5 minute read

Unermüdlich im Einsatz für ihre „Schützlinge“

Der Verein „Die Platte e.V.” ist seit gut fünf Jahren in Bergisch Gladbach aktiv. Der knapp 90 Mitglieder starke Verein bietet Unterstützung für Menschen ohne festen Wohnsitz, Obdachlose und andere Hilfsbedürftige. Unter dem Motto „Ein wenig mehr Menschlichkeit” schenkt er ihnen die Beachtung, die einige schon vor vielen Jahren verloren haben.

Advertisement

„Die Platte“ ist aus einer Privatinitiative von Lucie und Ali Misini entstanden. Bis heute sind beide an der Spitze des Vorstandes aktiv und packen wie die rund 40 aktiven Helferinnen und Helfer des Vereins unermüdlich mit an.

Jeden Samstag wird der Infokiosk in der Stadtmitte, Ecke Paffrather Straße/ Robert-Koch-Straße, zur Versorgungsstelle des Vereins. Dort werden kostenlos Lebensmittel und Kleidung an Bedürftige ausgegeben.

In den Wintermonaten steht vor allem der Kältebus im Mittelpunkt der Arbeit. Von Anfang November bis März ist er täglich (außer sonn- und feiertags) unterwegs in der Stadt. Die Tour des Kältebusses startet ab 19 Uhr am S-Bahnhof Bergisch Gladbach. Weiter geht es nach Refrath (Marktplatz Dolmanstraße) und Bensberg (Schloßstraße). Der Bus versorgt die Menschen nicht nur mit dem Nötigsten von der warmen Suppe bis hin zu Kleidung; die Ehrenamtlichen haben auch ein offenes Ohr für alle, die zu ihnen kommen.

„Schützlinge“, so nennt der Verein die Menschen, die er unterstützt, sagt Ali Misini. Mit seiner offenen Art kommt er mit allen rasch in Kontakt. Anfangs sind die Ehrenamtlichen der „Platte“ mit dem Bollerwagen losgezogen, um Lebensmittel, Schlafsäcke, warme Kleidung und heiße Getränke im Bereich der Fußgängerzone zu verteilen. Um ein richtiges Fahrzeug zu finanzieren, startete zum Stadtfest 2018 eine große Spendensammelaktion. 2019 konnte tatsächlich ein Fahrzeug angeschafft werden – ein ehemaliger Krankenwagen, der in Eigenregie umgebaut wurde.

Vor einigen Monaten haben Tischlerazubis des Berufskollegs Bergisch Gladbach den Kältebus innen noch einmal modernisiert. Das Fahrzeug ist knallig gelb lackiert. fällt also ins Auge, „Kältebus“ steht darauf und „Ein wenig mehr Menschlichkeit“, das Motto des Vereins.

Die kalte Jahreszeit ist hart für Bedürftige und Wohnungslose. Sinkende Temperaturen machen den Menschen zu schaffen. „Die Platte“ bemüht sich um Unterstützung, aber die Notbetreuung von Kälteopfern zählt nicht zur primären Aufgabe des Vereins. Die Ehrenamtlichen kümmern sich, wenn es auf der Tour einen

Notfall gibt, aber zuständig und erste Ansprechpartner sind Rettungsdienste oder Polizei.

Wer die Arbeit der „Platte“ unterstützen will, findet eine Liste der benötigten Spenden auf der Website des Vereins. „Jeder Cent zählt“, sagt Ali Misini, der sich über Unterstützung jeglicher Art freut.

Die Platte e.V. Hauptstr. 82

51465 Bergisch Gladbach Telefon: 02202 – 27 26 689

E-Mail: kontakt@platte-ev.de

Öffnungszeiten:

Mo.: 17 – 19 Uhr, Mi.: 9 – 12 Uhr, Fr.: 14 Uhr – 16 Uhr

 https://platte-ev.de/ Kleider- und Lebensmittellager

Bock auf Garten

Eine Initiative erobert einen Platz

Der damals noch namenlose Platz war als Rattenhotel verschrien. Hinter blickdichten Büschen verbarg sich ein liebloser Ort, dem die Fußgänger*innen kaum Beachtung schenkten. Keine Blumen zierten das Gelände. Eine einsame Stahlbank aus Lochgeflecht lud keineswegs zum Verweilen ein, wie es gerne in Immobilienprospekten heißt. Müll und Unrat flogen über den Schotter, den die besagten Ratten in den Abendstunden auf der Suche nach Nahrung durchwühlten, bevor sie im Buschwerk verschwanden. Die Rede ist vom heutigen Platz „Am Düxer Bock“ in Köln-Deutz.

und den gemeinsamen Lebensraum zu gestalten. Als erste Aktion lud die Gruppe die Deutzer Nachbarschaft in das evangelische Gemeindezentrum ein. Die Teilnehmer*innen des sogenannten „Open Space“ definierten Orte, die verschönert oder belebt werden sollten. Das war 2014.

Guerilla oder Pate?

