

Erdkern – doppelt so gross wie der Mond – besteht aus

tierische Leben aussterben. Und in zwei Milliarden

Metall. Wie können also ‹menschliche Bakterien› je-

Jahren wird nur noch überleben, wer sich bei globalen

mandem etwas anhaben, der zu 99 Prozent heisser ist

Durchschnittstemperaturen von 70 Grad wohlfühlt.»

als 1000 Grad und im Kern aus einer soliden Metall-

Grund dafür sei der GAU in Sachen Weltuntergang:

Legierung besteht?»

das Sterben der Sonne, die sich dabei aufbläht und da-

«Da wirt das gantze erdtrich brinnen» heisst es im

durch stärker leuchtet. «Dieser Weltuntergang wird in

«Churer Weltgerichtsspiel». In Graubünden dürfte das

unserem Sonnensystem niemanden kalt lassen.»

Mutter Erde: bakterienresistent

so schnell nicht passieren. Und mittlerweilen sollte man ethisches Verhalten auch nicht mehr von Schreckensbildern abhängig machen müssen, sagt Weid-

Und wenn man nicht so lange warten mag? Wäre

mann, fügt dann aber mit einem Augenzwinkern

denn nicht etwas Aussergewöhnliches möglich? «Ein

hinzu: «Aber das Sprichwort gilt noch: Geteiltes Leid

Beben, das die Erde auseinanderreisst? Unmöglich.

ist halbes Leid, geteilte Freude doppelte Freude – und

Genauso wenig, wie ein spürbares, aber feines Zittern

geteilte Angst ist Massenhysterie.»

der Haut einen Menschen zu zerreissen vermag», sagt Markus Weidmann. Und was ist mit dem sogenannten Polsprung, wie er auch prophezeit wird? «Diese magnetische Feldumkehr kommt tatsächlich vor, so alle 250’000 Jahre, 20

Ohne Dramatik sterben?

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genuina

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D A C H AT S C H A A L P I N A


Graubündens höchste Wirtin Silvia Bergo heisst Graubündens höchste Wirtin, jedenfalls wenn man die Höhenlage als Massstab nimmt. Sie leitet das Berghaus Diavolezza auf 2978 m ü. M. Regionale und ökologische Aspekte sind ihr wichtig. Und natürlich, dass sich die Gäste wie zuhause fühlen.

Text: Ralph Hug Fotos: Daniel Martinek

A

ls der Reporter fürs piz-Magazin mit der Seil-

denen alle Gäste profitieren, denn die Palette ist weit

bahn zum Interviewtermin hochfuhr, war

gespannt: Bergsteiger, Wanderer, Familienausflügler

oben gerade Schneeschaufeln angesagt. Dass

es über Nacht plötzlich einen halben Meter Neu-

schnee absetzen kann, ist auf der Diavolezza nichts

22

und Skifahrer, aber auch Sonnenanbeter, ETH-Physiker und Glaziologen kommen auf den Berg.

Ungewöhnliches. «Wir leben hier oben mit den Ber-

Heimische und indische Küche kombiniert

gen», sagt Silvia Bergo-Schneebeli. Und lacht dabei.

In der Küche etwa legt sie viel Wert auf regionale Pro-

Seit bald zwei Jahren führt sie das Regime im bekann-

dukte. Fleisch vom Rätischen Grauvieh kommt

ten Berghaus. Und das verlangt Qualitäten in vielerlei

ebenso zum Zug wie alte Gemüsesorten, die heute von

Hinsicht. Vor ihrem Job auf der Diavolezza leitete sie

breiten Kreisen wiederentdeckt und gepflegt werden.

ad interim das alte, nostalgische Hotel Fex im Fextal.

Silvia Bergo behändigt ein einschlägiges Kochbuch

Jetzt ist sie Chefin eines Grossbetriebs, den Jahr für

und beginnt zu blättern. Ein unbekanntes Küchen-

Jahr Tausende von Gästen im Winter und im Sommer

universum tut sich auf. Ein zweites Buch trägt den Ti-

besuchen. Ein Widerspruch?

tel: «Indisch kochen». Indisch? Ja, auch in diese Rich-

«Gar nicht», findet Silvia Bergo. Denn es kommt ihr

tung soll sich die Küche auf der Diavolezza entwickeln.

nicht auf Äusserlichkeiten an, sondern auf die Gestal-

Denn Gäste aus Indien stehen in den nächsten Jahren

tungsspielräume, die sich ihr bieten. Von Beginn weg,

explizit im touristischen Fokus des Engadins.

erzählt sie, habe sie sich auf der Diavolezza wohl ge-

Silvia Bergo will den künftigen Besuchern aus Asien

fühlt. «Dieses Haus sprach zu mir», drückt sie die erste

aber nicht einfach das ihnen vertraute heimische Es-

Begegnung mit einer fast schon übersinnlich wirken-

sen vorsetzen. Ihr schwebt vielmehr eine Kombina-

den Umschreibung aus. Und was sagte das Berghaus

tion von indischen und schweizerischen Spezialitä-

zu ihr? Bei der Beantwortung dieser Frage wird es

ten vor: «Das ist spannend, und hier kann sich viel

handfest und konkret. Silvia Bergo begann, sanfte Ak-

Neues entwickeln.» Das zeigt: Silvia Bergo hat mit

zente zu setzen. Sie möchte Situationen schaffen, von

Nullachtfünfzehn-Lösungen nichts am Hut. Sie

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möchte neue Wege beschreiten, etwas Besonderes bie-

bis im Knonauer Amt. Ist ihr das nicht zu wenig? Beide

ten und sich nicht mit dem Nächstbesten zufrieden

Seiten haben sich darauf eingestellt. Als Klavierlehrer

geben. Mit kleinsten Tricks lassen sich auch in einem

und Konzertpianist ist ihr Mann ebenfalls häufig aus­

eingespielten Betrieb markante Verbesserungen erzie-

ser Haus. Jeden Abend wird telefoniert, mit dem Sohn

len. Ein Beispiel: Im so genannten «Massenlager», wo

geht die Verbindung am Bildschirm über Skype. Übri-

früher Matratze an Matratze lag, entfernte sie je zwei

gens: Silvia Bergo hat ihren Mann im Pontresiner No-

aus einer Zehnerreihe und legte die übrigen zu Zweier-

belhotel Kronenhof kennengelernt, als sie dort im Ser-

gruppen zusammen. In der Mitte wurde ein Vorhang

vice tätig war und ihr Mann im Kurorchester spielte.

montiert. Und schon sieht das ehemalige «Massenlager» viel individueller aus. Es bietet den Gästen mehr

Man hilft sich gegenseitig

Raum, das «Sardinen»-Gefühl ist weg. Bei den Berg-

Als Leiterin eines Betriebs mit 27 Angestellten bringt

steigern und Hochwanderern, die hier oben zu ihren

sie einen guten Rucksack mit. Sie hat die Hotelfach-

Touren starten, kommt dies gut an.

schule absolviert und besitzt auch Fachabschlüsse in Hotelmanagement und Marketing. Ein Betrieb auf

Ab 17 Uhr wird es ruhig

3000 Meter Höhe funktioniert anders als einer im Tal.

An sonnigen Tagen tummelt sich auf der Diavolezza

Hier oben sind zwar die Funktionen ebenso klar ver-

viel Volk. Doch nach 17 Uhr, wenn die letzte Seilbahn

teilt, doch: «Wir helfen einander aus, wenn viel zu tun

ins Tal gefahren ist, kehrt Ruhe ein. Das geräumige Res-

ist.» Das schweisst ein Team zusammen. Die meisten

taurant bietet Raum für Gespräche und Kontakte zwi-

Angstellten arbeiten denn auch schon seit Jahren im

schen den übernachtenden Gästen. Abends bildet

Berghaus, ein klares Zeichen für Zufriedenheit am Ar-

sich eine temporäre Gemeinschaft, die Bergwelt lässt

beitsplatz.

die Menschen näherrücken. Diese Stimmung gefällt

Silvia Bergo ist noch lange nicht am Ziel angelangt.

Silvia Bergo sehr. Und wenn sich dann die Nacht über

«Ich möchte die alten Geschichten und Erzählungen

die Bernina-Gruppe senkt, ist es auch für sie bald Zeit,

wieder ins Haus bringen», sagt sie. Denn das 1893 ge-

sich in ihre kleine Wohnung zurückzuziehen.

gründete Hospiz ist ein Ort voller Geschichten von

Am nächsten Morgen steht die Wirtin oft schon mor-

Menschen, die das Berghaus prägten. Sie möchte die-

gens um 3 Uhr auf, um den Tourengruppen das Früh-

ses Erbe den Gästen nahebringen, indem die Doppel-

stück zu servieren. Sie verabschiedet die Bergsteiger

zimmer mit den Namen und Biografien von Erstbe-

persönlich und wünscht ihnen «Berg Heil!». «Das ge-

steigern versehen werden. So wird die Diavolezza von

hört für mich einfach dazu», sagt sie. Ein allfälliges

einem funktionalen Grossgasthaus zu einem Ort, wo

Schlafmanko kompensiert sie in Zeiten mit schwäche-

Schicksale und Triumphe, Freuden und Leiden, grosse

ren Frequenzen.

Gefühle und bittere Niederlagen gegenwärtig sind.

Bündens höchste Hotelière lebt die meiste Zeit im Jahr

Ein Ort also, der nicht nur ein grandioses Bergpano-

auf der Diavolezza, verbringt aber die Freizeit regel-

rama bereithält, sondern wo auch die Spuren der Men-

mässig mit ihrem Mann und ihrem mittlerweile

schen zu sehen sind, die sich in diesem «Festsaal der

20 Jahre alten Sohn. Die Familie lebt in Hausen am Al-

Alpen» bewegten. Werbung

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Die Farben der Natur versammelt «Das gelbe Gerüst», so heisst die Ausstellung von George Steinmann im Zentrum für Gegenwartskunst in Nairs. Steinmann war einst selber Kurator im Haus und hat hier die Mineralien und Farbpigmente der Quellen entdeckt. Das lässt ihn seit 25 Jahren nicht mehr los.

Text: Rachel Mader Fotos: George Steinmann

G

eorge Steinmann hatte 1988 und 1989 zweimal das damals gerade neu gegründete Atelierhaus

Zentrum der Ausstellung in Nairs steht denn auch die

in Nairs kuratiert. Er hat hier ein Klima der

vielfältige Sammlung unterschiedlichster natürlicher

Grenzüberschreitungen und der Transdisziplinarität

Stoffe. Nebst Quellsubstanzen zeigt er Flechten, Ge-

geschaffen, das sich bis heute erhalten hat. Bei seinen

steinsarten, Beeren und die daraus entstandenen

Erkundungen in der näheren Umgebung stiess er auf

Säfte. Mit der Mixed-Media-Installation «The World

die Heilquellen des Unterengadiner Fensters – für ihn

and the Mind» (1988 – 2012) wird eine grosse Auswahl

eine nachhaltig wirkende Entdeckung. Steinmann er-

dieser Materialien im Ausstellungskontext gezeigt.

kundet seither 16 Quellen systematisch. Direkt am Ur-

2007 hat er sie erstmals als eigenständige Arbeit ausge-

sprung dieser Quellen sammelt der Künstler Mineral-

stellt. Damit veranschaulicht George Steinmann, dass

substanzen, die er in der Folge reinigt und verfeinert,

Entdecken, Bearbeiten und Ordnen wichtige Schritte

so dass daraus schliesslich ein feines Pigment entsteht.

vor dem Ausstellen sind. Ein Tisch voller Gläser, Pul-

Dieses wiederum wird zum künstlerischen Schaffen

ver, Gesteine und Flechten sind das Kondensat seiner

verwendet.

Sammeltätigkeit.

Seit dem ersten Besuch kommt Steinmann jedes Jahr

AUSSTELLUNG Vernissage 23. Juni,18 h. Führungen am 24.6., 14.30 h; 11.7., 20 h; 3.8., 18.30 h; 15.8., 20 h; 24.8. und 8.9., 18.30 h; 20.9., 20 h. Interdisziplinäres Kolloquium: «Ist Wasser mehr als H 2O?», über das Lebenselement zwischen Mythos und Molekül. 18. August, 16-19 h. Bis 29.9.2012 Details unter www.nairs.ch

26

schende Fragen aus verschiedensten Fachgebieten. Im

teils mehrmals ins Unterengadin zurück, um diese Ar-

Ohne Werk, aber mit Wirkung

beit weiterzuführen. Pigmente, Wasser, Mineralien

Wie nachhaltig Nairs und die Quellen für Steinmanns

und Farben setzt er ganz unterschiedlich in seinem

Schaffen sind, zeigt sich auch an einem seiner letzten

künstlerischen Arbeiten ein. Entstanden sind unter

Projekte: Von 2010 bis 2012 realisierte er ein Kunst-

anderem mit Quellwasser behandelte Fotoserien, mo-

am-Bau-Projekt an der Abwasseraufbereitungsanlage

nochrome Gemäldereihen mit unterschiedlich farbi-

Bern. Er nennt es «Kunst ohne Werk aber mit Wir-

gen Quellpigmenten oder Blätter mit grafischen

kung». Unter anderem hat er bei dieser Arbeit sämtli-

Strukturen. Die Spannung der Arbeiten entsteht aus

che nass verarbeiteten Baumaterialien wie Beton,

der stets neuen und vielschichtigen Mischung von

Gips, Kalk, Fassadenverputz und die Farbanstriche für

Spuren natürlicher Farbigkeit, gestalterischem Ent-

das ganze Gebäude mit Quellwasser aus Scuol-Tarasp

wurf und malerischer Tradition.

«homöopathisch informiert». Diese Arbeit wird im

Wissenschaftliche Neugier

Aussergewöhnlich ist auch die sorgfältige Handwerk-

In diesem Sommer präsentiert er einige dieser Arbei-

lichkeit, die sein Werk durchdringt. Der Künstler

Dachstock von Nairs dokumentiert.

ten im Zentrum für Gegenwartskunst in Nairs. Die

schlägt mit seinem Denken und seinen Arbeiten nicht

Ausstellung «Das gelbe Gerüst» stellt die Verbindung

nur Brücken zur Wissenschaft, sondern ebenso zu ver-

zu Steinmanns erstem Besuch von 1988 her. Das Ge-

schiedensten anderen Spezialgebieten des Wissens.

rüst steht für den 2013 geplanten Umbau des Hauses und gelb steht für positive Energie und lässt sich auf die aktuelle Entwicklung des Ortes beziehen. Eines der zentralsten Elemente von Steinmanns Arbeiten ist das präzise Interesse für den Ort seiner künstlerischen Intervention. Stets begleiten ihn for-

piz 43 : Sommer | Stà 2012


Die Natur bietet die Ausgangsmaterialien an: Pflanzen und Steine, wie man sie rund um Nairs antrifft.


Von der Bonifazius-Quelle rot gefärbte Steine (oben) und ein Blick in die Installation «The World and the Mind» (unten).


ÂŤThe World and the MindÂť (oben) und die leuchtenden Flechten, die an der Kirche Tarasp wachsen (unten).


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2

Heidi, Bond und Sennentuntschi Weit über zweihundert Spielfilme wurden im Enagadin schon gedreht – und ungezählte Werbefilme. Die Zeiten der grossen internationalen Filmproduktionen sind zwar im Moment vorbei, die Region bleibt aber ein begehrter Drehort.

Text: Andreas Kneubühler Fotos: zVg

L

eo Blättler holt eine Kalaschnikow und legt sie

auf diesem Markt viel aktiver – und auch erfolgreicher:

Gummi und erinnert an die Zeiten, als immer

«Unsere Konkurrenten heissen Österreich oder Neu-

wieder internationale Blockbuster im Engadin ge-

seeland», sagt Urban Frye, Direktor der Organisation

dreht wurden. Das Maschinengewehr ist ein Souvenir

Film Location Switzerland mit Sitz in Luzern.

des St. Moritzer Bergführers und Unternehmers an

32

für die ganze Schweiz. Offenbar sind andere Länder

auf den Tisch. Sie sieht echt aus, ist aber aus

den James-Bond-Streifen «A View to a Kill» (1985). In

Ein Mix von Drehorten

der spektakulären Eröffnungssequenz, die im Enga-

Die Abwesenheit von internationalen Grossprodukti-

din und auf Island gedreht wurde, spielte er einen rus-

onen bedeutet allerdings nicht, dass im Engadin keine

sischen Soldaten, der auf Skiern dem letztmals von Ro-

Filme mehr gedreht würden. Eine Schweizer Produk-

ger Moore gespielten Geheimagenten Ihrer Majestät

tion, die 2010 das grosse Publikum anpeilte, war der

hinterherrast. Die fünfminütige Actionszene beginnt

Gruselfilm «Sennentuntschi» des Regisseurs Michael

mit einem Helikopterangriff, gedreht auf dem isländi-

Steiner. Gefilmt wurde im Brunnital, im Schächental,

schen Gletscher Vatnajökull, und setzt sich nahtlos

in Uster, in Zürich, aber auch in Soglio und Bondo im

mit spektakulären Ski-Stunts fort, die am Piz Palü ge-

Bergell. Das sieht im fertigen Film dann so aus: In ei-

filmt wurden. Um das geografische Durcheinander

ner der ersten Szenen zeigt die Kamera die Kirche von

perfekt zu machen, gibt der Film auch noch vor, die

Soglio. Nach einem Schnitt folgen Innenaufnahmen

Verfolgungsjagd spiele in Sibirien.

mit den Kirchgängern und dem Pfarrer, die allerdings

Dieser wilde Mix von Schauplätzen aus aller Welt ist

in der Kirche von Santa Croce im italienischen Nach-

typisch für Filme, in denen es vor allem darum geht,

bardorf Piuro gedreht wurden.

spektakuläre Bilder von Gletschern und wilden Ge-

Für die Beizenszenen wählten die Filmemacher das

birgslandschaften zu zeigen. Solche Produktionen

Hotel Bregaglia in Promontogno aus. Dessen Interieur

fanden zuletzt – von Werbespots abgesehen – nur

passte offensichtlich ideal zur Handlung, die 1975

noch selten den Weg ins Engadin. Das gilt allerdings

spielt. Die Alp, auf der sich die Sennen mit dem Sen-

piz 43 : Sommer | Stà 2012


3

nentuntschi eine zunehmend blutige Auseinander-

4

5

tionen dabei, als Verantwortlicher für die Sicherheit,

1, 2 Erinnerungen an den James-

setzung liefern, liegt dann aber im Urner Schächental.

als Bergführer, als Scout für Drehplätze, als Organisa-

Bond-Streifen «A View to a Kill»:

Die 60 Meter hohe Felswand, über die am Schluss

tor der nötigen Bewilligungen. Blättler erinnert sich

Leo Blättler mit der Gummi­

gleich zwei Hauptfiguren in den Tod stürzen, wurde

an die Dreharbeiten zu «Gran Paradiso» (2000), für

kalaschnikow und die harten

hingegen wiederum im Bergell, in der Nähe von

ihn der letzte grosse Bergfilm, der im Engadin gedreht

Drehbedingungen am Berg.

