DonautalMagazin 2016

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Stiftsbibliothekar Dr. Cornel Dora zeigt die Brauereien im Klosterplan an.

Mitte stellt die Feuerstelle dar, in dessen Ecken sich vier Sudpfannen befanden. In diesem Raum wurde auch die Maische in die Läuterbottiche umgefüllt (vermutlich durch die vier anderen Kreise dargestellt). Dann wurde ein zweiter Raum daneben eingezeichnet, die den Gär- und Lagerraum darstellen. Die Sudpfannen und Bottiche waren damals viel kleiner, weil das Bier frisch zubereitet und auch frisch verbraucht wurde. Es wurde vermutlich kontinuierlich nach Bedarf produziert, weil das Bier nicht lange haltbar war.

Was vom Abt zugemessen wurde

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Ein wichtiger Mönch für die Überlieferung der Geschichte des Bieres im Kloster St. Gallen, das im gesamten erweiterten Bodeseeraum sehr großen Einfluss hatte, ist Ekkehard IV. Leider kursiert sein Name immer in Verbindung mit dem Amt des Abtes, das er jedoch nie inne hatte. Ekkehard IV. war Chronist des Klosters. Er bekam von seinem Abt Radpert den Auftrag, die

Geschichte des Klosters zu dokumentieren und fortzuschreiben. Erst nach seinem Tod wurden die Schreiber der Chroniken anonymisiert, was auch eine Ursache für seine Bekanntheit darstellt. Seine „Casus St. Galli“ war gemeinsam mit der Vita von Ekkehard II. Anregung für den Roman „Ekkehard“, den Joseph Victor von Scheffel 1855 schrieb. Ekkehard IV. hat auch viele heute skurrile anmutende Geschichten

überliefert. Im Rahmen der kirchlichen Gehorsamspflicht oblag es dem Abt festzulegen, wieviel Bier seine Mitbrüder maximal trinken sollten. Abt Radpert in St. Gallen hat dazu großzügig und unzimperlich verfügt: die Mönche sollen pro Tag höchstens fünf Zumessungen Bier erhalten. Bis heute ist jedoch nicht abschließend geklärt, ob die Zumessung (= eine Maß) seinerzeit einen oder zwei Liter betrug.

Bier in mittelalterlichen Quellen

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er St. Galler Klosterplan ist die älteste erhaltene Architekturzeichnung

des Mittelalters. Enstanden ist sie auf der Insel Reichenau nach 819. Dort wurde der Klosterplan im Auftrag von Abt Haito entwickelt, der ihn seinem Amtsbruder Abt Gozbert von St. Gallen zur Verfügung stellte. Im Plan integriert sind auch drei Brauereien, in denen unterschiedliche Sorten für unterschiedliche Gruppen (Höhere Herren, einfache Mönche und Pilger) gebraut wurden. Die Darstellungen der drei Brauereien sind sehr ähnlich und geben eine Vorstellung von den damaligen Werkstätten. Das Quadrat in der

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819

Drei Brauereien im St. Galler Klosterplan


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