„Ich wollte schon länger ein UrbanGardening-Projekt starten und suchte Mitstreiter*innen. Beim Open Space habe ich sie gefunden“, sagt Olga Moldaver, eine*r der Gründer*innen der Garten-Initiative „Wir haben an einer Ecke angefangen. Dann haben wir erfahren, dass eine Nachbarin, Monika, dort schon etwas macht. Also haben wir uns zusammengetan. Mit der Zeit kamen immer mehr Nachbar*innen dazu.“ So wuchs die bearbeitete Fläche und die Gruppe peu à peu. Bald stellte sich die Frage: Besetzen wir die Beete weiter in GuerillaManier oder beantragen wir eine Grünflächenpatenschaft bei der Stadt Köln?

Nach einigen Diskussionen entschied sich die Gruppe für den offiziellen Weg. Ein Name musste her. In Anlehnung an die Skulptur von Gerhard Marcks nannte sich die Garten-Initiative wortspielerisch „Bock auf Garten“. Die Stadt erkannte die Patenschaft an und sicherte ihre Unterstützung zu. „Mitten im Winter, an Silvester, kamen wir auf den tungen. Durch das neue Leben wurde die Kölner Politik auf den Platz aufmerksam. Am 4. Mai 2017 beschloss die Bezirksvertretung Innenstadt/ Deutz, den Platz „Am Düxer Bock“ zu nennen. Im selben Jahr enthüllte Bezirksbürgermeister Andreas Hupke feierlich das entsprechende Straßenschild.

Platz und dachten: Wow, die Büsche sind weg. Alles war leer. Wir hatten den gesamten Platz. Damit hatte niemand gerechnet. Aber man wächst mit den Aufgaben“, erinnert sich Olga Moldaver. Im Frühjahr ging es an die Neugestaltung des Areals. Die Stadtgärtnerei stellte Pflanzen bereit, ein nahegelegener Blumenladen und die Kölner Alexianer spendeten Tulpen, Stiefmütterchen und Hyazinthen. Zur ersten Pflanzaktion kamen etwa 25 Leute. Ein befreundeter Landschaftsgärtner aus der Nachbarschaft half bei der Planung und Gestaltung. Von da an war es für die Deutzer*innen sichtbar: hier bewegt sich etwas.

„Das hat magisch funktioniert“ Montags ist seitdem offene Stunde. Jede*r, der*die Lust hat, kann vorbeikommen. Zu den ersten neuen Gartenfreund*innen gehörten Heidrun Slappa-Mohr und Thomas Mohr.

Dabei hatte der Platz schon damals eine Sehenswürdigkeit zu bieten: In der Mitte thront auf einer zweieinhalb Meter hohen Säule ein Ziegenbock aus Bronze. Der berühmte Bildhauer Gerhard Marcks schuf die Skulptur, die an die Legende vom „Düxer Bock“ erinnert und 1963 zum 500-jährigen Bestehen der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft von der Stadt in Auftrag gegeben wurde. Doch dann nahm eine Handvoll Deutzer Bürger*innen das Heft, besser gesagt die Harke, in die Hand.

Inspiriert durch das Wiener Künstlerkollektiv „Wochenklausur“, das in Deutz von einem Container aus soziokulturelle Projekte angestoßen hatte, bildete sich das Netzwerk „Deutz Dialog“. Dessen Ziel ist es, nachbarschaftliche Begegnungen zu schaffen

„Sobald der Frühling beginnt, räumen wir den Platz auf und machen die Beete. Und im Herbst harken wir das Laub“, sagt Thomas Mohr. „Danach sitzen wir zusammen und plaudern ein wenig.“ Die Gruppe ist lose organisiert. Man verabredet sich über E-Mails oder kommt einfach vorbei. Zwischen vier und acht Personen gärtnern im Schnitt. In regelmäßigen Abständen organisiert die Initiative zudem Aktionen. So gab es Tauschmärkte, Grill- und Spielfeste, Glühweintrinken, Lesungen, ein Fest zum 55-jährigen Bestehen des Düxer Bocks und Boule-Turniere. Teilweise beteiligten sich andere Akteur*innen wie der Verein deutzkultur oder der „Lebendige Adventskalender“ an den Veranstal-

Heute spielen Kinder rund um einen Brunnen, der die Skulptur umfasst. Mittvierziger breiten Tischdecken aus und picknicken. In der Mitte des Platzes klackern Boule-Kugeln aufeinander, wohlwollend beobachtet von Anwohner*innen, die hier die frühen Abendstunden verbringen. Der Düxer Bock hat sich zu einem Nachbarschaftstreff entwickelt, an dem unterschiedliche Menschen zusammenkommen: junge Familien zum Spielen, Rentner*innen und migrantische Frauen zum Schwätzchen, Boule-Freund*innen zum Kugelwerfen und Berufstätige, die auf einem der gespendeten Gartenstühle eine kurze Pause einlegen.

Thomas Mohr meint: „Es ist faszinierend, wie das mit der Platzmöblierung klappt. Es ist ein Kreislauf. Immer wieder verschwinden Stühle und Tische, dafür kommen neue hinzu.“ Der Do-it-yourself-Charakter der Möblierung trägt sicherlich – genauso wie die Blumen – zum Charme des Ortes bei. Um das Wortspiel der Initiative aufzugreifen: Es macht einfach Bock, sich hier aufzuhalten.

„Ich kannte niemanden in Deutz. Durch die Initiative und den Platz haben sich unzählige Kontakte ergeben. Das hat magisch funktioniert“, fasst Olga Moldaver die Entwicklung zusammen.

This article is from: