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THERAPIEGRUNDLAGEN

• Problemlösestrategien: „Was ist die Ausgangssituation? Was ist das Ziel? Wie könnte ein Lösungsweg aussehen?“ Kleine Schritte planen und einzeln überprüfen, ob sie wirklich zum Ziel führen; Erreichung oder Nichterreichung dokumentieren und Erreichung sofort belohnen! Dies ist besonders wichtig, da die Betroffenen im Laufe des Lebens keinen Belohnungsaufschub lernen wie andere Erwachsene und somit in diesem Bereich wie Kinder agieren. Ein Therapiefortschritt hängt bedeutend damit zusammen, dass dies beachtet wird.

• Achtsamkeits-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationstraining: Nur mit einer Sache beschäftigen; beobachten, aber nicht bewerten; einen eigenen inneren wohlwollenden Beobachter installieren; Arbeit mit 2 „leeren Stühlen“, wobei der eine den „inneren Antreiber“ und der andere den „inneren Faulenzer“ symbolisiert, beide abwechselnd zu Wort kommen lassen; konzentrative Techniken einüben z. B. mit Sudoku, Suchspielen, Körbe flechten, usw.

• Einüben von angemessenem Sozialverhalten: Pünktlichkeit auch in den Therapiesitzungen (kein Nachholen der verlorenen Zeit); Zuhören, Verstehen und Wiedergeben trainieren (erst zuhören, dann mit eigenen Worten wiederholen, dann antworten); Bewusstmachung von negativem non-verbalen Verhalten (Mimik, Gestik, Laute); auf Zynismus hinweisen; Rollenspiele zu ganz konkreten Situationen

• Emotionsregulationstraining: Lernen: Welche Grundemotionen gibt es (weltweit gleich und an der Mimik und Gestik ablesbar: Freude, Trauer, Wut, Angst, Ekel, Erschrecken bzw. Überraschung)? Welche Aufgaben haben sie? Welche Körperimpulse und welchen Appell an das Gegenüber senden sie? Mit welchen Emotionen kann ich gut umgehen? Welche bereiten mir Schwierigkeiten? Entsprechende Situationsanalysen erstellen, um ein besseres Selbstverständnis zu bekommen.

THERAPIEGRUNDLAGEN

Medikinet®, Equasym®, Methylphenidat® oder Concerta®. Entgegen weit verbreiteter Befürchtungen besteht speziell bei Menschen mit AD(H)S keine Gefahr für eine körperliche Abhängigkeit. Sie leiden dann sogar weniger unter sonstigen Abhängigkeiten (Alkohol, Drogen) als ohne die Einnahme von Methylphenidat. Es muss aber deutlich darauf hingewiesen werden, dass bei der gleichzeitigen Einnahme mit Alkohol das Risiko für das erste Auftreten einer Psychose stark zunimmt. Seit dem 14. April 2011 ist Methylphenidat auch für Erwachsene in Deutschland zugelassen, „wenn andere Maßnahmen alleine unzureichend sind und ADHS (seit der Kindheit) besteht“; es unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) (www.bfarm.de). Als Alternative oder ergänzend zu Methylphenidat kann Atomoxetin (Handelsname: Strattera®) gegeben werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass es in Einzelfällen zu erhöhter Suizidalität kommen kann. Weitere Alternativen sind antriebssteigernde oder trizyklische Antidepressiva. „Wollen und nicht Können“ – bei dieser Erfahrung muss es für Betroffene nicht bleiben. Wenn nach einer gründlichen Diagnostik eine spezifische und möglichst multimodale Therapie begonnen wird, können eine deutliche Linderung der erlebten Einschränkungen und eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität erreicht werden.

ÜBER DIE AUTOREN

Die Auswirkungen der Fremdbestimmung – Borderline

Anne Lamm, Dipl.-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin. Verhaltenstherapeutin für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Arbeitet in der de’ignis-Fachklinik.

VON ACHIM SÖRGEL

Psychopharmakatherapie In der medikamentösen Behandlung von AD(H)S kommen Psychostimulanzien und Antidepressiva zum Einsatz. Das meist verschriebene Psychostimulans ist Methylphenidat, teilweise als retardierte Form. Methylphenidat ist auch bekannt unter den Handelsnamen Ritalin®, 44

Angelika Heinen, Dipl.-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung. Arbeitet in der de’ignis-Fachklinik.

primaer/photocase.com

Ein (anonymisiertes) Fallbeispiel: Anna, 17 Jahre

A

nna kam in unsere Wohngruppe, nachdem sie zuvor bereits sechs verschiedene Jugendhilfemaßnahmen, angefangen von einer ambulanten Betreuung, über die geschlossene Unterbringung in einer Mädchenwohngruppe, bis hin zu einem Auslandsaufenthalt in Irland in einer Pflegestelle,

sowie mehre Aufenthalte in der Kinder- und Jugendpsychiatrie durchlebt hatte. Die Mutter berichtete über massive Schwierigkeiten im Umgang mit ihrer Tochter. Diese halte sich an keinerlei Absprachen, habe schon früh angefangen Alkohol zu konsumieren und sehr intensive, auch rasch intime Beziehungen einzulassen, die jedoch genauso rasch wieder endeten. Oft wechselt Annas Stimmung von einem Moment auf den anderen, sie reagiert auf kleinste 45


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