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WM−Journal

HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG

MONTAG, 21. JUNI 2010 · NR. 141

„Die Mannschaft ist intakt, sie hat alles versucht“ Kapitän Philipp Lahm spricht im Interview über individuelle Fehler gegen Serbien, meint aber, dass die Marschrichtung stimmt Herr Lahm, wie ist die Stimmung in der deutschen Mannschaft nach dem 0:1 gegen Serbien und vor dem entscheidenden Spiel am Mittwoch gegen Ghana? Ist der Druck jetzt nicht gewaltig? Wir waren sehr enttäuscht, und man hat ein bisschen Wut in sich. Aber wir müssen in erster Linie nach vorne schauen, anknüpfen an unsere Leistung in der 2. Halbzeit gegen Serbien. Ich mache mir vor dem Ghana-Spiel überhaupt keine Sorgen, weil man gesehen hat, dass wir immer in der Lage sind, uns Torchancen zu erarbeiten. Ich bin zu 100 Prozent sicher, dass wir das Achtelfinale erreichen. Es braucht keinem Angst und Bange sein. Und Druck ist vor jedem Spiel da, das man gewinnen will.

W M - S TAT I S T I K TORJÄGER Gonzalo Higuain (Argentinien) 3 Tore Diego Forlan (Uruguay) 2 Asamoah Gyan (Ghana) 2 Lukas Podolski (Deutschland) 1 Miroslav Klose (Deutschland) 1 Thomas Müller (Deutschland) 1 Cacau (Deutschland) 1 Wesley Sneijder (Niederlande) 1 Samuel Eto’o (Kamerun) 1 Nicklas Bendtner (Dänemark) 1 Dennis Rommedahl (Dänemark) 1 Cristian Riveros (Paraguay) 1 Enrique Vera (Paraguay) 1 Vincenzo Iaquinta (Italien) 1 Shane Smeltz (Neuseeland) 1 und 32 weitere Spieler mit je einem Tor, dazu kommen zwei Eigentore GESPERRTE SPIELER Miroslav Klose (Deutschland, Gelb-Rote Karte) Harry Kewell (Australien, Rote Karte) Sani Kaita (Nigeria, Rote Karte) Itumeleng Khune (Südafrika, Rote Karte) Jamie Carragher (England, 2. Gelbe Karte) Efrain Juarez (Mexiko, 2. Gelbe Karte) Jonas Gutierrez (Argentinien, 2. Gelbe Karte) Jeremy Toulalon (Frankreich, 2. Gelbe Karte) Kagisho Dikgacoi (Südafrika, 2. Gelbe Karte) Craig Moore (Australien, 2. Gelbe Karte) Simon Kjaer (Dänemark, 2. Gelbe Karte) Robbie Findley (USA, 2. Gelbe Karte)

1:1 (0:0) 0:0 0:3 (0:1) 0:2 (0:0) morgen, 16 Uhr morgen, 16 Uhr

1. 2. 3. 4.

2 2 2 2

1 1 1 1

0 0 1 1

3:0 3:1 0:2 1:4

4 4 1 1

GRUPPE B Südkorea – Griechenland Argentinien – Nigeria Argentinien – Südkorea Griechenland – Nigeria Nigeria – Südkorea Griechenland – Argentinien 1. 2. 3. 4.

Argentinien Südkorea Griechenland Nigeria

2:0 (1:0) 1:0 (1:0) 4:1 (2:1) 2:1 (1:1) morgen, 20.30 Uhr morgen, 20.30 Uhr 2 2 2 2

2 1 1 0

0 0 0 0

0 1 1 2

5:1 3:4 2:3 1:3

6 3 3 0

GRUPPE C England – USA Algerien – Slowenien Slowenien – USA England – Algerien Slowenien – England USA – Algerien 1. 2. 3. 4.

Slowenien USA England Algerien

1:1 (1:1) 0:1 (0:0) 2:2 (2:0) 0:0 Mi., 16 Uhr Mi., 16 Uhr 2 2 2 2

1 0 0 0

1 2 2 1

0 0 0 1

3:2 3:3 1:1 0:1

4 2 2 1

GRUPPE D Serbien – Ghana Deutschland – Australien Deutschland – Serbien Ghana – Australien Ghana – Deutschland Australien – Serbien 1. 2. 3. 4.