Bondo, gefunden. – Kein Wunder wurde der Film un-

wurde. Den Part des Gran Paradiso übernahm dabei

Fotoarchiv Leo Blättler

ter dem neutralen Label «Alpenthriller» vermarktet.

übrigens der Piz Palü. «Da kamen dreissig Leute aus

Heidi und der «Teufel von Mailand» Der Blick zurück zeigt, wie gefragt das Engadin als

Hamburg, die noch nie einen Berg gesehen hatten. Für

3–5 Dreharbeiten zum «Teufel

sie brauchte es zuerst eine Schnellbleiche, damit sie

von Mailand».

lernten, wie man sich auf einem Gletscher bewegen

Fotos: SRF/Daniel Ammann

Filmkulisse war – und immer noch ist: Der Journalist

muss.» Immer wieder musste die Crew daran erinnert

und Filmkenner Jürg Frischknecht zählte zwischen

werden, wie fatal ein einziger Fehltritt sein kann.

1899 und 2002 über siebenhundert Filme, davon 120 Spielfilme. Mehr als die Hälfte spielt in St. Moritz.

Mehr Vorsicht am Berg

Viele dieser Produktionen wurden aber vor allem des-

Es gab häufig Auseinandersetzungen mit Regisseuren.

halb im Engadin gedreht, weil die Handlung in der Re-

Jeder Tag, an dem wegen schlechten Wetters nicht ge-

gion angesiedelt ist. Dazu gehören natürlich die ver-

dreht werden kann, kostet mehrere Zehntausende

schiedenen Heidi-Versionen. Die erste stammt aus

Franken. «Noch ein Schuss», heisse es jeweils, so Blätt-

dem Jahr 1952, die vorläufig letzte von 2001. Regisseur

ler. Er setzte andere Prioritäten: «Man muss sicher sein,

Markus Imboden drehte damals unter anderem in

dass man den Drehort rechtzeitig verlassen kann.»

Sent und Scuol. Die Hütte vom Alpöhi stand auf der

Das bedeutet, dass die Helikopter vor dem erwarteten

Alp Zezina Dadaint.

Wetterumbruch genügend Zeit haben, um die ganze

Ein aktuelles Beispiel für einen Film mit dem Schau-

Crew aus dem Gletscher herauszufliegen. Oder dass

platz Engadin ist die Schweizer Fernsehproduktion

vor Drehbeginn genügend Material transportiert

«Der Teufel von Mailand». Die Romanvorlage von

wird, um notfalls für eine Nacht im Eis gewappnet zu

Martin Suter spielt im erfundenen Val Grisch, das ei-

sein. Blättler erinnert sich an heftige Dispute mit ei-

gentlich nur das Engadin sein kann. Gefilmt wurde

nem Produzenten, der unbedingt einen «young,

denn auch unter anderem im Hotel Castell in Zuoz.

tough movie» drehen wollte und dabei auf dem Ge-

Schlagzeilen machte bei den Dreharbeiten eine vom

lände oberhalb der Bovalhütte die angeheuerten

Helikopter aus gefilmte Autoverfolgungsjagd zwi-

Snowboarder Risiken aussetzen wollte, die von den

schen Ardez und Ftan. Bei einem heiklen Manöver

Kennern der Berge nicht zu verantworten waren.

streifte der Rotor den Fels. Die Filmcrew hatte Glück

Beeindruckt haben ihn die englischen Grossprodukti-

im Unglück: Es gab einen Totalschaden am Helikopter,

onen. Jede Einzelheit sei mit den Gewerkschaften ge-

aber keine ernsthaft Verletzten.

regelt gewesen: «Um zehn Uhr gab es Tee oder Kaffee,

Die Geschichte illustriert, dass Filmen in den Bergen

auch wenn man gerade in einer Gletscherspalte

immer eine besondere Herausforderung ist. Davon

drehte.» Um Punkt zwölf Uhr stand das Mittagessen

kann Leo Blättler viele Geschichten erzählen. In den

bereit. Die Schauspieler mussten sitzend essen kön-

letzten dreissig Jahren war er bei zahlreichen Produk-

nen, sonst war die Filmgesellschaft verpflichtet, einen

piz 43 : Sommer | Stà 2012

33


6

6 Fred Zinnemann, Regisseur

Zuschlag zu zahlen. Ein besonderes Erlebnis gab es bei

7

scherspalte, prallte zuerst an die eine, dann an die an-

von «High Noon», drehte seinen

den Dreharbeiten zu Fred Zinnemanns («High Noon»)

dere Wand, landete rund 15 Meter in der Tiefe und

letzten grossen Film «Five Days

letzten Film «Five Days One Summer» von 1982, der

fuhr weiter. Dafür musste zuerst eine geeignete Stelle

One Summer» im Engadin.

im Engadin und dort vor allem auf der Diavolezza ge-

gesucht werden. Dann sei sie zuerst mit weichen Kar-

dreht wurde. Darin entwickelt sich eine Eifersuchts-

tonschachteln aufgefüllt worden, um den Sturz zu

geschichte zwischen einem von Sean Connery ge-

dämpfen, schildert Blättler. Darüber kam ein weisses

tuntschi in Soglio.

spielten Kletterer und einem jüngeren Rivalen und

Tuch, darauf wurde Schnee geschaufelt und John

Foto: Keystone

Bergführer. In der entscheidenden Szene stürzt der

Eaves konnte losfahren.

junge Bergführer in eine Spalte. Dort entdeckt er im

Im gleichen Film hatte Leo Blättler auch seinen Auf-

Eis eine Gletscherleiche und erkennt darin seinen seit

tritt als russischer Soldat. Zusammen mit anderen

7 Dreharbeiten zu Sennen­

Jahrzehnten vermissten Vater.

Die echte Gletscherleiche

praktisch senkrecht, man stürzte automatisch», schil-

Für diesen melodramatischen Moment sei eine Puppe

dert er. Diese gefährliche Passage war auch der Grund,

vorgesehen gewesen, für die das Eis mit einer Ketten-

wieso sein Souvenir, die Kalaschnikow, aus Gummi

säge herausgeschnitten werden musste, erzählt Blätt-

ist. «Damit wir uns nicht verletzten.»

ler. Doch dann erfuhr die Crew, dass am Morteratsch

34

Bergführern fuhr er ein Couloir hinunter, in dessen Mitte sich ein offener Spalt befand. «Es war so steil,

eine echte Gletscherleiche entdeckt worden sei. Sofort

Mehr Werbung für den Drehort

flog man hin. Doch die Realität passte dann doch

Sind solche Produktionen endgültig Vergangenheit?

nicht zur Geschichte. «Die echte Gletscherleiche sah

Der Verein Film Location Switzerland ist dabei, mit

aus wie ein mumifizierter Lederstrumpf.»

Tourismusdestinationen Verträge abzuschliessen und

Es waren die Bond-Filme – neben «A View to a Kill» war

sich als erste Anlaufstelle für internationale Filmpro-

Blättler auch bei «A Spy Who Loved Me» dabei – die

duktionen anzubieten. Auf der Homepage der Organi-

ihm besonders in Erinnerung geblieben sind. Auch

sation wird die Schweiz nicht nur wegen der vielen

wegen des Aufwandes, der betrieben wurde. Einmal

Banken und Luxushotels als attraktiver Drehplatz an-

sollte tief unten in einer Gletscherspalte gefilmt wer-

gepriesen, sondern auch wegen der ökonomisch vor-

den. Britische Alpinisten frästen Holzplattformen ins

teilhaften Produktionsbedingungen: Auf engem Raum

Eis. Doch als man einige Zeit später weiterdrehen

gebe es sowohl Berge als auch Seen oder Städte, die mit

wollte, sah alles anders aus, die Spalte hatte sich verän-

dem gut ausgebauten Verkehrsnetz «in Rekordzeit» er-

dert. Die Szenen wurden nie verwendet. Für die Bond-

reicht werden könnten. Dazu erlaubten die Gesetze

Filme war jeweils der Modeunternehmer und Filme-

längere Arbeitszeiten als in den Nachbarstaaten und

macher Willy Bogner für die Aufnahmen der Skistunts

es sei in der Schweiz einfach, die nötigen Drehbewilli-

verantwortlich. Bogner drehte später auch eigene

gungen zu erhalten. Film Location Switzerland soll

Filme («Fire and Ice») im Engadin und nutzt die Ge-

2013 starten. Zu den Interessenten gehört auch Enga-

gend bis heute als Schauplatz für Werbefilme.

din Tourismus. Möglich also, dass irgendwann wieder

Für eine der spektakulärsten Szenen in «A View to a

einmal ein Bond-Darsteller auf halsbrecherischer

Kill» stürzte John Eaves, ein früherer Weltmeister im

Flucht durch Engadiner Schnee und Eis seinen Fein-

Freestyle-Skifahren, als Double von Bond in eine Glet-

den entkommt – wie immer.

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Ohne Blitz und Donner in der Wand Seit rund einem Jahr kann im Serlas Parc in S-chanf bei jedem Wetter geklettert werden: der künstliche Berg steht in der schützenden Halle. Diese Trainingsmöglichkeiten werden geschätzt, aber den echten Berg ersetzen sie nicht.

Text: Franco Brunner Fotos: Mayk Wendt

Z

wei junge Männer nippen in der Lounge des Vorraums im Serlas Parc in S-chanf an ihrer Cola.

die hier arbeiteten kämen selber aus dem Outdoor-Be-

Aus dem unteren Geschoss hört man gelegent-

reich. «Wir bieten ganzjährige Trainingsgelegenhei-

lich Kugeln über die Bowlingbahn rollen. In der Klet-

ten und wollen Neulinge motivieren», ergänzt Luck.

terhalle dröhnt Rock aus den Lautsprechern: «Enter

In der Engadiner Bergführer- und Kletterszene ist der

Sandman» der amerikanischen Kult-Metal-Band Me-

Serlas Parc gut aufgenommen worden. «Hallen kön-

tallica. Gleich beim Eingang sind die Regeln ange-

nen viele Leute für den Sport begeistern», sagt zum

schlagen: «Kinder nicht überfordern», «Sturzraum

Beispiel Leo Blättler. Der Bergführer und Geschäftslei-

freihalten», «Partnercheck vor jedem Start». Beim

ter von St. Moritz Experience nutzt das Angebot auch

Blick hinauf in die steile, teils überhängende Wand be-

persönlich und erinnert daran: «Wir Bergführer ha-

schleicht einen ein mulmiges Gefühl. Da klettern tat-

ben uns immer für eine solche Halle eingesetzt.»

sächlich Leute hinauf? Noch ist niemand da, der im Takt des metallenen Sandman die steilen Wände

Drinnen und draussen sind zweierlei

hochkraxeln will.

Urs Ettlin, Herausgeber des Engadiner «Kletterfüh-

Gian Luck nimmt es gelassen. Der ausgebildete Berg-

rers», doppelt nach. Vor allem für die Jugend sei das

führer ist Geschäftsführer von Go Vertical, der Betrei-

eine ideale Übungsmöglichkeit. Persönlich, so räumt

berin der vor einem Jahr eröffneten Kletterhalle in

er ein, sei er aber «kein Fan des Hallenkletterns». Ihm

S-chanf. Mit der Auslastung ist er so sehr zufrieden,

fehle hier das Naturerlebnis. Und wer sich in der Natur

dass Serlas Parc nun das ganze Jahr über geöffnet

draussen an eine Steilwand wage, brauche trotz Hal-

bleibt. Klar, es gibt Schwankungen bei den Besucher-

lenerfahrung eine gründliche Einführung.

zahlen, vor allem wenn Klettern in freier Natur prak-

«Draussen und drinnen eine Wand zu durchsteigen,

tisch vor der Hallentüre draussen möglich ist. Der

sind zwei verschiedene Sportarten. In der Halle gibt es

künstliche Berg ist aber ein perfektes Schlechtwetter-

keine objektiven Gefahren», stellt Ettlin fest und er-

und Winterprogramm.

gänzt:. «In der freien Natur sind die Griffe auch nicht

Vom Anfänger bis zum Leistungssportler

36

ganz im Gegenteil», betont der Geschäftsführer. Alle,

so schön rot markiert.» Dass Halle und Natur aber zusammenspielen, weiss auch er und stellt fest: «Das Ni-

Schönwetter oder Regen, Sommer oder Winter: Die In-

veau der Sportkletterer ist überall dort, wo es Trai-

door-Kletter-Klientel ist durchmischt. Hier üben

ningshallen gibt, in den vergangenen Jahren fast

Schülergruppen und der 70-jährige Senior, hier trai-

explosionsartig besser geworden.»

nieren versierte Sportkletterer oder die Anfängerin.

Inzwischen steigt eine Frau fast spielerisch leicht die

Gian Luck freut besonders, dass abends immer auch

Wand empor, während ihr Partner sie am Boden si-

viele Einheimische die Wand zu bezwingen versu-

chert. Ganz offensichtlich ist dies nicht der erste Ver-

chen. Das beweist ihm, dass Serlas Parc tatsächlich ei-

such dieser jungen Engländerin, einen künstlichen

nem Bedürfnis entspricht.

Berg zu bezwingen. Auch vier junge Italiener sind

«Es ist auch Zeit geworden», ergänzt er und erinnert

flink in der Wand unterwegs. Und aus den Boxen er-

daran, dass die Idee schon rund 20 Jahre in den Köp-

tönt inzwischen «Black hole sun» der US-Grunge-Band

fen herumgeisterte. «Wir wollen die Leute nicht da-

«Soundgarden» – passend zu diesem kaltfeuchten

von abhalten, sich draussen in der Natur zu bewegen,

Mittwochnachmittag.

piz 43 : Sommer | Stà 2012


570 m2 künstlicher «Fels» Die Kletterhalle Serlas Parc in S-chanf bietet 570 Quadratmeter künstlichen «Fels» mit Routen in den unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden. Zusätzlich gibt es Boulderwände, an denen weder Seil noch Gurt benutzt werden. Im Serlas Parc werden Kurse in allen Stärkeklassen angeboten. Mit «Flexclimb» gibt es in S-chanf eine Weltneuheit. Hier kann der Kletterer mit beweglichen Griffen und einer interaktiven Steuerung via Touchscreen seine individuelle Route selber zusammenstellen. – Kletterwände gibt es auch in der Academia Engiadina in Samedan und im Hochalpinen Institut Ftan. Sie sind aber weitgehend für die Schulen reserviert. Übungswände gibt es ausserdem bei der Luftseilbahn Diavolezza, im Sportzentrum Vicosoprano und in Poschiavo in der Sporthalle «Palestra Sta. Maria».


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Der Künstler der «Wildnis» Giuliano Pedretti (1924–2012) leistete mit seinem Engagement im Kulturarchiv Oberengadin wichtige Arbeit für das kulturelle Gedächtnis des Engadins. Sein künstlerisches Vermächtnis sichert ihm einen Platz in der Kunstgeschichte.

