BERLIN
ALEXANDERPLATZ Burhan Qurbani & Martin Behnke
DEUTSCHE DREHBÃœCHER Herausgegeben von der Deutschen Filmakademie
BERLIN ALEXANDERPLATZ
Ein Drehbuch von Burhan Qurbani und Martin Behnke. Nach Bildern des Romans „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin.
Fassung 8 (Drehfassung) vom 18.05.2018
Ein Film der Sommerhaus Filmproduktion in Koproduktion mit ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE und Lemming Film.
Gefördert durch das Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB), die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG), die Film- und Medienstiftung NRW, durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), die Filmförderungsanstalt (FFA), den Deutschen Filmförderfonds (DFFF), Netherlands Film Fund, The Netherlands Film Production Incentive und Eurimages-Council of Europe. Der Film wurde entwickelt mit der Unterstützung von Eurimage und TorinoFilmLab.
Sommerhaus Filmproduktion GmbH Motzstr. 60, 10777 Berlin Alleenstraße 2, 71638 Ludwigsburg Grünwalder Weg 28d, 82041 Oberhaching info@sommerhaus-film.de
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A/N, AUF HOHER SEE, NACHT
De
Es ist dunkel. Wir sehen nichts. Wir hören nur das zitternde Atmen einer Frau. Sie weint. Francis?
FRAUENSTIMME
sc ut
Es bleibt stumm und dunkel. FRAUENSTIMME (PORTUGIESISCHES KREOL) (cont'd) (panisch) Francis?! Ich kann dich nicht sehen.
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FRANCIS (KREOL) Ich bin hier, Geliebte.
Es tut einen Schlag und plötzlich entflammt eine rote Sehnotfackel. Sie erleuchtet das Bild.
lm Fi
Wir erkennen, dass wir weit draußen auf dem Meer sind. Wellen, schlagen uns unruhig entgegen und wir hören lautes Meeresrauschen. FRANCIS, EIN AFRIKANISCHER MANN UM DIE 30, hält die Signalfackel hoch und schaut gen Horizont. Francis und IDA, 29, ebenfalls aus Afrika, schwimmen alleine im offenen Meer. Beide klammern sich an einen Gummiring, doch dieser gibt ihnen kaum Auftrieb. IDA (KREOL) Ich kann nicht mehr. Ich kann nicht mehr... Francis.
e pr
Ida verliert den Halt und greift stattdessen nach Francis. Mit Mühe hält dieser sich an dem Ring fest, hält sich und seine neue Last mühsam über Wasser. Die Fackel zischt jedes mal gefährlich, wenn Francis Arm unter Wasser taucht, brennt jedoch weiter.
2 is
Plötzlich rutscht der Gummiring unter Francis Hand weg und verschwindet im Dunkel. Francis flucht. In Panik schlingt Ida sich fester um Francis, und nimmt ihm die Luft zum Atmen. Sie sinken unter Wasser. Die Fackel beleuchtet die Umrisse der beiden.
0
FRANCIS (KREOL) Nicht so fest, Ida! Ich kann nicht atmen... bitte...
02
Bald kommen sie wieder an die Oberfläche. Die beiden ringen nach Luft. Franz spuckt Meerwasser aus und versucht Idas Griff zu lockern. Ida schreit.
2.
De
IDA (KREOL) (panisch) Nein!
Francis zerrt an Idas Armen und versucht sie zu lösen. Ida kämpft mit aller Macht dagegen an.
sc ut
IDA (KREOL) (cont'd) Nein! Bitte nicht, Geliebter!
Erneut zieht es Francis und Ida unter Wasser. Wieder bleiben wir an der Oberfläche. Das Leuchten sinkt tiefer und tiefer. Bald ist es verschwunden. Unser Blick geht gen Horizont. Das Meer ist einsam und gnadenlos schön.
r he
Doch dann treibt das rote Schimmern langsam wieder nach oben. Francis Kopf schießt an die Oberfläche. Er hustet erbärmlich, schnappt nach Luft. Er ringt mit den Wellen und schreit mit aller Macht auf. Ida ist fort. Francis schlägt auf das verdammte Meer ein. Wieder schreit er. Er schaut sich um und dann auf. Seine Augen weiten sich.
lm Fi
FRANCIS (KREOL) (V.O.) Oh Gott... rette mich...
Wir sehen eine gewaltige, schwarze Welle. Sie rollt unendlich langsam, in Slowmotion, wie aus der Zeit genommen, auf uns zu. Erhebt sich himmelhoch und stürzt dann langsam über uns zusammen.
I. TRAUM
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BLACK. 2
2 is
Kein Ton. Irgendwo am Rande einer afrikanischen Savanne geht die Sonne auf. Nebel hängt schwer in der morgendlichen Luft und das Sonnenlicht breitet sich wie ein schmutziggelber Mantel über dem Himmel aus. Wir sehen MEHRERE SCHWARZAFRIKANER an, auf und in einer groben Holzumzäunung stehen. Auch Francis ist unter ihnen. Ein langes Messer in seinem Gürtel. Die Männer brüllen lautlos und deuten alle auf denselben Punkt.
02
Eingezäunt auf einer sonnenverbrannten Weide steht dort ein riesiger schwarzer Stier gefangen. Er ist umzingelt. Die Männer versuchen den Bullen mit Seilen und Stöcken einzufangen. Sie schlagen und provozieren das Tier. Die dicken Muskelstränge unter dem glänzenden Fell des Tieres spannen sich. Weißer Schaum tropft ihm aus dem Maul.
0
Das Rauschen von Wellen ist zu hören und wird lauter.
3. 3
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A/T HÖHLE AM STRAND IN SPANIEN, MITTAG
De
Francis schleppt sich im seichten Wasser auf den Strand zu. Wir beobachten ihn aus dem Schatten einer Höhle heraus. Es scheint als liefe er auf dem Wasser. Endlich erreicht er Festland und bricht zusammen.
sc ut
STIMME MIEZE (V.O.) Hier liegt er also, mein Francis. Er ist an den Strand eines neuen Lebens gespült. Er hat überlebt und trieft von den Sünden einer vergangenen Zeit, kaum noch menschlich. Halb lebendig, halb tot.
r he
Seine Hände graben sich in den feuchten Sand. Unendlich langsam schaut er sich um. STIMME MIEZE (V.O.) Er dachte, dass er sterben müsse, aber das Schicksal hat noch etwas vor mit ihm...
lm Fi
Die Sonne steht hoch über Francis. Blendet ihn. Verbrennt ihn. STIMME MIEZE (V.O.) Doch davon weiß Francis noch nichts und so tut er, der Gelegenheitsarbeiter, der Zuhälter, der Drogenhändler Francis B., einen Schwur:
e pr
Francis Lippen öffnen sich. Er spricht in Kreol den Schwur, den wir durch Miezes Stimme auf Deutsch hören, mit.
2 is
STIMME MIEZE (V.O.) “Gott, Allmächtiger, danke, dass du mich gerettet hat. Ich schwöre dir, von nun an will ich gut sein. Ich will ein neuer, ein anständiger Mensch werden und mich fernhalten von allem Übel.” So schwört er.
Er sinkt zurück in den Sand und verliert das Bewusstsein.
02 0
STIMME MIEZE (V.O.) Dies ist seine Geschichte: Ihr werdet sehen, wie Francis nach Berlin kommt, wie er dreimal strauchelt und fällt. Wie er immer wieder aufsteht und schließlich endgültig an dieser Stadt zerbricht. Denn mein Francis verlangt mehr vom Leben, als nur ein Bett und ein Butterbrot. (MORE)
4.
De
STIMME MIEZE (V.O.) (cont'd) Heute hat er überlebt, als einziger...doch das ist nur eine Gnadenfrist.
Das Rauschen des Meeres wird lauter. Eindringliches Maschinenrattern kommt hinzu. 4
I/N ALEXANDERPLATZ, UNTERIRDISCHE BAUSTELLE, NACHT
sc ut
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Francis steht knietief im braunen Schmutzwasser einer Baugrube und hebt mit beiden Armen die schwere Abdeckung einer Pumpe über Wasser. Der Motor der Pumpe qualmt. Wir befinden uns auf einer unterirdischen Baustelle. Große Baustrahler hüllen alles in ein dreckiges ockergelbes Licht. Ohrenbetäubender Baulärm umgibt Francis. Er trägt einen Bauhelm und sein Gesicht und Körper sind bedeckt mit Dreck und Schlamm. Zwei weitere Arbeiter, OTTU, 36, ein Kameruner und MASUD, 26, ein junger Syrer, versuchen in den Innereien des Gerätes, die Mechanik wieder in Gang zu bringen. Neben ihnen ragen dicke Stahlträger aus dem Wasser.
lm Fi
Ottu drückt wahllos auf dem Betriebsfeld der Maschine herum, aber es tut sich nichts. Masud scheint das Problem erkannt zu haben. Etwas hat sich im Inneren des Motors verklemmt, so dass das Gerät heiß läuft. Er zögert in das Rohr, aus dem inzwischen schwarzer Rauch kommt, hineinzugreifen. Francis stöhnt unter seiner Last auf und schaut zu Masud. Unter Francis angestrengtem Blick greift dieser schließlich tief in die Pumpe hinein.
e pr
Nichts passiert. Doch plötzlich schaut Masud auf. Er verzieht das Gesicht und schreit, als würde ihm gerade der Arm abgefressen. Alle erstarren. Dann fängt Masud laut an zu lachen und zieht seinen unversehrten Arm aus dem Rohr heraus. Er hat etwas in der Hand und wirft es im hohen Bogen vor Francis’ Füße. Es ist eine tote Ratte.
2 is
Auch Ottu und die anderen Arbeiter fangen an zu lachen. Die Maschine hat aufgehört zu qualmen und läuft wieder an. Wütend wirft Francis die Abdeckung zu, dass es scheppert und will auf Masud losgehen. Hey!
STIMME
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Francis und die anderen Arbeiter sehen hoch zu Karl, 57, der deutsche Vorarbeiter, der erhöht auf einer Plattform steht und zu ihnen herabschaut. Er macht über den Lärm hinweg ein Zeichen mit der Hand: Ich will hier keinen Ärger.
5. 5
I/T ALEXANDERPLATZ, UNTERIRDISCHE BAUSTELLE, SONNENAUFGANG5
De
Gemeinsam mit Ottu und den anderen Arbeitern folgt Francis dem Vorarbeiter Karl durch die roh in die Erde gegrabenen Tunnel bis zu einem Lift. Sie betreten den Lift, wo die Arbeiter abergläubisch das Bild der heiligen Barbara berühren. Der Aufzug fährt an und einen riesigen Bauschacht hoch. Francis ist erschöpft. Gleißendes Sonnenlicht blendet ihn. Er blinzelt in den Himmel. Dort ist nun langsam die Silhouette des Berliner Fernsehturms zu sehen. In seiner silbernen Kugel bricht sich das Sonnenlicht und bildet mit dem Turm ein riesiges Kreuz.
sc ut
Francis Augen brennen, aber er kann den Blick auch nicht von der Erscheinung abwenden.
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TITEL TAFEL: ERSTER TEIL 6
A/T VOR PLATTENBAU HELLERSDORF, KLEINBUS, MITTAG
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lm Fi
Francis schläft auf der Hinterbank eines Kleinbusses. Dieser hält abrupt. Francis erwacht und schaut aus dem Fenster. Sie stehen vor einem maroden DDR Plattenbau am Rande der städtischen Einöde. Erschöpft steigen Ottu, EINE HANDVOLL ANDERER MÄNNER und schließlich auch Francis aus dem Wagen. 7
I/T PLATTENBAU HELLERSDORF, BADEZIMMER, MITTAG
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Francis steht in einer von mehreren Duschkabinen in einem runtergekommenen Waschraum und braust den Dreck des Tages ab. Das heiße Wasser rauscht über seinen Kopf. Er schließt die Augen und merkt nicht, dass sich das Wasser blutrot färbt. CUT TO:
2 is
Francis im Meer unter der Wasseroberfläche. In seiner Hand brennt die Signalfackel und erleuchtet Ida. Sie treibt mit offenem Mund und entsetztem Blick auf ihn zu. Plötzlich greift sie nach seiner Hand. CUT TO:
Ein ungeduldiges Klopfen reißt Franz aus seiner Vision. I/T PLATTENBAU HELLERSDORF, HAUSFLUR, MITTAG
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Francis läuft mit Ottu - beide frischgeduscht - einen langen, heruntergekommenen Hausflur entlang. Der Boden ist dreckig, an den Wänden sind Graffiti und Schmierereien zu sehen. Sie bleiben vor einer Fahrstuhltür stehen.
6.
De
An einer Tür im Gang steht EINE JUNGE AFRIKANISCHE FRAU, 26, und raucht. An die Tür ist ein obszönes Graffiti gemalt. Sie mustert Francis. Ihre Blicke treffen sich. Sie lächelt.
sc ut
Die Lifttüren öffnen sich und EINE ZWEITE AFRIKANISCHE FRAU UND EIN DEUTSCHER MANN, 25 und 45, kommen heraus, gehen an Francis und Ottu vorbei zu der Tür mit dem Graffiti. Sie gehen hinein und Francis kann kurz einen Blick auf einen rot beleuchteten Gang dahinter erhaschen. Francis will in den Fahrstuhl steigen, doch Ottu hält ihn zurück. Francis schaut seinen Freund fragend an. Ein schmächtiger und kränklich wirkender deutscher Mann, REINHOLD, 30, steht schon im Lift und summt ein Lied vor sich hin: “Oh My Darling, Clementine”.
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Francis und Reinhold schauen sich an. Reinhold macht eine einladende Geste und Francis tritt hinein. Ottu folgt ihm unwillig. 9
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I/T PLATTENBAU HELLERSDORF, FAHRSTUHL, MITTAG
lm Fi
Francis und Ottu stehen mit Reinhold im Fahrstuhl. Die Stimmung ist sonderbar angespannt. Reinhold beginnt wieder vor sich hin zu summen und mustert Francis dabei fasziniert. Dann spricht er ihn mit einer dünnen, hohen, fast fistelnden Stimme an. REINHOLD You are new here? Where are you from?
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Francis dreht sich überrascht um, aber Ottu schiebt sich zwischen die beiden. OTTU Leave him alone. This one isn’t for you.
2 is
Reinhold ignoriert Ottu. An Francis gewandt. REINHOLD Angola? Mosambik? Bissau.
FRANCIS
02
REINHOLD Bissau... (überlegt kurz, in schlechtem Kreol) Deine Mutter tätowiert Schwänze am Bahnhof.
0
Francis schaut ihn irritiert an. Reinhold grinst.
7.
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REINHOLD (cont'd) That’s the only thing I can say in Creole.
Francis muss lächeln. Reinhold lacht. Der Fahrstuhl hält und Francis und Ottu verlassen den Aufzug.
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STIMME BOSS TV (V.O.) ... and you, you’re Zannoovi?
I/T PLATTENBAU HELLERSDORF, FLUR UND ZIMMER, NACHMITTAG
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Ottu und EIN ANDERER MANN sehen auf einem billigen Laptop einen Nollywood-Streifen über zwei rivalisierende Gangsterbanden an: ZWEI MÄNNER, 30 UND 45, ZANNOOVI UND DER BOSS, sind auf dem Bildschirm zu sehen. Sie sitzen in einer Gefängniszelle. Dramatische Musik ist zu hören. STIMME ZANNOOVI Zannoovi? Is that my name? I can’t remember. I’ve had so many names. I’ve led so many lives. I’ve lied and cheated...
lm Fi
Francis steht an einem Spind mit Vorhängeschloss. Er zählt die lausigen Kröten, die er verdient hat. Bei jedem Geräusch schaut er sich misstrauisch um. Auf engstem Raum leben hier EIN DUTZEND SCHWARZAFRIKANER.
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STIMME ZANOOVI ... I was the king and Lord of the jungle. I dined at the table of the Gods but I took the inheritance of my fathers and burnt it. Now I have nothing. Not even a name anymore. What is a man without a name?
2 is
Neben Francis öffnet EIN ANDERER BEWOHNER, 29, seinen Spinnt. Francis kann sehen, dass der Mann sich in einem Fach einen kleinen Schrein gebastelt hat: bunte Heiligenbilder, die ein Triptychon bilden - Gabriel, Jesu und das Bild einer Jungfrau, die einen Bullen reitet. Der Mann zündet eine Kerze an, öffnet eine kleine Flasche Rum und betupft den Alter mit ein Paar tropfen davon. Er beginnt zu beten.
STIMME POLIZIST Aufmachen! Polizei!
02
Plötzlich ist ein Hämmern an der Eingangstür zu hören.
0
Francis und die anderen Männer in der Wohnung verstummen. Sofort löscht jemand Licht und Musik. Ottu klappt den Laptop zu. Nur die Kerze des Alters gibt noch Licht.
8. Wieder ein Hämmern.
De
STIMME POLIZIST (cont'd) Polizei! Machen Sie auf! Police! Open the door!
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Der Mann neben Francis wirkt panisch und will zur Tür, aber Francis packt den Mann fest am Handgelenk und zwingt ihn damit zur Ruhe. Er zieht ihn an sich heran und flüstert ihm ins Ohr. FRANCIS Pray! Pray for us...
Der Mann schaut ihn verwirrt und ängstlich an. Doch dann beginnt er leise, fast unhörbar ein Gebet zu sprechen.
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MANN (zögernd) And the Lord said: “And I dwell on a high and holy place, but also with one who is contrite and lowly in spirit, to revive the spirit of the lowly, and to revive the heart of the contrite. He who seeks shelter with me...
lm Fi
Das Klopfen draußen wird eindringlicher.
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MANN (cont'd) ... shall inherit the land and possess My holy mountain. Build up, build up, prepare the way, remove every obstacle from the path of My people.”
Francis schließt die Augen. Es pocht wieder. Lauter. FRANCIS (V.O./KREOL) Du hast mich einmal gerettet, rette mich auch jetzt...
2 is
Franz ist ganz bei sich. Erst als jemand das Licht wieder einschaltet, öffnet Franz seine Augen. Vor ihm steht Ottu und lächelt erleichtert. Francis lässt den anderen Mann los und lächelt zurück, sein Blick endet auf dem Altar und einem Flyer für eine Freikirche: “Celestial Church of Christ - Berlin Mitte”
02 FADE TO:
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A/T BANK VOR DEM PLATTENBAU HELLERSDORF, NACHMITTAG
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Francis tritt aus dem Haus und zündet sich eine Zigarette an. Er spricht deutsche Vokabeln vom Blatt vor sich her und fühlt dem Geschmack der fremden Sprache nach.
9.
De
FRANCIS Himmel. Haus. Sonne. Gras. Tag. Nacht. Schwarz. Weiß. Haut. Haar. Seele. Blut. Vater. Gott. (Die Reihe geht weiter als V.O.)
Vor ihm breitet sich die Neubaulandschaft aus.
sc ut
Plötzlich hat er das Gefühl beobachtet zu werden. Er dreht sich um und schaut in Richtung des Waldes, der hinter dem Plattenbau beginnt. Dort steht die Frau, die Francis im Flur gesehen hat. Sie erwidert seinen Blick und geht in den Wald. Die Wolken türmen sich wie erstarrte Kaskaden über dem Grün. Der Wind wirft die Äste und Blätter der Bäume geräuschvoll hin und her. Das Rauschen von Wellen.
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A/T, WALDWEG HELLERSDORF, SPÄTER NACHMITTAG
Francis folgt der Frau, die sich auf dem kurvigen Waldweg immer wieder zu ihm umdreht, verschwindet und auftaucht.
lm Fi
Plötzlich ist sie ganz fort. Francis schaut sich verwirrt um. Alles nur ein Traum? Er geht zu der Stelle, wo er sie als letztes gesehen hat. Plötzlich greift etwas nach ihm. Blitzschnell dreht er sich um und packt die Person am Hals. Es ist die Frau. Sie lacht über ihren Streich. FRAU (OFF) You are strong.
e pr
CUT TO:
Franz und die Frau laufen Hand in Hand einen schmalen Waldweg entlang. Immer wieder treffen sich ihre Blicke.
2 is
FRAU (cont'd) You work with the other men? (er nickt) Hard Work?
FRANCIS Ja, Harte Arbeit. What do you do?
Sie schaut ihn verschmitzt an, sagt aber nichts.
AMERA Amera. It means Princess. And You?
0
FRANCIS Francis... So you’re Princess then?
02
FRANCIS (cont'd) What’s your name?
10. Sie schüttelt den Kopf und macht einen Schritt auf ihn zu. und nimmt seine Hand und legt sie auf ihre Brust.
De
AMERA You want to fuck me?
Francis ist etwas überrumpelt von der Frage.
sc ut
AMERA (cont'd) I want. You want?
Er zögert.
Ja...
FRANCIS
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AMERA You have money?
Er will seine Hand wegziehen, doch Amera hält sie fest. AMERA (cont'd) I only sleep with men I like. I like you.
lm Fi
Francis schüttelt den Kopf. Amera drückt sich dennoch ganz nah an ihn heran, greift ihm zwischen die Beine und flüstert ihm zu.