Ghana Deutschland Serbien Australien

0:1 (0:0) 4:0 (2:0) 0:1 (0:1) 1:1 (1:1) Mi., 20.30 Uhr Mi., 20.30 Uhr 2 2 2 2

1 1 1 0

1 0 0 1

0 1 1 1

2:1 4:1 1:1 1:5

4 3 3 1

GRUPPE E Niederlande – Dänemark Japan – Kamerun Niederlande – Japan Kamerun – Dänemark Dänemark – Japan Kamerun – Niederlande 1. 2. 3. 4.

Niederlande Japan Dänemark Kamerun

2:0 (0:0) 1:0 (1:0) 1:0 (0:0) 1:2 (1:1) Do., 20.30 Uhr Do., 20.30 Uhr 2 2 2 2

2 1 1 0

0 0 0 0

0 1 1 2

3:0 1:1 2:3 1:3

6 3 3 0

GRUPPE F Italien – Paraguay Neuseeland – Slowakei Slowakei – Paraguay Italien – Neuseeland Slowakei – Italien Paraguay – Neuseeland 1. Paraguay 2. Italien Neuseeland 4. Slowakei

1:1 (0:1) 1:1 (0:0) 0:2 (0:1) 1:1 (1:1) Do., 16 Uhr Do., 16 Uhr 2 2 2 2

1 0 0 0

1 2 2 1

0 0 0 1

3:1 2:2 2:2 1:3

4 1 1 1

GRUPPE G Elfenbeinküste – Portugal Brasilien – Nordkorea Brasilien – Elfenbeinküste Portugal – Nordkorea Portugal – Brasilien Nordkorea – Elfenbeinküste 1. Brasilien 2. Elfenbeinküste Portugal 4. Nordkorea

0:0 2:1 (0:0) heute, 13.30 Uhr Fr., 16 Uhr Fr., 16 Uhr 1 1 1 1

1 0 0 0

0 1 1 0

0 0 0 1

2:1 0:0 0:0 1:2

3 1 1 0

GRUPPE H Honduras – Chile Spanien – Schweiz Chile – Schweiz Spanien – Honduras Chile – Spanien Schweiz – Honduras 1. Chile Schweiz 3. Honduras Spanien

0:1 (0:1) 0:1 (0:0) heute, 16 Uhr heute, 20.30 Uhr Fr., 20.30 Uhr Fr., 20.30 Uhr 1 1 1 1

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WM-Spezial mit Artikeln, Bildern, Videos, Spielplänen, Public Viewing

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Vor dem 0:1 konnte Holger Badstuber die Flanke nicht verhindern. Ich sehe das nicht als Fehler von Holger an. Man kann nicht jede Flanke verhindern. Danach stehen Arne (Friedrich, d. Red.), Per (Mertesacker, d. Red.) und ich nicht so, wie man stehen muss. Wir müssen vor dem Tor geordneter sein.

habe das falsch gemacht bei meiner Verwarnung.

Bei der WM sind die Schiedsrichter mit Gelben Karten schnell bei der Hand. Was bedeutet das für die Spieler? Wir müssen uns darauf einstellen, dass es offensichtlich bei jedem Rempler Gelb gibt. Das ist der neue Stil der Schiedsrichter. Die erste Gelbe Karte für „Miro“ (Klose, d. Red.) war meiner Ansicht nach niemals eine Gelbe Karte, aber danach muss man sich halt darauf einstellen. Auch ich

Ärgert es Sie, dass es nach dem vielen Lob gegen Australien gleich wieder Kritik gehagelt hat nach der Niederlage gegen Serbien? Das gehört dazu. Aber ich lasse mir nicht einreden, dass wir ein schlechtes Spiel gezeigt haben. Das war ordentlich. Ein ordentliches Spiel von allen.