G

iuliano Pedretti nannte das Engadin eine «Wildnis». Anschaulich schildert er sein Leben als Künstler und Jäger in den autobiografischen Notizen – nachzulesen in der Monografie, die Ulrich Suter 2004 über den Künstler herausgegeben hat. Als «barock» beschrieb er die Oberengadiner Berglandschaft und betonte den Gegensatz zu den «gotischen» Bergen des Bergells. Pedretti kannte ihre Schönheit und ihre Gefahren. Eine Lawine hatte im Winter 1951 das Elternhaus in Samedan zerstört. Bewusstlos wurde der junge Giuliano aus den Schneemassen geborgen und überlebte wie durch ein Wunder. Aus dieser existenziellen Erfahrung schöpfte er Kraft für das ganze weitere Leben. Eine geradezu unbändige Dynamik zeichnet sein Schaffen aus. In den Skulpturen manifestiert sich sein Erleben der Umwelt. Kühne Schrägen setzt er der gewohnten bildhauerischen Vertikalen entgegen. Wer in den Bergen wandert, erfährt durch die stets wechselnde Perspektive etwas von Pedrettis Weltsicht. Das Hochtal mit seiner Landschaft und Kultur, mit den Menschen und Tieren ist eine der Grundlagen, die sein Schaffen bestimmte. Pedretti galt als einer der letzten Vertreter der klassischen Moderne. Ein Kompliment eigentlich, doch hatte das manchmal auch etwas unausgesprochen Abwertendes; als ob die Kunst sein Schaffen längst überholt hätte. Das kümmerte ihn nicht. Gerne erzählte er Episoden aus seiner Bekanntschaft mit Alberto Giacometti, lieber jedenfalls, als sich um Ausstellungen seiner eigenen Werke zu kümmern. Pedretti lotete die Möglichkeiten der Kunstrichtungen aus: Der in Samedan aufgewachsene Sohn von Turo Pedretti war Jäger, Sgraffito-Maler (grosses Weltbild in der Schule Samedan) und Plastiker (Neptun-Brunnen in Samedan, Löwen-Brunnen in Thusis). Im Januar starb er an den Folgen eines Verkehrsunfalls. (zVg/Th. Kaiser)

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Ad fontes – Wasser wieder entdecken Zurück zu den Quellen: St. Moritz-Bad und Scuol-Tarasp besinnen sich ihrer Heilwassertradition. Sie wollen ihre Trinkhallen als architektonische Zeugen mit neuen Inhalten füllen. Man hofft auf eine sprudelnde Zukunft.

Text: Daniela Schwegler Fotos: Archive

D

ie beiden Trinkhallen in St. Moritz-Bad und

Flaschen abgefüllt – fernab der Quellen. Darum sind

Nairs auf Tarasper Boden lottern dem Zerfall

für die kulturhistorisch wichtigen Häuser des Wassers

entgegen. Die St. Moritzer Halle steht seit einem

Richten wir unseren Blick zuerst nach St. Moritz-Bad,

1864 erbaute Gebäude ein Moorlager des Heilbades ne-

der Geburtsstätte des Bädertourismus im Oberenga-

benan, Rasenmäher und Gartengeräte. In Nairs ver-

din. Seiner Heilquellen wegen verwandelte sich das

bietet ein Schild den Zugang, steht doch die 1876 er-

einstige Bauerndorf im 19. Jahrhundert in den mon-

baute und ebenfalls seit Jahren nicht mehr benutzte

dänen Bäderkurort mit internationaler Ausstrahlung.

«Kathedrale des Wassers» am Ufer des Inns direkt unter brüchigem Fels, der abzustürzen droht. Doch jetzt

Paracelsus’ Lob

kehrt in beiden Orten neues Leben zurück – in die

Das Areal aus Zeiten des Heilbädertourismus mit Bad,

ehrwürdigen Hallen, die von der Zeit des blühenden

Grand Hotel, Kurzentrum, Konzertsaal und Trink-

Engadiner Bädertourismus im 19. Jahrhundert zeugen.

halle war Visitenkarte des Ortes. Paracelsus hatte die

In Scuol wurde die Kehrtwende, zum Quellort pas-

Qualität des St. Moritzer Wassers schon 1539 in sei-

send, am UNO-Weltwassertag vom 22. März 2012 ein-

nem Werk «De Morbis Tartareis» gelobt: «Ich ziehe

geleitet und der Verein «Pro Büvetta Tarasp» aus der

den Sauerbrunnen allen anderen Sauerbrunnen, die

Taufe gehoben. Er möchte das unter Schutz stehende

mir in Europa bekannt sind, vor, den ich im Engadin

nationale Baudenkmal sanft renovieren. Als erstes soll

bei St. Moritzen fand und dessen Quelle im August

der Hang gesichert und die Felssturzgefahr gebannt

essig­sauer hervor läuft. Der, welcher dieses Wasser als

werden. In einem zweiten Schritt wäre das architekto-

Arznei trinkt, erlangt seine Gesundheit und wird nie-

nische Juwel zu sanieren. Wobei der Investitionsbe-

mals weder Stein noch Sand, weder Podagora (Gicht)

darf geschätzte acht bis zehn Millionen Franken be-

noch Gelenksucht verspüren.» Dieses Lobes wegen

trägt, die der Verein durch Beiträge von Institutionen,

steht in St. Moritzer das «Paracelsusgebäude».

Kulturstiftungen und privaten Mäzenen decken will.

Heute ist vom einstigen Ensemble nur noch die Trink-

In St. Moritz ist man einen Schritt weiter, sind doch

halle übrig geblieben. Und seit die Quelle um 1920

dort die Finanzen bereits gesprochen. Im März 2012

versiegte, fiel das «Parcelsusgebäude» in einen Dorn-

stimmten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger

röschenschlaf. Heute, nach fast 100 Jahren, wird der

einem Kredit von 4,48 Millionen Franken für die Sa-

letzte Zeuge der St. Moritz Bäderkultur zu neuem Le-

nierung und Erweiterung des Gebäudes zu und gaben

ben erweckt. Nach der im Sommer 2014 geplanten

grünes Licht zur Rettung des «Paracelsusgebäudes» in-

Wiederinbetriebnahme steht die Trinkhalle ganz im

klusive eines Erweiterungsbaus.

Wasserkuren heute

40

neue Nutzungen gefragt.

halben Jahrhundert leer, statt Kurgäste behauste das

Zeichen der Kultur und des Trinkens. Sie wird zum Veranstaltungsort für Konzerte, Lesungen und Ausstellungen ausgebaut und im Museumsteil die Ge-

Doch weder im Unter- noch im Oberengadin führt der

schichte des Wassers und des Kurens erzählen, von der

Weg zurück zur reinen Trinkhaus-Kultur. Die Zeiten

Bronzezeit bis in die Gegenwart. Die dafür notwen-

sind passé, in denen Touristen in die Berge pilgerten,

dige Besucher-Infrastruktur wie Garderoben, kleines

einzig, um dort Wasser direkt ab dem Quell zu verkos-

Office und sanitäre Anlagen bringt das den Umbau lei-

ten. Mineralwasser gibts heute jederzeit und überall in

tende Architekturbüro Ruch & Partner in einem sepa-

piz 43 : Sommer | Stà 2012


1

3

2

4

1 Wasserkuren waren noch kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in Tarasp ein gesellschaftliches Ereignis. 2, 3 Auf der Postkarte lockte der Springbrunnen und auf der Europakarte der Werbung lag damals Tarasp im Zentrum Europas. 4 Die drei Quellen in der Büvetta Nairs, inszeniert wie in einer Kathedrale. 5 Das damalige «Grand Hotel Kurhaus Tarasp», noch ohne das 1913 erbaute Kurmittelhaus Nairs neben der Brücke.

5


6

6, 7 Das Paracelsusgebäude in

raten Anbau unter, damit die Trinkhalle möglichst im

7

Pro Büvetta will Nairs retten

Originalzustand erhalten bleibt. «Wir wollen die

Grosse Pläne für die alte Trinkhalle hegt man auch im

grossen Trinkhallen-Anlage.

Trinkhalle schonungsvoll in eine neue Zeit herüber-

Unterengadin. «Nairs und die Region Unterengadin

Heute steht nur noch der Zent-

retten», so Projektleiter Stefan Lauener, «indem wir

sollen das Wasserzentrum Nummer eins der Schweiz

ralbau. Er wird nun zum Kultur-

die Patina leben lassen und das Gebäude mit Zurück-

werden», sagt Architekt Christof Rösch, der als künst-

St. Moritz-Bad, einst Teil einer

zentrum und Museum.

haltung und Achtung vor der Bausubstanz sanieren.»

Urgeschichtliche Quellfassung

ERNST BROMEIS

42

das frühere Kurmittelhaus saniert. Und sobald die nö-

Das renovierte Haus des Wassers wird auch Platz bie-

tigen Millionen zusammen sind, die Trinkhalle auf

ten für die hölzerne, bronzezeitliche Fassung der Mau-

der anderen Seite des Flusses. Doch eigentlich träu-

ritiusquelle, die vor 3500 Jahren gebaut wurde und auf

men die Initianten in Nairs davon, das gesamte Ge-

die die St. Moritzer mit Fug und Recht stolz sind. Diese

bäude-Ensemble am Fusse des Inns einer neuen Nut-

Quellfassung ist «für ganz Mitteleuropa ein einzigar-

zung zuzuführen – samt dem zurzeit leerstehendem

tiges Zeugnis der urgeschichtlichen Bautechnik», sagt

Hotel «Palace», der Villa nebenan und dem Quell-

Mathias Seifert vom archäologischen Dienst Grau-

häuschen. «Nairs soll zum Zentrum mit internationa-

bündens. Seit 1907 lagerten die mächtigen ausgehöhl-

ler Ausstrahlung werden, das die Menschen zum

ten Lärchenstämme und die ineinandergesetzten

Thema Wasser führt», skizziert Rolf Zollinger, ehema-

Bohlen- und Rundholzkasten allerdings im Dunkel

liger Hotelier aus Vulpera, eine Zukunft des Unteren-

des Kellergeschosses des Engadiner Museums. Dort

gadiner Ortes. «Die ganze Welt soll hier wieder zusam-

fristeten sie zwar ein Schattendasein, blieben aber

menkommen und es soll ein Anziehungspunkt für die

dank des guten Raumklimas optimal erhalten. Wie

interdisziplinäre Forschung zum globalen Thema

schon die Jahrtausende zuvor. Dank der konservie-

Wasser entstehen.»

renden Wirkung des Quellwassers und dem Mantel

Wichtiger Mittdenker bei der Wiederbelegung der Büvetta Nairs ist Ernst Bromeis. Der aus Ardez stammende Sportler und Aktivist will hier ein Wasser-Kompetenzzentrum ein­ richten: «Ich möchte das Bewusstsein der Menschen schärfen, denn Wasser ist unser Lebenselixier. Und den Umgang damit müssen wir lernen.»

lerischer Leiter des Zentrums für Gegenwartskunst in Nairs jahrelange Basisarbeit geleistet hat. 2013 wird

aus Lehm befindet sich das Prunkstück in einem so

Ernst Bromeis als Zugpferd

guten Zustand, als wäre es erst vor kurzer Zeit verbaut

Wichtiger Drahtzieher und Mitdenker ist auch Ernst

worden. «Das Holz ist steinhart. Man sieht noch jeden

Bromeis, der mit seinem Projekt «Das blaue Wunder»

Hieb des Beils», berichtet Mathias Seifert.

international bekannt geworden ist und zum offiziel-

Dies im Gegensatz zu vielen Pfahlwasserbauten aus

len Wasserbotschafter der Region gewählt wurde. Seine

der Stein- und Bronzezeit, die zwar über das Label ei-

Wassertrilogie hatte der aus Ardez stammende Bromeis

nes Unesco-Weltkulturerbes verfügen, aber nicht im

2008 begonnen. Er schwamm damals durch 200 eis-

gleich guten Zustand erhalten sind und aufwendige

kalte Bündner Seen. 2010 schwamm er 300 Kilometer

Konservierungsmassnahmen nötig haben. Mit der

in den grössten Gewässern der Schweiz. Diesen Früh-

St. Moritzer Trinkhallen-Renovation kommt auch die

ling wollte er den Rhein von der Quelle bis zur Mün-

uralte Quellfassung zu neuem Ruhm und zu Ehren.

dung durchschwimmen, musste aber aufgeben.

Sie wird den Besucherinnen und Besuchern in der re-

Künftig will er neben neuen Expeditionen sein Wis-

novierten Halle neu präsentiert. Heilwasser wird man

sen in den Dienst des geplanten Wasserzentrums in

von ihr allerdings nicht mehr direkt verkosten kön-

Nairs stellen, das hier in der Trinkhalle Tarasp optimal

nen, dafür aber ab einem neuen Trinkbrunnen.

verankert wäre. Das Wasserzentrum soll, ähnlich dem

piz 43 : Sommer | Stà 2012


8

World Economic Forum WEF in Davos, ein Ort mit

10

9

mit dem Verein Pro Büvetta gut aufgegleist sei, gelte es,

8 Lavabos aus längst

weltweiter Ausstrahlung werden. Bromeis schwebt

inhaltlich weiterzuarbeiten und an einer künftigen

­vergangenen Zeiten.

vor, dass sich hier Verantwort­liche aus Wirtschaft und

Bespielung des Ortes zu feilen. Falls es gelinge, finanz-

Politik zum Thema Wasser austauschen können und

starke Geldgeber für den Kauf des Hotels Palace zu ge-

9, 10 Die Gläserregale im

Forscher gemeinsam nach Lösungen suchen. Gleich-

winnen, hätten Hotel- und Kunstbetrieb natürlich

Paracelsusgebäude einst und das ausgeräumte Innere heute.

zeitig soll das Kompetenzzentrum fest in der Region

ganz neue Perspektiven.

verankert sein. Auch Schülerinnen und Schüler sollen

In einer Zeit, in der rund vierzig seelenlose Retorten-

sich mit dem Thema Wasser auseinandersetzen kön-

siedlungen als Resorts im Alpenraum in Planung

nen, «denn ich möchte das Bewusstsein der Men-

seien, in die Milliarden gesteckt werden sollen, sei das

schen schärfen. Wasser ist unser Lebenselixier. Und

«historische Resort Nairs» ein Schatz, den man nur he-

den Umgang damit müssen wir lernen», so die Ziele

ben müsse. «Es ist ein unglaublich energiereicher Ort,

des Rekordschwimmers.

der sich aus seiner 150-jährigen Geschichte nährt, aus

Wie genau der neue Verein Pro Büvetta Tarasp, das be-

seinen reichen Quellen, und aus der Kulturarbeit, die

stehende Zentrum für Gegenwartskunst, Gemeinde

wir hier in den letzten Jahren geleistet haben und

und Tourismus in Nairs dereinst zusammenspannen,

auch weiter leisten», sagt Christof Rösch und ist über-

wird sich in den nächsten Monaten weisen. «Es geht

zeugt, «dass immer mehr Leute vom 0815-Wellness-

um eine Neuinterpretation vorhandener Qualitäten»,

Resort-Tourismus genug haben.» Denn der sehe auf

sagt Christof Rösch, «denn Nairs hat ein enormes Po-

der ganzen Welt gleich aus. «Unser traditionsreicher

tenzial. Es ist einer der sakralsten Orte des ganzen Un-

Ort direkt an den Quellen ist deshalb einzigartig. Wir

terengadins.» Nachdem die Sanierung der Trinkhalle

müssen ihn nur neu beleben. Werbung

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piz 43 : Sommer | Stà 2012

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Auch tief im Fels muss alles klappen Die Arbeit beim Energieunternehmen und Stromproduzenten Repower führt Davide Mazzucchi tief ins Bernina-Massiv. Unter Tag kontrolliert er den Druckstollen und bei Revisionsarbeiten in den unterirdischen Kavernen ist er ein gefragter Spezialist.

Text und Fotos: Thomas Müller

D

er Berg schnauft, ein kühler Luftzug streicht durch den Stollen. «Wenns draussen warm ist,

lagen auf, die zusammen so viel Strom produzieren,

ziehts die Luft hinauf», erklärt Davide Mazzuc-

wie 6000 Haushalte verbrauchen. «Der eine über-

chi, «bei Kälte drückt sie nach unten.» Der Kraftwerks-

nimmt das Kraftwerk Cavaglia, der andere das höher-

mitarbeiter geht voran, die Leuchtfarben seines Ar-

gelegene Kraftwerk Palü.» Sagt’s, nimmt ein Notlicht

beitsoveralls kämpfen gegen das Grau an, das alles zu

von der Halterung in der Wand, setzt den Helm auf

verschlucken droht. Links schimmert geheimnisvoll

und besteigt die Stollenbahn. Ein Warnton und los.

die Druckleitung, verliert sich tiefer drin im Berg. Ein

Tief im Berginnern überwindet die Bahn 220 Meter

leichter Schauder läuft den Rücken hinunter. Es ist

Höhenunterschied entlang der 800 Meter langen

kühl, zehn Grad bloss, jahrein, jahraus. In regelmässi-

Druckleitung. An der steilsten Stelle schlägt das mit

gem Abstand weist eine Glühbirne den Weg. Die Lei-

einer achterbahnähnlichen Steigung von 71,5 Pro-

tung ist etwa hüfthoch, zusammengesetzt aus drei

zent zu Buche. Bei Führungen kehren manche gleich

Meter langen Rohrstücken. Über vier Kubikmeter

wieder um: «Platzangst – die halten das nicht aus.»

Wasser schiessen hier jede Sekunde durch, wenn die

44

erteam teilt sich jeweils auf die benachbarten zwei An-

Anlage unter Volllast läuft. Tropfen überall an der Lei-

Zum Mittagessen raus an die Sonne

tung. «Die Leitung schwitzt», beruhigt Mazzucchi.