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AMERA (cont'd) I think you have a big cock, yes? You want to show me? I want to make him really hard. I want you to fuck me. I make a good price for you.
Francis atmet schwer. Er kämpft mit sich. Nickt. AMERA (cont'd) How much you have? FRANCIS
2 is
Twenty.
Amera schaut ihn enttäuscht an. Sie überlegt. AMERA Ok, but not long and you must be nice, ok?
02
Er nickt. Sie nimmt seine Hand und führt sie unter ihr TShirt. Er drückt sie gegen den Baum. Sie stöhnt leise auf.
0
Wind geht und ein Rascheln ist in den Blättern des Waldes zu hören. Francis schaut auf. Mit flinken Fingern öffnet Amera seine Hose und greift hinein. Er stöhnt auf.
11.
De
Aber zu seinem Entsetzen tut sich da nichts. Sie versucht ihn mit der Hand in Stimmung zu bringen, vergeblich. Wieder ein Rascheln. Diesmal wie ein Meeresrauschen. Francis blickt sich um. Amera hält inne und schaut ihn an.
sc ut
AMERA (cont'd) What’s wrong?
Ohne seine Antwort abzuwarten, geht Amera in die Hocke und macht es ihm mit dem Mund. Doch auch das hilft nicht. FRANCIS
Stop...
r he
Er versucht sie sanft hochzuziehen, doch Amera lässt ihn nicht los. Stop, now!
FRANCIS (cont'd)
Amera hört auf. Sie sieht die Unsicherheit in seinem Blick und unterdrückt ein Lachen.
lm Fi
AMERA Are you gay?
Sie will weitermachen, aber das Rauschen wird lauter. Plötzlich ist ein Rufen zu hören. Francis schreckt auf. FRANCIS What was that?
e pr
Jetzt muss sie wirklich lachen.
FRANCIS (cont'd) I have to go.
Francis knöpft sich eilig die Hose zu und will weg, doch Amera hält ihn fest und zieht an ihm.
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AMERA Hey! The money! Give me the money!
02
Francis will weg und reißt sich grob los. Amera fliegt zu Boden. Sie greift wieder nach ihm und er holt reflexartig zum Schlag aus. Sie weicht erschrocken zurück. Francis reißt sich zusammen. Sein Arm senkt sich. Stattdessen holt er Geld hervor. Sie blitzt ihn wütend an, nimmt den Schein aber. Francis wendet sich ab und geht, dabei fängt Amera an, ihn auszulachen. Er rennt los.
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AMERA (cont'd) Fucking faggot! Gay nigger!
12.
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Er rennt durch den Wald, rennt ohne zu wissen in welche Richtung. Das Lachen schallt ihm hinterher. Zweige schlagen Francis ins Gesicht. Er stolpert, rennt weiter. Unter das Lachen mischt sich ein heftiges Stöhnen und Ächzen. Es wird lauter und lauter.
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I/N ALEXANDERPLATZ, UNTERIRDISCHE BAUSTELLE, NACHT
sc ut
Die Kolben der Wasserpumpe fahren laut ächzend ineinander und wieder heraus. Ineinander und wieder heraus. Die Hydraulik stöhnt vor sich hin. Will sie noch? Wie lange kann sie noch?
r he
Francis, Ottu und die anderen Männer schippen mühsam Schlamm aus der Grube, doch für jede Fuhre, die sie rausholen, scheinen zwei nachzufließen. Die Hitze ist unerträglich. Francis ist fahrig und unkonzentriert. Die Pumpe gluckert jämmerlich. Wütend rammt Francis den Spaten in den Schlamm und schaufelt ihn aus der Grube. Neben ihm schuftet Ottu. Auf einem schmalen Gerüst über ihnen arbeiten Masud und andere Männer.
lm Fi
Mit einem lauten Stottern säuft die Pumpe wieder ab. Francis und die anderen Männer drehen sich genervt um. Zornig hebt Francis die Schaufel und haut mit voller Wucht auf die Maschine ein. Die anderen erschrecken. STIMME KARL Bist du bescheuert, du Affe? Francis schaut nach oben. Am Rand der Grube steht Karl.
e pr
KARL Ob, du dumm bist, habe ich gefragt?
Francis schaut wütend zu Karl. Er greift die Schaufel fester und will zu ihm gehen, doch Ottu hält ihn zurück.
2 is
OTTU (leise zu Francis) Come on, leave him be.
KARL Ihr seid doch zum Scheißen zu blöd!
02
Francis reißt sich los. In diesem Moment stottert die Pumpe und erwacht wieder zum Leben und Francis schaut Karl triumphierend an.
0
OTTU You don’t want to piss him off, if you want to keep this job.
13. Francis schaut Ottu an.
De
FRANCIS Who cares? I won’t stay down here for long anyway. I will work it by my own, and soon that asshole will be working for me.
sc ut
Ottu und einige andere grinsen. Francis dreht sich zufrieden um und atmet durch. Er schippt weiter. Über ihm steigt Masud auf die kleine Leiter am Gerüst. Doch plötzlich ertönt ein Knall. Ein harter Wasserstrahl schießt aus der Pumpe lässt das Gerüst erzittern. Von oben ist ein lauter Schrei zu hören.
r he
Masud ist durch die Erschütterung abgerutscht. Er fällt vor Francis Augen mehrere Meter in die Tiefe und schlägt schwer im Schlamm auf. CUT TO:
Es herrscht entsetzte Stille. Ottu und die Männer stehen stumm im Kreis um Masud. Francis kniet bei dem bewusstlosen Mann. Dessen rechtes Bein ist verdreht und an seinem Kopf klafft eine blutige Wunde.
lm Fi
Francis schlägt Masud leicht auf die Wange. Bald rührt sich dieser wieder. Er stöhnt vor Schmerz auf. FRANCIS (cont'd) (zu Ottu) Call an ambulance. Now!
e pr
OTTU No way. If Karl sees it... We gotta get him out of here.
Francis schaut zu Ottu. Dann geht sein Blick nach oben. 14
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A/N ALEXANDERPLATZ, AM NEPTUNBRUNNEN, NACHT
2 is
Francis läuft mit Masud in den Armen über den Platz hinter dem Fernsehturm zum Neptunbrunnen. Passanten sehen ihn entsetzt an. Am Neptunbrunnen angekommen, ruft er einer GRUPPE TOURISTEN zu. Ambulance!
FRANCIS
FRANCIS (cont'd) Ambulance! Quickly!
02
Die Männer und Frauen starren ihn an.
0
Ein Passant nimmt sein Handy während Francis Masud am Brunnen absetzt. Er will weggehen, doch Masud hält ihn fest.
14.
De
MASUD No, no doctor! No doctor! They’ll deport me.
Francis schaut auf Masuds Wunden an Kopf und Bein. FRANCIS You have no other choice, man.
sc ut
Francis will aufstehen, aber Masud haut auf ihn ein. MASUD No! No! Don’t go...
Masud schlägt nicht mehr. Hält sich stattdessen am Oberarm fest. Francis starrt auf die Hand an seinem Arm.
r he
MASUD (cont'd) Please...stay.
Francis hört ein Meeresrauschen. Es wird lauter. Er kann sich kaum noch auf die Außenwelt konzentrieren.
lm Fi
FRANCIS No choice, no choice, no choice ...
Er löst die Hand und steht auf. Taumelt davon. Das Meeresgeräusch wird zu einem Murmeln, wie von vielen Männern auf kleinstem Raum.
I/T PLATTENBAU HELLERSDORF, VERSAMMLUNGSRAUM, NACHMITTAG 15
e pr
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FADE TO:
Francis und Ottu stehen am Eingang zu einem großen Raum. Dort haben sich etwa ein DUTZEND JUNGER MÄNNER versammelt und reden durcheinander.
2 is
Jemand legt Francis eine Hand auf den Arm. Er zuckt zusammen und dreht sich um. Vor ihm steht Reinhold, der Mann, den er zuvor im Fahrstuhl getroffen hat. Er zwinkert Francis zu und geht an ihm vorbei durch die Menge. Francis beobachtet ihn.
REINHOLD Hello, I’m Reinhold.
02
Reinhold arbeitet sich in die Mitte des Raumes vor und steigt auf eine kleine Kiste. Er wirkt scheu, unsicher und verloren. Seine Augen zwinkern nervös. Dann beginnt er mit dünner Stimme zu sprechen. Es kehrt Ruhe ein.
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Seine hohe seltsame Stimme bringt die Männer zum kichern. Francis muss grinsen und auch Reinhold lacht nervös mit.
15.
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REINHOLD (cont'd) I have a funny voice. You can laugh about it. Go ahead...
Jetzt lachen alle.
sc ut
REINHOLD (cont'd) But I didn’t ask you to come here to make you laugh. I want to help to lift you out of here.
Das Lachen verebbt. Reinhold schaut sich in dem armseligen Raum um, Ekel im Gesicht. Seine Stimme wird fester.
r he
REINHOLD (cont'd) No one deserves to live like this. I look at you and I see young, strong and proud men, men who are tired of sitting here and doing nothing. You want a decent life, no? Ein anständiges Leben.
Einige Männer nicken zustimmend. Francis beäugt Reinhold misstrauisch.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) You deserve more from life then just a bed and a piece of buttered bread, don’t you? (he looks at the men questioningly) Don’t you? Ein Murmel und nicken geht durch die Gruppe. Auch Reinhold nickt. Ein neuer Reinhold blitzt auf. Ein Charismat. Ein Menschenverführer.
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REINHOLD (cont'd) You want your own apartment, a flat screen TV and a car you can drive around and fuck your girl in!
2 is
Zustimmung unter den Zuhörern. Reinhold lacht, und ein wohliges Gefühl breitet sich unter den Männern aus. REINHOLD (cont'd) I can give you all of that. Ein MANN ruft dazwischen.
REINHOLD You deal drugs for me.
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Stille. Ottu meldet sich zu Wort.
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MANN And what do we have to do for it?!
16.
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OTTU (verächtlich) Und wenn wir erwischt werden? Dann gehen wir ins Gefängnis, oder was?
Francis schaut zu Ottu. Reinhold nickt trocken. REINHOLD
sc ut
Richtig.
Ottu schaut sich sarkastisch um. OTTU Und das nennst du anständig?
Einige Männer nicken zustimmend.
r he
REINHOLD Die Arbeit ist nicht ohne Risiko. Aber sie lohnt sich. Warte mal...
Er holt ein dickes Bündel brauner Fünfzig-Euro-Scheine hervor. Ein Raunen geht durch den Raum. Reinhold will etwas sagen, aber Ottu lässt ihn nicht zu Wort kommen.
lm Fi
OTTU Du kommst zu uns, hierher in den Dreck und sagst, du willst helfen? Aber eigentlich willst du uns nur tiefer in die Scheiße ziehen! Stimmen werden laut.
e pr
MANN (zu Ottu) Shut up. We want to hear what he has to say!
Reinhold grinst. Er scheint die Situation zu genießen.
2 is
REINHOLD Ich zwinge niemanden zu irgendwas. Germany is a free country. I’m only making you an offer. Take it or leave it. If you are interested, I have a small welcome bonus for you.
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Reinhold verteilt das Geld an die Männer. Es entsteht ein gieriges Gedränge. Francis lacht stumm auf und verlässt kopfschüttelnd den Raum.
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Reinhold beobachtet Francis. Ottu beeilt sich Francis zu folgen. Der Rest der Männer bleibt, schart sich um Reinhold und versucht, einen der Geldscheine zu ergattern.
17. 16
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A/N BANK VOR DEM PLATTENBAU HELLERSDORF, ABEND
De
Francis und Ottu sitzen auf einer Bank vor dem Haus und rauchen. Francis ist in Gedanken. Farbiges Wolkenspiel am Himmel.
sc ut
Reinhold kommt aus dem Haus. Als er Francis sieht, geht er direkt auf ihn zu. Ottu will ihn abwimmeln, aber Reinhold ignoriert ihn, holt stattdessen eine Zigarette hervor und wendet sich fragend an Francis. Francis zögert kurz und hält ihm dann aber sein Feuerzeug hin. Als Reinhold es nimmt, berührt er Francis’ Hand. Länger als nötig. REINHOLD Wie heißt du? Your name?
r he Francis.
FRANCIS
Reinhold lächelt.
lm Fi
REINHOLD Francis... Francis aus Bissau. No interest in a job?
Francis steckt das Feuerzeug ein und deutet auf Ottu. FRANCIS I already have one. Reinhold lacht auf.
Francis antwortet nicht.
e pr
REINHOLD With him? On the construction site?
FRANZ Ein böser Junge?
2 is
REINHOLD (cont'd) You’re not the kind of man who works his ass off for peanuts. You are a bad boy. Du bist ein böser Junge.
02
REINHOLD (zwinkert) Ja, sehr böse. Naughty, naughty...
0
Reinhold grinst Francis an. Francis grinst zurück. Reinhold gibt ihm die Hand, kommt ganz nah an ihn heran. Er zeigt auf Ottu und sagt, so dass der es auch hören kann:
18.
De
REINHOLD (cont'd) He is nothing compared to you. He is the one who should be working for you.
Damit dreht er sich um, ignoriert Ottu und geht.
sc ut
Ottu kocht vor Wut, aber Francis beachtet ihn nicht und blickt stattdessen in die Hand, die Reinhold eben noch gehalten hat. Darin liegt nun ein zusammengefalteter grüner Hunderteuroschein. Er staunt nicht schlecht und faltet den Schein auseinander. Eine Telefonnummer ist darauf gekritzelt. Wolken zerfasern am Himmel. 17
I/N ALEXANDERPLATZ, BAUSTELLE, IM KLEINBUS, ABEND
r he
17
Francis, Ottu und die anderen Arbeiter sitzen im Kleinbus, der gerade auf die Baustelle fährt, als er von Karl am Eingang gebremst wird. Er ist mit einer Schaufel bewaffnet und winkt wütend. Die anderen steigen aus. Es entsteht eine Traube um Karl und Ottu. Nun verlässt auch Francis den Wagen.
lm Fi
KARL ... Heute morgen stand der Zoll hier auf der Matte. Ich hab ne Anzeige am Hals! Einer von euch Idioten hat gestern einen Verletzen hier rausgetragen und nen Krankenwagen gerufen. Wer war das?
e pr
Schweigen.
KARL (cont'd) Ok, ist mir auch scheißegal. Ihr seid alle gefeuert. Verpisst euch!
2 is
Die Männer schauen sich entsetzt an, rühren sich aber nicht. Francis sieht zu Ottu, der seinem Blick aber ausweicht. KARL (cont'd) Ihr sollt euch verpissen! Nix Job! Karl dreht sich um und geht. OTTU
02
Karl...
FRANCIS The man was badly injured...
0
Karl hält inne und schaut Ottu an. Der zögert, dann nickt er stumm in Richtung Francis. Der sieht bestürzt zu Ottu.
19. Karl deutet mit der Schaufel auf Franz.
De
KARL Hat dir jemand geholfen? Somebody help you?
Ottu lässt Franz nicht zu Wort kommen.
sc ut
OTTU Nein. Der Unfall ist passiert, nach dem Francis die Pumpe kaputt gemacht hat. Es war seine Idee Masud fortzuschaffen.
Francis will gerade wütend auffahren, da rammt Karl ihm mit voller Wucht die Schaufel in die Seite.
r he
Francis zuckt zusammen, bleibt aber stehen. Das macht Karl nur noch wütender. Er holt zu einem zweiten Schlag aus, aber Francis reißt ihm das Werkzeug einfach aus der Hand.
lm Fi
KARL (eingeschüchtert) Nimm deinen Scheiß und hau ab. (geht zu Ottu) Du tanzt morgen mit deinen Jungs auf der Baustelle in Treptow an. Hier lässt sich keiner mehr blicken! Und gnade dir Gott, wenn sowas nochmal vorkommt. Verstanden!?
Ottu nickt demütig. Karl geht wütend ab. Die Arbeiter bleiben zurück und Francis sieht Ottu zornig an.
e pr
FRANCIS (flüstert) You know i did the right thing. What did you tell him? You said it was my fault? You are a liar!
2 is
Ottu macht einen Schritt zurück und schaut nervös auf die Schaufel in Francis Hand. OTTU (flüstert) You are calling me a liar? Francis, I just saved everyone’s job. We’ll find you a new job....
FRANCIS I don’t want a new job. I did nothing wrong. I saved Masud.
02
Francis spuckt aus.
0
Ottu hört gar nicht mehr zu. Die Männer versuchen Francis zu beruhigen.
20. FRANCIS (cont'd) Cowards! All of you!
De
Die anderen Arbeiter stellen sich an Ottus Seite. OTTU Quiet now. I’m sure I’ll be able to find something new for you...
sc ut
Francis schnauft, er versucht sich mit aller Macht zusammenzureißen. FRANCIS You traitor, you ass-kisser, you piece of shit! I’ll find something better! On my own!
r he
Ottu grinst ihm feist ins Gesicht.
lm Fi
OTTU Oh yeah? And how are you going to do that? Do you have any papers? Aufenthaltserlaubnis? Arbeitserlaubnis? Hm? Francis, sei brav und mach was ich dir sage! Undankbarer Nigger...
Noch bevor Ottu aussprechen kann, schlägt Francis mit der Schaufel nach ihm. Verfehlt ihn knapp. Die anderen Arbeiter springen zur Seite und schreien auf.
e pr
STIMME MIEZE (V.O.) Hier seht ihr meinen Francis zum ersten mal stolpern und fallen. Er wollte Gut sein. Wie hat man’s ihm vergolten? Mit Lügen und Verrat.
2 is
Ottu will fliehen, doch hinter ihm ist der Bauzaun. Er kann Francis nicht entkommen. Der ist wie im Rausch. Er holt mit der Schaufel aus und schlägt wieder zu, trifft Ottu am Oberarm. Ottu schreit vor Schmerz auf. Auch Francis stößt einen langen, wütenden Schrei aus. CUT TO:
Der Bulle bäumt sich, windet sich, schlägt aus.
CUT TO:
02
Wieder holt er aus. Ottu hebt die Hand zum Schutz. Die Schaufel fährt auf ihn nieder und trifft ihn am Kopf. Einmal. Zweimal. Ottu kippt um und Blut spritzt in Francis’ Gesicht. Andere Arbeiter stürzen sich auf ihn.
0
Endlich kommt Francis wieder zu sich und blickt in Ottus blutiges Gesicht.
21.
De
STIMME MIEZE (V.O.) Er wollte anständig sein. Das hat er sich geschworen. Aber man hat ihn nicht gelassen. Er hat müssen müssen.
Er schüttelt die Arbeiter ab, und rennt los.
sc ut
18
18
Ä·fi≠æŒE, BERLINER STRAßEN, NACH T
Francis torkelt - eine Wodkaflasche in der Hand - verloren durch die Stadt. Er nimmt einen tiefen Schluck aus der Flasche. Noch einen. Noch einen.
r he
STIMME MIEZE (V.O.) Heute Nacht will Franics sich kaputt machen. Er will den Teufel ausbrennen - bis nur noch Asche übrig ist!
lm Fi
Bald findet er sich auf einem leeren Parkplatz wieder. Ein Neonkreuz markiert den Eingang zu einer kleinen Freikirche. Dort steht ein einzelner Mann und begrüßt mögliche Neuankömmlinge. Als Francis auf das Kreuz zugeht, bleibt er vor einem Auto stehen, auf dessen Seite “Celestial Church of Christ” steht. Im Autofenster bemerkt er sein Spiegelbild. Er hat Blut im Gesicht und auf den Kleidern. Er versucht sich mit dem Wodka sauber zu machen. Es brennt ihm in den Augen.
19
II. TRAUM
e pr
Am Ende des Platzes erscheint plötzlich ein Licht. Rufe von Männern erschallen. Er sieht verschwommen Autoscheinwerfer auf sich zukommen. Die Rufe werden lauter... 19
2 is
Afrikanische Savanne. Die Männer haben sich in einem engen Kreis um den Bullen zusammengeschlossen. Sie sind bis auf wenige Schritte heran. Immer wieder müssen sie vor dem ausschlagenden Tier zurückweichen, und immer wieder schließen sie den Kreis etwas enger als zuvor.
02
Francis wirft dem Tier ein Seil um die Hörner und springt zurück. Der Stier hängt am Strick, wehrt sich aber heftig. Ein weiterer Strick fliegt und landet um den Hals des Tieres. Der Stier geht in die Knie. Die Männer werfen sich auf das Tier.
0
Francis beobachtet das Geschehen zufrieden. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn und kramt in seiner Hose. Findet eine Kippe. Sucht nach seinem Feuerzeug und hat stattdessen den 100€ Schein mit Reinholds Telefonnummer in der Hand. Er starrt auf die Nummern.
22.