Deutschland droht die gelbe Gefahr VON H EIKO R EH BERG

Südafrika – Mexiko Uruguay – Frankreich Südafrika – Uruguay Frankreich – Mexiko Mexiko – Uruguay Frankreich – Südafrika

1 1 0 0

An was denken Sie dabei? In der 1. Halbzeit hatten wir ein zu langsames Passspiel, wir haben die Serben nicht gezwungen, sich zu bewegen.

War es eine falsche Entscheidung, Lukas Podolski den Elfmeter schießen zu lassen, hätten Sie sich als Kapitän da vielleicht vorher einmischen müssen? Es ist nicht meine Aufgabe, da mitzusprechen. Eine falsche Entscheidung war das nicht. Falsch war, dass er in die falsche Ecke geschossen hat, in die, in die der Torwart gesprungen ist. Lukas hat vorher jeden Elfmeter sicher verwandelt. Warum sollte dieser Spieler nicht zum Elfmeterpunkt gehen?

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Pretoria. Das eine deutsche WM-Schreckensszenario wäre: Die Mannschaft verliert am Mittwoch gegen Ghana und muss bereits nach der Vorrunde aus Südafrika abreisen. Doch selbst im Erfolgsfall gibt es ein Schreckenszenario, und das hat mit einem kleinen gelben Plastikkarton zu tun und könnte wie folgt aussehen: Durch einen grandiosen Sieg gegen Ghana stürmt die deutsche Mannschaft ins Achtelfinale, doch dort fehlen am kommenden Wochenende dann Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Mesut Özil und Cacau. Warum das? Diese fünf Spieler haben in den ersten beiden Begegnungen gegen Australien (4:0) und Serbien (0:1) jeweils eine Gelbe Karte gesehen, sind also, wie man so schön sagt, vorbelastet, bei der zweiten Verwarnung muss man bei der WM ein Spiel aussetzen. Doch der Kartenschreck ist mit dem Ende der Vorrunde längst nicht beendet. Die Regel des Weltverbandes FIFA sieht vor, dass die einzelnen Gelben Karten erst nach dem Viertelfinale gelöscht werden. Die gelbe Gefahr würde die deutsche Mannschaft im Erfolgsfall also weiter begleiten, selbst wenn das letzte Vorrundenspiel gegen Ghana mit einem Sieg und ohne Verwarnung überstanden würde. Bundestrainer Joachim Löw zeigte sich erstaunt von dieser Regel, als er im deutschen WM-Quartier darauf angesprochen wurde; er hatte geglaubt, dass die Gelben Karten bereits nach der Vorrunde gelöscht werden. Laut Löw hatte er diese Auskunft nach dem SerbienSpiel erhalten; von wem, ließ er offen. Die FIFA hatte die Kartenregelung mit der Streichung nach dem Viertelfinale jedoch bereits am 19. März beschlossen und alle Mannschaften im April darüber informiert, nur beim Deutschen Fußball-Bund hat man nicht richtig hingehört – ein ungewöhnlich peinlicher Fehler für einen Verband, der normalerweise alles akribisch plant. Teammanager Oliver Bierhoff sprach gestern von einem „Missverständnis“, er und Löw hätten sich beim Teamworkshop in Südafrika im Frühjahr „noch darüber unterhalten, dass die Regel nicht optimal ist“. Danach haben beide sie offensichtlich vergessen wie ein Schüler seine Hausaufgaben. Durch die neue Regel soll verhindert werden, dass ein Spieler wegen einer Gelbsperre im Finale aussetzen muss wie Michael Ballack bei der WM 2002. Wer im Viertelfinale das zweite Mal Gelb sieht, müsste allerdings im Halbfinale pausieren.