Auch Kraftwerksprofis ist es nicht immer ganz geheuer

Kein Grund zur Sorge, jede Schweissnaht sei einzeln

im Berg drin. Das zeigt sich bei Revisionsarbeiten,

geprüft und geröntgt worden.

zum Beispiel an den Pumpen in der unterirdischen

Der 54-Jährige bewegt sich im Berg drin so unbefan-

Kaverne des Kraftwerks Palü. Die Stollenbahn ist oben

gen wie jeder andere an seinem Arbeitsplatz auch. Vor

angekommen. Ein paar Schritte sind es zur Kaverne,

38 Jahren hat er sich an die Arbeit im Stollen gewöh-

wo das Wasser weiter in den Speichersee hochge-

nen müssen. Als Maschinenschlosserlehrling bei der

pumpt wird. Drei Monate lang wird bei einer Revision

Kraftwerksgesellschaft Forze Motrici Brusio in Cam-

in diesem geräumigen Raum mit seinen mannshohen

pocologno, einer der Vorgängergesellschaften des

blauen, gelben und roten Installationen und Rohren

heutigen Unternehmens Repower, gings zum ersten

gearbeitet, vierzig Meter unter Tag. Bloss zwischen-

Mal in einen Druckstollen hinein. Ein ziemliches

drin, zum Mittagessen, fährt man hinauf ans Sonnen-

Abenteuer sei das gewesen, erinnert sich der graume-

licht. Trotz guter Beleuchtung schlage der Druck des

lierte Fachmann, man habe damals viel mehr impro-

Bergs manchem aufs Gemüt, sagt Mazzucchi, «den

visiert als heute.

schicken wir dann alle zwei Stunden hoch an die fri-

Druck, Klappen, Schalter und Schmierung

Hat der Stollenkoller auch ihn schon heimgesucht?

Seine Arbeitstage beginnen mit einem morgendli-

Theatralisch hebt Mazzucchi die Hände, doch sein

chen Kontrollgang im Berg. Dutzende von Stellen gilt

Gesicht lacht dazu: «Bis jetzt zum Glück nicht!» Den-

sche Luft».

es zu überwachen: Drosselklappe, Schutzschalter, Tur-

noch gibt es Tage, die der Familienvater nie vergessen

binenschmierung, Ölstand, Wasserdruck, Generator-

wird. Den 17. Juli 1987 zum Beispiel. Kurz vor Arbeits-

kühlung, Temperaturfühler. Da heisst es Messwerte

schluss sah er eine Schnecke, die im Druckstollen an-

ablesen, Luft ablassen, auf aussergewöhnliche Geräu-

derthalb Meter die feuchte Wand hochgekrochen war.

sche horchen und Einstellungen anpassen. Ein Zwei-

Das gabs zuvor noch nie. Am Tag darauf über-

piz 43 : Sommer | Stà 2012


1

2

schwemmte ein verheerendes Hochwasser das Pusch-

zu Italien in Campocologno das grösste Hochdruck-

1 Davide Mazzucchi kontrolliert

lav, ausgelöst durch Murgänge im tiefer liegenden Val

wasserkraftwerk Europas ans Netz, das den Gleich-

tief im Berg, ob Druck,

Varuna nach ungewöhnlich starken Regenfällen.

strom für die 1910 eröffnete Berninabahn lieferte.

Klappen, Schalter und Schmie-

Stehen keine Unterhaltsarbeiten an, geht es nach dem

Umgekehrt wäre der spätere Bau der Kraftwerke Ca-

rung in Ordnung sind.

morgendlichen Kontrollgang wieder an die Bergober-

vaglia und Palü ohne die Materialtransporte per Bahn

fläche. Oft stehen dann Arbeiten in der Werkstatt in

nicht möglich gewesen.

Cavaglia auf dem Programm, wo die Kraftwerksmitar-

Über dem Pumpenraum liegt das senkrecht in den

beiter bei Tageslicht und begleitet von Radio Engia-

Berg gebaute Kraftwerk Palü. Davide Mazzucchi öff-

dina Ersatzteile fertigen: Zylinder, Kolben oder Ven-

net die Tür zum untern Raum. Die Turbine schnurrt

tile, die sich durch Sand und Wasser abgenutzt haben.

sanft. «Knapp halbe Last», erkennt der Spezialist mit

2 Kraftwerkszentrale Cavaglia

Der Hersteller kann nicht weiterhelfen, bei ihm sind

geübtem Ohr. Die Konstruktion sei weltweit einzigar-

keine Pläne mehr vorhanden, die Anlagen stehen aber

tig, sagt er. Unten dreht eine Francis-Turbine und 35

auch schon seit 1927 in Betrieb.

Meter weiter oben an der selben Achse eine Pelton-

Das stolze Betriebsgebäude in Cavaglia erinnert an die

Turbine. So wird die Kraft des Wassers gleich doppelt

Zeiten, als hier auf 1703 Metern über Meer noch das

genutzt. Das ungewöhnliche Kraftwerk soll deshalb

Betriebszentrum für alle Kraftwerke im Tal stand. In

als historisches Zeugnis erhalten bleiben, wenn die

drei Schichten wurde hier gearbeitet, vierzig Familien

Nachfolgeranlage, das Kraftwerksprojekt «Lagobi-

lebten im Weiler, der ganzjährig nur durch die Berni-

anco», in voraussichtlich zehn Jahren verwirklicht

nabahn erschlossen ist. 1974 wurde die Leitzentrale

sein wird. Hoch mit dem Lift und raus vor die Tür.

nach Robbia verlegt und auf Fernsteuerung umge-

Mazzucchi blinzelt im Tageslicht, atmet durch. Er ist

stellt. Die Berninabahn und der Stromversorger sind

auch hier in seinem Element. Als Jäger liebt er den

miteinander gross geworden. 1907 ging an der Grenze

Berg im Sonnenschein mindestens ebenso sehr.

Ökostrompfad Ospizio Bernina

strompfad ist von Juni bis Oktober frei zugänglich.

Der Ökostrompfad führt in einer rund zweieinhalb-

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter:

stündigen Wanderung vom Bahnhof Ospizio Bernina

www.valposchiavo.ch (Suche mit Stichwort Ökostrom-

bis zum Gletschergarten in Cavaglia. Dort sind die

pfad), www.ghiacciai.info

«Marmitte dei Giganti» zu sehen, die riesigen Wasserlöcher («Gletschermühlen») aus prähistorischer Zeit. Unterwegs trifft man auf zwölf Informationstafeln, die in Deutsch und Italienisch Wissenswertes über die Stromproduktion, über die Geologie, die Geschichte und Technik berichten. Auch die vor über hundert Jahren gebaute Berninabahn wird vorgestellt, denn die Elektrifizierung des Tals ist eng mit dem Bahnbau verbunden. Am landschaftlich reizvollen Weg liegen die beiden Kraftwerke Palü und Cavaglia. Der Öko­

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45


Nicht in luftige Bergeshöhen geht die Reise, sondern mitten hinein in die Zivilisation. Dorthin, wo gebaut wird, wo bemerkenswerte Architektur entstanden ist und wo Baudenkmäler stehen. Himmelsleiter und Felsentherme fü hrt auf 13 mehrtägigen Wanderungen zur Baukultur der Alpen und bietet gleichzeitig eine umfassende Darstellung der zeitgenössischen Architektur Graubü ndens.

Das Tal im obersten Südtirol ist weit mehr als die Apfelplantage der EU. Hier fließt neben alten Waalwegen Wasserwosser, die Schafe ziehen über hohe Joche auf die Sommerweiden, und in Bauernschenken werden Kaminwurzen und Kasnocken aufgetischt. Die Genusswanderer Bauer & Frischknecht präsentieren mehrtägige Routen im Vinschgau, erzählen vom Ötzi und von der Geierwally und ver raten ihre Favoriten unter den Gasthäusern.

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Gemäss einer Deutung des Maya Kalenders steht im Dezember 2012 der Weltuntergang bevor. Doch: Kann die Welt überhaupt untergehen? Können die stärksten Erdbeben, Vulkanausbrüche und Flutwellen die Erde zerstören? Gab es überhaupt schon Weltuntergänge? Der Churer Geologe Markus Weidmann geht diesen Fragen nach und erläutert aus einer ganzheitlichen Sichtweise Entstehen und Vergehen der Welten.

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GEFISCHT – GEJAGT – VEREDELT In den beiden Spezialitätengeschäften Laudenbacher in St. Moritz-Bad und La Punt Chamues-ch kommt der wilde Geschmack des Engadins in die Regale.

L

audenbacher bietet in seinen Verkaufsgeschäften in

schwarzen Retriever-Hunden. Sie fischen dort vor allem Saib-

St. Moritz-Bad und La Punt Chamues-ch eine grosse

linge, den wohl feinsten Süsswasserfisch. Roh als Carpaccio mit

Auswahl bester Fleisch-, Wurst- und Fischspezialitäten

etwas frischer Zitrone und Pfeffer, in Butter gebraten oder leicht

an, darunter drei Sorten Siedwürste, bis 20 Sorten Rohwürste

geräuchert gelten Wildsaiblinge als wahre Delikatesse.

und 15 Sorten Trockenfleisch, Engadiner Wildsaibling und

Im Juli reisen Laudenbachers jeweils nach Alaska, um edle

Alaska-Wildlachs. Alles hausgemacht! Weitere Produkte wer-

Rotlachse, wilde Pinklachse oder gewaltige Königslachse zu fi-

den von erlesenen Manufakturen der Region bezogen: Angus

schen. «Ein riesiges Wohnmobil, ein saftiges Angussteak, ein

Beef, Nusstorten, Birnbrote, Geiss-, Schafs- und Alpkäse, Ho-

kühles Alaskan-Amber-Bier und ein Schluck Iva aus der Heimat

nig, Schnäpse. Im Sortiment im Geschäft in St. Moritz-Bad findet

machen dort am Lagerfeuer den Tag perfekt», schildert Ric-

man zusätzlich Wein aus dem Veltlin und der Bündner Herr-

cardo Laudenbacher. Der begehrte Lachs wird in die Schweiz

schaft, Engadiner Bier und Soglio-Produkte. Attraktive Ge-

importiert und anschliessend im Engadin selbst geräuchert.

schenkkörbe werden nach Kundenwunsch zusammengestellt –

In der Jagdsaison verarbeitet Laudenbacher bis zu 200 Tiere,

sie sind das ganze Jahr über ein willkommenes Präsent.

der grosse Teil für die Jäger selbst. «Gutes Geld für gutes Wild!» Der Metzger kauft dann Hirsch, Reh und Gamsfleisch und mit

Die Wurzel des Familienbetriebs Laudenbacher ist eine Fleisch-

etwas Glück gibts im Oktober sogar den einen oder anderen

veredlerei in La Punt Chamues-ch. Seit über 40 Jahren, in

Steinbock. «Ist das Wild einheimisch?» Diese Frage braucht

zweiter Generation, werden hier Salsiz, Siedwürste und Trocken-

man im Laden gar nicht erst zu stellen. Jedes Stück kann hier

fleisch mit Liebe und Leidenschaft zubereitet. Diese Spezialitäten

bis zum Jäger zurückverfolgt werden. Als Kunde lohnt es sich,

gibt’s vom Rind, Schwein, Lamm, Hirsch und Reh, von der Gams

früh in der Jagdsaison vorbeizukommen, denn Reservationen

und vom Steinbock. Das Fleisch wird teils luftgetrocknet, teils

nimmt man nicht gerne entgegen. Wer zuerst da ist, bekommt

geräuchert. Beim Räuchern macht es die Mischung des Holzes

die besten Stücke: «Es hat, so lange es hat.»

aus: dafür werden Arve, Lärche und Tanne aus einheimischen Wäldern verwendet. Im Frühling und im Herbst wird der Holzkel-

Der Laden in La Punt (Plaz 2) ist montags und donners-

ler aufgefüllt. Für Riccardo Laudenbacher ist es «immer wieder

tags das ganze Jahr über offen. Weitere Öffnungszeiten

eine willkommene Abwechslung, mal wieder einen Tag zu hol-

und wann der Laden in St. Moritz-Bad (Gallerie, Via Te-

zen». Er sägt und spaltet das Holz, lagert es anschliessend zwei

giatscha 7) geöffnet hat, erfährt man unter:

Jahre im Wind des Chamuera-Tals zum Trocknen. Je nach

www.laudenbacher.ch

Produkt, Temperatur und Menge verwendet er zum Räuchern

info@laudenbacher.ch

eine andere Holz- und Rindenmischung. Ein kleines Feuer in der

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Ecke der 300-jährigen Rauchkammer brennt langsam vor sich hin – es verleiht den Produkten den einmaligen Geschmack. Jeweils von Mai bis Juli sind Laudenbachers oft am Lej da Livigno anzutreffen, begleitet von Chico und Joja, den beiden


1950

1985

2009

Geplant – und trotzdem zugebaut 18’000 ständige Bewohner und 100’000 in der Hochsaison: Die Agglomeration Oberengadin wirft raumplanerische Fragen auf. Die Planungen hätten wenig genützt, sagt Architekt Robert Obrist. Ohne Pläne sähe es schlimm aus, kontert der Kantonsplaner Cla Semadeni.

Text: Marco Guetg Karten: Swisstopo

W

ann ist ein Dorf eine Stadt? Nun, rein nume-

dern auch eine teure Beherbergungsform, spülen den

risch gilt: Eine Stadt hat mehr als 10’000 Ein-

Gemeinden aber via Gebühren und Steuern Millio-

wohner. Dazu kommen noch ein paar Attri-

nen in die Kassen. St. Moritz zum Beispiel, quasi die

bute: In einer Stadt herrscht häufig ein Verkehrschaos,

City dieser Stadtlandschaft, hat ein Eigenkapital von

sind die Bodenpreise markant höher als auf dem Land.

über 100 Millionen Franken.

Eine Stadt hat Industriebrachen, oft eine Pres­tigemeile

48

und es werden dauernd Ereignisse inszeniert. Und ei-

Unterschiedlich starkes Unbehagen

nen Hauch von Welt erhält eine Stadt schliesslich

Das sind ein paar Fakten zum Oberengadin, die nie-

dann, wenn man sie direkt mit dem Flugzeug errei-

mand bestreitet. Nur das Unbehagen darüber mani-

chen kann.

festiert sich sehr unterschiedlich. Wohl wurde in den

Das Oberengadin ist eine Stadt. In den elf Gemeinden

letzten Jahren hier und dort versucht, diese Entwick-

leben etwa 18’000 Menschen. Fast 100’000 sind es in

lung in den Griff zu bekommen – allerdings nicht

der Hochsaison – und den definitorischen Rest kennt

überall mit Erfolg. 2005 kam es dann zu einer kleinen

man im Hochtal auch: Verkehrsprobleme, hohe Bo-

Sensation. Obwohl von sämtlichen Gemeindepräsi-

denpreise, Industriebrachen (leere Hotels), Prestige-

denten und dem regionalen Gewerbe bekämpft,

meile, Flughafen. Das Oberengadin hat aber auch

stimmten die Oberengadiner mit fast 72 Prozent einer

Qualitäten einer Geisterstadt. Denn im Durchschnitt

Kreisinitiative zu, die den Zweitwohnungsbau auf

fast 60 Prozent aller Wohnungen zwischen Sils und S-

jährlich rund hundert Wohnungen begrenzen will.

chanf sind Zweitwohnungen, die während gut zehn

Seit 2009 ist das Gesetz in Kraft, doch seit dem

Monaten im Jahr ungenutzt sind. Das hat zur Folge,

11. März 2012 und der neuen Verfassungsbestim-

dass ganze Quartiere die meiste Zeit des Jahres wie

mung, wonach der Zweitwohnungsanteil in einer Ge-

ausgestorben sind. Die Infrastruktur aber muss auf die

meinde die 20-Prozent-Marge nicht überschreiten

Spitzenauslastung ausgerichtet werden. Zweitwoh-

darf, ist eh alles anders. Kein Zweifel: Bauen in den

nungen sind somit nicht nur eine ineffiziente, son-

Bergen wird in den nächsten Jahren schwieriger.

piz 43 : Sommer | Stà 2012


1951

1985

Hat die Planung gewirkt?

2008

nicht.» Und als es dann als neue und für viele Men-

Landeskarten reproduziert

Wir nutzen den Moment der Zäsur für einen Rück-

schen finanzierbare Variante zum Erwerb von Eigen-

mit Bewilligung von swisstopo

blick. Seit Ende der 1960er-Jahre hat Graubünden ein

tum aufkam, fand man es «aus sozialen Überlegungen

(BA120218).

Raumplanungsgesetz. Mit Blick auf den verbauten Ist-

richtig». Doch niemand habe sich überlegt, welchen

Zustand stellt sich die Frage: Wie weit hat das Gesetz

Einfluss das Stockwerkeigentum auf das Berggebiet

diese Entwicklung wirklich lenken können? Wir fra-

hat. Einen guten, weil Eigentum und Einkommen ge-

gen Robert Obrist, den St. Moritzer Architekten und

schaffen werden, «oft aber einen verheerenden – vor

Planer und seit den 1960er-Jahren immer auch ein un-

allem dort, wo zu viel Fremdkapital in ein Gebiet

bequemer Zwischenrufer. Zuerst hält er fest: «Ende der

fliesst wie im Oberengadin», so Obrist.

