Rückblick 6. Nordwalder Biografietage

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Lang anhaltender Applaus, dann kommen auch schon die ersten Fragen; unter den Zuhörern sind offensichtlich auch Menschen mit Vertriebenenhintergrund, die intensiv nachfragen. So verwiesen einige Eingaben auf Gewalt und Gräuel während Flucht und Vertreibung; die Tochter der (Co)Autorin wehrte diese aber mit dem Hinweis ab, dass man derlei im Buch nachlesen könne, es sei zudem historisch bekannt. Sehr wohl aber zitierte sie ihre Mutter mit deutlicher Kritik an den Rumänen, die es erst mit Hitler-Deutschland gehalten, sich dann aber den Russen angebiedert und deshalb die Siebenbürgener vertrieben hätten. Krieg und Politik standen einen Augenblick lang als der große Mahlstein, als Menschenmühle, im Raum. Doch der Moment wurde aufgelöst durch ein bemerkenswertes Zitat der Mutter: „Selbstmitleid ist ein Bazillus, der alles nur noch schlimmer macht!“ Im Anschluss konnten Interessierte die Biografie erwerben. Ein großes Kompliment gebührt an dieser Stelle noch der Biografin Dagmar Wagner; sie hielt sich weitestgehend zurück und ließ es so zu, dass diese beeindruckende Lesung auch zu einer Aufarbeitung zwischen Mutter und Tochter werden konnte: Die Mutter sei, so hieß es, glücklich über das Buch, die Tochter Heidi Gunesch in gewisser Weise befreit. Gleich die erste Lesung der 6. Biografietage zeigt die ganze Bandbreite dessen, was den Machern der Veranstaltung wichtig ist, wie auch M. Grenda in seinem Epilog betonte. Konkretes Leben soll hautnah geschildert, nacherlebbar gemacht werden; zugleich wird ein solcher Schatz an Erfahrung für die Nachwelt in einem Buch erhalten, sozusagen zum Anfassen. So müssen es auch die Gäste empfunden haben, denn während der 60-minütigen Lesung hatte kaum jemand zu hüsteln gewagt.


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