Die Gelb-Vorliebe des spanischen Schiedsrichters Alberto Undiano im Spiel gegen Serbien in Kombination mit der neuen Kartenregel könnte die deutsche Elf im Verlauf des Turniers noch teuer zu stehen kommen. Undiano hatte in den ersten 20 Minuten eines fairen Spiels fünfmal Gelb gezeigt und in der 37. Minute den schon nach zwölf Minuten verwarnten Miroslav Klose mit GelbRot vom Platz gestellt. „Ich war absolut überrascht über die Vielzahl der Gelben Karten, das war nicht nötig und hat den Schiedsrichter unter Zugzwang gebracht“, sagte Löw. „Ich hatte das Gefühl, dass jeder Zweikampf unterbunden wird und jedes kleine Foul bestraft wird.“ Unmittelbar vor dem Turnier hatte der Schiedsrichteransetzer der FIFA Löw und die Spieler über die Regelauslegungen informiert, unter anderem mit einem Video, in dem laut Löw zu sehen war, „was wie bestraft wird“. Doch von einer einheitlichen Auslegung der Schiedsrichter ist beim bisherigen WM-Turnier nichts zu erkennen. Einige übereifrige Referees wie Señor Undiano pfeifen penibel kleinlich bis an die Grenze der Lächerlichkeit, andere, vor allem die erfahrenen Unparteiischen, versuchen indes, das Spiel möglichst wenig zu unterbrechen. Fußball würde zu einem körperlosen Spiel werden, wenn Undianos Regelauslegung künftig der Maßstab wäre. Von einem „Anfängerfehler“ sprach Hellmut Krug, der deutsche WM-Schiedsrichter von 1994, und meinte damit den Versuch des spanischen Kollegen, mit Verwarnungen früh Ordnung in das Spiel zu bringen. Uneinig ist man sich in der deutschen Mannschaft darüber, welche Lehren man aus dem Hang vieler Schiedsrichter zur schnellen Gelben Karte ziehen muss. Kapitän Philipp Lahm meinte, dass „wir uns darauf einstellen müssen“. Der Bundestrainer sieht dagegen keinen Bedarf, etwas zu ändern, selbst auf die Gefahr, dass ihm nach der Vorrunde Leistungsträger mit einer Gelbsperre ausfallen. „Gegen Ghana ist ein gutes Zweikampfverhalten elementar“, sagte Löw, „wir müssen beherzt und ohne Rücksicht in die Zweikämpfe gehen.“ Löw sagte, dass er mit seinen Spielern das Thema auch nicht weiter besprechen werde. „Ich werde keinen Spieler ermahnen, damit er mit einer Blockade im Kopf ins Spiel geht.“ Löw weiß, dass gegen Ghana ein Zögern in den entscheidenden Momenten das WM-Aus bedeuten könnte. Und er hofft darauf, dass nicht jeder Schiedsrichter Alberto Undianos Vorliebe für die Farbe Gelb teilt.

Haben Sie die Latte zu hoch gelegt, als Sie gesagt haben, dies sei die beste deutsche Nationalelf, in der Sie je gespielt haben? Nee, überhaupt nicht, weil ich das genau so sehe. Die Mannschaft ist intakt, sie hat gegen Serbien alles versucht, und sie hat ein bisschen Pech gehabt. Aber es gibt im Fußball keine Laufkundschaft mehr, die man einfach wegfegt.

Interview: Heiko Rehberg

Serben tanken Selbstvertrauen Johannesburg/Rustenburg (dpa). Während die serbischen Fans noch den „historischen Sieg“ gegen Deutschland feiern, konzentrieren sich die Spieler auf das Gruppen-„Finale“ gegen Australien. „Jetzt sind wieder alle Türen auf“, sagte der Dortmunder Bundesligaprofi Neven Subotic nach dem 1:0 gegen seine Wahlheimat. Ein weiterer Erfolg am Mittwoch gegen die sieglosen Australier, und Serbien steigt bei der Fußball-Weltmeisterschaft doch noch ins Achtelfinale auf. „Wir wissen, was wir zu tun haben. Dieser Sieg gibt uns Selbstvertrauen, die nächste Runde zu erreichen“, sagte Trainer Radomir Antic, nachdem er auf der gestrigen Pressekonferenz im Sunnyside Park Hotel mit herzlichem Applaus empfangen worden war. Der 61-Jährige äußerte zwar Respekt vor dem Gegner, den er tags zuvor beim 1:1 in Unterzahl gegen Ghana in Rustenburg beobachtet hatte. „Das ist ein sehr gut organisiertes Team“, berichtete Antic, schloss jedoch unmissverständlich an: „Wir glauben an uns.“ Derweil übt sich Gegner Australien im Prinzip Hoffnung. „Die Nation sollte uns nicht abschreiben“, sagte Kapitän Lucas Neill, obwohl zum Erreichen des Achtelfinales ein eigener Erfolg über Serbien nötig ist und Schützenhilfe in der anderen Partie. „Wir hoffen, dass die Deutschen fünf Tore gegen Ghana schießen, das würde das Rechnen einfacher machen“, bekannte Trainer Pim Verbeek. Nicht mithelfen kann Torjäger Harry Kewell, der nach der Roten Karte gegen Ghana vom Weltverband FIFA für ein Spiel gesperrt wurde.