1960er-Jahre haben wir die Regionalplanung Oberengadin gegründet – gegen den Willen der Politiker. Vie-

Neue Perspektiven für die Planer

les ist seither erreicht worden, wenn auch nichts be-

Diese sichtbaren Auswüchse sind für Obrist letztlich

sonders Visionäres. Immerhin haben wir inzwischen

der Grund, weshalb die Zweitwohnungsinitiative an-

regionale Richtpläne.» Aber letztlich renne der Planer

genommen worden ist. «Der Schweizer ändert nichts,

der Realität stets ein bisschen hinterher.

wenn er das Gefühl hat, es funktioniere ja noch eini-

Einspruch aus Chur. Er kommt von Cla Semadeni,

germassen.» Es sei ein «Armutszeugnis», dass eine

dem Leiter des Kantonalen Amtes für Raumentwick-

Einzelperson wie Franz Weber so etwas hinkriege. Die

lung: «Das Gegenteil ist richtig! Nicht der Planer rennt

regionale Politik sei in all den Jahren nicht imstande

der Realität hinterher, sondern die planerischen Mit-

gewesen, das Problem anzupacken. «Ein Planer mit

tel haben immer Vorwegwirkungen.» Semadeni

Visionen, wie sie Franz Weber hat», sagt Obrist, «wäre

nennt Beispiele: «Dank ausgeschiedenen Gefahrenzo-

von den Gemeinden gleich in die Wüste geschickt

nen werden Fehlinvestitionen vermieden, über Bau-

worden.» Auch die Kreisinitiative von 2005, die eine

zonenstrukturen werden bestimmte Überbauungsbil-

Kontingentierung des Zweitwohnungsbaus im Ober-

der erhalten oder weiterentwickelt, über Baugebiets-

engadin vorschreibt, wurde letztlich von einer klei-

abgrenzungen werden wichtige Grundlagen für land-

nen, privaten Gruppe lanciert.

wirtschaftliche Meliorationen geschaffen.»

Während die Politik aufschreit, ist Robert Obrist nun

Stockwerkeigentum als Grundübel

Perspektive, und das ist neu.» Einspruch aus Chur.

«Planung ist ein Prozess», sagt Robert Obrist. Deshalb

«Dieser Verfassungszusatz hat nichts mit Raumpla-

sei es müssig, den Willen zur Gestaltung mit dem Re-

nung zu tun», kontert Cla Semadeni, «weil Raumpla-

sultat zu vergleichen: «Wer glaubt, dass man heute et-

nung nichts mit einem sektoriellen Verbot zu tun hat.

was plant und dann zehn Jahre seine Ruhe hat, irrt. Al-

Sie hat vielmehr die Aufgabe, die Ansprüche an den

les

das

Raum zu lenken, und nicht, sie in gut und schlecht

Stockwerkeigentum. Für Robert Obrist ist es der Dreh-

auszuscheiden.» Der Zweitwohnungsbau sei schon in

bewegt

sich.»

Als

Beispiel

nennt

zufrieden: «Jetzt haben die Planer eine langfristige

er

und Angelpunkt der Entwicklung im Oberengadin

den 1970er- und 1980er-Jahren ein Thema gewesen.

der letzten vierzig Jahre. «Als wir in den frühen

Nur habe man ihn damals nicht a priori als schlecht

1960er-Jahren mit der Planung begannen», sagt Ob-

eingestuft, sondern als eine Erscheinung, «die man

rist, «kannte man das Stockwerkeigentum noch

aufnimmt und gezielt steuert». Was jetzt auf demokra-

piz 43 : Sommer | Stà 2012

49


1950

1985

tische Weise entschieden wurde, laufe mittelfristig

chen: «Dass St. Moritz in den letzten Jahren überhaupt

auf einen Zweitwohnungsstopp hinaus, das habe mit

nicht nach aussen, sondern nach innen gewachsen ist,

den «Grundsätzen der Nachhaltigkeit» nichts zu tun.

ist das Resultat von planerischen Dispositionen, die

«Die Gemeinden haben viele kleine Probleme», sagt

vor etwa zwanzig Jahren getroffen worden sind.»

Obrist, «aber räumliche Entwicklung im Engadin hängt eng mit dem unseligen Zweitwohnungsbau zu-

Das Tempo ist gebremst

sammen. Sogar Hotels seien vor Jahren von reichen

Was vorhanden ist, bleibt, doch was kann noch wer-

Italienern aufgekauft worden, «weil die Investoren da-

den – aus den Dörfern, in den Skigebieten, mit den

mals hofften, auch darin Zweitwohnungen bauen zu

Bergen? «Nach dem 11. März», so Obrist, «wird die Re-

können». Befriedigt schliesst Obrist mit dem Nach-

gion nicht mehr in diesem Tempo weiterwachsen.»

satz: «Das geht jetzt nicht mehr.»

Aber letztlich hänge wieder alles vom Geld und der Po-

Doch was vorhanden ist, bleibt. Und darauf wirft Ob-

litik ab: «Kommt weiterhin viel Geld ins Tal, muss die

rist einen anderen Blick. «Im Oberengadin stehen

Politik Gegensteuer geben.» Was mit der Landschaft

ziemlich genau 10’000 Zweitwohnungen, die im

geschehen kann? Cla Semadeni erinnert daran, dass

Schnitt vier bis sechs Wochen belegt sind und rund elf

das Oberengadin mehrfach geschützt ist: «Es wird er-

Monate leer stehen. Die Hälfte dieser elf Monate ist

fasst durch das Bundesinventar der Natur- und Land-

hier Winterzeit.» Er rechnet vor: «Wir heizen 10’000

schaftsdenkmäler, es gibt den Schutz der Oberengadi-

mal fünf Monate, 50’000 Monate! Das ist – unabhän-

ner Seenlandschaft, der Gewässerschutz spielt mit

gig von der Wirkung dieser Bauten auf die Land-

und es existiert eine richtplanerische Festsetzung,

schaft – eine ökologische und ökonomische Idiotie.»

welche Gebiete landschaftlich zu schützen sind.»

Das Dorfgefühl als Landschaftsretter

50

2009

Eine Region weiter denken heisst, in der Region mitdenken. Deshalb wünscht sich Robert Obrist nicht

Wir schauen auf den verbauten Ist-Zustand und fragen

nur eine kritische Opposition, sondern auch einen öf-

weiter. Hat die Planung wirklich gegriffen? Es antwor-

fentlichen, kritischen Diskurs über Fragen der Land-

tet der Pragmatiker Obrist: «Ohne Diskussion: Es

schaft, der Gestaltung und der Planung und erhofft

wurde zu viel gebaut, doch man hat das im Engadin

sich endlich Architekten- und Planerkollegen, die das

verhältnismässig gut gemacht. Das hat mit den ge-

tun, was er seit Jahren tut: unbequem dazwischenru-

schlossenen Dörfern zu tun. Die Rätoromanen, die

fen. Schliesslich kommt Robert Obrist auf das zurück,

hier aufgewachsen sind, haben ein gutes Dorfgefühl.»

was er in den 1960er-Jahren mit der Gründung der Re-

Wurden in den Gemeinden zu grosse Bauzonen ausge-

gionalplanung Oberengadin angestrebt hat, und for-

schieden? Tatsächlich habe man bis vor ein paar Jah-

muliert einmal mehr seinen bescheidenen Wunsch

ren die Bauzonen «immer ein bisschen grösser als nö-

mit grosser Wirkung: «Ich möchte, dass die Regionen

tig gemacht», sagt Obrist. Jetzt gelte aber die Devise:

gegenüber den Gemeinden gestärkt werden. Denn

«Mehr nach innen bauen – ein richtiger Entscheid für

gute Regionalplanung muss man besser abstimmen.»

das Engadin mit seinen vielen Dörfern.»

Aus Chur kommen dazu Signale. Cla Semadeni: «Die

Die Relativierung kommt aus Chur. Nicht allein die

Regionen sind angehalten, raumentwicklerisch vor-

Siedlungsstruktur sei die Retterin der Dörfer, so Cla

auszudenken. Sie müssen jetzt tätig werden.» Robert

Semadeni. Er windet auch der Planung ein Kränz-

Obrist wirds freuen.

piz 43 : Sommer | Stà 2012


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Der mit den Bergen kocht Seine Speisekarte liest sich wie ein Gedicht aus der Natur. Mit Moosbrot, Steinkartoffel, Heilwasser, Arvenrauch oder Rehessenz lädt Sternekoch Martin Göschel ein, die Berge mit dem Gaumen zu entdecken.

Text: Flurina Badel Fotos: Mayk Wendt

F

eines Kraut, verlockende Beeren oder saftiggrünes Flussmoos – durch Wald und Feld des Enga-

qualitativ hochstehende Lebensmittel produzieren.

dins zu wandern, ohne sich etwas in die Tasche

«Es war eine Entdeckung, wie anders hier alles

zu stecken, kommt bei Martin Göschel nicht vor. «Ich

schmeckt, viel intensiver, robuster und kräftiger.» Es

bin ständig draussen unterwegs und sehe vieles, was

habe ihn auch sehr berührt zu sehen, mit wie viel

mich neugierig macht. Das packe ich dann ein, schaue

Sorge die Bauern ihre Tiere halten, wenn sie zum Bei-

zu Hause nach, was es genau ist und überlege mir, was

spiel für die Schafe auf der Weide Salz auf grosse Steine

ich damit machen könnte.» Und was Göschel damit

streuen. «Die Produkte werden hier in der Region mit

macht, sind bis zu 13-gängige Menus bestehend aus

so viel Liebe hergestellt, da müssen wir gar nicht mehr

Kreationen wie Wachtelei auf Moosbrot, in Verveine-

viel beigeben, nur das Wertvolle ordentlich verarbei-

Salsiz umwickeltes Eglifilet an warmer Sauerampfer-

ten und es auf den Teller bringen.» Martin Göschel än-

mayonnaise oder Wildkräutertaschen mit Guarda-

derte nach nur vier Wochen seine Speisekarte, wech-

Kräutertee-Aufguss.

selte von global auf lokal und begann, die Eigenheiten

Seit drei Jahren ist der gebürtige Mannheimer Chef de

seiner jetzigen Küche zu entwickeln. «Munt e val e

Cuisine im Gourmetrestaurant «L’Otezza» des Relais

flüm», Berg und Tal und Fluss, heissen seine Gourmet-

& Châteaux Paradies in Ftan. Für seine dort entwi-

Menus nun, und dieser Name ist Programm.

ckelte, eigenwillige Küche erhielt der 40-jährige Koch

52

Streifzügen durch das Tal, dass es hier Bauern gibt, die

18 Gault-Millau-Punkte und einen Michelin-Stern.

Spinnereien auf den Tellern

Vor seiner Zeit in Ftan führte Martin Göschel als Kü-

Hummer und Langusten gibts im «L’Otezza» nicht.

chenchef während fast neun Jahren das Varieté-Res-

Dafür gibt es Wachteln und Wachteleier aus S-chanf,

taurant «Tigerpalast» in Frankfurt am Main. Dort

Artischocken und blaue Kartoffeln vom Demeter-Hof

wurde er 2002 von Gault-Millau Deutschland zum

Uschlaingias in Lavin. Das Fleisch bezieht Martin Gö-

Aufsteiger des Jahres gewählt. Der «Tigerpalast» wurde

schel ausschliesslich aus der Region. Er schätzt das

unter seiner Leitung als bestes Restaurant des Jahres

Wollschwein und schwärmt vom urtümlichen Enga-

2006 ausgezeichnet. Doch die zeitaufwändigen admi-

diner Schaf. Von den Bio-Rindern verwendet er alle

nistrativen Arbeiten abseits der Küche des hektischen

Teile, von der Leber bis zum Filet. Das Wild schiesst ein

Grossbetriebes ermüdeten ihn mehr und mehr. Also

Unterengadiner Jäger.

wagte er 2009 den radikalen Wechsel von der Gross-

Hinzu kommen ein paar «Spinnereien», die zu muti-

stadt in die Berge. «Zurück an den Kochtopf und an

gen Kombinationen mit aussergewöhnlichen Zutaten

den Urspung der Nahrungsmittel – das habe ich hier

führen. Eine ist das Scuoler Mineralwasser aus der Vi-

in Ftan gefunden.»

Quelle, das er zu einem Gelée verrührt und mit sauer eingelegtem Fisch kombiniert. Ausgefallene Zutaten

Munt e val e flüm

sind auch Arven- und Lerchenduft. In der Küchen-

Seine erste Speisekarte für das «L’Otezza» hat Martin

werkstatt steht ein Kaltrauchgerät, mit dem er dem

Göschel noch in Frankfurt entworfen. «Ein globales

Holz das Aroma entzieht. Dieser würzige Rauch setzt

Menu mit Gerichten, die es irgendwo geben könnte»,

eine dezente Geschmacksnote und dient auch dazu,

sagt er lachend und seine stechend blauen Augen la-

die Gäste olfaktorisch zu überraschen. So wird das

chen mit. Doch dann bemerkte er auf seinen ersten

Tschliner Biersorbet in einem Wachspapierpäckchen

piz 43 : Sommer | Stà 2012


serviert, das mit Arvenrauch gefüllt ist. Sobald der

bin, der lieber in der Küche bleibt, freue ich mich in-

Gast das Päckchen öffnet, weht ihm der ganze Taman-

zwischen, zu den Gästen an den Tisch zu gehen und

mit leeren Händen von seinen

gur-Wald entgegen. «Ich mag es, wenn das Raue dieser

ihnen zu erklären, woher die Zutaten kommen und

Wanderungen zurück. So

Bergwelt sich in meinen Gerichten widerspiegelt.»

wie sie verarbeitet wurden.» Er habe jetzt eine offene

entstehen seine Kreationen wie

Küche und lasse sich gerne in die Töpfe und auf die

der grüne Wildkräuter Gaz­

Finger schauen. Regelmässig können zwei bis vier

pacho (Rezept unten).

Die Welt am Küchentisch Jeden Tag zieht ein anderer von Göschels Team los,

Martin Göschel kommt nie

Gäste an seinem Küchentisch dinieren und so miterle-

sammelt Sanddorn, Vogelbeeren und nach dem ers-

ben, wie ihr Menu entsteht. Mit dem Haus vertraute

ten Frost die Beeren der Eberesche für Chutney, Quen-

Gäste kommen oft spontan zu ihm in die Küche. Mar-

del und Zitronenthymian, Wiesenkopf oder Iva für

tin Göschel schätzt diesen direkten, unmittelbaren

Essenzen. Was von der Ernte nicht gleich gebraucht

Austausch mit Menschen aus der ganzen Welt. Ihn

wird, füllt Keller, Vorratskammer und Gefriertruhe.

selbst aber zieht es nicht mehr so oft aus dem Engadin

Laufend wird vakuumiert, getrocknet und einge-

hinaus. Im ersten Jahr schon, da habe es ihn immer

weckt. Junge Arventriebe, Pilze, Wildkräuterpesto.

wieder in die Stadt gedrängt, da habe er dann stun-

Auch im Winter soll das meiste auf dem Teller hausge-

denlang in einem Strassencafé gesessen und Passan-

macht und aus der Region sein. Sogar für die Präsenta-

ten beobachtet. «Mittlerweile brauche ich das nicht

tion der Speisen verwendet Martin Göschel heimi-

mehr.» Er könne sich mit dieser Gegend und ihren

sche Materialien wie Schiefer oder Rindenstücke. Sein

Menschen voll und ganz identifizieren, so Göschel

12-köpfiges Team hat stets zu tun. Doch dem gefällt es

weiter. «Ich bin nun eher froh, wenn ich nach einer

in Göschels Küche, für einen Saisonbetrieb hat er er-

Reise wieder hier auf dem Berg bin. Ich schnalle mir

staunlich wenig Wechsel im Team.

lieber die Felle an, streife Wander- oder Joggingschuhe

Seine neue Art zu kochen hat den Sternekoch verän-

über und laufe irgendwohin», meint er verschmitzt.

dert, hat ihn offener gemacht und ihm Zugang zu den

Immer mit offenen Augen und leeren Taschen, falls er

Gästen verschafft. «Obwohl ich eigentlich jemand

Kraut, Beeren oder Flussmoos begegnet.

Grüner Wildkräuter-Gazpacho

Den klaren Tomatenfond und die geputzten und ge-

Rezept von Martin Göschel

schälten Gemüse und Zutaten in einem Mixer fein pü-

280 ml klarer Tomatenfond

rieren, sodass eine dicke Suppe entsteht. Diese durch

1 Knoblauchzehe

ein grobes Sieb passieren, damit die Suppe von der

1 kleine Schalotte

Konsistenz her dünner wird, jedoch noch eine Bin-

1 kleine Karotte

dung aufweist. Kräftig mit Tabasco, Cayenne-Pfeffer,

1 Salatgurke

Salz und Pfeffer abschmecken und bis zum Verzehr

1 Strauchtomate

kalt stellen.

6 Mandeln

Dazu ein Spiesschen mit Carpaccio vom Engadiner

1 Bund Wildkräuter

Weiderind, mit verschiedenen getrockneten Wild-

Tabasco, Cayenne-Pfeffer, Salz, schwarzer Pfeffer

kräutern und Blüten aromatisiert.

