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Projekt-Unterstützer Kalle Gerigk, Ehrenamtlerin Akiko Ahrendt, Hausbewohner Eduard Beca, Anwendungstechniker Dirk Iffland und Spenden-Repräsentantin Simone lehmann von der Firma Project Floors Gmbh (v� l�) setzen sich für eine lebenswerte Stätte ein�

Die Grundlage für ein würdiges Lebens

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Unterkünfte des Vereins „Obdachlose mit Zukunft“ erhielten Fußbodenbelag als Spende

TExT UnD FOTOS VOn THOMAS DAHL

Mit einer unkonventionellen Spendenaktion unterstützt ein Hürther Unternehmen sozial benachteiligte Menschen in Köln. Die Firma Project Floors spendete den annähernd 50 Bewohner*innen der Vereinsstätte „Obdachlose mit Zukunft“ (OmZ) einen hochwertigen PVC-Fußbodenbelag im Wert von rund 10.000 Euro samt Fachkraft zur Verlegung. „Der eigentliche Beweggrund zur Hilfe war und ist die Corona-Pandemie. Der staatliche Aufruf, zuhause zu bleiben, muss in den Ohren von obdachlosen Menschen vollkommen absurd klingen. Wir haben durch Medienberichte von der Existenz und den Nöten des Vereins gehört und wollten unbürokratisch helfen. Was lag da näher, als unser Fachwissen und das Material, mit dem wir arbeiten, zur Verfügung zu stellen?“, erklärt Marketingmitarbeiterin Simone Lehmann.

Hintergrund für die Aktion ist der Umzug des im September 2020 gegründeten Vereins aus einem besetzten Haus auf dem Radeberger Gelände des Großmarkts. Anfang des Jahres erfolgte der Wechsel in eine städtische Immobilie auf der Gummersbacher Straße 25. „Wir freuen uns sehr über die Unterstützung des Unternehmens, denn das Gebäude ist in einem baufälligen Zustand. Es gibt hier noch viel zu tun. Die Spende macht die Zimmer wohnlicher, auch wenn es vermutlich nur ein kurzes Vergnügen sein wird, denn laut einem Beschluss

hausbewohner Eduard Beca (r�) hilft anwendungstechniker Dirk Iffland beim Verlegen des PVC-Bodens� im haus wartet weiterhin viel arbeit auf die Bewohner*innen� Eduard Beca lebt seit dem Großmarkt-Umzug der initiative „Obdachlose mit Zukunft“ mit rund 50 weiteren Personen auf der Gummersbacher Straße�

sollen wir ja 2022 schon wieder ausziehen, da der Abriss bevorsteht“, sagt Ehrenamtlerin Akiko Ahrendt, die von großer Eigeninitiative berichtet: „Wir haben hier in der kurzen Zeit schon einiges verwirklicht. Wir treffen uns wöchentlich zum Austausch, bauen eine Struktur auf und schaffen, was die Politik bisher nicht erreicht hat – einen sicheren Rückzugsort für die Menschen, die bisher auf der Straße gelebt haben, und eine Perspektive für die Zukunft. Langfristig möchten wir mit Kunstprojekten, einem Café und einer Fahrradwerkstatt einen gemeinschaftlichen Ort kreieren, an dem sich Menschen aus allen Schichten treffen. Aber dafür benötigen wir Zeit“, so Ahrendt, die für ein Haus mit langfristiger Unterkunft plädiert. Auch Unterstützer Kalle Gerigk bedauert die bisherigen städtischen Entscheidungen in der Sache: „Wir hätten auf der Marktstraße bleiben können. Bis da die Arbeiten für einen Umbau beginnen, vergehen noch einige Jahre. Stattdessen schickt man die Menschen in ein Gebäude, das in den nächsten Monaten dem Untergang geweiht ist. Ich befürchte, dass dieses wichtige gesellschaftliche Projekt stirbt, wenn nicht eine Immobilie mit Bestand gefunden wird. Das darf der Stadt doch nicht egal sein“, kritisiert der Aktivist der Initiative „Recht auf Stadt“.

Bewohner Eduard Beca denkt momentan nicht in großen Zeiteinheiten: „Ich bin froh, ein Dach über dem Kopf zu haben, auch wenn es hier Schimmel gibt und vieles kaputt ist. Das ist immer noch besser als auf der Straße oder am Rheinufer zu schlafen“, erzählt der Rumäne. „Ich würde gerne wieder arbeiten und Geld für eine Mietwohnung verdienen, aber als Obdachloser hast du da kaum eine Chance. Ich habe hier bisher immer nur Arbeitsverträge für sechs Monate bekommen. Dann hat man mich und die anderen wieder weggeschickt. Wie soll man da ein gutes Leben führen?“, fragt Beca, der seit 2017 in Deutschland lebt und in der Gummersbacher Straße ein circa 25 Quadratmeter großes Zimmer hat. „Das ist kein wirkliches Zuhause, denn es wird ja schon bald zerstört, aber wir sind hier wie eine große Familie. Ich hoffe, dass wir zusammenbleiben können“, wünscht sich der 34-Jährige.

Bewohner Jacek Pinkowski verlegt den neuen Boden in Eigenregie�

AUFRUF

OASE sucht neue Räumlichkeiten

Der Benedikt-labre e�V� – OaSE ist ein gemeinnütziger Verein in Köln-Deutz und bietet seit dreißig Jahren hilfen für Wohnungslose und andere an� aufgrund der längerfristigen Schließung der Deutzer Drehbrücke wird dringend eine neue immobilie im Rechtsrheinischen gesucht, bevorzugt in Deutz oder Poll mit guter anbindung an den ÖPnV� Die Räumlichkeiten sollten über einen größeren aufenthaltsraum und nebenräume verfügen� notwendig sind anschlüsse oder anschlussmöglichkeiten für Sanitäranlagen (toiletten, Dusche) und ein Küchenbereich� Da weiterer Bedarf für mindestens 3 Büroräume besteht, kommen auch größere Objekte in Frage� Die Kosten sollten den ortsüblichen Rahmen nicht überschreiten�

Kontakt: Ingo Leis: 0221 / 98 93 53 - 12  info@oase-koeln.de

ZUSÄTZLICHES ANGEBOT Postausgabe und Straßenzeitungsverkauf vor der Drehbrücke (an der Siegburger Straße)

Seit Anfang März findet zweimal am Tag – jeweils um 10 und um 13 Uhr – eine Postausgabe vor der Drehbrücke statt, die mindestens bis zum Jahresende geschlossen bleibt� außerdem können Straßenzeitungsverkäufer*innen dort ihre Zeitungen abholen� Durch die Brückensanierung entsteht für die vielen Besucher*innen der Einrichtung ein erheblicher Umweg� Das angebot trägt so dazu bei, auch in den kommenden Monaten die Menschen zu erreichen, für die die OaSE da ist� Selbstverständlich hat die Kontakt- und Beratungsstelle mit ihren Unterstützungsangeboten weiterhin zu den gewohnten Zeiten geöffnet und zwar montags (9-13 Uhr), dienstags (9-16 Uhr), donnerstags (9-16 Uhr) und freitags (9-13 Uhr)� Für eine telefonische Kontaktaufnahme ist das team unter 0221/9893530 zu erreichen� (cb)

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Der DJ in der DDR – Spielen mit Ansage

DRaUSSEnSEitER-layouter Edgar lange, der nebenbei viele Jahre als DJ arbeitete und heute eine eigene monatliche Musik-Sendung beim Kölner-internetradio 674FM gestaltet, wirft in diesem Radio-Feature einen Blick zurück auf eine eher vergessene Berufsgruppe der ehemaligen DDR: Die Schallplattenunterhalter� andreas Schwanbeck (DJ Schwani) aus Ribnitz-Damgarten bei Rostock ist auch heute noch als mobiles Soundsystem in Mecklenburg-Vorpommern aktiv und berichtet von seinem Werdegang als DJ ab Ende der 1970er Jahre�

Über die staatliche Diskotheker-ausbildung und Einstufungsprüfungen; über die Schwierigkeiten und tricks, sich West-Musik und Soundtechnik zu beschaffen; über mulmige Gefühle beim auflegen von politisch missliebigen titeln (z�B� Udo lindenbergs „Sonder zug nach Pankow“); über „Bückware“, auftritts-Kontrollen und Stasi-Partys, den Zusammenbruch der DDR (1989/90) und das Verschwinden der Schallplattenunterhalter� Edgar lange hat das Radio feature geschrieben und produziert – zum anmeldungs- und kostenfreien anhören steht es im OnlineRadioportal Mixcloud bereit� (cb)

Foto: lange

 www.mixcloud.com/674FM/opensource-der-dj-in-der-ddr-spielen-mitansage/

Bernhard kennt keine Berührungsängste� Er verkauft den DRaUSSEnSEitER überall dort, wo es menschelt�

Obdachlose mit Zukunft

Was bleibt, wenn man sein altes leben verlässt, um woanders neu anzufangen? Davon können viele Menschen nach einer lebenskrise ein lied singen� auch Straßenzeitungsverkäufer Bernhard musste sich in den letzten Jahren mehrfach eine neue Schlafstätte suchen, bis er dort angekommen ist, wo er bleiben möchte: in dem ehemals besetzten Wohnprojekt OMZ (Obdachlose mit Zukunft), das nun – auf Einladung der Stadt – in die Gummersbacher Straße gezogen ist� Übrigens: auch andy Warhols leben war – trotz des Glamours – ein permanentes auf und ab� Wir haben uns diese Brüche, die sich auch in seiner Kunst widerspiegeln, in der aktuellen Werkschau im Museum ludwig angeschaut�

Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. Juni 2021.

Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749

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