Verwarnungen zählen bis zum Viertelfinale

GRUPPE A

Uruguay Mexiko Frankreich Südafrika

Abwägend: Philipp Lahm lehnt blanken Aktionismus vor dem Duell mit Ghana ab. afp

Bei der EM 2008 gab es im zweiten Vorrundenspiel gegen Kroatien ebenfalls eine Niederlage, danach hat Bundestrainer Joachim Löw einiges umgestellt. Muss jetzt vor dem Ghana-Spiel Ähnliches passieren?

Wir müssen an unserem Stil festhalten. Es gibt keinen Grund, etwas zu ändern, weil wir ordentlich Fußball gespielt haben. Wir haben in beiden Vorrundenspielen (4:0 gegen Australien, 0:1 gegen Serbien, d. Red.) gut gespielt. Trotzdem müssen wir kritisch ansprechen, welche falschen Entscheidungen wir auf dem Platz getroffen haben.

PRESSESTIMMEN

Nicht schon wieder: Sami Khedira (rechts) reagiert auf eine Verwarnung durch den spanischen Schiedsrichter Alberto Undiano. afp

Verblüffung, Schadenfreude und etwas Mitleid – zwischen diesen Polen bewegen sich die Reaktionen in der internationalen Presse auf die deutsche Niederlage. Ein Auszug: Danas (Serbien): „Jovanovic und Stojkovic haben die ,Panzer‘ durchbrochen“. Sport (Spanien): „Schiedsrichter Undiano ,zerstört‘ Deutschland.“ Corriere dello Sport (Italien): „Klose bringt Deutschland in Schwierigkeiten. Sein Foul war schrecklich naiv.“ Sports.fr (Frankreich): „Die Mannschaft ist tief gestürzt. Das ist ein großes Ereignis in der reichen und langen WM-Geschichte Deutschlands.“ A Bola (Portugal): „Deutschland muss um die Qualifikation bangen.“ The Sun (England): „Den aufgebauschten Jungs aus der Bundesliga wurde gesagt, ihre Frisur nach Spielen zu trocknen, um sich im winterlichen Südafrika nicht zu verkühlen. Aber gestern haben sie sich sicherlich eine Erkältung eingefangen, als die Serben ihren berühmten Skalp einforderten.“ The Independent (England): „Jetzt wissen wir, dass es ein ausgefallener World Cup ist: Deutschland hat einen Elfmeter verballert.“ dpa

Voller Zuversicht für das Vorrundenfinale Ghanas Fußballer haken das magere 1:1 gegen Australien ab und wollen sich aus eigener Kraft das Weiterkommen sichern VON B ENJA MIN H ALLER UND C HRISTIAN H OLLM ANN Rustenburg/Sun City. Das magere 1:1 gegen Australien am Sonnabend irritierte die Fußballer aus Ghana keineswegs. Im Gegenteil: Einen Tag später präsentierten sie sich in der Öffentlichkeit vor Selbstbewusstsein strotzend. „Wir beide wünschen uns einen Sieg, und Deutschland geht nach Hause“, erklärte Ghanas Linksverteidiger Hans Sarpei auch im Namen seines Zimmergenossen Kevin-Prince Boateng, der sich vor dem Herzschlagfinale ein Schweigegelübde auferlegt hat. Und der Profi von Bayer Leverkusen ergänzte: „Wir werden unser Spiel spielen, und was die machen, ist eigentlich egal.“ Die Tabellenführung in der Gruppe D gibt den Afrikanern Rückenwind für das Vorrundenfinale gegen den dreimaligen Weltmeister am Mittwoch, ihnen reicht bereits ein Remis zum Weiterkommen. Ghanas Trainer Milovan Rajevac kündigte im WM-Quartier der Mannschaft in Sun City der deutschen Auswahl einen schweren Gang an, zumal er für das Duell Alternativen in der Abwehr hat: John Mensah ist wieder fit, und John Pantsil kann trotz der Kopfverletzung aus dem Australien-Spiel ebenfalls auflaufen. „Wir sind eine Mannschaft, die nicht vie-