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Der Kaffeealchimist Daniel Badilatti ist Inhaber der höchstgelegenen Kaffeerösterei Europas in Zuoz. Mit sensiblem Geschmackssinn tüftelt er an neuen Mischungen und mit Begeisterung betreibt er ein Handwerk, das in einer standardisierten Welt Sinnlichkeit pflegt.

m

it einer dunklen Röstung kann man Qualitätsmängel

Frische. Am besten schmeckt der Kaffee frisch geröstet und

vertuschen. Deshalb verwendet Daniel Badilatti beim

frisch gemahlen. Da wäre es ideal, die Bohnen würden im Tal

Degustieren hell geröstete Bohnen und übergiesst sie

bleiben, doch damit könnte der 100 Jahre alte Familienbetrieb

mit heissem Wasser. So probt, kombiniert und sucht er nach der

nicht überleben. Badilattis 25 Sorten reisen bis nach Russland.

geeigneten Mischung. Die Auswahl ist riesig: Über 800 Kaffee-

Der «St. Moritz-Café» findet mit seinem klangvollen Namen viele

aromen gibts und je nach Ernte kann der Geschmack einer

Anhänger.

Sorte jedes Jahr ändern. «Die perfekte Mischung ist subjektiv, aber natürlich verkaufe ich das am

Berufung und Perfektion

liebsten, was mir persönlich am besten

Haben die Bohnen die Rösterei in Zuoz

schmeckt», so der Zuozer Kaffeeröster.

verlassen, bleibt zu hoffen, dass ihnen

Kaffeeröster und Kaffeesieder sind

unterwegs Sonne, Wärme und Feuch-

aufeinander angewiesen: Der Barista,

tigkeit nicht zu sehr zusetzen und die

der Kaffeesieder, versucht der Ma-

ätherischen Öle nicht «verduften».

schine das «Engelshaar» zu entlocken,

Passiert den Bohnen nichts, liegt alles

einen schwarzen Faden im braunen

Weitere am Barista. «Dass in Italien der

Strahl, der nur erscheint, wenn die

beste Espresso zubereitet wird, liegt

Extraktionszeit des Espresso eine

sicher nicht am besseren Rohstoff, sondern an der fachgerechten Zube-

Punktlandung ist. Der Barista verhindert Bitterkeit und Säure und justiert dafür die Mühle je nach

reitung und am Berufsstolz der Baristi», weiss Daniel Badilatti. In

Luftfeuchtigkeit neu. Er drückt das Pulver im Siebträger mit dem

einer italienischen Bar ist Kaffeemachen nicht einfach ein Job,

richtigen Druck an und kontrolliert die Wassertemperatur.

bei dem auf den Knopf des Vollautomaten gedrückt wird, son-

Die Kunst des Röstens

wann die Milch für den Cappuccino perfekt cremig geschäumt

Der perfekte Espresso aber gelingt nur, wenn die Röstung

ist. Inzwischen gibt es auch in der Schweiz immer mehr Profi-

stimmt. Und hier sind die äusseren Einflüsse gross. Zuoz liegt

Kaffeebrauer. Die sich ausbreitende Kaffeekultur ist eine Gegen-

dern eine Berufung. Baristi haben das Zirpen im Ohr und wissen,

hoch in den Bergen, die Luftfeuchtigkeit ist extrem niedrig.

bewegung zur immer schneller werdenden Zeit. Hier haben

Deshalb wird bei Badilatti länger, dafür bei niedriger Temperatur

auch die «Kleinen» Potential. Daniel Badilatti reist deshalb viel

geröstet als im Unterland. «Bei der Mischung Gourmetto Gastro

und pflegt persönliche Kontakte mit den Kaffeebauern, und er

experimentierte ich drei Jahre lang, bis der Geschmack stimmte»,

kommt mit vielerlei Sorten zurück, die er kombiniert, mischt und

sagt Bohnenalchimist Badilatti. Und er verarbeitet kleine Quan-

degustiert. Zuerst hell geröstet, damit er die Qualität prüfen kann,

titäten. Während Grossproduzenten bis zu einer Tonne Bohnen

doch danach, zum echten Kaffeegenuss, lieber dunkel geröstet.

auf einmal rösten, sind es in Zuoz nur 60 Kilo. Das garantiert

Gallus Hufenus


1

2

Alpinismus und Visionen im Museum Entgegen seinem Namen ist das Museum Alpin in Pontresina nicht nur dem Alpinismus gewidmet. Auch Strahler, Tierliebhaber und Bewunderer alter Wohnkultur kommen auf ihre Kosten. Derzeit zieht eine publikumsträchtige Sonderschau vor allem Bahnfreaks an.

Text: Ralph Hug Fotos: Jasmin Ilg

D

as stattliche, mit Sgraffiti von Giuliano Pedretti

fall schnell bereit zu sein, weiss die Kuratorin. Im un-

verzierte Patrizierhaus im Dorfzentrum von

teren Dorfteil von Pontresina seien im 18. Jahrhun-

Pontresina gehörte einst der Familie Delnon.

dert Dutzende von Häusern niedergebrannt. Die

«Zuletzt wohnten noch zwei Schwestern dort. Nach

Museumsbetreiber achteten darauf, die historischen

deren Tod entschloss sich die Erbengemeinschaft

Räumlichkeiten möglichst getreu zu erhalten. Beim

1985 zum Verkauf des Hauses an die Gemeinde», er-

Betreten ist hier und dort Bücken angesagt.

zählt Betriebsleiterin Annemarie Brülisauer, welche

Im Museum Alpin liegt auch dieses «Fremdenbuch» der Tschierva-Hütte aus dem 19. Jahrhundert.

56

die Besucher durch die Wohnräume führt. Der Berg-

Vögel und Mineralien

führerverein ergriff anlässlich seines Jubiläums die

Im Obergeschoss entfaltet das Alpinmuseum seinen

Gelegenheit, hier ein Alpinmuseum einzurichten.

wahren Reichtum. Hier befinden sich Sammlungen

Material dafür hatte er genug. Zum Beispiel die «Frem-

von atemberaubender Vielfalt und Üppigkeit. Andere

denbücher» der lokalen Hütten des Schweizer Alpen-

Museen würden für diese Kollektionen wohl viel be-

Clubs (SAC). Darin trugen sich schon vor hundert Jah-

zahlen. So zum Beispiel für die Sammlung von 130 Vo-

ren die Gäste ein. Heute erhält Annemarie Brülisauer

gelpräparaten von Gian Saratz. Der Spross aus der be-

nicht selten Anrufe von Forschern, welche diese Bü-

kannten Pontresiner Hoteliersfamilie verstand sich

cher auf bestimmte Namen erkunden wollen.

aufs Handwerk des Ausstopfens. Die Vögel schoss er

Früher war es eng

man per Knopfdruck abrufen kann. Eine kurzweilige

Das Museum Alpin entführt die Gäste in die Welt des

Lektion in Engadiner Fauna.

19.  Jahrhunderts. In der Stüva steht noch der Kachel-

Beim Anblick der Sammlung von Ernst Sury quellen

selber. Zu allen Arten gibt es auch die Stimmen, die

ofen und in der engen Küche («chadafö») der Holz-

die Augen über: Kristalle und Mineralien in allen For-

herd mit den russgeschwärzten Messingpfannen. Im

men und Farben, so weit das Auge reicht, in grossen

Schlafzimmer fallen die kurzen Betten auf. Die Leute

Vitrinen, alle fein säuberlich mit Fundort angeschrie-

hätten früher halb sitzend geschlafen, um im Alarm-

ben. Des Strahlers Herz schlägt hier höher. Selbst

piz 43 : Sommer | Stà 2012


3

echte Goldnuggets sind hinter dem Glas zu bewun-

4

5

unglaubliche Geschichten über unglaubliche Bahn-

1–4 Museum Alpin, Pontre­sina:

dern. Nichts ist vielfältiger als die Natur – dies will uns

projekte aus vergangenen Zeiten.

Aussen ein mächtiges Haus,

diese Schau in ihrer beinah erdrückenden Fülle sagen.

Natürlich muss auch das Museum Alpin mit begrenz-

innen abwechslungsreiche

Die Kollektion alter Skimodelle von Simon Rähmi

ten Mitteln wirtschaften. Dennoch ist die Reihe der

Ausstellungen.

wirkt dagegen fast schon karg. Immerhin soll es unter

bisher realisierten Sonderschauen ansehnlich. Die

den Exponaten auch Exemplare geben, die seinerzeit

nächste im Jahr 2012/13, so verrät Annemarie Brü-

5 Annemarie Brülisauer leitet

von Hand aus Holz geschreinert wurden und gar nie

lisauer jetzt schon, wird dem Thema «Bedrohte Tierar-

das Museum. Foto: UF

zum Einsatz kamen.

ten» gewidmet sein – Bär, Wolf, Luchs & Co. Das vor-

Sonderschauen ziehen Publikum an

Inventarisierung der Museumsexponate. Bislang gibt

dringlichste Anliegen ist aber im Moment die

Das Museum Alpin setzt auf attraktive Wechselaus-

es noch kein Verzeichnis aller Gegenstände, dafür im-

stellungen, die jeweils von Fachleuten thematisch er-

mer mal wieder eine Überraschung, wenn eine seit

arbeitet werden. Die derzeitige Schau ist noch bis zum

langem nicht mehr geöffnete Schublade ihr Geheim-

Oktober 2012 zu sehen und hat das Zeug zum Publi-

nis preisgibt. Spenden für dieses Projekt nimmt das

kumsmagnet: «Bahnvisionen im Engadin» erzählt

Museum gerne entgegen.

Sonderschau: Bahnvisionen fürs Engadin

strecke –, sollte die Jungfraubahn im Berner Oberland

Die aktuelle Sonderschau im Museum Alpin in Pon-

toppen. Das gelang nicht. Zu gross war die Skepsis der

tresina zeigt Bahnprojekte, von denen die meisten

Bevölkerung gegenüber solch utopischen Entwürfen.

zwar eine Konzession erhielten, aber trotzdem nie re-

Die Gemeindeversammlungen von Pontresina und

alisiert wurden. Zum Glück. Oder was wäre heute von

Samedan erteilten Zimmermann eine klare Abfuhr.

einer Bahnlinie von Pontresina nach St. Moritz über

Weniger ambitiöse Pläne wurden aber durchaus reali-

den Stazersee zu halten? Technisch machbar, aber nur

siert, so die 1,6 Kilometer «Tramway» von St. Moritz

auf Kosten der Natur.

ins Bad. Sie wurde 1892 erstellt und war die erste elek-

Noch viel verrückter war der Plan der «Orientbahn».

trische Strassenbahn der Alpenregion. Das aufkom-

So klangvoll sollte eine Verbindung übers Münstertal

mende Auto machte ihr dann 1933 den Garaus. Oder

ins Südtirol und weiter durch Italien in den Balkan

die Standseilbahn nach Muottas Muragl, die 1907 den

heissen. Dieser Orientexpress fuhr nie, doch die Idee,

Betrieb aufnahm und noch heute die Gäste auf einen

die Rhätische Bahn im Unterengadin mit dem Vinsch-

der schönsten Aussichtspunkte des Oberengadins

gau zu verbinden, ist noch heute als Wunsch in Dis-

bringt. Interessant, dass auch einmal eine Verlänge-

kussion.

rung der Schienen von St. Moritz bis nach Maloja ge-

Richtig verrückt war das Projekt einer Stollenbahn un-

plant war. Die Konzession für eine «Oberengadiner

ter dem Biancograt bis hinauf auf den Piz Bernina.

Transversale» wurde bereits 1886 erteilt, aber auch sie

Wers nicht glaubt, kann die Pläne im Museum Alpin

blieb Papier. Als bahngeschichtliches Kuriosum kann

besichtigen. Die «Piz Berninabahn» bis auf 4000 Me-

die «Funibahn» vermerkt werden, eine Art gezogener

ter über Meer – ein Projekt aus dem Jahr 1930 von

Schlitten-Container. Er brachte die Skifahrenden bis

Eduard Zimmermann, Direktor der RhB-Bernina-

1939 von Corviglia zum Plateau Piz Nair Pitschen.

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INSTITUT FÜR AESTHETISCHE CHIRURGIE Fetttransplantation Auch körpereigenes Fett kann man nicht einfach von einer Stelle zur anderen verschieben. Fettgewebe schrumpft sobald seine Durchblutung gestört wird. In kleinen Mengen können kleine Fettkügelchen an Stellen mit Polsterfett abgesaugt und an andern Stellen injiziert werden. Dazu müssen die Fettkügelchen mit feinen Kanülen im Bindegewebe fast „einzeln“ verteilt werden. Fettabsaugen Pölsterchen am Körper können ebenfalls in örtlicher Betäubung entfernt werden, die Erholungszeit dauert nur wenige Tage. Natürlich kann damit nicht Übergewicht korrigiert werden, es kann aber eine gute Motivation zum Abnehmen sein. Medizinisches zentruM heilbad, st. Moritz - bad Tel.: 081 830 80 55, E-Mail: info@drhosch.ch www.aesthetic-surgery.ch

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BUCHER Hirtenroman

Mittelalter in Poschiavo

Die Herren von Ramosch

Silser Leben

Leo Tuor: «Giacumbert Nau, Cudisch e re-

«Casa Tomé, una casa, una famiglia, uno

Anna-Maria Deplazes-Haefliger: «Ge-

Daniela Kuhn: «Zwischen Stall und Hotel,

marcas da sia veta menada / Bemerkungen zu

spaccato di vissuto locale», Fondazione Ente

schichte der Herren von Ramosch und Ra-

15 Lebensgeschichten aus Sils i.E.»

seinem Leben.» Romanisch / Deutsch.

Museo Poschiavino, 164 p., Fr. 30.–. Bezug:

mosch-Wiesberg (12. bis 14. Jahrhundert)»,

Fotos: Meinrad Schade, 2. Aufl., 2012,

Neuausgabe 2012, Limmatverlag, Fr. 38.50

www.museoposchiavino.ch.

216 S., Verlag Desertina, Fr. 38.–

180 S., Fr. 34.–

«Giacumbert Nau» ist

Das Buch über

Die Herren von Ra-

Nietzsche, Rilke, Tho-

ein Hirtenroman ohne

die Casa Tomé ist

mosch waren nach

mas Mann und weitere

Idylle. Sein Bett ist zu

auf Italienisch er-

1170 die einzigen Ade-

grosse Namen haben

kurz, der Bach hat kei-

schienen, mit

ligen mit Stammsitz

dem zwischen St. Mo-

nen Steg. Giacumbert

deutschen Zu-

im Unterengadin. Ih-

ritz und dem Bergell ge-

flickt das Fenster mit

sammenfassun-

nen gehörten auch

legenen Dorf Sils i. E. /

Plastik und verflucht die Gemeinde,

gen. Das aussergewöhnliche Haus

Güter im heutigen Südtirol und in

Segl und seiner Landschaft eine bei-

die Bauern. Er freut sich an der Pro-

stammt aus dem 14. Jahrhundert

Tirol. Bis ins späte 14. Jahrhundert

nahe magische Ausstrahlung verlie-

zession der Schafe, aber er schimpft

und ist in authentischem Zustand

konnten sie sich halten. Nachlässige

hen. Und noch heute begegnet sich

auf den Schafstrott der Menschen.

erhalten. 1993 wurde es unter Denk-

Verwaltung und ein Brudermord

während der Saison Prominenz auf

Giacumbert liebt die Natur, die rau-

malschutz gestellt, ging 2002 in den

führten dann aber zur Auflösung ih-

der Dorfstrasse. Doch wer sind die

schenden Bäche. Und er hat zu

Besitz der Stiftung Talmuseum Ente

rer Herrschaft. Die Führungsschicht

Silser? Der gelernte Hochbauzeich-

kämpfen mit ihr. Er ist trotzig und

Museo Poschiavino über und wurde

der alten Grafschaft Vinschgau (zu

ner bewirtschaftet mitten im Dorf

einsam. Erinnerungen suchen ihn

2007 sanft renoviert der Öffentlich-

der auch das Unterengadin gehörte)

einen kleinen Kuhstall, die einstige

heim an Albertina mit ihrem dun-

keit zugänglich gemacht. Nicht nur

wurde im Spätmittelalter allmählich

Hotelbesitzerin hat als Kind mit

kelgelben Duft nach Safran, deren

das Äussere, auch die Inneneinrich-

umgestaltet. Das Buch analysiert die

Anne Frank gespielt, der ehemalige

Haut bitter schmeckt wie das Salz

tung stellt ein einzigartiges Zeugnis

vielschichtigen Beziehungen und

Pistenchef ist 840 Mal mit dem Ka-

der Erde, die einen anderen geheira-

der vorindustriellen, ländlichen Le-

Veränderungen innerhalb der Adels-

nadierschlitten ausgerückt: Fünf-

tet hat. «Giacumbert Nau» ist ein

bensweise dar. Das Buch schildert

gesellschaft und die wirtschaftli-

zehn Silserinnen und Silser erzählen

Buch voller Poesie und Kraft, Wut

die Geschichte der früheren Besit-

chen Verflechtungen anhand bisher

Geschichten aus alten Zeiten und

und Zärtlichkeit – und ein Gesang

zerfamilie, aber auch die Geschichte

unbekannter oder nicht ausgewerte-

vermitteln einen untouristischen

auf das Liebespaar.

des Bauernhauses in Graubünden.

ter Quellen.

Blick hinter die Kulissen.

Die Nationalparkidee

Der Traum von der Orientbahn

La Müdada

Wider die Fremdenfeindlichkeit

Patrick Kupper: «Wildnis schaffen», Verlag

Plinio Meyer-Tschenett: «Herr Clotin und die

Cla Biert: «La müdada», 420 p., Limmatver-

Bruno Ritter, Andrea Vitali: «Manone»,

Haupt, Fr. 49.–

Orientbahn. Die Geschichte des Hotels Müns-

lag, 46.50 francs. Die Übersetzung er-

Cinquesensi editore, 80 S., Fr. 38.–

terhof», Verlag Desertina, 80 S., Fr. 21.–

scheint 2013.

Als schweizerische Na-

Dieses Buch ist eine

«Tuot las müdadas chi

Der im Bergell wohn-

turforscher Anfang des

Zeitreise über fast 200

quintan van be planet.

hafte Maler Bruno

20. Jahrhunderts einen

Jahre und sechs Genera-

Hoz intant hast fat ün

Ritter und der Autor

Nationalpark gründe-

tionen. Plinio Meyer be-

bun pass, figl», disch

Andrea Vitali haben

ten, hatten sie eine

schreibt die Geschichte

duonn’Aita Tach a seis

ein starkes Buch gegen

wegweisende Vision:

seiner Vorfahren bis

figl Tumasch. Cun la

die Fremdenfeindlich-

Abgeschottet von menschlichem

heute. Es geht um die Suche nach

famiglia Tach e la figüra principala

keit gestaltet. Der zweisprachige Co-

Einfluss sollte die Natur ihre eigene,

Glück in der Fremde, um Träume, Er-

dal giuven Tumasch ans descriva Cla

mics «Manone» schildert die Ge-

ursprüngliche Vegetation wieder-

folge und Rückschläge. 1850 wan-

Biert il muond pauril da la prüma

schichte italienischer Arbeiter im

herstellen. Diese Absicht unter-

dert Clotin Andri als «Kaffeejunge»

mità dal 20avel tschientiner vers il

Bergell Ende der Fünfzigerjahre, als

schied sich radikal von der US-ame-

nach Venedig aus. Um 1860 eröffnet

temp da la modernisaziun, cur cha

die mächtige Albigna-Staumauer ge-

rikanischen Nationalparkidee. Nicht

er zwei Kaffeehäuser mitten in War-

bleras müdadas han marcà regiuns

baut wird. Die italienischen Arbeiter

der Erholung, sondern primär der

schau. Zurück im Bündnerland, wit-

muntagnardas sco quella da Saluorn.

sind unverzichtbar, trotzdem wer-

Forschung hatte ein Nationalpark zu

tert er wirtschaftlichen Aufschwung

«La müdada» da Cla Biert es il prüm

den sie von den Einheimischen ge-

dienen. Das Konzept war innovativ

für das Tal: Es sollte eine Eisenbahn

grond roman rumantsch, ingio chi

schnitten und oft ausgegrenzt. Im

und beeinflusste die Gestaltung von

über den Ofenpass gebaut werden,

vain quintada – intretschada illa de-

Comic geht es um Macht und Ge-

Schutzgebieten weit über die

eine Verbindung von London nach

scripziun da la regiun paurila i’l

walt, um Einsamkeit und eine zarte

Schweiz hinaus. «Wildnis schaffen»

Konstantinopel durchs Müstair. Er

temp da seis müdamaints radicals –

Liebe, um harte Arbeit und Entbeh-

ist die erste umfassende Darstellung

lässt das Hotel Münsterhof bauen,

l’istorgia d’amur da Tumasch e Ka-

rung, um Rassismus und grausame

der Geschichte des schweizerischen

doch er stirbt kurz vor der Eröff-

rin, la giuvna danaisa in vacanzas i’l

Rache. Manone – er heisst so wegen

Nationalparks, von den Gründerjah-

nung. Sohn Nicolaus holt Gäste aus

nöbel hotel sper il cumün. L’ouvra es

seiner riesigen Hände – ist Anführer

ren vor dem Ersten Weltkrieg bis ins

London, New York oder Stockholm

üna bellischma éducation sentimen-

der Gastarbeiter und hat ein ausge-

21. Jahrhundert

ins heute noch bestehende Hotel.

tale ed ün chapitel socioistoric.

prägtes Gerechtigkeitsgefühl.

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piz 43 : Sommer | Stà 2012


BUCHER Peider Lansel

Raubein oder Volksheld?

Mineralquellen

Flurin und Niculin

Rico Valär: «Peider Lansel: Essais, artichels e

Randolph C. Head: «Jenatschs Axt», Soziale

Kathrin Mischol: «Mineralquellen im Unter-

Flurin Caviezel: «Wia gsait. Morgengeschich-

correspundenza. Tom II Ouvras da Peider Lan-

Grenzen, Identität und Mythos in der Epoche

engadin» Bezugsquellen: Apoteca Drogaria

ten.» Buch und CD. Herausgegeben von

sel.» Chasa editura rumantscha, 580 S., Fr.

des Dreissigjährigen Krieges. Verlag Deser-

Engiadinaisa und Stöckenius Scuol, Kul-

Schweizer Radio DRS 1, Fr. 32.–

38.– (auch mit Band 1 von Andri Peer)

tina, Fr. 48.–

turzentrum Nairs. Fr. 48.70

Sechs Jahre lang hat sich

Während Anfang 2012

Nirgendwo in Europa

«… und do hett dr Nicu-

Rico Valär dem Leben

die Gebeine von Jürg

entspringen auf so en-

lin …» – wer regelmäs­sig

und Schaffen von Peider

Jenatsch in Chur aus

gem Raum so viele ver-

am Morgen Radio DRS 1

Lansel (1863–1943) ge-

der Gruft geholt und

schiedenartige Mine-

hört, kennt diesen Ni-

widmet. In Archiven

wissenschaftlich unter-

ralquellen wie im

culin und vor allem

und Bibliotheken, auf

sucht werden, liest man

Unterengadin: Es sind

auch dessen Erfinder:

Dachböden, in Schränken, Schach-

im Buch «Jenatschs Axt» von einer

über dreissig und jede ist in ihrer Zu-

Flurin Caviezel. Der aus dem Unter-

teln und bei Nachfahren hat er Spu-

unumstrittenen Persönlichkeit. Der

sammensetzung anders. Die Ge-

engadin stammende Autor, Cabaret-

ren gefunden. Diese Dissertation

in der Schweiz geborene Geschichts-

schichte der Unterengadiner Mine-

tist und Musiker tischt uns in seinen

vervollständigt die Arbeit von Andri

professor Randolph C. Head von der

ralquellen ist lang und bewegt. Der

Programmen und den kurzen Mor-

Peer, die 1966 Lansels dichterisches

Universität Kalifornien hat seine Er-

Bädertourismus erlebte Ende des 19.

gengeschichten am Radio Alltagssi-

Schaffen zeigte. Der neue Band ist

kenntnisse 2008 auf Englisch publi-

Jahrhunderts seine erste grosse

tuationen mit viel Witz und Ironie

eine süffig geschriebene Biografie

ziert. Jetzt liegt die aktualisierte Fas-

Blüte, als man voller Euphorie

auf. Zwar meinen wir immer, diesen

und das Porträt einer Symbolfigur

sung in Deutsch vor. Head beschreibt

glaubte, mit «Heilwasser» fast alles

Alltag zu kennen, doch dann schlägt

der rätoromanischen Bewegung.

Jenatsch als einen besonders gewalt-

kurieren zu können. Damals wurden

die Geschichte eine unerwartete

Vorgestellt werden auch vier Prosa-

tätigen und beweglichen Politiker

die grossen Hotels und Kuranlagen

Richtung ein – und meistens ist

stücke und alle Essays. Auch Zei-

der «Bündner Wirren». 1621 betei-

gebaut. Heute versucht die Region

dann Niculin der Besserwisser und

tungsartikel sind hier dokumentiert

ligte er sich am Mordanschlag auf

an diese Wassertradition anzuschlies-

die Zuhörer zeigen Schadenfreude.

– und in der ursprünglichen Form

Pompejus von Planta, der mit einer

sen. Das Buch beschreibt fast alle

Jetzt gibt es die «Wia gsait » -Texte ge-

belassen. Das Buch ist sowohl wis-

Axt erschlagen wurde. Das Buch be-

Unternegadiner Quellen, erklärt die

druckt und zwei Dutzend davon in

senschaftliche Dokumentation wie

richtet auch über frühere Forschun-

geologischen Gründe und blendet

Caviezels Bünderdeutsch auf der

spannende Bettlektüre.

gen an den Gebeinen Jenatschs.

zurück in die Geschichte.

zum Buch gehörden CD.

PUBLITEXT

Familienausflug nach Marguns

Restaurant «Chadafö»

Das Restaurant «Chadafö» auf Marguns ist ein idealer Ort für einen Familienausflug und bietet im Sommer jeden Sonntag einen reichhaltigen Brunch an. Hier geniessen es die Erwachsenen und die Kinder: Auf 2278 Meter über Meer gelegen und bequem mit der Gondelbahn ab Celerina erreichbar, ist das Bergrestaurant «Chadafö» ein idealer Ausflugsort für die ganze Familie. Die Kids finden auf dem grossen Spielplatz unter anderem eine Riesenschaukel, ein Trampolin, eine Hüpfburg und Elektroautos. Während die Kleinen sich so richtig austoben können, sitzen die Eltern am «Buurabrunch» (siehe Box rechts). Wer unter der Woche die Berge geniesst, findet in der Pizzeria «Chadafö» mit ihrer grossen Sonnenterrasse ein breites Angebot. Nach dem Essen lockt der Spaziergang. Die Wege auf Marguns sind Kinderwagen-tauglich. Wer mit grösseren Kindern unterwegs ist, kann die Abfahrt ins Tal auch mit dem Trottinett geniessen. Die mit Mountainbikerädern ausgerüsteten Gefährte sind wendig und schnell. Unterwegs geht es vorbei an blühenden Alpenwiesen. Im Waldstück lohnt es sich, sanft auf die Bremse zu treten und tief durchzuatmen: Den Duft in der Luft würde man am liebsten als Parfüm konservieren und mit nach Hause nehmen.

Jeden Sonntag «Buurabrunch» à discrétion: Kaffee, Fruchtsäfte, Zopf, Gipfeli, Alpkäse, Joghurt, Birchermüesli und verschiedene Eierspeisen mit Rösti und Speck stehen auf dem Buffet bereit. CHF 35.– pro Erwachsenen, Kinder bis 14 zahlen einen Franken pro Altersjahr. (Voranmeldung erwünscht) Tel. +41 (0)81 839 80 20. www.marguns.ch

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PIZZERIA Per Knopfdruck Energie sparen Dank intelligenter Vernetzung und Gebäudeautomatisierung ist es ein Kinderspiel, mit dem Smartphone den Energieverbrauch zu überwachen und zu minimieren. Für private Haushalte und institutionelle Einrichtungen eröffnet sich ein Energiesparpotenzial. Stromfresser lassen sich schnell und effektiv stoppen. Die Fernüberwachung bietet hohen Komfort. www.metelcom.ch

Super Constellation in Samedan Das ab 1951 gebaute Flugzeug Super Constellation gilt als die schönste je gebaute Verkehrsmaschine der Welt. Eine Schweizer Gruppe von Enthusiasten konnte eines der längst ausrangierten Flugzeuge retten und hat es restauriert. Nur noch zwei von einst 850 gebauten Flugzeugen dieses Typs fliegen noch, darunter die Maschine in der Schweiz. Der Verein, der sich um dieses Flugzeug kümmert, hat heute 2400 Mitglieder. Er konnte im Jahre 2000 die Maschine in Santo Domingo kaufen und erwarb zusätzlich auf einem Schrottplatz eine zweite

Nus colliains: Engadin mobil Das koordinierte Angebot des öffentlichen Verkehrs im Oberengadin bringt Gäste und Einheimische zu Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten, zur Arbeit und wieder nach Hause. Engadin Bus, Ortsbus St. Moritz, PostAuto und Rhätische Bahn fahren als Tarifverbund. Die Fahrausweise sind auf allen Strecken gültig, ein attraktives Liniennetz und ein dichter Fahrplan sorgen dafür, dass alle Ziele gut erreichbar sind. Die Rhätische Bahn bietet seit über 120 Jahren erstklassige Bahnerlebnisse. Mit dem Engadin Bus reist man bequem von Maloja bis Cinuos-chel und erlebt die traditionellen Dörfer. Engadin Bus setzt seit diesem Frühling umweltschonendere und geräuschärmere HybridBusse ein. Einzelne Strecken werden in Zusammenarbeit mit PostAuto Schweiz bedient. Der Ortsbus St. Moritz verbindet St. Moritz Bad und St. Moritz Dorf.Besondere Erlebnisse bieten der Palm Express von PostAuto Schweiz, der St.

Maschine als Ersatzteillager. Nach Monaten der Fronarbeit und nach Investition von rund einer halben Million Franken gelangte die Maschine 2004 in einem abenteuerlichen Überflug über sieben Etappen in die Schweiz. Heute ist die «Connie» vom Bundesamt für Zivilluftfahrt als historisches Vereinsflugzeug zugelassen. Auch diesen Herbst – am 29. September – kommt die «Super Connie» wieder nach Samedan. Sie wird dort um 10.15 Uhr landen und kann dann den ganzen Tag auf dem Fluplatz bestaunt werden. www.superconstellation.org

Moritz und Lugano direkt miteinander verbindet, sowie der Bernina- und der Glacierexpress der Rhätischen Bahn. Für diese Strecken sind Spezialbillette erhältlich.

Landeskarte auf dem Computer Die Wanderung zu Hause am Computer vorbereiten und den benötigten Ausschnitt bis zum Format A 3 ausdrucken – das bietet Swisstopo mit der digitalisierten Landeskarte. Dank Computer hat man Zugriff auf die Karten aller Massstäbe und auf hochaufgelöste Luftbilder. Man kann in die Karten ein- und auszoomen, Wander- und Velowege einblenden und sich Höhenprofile und die benötigte Wander- resp. Fahrzeit berechnen lassen. Mit Grafikwerkzeugen können in den Karten auch eigene Eintragungen gemacht werden. Die Daten der Karten werden übers Internet in den Computer geladen – damit ist man als Benutzerin und Benutzer immer auf dem neusten Stand. Swiss Map online kostet im ersten Jahr Fr. 49.–, ab dem zweiten Jahr Fr. 29.–. www.swisstopo.ch/swissmaponline

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PIZZERIA Kulturagenda Hotel Laudinella, Sommerprogramm 2012 Details: www.Laudinella.ch 5.7.

Hotel «Le Prese» wird saniert Erleichterung und Freude herrschen bei den Touristikern im Puschlav: Das seit mehr als drei Jahren geschlossene Hotel «Le Prese» befindet sich wieder in Schweizer Händen und wird zu neuem Leben erweckt. Die Stiftung der Basler Mäzenin Irma Sarasin-Imfeld hat versprochen, dem Haus zu neuem Glanz zu verhelfen. Zuvor gehörte das grosse Areal direkt am Lago di Poschiavo der Mailänder Leasint Spa, einer Tochtergesellschaft der Banca Intesa Sanpaolo. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Irma Sarasin kennt das Haus aus vergangenen Zeiten. Es soll im Frühjahr 2013 wieder öffnen. In der Sarasin-Stiftung ist auch FDP-Grossrat Karl Heiz, Poschiavo, vertreten.