le Tore kassiert“, sagte der Coach. Torwart Richard Kingson sprach sogar von einem „Sieg-oder-stirb-Spiel“, wobei er selbstverständlich zu den Siegern zählen will. Auch Ghanas Altstars Anthony Yeboah und Samuel Kuffour glauben fest an ihre Nachfolger um den neuen Mittelfeld-Herrscher Boateng. „Ich bin mir sicher, dass wir Deutschland schlagen“, meinte der frühere Bayern-Verteidiger Kuffour. Der zweifache Bundesliga-Torschützenkönig Yeboah traut seinen Landsleuten ebenfalls einiges zu: „Wir

haben das Zeug dazu, Deutschland gefährlich zu werden“, sagte er. Doch all die forschen Ansagen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw vor den Ghanaern beileibe nicht in Ehrfurcht erstarren muss. Unter den Augen des deutschen Chefcoaches zeigten die nach der Roten Karte gegen Harry Kewell 65 Minuten lang in Unterzahl kämpfenden Australier, wie den Ghanaern beizukommen ist. Nimmt man ihnen den Raum zum Kombinieren, verlieren sie schnell Lust und Ideen. Ein Indiz: Wie

Freude über den Ausgleich: Ghanas Torschütze Asamoah Gyan (3. v.l.) feiert mit Kollegen. afp

schon beim 1:0 gegen Serbien musste ein Handelfmeter von Asamoah Gyan (25. Minute) herhalten, um Australiens Führung durch Brett Holman (11.) nach einem peinlichen Patzer von Kingson zu egalisieren. Und so hält sich zumindest in den ghanaischen Medien die Zuverischt in Grenzen. „Ghanas Weltmeisterschaftsträume hängen in der Schwebe“, schrieb „Ghanaweb“. Dazu passte die grimmige Miene, mit der Boateng durch die Mixed Zone stapfte. Die wartenden Journalisten würdigte Ghanas neuer Hoffnungsträger kaum eines Blickes, mehr als ein patziges „Ich habe nichts zu sagen“ ließ er sich nicht entlocken. Der 23-Jährige weiß, dass im Spiel gegen Deutschland alle Augen auf ihn gerichtet sein werden. Nach seinem brutalen Tritt gegen Michael Ballack im englischen Pokalfinale ist der gebürtige Berliner für die deutschen Fans ein rotes Tuch – und Rajevac ist sich der enormen Brisanz bewusst. „Wir reden viel mit ihm und bereiten ihn psychologisch auf das Spiel vor“, sagte er. Auch im deutschen Team, dem Boatengs jüngerer Halbbruder Jerome angehört, wird die brisante Lage diskutiert. Teammanager Oliver Bierhoff mahnte zur Gelassenheit: „Es wäre nicht richtig, die Emotionen gegen eine Person zu richten.“ dpa

GHANA – AUS T R A LIEN

1 :1

Ghana: Kingson – Pantsil, Jonathan Mensah, Addy, Sarpei – KevinPrince Boateng (87. Amoah), Annan – Tagoe (56. Owusu-Abeyie), Asamoah (77. Muntar), Andre Ayew – Gyan. Australien: Schwarzer – Wilkshire (84. Rukavytsya), Moore), Neil, Carney – Valeri, Culina – Emerton, Holman (68. Kennedy), Bresciano (66. Chipperfield) – Kewell. Schiedsrichter: Rosetti (Italien). Zuschauer: 34 812. Tore: 0:1 Holman (11. Minute), 1:1 Gyan (25., Handelfmeter). Rote Karte: Kewell (24., Handspiel).


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