Holzbildhauer an der Arbeit Diesen Sommer öffnet der aus Luzern stammende Künstler Alois Hermann seine Sommerwerkstatt in Vnà und gibt hier einen Einblick in sein Schaffen. Zu sehen sind Holz- und Bronzeskulpturen sowie Holzschnitte. Die Skulpturen sind inspiriert von der Begegnung mit Menschen, während sich in den Holzschnitten die Landschaft des Unterengadins widerspiegelt. Hermann erklärt seine Leidenschaft für Holz mit der Einfachheit und Direktheit des Materials. Er vergleicht die Motorsäge mit einem Musikinstrument. Für die Herstellung der Holzschnitte benützt Alois Hermann unterschiedlich grosse Sägen. «Ich arbeite nicht mit den Maschinen, sondern ich spiele mit ihnen», sagt er. Seit einigen Jahren arbeitet der Künstler im Sommer in der ehemaligen Sägerei Denoth in Vnà. Hier öffnet er nun auch die Werkstatt für das Publikum. 11.–25. Juli 2012, jeweils Mi, Fr, und Sa, 14–17 Uhr oder nach Vereinbarung: +41 (0)79 487 94 21, Haus Resgia Denoth, 7557 Vnà. www. alois-hermann.ch

Die Alpen in der Literatur, Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung, 20.30 h 6.7. Pietro De Maria, Klavier-Rezital, 20.30 h 13.7. Abschlusskonzert der Kurswoche Alphornbläser, 18 h, Kath. Kirche St. Karl, St. Moritz-Bad 13.7. «An Evening at the Opera», Donizetti, Mozart, Rossini, Verdi u.a., 20 h. Tickets: St. Moritz Tourist Info und Buchhandlung Wega 16.7. Maryam Sachs, «Ohne Abschied», 20.30 h 20.7. Abschlusskonzert des Laudinella-Kurses «Freude am Klavierspielen», 20 h 26.7. Ferdinand Hodler und Giovanni Segantini: Das Engadiner Hochtal als metaphysische Landschaft, Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung, 20.30 h 27.7. Abschlusskonzert des Laudinella-Kurses «Cello x Cello x Cello», 17 h 3.8. Werkstattaufführung der Teilnehmer des Laudinella-Kurses «Vocal Swing», 18 h 6.8. Klavier-Rezital von den Gewinnern des Concours Géza Anda, 20 h 19.8. Camerata Salonistica mit dem Stummfilm «Fräulein Else», 17 h 22.8 «Alle Lust der Welt zu haschen, gierig bin ich ausgezogen.» Hermann-Hesse-Abend, 20.30 h 30.8 Friedrich Nietzsches späte Autobiographie «Ecce homo. Wie man wird, was man ist.» Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung, 20.30 h 2.9. Eröffnungskonz. Meisterkurs für Klavier, 20.30 h 6./26.9. Dine around, Kochkurs: Anmeldung erforderl. 8.9. Abschlusskonz.Meisterkurs für Klavier, 20.30 h 15.–22.9. Internationales Kulturfest Resonanzen. Mit zahlreichen Konzerten, Lesungen, Filmen und Wanderungen. 18.10. Die Geschichte der Rhätischen Bahn, Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung, 20.30 h

Vergiiget - verjuchzed - verzapft In einer kleinen Tournee durch Südbünden sind die Slamerin Tania Kummer, die Jodlerin Christine Lauterburg und der Spezialist auf alten Instrumenten, Dide Marfurt, gemeinsam unterwegs. Ihr Programm «Vergiiget – verjuchzed – verzapft» passt in kein Schema, ist anspruchsvoll, charmant, künstlerisch versiert – und sehr schweizerisch. Ein Schmelztiegel aus Gesungenem und Gejodeltem, Schweizer Musikgut aus fast vergessenen, gezupften und geblasenen Instrumenten und den wunderbaren Geschichten und Slams der Jung-Autorin Tania Kummer. piz 43 : Sommer | Stà 2012

Aufführungen: 3. Oktober 2012: Kurhaus Bergün 4. Oktober 2012: Piz Tschütta, Vnâ 5. Oktober 2012: Al Canton, Le Prese

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PIZZERIA Neue Kraftwerke in Lavin und Samnaun Die Wasserkraft des Bergbaches Lavinuoz auf dem Gemeindegebiet von Lavin im Unterengadin kann zur Stromerzeugung genutzt werden. Die Bündner Kantonsregierung hat im Frühling 2012 das Konzessions- und Bauprojekt der Ouvra Electrica Lavinuoz Lavin SA (OELL) genehmigt. Die Gemeindeversammlung hatte sich schon 2010 dafür ausgesprochen. Auch Samnaun will ein neues Kleinkraftwerk bauen. Eine bestehende Leitung vom Tal auf die Alp Trida soll künftig nicht mehr nur für die Beschneiungsanlage im Winter genutzt werden, sondern im Sommer auch als Zuleitung für eine neue Turbine.

Nairs – Zentrum für Gegenwartskunst Sommerprogramm 2012 Details und Ergänzungen: www.nairs.ch Im Jahr des Wassers 2012 sind die Quellen (Funtanas) das Leitmotiv des Sommerprogramms. Am UNO-Weltwassertag wurde der Verein «Pro Büvetta Tarasp» gegründet. Sie Ausstelllung «La puntinada gelgua / Das gelbe Gerüst» von George Steinmann befasst sich mit den Mineralquellen (siehe Seite 26). Die Vitrine «in Memoriam» ist dieses Jahr dem tödlich verunglückten Giuliano Pedretti gewidmet (siehe Seite 58). Eine Gedenkveranstaltung für Pedretti findet am 8. September 2012, 20 h, statt. Weitere Termine: 29.6. Film: Thema Migration und Heimweh aus der Reihe «Cuntrasts», Televisiun Rumantscha, 20 h 2./3.7. Filmreihe Künstlerporträts: Dokumentation über Dieter Roth und «Sans Soleil», jeweils 20 h 4.7. Kulturhistorische Führungen: «Nairs – einst und heute» mit Cordula Seger, 14.30 h (Wiederholungen am 8.8. und 7.9.) 13.7. Architektur: Wanderung nach dem Buch «Himmelsleiter und Felsentherme, Architekturwandern in Graubünden.» Von Zernez nach Susch. Mit Lesungen von Köbi Gantenbein. 13.15 h 16.7. Film: «Bottled Life» über das Wassergeschäft, 20 h 20.7. Literatur: Ad Fontes, Quell-Mythen in der rätoromanischen Literatur mit Clà Riatsch, Rico Valär u.a., 20 h 3.8. Literatur: Hommage J. Semadeni (1910-1981), 20 h 6.8. Film: «Mystery of Picasso», 20 h 24.8. Lesung mit Musik: «Ustrinkata» mit Arno Camenisch und Pascal Gamboni, 20 h 27.8. Film: «Step Across the Border», 20 h 19.9. Moskau in Nairs: Festival «Culturescapes», Künstlergespräch, 20 Uhr. 28./29.9. Architektur, Kultur: Spaziergänge zum Thema Brunnen und zu «Kultur macht Gäste», 10-16 h

Peter Kurzecks «Berg der Erinnerungen»

Peter Kurzeck zeigt seine Manuskripte in der Chasa Jaura im Münsertal.

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Im Musem Chasa Jaura in Valchava im Münstertal stellt diesen Sommer der deutsche Schriftsteller Peter Kurzeck seinen «Berg der Erinnerungen» aus. Zu sehen sind viele hundert Manuskriptseiten in allen möglichen Erscheinungsformen. Der 69-jährige Peter Kurzeck ist als Verfasser stark autobiografisch geprägter Romane und Erzählungen bekannt geworden. Er schildert darin das Leben in einer sehr eigenwilligen Sprache. Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet er an einem mehrbändigen autobiografischen Romanprojekt. Kurzeck wurde schon mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem von Günter Grass gestifteten Alfred-DöblinPreis. Seine Lesungen sind mitreissend. Die Manuskripte schreibt er konsequent von Hand – er zeigt sie ab 28. Juli in der Chasa Jaura in Valchava. www.museumchasajaura.ch piz 43 : Sommer | Stà 2012

Leta Peer Im Alter von nur 47 Jahren ist im Februar 2012 in Basel die Künstlerin Leta Peer an den Folgen ihrer Krebserkrankung gestorben. Sie nahm schon als 22-Jährige an Kunstausstellungen teil und entwickelte ihre Malerei immer weiter. Rasch wurde sie mit ihren Ausstellungen bekannt. In den 1990er-Jahren konnte sie eine Wand in der Bündner Frauenschule gestalten, später auch die Glasfensterfront in der Churer Friedhofskapelle. Für ihre Freunde eher überraschend wandte sie sich der Landschaftsmalerei zu. Die Motive dazu fand sie vor allem im Unterengadin, der Heimat ihres Vaters Oscar Peer. Diese teils sehr kleinen Bilder schickte sie ihren Bekannten in die halbe Welt hinaus mit der Bitte, sie zu fotografieren. Andere Bilder hängte sie bei einem Amerikaaufenthalt selber in fremde Wohnungen und fotografierte sie dort. Dieses Projekt der «borrowed places», der geborgten Plätze, stellte sie unter anderem in den Rokoko-Saalfluchten des Augsburger Schaezlerpalais aus. piz hatte in der Winterausgabe 2008/2009 Leta Peer mit Bildern aus dieser Ausstellung vorgestellt. Die Künstlerin arbeitete mit feinem Humor. So schmuggelte sie unter anderem ihre Malerei – in digitalisierter Form – in Tafelbilder von historischen Altären. Leta Peer hinterlässt ihren Ehemann und eine achtjährige Tochter und vor allem eine grosse Lücke im Bündner Kunstschaffen.


PIZZERIA Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Sommerprogramm 2012 Details und Ergänzungen: www.waldhaus.ch

21.6. 23.6. 25.6.

29.6. 2.7. 6.7. 9.7. 12.7. 12.7. 15.7. 16.7. 18.7. 19.7. 20.7. 21.7. 22.7. 23.7. 25.7. 26.7. 27.7. 30.7. 3.8. 4.8. 4.8.

Zwei Erzählungen von Th. Mann, gelesen von Anina Jendreyko und Christoph Finger, 21.15 h Jazz-Night mit den Piccadilly Six, 21 h Lesung mit Norbert Hochreutener und Heinz Ramstein aus den Romanen «Dubach sieht rot» und «Dubach im Machtpoker», 21.15 h Theater: «Der Mann des Zufalls», 21.15 h Theaterabend: «Guten Morgen, du Schöne», von Maxie Wander, 21.15 h Konzert mit der Dani Felber Big Band, 21.15 h Theater: «Der Orchesterdiener», 21.15 h Shiatsu mit Claudia Carigiet Jazzkonzert, 21 h Dimitri Theater, 16.30 h Philosophie: Was kann ich wissen? Der Mensch als erkennendes Wesen, 21.15 h Philosophie : Was soll ich tun? Der Mensch als zum Guten und Bösen fähiges Wesen, 21.15 h Concerto del Vino, 17 h «Gigämaa & Landstriichmusig», 21.15 h Elisabeth Schnürer liest aus dem Kinderbuch «Kruwu», 17 h Philosophie: Was darf ich hoffen? Der Mensch als transzendierendes Wesen, 21.15 h Lesung mit Iso Camartin aus seinem neusten Werk «Im Garten der Freundschaft», 21.15 h Familienkonzert «Uf em Sprung» mit der Band Silberbüx, 17 h Workshop mit der Band Silberbüx für Kinder ab 6 Jahren, 10 h Die Jazzpianistin Irène Schweizer spielt, 21.15 h Konzert mit «Pflanzplätz» – traditionelle und moderne Volksmusik, 21.15 h Musiktheater: Die Aufzeichnung des Malte Laurids Brigge von Rainer Maria Rilke, 21.15 h Kinder: «Die Bremer Stadtmusikanten», 17 h Lesung der Biographie von Vesselina Kasarova mit Marianne Zelger-Vogt, musikalisch begleitet, 21.15 h

6.8.

Lesung: «Die Stunde der Dilettanten. Wie wir uns verschaukeln lassen», 21.15 h 8.8. Tanzschlager der goldenen 20er-Jahre. Kammerphilharmonie Graubünden und Samuel Zünd, 21.15 h 12.8. Theater: «Retraite Scapin». Vorpremière, 21.15 h 13.8. Lesung: «Tod in Venedig», 21.15 h 17.8. Konzert: «Servus Wien», 21.15 h 20.8. Weingala: 12 Donne del Vino. 16 h 23.–26.8. Silser Kunst- und LiteraTourtage: Richard Wagner, Richard Strauss, Otto Dix 27.8. Arno Camenisch liest aus «Ustrinkata», begleitet von einem Orchester, 21.15 h 30.8. Dürrenmatt-Abend, 21.15 h 3.9. Lesung aus dem Buch «Dem Süden verschwistert» mit Autor Adrian Stokar und Schauspieler Jan Zierold, 21.15 h 8.9. Konzert «Mamma Mia – Rossini!». Mit Patric Ricklin und Band, 21.15 h 9.–15.9. Balint-Woche 10.9. Lesung: «Die Frau im Turm» von Viola Roggenkamp, 21.15 h 14.9. Konzert mit dem Trio Jurkovic, Uhlir, Helesic, feat. Pius Baumgartner, 21.15 h 15.-17.9. Tanzkurs mit Sonja Wenzler, 10.00 h 16.–20.9. Lese-Seminare 16.9. Vortrag von Luzius Keller: Proust lesen, 17.30 h 20.9. Filmabend: «Die Frau mit den 5 Elephanten», 21 h, auch am 6.10. 21.9. Duoabend mit «Dölüx», 21.15 h 24.9. «Der Geiger auf dem Dach», Literarische Erkundungen zu Marc Chagalls SchtetlBildern», 21.15 h 27.–30.9. Nietzsche-Kolloquium: «Ursprünge und Anfänge – Nietzsches Basler Zeit» 1.–4.10. Lese-Seminare 2.10. Musikalischer Workshop, 17.30 h 4.10. Das Acappella-Ensemble «Zapzarap» interpretiert Schweizer Lieder und Texte. 21.15 h

Blechbläserensemble

Piff, paff puff … … und du bisch duss. Den Abzählreim gibt’s in allen Sprachen. Der aus Graubünden stammende, in Zürich wohnhafte Fotograf und Künstler Hans Danuser hat ihm im 29. Stockwerk Zürcher Hochhaus «Prime Tower» in den Räumen der Anwaltskanzlei Homburger eine Hommage gewidmet. Die Kunst-am-Bau-Arbeit zeigt den Reim nicht nur in Zürichdeutsch, sondern auch auf Englisch, Französisch, Italienisch, im rätoromanischen Idiom Puter und in Bregaiot auf die Wände appliziert.

Tonschmiede – das Blechprojekt

«Tonschmiede – das Blechprojekt», so nennt sich ein international zusammengesetztes Blechbläser-Ensemble. Es

27. Juli, 20.15 Uhr, Kirche San Lurench, Sent www.dasblechprojekt.de

besteht inzwischen seit fünf Jahren und beginnt die Jubiläumstournee unter dem Titel «Quinquennium» in Sent. Die Musikerinnen und Musiker kommen aus Österreich, Italien, Deutschland und der Schweiz und haben als Profis den Weg ins Orchester gewählt oder widmen sich dem Unterrichten. Das Programm bietet die ganze Bandbreite von Klassik über Jazz bis hin zur Populärmusik. Gespielt wird in der klassischen Blechbläserbesetzung mit vier Trompeten, Horn, vier Posaunen, Tuba und Schlagzeug.

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VORSCHAU / PREVISTA

IMPRESSUM

Generationen | Generaziuns In seiner nächsten Ausgabe wird sich das piz-Magazin um die Generationen kümmern. Im Zeichen knapp werdender öffentlicher Finanzen wird immer häufiger der Generationenvertrag ins Spiel gebracht. Eltern unterstützen ihre Kinder in den ersten Lebensjahren, umgekehrt sorgen später die Kinder für ihre älter werdenden Eltern. Das – so stellt man es sich gemeinhin vor – klappe in den Berggebieten noch viel besser als im Unterland. Wir möchten unter anderem der Frage nachgehen, ob diese Vorstellungen noch stimmen. Und wir werden Unternehmen vorstellen, die seit Generationen von der gleichen Familie geführt werden, und Traditionen beleuchten, in denen Fähigkeiten und Engagement der Vorfahren immer weitergetragen wurden und werden. Schliesslich möchten wir Ihnen Menschen, die aus berühmten Dynastien stammen vorstellen und von ihnen erfahren, wie sie sich in der heutigen Generation, in einer veränderten Welt, fühlen. – Freuen Sie sich also auf piz im Winter 2012 /13.

Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Palüzot, CH-7554 Sent Tel. +41 (0)81 864 72 88, info@pizmagazin.ch, www.pizmagazin.ch Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Via Giovanni Segantini 22, 7500 St. Moritz, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster Copyright Edition piz, Scuol

Foto: yemaija / photocase.com

Druck | stampa AVD, Goldach (SG)

Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Walter Aeschimann, *1957, Historiker und freier Journalist in Zürich Franco Brunner, *1977, freier Journalist in Chur. www.francobrunner.ch Sina Bühler, *1976, Redaktorin «work» Marco Guetg, *1949, ist Journalist und lebt in Zürich Ralph Hug, *1954, freier Jour­nalist im «Pressebüro St. Gallen»

Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd

Thomas Kaiser, *1979, betreibt in Chur die Denk- und Schreibwerkstatt www. wortwert.ch Andreas Kneubühler, *1963, freier Jour­nalist im «Pressebüro St. Gallen» Rachel Mader, *1969, Projektleitung «Organising Innovation» am Institut für Gegenwartskünste der Zürcher Hochschule der Künste

www.pizmagazin.ch Nr. 43, Sommer | Stà 2012. Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 30’000 Ex.

Daniel Martinek, *1968, freiberuflicher Fotograf. Er lebt in Celerina und Zürich.

Abonnemente:

Thomas Müller, *1965, freier Journalist in Zürich

Edition piz, CH-7554 Sent. Zweijahresabonnement: Fr. 35.–

Daniela Schwegler, *1971, freie Journalistin in Wald (ZH)

(exkl. Versandkosten und MwSt.). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Mo­na­ten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert es sich automatisch um zwei Jahre. info@pizmagazin.ch Nächste Ausgabe: Dezember 2012 Für unverlangt einge­sandtes Text-, Bild- und Tonmaterial übernimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.

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Marco Volken, *1965, fotografiert für zahlreiche Bergpublikationen. Er lebt in Zürich. www.marcovolken.ch Mayk Wendt, *1982, ist in Ostdeutschland aufgewachsen und lebt seit sieben Jahren als Fotograf im Engadin. Er ist Mitglied von «freelens» in Hamburg. www.maykwendt.com


Viel zu schön für 14 Tage. Bleiben Sie für immer. Puntschella, Pontresina

T. +41 81 842 76 60

Rätia, Arosa

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Die Kunst, Werte zu schaffen. Wir verbinden Kompetenz mit Konstanz. International bedeutende Künstler wie Alberto Giacometti liessen sich in und von Graubünden inspirieren. Auch unsere Arbeit ist geprägt von Weitsicht und fortwährender Innovation. Private Banking ist für uns keine Frage des Vermögens, sondern Ihrer Bedürfnisse. Nutzen Sie unser Wissen und unsere Erfahrung für Ihren finanziellen Erfolg. www.gkb.ch/privatebanking


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