De
TITEL TAFEL: ZWEITER TEIL
20
20
I/N WOHNUNG REINHOLD, GÄSTEZIMMER, NACHT
sc ut
Nacht. Francis liegt in seinem Bett und schläft. Die Vorhänge sind zugezogen, aber die Lichter der Stadt finden dennoch durch die Ritzen ins Zimmer.
r he
STIMME MIEZE (V.O.) Dies war der erste Schlag. Doch sorgt Euch nicht. Er wird es schon verkraften, mein Francis. Er wird sich wieder aufrappeln. Er wird einen neuen Anlauf nehmen. Es ist ja gerade erst Sommer geworden...
Francis erwacht und geht ans Fenster der Neubauwohnung in der Leipziger Straße. Er kann von hier aus dem 20. Stock direkt auf den Alexanderplatz sehen. Dumpf ist aus dem Flur plötzlich das Öffnen und Zuschlagen der Wohnungstür zu hören.
lm Fi
Francis horcht auf. Das Geräusch hoher Absätze auf dem Boden und Frauenlachen. STIMME FRAU (OFF) Hier wohnste? Oder is dit nur zum Abschleppen? Francis schleicht vorsichtig an die Tür.
e pr
STIMME REINHOLD (OFF) Abschleppen? Ich will dich nicht “nur” abschleppen. Die Frau lacht auf.
2 is
STIMME FRAU (OFF) Nich? Watn sonst? Hast wohl ne Freundin?
aber durch den den Anschnitt einer kommt auch der Mann der die Frau durch
FRAU Mehrere gleich?
0
REINHOLD Freundin, was nennt sich heute alles Freundin? Ich bin ehrlich, ok, es gibt da welche, aber...
02
Vorsichtig öffnet Francis die Tür, kann schmalen Spalt kaum etwas erkennen. Nur FRAU, 22, die gegen die Wand lehnt. Nun in sein Blickfeld. Er erkennt Reinhold, seine Wohnung zieht.
23. Francis versucht einen besseren Blick auf die Fremde zu erhaschen.
De
REINHOLD Ja, aber die wollen sich nur amüsieren. Ein Herz, sowas haben die nicht. Aber sowas will ich. Mit Herz. Was echtes.
sc ut
Das wirkt bei der Frau. Sie blickt Reinhold intensiv in die Augen und nimmt seine Hand. FRAU Dit will ick ooch. Wat echtet. Wat schönet.
r he
REINHOLD Du bist was Schönes. Was Besonderes. Das habe ich sofort gemerkt. Wie du tanzt. Wie du riechst. Wie du schmeckst. Du haust mich um!
lm Fi
Er beißt sie in den Nacken und sie schreit lustvoll auf. Sie zieht ihn zu sich ran und stöhnt dann leise. Er führt sie sanft in sein Zimmer. Bevor er mit ihr darin verschwindet, wirft er kurz einen Blick in Francis Richtung. Francis tritt erschrocken von dem Türspalt zurück. Dann schlägt die Tür zu Reinholds Zimmer zu. Francis schließt seine Tür wieder und geht zurück ins Bett. Bald darauf hört er ein Stöhnen aus dem Nebenzimmer. Das Stöhnen geht über in heftige Sexgeräusche.
21
e pr
Francis schließt die Augen und schläft ein. Die beiden im Nebenraum arbeiten ihrem Höhepunkt entgegen... 21
I/N WOHNUNG REINHOLD, GÄSTEZIMMER, NACHT
2 is
Francis schreckt hoch. Lautes Geschrei. Reinhold und die Fremde scheinen genauso aneinanderzuprallen, wie sie sich eben noch ineinander verknotet haben. STIMME REINHOLD Bist du schwerhörig, oder was? Das ist kein Hotel hier, also hau ab!
STIMME REINHOLD Halt’s Maul und verpiss dich.
0
Francis setzt sich im Bett auf.
02
STIMME FRAU Du kannst mir doch jetz nich einfach rausschmeißen!
24.
De
STIMME FRAU (weinend) Warum bist'n so? Dit war doch so schön. STIMME REINHOLD Hau jetzt endlich ab! HAU AB!!!
sc ut
Ein weiterer Schrei ertönt. Dann ist schlagartig Stille. Francis horcht angestrengt. Nichts. Plötzlich wird die Tür aufgerissen.
r he
Reinhold steht im Türrahmen. Francis sieht Reinhold erschrocken an. Der hat einen erstaunlich weiblichen Kimono an und atmet schwer. Auf seiner Brust ist ein großer Amboss tätowiert, der sich im Rhythmus seines Atems hebt und senkt. Eingeflochten ist tätowiert: “NOSCE TE IPSUM”. Reinhold setzt sich zu Francis aufs Bett.
lm Fi
REINHOLD Bist du endlich wach? Finally awake. Listen, du musst mir helfen! I can’t take it anymore. It is always the same. Always! First I have to have them! Ich muss sie einfach haben! (verzweifelt) Do you understand?! Aber dann, wenn ich sie hab, halt ich's nicht aus. Ich hab dann richtigen Ekel. Der Geruch allein. Kotzen muss ich dannund kann die gar nicht schnell genug wieder loswerden. But then comes the next one, and the next one and the next one... It’s like an addiction...
e pr
Er packt Francis und sieht ihm in die Augen.
What?
REINHOLD (cont'd) FRANCIS (ENGL.)
2 is
Komm.
Reinhold steht auf und zerrt Francis aus dem Bett.
22
REINHOLD (ENGL.)
I/N WOHNUNG REINHOLD, REINHOLDS ZIMMER, NACHT
02
Komm mit.
22
0
Francis steht in Reinholds Zimmer. Er fühlt sich unwohl. Auf dem Bett liegt die Frau von vorhin nackt im Bett, den Kopf tief ins Kissen vergraben. Reinhold bei ihr.
25. REINHOLD Hör auf zu flennen und kuck her!
De
Die Frau hebt ihren Kopf, dreht sich um und schaut Francis verwundert an. Der kann sie ebenfalls nur hilflos anstarren.
sc ut
REINHOLD (cont'd) Das ist Elly. Das ist Francis. Say hello.
Francis macht mit der Hand “Hallo”. Elly ignoriert Francis. ELLY (weinend zu Reinhold) Wat solln ditte? Warum bist’n du jetzt so Scheiße zu mir?
r he
Reinhold winkt Francis ungeduldig heran und zieht ihn auf das Bett. Francis ziert sich. REINHOLD Take care of her for me, yes? Because if she keeps crying like this I’ll ...
lm Fi
Er macht eine Geste, als würde er einem Huhn den Hals umdrehen. Bevor Francis etwas antworten kann, ist Reinhold raus. Unbeholfen setzt Francis sich neben die weinende Elly. Schweigen. Soll er lieber gehen? Er will aufstehen. Elly schluchzt auf und schaut ihn an.
Francis versteht sie nicht. FRANCIS
2 is
Sorry.
e pr
ELLY Wo is’n der hin jetzt? Wat soll ick denn alleine mit dir?
Elli schaut ihn an.
ELLY (weinend) Du sachst sorry, du hast doch janischt jemacht.
02
Ein neuer Heulkrampf durchzuckt sie. Francis schaut sie an. Er zögert lange, dann legt er ihr vorsichtig seinen Arm um ihre Schulter. FRANCIS
0
Sorry.
26.
De
Elli zuckt kurz zurück, dann aber legt sie ihren Kopf an seine Schulter. Francis streicht ihr sanft über den Rücken. Langsam beruhigt sie sich. Sie wischt sich die Tränen aus den Augen. ELLY Wer bist’n du überhaupt? Your Name?
sc ut
Francis.
FRANCIS
Sie streicht ihm übers Gesicht. ELLY Treue Augen haste, Francis.
r he
Sie lacht auf, dann will sie wieder anfangen zu weinen, da küsst Francis sie einfach. Sie ist kurz irritiert, dann macht sie aber mit. Sie küssen sich wilder. Sie umarmen sich. Elly nimmt Francis Hand und führt sie zwischen ihre Beine. Sie stöhnt auf und greift ihm zwischen die Beine. Francis schließt die Augen. Er atmet schwer, doch er fühlt sich unwohl. Elly hingegen ist erregt.
lm Fi
ELLY (cont'd) (stöhnend) Wat’n los? Passiert ja janischt... willste nich? FRANCIS (leise) Stop... (leiser) ich kann nicht...
e pr
Ein Fotogeräusch ertönt. Francis öffnet die Augen und erschrickt. Reinhold steht neben der Tür, beißt in einen Reiscracker und macht mit seinem Handy Fotos von den beiden.
2 is
Francis setzt sich auf. Jetzt bemerkt auch Elly den fotografierenden Reinhold. ELLY Sag mal, du spinnst wohl?! Raus hier!
02
REINHOLD (schmatzend) Macht weiter, läuft doch richtig gut.
Francis versucht aufzustehen, doch Reinhold stößt ihn zurück auf’s Bett.
0
REINHOLD (cont'd) Stay! Du musst mal wieder richtig ficken!
27. Francis fährt auf und geht Reinhold zornig an.
De
Let me go!
FRANCIS
Reinhold zuckt kurz zurück.
sc ut
ELLY Mensch, lass den, der will doch janich. REINHOLD Und ob der will. (zu Francis) You want!
r he
Reinhold stößt Francis wieder aufs Bett. Elly kreischt und lacht. REINHOLD (cont'd) (herrisch) Let’s go, now! Have some fun! (zu Elly) Und du streng dich gefälligst an. Du bist einfach nicht geil genug.
lm Fi
Er gibt ihr einen Schlag auf den Hintern. Sie schreit. FRANCIS Stop it now!
Jetzt bekommt er einen Schlag, eine Ohrfeige ins Gesicht.
e pr
REINHOLD Fresse halten und ficken! Kann doch nich so schwer sein! Er schlägt die beiden abwechselnd.
REINHOLD (cont'd) Ficken! Ficken! Ficken! Ficken!
2 is
Elly lacht und schreit. Francis will sich wehren, aber da Reinhold lacht, muss er auch lachen. Und tatsächlich, es funktioniert. Francis' Lust kommt zurück und überrollt seine Scham. Er dringt in Elly ein.
02
Francis sieht Ellys lustverzerrtes Gesicht, hört ihr Stöhnen. Dahinter steht Reinhold und schaut ihn an. Er ist in höchster Erregung. Francis sieht, wie sich der Amboss auf Reinholds Brust hebt und senkt.
0
Francis und Elly haben wild Sex. Der Schweiß läuft an seinem Rücken herunter. Ellys Stöhnen ist zu einem Schreien geworden. Auch Francis schreit. Auch Reinhold schreit. Sie kommen.
28.
De
Francis’ Rhythmus verlangsamt sich. Er schaut auf und blickt in Reinholds Augen. Der tritt heran und hebt den Arm über Ellis Rücken zum High-Five. Francis zögert kurz, dann schlägt er ein.
23
23
I/T REINHOLDS WOHNUNG, KÜCHE, VORMITTAG
sc ut
Francis deckt den Tisch mit einem großzügigem Frühstück. Auf der Arbeitsplatte liegen leere Einkaufstüten. Auf der Kochplatte brutzeln Spiegeleier. Reinhold sitzt am Esstisch und schlürft an einem Becher Kaffee. FRANCIS Guten Appetit.
r he
Er will Reinhold zwei der Eier auf den Teller geben, als dieser abwehrend die Hand darüber hält. REINHOLD I can’t eat eggs..
Francis zeigt auf den Schinken. FRANCIS
lm Fi
Schinken?
REINHOLD I don’t eat meat. Käse?
FRANCIS
REINHOLD Zitronensaft.
2 is
FRANCIS Zitronensaft?
e pr
REINHOLD Lactoseintoleranz, Fructoseintolleranz, Nussallergie... Eigentlich ess ich morgens gar nichts. Nur Kaffee und vielleicht etwas Zitronensaft.
Reinhold schweigt. Trinkt seinen Kaffee. Steckt sich eine Zigarette an. Franz zuckt mit den Schultern und isst.
02
REINHOLD (cont'd) Elly ist ganz geil, was?
Francis schaut Reinhold an und schweigt. Reinhold legt seine Hand auf Francis’ Hand.
0
REINHOLD (cont'd) My friend, no need to be embarrassed. (MORE)
29.
De
REINHOLD (cont'd) What happened last night was quite nice. And above all, very convenient! Das machen wir ab jetzt immer so.
Francis schaut ihn irritiert an.
sc ut
REINHOLD (cont'd) Well, you take the girls off my hands and life will be easier for both of us.
Reinhold lacht. Francis lacht und schüttelt mit dem Kopf. FRANCIS I’m going now. Danke für alles.
r he
Damit steht er auf und nimmt seine Jacke vom Stuhl. Reinhold schaut ihn herausfordernd an. REINHOLD Und wo willst du denn hin?
Francis schaut Reinhold unsicher an. Er hat keine Ahnung.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) Pass mal auf: Du hast keinen Pass, no passport, no Job, keine Wohnung, kein money, kein garnichts. Francis will etwas entgegnen, doch Reinhold ist schneller.
2 is
Francis denkt nach.
e pr
REINHOLD (cont'd) Ich weiß, du willst nicht dealen. Musst du auch nicht. Aber du kannst mir helfen mit den Mädels, mit dem Haushalt hier und kochen kannst du auch. You do that for me, and you can stay here...
REINHOLD (cont'd) Be smart, Francis. Bleib hier. FRANCIS Ich will einen Pass.
REINHOLD Hm...not so easy. Aber ich werde sehen was ich tun kann. Deal?
02
Reinhold mustert Francis.
0
Reinhold hebt die Hand. Sie schauen sich an. Eine sonderbare Spannung liegt zwischen ihnen.
30. 24
24
A/T HASENHEIDE, MITTAG
De
Die Sonne brennt über dem Park. Zwei Polizisten haben EINEN SCHWARZAFRIKANER, 24, festgesetzt und nehmen ihn komplett auseinander. Er protestiert, aber sie filetieren ihn, bis er bis auf die Unterhose nackt da steht.
sc ut
Francis beobachtet den ganzen Vorgang. Es ist schmerzhaft anzuschauen. Er selbst steht mit einem Kinderwagen am Parkeingang. Einer der Polizisten sieht zu ihm herüber. Als Francis rasch seinen Blick senkt und sich mit dem Wagen umdreht, kommt dieser auf Francis zu. Francis!
REINHOLD
r he
Francis erstarrt. Reinhold kommt fröhlich auf ihn zu und hakt sich bei Francis ein. Den Polizisten ignorierend guckt er in das Innere des Kinderwagens und lächelt REINHOLD (cont'd) Ach, wie süß!
lm Fi
Der Polizist dreht ab.
CUT TO:
Wir sehen eine krude in den Dreck gemalte Karte des Parks. Ein Stock kommt ins Bild.
e pr
Francis und Reinhold sitzen unter einem Holzpavillon in der Hasenheide und Reinhold macht anhand der Karte eine kleine Einführung:
2 is
REINHOLD (cont'd) The system is quite simple: There are scouts, spotters, the stash boys, the cash boys and the couriers... der Spotter holt den Kunden heran und schickt ihn zu den Cashboys. Die nehmen die Bestellung auf und das Geld und schicken den Kunden weiter an die Stashboys...
CUT TO:
0
REINHOLD (V.O.) ...the stashboys are sitting with the dope, and give it to the costumer. (MORE)
02
Sie gehen an den Ecken des Parks an denen die SCHWARZEN DEALER stehen vorbei. Diese nicken Reinhold zu. Aber Francis spürt, dass die Männer den Deutschen nicht ernst nehmen.
31.
De
REINHOLD (V.O.) (cont'd) Because never have the money and the goods in the same place! Die Kuriere gehen von einem Stash zum nächsten und sorgen dafür, dass immer genug Gras da ist. Und die Scouts fahren Runden auf dem Rad und machen Meldung, wenn die Bullen kommen.
sc ut
FRANCIS (V.O.) Why are you telling me this? I don’t want anything to do with it.
EINER DER “FAHRRADKURIERE” von Reinhold schießt auf die beiden zu und muss hart bremsen, um sie nicht zu überfahren.
r he
REINHOLD (wütend) Hey, ich laufe hier!
Der Mann lächelt nur blöd und fährt weiter.
lm Fi
REINHOLD (V.O.) Meine Jungs haben Stil und Takt. Wir sprechen Kunden nicht an. Blickkontakt muss reichen. Kinder werden nicht bedient. Schwangere werden nicht bedient. Hipster zahlen Aufpreis. Rentner kriegen Rabatt. Unser Dope ist nicht das beste in Berlin. Aber ungestreckt und grammgenau gewogen.
e pr
CUT TO:
Sie kommen auf einen größeren Platz, “The Market”, und kommen an EINER GRUPPE JUNGER ARABER, die eine Parkbank des Parks besetzen, vorbei. Sie lachen, als sie Francis und Reinhold sehen. Francis beobachtet das aufmerksam.
All Arabs?
FRANCIS
2 is
REINHOLD Ach ja, und dann ist da die Konkurrenz. The competition. “Arabs”. Alles Retards.
0
REINHOLD Die Arabs hier sind Vollidioten. Haben keine Manieren. No manners. Machen die Frauen an, schlagen die Jungs. Und sind die immer voll drauf. Nicht nur auf ihrem Shit. (MORE)
02
Reinhold schaut Franz an und verdreht die Augen.
32. REINHOLD (cont'd) Sondern auch Koks und Speed. Bei der Arbeit. Total unprofessionell.
De
Reinhold macht eine Pause. REINHOLD (cont'd) Und über allem steht der heilige Pums.
sc ut
FRANCIS
Pums?
r he
REINHOLD (lacht bitter) Oh ja, Pums, the Chef. Ich bin hier nur der Kapo, Pausenclown. Der Park gehört Pums. Aber den triffst du sicher noch...
Sie kommen an eine Ecke, wo SIEBEN SCHWARZAFRIKANISCHE DEALER IM ALTER ZWISCHEN ZWANZIG UND MITTE DREISSIG im Schatten stehen. Einige haben wir zuvor schon in der Flüchtlingsunterkunft gesehen.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) Listen Peoples! This is Francis. He ist now part of this operation.
Reinhold hebt die Decke des Kinderwagens. Darunter kommen verschiedene Kochtöpfe mit Reis, Fleisch, Gemüse zum Vorschein. Die Männer kommen freudig näher.
DEALER This shit is cold.
e pr
Francis füllt eine Portion in eine Plastikschale und gibt sie einem der Männer. Der probiert einen Happen und gibt sie zurück.
Wie, cold?
REINHOLD DEALER Es ist kalt.
2 is
Auch die anderen Männer wollen das Essen nicht. Francis ist frustriert.
Francis sieht Reinhold an. Wie soll das gehen?
0
REINHOLD (beiläufig) Das ist kalt. Mach es nochmal warm.
02
Reinhold schaut Francis an.
33.
De
FADE TO:
sc ut
25
REINHOLD (cont'd) (wie zu einem kleinen Kind) Go back home, heat the food up and come back. The men are hungry.
25
I/T WOHNUNG REINHOLD, NACHT
Wir gleiten durch Reinholds Wohnung. Am Eingang steht der Kinderwagen und mehrere große Töpfe. Post-its mit Vokabeln in Deutsch und Englisch schmücken die Zimmer. An einer Wand sind dutzende Bilder von Franz und Reinhold mit verschiedenen Frauen aufgehängt. Selfies und Porträts.
r he
Reinhold steht an zwei Plattentellern in seinem Wohnzimmer und legt Musik auf. Francis ist betrunken und sitzt auf der Couch. Reinhold kokst. Beide nicken im Takt. Reinhold kommt hinter den Plattentellern hervor und fängt an zu tanzen. Er fordert Francis auf aufzustehen und mitzumachen. Der weigert sich erst, macht dann aber mit.
lm Fi
Francis und Reinhold schwofen durch das Wohnzimmer. Sie machen Schattenboxen und balgen sich, dann tanzen sie wieder ausgelassen miteinander. Durch das große Wohnzimmerfenster sieht man die Stadt, die 20 Stockwerke unter ihnen pulsiert. Francis steht am offenen Fenster und atmet Berliner Luft. Reinhold nähert sich ihm von hinten und umarmt ihn heftig. Sie lachen.
e pr
26
26
I/T WHIRLPOOL, MASSAGEBAD “HAPPY END”, ABEND
2 is
Ein kleiner, dunkelrot beleuchteter Raum. Francis sitzt mit geschlossenen Augen in einem Whirlpool, der in der Ecke des Zimmers vor sich hin sprudelt. Auf der Mattscheibe eines Flachbildfernsehers sind Drohnenflüge über karibische Strände zu sehen. In der hinteren Ecke liegt Reinhold mit einer JUNGEN FRAUEN, 24 auf einem Bett. Eine ZWEITE JUNGE FRAU, 25, kommt mit Getränken ins Zimmer. Sie stellt Franz ein Bier hin und legt sich dann zu den anderen.
REINHOLD Kriegste Heimweh? Homesick?
02
Francis greift nach dem Bier und hält sich die kühle Flasche an die Stirn. Sein Blick geht auf den Monitor. Reinhold beobachtet Franz eine Weile, steht vom Bett auf und setzt sich zu ihm ins Wasser.
0
Francis schaut sich um. Zwei Plastikpalmen stehen an der Wand, die mit einer billigen Südseetapete verziert ist. Er sagt nichts. Reinhold findet sich witzig und lacht.
34. Auf dem TV sieht man nun ein weißes Pärchen einen Strand gen Sonnenuntergang entlanglaufen.
De
sc ut
REINHOLD (cont'd) The good life of the ordinary peoples. Weißte was ich für die bin? White Trash. “Triebhafter Charakter, verwahrloste Jugend, aufenthalt in verschiedenen staatlichen Vollzugsanstalten.”Jahrelang Scheiße gefressen.
Reinhold mustert Francis. REINHOLD (cont'd) Und du, mein brother?
r he
FRANCIS I was a refugee most of my life. I did what I had to do... But I got a second chance: now, ich will gut sein.
lm Fi
REINHOLD (enttäuscht) Ja, ja, you always say that... But what is “gut”? And what is ”böse”? You think it’s böse, Gras an Touris zu verkaufen. Dieses Land verkauft Waffen an Diktatoren. We sell Weapons to dictators! Is that “gut”? Alles was wir hier haben (eine ausholende Geste) ist auf Kosten anderer aufgebaut. We pay the bill, (zeigt auf Francis) but you pay the price. Weißt du, wo du wärst, wenn wir hier für den Liter Benzin drei Euro zahlen würden, statt Einspunkt-irgendwas? Du wärst in deiner Heimat. In deinem eignen Haus, das du von deinem eigenen Lohn gekauft hast. With a very full stomach and a family, in peace.
e pr
2 is
Reinhold schaut Francis aufmerksam an. Auf dem Monitor Wellen und Sonne.
02 0
REINHOLD (cont'd) Und die wissen das! Deshalb sehen die dich so an, auf der Straße, im Park, im Supermarkt. Weil du sie daran erinnerst. Aber sind sie deshalb böse Menschen? Das Leben funktioniert nicht so einfach. Nobody stays clean. (MORE)
35.
De
sc ut
REINHOLD (cont'd) Das wissen nur wir hier ganz unten und die ganz da oben: Keiner bleibt sauber. Francis, du willst etwas sein, was du nicht sein kannst. Das ist die Fehlschaltung in dir. Dein Fluch (zwinkert). My brother, you want to be “gut” in a world that is bad... Was ist das Schlimmste, was du je getan hast? Hm? The worst...
Ohne Reinhold anzusehen, spricht er leise. FRANCIS I did a lot of bad things. I steal. I do pimping, smuggling ... everything.
r he
REINHOLD Hast du jemanden umgebracht?
Reinhold schaut Francis mit einem fast gierigem Interesse an. CUT TO:
lm Fi
Kurz erscheint Idas Gesicht vor ihm, wie sie im Meer aus der Tiefe mit ausgestreckten Armen auf ihn zutreibt. Gleich berühren sich ihre Hände... CUT TO:
e pr
REINHOLD (cont'd) My son, my son, what have you done?
Francis sieht Reinhold nicht an. Stattdessen schaut er auf den Bildschirm, wo sich immer noch das Pärchen am Strand spaziert. Reinhold zwinkert Francis zu und lacht. Der schaut nur.
2 is
REINHOLD (cont'd) Listen, Francis: Ich besorg dir nen Pass, dauert ein bisschen, kostet ein bisschen. Hör auf Scheiße zu fressen...
FADE TO:
A/T HASENHEIDE, MITTAG
02
27
27
0
Einige Wochen später. Francis raucht eine Zigarette. Er wartet, bis die Männer mit dem Essen fertig sind. Aus einer kleinen USB-Box tönt Afrobeat. Die Männer beachten ihn kaum. Er gehört nicht wirklich dazu. Er sieht nicht glücklich aus.
36.
De
Dann bemerkt Francis etwas. Drei MÄNNER, ZWEI BULLIGE TYPEN, OFFENSICHTLICH BODYGUARDS und PUMS, EIN CHARISMATISCHER MANN UM DIE SECHZIG, kommen auf die Gruppe zu. Reinhold eilt ihnen entgegen. Sie setzen sich auf eine Bank.
sc ut
Francis beobachtet, wie Pums sich bei Reinhold unter hakt. Eine liebevolle Geste. Er redet auf Reinhold ein, wie auf einen Schuljungen, der gerade etwas ausgefressen hat. Reinhold hört stumm zu. Er scheint verspannt, aber nickt brav.
r he
Pums Berührungen wirken zärtlich, doch es ist eine gefährliche Zärtlichkeit. Langsam wandert seine Hand in Reinholds Nacken. Dieser zuckt erst zurück, lässt die Berührung, die ihm zu nah, zu intim ist, dann aber zu. Pums ist offensichtlich mit etwas unzufrieden. Er zeigt auf die Parkbank, auf der die Libyer sitzen und gestikuliert. Reinhold zuckt mit den Schultern: Da kann man nichts machen.
lm Fi
Plötzlich zieht Pums Reinhold an sich heran und packt ihn grob ans Kinn. Reinhold blickt zu Francis. Wie in Not. Francis zögert keinen Augenblick und eilt heran. Hey!
FRANCIS
e pr
Pums’ Bodyguards stellen sich ihm in den Weg. Mit einem kräftigen Stoß rammt Francis den ersten Bodyguard zur Seite und will auf Pums los. REINHOLD (ENGL.) Stop it, Francis! This is Pums!
Der zweite Bodyguard zieht ein Messer und will auf Francis losgehen. PUMS
2 is
Halt!
Der Mann hält inne. Auch Francis unternimmt nichts, doch er behält die beiden Bodyguards im Auge. Pums mustert Francis.
Pums sieht Francis interessiert an.
0
FRANCIS I’m no gorilla.
02
PUMS (CONT’D) (cont'd) (zu Reinhold) Dein Gorilla?
37. PUMS Es spricht!
De
Fuck you!
FRANCIS
Francis Wut scheint Pums zu gefallen.
sc ut
PUMS (zu Reinhold) Du musst deinen Gorilla besser dressieren. (zu Francis) Du darfst nicht einfach jeden angreifen, verstehst du? FRANCIS Ich bin kein Gorilla.
r he
PUMS Nein? (zu Reinhold) Arbeitet er für dich? (Reinhold nickt) Das ist das Problem, Reinhold: Du hast deine Männer nicht unter Kontrolle. (zu Francis) Was ist dein Job hier, Gorilla?
lm Fi
FRANCIS Mein Name ist Francis. (Pause) Ich mache das Essen. Pums lacht, wird dann aber wieder ernst.
Francis nickt.
e pr
PUMS Das heißt du bist immer hier? Jeden Tag? Und du siehst den Jungs bei der Arbeit zu, ja?
PUMS (cont'd) Was siehst du?
2 is
Francis versteht nicht. Pums guckt erwartungsvoll. PUMS (cont'd) Was siehst du hier, das man hier besser machen? Francis schaut zu Reinhold.
02
PUMS (cont'd) Schau nicht auf den da. Sag mir, was du fühlst, nicht, was du sagen sollst.
0
Der schweigt wütend. Francis schüttelt den Kopf. Pums wendet sich enttäuscht ab.
38.
De
FRANCIS (laut) Keine Angst. No Fear.
Pums dreht sich um. Schaut Francis fragend an.
sc ut
FRANCIS (cont'd) The men have no fear. They don’t work... they just hang around.
Die anderen verstehen nicht, aber bei Pums passiert was. PUMS Keine Angst?... heißt kein Respekt.
r he
Francis nickt und schaut zu Reinhold. Reinhold windet sich. Pums strahlt Francis an.
lm Fi
PUMS (CONT’D) (cont'd) Siehst du Reinhold. Dein Gorilla hier hat erkannt, was du nicht siehst: Deine Männer nehmen dich nicht ernst. Sie verarschen dich und wahrscheinlich zweigen sich auch noch Kohle ab! Du hast hier ein Naturtalent vor dir und was machst du damit? Catering.
Reinhold schaut Pums düster an. Dann zu Franz. REINHOLD Los, verzieh dich.
e pr
Franics zögert. Er mag diesen Pums.
REINHOLD (cont'd) Geh endlich!
2 is
PUMS Francis. Wenn du so gut kochst, wie du hier aufmuckst, muss ich dein Essen unbedingt mal probieren.
Francis lacht und geht ab. Pums nimmt Reinhold wieder ins Gebet. Reinholds Blick folgt Francis mit zornigen Augen. I/N WOHNUNG REINHOLD, GÄSTEZIMMER, NACHT
28
02
28
0
Francis schläft unruhig. Er erwacht schweißgebadet und erstarrt sofort. Ein Schatten - die Silhouette eines Mannes - ist über ihn gebeugt. Es ist Reinhold. Er schaut Francis mit wildem, irren Blick an. Er hat ein Klappmesser in der Hand und hält es an Francis Kehle. Francis rührt sich nicht.
39.
De
sc ut
REINHOLD Francis. Mein Aufpasser. Mein Gorilla. Treuer Ochse. Schläfst so tief, ich dachte schon, ich muss dich anstechen, damit du aufwachst. Anständig willst du sein... Willst du in den Himmel fahren, Francis? (drückt das Messer fest gegen Francis’ Hals) Gehorchen willst du mir ja nicht...
Vom Flur sind Schritte und Lachen zu hören, aber Francis hat nur Augen für die Hand mit der Klinge an seiner Kehle. Dann fängt Reinhold plötzlich laut an zu lachen und springt vom Bett.
r he
REINHOLD (cont'd) Aufstehen!
Bevor Francis versteht, wie ihm geschieht, hat Reinhold ihn schon aus dem Bett gezogen. 29
29
I/N WOHNUNG REINHOLD, WOHNZIMMER, NACHT
lm Fi
Verschlafen steht Francis im Wohnzimmer, wo zwei Frauen, MONA, 24 und KATIE, 26, herumtänzeln. Sie sind aufgedreht, vermutlich auf Koks oder Speed, kichern und trinken Sekt. Reinhold schmeißt das Messer beiläufig auf den Tisch und stellt sich zu den Frauen. Er trinkt keinen Sekt, nur Mineralwasser mit Sprudel.
e pr
REINHOLD Dit is die Katie, dit is die Mona, dit is meen Freund Francis. BEIDE FRAUEN (gespielt amerikanisch) Hi, Fräncis.
2 is
Mona lacht, geht zu Reinhold und tanzt mit ihm. Katie ist etwas beleidigt, dass ihre Freundin sich einfach Reinhold geschnappt hat und mustert Francis missmutig. Der reibt sich die Augen, dreht sich um und will in sein Zimmer gehen.
Reinhold schaut auf und ruft.
FRANCIS Ich will schlafen.
0
REINHOLD Francis, komm her!
02
KATIE Hey! Wo willst'n du hin?
40. REINHOLD Hier wird nich gepennt!
De
KATIE Ja, Fräncis - sei kein Spielverderber.
sc ut
REINHOLD Genau! Kümmer' dich um deine Gäste.
Katie zieht an Francis und tanzt ihn an. Francis lächelt und macht etwas unmotiviert mit. Mona schaut herüber. REINHOLD (cont'd) Geht doch, Fräncis.
r he
Reinhold und Mona kommen heran. In Reinholds Blick und seinem breiten Grinsen ist etwas Wildes, Verzerrtes und Brutales, das Francis bisher nicht kannte. KATIE Fräncis, wat is'n dit überhaupt für'n Name? Klingt ja wie ne Frau.
lm Fi
Mona lacht. Reinhold auch. Francis findet es nur leidlich lustig, doch er spielt mit. MONA Francis, so heißt doch kein Mensch.
e pr
REINHOLD Genau, wird Zeit, dass du eingedeutscht wirst, mein Schatz. KATIE Ja, wat stabilet, deutschet, wie Christian oder Markus.
Mona lacht schrill auf. MONA (cont'd) Rocky biste!
2 is
MONA Nee besser, n bisschen was exotisches: John, Jack... Rocky!
0
KATIE Rocky? Nee, der war doch weiß. Dit is n Tyson.
02
Sie gibt Francis einen Kuss. Katie ist sauer und küsst ihn ebenfalls.
41.
De
REINHOLD Ganz einfach: Du heißt jetzt Franz.
Die beiden Frauen schauen ihn an. KATIE Franz? So ne olle Kamelle.
sc ut
MONA Nee, Franz find ick jut.
Reinhold hebt die Sektflasche in die Luft. REINHOLD Damit taufe ich dich auf den Namen: FRANZ! Mund auf.
r he
Francis öffnet den Mund. Reinhold kippt Sekt über Francis’ Kopf. Die beiden Frauen kreischen. Francis ist jetzt Franz. REINHOLD (cont'd) Alles Gute zum Geburtstag, Franz! (beginnt zu singen) Hoch soll er leben...
lm Fi
Mona und Katie stimmen mit ein.
REINHOLD, MONA, KATIE Hoch soll er leben! Drei mal hoch! 30
30
I/N IM CLUB “NEUE WELT”, NACHT
e pr
Franz, Reinhold, Katie und Mona kommen in die “NEUE WELT”. Es ist ein salonartiger Club im Stile der Berliner Ballhäuser der 30iger Jahre.
2 is
Dennoch wummert treibender Elektro aus den Boxen. Katie und Mona setzen sich ab und verschwinden auf der Tanzfläche. Franz folgt Reinhold durch die Menge. Reinhold grüßt jeden zweiten Gast. Er scheint hier alle zu kennen und alle kennen ihn. Es ist ein Gangsterschuppen. Und ein Bordell. Junge Frauen verhandeln mit Freiern und verschwinden dann mit ihnen. Franz folgt Reinhold weiter zur Bar. Reinhold stellt Franz ein paar der Gäste vor. Franz gibt ihnen die Hand. Dealer, Schläger, Junkies, Stricher. Auch Pums ist hier.
02
0
Dann bemerkt Franz etwas. Aus einem Separee tritt EVA, 39, eine elegante, schwarze Frau mit einem ZARTEN JUNGEN MANN, 19, und einem ZIERLICHEN MÄDCHEN im selben Alter. Sie führt die beiden Pums zu. Pums legt dem Jungen seinen Arm um die Hüfte und liebkost ihn, während er dem Mädchen etwas ins Ohr flüstert.
42.
De
Dann geht Eva an die Bar, bewegt sich zur Musik und betrachtet das Treiben. Sie scheint bereits gemerkt zu haben, dass Franz sie beobachtet denn sie lächelt ihm zu. Franz lächelt zurück und geht zu ihr. FRANZ Hi. I am Francis, who are you?
sc ut
EVA (amüsiert/distanziert)
Eva.
Eva...
FRANZ
Er schaut sie eindringlich an.
r he
FRANZ (YORUBA) (cont'd) Du kommst aus Nigeria! EVA How did you know? Are you from Nigeria, too?
Franz lacht.
lm Fi
FRANZ No, no. But I spent some time in Lagos and then in a camp on the border... EVA In a camp?
e pr
Franz lächelt und zuckt verlegen mit den Schultern. EVA (cont'd) My father is from Abeokuta.
EVA How do you know? FRANZ You dance like a German.
2 is
FRANZ But you didn’t grow up there, did you?
02
Er macht ungelenke Dancemoves und zeigt ihr dann, wie es richtig geht. Sie lacht auf und schlägt spielerisch nach ihm. Francis duckt sich und lacht mit.
0
Als er fast bei ihr ist, bemerkt er BERTA, 25, eine athletische, junge Frau mit einem pechschwarzen kurzen Pony, die sich zwischen die beiden schiebt. Als er sich an ihr vorbei drängen will, sieht sie ihn streng an.
43. Franz ist irritiert. Die Frau weist ihn mit einer kleinen Handbewegung zurück: Zisch ab.
De
Dann jedoch legt Eva ihre Hand auf Bertas Schulter: Ist schon gut. Eva küsst Berta zärtlich. Diese schmiegt sich wie eine Katze an Eva.
sc ut
EVA This is Berta. She is my guardian angel... FRANZ Ah, ok. I didn’t know...
Franz schaut zu Berta, reicht ihr die Hand. Berta grinst Franz schief an. Ergreift die Hand aber nicht.
r he
BERTA Jetzt weißt du es.
Franz ist kurz irritiert. Dann wendet er sich wieder Eva zu. In diesem Augenblick schlingt Reinhold seinen Arm von hinten um Franz.
lm Fi
REINHOLD Mein Franz! Wo treibst du dich nur rum? Kaum ist Reinhold da, werden Eva und Berta spürbar distanziert.
Franz schüttelt den Kopf. FRANZ Francis...
e pr
BERTA Du heißt Franz?
02
BERTA Gut.(sark.) Wie läuft die Therapie?
2 is
REINHOLD Francis war sein Sklavenname. Er ist jetzt Franz! Und er kann sogar Deutsch. (zu Berta, sark.) Wie laufen die Geschäfte?
Reinhold lacht schrill auf. Ein neues Lied wird angespielt. Franz schaut zu Eva.
0
FRANZ Do you want to dance?
44. Aber Reinhold lässt nicht locker und zieht Franz stattdessen von Eva fort auf die Tanzfläche.
De
REINHOLD Komm, ich muss dir jemanden zeigen!
Franz ist sauer.
sc ut
FRANZ Hey, hey, was soll das? REINHOLD Kuck mal, wer da ist!
r he
Sie kommen vor Mona und Katie zum Stehen. Franz findet das nicht lustig und will sich schon wieder abwenden, als einer der Männer, der bei den beiden Frauen steht, sich umdreht. Franz erschrickt. Es ist Ottu. Sein Gesicht ist immernoch bandagiert und über dem rechten Auge trägt er eine Augenklappe. Reinhold nimmt Ottu grob in den Arm. Es ist ein demütigender Moment für den Einäugigen.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) So, jetzt entschuldigst du dich beim Franz!
Ottu schweigt stur. Sein Blick ist auf Franz gerichtet. Reinhold schlägt Ottu auf den Hinterkopf. REINHOLD (cont'd) Bockig, oder was?! Say “I’m sorry”!
e pr
Nun nimmt Reinhold die Hand von Ottu und hält sie Franz hin. REINHOLD (cont'd) (als Ottu) I’m so sorry, Franz!
2 is
Er nimmt Franz’ Hand, legt sie in Ottus und schüttelt sie. Reinhold ist zufrieden, fast schon verzückt von sich selbst. REINHOLD (cont'd) “Selig sind die, die Frieden stiften; denn man wird sie die Söhne Gottes nennen...”
02
0
Ottu zieht seine Hand weg und geht. Franz sieht sich nach Eva um. Sie ist verschwunden. Reinhold packt ihn erneut, dreht ihn sanft zu sich und überrascht ihn mit einem Kuss. Es geschieht zu schnell, als dass Franz sich wehren könnte. Dann löst sich Reinhold von ihm und strahlt ihn an. Franz öffnet die Lippen, eine Pille liegt auf der Zunge. Reinhold greift ihm ins Gesicht, hält ihm den Mund zu.
45. REINHOLD (cont'd) Gute Reise.
De
Franz reißt Reinholds Arm weg. REINHOLD (cont'd) Ist was schönes. Vertrau mir.
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sc ut
Franz zögert. Dann schluckt er. Reinhold nickt. So ist gut. Sie tanzen. 31
I/N IM CLUB “NEUE WELT”, DANCE FLOOR, NACHT
r he
Die Wirkung setzt rasch ein. Die Musik wird intensiver und Franz’ Blick wandert über die Menge. Gegenstände in seinem Gesichtsfeld verziehen sich, Objekte verzerren sich, der Raum scheint in sich zusammenzufallen und die Wände auf ihn drauf: RATATATATA. Franz geht in die Knie, aber nur er scheint das Einstürzen gesehen zu haben.
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III. TRAUM
lm Fi
Plötzlich hat er das Gefühl, dass sich auf dem Boden Wellen bilden. Wasser scheint sich in Pfützen zu sammeln. Und der Pegel steigt. Die Mensch tanzen achtlos weiter, aber Francis gerät immer mehr in Panik. Reinhold grinst ihn plötzlich blöde an. Ottus Blick verfolgt ihn von der anderen Seite der Tanzfläche. Das Wasser steigt Franz nun bis zum Hals. Ida schaut ihn an. Steht vor ihm und starrt ihn an. Franz geht auf die Zehenspitzen, das Wasser im Gesicht. Dann geht er unter. 32
e pr
Der Bulle wird von mehreren Männern durch eine Dorfstraße getrieben. Franz führt die Gruppe an. Das Tier stapft durch tiefschwarzen Schlamm. Andere Rinder erscheinen links und rechts neben ihm und werden an ihm vorbei durch die Straßen gejagt.
2 is
Sie ziehen an einer Kirche vorbei. Ein grünes Neonkreuz prangt an dem Gebäude. Franz Blick bleibt bei dem Kreuz hängen. Er fühlt sich davon angezogen, als plötzlich unser Bulle anhält und wild ausschlägt. Dann zerren die Hirten an ihm, schlagen ihn und treiben ihn weiter. Ein lautes, schrilles Rauschen ertönt. A/N, CLUB “NEUE WELT, HINTEREINGANG, NACHT
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02
33
0
Eine S-Bahn fährt über eine Brücke und zieht einen Lichtfaden von links nach rechts. Darunter sehen wir Franz, der aus dem Hintereingang der “Neuen Welt” taumelt und bald in sich zusammenklappt, wie ein Taschenmesser. BLACK.
46. STIMME EVA (OFF) Was ist mit ihm?
De
STIMME BERTA (OFF) Ich glaube, der ist hinüber. FADE TO:
sc ut
Lichter im Dunkel. Franz blickt verschwommen in die gelben Straßenlaternen. Evas Gesicht rückt in sein Gesichtsfeld. Franz?
EVA
Vorsichtig hebt jemand Franz vom Boden und hievt ihn mit sanfter Gewalt auf die Rückbank eines Autos.
r he
34
BLACK. 34
I/T WOHNUNG EVA, SCHLAFZIMMER, MITTAG Franz erwacht in einem geräumigen Altbauzimmer und fährt erschrocken hoch. Es ist bereits heller Tag. Wo ist er?
lm Fi
STIMME EVA Are you feeling better?
Franz dreht sich um. Eva kommt in das Zimmer. Sie hält ihm ein Glas Orangensaft und eine Tablette hin. Misstrauisch schaut er Evas Tablette an.
e pr
FRANZ What’s that?
EVA Aspirin. Helps against headaches.
FRANZ How did I get here?
2 is
Franz schluckt die Pille und spült sie mit dem Saft herunter. Ganz selbstverständlich legt Eva sich neben Franz aufs Bett und schaut ihn neugierig an.
EVA We picked you up off the street. Bad trip or what?
02
Sie streicht ihm über das Gesicht. Er nickt nur und will sich zu ihr vorbeugen.
0
BERTA (sark.) Ging ja schnell mit euch beiden.
47.
De
Franz und Eva schauen überrascht auf. Berta steht mit einer Tasse Kaffee in der Hand am Türrahmen und beobachtet die beiden. Jetzt erst bemerkt Franz, dass Berta ein Mann in Drag ist. Perücke und Make up sitzen, dennoch ist die Kinnlinie einen Ticken zu hart, die Hände einen Ticken zu groß. Berta mustert Franz und Eva eifersüchtig.
sc ut
Honey...
EVA
BERTA Ich habe schon gedacht, dich können wir gleich in die Klapse fahren. Aber jetzt scheinst du ja wieder alle beisammen zu haben.
r he
Berta kommt nun in das Zimmer und setzt sich auf die Bettkante. Sie mustert Franz streng. BERTA (cont'd) Du verdingst dich also bei Pums und Konsorten, oder was?
lm Fi
Berta wartet die Antwort nicht ab.
e pr
BERTA (cont'd) Also, der Pums, der Chef von deinem “Freund” Reinhold, das ist ein Gangster. Alte Schule, verstehst du. Old School. Ein Ausbeuter, aber mit Ehrgefühl. Doch Reinhold... das ist ein Psychopath. Den kümmerts nicht, wenn seine Jungs unter die Räder kommen. Verstehste? Franz trinkt den Rest von seinem O-Saft.
Berta nickt und grinst. BERTA (ironisch) Das ist alles, natürlich.
FRANZ Ihr seid auch keine Engel.
0
BERTA Hast du ein Problem damit?
02
Franz schaut Berta an.
2 is
FRANZ Ich koche Essen für die Leute im Park, das ist alles.
48. Zwischen Berta und Franz brennt die Luft. Eva nimmt Bertas Hand und küsst sie.
De
Berta!
EVA
Berta schaut sich zögernd zu Eva um.
sc ut
EVA (cont'd) Lass den Franz und mich mal alleine.
Berta wirft Franz noch einen kritischen Blick zu, dann geht sie aus dem Raum. Franz schaut zu Eva. FRANZ She really looks after you.
r he
EVA Yeah she does, and I look after her... Aber wir gehören uns nicht.
Damit sie küsst sie Franz. Franz und Eva lieben sich. CUT TO:
lm Fi
Eva streicht mit den Fingern über Franz’ Rücken. EVA (cont'd) Ich liebe deine Haut.
e pr
FRANZ Hier in Deutschland ist so wenig Sonne. Ich werde immer blasser. (lacht) Bald werde ich weiß sein.
In diesem Moment erhält Franz eine SMS. Er schaut auf sein Smartphone. Die Nachricht ist von Reinhold: "Wo bleibt das Essen?" Er zögert kurz, doch dann legt er das Telefon weg. Eva lächelt und küsst seine Schulter.
2 is
EVA Die Leute sehen mich an und denken nur das eine: Schwarz. Zumindest denke ich, dass sie das denken. FRANZ Dadurch wird es wahr...
02 0
EVA Meine Haut ist das erste was sie sehen. Man kann sie nicht ignorieren. Sie hören meine Stimme, die ist weiß. Meine Worte, die sind weiß. Ich sehe die Welt durch ihre Augen - in weiß. (MORE)
49.
De
EVA (cont'd) Selbst, wenn alle Menschen blind wären, würde ich immer noch wissen, dass ich schwarz bin. FRANZ Für mich macht es keinen Unterschied.
sc ut
EVA Nein, denn für dich bin ich ganz und gar weiß. FRANZ Für mich bist du…
Er zögert.
r he
EVA Ha. Siehst du! FRANZ (lacht) For me that sounds, as if...
lm Fi
EVA Auf Deutsch, bitte...
Er schaut überrascht. Sie mustert ihn streng. FRANZ Für mich klingt das, als wärst du die Rassistin.
e pr
EVA Wir sind alle Rassisten. FRANZ Ich bin kein Rassist.
EVA Nein, du bist ein Idiot.
2 is
FRANZ (küsst sie) Es ist nur Spaß.
Eva schaut ihn abschätzig an.
0
FRANZ Wie Berta.
02
EVA Nein, ist es nicht. Ich meine es todernst. Deine Welt ist einfach. Einfarbig. Du weißt, wer du bist. Du bist ignorant, aber du bist eins. Ich bin zerrissen.
50. EVA Wir sind verwandt, Berta und ich.
De
FRANZ Come on, Berta ist ein Freak. EVA Dann bin ich auch einer.
sc ut
Franz weiß nicht, wie er darauf antworten soll. Er fühlt sich schuldig. Eva wendet sich enttäuscht ab und steckt sich eine Zigarette an. EVA (cont'd) Wir könnten im Club noch einen Türsteher gebrauchen.
r he
Franz schaut Eva an.
FRANZ Ich hab einen Job. EVA Als Reinholds Haussklave?
lm Fi
FRANZ Er gibt mir Arbeit. Aber wir sind auch Freunde. Eva setzt sich im Bett auf.
e pr
EVA Hör zu: Reinhold hat keine Freunde. Er hat nur Menschen, die er ausnutzt. In ihm ist etwas (sucht nach Worten) düsteres, monströses. FRANZ Dann ist das auch in mir.
2 is
Schweigen. Eva nimmt seine Hand.
EVA Ich will dir nur helfen, Francis. Er zieht seine Hand weg.
35
02
FRANZ Ich heiße Franz.
I/N WOHNUNG REINHOLD, FLUR UND REINHOLDS ZIMMER, ABEND
0
Franz kommt am Abend in Reinholds Wohnung zurück.
35
51.
De
Es ist seltsam still. In der Küche steht EINE JUNGE FRAU, 24, am Kühlschrank und lädt sich Essen auf den Teller. Als sie Franz sieht schaut sie ihn ruhig an. FRANZ Und wer bist du? KELLY
sc ut
Kelly. FRANZ Hallo, Kelly. Wo ist Reinhold? KELLY In seinem Zimmer. Ick glob der tickt nich mehr janz richtig... Lecker Essen. Hast du das gekocht?
r he
Francis nickt und geht weiter den Flur entlang und kommt zu Reinholds Zimmer. Die Tür steht offen. Reinhold sitzt halbnackt am Bettrand, den Kopf tief in die Hände vergraben. Seine Sachen und das Bettzeug liegen auf dem Boden verstreut. Franz kommt langsam heran.
lm Fi
FRANZ Reinhold...?
REINHOLD Franz? Wo warst du denn? Ich hab dich gesucht, mir Sorgen gemacht. FRANZ Ich war bei Eva.
e pr
REINHOLD Bei Eva... so lange...
Aus der Küche ist ein Geräusch zu hören. Reinhold guckt gequält.
Kelly?
FRANZ
2 is
REINHOLD (cont'd) Franz, du musst mir jetzt diese Frau da abnehmen.
STIMME KELLY Wat hast du jesacht!?
02
REINHOLD Wer? Ja. Ich ertrag die nicht mehr.
0
Franz und Reinhold schauen auf. Kelly steht mit dem Teller in der Hand in der Tür. Franz macht eine beschwichtigende Geste zu Kelly.
52. REINHOLD Nimm sie mir ab.
De
KELLY Wie bitte? REINHOLD Jeeeeeeetzt!
sc ut
FRANZ Nein, Reinhold. Eine Frau nach der anderen wegschmeißen... du musst das stoppen. KELLY Hallo? Ick steh übrigens hier, wenn ihr dit nicht merkt!
r he
FRANZ Bleib bei Kelly. Du wirst sehen, das wird besser.
lm Fi
Reinhold hört sich alles schweigend an. Nur Kellys leises Kauen ist zu hören. Reinholds Augen wandern über Franz’ Gesicht und ein leichtes, aber böses Grinsen erscheint auf seinen Lippen. REINHOLD Spielst du jetzt den Doktor bei mir? Willste ma zum Ehekrüppel kurieren? Franz lacht auf.
e pr
FRANZ Genau, Doktor Franz macht dich gesund!
Kelly lacht ebenfalls, mit vollem Mund. Die Stimmung scheint sich gelockert haben. Reinhold schaut auf.
Kelly schaut Reinhold fragend an. KELLY Was meinste jetzt?
2 is
REINHOLD Sag mal, wie isst du denn?
02
REINHOLD Wie du isst? Du frisst wie’n Schwein.
Kelly lacht. Sie grunzt wie ein Schwein. Franz lacht auch.
0
KELLY Na hör mal... schmeckt mir halt.
53. Kelly sieht Reinhold an. Ihr Lachen verstummt.
De
Was denn?
KELLY (cont'd)
sc ut
REINHOLD Du schmatzt und schaufelst den Dreck da in dich rein. Das ist widerlich, da vergeht einem ja alles.
Kelly hört auf zu essen. Sie sieht Reinhold und Franz an. Sie fühlt sich unwohl. KELLY Jetzt krieg dich mal ein, ja?
r he
Plötzlich fährt Reinhold wütend auf. REINHOLD Ich soll mich einkriegen?! (zu Franz) Haste das gehört, die Sau sagt mir, ich soll mich einkriegen!
lm Fi
Kelly weicht zurück in den Flur.
KELLY Du bist doch krank, Mann! Reinhold will ihr nach. Franz hält ihn fest. Reinhold!
FRANZ
e pr
REINHOLD (betont ruhig) Das ist meine Wohnung... Und hier sagt mir niemand, dass ich mich einkriegen soll.
2 is
Im Flur knallt die Tür. Reinhold lacht und lehnt seinen Kopf an Franz’ Kopf, zieht ihn so nah an sich heran. REINHOLD (cont'd) (als suche er nach der richtigen Betonung) Franz, Franz, Franz, Franz... ich brauch deine Hilfe heute Abend.
Franz denkt nach. Er windet sich.
0
REINHOLD (cont'd) Hat nichts mit Drogen zu tun. Musst mir nur helfen, was zu verladen.
02
Franz sieht ihn misstrauisch an.
54. REINHOLD (cont'd) Was ist los?
De
Franz sucht nach Worten. REINHOLD (cont'd) Was? Traust du mir etwa nicht?
sc ut
Doch.
FRANZ
REINHOLD Na, wo ist dann das Problem?
Franz schweigt.
36
r he
FRANZ Kein Problem. 36
A/N PARKPLATZ AM WESTHAFEN, NACHT
lm Fi
Franz’ Smartphone brummt. Er holt es hervor und schaut darauf. Es ist Eva. Er nimmt nicht ab. Er steht mit Reinhold auf einem menschenleeren, nächtlichen Parkplatz. Es ist kalt und irgendwo läuten Kirchenglocken. Franz steckt das Telefon ein und rafft seine Jacke enger. Reinhold neben ihm ist sichtlich angespannt und unruhig. Gleichzeitig wirkt er wacher, lebendiger, komplett fokussiert - ein anderer Mensch. Franz bemerkt es und wird nervös.
e pr
FRANZ Was machen wir?
REINHOLD Wirste schon sehen.
FRANZ Wer ist das?
2 is
Reinhold dreht sich weg und schaut auf die Straße. Franz beäugt ihn misstrauisch. Scheinwerfer kommen näher. Es ist eine Kolonne von drei Autos: zwei teure BMW Limousinen und ein sichtlich schrottreifer Kleinwagen.
Reinhold schaut ihn an, in seinen Augen ist pure Gewalt.
02
REINHOLD Franz, jetzt nerv nicht. Hast du Schiss? Wenn du Angst hast, dann geh jetzt. Jetzt sofort!
FRANZ Ich habe keine Angst.
0
Franz versucht Reinholds forderndem Blick standzuhalten.
55. REINHOLD Gut, dann halt die Klappe.
De
Die Wagen halten an. Aus dem ersten steigt Pums aus. Er gibt Reinhold die Hand und lächelt Franz anerkennend zu, als wolle er ihm sagen: Also doch. Franz ahnt nun etwas und schüttelt leicht mit dem Kopf.
sc ut
Doch Reinhold gibt ihm einen kraftvollen Stoß in Richtung des Autos. Rein da!
REINHOLD (cont'd)
Franz wird von Reinhold in den Schrottwagen gedrängt. 37
I/N PARKPLATZ AM WESTHAFEN, IM WAGEN, NACHT
r he
37
Reinhold setzt sich zu Franz auf die Rückbank. Pums schließt die Tür und lacht. Ihm scheint der Anblick von Reinhold und seinem schwarzen Freund in der kleinen Karosse große Freude zu bereiten.
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lm Fi
Dann fährt der Wagen an. Außer Reinhold und Franz sitzen noch Pums’ Bodyguards im Auto. Franz mustert sie nervös. 38
fl≠æN BERLIN UND JUWELIER, IM WAGEN ONE-SHOT, ÅÜí=ì NA H T
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In Kolonne fahren die drei Wagen über die nächtlichen Straßen durch Berlin in Richtung Weststadt. Der Wagen, in dem Franz sitzt, fährt vorneweg. Laute Musik läuft. Die Anspannung der Männer wächst minütlich. Irgendwann biegen sie in eine Bankenviertel ein.
FRANZ Was ist das? REINHOLD Ein Verkleidungsstück.
2 is
Einer der Männer reicht Reinhold etwas und dieser hält Franz eine Clownsmaske hin. Franz versteht jetzt.
REINHOLD Zieh’s an.
02
FRANZ Nein. Ich mach da nicht mit!
0
Plötzlich packt Reinhold Franz an der Kehle, presst sie zu und spricht leise, aber seine Stimme hat mit einem Mal eine ungekannte Stärke und Brutalität.
56. REINHOLD (cont'd) Zieh - die - scheiß - Maske - an!
De
Franz ist geschockt. So hat er Reinhold noch nie erlebt. Dieser und die Albaner ziehen sich nun auch ihre Masken über. Reinhold lässt Franz los und setzt ihm brutal die Maske auf.
sc ut
REINHOLD (cont'd) Watch your head! Was?
FRANZ
Im selben Moment rast der Wagen ungebremst in das Schaufenster eines geschlossenen Juweliers.
r he
Glas birst. Franz schließt die Augen und hält schützend die Hände vors Gesicht. Franz und die anderen Männer werden durch den Aufprall nach vorne und wieder zurück geworfen. Der zerbeulte Wagen hängt im zerschellten Schaufenster. Die Alarmanlage heult auf.
lm Fi
Reinhold und die beiden Albaner springen aus dem Wagen und rennen in den Laden. Auch aus den anderen Wagen kommen nun Maskierte und drängen in das Geschäft.
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Franz bleibt wie versteinert auf der Rückbank sitzen. Durch die Frontscheibe sieht er, wie die Männer im Laden in höchster Eile Gold und Silber, Ringe, Ketten und Diamanten in Kissenbezüge stopfen, während andere die eingefahrene Fensterfront von den restlichen Scherben befreien, um den Ausstieg zu erleichtern. Diese Männer sind Profis. Plötzlich reißt jemand die Tür auf und zerrt Franz mit aller Gewalt aus dem Wagen. I/N, A/N IM JUWELIER, NACHT
2 is
39
39
Es ist Reinhold. Er rammt Franz einen vollen Kissenbezug mit Schmuck in den Bauch und herrscht ihn an. REINHOLD Schaff das in die Karre! Und dann pass auf, ob die Bullen kommen.
FRANZ Nein, mach ich nicht!
02
Franz schüttelt mit dem Kopf.
0
Reinhold packt Franz und drückt ihn gegen den Wagen.
57.
De
REINHOLD Halt deine Schnauze und mach, was ich dir sage! LOS!
Damit lässt er los und rennt in das Geschäft. Franz zögert kurz und rennt in die entgegengesetzte Richtung.
sc ut
Nach einigen Metern hält er an. Er schaut sich um. Vor ihm ist nichts außer Dunkelheit und Nacht.
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STIMME MIEZE (V.O.) Da steht mein Franz und fragt sich, was tun? “Soll ich weg, soll ich bleiben. Man hat mich reingelegt.” Er möchte fort, aber es geht nicht. Als wenn ihn einer in Teig geschmissen hätte und nun kriegt er das Zeug nicht los.
Franz schaut auf das Bündel mit Schmuck in seiner Hand. Reinhold kommt mit neuer Beute aus dem Laden. Er sieht Franz mit dem Rücken zu ihm stehen. Reinhold zögert, atmet schwer.
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Dann dreht Franz sich plötzlich zu ihm und kommt wieder auf Reinhold zu. REINHOLD Was machst du denn da, du Idiot!? Komm! Kommst du her! Kraftlos steht Franz vor Reinhold.
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REINHOLD (cont'd) Guter Junge...
Die erste Limousine ist inzwischen beladen und abfahrbereit und Pums steigt ein und das Auto fährt ab. Der Fahrer des zweiten Wagens startet den Motor.
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A/N LANDSTRASSE BRANDENBURG, NACHT
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Reinhold zerrt Franz mit sich in den Wagen. Kaum ist die Tür zu rast auch diese Limousine mit Vollgas davon. 40
Die Fluchtautos fahren raus aus Berlin über die dunklen Brandenburger Landstraßen. I/N LANDSTRASSE BRANDENBURG, IM WAGEN, NACHT
02
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41
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Franz sitzt apathisch neben Reinhold auf der Rückbank. Sie sind in der hinteren der beiden Limousinen. Die Musik ist voll aufgedreht und genauso sind es Reinhold und die beiden Albaner. Sie schreien, kreischen, lachen, jubeln. Reinhold ist wie im Rausch.
58.
De
REINHOLD (zum Fahrer) Leute, ich bin so geil, ich könnte euch alle über den Alex ficken!
Der Fahrer lacht, Reinhold ebenfalls. Nur Franz zeigt keine Regung. Sein vorwurfsvoller Blick ruht auf Reinhold.
sc ut
REINHOLD (cont'd) Was glotzt denn du so?
Franz blickt Reinhold an. FRANZ Warum hast du mich da reingezogen?
Reinhold strahlt zurück.
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REINHOLD Warum? Um dir zu zeigen, wer du bist! Du bist so wie ich. Du gehörst zu mir.
Franz schaut Reinhold. Plötzlich beginnt er zu lachen.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) (unsicher) Warum lachst denn du jetzt, du Affe? Franz lacht weiter, noch lauter.
REINHOLD (cont'd) WARUM DU LACHST!?
e pr
FRANZ I am not an ape. And I am not like you.
REINHOLD Wer ist das?
02
FAHRER (blickt in den Rückspiegel) Keine Ahnung.
2 is
Plötzlich leuchten Scheinwerfer von hinten in den Wagen. Die Männer drehen sich um. Reinhold gerät schlagartig in Panik.
Der Fahrer tritt auf das Gas und beschleunigt. Reinholds Augen kleben an der Rückscheibe.
0
STIMME MIEZE (V.O.) Es ist ein Schnitter, der heißt Tod. Hat Gewalt vom großen Gott. (MORE)
59. STIMME MIEZE (V.O.) (cont'd) Nun wetzt er das Messer, jetzt schneidet es schon besser.
De
REINHOLD Sind das Bullen?
Reinhold schaut zu Franz, sein Blick ist irre.
sc ut
REINHOLD (cont'd) Hast du etwa die Bullen gerufen?
Franz sagt nicht. Reinhold packt ihn und schreit ihn an. REINHOLD (cont'd) Bist du jetzt auch noch stumm geworden!? Sag was! UND HÖR AUF MICH SO ANZUGLOTZEN!!!
r he
42
FRANZ LÄCHELT, SCHÜTTELT DEN KOPF UND DREHT SICH WEG.
42
REINHOLD Na gut. RAUS HIER!
43
lm Fi
Ohne Vorwarnung greift Reinhold über Franz hinweg zur Tür und stößt ihn mit einer kraftvollen Bewegung hinaus. 43
A/N LANDSTRASSE BRANDENBURG, NACHT Franz prallt auf die Straße. Er trudelt auf dem Asphalt. Zwei Scheinwerfer rauschen heran. Ein ohrenbetäubendes Bremsgeräusch ertönt.
e pr
CUT TO:
Die riesige Welle stürzt lautlos und unendlich langsam über uns zusammen.
2 is
STIMME MIEZE (V.O.) Es ist ein Schnitter, der heißt Tod. Hat Gewalt vom großen Gott. Nun wetzt er das Messer, jetzt schneidet es schon besser.
BLACK.
TITEL TAFEL: DRITTER TEIL IV. TRAUM
02
44
44
0
Franz beobachtet den Bullen, der inmitten anderen Schlachtviehs auf einem weiten, sandigen Platz steht, der von kleinen, einfachen Hütten gesäumt wird. Zwei Männer halten ihn an Seilen in Schach.
60. Dichte Rauchschwaden schweben über den Platz. Das Tier ist erschöpft vom Kampf, es schnauft.
De
sc ut
Mit einer koordinierten, schnellen Bewegung ziehen die Männer an den Seilen und bringen den Bullen zu Fall. Er kracht auf die Seite in den schwarzen Schlamm. Die Männer werfen sich auf ihn und fesseln seine Hufe. Das Tier brüllt auf. Franz kommt näher, in seiner rechten Hand hält er ein langes glänzendes Schlachtmesser. Das Tier windet seinen Kopf und Schaum fliegt in alle Richtungen. Zwei Männer halten ihn an den Hörnern.
r he
Der Kreis der Männer macht auf und eine Gestalt, mager, schlaksig, nur als Schatten erkennbar, kommt auf den Stier zu. Franz dreht sich um. Erst als er ganz nah heran ist, erkennen wir das Gesicht von Reinhold. Er hat nun Franz’ Messer in der Hand. Hinter ihm sind zwei Berge mit abgehackten Hörnern und Beinen zu sehen. Franz erschrickt und will zurückweichen. Er kann sich aber nicht bewegen. Der Bulle ist verschwunden und Franz merkt, dass er es nun ist, der von den anderen Männern festgehalten wird.
45
lm Fi
Reinhold kommt heran und legt Franz das Messer an den Hals. Franz schreit auf. Doch mit einer schnellen Bewegung schneidet Reinhold ihm die Kehle auf. Das Blut sprudelt in einem dicken dunklen Schwall heraus, fließt über die Hände der Männer und herunter zum Boden, der bereits von Blut getränkt ist. 45
I/N IM KRANKENHAUS, KRANKENZIMMER, NACHT
e pr
Franz erwacht im Dunkeln. Er liegt in einem Bett. Es ist Nacht. Er kann kaum etwas erkennen. Von draußen fällt schwaches Laternenlicht in den Raum. Franz ist in einem Krankenhauszimmer.
2 is
Franz will sich aufsetzen, doch kaum hat er den Oberkörper gehoben, verspürt er einen unglaublichen Schmerz auf der linken Seite. Mit schmerzverzerrten Gesicht sinkt er ins Bett zurück.
46
I/N IM STRIPCLUB “ALTE SEHNSUCHT”, NACHT
02
Es dauert einen Moment, bis der Schmerz etwas nachlässt. Franz fühlt mit seiner rechten Hand an der Stelle, wo der Schmerz herkam und wo sein linker Arm sein müsste. Er hält inne, tastet erneut. Schreckliche Erkenntnis macht sich in ihm breit. Sein linker Arm ist weg. Ein langer, entsetzlich hoher Laut entfährt ihm. 46
0
Reinhold sitzt im Separee der “Alten Sehnsucht”. Die Musik wummert. Kelly hängt in seinem Arm, zugedröhnt. Reinhold scheint ein neuer Mensch zu sein. Seine Haltung hat sich verändert. Er wirkt größer, selbstsicherer.
61.
De
Als hätte jemand die Schnüre an einer Marionette strammgezogen. Sein Auftreten ist entspannter, seine Gesten ausschweifender.
sc ut
Ihm gegenüber sitzt Pums. Er hat einen Jungen neben sich. Es ist derselbe, den wir bereits in Bertas Klub gesehen haben. Der Knabe streichelt Pums sanft über den Nacken, während Pums Reinhold kritisch mustert. Schnaps- und Champagnerflaschen stehen auf dem Tisch und der aufgedrehte Reinhold gießt allen raue Mengen Wodka ein. Dann prostet er in die Runde und kippt seine 100 Gramm in einem Zug hinunter. KELLY Seit wann trinkst du denn?
r he
REINHOLD Seit ...(schaut auf eine imaginäre Armbanduhr) etwa 3 Minuten.
Beide lachen.
PUMS War das nötig?
lm Fi
Reinhold und Kelly kichern immer noch. PUMS (cont'd) Ich hab dich was gefragt. REINHOLD (ernst) Er hat nicht gehorcht, wie ich wollte.
e pr
PUMS Man wirft ein Werkzeug nicht fort, wenn es noch zu gebrauchen ist.
Pums schweigt. Reinhold seufzt.
2 is
REINHOLD (grinst schief) Und weshalb behältst du mich dann?
PUMS Du kannst nicht jeden deiner Neger einfach aus dem Auto werfen, wenn sie nicht gehorchen.
02 0
REINHOLD Aber jetzt (knallt sein leeres Glas auf den Tisch), weiß “jeder meiner Neger”, dass das Konsequenzen hat, wenn man nicht tut, was ich sage. (zu Kelly) “I say jump, you say...”
62. KELLY “...how high...”
De
Beide lachen wieder. REINHOLD (zu Pums) Also mach dir nicht ins Hemd...
sc ut
Schweigen. Pums sieht Reinhold kühl an, dann geht sein Blick zu Kelly. Plötzlich lächelt er zuckersüß. PUMS Ganz schön frech, der Kleine, oder?
Kelly kichert. Pums zu Kelly:
r he
PUMS (cont'd) Komm mal her. Ja, komm!
lm Fi
Kelly hört auf zu kichern und schaut Reinhold unsicher an. Dann steht sie schwankend auf und setzt sich neben Pums. Der schlingt den Arm besitzergreifend um sie und nimmt ihre Hand. Er spielt mit Kellys Fingern und haucht ihr dabei ins Ohr, gerade so laut, dass Reinhold ihn noch verstehen kann. PUMS (cont'd) Meinst du nicht, dass der ganz anders ist auf einmal? Trinkt, ist vorlaut ... das kennen wir gar nicht von dem, oder? Als hätte er neuen Lebenssaft.
e pr
Es formt sich ein brutales Grinsen auf seinem Gesicht. PUMS (cont'd) Aber nichts kommt umsonst. Wie heißt es so schön: Einer muss die Zeche zahlen.
2 is
Damit dreht Pums die Finger der Hand von Kelly um. Die junge Frau schreit vor Schmerz auf und geht unweigerlich vor Pums auf die Knie. Pums dreht die Finger noch etwas weiter. Kellys Gesicht ist Schmerz verzerrt. Sie wimmert. Pums schaut Reinhold an, der kein Wort zusagen wagt.
PUMS (cont'd) Los, wir gehen, Baby.
02
Plötzlich macht es Knack. Kelly entfährt ein gellender Schrei.
0
Pums und sein sichtlich verstörter Junge gehen. Reinhold blickt ihm wütend hinterher und tröstet dann die wimmernde Kelly.
63. 47
47
I/DÄMMERUNG BERTAS AUTO, BERLIN STRASSE
De
Eine Fahrt in der Dämmerung. Vor dem Fenster beginnt langsam der Tag. Franz liegt auf der Rückbank mit dem Kopf auf einem Schoß und schaut leer an die Decke. Durch die Vordersitze ist Berta am Steuer zu erkennen.
sc ut
Eine Hand streicht Franz zärtlich über die Stirn. Es ist Eva. Sie sieht ihn mit einem sorgenvollen Lächeln an.
r he
STIMME MIEZE (V.O.) Es hat ein Ende mit der Gnadenfrist. Dies war der zweite Schlag. Franz wurde in ein Verbrechen hineingerissen, er wollte nicht, er wehrte sich, aber er musste müssen. Nun ist er niedergestreckt. Sie fragen ihn nach dem “wer?”. Aber Franz schweigt. Hast du es nicht besser gewusst, Franz? Hat man dich denn nicht gewarnt? Stumm betet er. “Warum ich?” Schmerz zuckt durch seinen linken Arm bis in sein Herz. Er wird sich sicher wieder aufrichten. Sein zweiter Anlauf. Doch nun muss er erst einmal mich kennenlernen...
lm Fi
48
48
A/T VOR WOHNHAUS MIEZE, MORGENGRAUEN
49
e pr
Der Wagen hält in einer verschlafenen Wohngegend in Berlin Rudow. Berta und Eva hieven Franz aus dem Wagen und stützen ihn, als sie mit ihm zum Eingang eines etwas heruntergekommene fünfstöckigen Wohnhauses gehen. 49
I/T WOHNUNG MIEZE, SCHLAFZIMMER, MORGEN
2 is
Franz erwacht in einem fremden Bett. Er ist benommen. Alles scheint ihm verschwommen.
0
STIMME MANN ...Es ist wichtig, dass die Wunde dreimal täglich gesäubert wird, damit sie sich nicht entzündet.
02
Auf dem Nachttisch neben ihm liegen Verbände, Mullbinden und Medikamente. Franz schaut an sich herab und sieht, dass er einen frischen Verband hat. Menschen sprechen. Alles ist dumpf und er braucht eine Weile, um zu verstehen, was gesagt wird.
64.
De
Ein ARZT, ALFRED, 50, packt gerade seinen Arztkoffer zusammen und redet mit Eva und Berta. Alle sehen erschöpft aus. Er gibt ihnen ein paar Schachteln mit Tabletten. ALFRED ... aber eigentlich müsste er in ein Krankenhaus. Das ist kein aufgeschürftes Knie...
sc ut
BERTA Geht nicht. Solange wir nicht wissen, was passiert ist, bleibt er hier.
Alfred zögert. Berta streichelt ihn sanft.
r he
ALFRED Das ist gegen die Schmerzen. BERTA Vielen Dank, Alfred.
Berta gibt dem Arzt einen weißen Umschlag und einen Kuss.
lm Fi
ARZT Wenn’s Komplikationen gibt, ruft mich an. Dann muss er sofort...
Jetzt bemerken die drei, dass Franz wach ist. Franz...
EVA
e pr
Sie kommt zu ihm. Der Arzt lächelt ihm aufmunternd zu. Eva nimmt Franz' Hand. Alfred geht ab. EVA (cont'd) Wie geht's dir Franz? Aber Franz kann nicht sprechen.
2 is
EVA (cont'd) Du bist in Sicherheit. Es ist besser, wenn niemand weiß, wo du steckst. Woran erinnerst du dich?
Franz schüttelt mit dem Kopf. Berta tritt an das Bett heran.
02 0
BERTA Ich hab mich umgehört aber niemand weiß was von 'nem Unfall. Es gab 'n Bruch in Spandau, Juwelier. Mit'm Wagen frontal ins Schaufenster rein. Sollen Pums Leute gewesen sein. Klingelt da was bei dir?
65. Schweigen.
De
BERTA (cont'd) Gar nichts? Aber an irgendwas musste dich doch erinnern? Reinhold soll auch dabei gewesen sein...
sc ut
Lass ihn.
EVA
Berta mustert Franz kritisch. Eva legt sanft ihre Hand auf Franz Brust.
r he
EVA (cont'd) Franz, ich möchte dir jemanden vorstellen. Sie ist eine gute Freundin von uns. Die Wohnung gehört ihr und sie wird sich um dich kümmern, bis es dir besser geht.
Franz versteht nicht. Eva dreht sich zur Tür und ruft.
lm Fi
EVA (cont'd) Kannst jetzt reinkommen, Mieze.
Die Tür öffnet sich und eine junge, hübsche Frau betritt den Raum. Mieze trägt recht anzügliche Kleidung. Ihre Lippen und ihre Augen sind stark geschminkt, ihre Haare hoch gestylt.
e pr
MIEZE (spröde) Tach...
Berta gibt Mieze einen Umschlag. Mieze schaut kurz in den Umschlag und scheint ein wenig besänftigt.
MIEZE (erbost) Ein paar Wochen?!
2 is
BERTA Sollte erstmal reichen. In ein paar Wochen sehen wir weiter.
0
BERTA Komm, lassen wir die beiden mal alleine.
02
Ein scharfer Blick von Berta trifft den von Mieze und sie verstummt. Franz ist gebannt von Miezes Anblick. Berta berührt Eva sanft an der Schulter.
Eva zögert einen Moment. Dann gibt sie Franz einen Kuss, steht auf und umarmt Mieze.
66.
De
EVA (mahnend) Pass gut auf ihn auf.
Dann lässt sich Eva von Berta aus dem Zimmer führen. Franz und Mieze sind allein. Mieze steckt den Umschlag ein und mustert Franz missmutig.
sc ut
MIEZE Nur dass du das weißt, ich bin keine Krankenschwester, ich hab was Besseres zu tun, als mich um dich zu kümmern. Also werd besser schnell wieder gesund.
Damit dreht sie sich um und verlässt das Zimmer.
r he
50
I/T WOHNUNG REINHOLD, REINHOLDS SCHLAFZIMMER, VORMITTAG
50
Reinhold sitzt neben Kelly, die unruhig schläft. Ihre linke Hand ist bandagiert. Er beobachtet sie unentschieden. Etwas in ihm will sie grob wach schütteln. Er spielt an ihrem Verband und sie verzieht das Gesicht vor Schmerz. Soll er sie rausschmeißen? Oder noch einen Tag behalten?
lm Fi
Er nimmt einen tiefen Schluck aus einer Bierflasche und schaut aus dem großen Fenster. Sie Sonne macht daraus ein strahlendes Rechteck. Es ist ein guter Tag. 51
51
I/T WOHNUNG MIEZE, SCHLAFZIMMER, VORMITTAG
e pr
Franz erwacht, als im Flur die Tür zuknallt. Langsam erhebt er sich. Wie lange hat er geschlafen? Er schaut auf seine Schulter: Da wo früher sein Arm war, ist nun nur noch ein verbundener Stumpf, der sich am unteren Ende jetzt schon rot färbt. Es war kein böser Traum...
2 is
Schwerfällig erhebt sich Franz aus dem Bett. Als er versucht sich auf seine Beine zu stellen, klappt das für eine Sekunde, dann fällt er nach vorne und bleibt stöhnend liegen. STIMME MIEZE (V.O.) Er hebt gegen die dunkle Macht die Faust.
02
Langsam dreht er sich um und kriecht zu einem nahestehenden Hocker. Er kann sich nun in einer aufklappbaren Spiegelkommode dreifach ansehen.
0
Es sind drei Spiegel, zwei kleine, die einen größeren einrahmen, und die, je nachdem in welchem Winkel man sie aufklappt, sich wiederum in sich spiegeln können.
67.
De
So wie Franz gerade davor sitzt, sieht er sich, mit eingefallenem Gesicht und müdem Blick... aber mit zwei Armen. Der Rechte ist nach links gespielt.
sc ut
STIMME MIEZE (V.O.) Er fühlt etwas gegen sich stehen, aber er kann es nicht sehen, es ist geschehen, dass der Hammer gegen ihn saust.
Franz gefällt sich in dieser optischen Täuschung, doch dann verändert er seine Position und ist wieder einarmig. Ein Krüppel.
r he
Er trifft eine Entscheidung und beginnt die Mullbinde abzulösen. Der Verband ist blutgetränkt und klebt fest. Franz’ Gesicht verzieht sich vor Schmerz. Dann nimmt er seinen ganzen Willen zusammen, zieht mit einem kräftigen Ruck und stößt dabei einen Schmerzenslaut aus. Blut fließt an der linken Seite seines Körpers herunter. Franz’ Blick geht zum Fenster. Das Fenster überstrahlt weiß. Irgendwie schön, denkt er. Dann kippt er vom Stuhl. 52
I/T WOHNUNG MIEZE, FLUR UND WOHNZIMMER, MITTAG
lm Fi
52
Mieze kommt mit zwei Einkaufstüten beladen nach Hause und stellt sie im Flur ab. Vorsichtig öffnet sie die Tür zum Schlafzimmer und sieht Franz regungslos in einer Lache seines eigenen Blutes auf dem Boden liegen.
e pr
Sofort schließt sie die Tür wieder.
Sie lehnt sich an die Wand. Atmet. Erst langsam, dann immer heftiger. Ein Geräusch wie Meeresrauschen...
2 is
MIEZE (V.O.) Zum Paradies mögen Engel dich geleiten. Die heiligen Märtyrer dich begrüßen.
CUT TO:
Rote Dunkelheit. Franz ist unter Wasser im Meer. Ida treibt auf ihn zu. Nun umarmt sie Franz. Erdrückt ihn. Er zerrt an ihren Armen. Kann sich nicht befreien.
0
Gleich wird er ersticken...
02
MIEZE (V.O.) Die Chöre der Engel mögen dich empfangen und mit Christus, der für dich gestorben, soll ewiges Leben dich erfreuen.
68. MIEZE Jetzt reiß dich zusammen!
De
Plötzlich löst sich Idas Griff. Er schwimmt nach oben an die Wasseroberfläche und atmet tief ein. CUT TO:
sc ut
Franz reißt die Augen auf. Mieze ist über ihn gebeugt und schreit ihn an. MIEZE (cont'd) Mach mit, Franz!!!
r he
Sie zieht Franz rückwärts zum Bett, wo ihr Handy liegt und hält dabei den losen Verband fest auf den Stumpf gedrückt, wo Blut austritt. Sie stolpert und fällt nach hinten. FRANZ (delierend) Let me go. MIEZE Nee, Arschloch, hilf mir jetzt!
lm Fi
Sie rafft sich wieder auf und zieht Franz weiter durchs Zimmer. FRANZ (V.O.) (KREOL) Nimm mich, Gott... Nicht in Teilen. Nimm mich ganz...
e pr
Sein Blick flattert. Mieze knallt ihm eine und Franz öffnet die Augen. Er schaut direkt in Miezes Gesicht. MIEZE Bei mir wird nich gestorben. Hörst du!?
MIEZE (cont'd) Festhalten, verstanden? Verstanden?!
02
FRANZ (schwach) Ja...
2 is
Sie ändert die Taktik und nimmt seine Hand, presst sie mit dem Verband auf seine Wunde.
Sie eilt zu ihrem Handy. Franz wird bewusstlos. MIEZE
0
Scheiße.
69. 53
53
I/N WOHNUNG MIEZE, SCHLAFZIMMER, ABEND
De
Franz erwacht. Außer einer kleinen Stehlampe ist es dunkel im Zimmer. Aus der Küche hört man jemand werkeln. Das Zimmer ist wieder aufgeräumt. Blitzeblank geputzt. Keine Spuren von Blut und Verbänden und dem Chaos des Vortages.
sc ut
Franz Blick fällt auf eine kleine Schmuckschatulle, die auf dem Nachttisch steht. Sie ist mit einem Vogel - ein Pirol verziert. Neugierig öffnet er das Kästchen und ein Zwitschern ist zu hören. Als Schritte näher kommen, klappt er das Kästchen eilig zu. Mieze kommt herein. Sie hat ein schickes Kleid an, ist ausgehfertig und sieht sehr gut aus. In den Händen hält sie ein Tablett mit dampfender Suppe.
r he
Sie stellt das Tablett vor ihm ab und nimmt gleichzeitig die Schatulle an sich. Franz starrt sie stumm an. MIEZE Bitte fass meine Sachen nicht an.
Er sagt nichts.
lm Fi
MIEZE (cont'd) Biste jetzt beleidigt, weil ich dich nich hab verrecken lassen? Du bist mir echt’n Kunde... Ihr Handy klingelt. Sie geht ran.
e pr
MIEZE (cont'd) (flüsternd) Ja? Hallo... (freundlich) Ja, die is dran. Bleibt alles dabei 400 für zwei Stunden, tausend für die Nacht.
Sie eilt aus dem Zimmer, aber man kann sie weiterhin hören.
2 is
MIEZE (OFF) (cont'd) Ja, okay, gerne. 22 Uhr? Klar... Ach wie schön, ich freu mich.
Hungrig greift Franz nach dem Löffel und probiert von der Suppe. Spukt sie gleich wieder aus. Mieze ist unbemerkt wieder hereingekommen. Sie hat eine Jacke angezogen.
Schweigen.
0
MIEZE (cont'd) Hör zu, wir machen drei Regeln, ok? (MORE)
02
MIEZE (cont'd) Schmeckt scheiße?
70.
De
sc ut
MIEZE (cont'd) 1. Finger weg von meinen Sachen. 2. Bau keinen Scheiß. An deiner Stelle würde ich mich vielleicht auch umbringen wollen. Aber du bist jetzt hier, bei mir, und nur weil ich Eva was schulde. Wenn dir dein Leben nichts bedeutet, ihr is es was wert. Und 3. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.
Das Handy von Mieze brummt erneut. Sie schaut darauf und dreht sich zum Gehen um, bleibt aber noch einmal stehen. MIEZE (cont'd) Ich geh jetzt arbeiten. Überlebst du das?
54
r he
Franz schaut sie nur stumm an. Mieze atmet genervt aus. Sie hastet in den Flur. Franz schaut ihr nach. 54
I/N WOHNUNG MIEZE, ABEND
lm Fi
Franz schaut sich in Miezes Wohnung um. Die Räume sind spartanisch, aber ordentlich. Kleidung, Bücher, Briefe sind sauber angeordnet. Franz findet ein Fotoalbum, klappt es kurz auf, schließt es aber gleich wieder. Er geht durch ihre kleine Musiksammlung und legt eine CD ein. Ein paar Ballettschuhe baumeln an einem Stuhl in der Ecke. Ein paar Sachen hängen zum Trocknen an einer Leine quer durch das Wohnzimmer. Auf einer Garderobenstange hängen ein paar aufreizende, aber billige Kleider und Oberteile. Vor einem Spiegel türmt sich ein Berg von Make-Up-Utensilien.
e pr
Franz zieht ein großes Schubfach unter dem Bett auf. Eine komplette Dessouskollektion liegt darin, darunter auch eine Korsage aus schwarzem und roten Lack.
55
I/N WOHNUNG MIEZE, FLUR, NACHT
2 is
Franz durchsucht die Küche. Offensichtlich nach Alkohol. Er findet nur eine Flasche Martini. Mühsam öffnet er mit einem Arm die Flasche und probiert einen Schluck. Muss sich fast erbrechen. Die Flasche fällt ihm auf den Boden und zerschellt. 55
02
Mieze schließt leise auf und kommt in ihre Wohnung. Vorsichtig lugt sie in ihr Schlafzimmer. Franz schläft.
0
Sie geht in die Küche, schaltet das Licht an und gießt sich ein Glas Wasser ein. Dabei bemerkt sie etwas. Auf dem Küchentisch steht ein komplettes Abendessen. Mieze ist erstaunt, tritt an den Tisch heran und nimmt den Deckel vom Topf und schaut hinein. Es sieht gut aus. FADE TO:
71. 56
56
I/N WOHNUNG MIEZE, SCHLAFZIMMER, SPÄTER ABEND
De
Franz steht im Türrahmen und beobachtet Mieze, die sich für den Abend zurecht macht. Ihr ist das unangenehm. MIEZE Kannst du woanders hingucken?
sc ut
Franz schaut woanders hin. FRANZ Wer bezahlt 1000 für nur eine Nacht?
Sie schaut über den Spiegel zu Franz.
r he
MIEZE Wer bezahlt 1000 für irgendwas? Für 'nen Schuh? Für ein Handy? Für ne Handtasche? Für einen Orgasmus? 1000 für einmal gestreichelt werden? Heut ist’s ein Schornsteinfeger, ‘n Stammkunde. Der will nur Essen gehen und quatschen. Ernsthaft verliebt, der Arme. Dann ein Geschäftsmann. Kriegt’n Doubledate.
lm Fi
Sie setzt eine Perücke auf. FRANZ Doubledate?
Mieze dreht sich um.
e pr
MIEZE Zwee Mädels, ein Kerl.
MIEZE (cont'd) Wie seh ich aus?
2 is
FRANZ Wie 1000 Euro.
Mieze verzieht das Gesicht zu einer lustigen Grimasse, nimmt eine Pose ein und lächelt professionell kokett.
02
MIEZE (gespielt) Kitty ist eine verspielte, faszinierende, junge Frau mit einer wunderbar schlanken Figur und einem stets gut gelaunten Charakter.
0
72. 57
57
A/N VOR MIEZES HAUS, NACHT
De
Mieze steigt in ein Taxi. Der Wagen fährt los.
sc ut
58
STIMME MIEZE Mit ihrem sonnigen Gemüt und ihrer erfrischend verrückten Art... 58
I/N HOTELLOBBY, NACHT
In einer schicken Hotellobby sitzt ein Mann mit dem Rücken zu uns und trinkt wartend ein Glas “Dark&Stormy”. Mieze erscheint und setzt sich zu ihm. Lächelt ihn an. Legt sanft ihre Hand auf seine.
59
r he
STIMME MIEZE (V.O.) ...verzaubert sie jeden Gentleman. Die mädchenhafte Schönheit verkörpert die perfekte Geliebte... 59
I/N AUFZUG, NACHT
lm Fi
Selbe Nacht. Anderes Hotel. Mieze wechselt ihre Perücke im Spiegel des Lifts. 60
60
I/N HOTELFLUR, NACHT
Mieze geht einen langen Hotelflur entlang, bleibt vor einem Zimmer stehen. Sie checkt ihr Handy noch einmal und klopft.
e pr
STIMME MIEZE (V.O.) ...und entführt sie mit ihrer Leichtigkeit in ein prickelndes Liebesabenteuer. I/N HOTELZIMMER, NACHT
2 is
61
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Mieze kommt in das Zimmer. Der Klient, EIN MANN, 45, gepflegt in Anzug und Brille, nimmt ihr die Jacke ab. STIMME MIEZE (V.O.) Kitty ist experimentierfreudig, variantenreich, sinnlich...
02
Mieze geht weiter zum Bett, wo bereits eine andere ESCORTDAME, 26, Platzgenommen hat.
0
Ein Umschlag landet in ihrer Hand, dann ein Glas Champagner. Sie stößt mit den beiden an.
73.
De
STIMME MIEZE (V.O.) ...und weiß die Sinne ihres Gentlemans raffiniert mit Lust und Leidenschaft zu berauschen.
Mieze küsst die andere Escortdame, dann den Klienten. Sie zieht sich aus. Dabei merkt sie, dass ihr leicht schwindelig wird.
sc ut
STIMME MIEZE (V.O.) Wenn sie Sie mit ihren großen unschuldigen Augen ansieht, schmelzen Sie dahin. Sie ist sehr aufgeschlossen und offen für neue und spannende Erfahrungen.
62
r he
Ihre Wahrnehmung verschwimmt. Benommen richtet sie sich auf. Das andere Mädchen ist bereits bewusstlos. Mieze schaut zu dem Klienten. Will etwas sagen. Aber eine brutale Ohrfeige schleudert sie zurück aufs Bett. 62
I/N WOHNUNG MIEZE, WOHNZIMMER, NACHT
63
lm Fi
Franz schläft. Er erwacht von Geräuschen im Bad. Er steht auf. Im Flur brennt Licht. 63
I/N WOHNUNG MIEZE, FLUR, NACHT
Franz steht vor der Badezimmertür. Von innen ist ein Wimmern und Weinen zu hören.
Die Geräusche verstummen. Mieze?
e pr
FRANZ Mieze? Was ist los? Alles, OK?
FRANZ (cont'd)
2 is
Die Tür öffnet sich. Mieze zittert. Sie hat Prellungen im Gesicht und am ganzen Körper. Franz ist geschockt. Er nimmt sie vorsichtig in den Arm.
Sie bricht in Tränen aus.
0
FRANZ Nicht weinen. Nicht weinen. Wir machen das wieder gut.
02
MIEZE (unter Tränen) Ich weiß nich, was passiert ist. Der Wichser muss mir K.O.-Tropfen oder sowas gegeben haben. Ich bin aufgewacht und...
74. Franz streicht ihr sanft über den Kopf.
De
STIMME MIEZE (V.O.) Merket auf ihr Himmel, ich will reden, und die Erde höre die Rede meines Mundes.
sc ut
64
FADE TO BLACK.
64
A/T REIHENHAUSSIEDLUNG WILMERSDORF, NACHMITTAG
Eine junge, elegante FRAU, 34, verlässt mit einem Kind ein großes Reihenhaus.
r he
STIMME MIEZE (V.O.) Ich kann töten und lebendig machen. Ich kann schlagen und heilen. Doch Sie haben mich gereizt mit dem, was nicht Gott ist; und ich will sie reizen mit dem, was nicht menschlich ist.
65
lm Fi
Sie gibt ihrem Mann einen Abschiedskuss. Wir haben ihn zuvor mit Mieze im Hotelzimmer gesehen. Dann geht sie mit den Kindern durch den Vorgarten auf die Straße. A/T REIHENHAUSSIEDLUNG WILMERSDORF, HAUSTÜR, NACHMITTAG
65
Es klingelt. Die Haustür öffnet sich und der Mann schaut genervt hinaus. Vor ihm steht Franz, der ihn mit einer Sammelbüchse in der Hand schief angrinst.
e pr
FRANZ Eine Spende für die Opfer des Krieges. Bitte... für die Kinder.
2 is
STIMME MIEZE (V.O.) Ein Feuer ist angegangen durch meinen Zorn und wird verzehren das Land mit seinen Gewächsen und wird anzünden die Grundfesten der Berge.
Der Mann mustert ihn und seinen amputierten Arm.
02
MANN Warten Sie kurz.
Hinter der großen Gestalt von Franz taucht jetzt Mieze auf. Er schaut sie fragend an. Sie nickt.
0
Der Mann kommt mit seinem Portemonnaie wieder und will Franz einen Fünfeuroschein geben.
75.
De
STIMME MIEZE (V.O.) Und ich will Unglück über sie häufen, denn ihre Gaben sind von den Weinstöcken Sodoms und von den Äckern Gomorrhas.
66
sc ut
Im diesem Moment trifft ihn die Spendendose direkt ins Gesicht. Der Mann fällt nach hinten. Franz tritt dicht gefolgt von Mieze in das Haus ein. I/T REIHENHAUSSIEDLUNG WILMERSDORF, REIHENHAUS, NACHMITTAG 66 In aller Seelenruhe gibt Franz dem Mann noch eine mit der Spendendose mit.
r he
STIMME MIEZE (V.O.) Ich will meine Pfeile mit Blut trunken machen. Mein Schwert soll Fleisch fressen. Mein ist die Rache. Mein ist die Vergeltung. Aug um Aug und Zahn um Zahn. So spricht der Herr.
lm Fi
Der Mann liegt wimmernd auf dem Boden und versucht von Franz davon zu kriechen. Franz lässt von ihm ab. Stattdessen wirft sich Mieze auf den Mann und tritt auf ihn ein. Währenddessen gehen wir mit Franz mit, der sich in der Wohnung umschaut. Sachliche, kühle Raumgestaltung, dänische Designermöbel, Bücherregale bis unter die Decke, unverputzte Wände.
e pr
Voller Befremden steht Franz schließlich vor einer afrikanischen Skulpturengruppe. Franz sieht sich überrascht um. Mieze steht erschöpft, und von sich selbst geschockt vor Franz und schaut ihn an, als wollte sie sagen: Danke.
67
2 is
MIEZE (OFF) Ich bin gut in dem, was ich mache, und ich bin immer vorsichtig, weißt du? I/N KNEIPE “ZUM ALTEN SCHWEDEN”, NACHT
67
02
Franz und Mieze sitzen an der Theke einer heruntergekommenen Säuferpinte. Es laufen schlechte Schlager. Sie sind schon reichlich betrunken. Vor ihnen auf der Theke steht die afrikanische Statue aus der Wohnung des Mannes.
0
76.
De
sc ut
MIEZE ... Das klingt vielleicht naiv, aber ich dachte immer, sowas passiert mir doch nicht... Ihr Männer seid doch eigentlich so einfach zu begreifen. Wenn du mich fragst: Wer zahlt 1000 Euro für eine Nacht ... ich glaube, dann geht es um die Erfüllung von einer Sehnsucht ... der Mann sehnt sich... wie soll ich sagen... nach Sicherheit. FRANZ Sicherheit?
r he
MIEZE Vertrauen! Wie bei so einer Mutter. Ja doch. Bei den meisten Männern, die ich treffe, geht es darum, dass ich ihnen das Gefühl gebe, dass sie “richtig” sind, sicher, wie bei der Mama im Schoss - mit Ficken halt (lacht) Aber das ist nicht echt. (Pause) Ich hab mich nie “sicher” gefühlt mit meiner Mutter. Ich hab es richtig gehasst klein zu sein, ist doch komisch? Man sagt doch immer, dass man als Kind am glücklichsten ist... ich hab mir die Milchzähne raus geschlagen, als ich klein war. Ich bin gelaufen so mit dem Finger im Mund und dann bin ich nach vorne Zack - auf den Beton und hab mir die Vorderzähne rausgeballert... Das eklige daran ist, ich kann mich nicht erinnern, ob meine Mutter mich geschubst hat. Die hat öfter so Sachen gebracht: Immer besoffen gegen Regale gefallen, Dinger kaputt gemacht und getan, als wäre ich das gewesen (erklärend): Weil ich ja so laut und unruhig war... Ach, wahrscheinlich bin einfach gestolpert... war wohl wirklich, meine Schuld...
lm Fi
e pr
2 is 0
MIEZE Ja, meine Schuld ... man schubst doch nicht, was man liebt (berührt Franz an einer Wunde an der Hand) (MORE)
02
FRANZ Deine Schuld ?
77.
De
MIEZE (cont'd) Hätte echt nicht gedacht, dass mir das passiert. Eigentlich seid ihr doch so einfach gestrickt... Ach, ja?
FRANZ MIEZE
sc ut
Ja.
Sie sucht nach einem Beispiel. Kommt nicht drauf. Dann wechselt plötzlich der Song. MIEZE (cont'd) Okay. Ich zeig’s dir...
r he
Damit steht sie schwankend auf, wankt besoffen durch den Raum, berührt verschiedene Männer an der Schulter und landet schließlich in der Mitte des Raumes und fängt an zu tanzen. Franz kann den Blick nicht von ihr lösen und eine sonderbare Gewissheit macht sich in ihm breit. Es ist eine Entscheidung. Es ist eine Wendung.
lm Fi
Auch die anderen Männer im Raum schauen zu ihr hinüber. Einer steht auf und beginnt sie anzutanzen. Erst ignoriert sie ihn und schubst ihn sogar weg. Doch er lässt sich nicht abwimmeln. Er greift nach ihr und macht auf Paartanz. Franz will aufspringen, doch Mieze schaut ihn nur kopfschüttelnd an: “So seid ihr eben.” Dann beginnt sie ihm ins Ohr zu flüstern: MIEZE (cont'd) Es ist ein Schnitter, der heißt Tod. Hat Gewalt vom Lieben Gott...
e pr
Er will sich losreißen, aber sie hört nicht auf, bis er sich entnervt und verstört von ihr losmacht. Mieze kommt lächelnd zu Franz zurück und setzt sich auf ihren Barhocker.
2 is
MIEZE (cont'd) Hast du gesehen. Ich bin nicht aus Zucker. Ich bin aus Marmor.
Mit diesen Worten rutscht sie vom Stuhl und landet auf dem Boden. Franz hebt sie auf.
0
Sie lacht laut auf und küsst Franz.
02
MIEZE (cont'd) 'N bisschen Hilfe brauch ich vielleicht doch.
78. 68
68
I/N WOHNUNG MIEZE, WOHNZIMMER, NACHT
De
Franz und Mieze machen Liebe auf dem Sofa.
69
69
A/N AUF HOHER SEE, NACHT
70
I/N MIEZES WOHNUNG, WOHNZIMMER, NACHT
r he
70
sc ut
Rote Dunkelheit. Alle Geräusche dumpf. Francis und Idas Gesicht werden von der Seenotfackel erleuchtet. Sie klammert sich an ihn. Er paddelt um ihr Leben. Er versucht sich von ihr zu lösen. Ihr Griff wird stärker. Ihm geht die Luft aus. Er will nicht sterben. Sie will nicht loslassen. Er holt aus und schlägt mit der Fackel zu. Immer wieder, bis sich Idas Hände lösen. Und sie davontreibt. Mit ausgestreckten Armen. In der Dunkelheit verschwindet.
Franz erwacht schweißgebadet. Er setzt sich auf. Sein Atem geht schnell. Er schaut auf die schlafende Mieze neben sich. Versucht sich zu beruhigen. Seine Gedanken rasen. Mieze erwacht. MIEZE
lm Fi
Was ist?
Sie greift nach seiner Hand. Die zittert. Alles ok?
MIEZE (cont'd)
Er schüttelt den Kopf.
e pr
FRANZ Mieze, ich... ich bin nicht gut... Franz kann nicht sprechen. Er will aufstehen, doch sie hält ihn fest.
2 is
MIEZE Was heißt das?
FRANZ Was ich liebe... das töte ich.
Sie setzt sich zu ihm, schaut ihn eindringlich an.
Er schaut sie an. Es gibt keine Widerrede.
02
MIEZE Ich hab keine Angst vor dir. Dann musst du auch keine Angst vor dir haben.
0
79. 71
71
A/T HASENHEIDE, NACHMITTAG
De
Reinhold sitzt auf der Parkbank der Hasenheide. Das Geschäft läuft schlecht. Reinholds Blick ist auf die Bank der Araber fixiert. Dort stehen MEHRERE KUNDEN, während seine eigenen Jungs sich langweilen. Wütend spuckt er zur Seite aus.
sc ut
Ottu kommt mit einem Kinderwagen auf die Gruppe zu. Er hat offenbar Franz’ Platz eingenommen. Er verteilt Essen an die Männer. Sie scheinen wenig begeistert. Einer der Dealer wirft die volle Essensschale in den Müll. MANN Das Zeug schmeckt nach Scheiße.
r he
Reinhold fixiert den Mann. REINHOLD Schmeckt nicht? Dann hol dir doch n Döner.
Der Mann zuckt er mit den Schultern und will los gehen.
lm Fi
REINHOLD Aber wenn du deinen Platz verlässt, bist du raus. Der Mann hält an, zögert. Er schaut unsicher zu den anderen Dealern. Widerwillig kehrt er zurück. Reinhold nickt zufrieden. Zumindest dieser kleiner Triumph an diesem Scheißtag. Scheißwoche. Scheißmonat...
e pr
72
FADE TO: 72
A/N EINFAHRT HOTEL “SCHALLNER”, NACHT
Mieze und Franz sitzen in Miezes Auto in der Auffahrt zu einem Luxushotel. Franz sitzt auf dem Beifahrersitz.
2 is
STIMME MIEZE (V.O.) Anständig wollte Franz sein. Lange hat er es geschafft. Doch dem Leben hat das nicht gefallen. Er hat sich gewehrt, doch es hat nichts genützt. Er musste müssen.
0
MIEZE Eine Stunde. Wenn ich dann nicht zurück bin, bin ich im Zimmer 1307.
02
Er schaut Mieze zweifelnd an. Mieze lächelt ihn aufmunternd zu. Dann küsst sie ihn und steht auf.
80.
De
Franz schaut ihr nach und sieht, wie sie in die Lobby des Hotels geht und dort ihren heutigen Kunden begrüßt. Kuss links, Kuss rechts.
sc ut
STIMME MIEZE (V.O.) Franz ist nun Zuhälter. Geld kehrt ein und er könnte zufrieden sein. Doch er ist es nicht, denn ein Stachel sitzt noch tief seinem Fleisch und schmerzt und pocht.
Er reibt sich am fehlenden Arm und bemerkt nicht, dass sich der Portier des Hotels ihm nähert und erschrickt, als dieser plötzlich heftig an die Fensterscheibe klopft.
r he
PORTIER (aggressiv) Hey, du! Hallo? Du kannst hier nicht Parken...
Franz will auffahren. Der Ton gefällt ihm nicht. Er schaut hoch zu dem Portier und plötzlich erkennen die beiden Männer sich. Es ist der Spindnachbar von Franz aus dem Flüchtlingsheim.
lm Fi
PORTIER (cont'd) Francis? What are you doing here? I thought you where dead... Franz versucht sich an den Namen des Mannes zu erinnern. PORTIER (cont'd) I’m Ayyub, don’t you remember me?
e pr
FRANZ Ayyub...sure. How are you doing? AYYUB Good, what are you doing here?
2 is
FRANZ I...I am waiting for my girlfriend.
Ayyub folgt Francis Blick, der zur Lobby geht, überlegt und versteht.
02
FRANZ (cont'd) We slept here tonight, you know. We travel a lot...
Ayyub sieht ihn mitleidig an und kramt in seiner Tasche. Er holt einen Flyer für die Celestial Church of Christ”.
0
81.
De
STIMME MIEZE (V.O.) Das Pochen wird lauter und lauter.
sc ut
73
AYYUB You can stay here, brother. (zeigt auf den Flyer) But come visit us in the church. There is always a second way...
FADE TO: 73
I/T WOHNUNG MIEZE, KÜCHE, NACHMITTAG
r he
Eva steht an der Küchenzeile und beobachtet, wie Mieze und Franz im Team den Küchentisch decken. Eva beobachtet Franz, wie er und Mieze miteinander umgehen und etwas sticht in ihr Herz. Sie hat eine Flasche Sekt als Gastgeschenk dabei. Spielt nun verlegen damit. EVA (zu Franz) Gut siehst du aus.
lm Fi
FRANZ Mir geht's auch gut. Sehr gut.
Mieze nimmt ihr die Flasche ab und stellt sie auf den Tisch. MIEZE Setz dich, Evken. Eva setzt sich.
e pr
Franz schweigt verlegen.
2 is
EVA Vielen Dank für deine Hilfe, Mieze. Franz sieht besser aus, als vor dem Unfall. Du hast dich gut um ihn gekümmert. (zu Franz) Ich hab jetzt eine Wohnung für dich gefunden. Nicht groß, aber hübsch und bei mir in der Nähe. Du wirst sie mögen.
02
MIEZE Evken... Franz bleibt bei mir wohnen.
Eva schweigt betroffen. Franz schaut Eva etwas unbeholfen an. Mieze legt ihre Hand auf Evas Schulter.
Franz gießt Sekt ein.
0
EVA Das freut mich.
82.
De
EVA (cont'd) Es ist gut, dass du von Reinhold weg bist.
Kaum ist der Name ausgesprochen, verfinstert sich Franz Blick.
sc ut
MIEZE Reinhold? Wer ist das?
Franz schweigt. Eva schaut zu Mieze, dann zu ihm. Franz?
EVA
Franz schaut auf. FRANZ
r he Ja?
EVA Was ist passiert zwischen euch?
Franz wird ungehalten.
FRANZ
lm Fi
Nichts.
MIEZE Welcher Reinhold denn?
Eva deutet auf seinen Armstumpf.
e pr
EVA Er hat doch etwas mit deinem Unfall zu tun? MIEZE Reinhold... Kenne ich den?
2 is
FRANZ (gereizt zu Mieze) Nein.(Dann zu Eva) Und nein!
Eva lächelt schief. Mieze fühlt sich außen vor. Eva genießt das ein wenig, beugt sich zu Franz und nimmt seine Hand.
Keiner antwortet.
0
MIEZE Worüber denn reden! Wer ist dieser Reinhold? Hallo?!
02
EVA Hör zu Franz. Berta und ich können dir helfen Reinhold aus dem Verkehr zu ziehen. Aber du musst mit uns reden.
83.
Fuck!
MIEZE (cont'd)
De
Wütend verlässt sie den Raum. Franz schaut ihr hinterher, macht aber keine Anstalten ihr zu folgen.
sc ut
FRANZ Ich weiß nicht, was passiert ist. Es war ein Unfall. Ich hatte einfach Pech. EVA Pech? Und vielleicht ist es dir ja zu Recht passiert? Evken!
FRANZ
r he
EVA Das glaubst du doch nicht wirklich?
Franz antwortet nicht. Stattdessen haut er auf den Tisch. Eva erschrickt. Kurz ist Stille. Dann steht er auf.
lm Fi
EVA (cont'd) Wo willst du hin? FRANZ Ich muss los.
Er nimmt seine Jacke und verlässt wortlos die Wohnung. 74
I/ABEND WOHNUNG REINHOLD, TREPPENHAUS, ABEND
e pr
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Franz trinkt aus einer halbleeren Wodkaflasche. Er steht im Halbdunkel eines Hausflures. Er ist betrunken, sein Blick schwammig.
2 is
STIMME MIEZE (V.O.) Man muss sich nach der Decke strecken. Er ist in einem Zorn, dass man ihn gezwungen hat. Es soll ihn keiner mehr zwingen, auch der Stärkste nicht.
02
Plötzlich geht der Fahrstuhl. Nach einer gefühlten Unendlichkeit hält er auf Reinholds Etage. Die Türen öffnen sich und kaltes Neonlicht schwappt in den Flur. Franz duckt sich tief in den Schatten. Jemand kommt aus dem Lift und geht an Franz vorbei.
0
Franz steht unter höchster Anspannung. Sein Körper, sein Geist sind voll und ganz aufs Töten eingestellt.
84.
De
Als der Mann die Tür seiner Wohnung öffnet, braucht er eine Weile um seinen Schlüssel zu finden. Er macht das Flurlicht an. Es ist Reinhold. Seine Stimmung ist düster. Franz ist ganz nah an Reinhold dran, ist aber in der plötzlichen Helligkeit wie erstarrt. Endlich geht die Tür auf und Reinhold geht hinein.
sc ut
Zu spät springt Franz los und er donnert gegen die verschlossene Tür.
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I/N WOHNUNG REINHOLD, TREPPENHAUS UND FLUR, ABEND
r he
Reinhold hat gerade hinter sich abgeschlossen, als er einen Schlag gegen seine Haustür und dann einen langen, wütenden Schrei hört. Überrascht dreht er sich um und öffnet nochmal. Da steht eine große Gestalt mit dem Rücken zu ihm und dreht sich wütend stierend um.
lm Fi
Reinhold erkennt Franz und will sofort die Tür wieder zuschmeißen, aber diesmal reagiert Franz rechtzeitig, stößt mit einem Ruck seines Körpers die Tür auf und packt Reinhold am Hals. Franz zerrt Reinhold hoch und hebt ihn in einer mächtigen Bewegung einen halben Meter über den Boden gegen die Wand. REINHOLD (wütend) Lass mich los!
e pr
Aber Franz' Griff wird nur fester. Reinhold geht langsam die Luft aus. Seine Gegenwehr wird immer schwächer. Franz' Kraft scheint unendlich. Dann fängt Reinhold plötzlich sich fast schon lustvoll in Franz’ Griff zu winden. Er stöhnt auf.
2 is
REINHOLD (cont'd) Ja, ja, ja.... bring's halt hinter dich, du dummer Ochse!
Mit dieser Reaktion hat Franz nicht gerechnet. Er ist aus dem Gleichgewicht. Reinhold merkt das und lacht auf.
02
Plötzlich lässt Franz Reinhold los, der daraufhin, immer noch lachend, zu Boden fällt. Franz schaut sich um, als sei er aus einem bösen Traum erwacht. Er taumelt in einen Sessel, der nicht weit von ihm entfernt steht und fällt schwer in das Möbel. Reinhold sitzt hustend da. Sein Blick folgt Franz. Er merkt sofort, dass bei dem die Luft raus ist. Hustend rappelt Reinhold sich auf.
0
85.
De
REINHOLD (cont'd) (fistelnde Stimme) Was willst du hier?
Reinhold hört sich selbst hoch und unsicher reden und es ärgert ihn.
sc ut
REINHOLD (cont'd) (feste Stimme) Was willst du hier?
Franz schweigt. Massiert stattdessen seinen Armstumpf. REINHOLD (cont'd) (schreit) ANTWORTE GEFÄLLIGST, WENN DU GEFRAGT WIRST!
r he
Franz zuckt ganz erbärmlich zusammen. Er sinkt tiefer in den Sessel. FRANZ Ich wollte reden mit dir.
lm Fi
Reinhold steht vor ihm und beäugt den Einarmigen. Was will der jetzt? Reden? Reinhold hat seinen ersten Schrecken abgeworfen. Stattdessen ist er vorsichtig und misstrauisch. Am Ende ist er vor allem eins: Amüsiert. Er merkt, dass Franz ihm nichts kann. Der hat sein Pulver verschossen. REINHOLD Was willst du denn mit mir besprechen, Franz? Bist ja besoffen, Mensch.
e pr
Franz weiß nichts zu antworten.
REINHOLD (cont'd) Dass du noch lebst... crazy shit!
2 is
Reinhold steht auf, greift nach einer Flasche Sprudel und reicht sie Franz. Franz nimmt die Flasche, öffnet sie mühsam und trinkt sie einem Zug aus. Währenddessen Reinhold macht einen vorsichtigen Schritt an Franz heran. REINHOLD (cont'd) Ich, ich möcht mal deine Wunde sehen.
REINHOLD (cont'd) Sieht eklig aus.
0
FRANZ War mal schlimmer.
02
Ohne eine Antwort abzuwarten steht Reinhold auf, zieht die Jacke weg und beschaut sich angewidert die große Narbe.
86. Franz wirft die Jacke wieder über.
De
REINHOLD Und den Ärmel, trägste den immer so in der Tasche? Steckste den rein oder ist der angenäht?
sc ut
Franz ist gedemütigt. Er sitzt im Sessel, Reinhold über ihm, er ist in der Falle. REINHOLD (cont'd) Musste aber aufpassen, dass du nichts in die linke Tasche steckst. Sonst kann man leicht was klauen.
r he
FRANZ Bei mir nicht... Besser ich gehe... REINHOLD Kannste dir nicht n künstlichen Arm kaufen? Wenn einer das Bein ab hat, macht er sich doch auch n falsches ran.
lm Fi
FRANZ Nein, das will ich nicht... REINHOLD Sieht aber besser aus. Oder vielleicht den Ärmel ausstopfen, komm, das machen wir mal. FRANZ
e pr
Lass das.
REINHOLD Doch, doch, kriegst sowieso noch was von mir.
2 is
Ohne eine Antwort abzuwarten verlässt Reinhold plötzlich den Raum. Kurz darauf kommt Reinhold mit einer prall gefüllten Sporttasche in der Hand wieder, wirft sie vor Franz auf den Boden und macht den Reißverschluss auf. Franz erkennt, dass die Tasche voller aufgerollter Geldbündel steckt. Ohne zu zögern nimmt Reinhold nun ungeduldig eine Handvoll Geld heraus und stopft sie in Franz’ leeren Ärmel. Franz will sich wehren, doch er hat schon verloren. FRANZ Reinhold stopft unbeirrt weiter.
02
Stop it!
0
87.
De
sc ut
REINHOLD Ist ja nur zur Demonstration. Das musste von'nem Profi machen lassen. Dann läufste nich mehr als Krüppel rum, haste nur noch die Hand in der Tasche. Ich kann Krüppel nicht leiden. Ein Krüppel ist vor mir ein Mensch, der zu nichts taugt. Wenn ich n Krüppel seh, sag ich: Am besten ganz weg damit. Außerdem ist das dein Anteil. Den hast du dir verdient. Ich habe leider keine Tüte hier, aber das passt auch so. Hey...
r he
Plötzlich wird es Franz zu viel. Er macht sich mit Gewalt los. Die Geldbündel fliegen nur so umher und auch Reinhold landet vor Franz auf dem Boden. Der reißt sich die Jacke und Hemd vom Leib. FRANZ (schreit) Warum?! Warum hast du das getan?
lm Fi
Franz zeigt auf seinen Stummel und starrt den Reinhold verzweifelt an. Nun ist es an Reinhold zu schweigen. Er hält Franz' Blick stand, dann fährt er ganz ruhig fort: REINHOLD Weil ich dich töten wollte. Franz ist irritiert von Reinholds Offenheit.
e pr
2 is
REINHOLD (cont'd) Ja. Und es war mein gutes Recht, oder? Ich hab dich von der Straße aufgesammelt. Ich hab dich bei mir aufgenommen. Ich hab dich gefüttert. Ich hab dir ein Heim gegeben, einen Job. So viele Frauen, wie du nur ficken kannst... Ich dachte, wir wären richtig für einander. Aber du warst schon halb bei Eva eingezogen. Du wolltest mich verlassen. Natürlich wollte ich dich töten!
FRANZ Ich dachte nicht...ich...
0
REINHOLD (cont'd) Redest vom “Gutsein”, vom “Anständigsein”. Aber “Treusein”?
02
Reinhold macht eine dramatische Pause.
88.
De
REINHOLD Genau, Franz, du denkst nicht! Du erkennst deine echten Freunde nicht. Für die anderen bist du nur ein dummer Nigger. Aber ich sehe dich, Mensch!
Franz berührt Reinhold tröstend am Arm.
sc ut
FRANZ (zeigt auf seinen Arm) Habe ich das verdient? Werde ich bestraft?
Reinhold streichelt Franz zärtlich den Kopf.
r he
REINHOLD Ja, du wirst bestraft. Denn du nimmst dein Schicksal nicht in die Hand. Du siehst es nicht, Du guckst nicht richtig hin! Schau dich an: Du überlebst alles, Franz. Du bist unsterblich!
lm Fi
Franz ist erschöpft in sich zusammengefallen. Reinhold beginnt leise ein Lied zu singen: “Oh My Darling, Clementine”. Aber Franz ist schon eingeschlafen. MIEZE (V.O.) So ist Franz also wieder in Reinholds Arme getrieben... TITEL TAFEL: VIERTER TEIL
A/T HASENHEIDE, NACHMITTAG
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76
Wir folgen Franz auf seinem Weg durch die Hasenheide. Sein Schritt ist selbstbewusst, seine Haltung strahlt Entschlossenheit aus.
2 is
STIMME MIEZE (V.O.) Er hat sich ihm zugeführt, sich ihm hingegeben, der Ochse hat sich dem Schlachter dargereicht. Franz hat Reinholds Liedern gelauscht und sich von ihm verführen lassen.
02
Die Dealer aus Reinholds Bande, die ihn kennen, schauen ihn alarmiert an.
0
Als Franz sich Reinholds Bank nähert, werden die Männer sichtlich nervös beim Anblick des Wiederauferstandenen. Ihre Blicke kleben an Franz’ linker Schulter, wo ein schlaffer Ärmel baumelt. Ottu, der auch hier ist, geht instinktiv zwei Schritte zurück und stellt sich hinter den Kinderwagen mit Essen. Nur Reinhold bleibt vollkommen ungerührt auf seiner Bank sitzen.
89.
De
Franz beachtet die Männer kaum. Den Blick geradeaus geht er an ihnen vorüber und läuft zielsicher auf die Bank der konkurrierenden Araber zu. Reinhold und die anderen warten angespannt, was jetzt passiert.
sc ut
Ohne große Umschweife geht Franz direkt auf den ANFÜHRER, 33, der Araber zu. Dieser sitzt von FÜNF SEINER MÄNNER umringt auf der hohen Kante der Bank. Eine KUNDIN, 18, verzieht sich sofort, als sie Franz ankommen sieht. Zwei der Männer drehen sich um und stellen sich Franz in den Weg. Doch Franz hält nicht an. Wir erkennen, dass er einen Hammer in der Hand hält. Und er benutzt ihn.
r he
Franz arbeitet sich wie ein losgelassener Stier Bande. Blut spritzt. Männer schreien auf. Franz Schläge und Stöße ab, doch am Ende hat er freie marschiert auf den Anführer zu und schmeißt ihn Bank.
durch die kriegt Bahn, von der
Reinhold und seine Männer kommen hinzu. Reinhold geht direkt zu dem Anführer, der von Franz auf dem Boden gehalten wird. Er beugt sich zu ihm hinunter. Der Anführer sieht ihn mit hass- und angststarren Augen an. Sein Gesicht ist voller Blut.
lm Fi
ANFÜHRER CONT’D) (zu Reinhold) Du bist tot, du Wichser!
e pr
Reinhold grinst. Er nimmt eine handvoll Erde und lässt die Faust über dem Gesicht des Festgenagelten schweben. Erde rieselt ihm in Auge, Nase und Mund. Der Mann wehrt sich, schreit aber es ist aussichtslos, Franz hat ihn fest im Griff – so muss er im wahrsten Sinne des Wortes Dreck fressen. REINHOLD Die Hasenheide gehört ab jetzt mir. Wenn ich dich oder deine Jungs noch einmal hier sehe...
2 is
Langsam stopft Reinhold dem Anführer den Rest der Erde in den Mund. Dann holt er aus und schlägt ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Dem Mann gehen die Lichter aus. Franz lässt von dem Bewusstlosen ab. Reinhold steht auf, klopft Franz auf die Schulter und geht als sei nichts gewesen.
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I/N STRIPCLUB “ALTE SEHNSUCHT”, NACHT
02
Die Araber heben ihren lädierten Anführer auf und verschwinden. Franz geht zu Reinholds Bande. Ein triumphierendes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht.
77
0
Franz sitzt mit Reinhold im Separee. Ein paar halbnackte Mädchen tummeln sich zwischen den Männern und gießen Sekt nach.
90.
De
Franz hat eine Frau auf dem Schoß, interessiert sich allerdings nicht sonderlich für sie. Gegenüber hat Reinhold Platz genommen. Auch er hat ein Mädchen an seiner Seite. Er erhebt das Glas.
sc ut
MIEZE (V.O.) Du bist aus Dreck und Blut und Dreck gemacht, wie jeder andere Mensch und wie jeder andere musst du jetzt nach deinem Besten schauen, denkt Franz.
REINHOLD Auf den neuen Franz! Und darauf, dass die Hasenheide jetzt uns gehört.
Franz erhebt sein Glas, sie stoßen an. Auch die anderen Männer prosten ihnen zu. Sie stürzen den Champagner herunter. Reinhold setzt sich zurück.
r he
REINHOLD (cont'd) Von jetzt an teilen wir uns anders auf. Du überwachst das Geschäft im Park und...
Reinhold bemerkt jemanden und verstummt.
lm Fi
Pums betritt mit seinen beiden Leibwächtern das Separee und schaut in die Runde. Sein Blick ist kalt. Er geht auf Reinhold zu, nimmt seine Wange in die Hand und schaut ihn fest an. Franz will aufstehen, doch Pums’ Leibwächter hat ihn im Blick, und eine Pistole blitzt aus seiner Hose.
e pr
PUMS Ich hatte ein neues Abkommen mit den Libyern, und das weißt du. Sie haben sich sehr beschwert. Die wollen jetzt Kompensation. Pums drückt etwas fester zu. Reinhold atmet heftig. PUMS (cont'd) Weißt Du, was ich ihnen gesagt habe?
2 is
Pums kostet die Pause aus.
PUMS (cont'd) Sie sollen zurück in die Wüste und ihre Kamele ficken!
PUMS (cont'd) (lachend) Gut gemacht! Der Held der Stunde!
02
Pums lacht laut auf. Er lässt Reinholds Gesicht los, gibt ihm eine tätschelnde Ohrfeige und wendet sich an Franz.
0
Er umarmt den überraschten Franz herzlich und lange.
91.
De
PUMS (cont'd) Heute geht alles auf mich! Reinhold bring mal eine Runde!
Reinhold sieht Pums düster an, steht aber auf und geht. Pums setzt sich neben Franz.
sc ut
PUMS (cont'd) Totgeglaubte leben länger.
Er mustert den leeren Ärmel von Franz. PUMS (cont'd) Reinhold hat erzählt, dass er dich umgebracht hat. Er war sehr stolz drauf.
r he
FRANZ (ungerührt) Wir haben unseren Frieden gemacht. Peace and Reconciliation, you understand?
lm Fi
PUMS Ich versteh nur Freund oder Feind. ... Sei nicht dumm. Du hast Potenzial. Wenn du...
Franz unterbricht Pums sanft, indem er ihm freundschaftlich den Arm um die Schulter legt. FRANZ Pums... wenn du noch ein Wort sagst, breche ich dir den Hals.
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Pums sieht Franz überrascht an. Dann formt sich ein Lächeln auf seinem Gesicht und er lacht auf. REINHOLD Na, ihr Turteltauben...
FRANZ Setz dich.
2 is
Franz und Pums schauen auf. Reinhold steht vor ihnen mit drei Gläsern in der Hand. Reinhold grinst, doch man spürt, dass es in ihm brodelt. Franz zieht seinen Arm von Pums zurück und deutet auf den freien Platz neben sich.
0
REINHOLD Was ist denn so lustig?
02
Reinhold zögert, dann zieht er sich stattdessen einen Stuhl heran und setzt sich den beiden gegenüber. Pums lacht immer noch.
92.
De
PUMS Unser Franz... Ich hoffe, du weißt, was du an ihm hast. (erhebt sein Glas) Auf die Freundschaft!
Reinhold und Pums schauen sich an. Sie stoßen an.
sc ut
PUMS (cont'd) (zu Franz) So, Franz, (zeigt auf die Frauen) Bedien’ dich...
Franz grinst und winkt ab. FRANZ Danke, ich hab eine Frau zu Hause...
r he
REINHOLD Ach, von der weiß ich ja noch gar nichts...
lm Fi
FRANZ ... sie ist ein Engel, sie liebt mich sehr. Und bringt gutes Geld nach Hause. REINHOLD Also doch kein Engel.
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FRANZ (bestimmt) Sie ist respektabel... hier drin! (zeigt auf sein Herz) Pums legt seinen Arm um Franz.
PUMS Schön. Liebe ist gut. Freu dich dran...
FRANZ Die geht nicht weg.
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REINHOLD ...Solange sie da ist.
Reinhold schenkt nach und erhebt das Glas.
0
PUMS Auf die Liebe und auf das liebe Geld. Die beiden wichtigsten Dinge im Leben.
02
REINHOLD Auf die Liebe.
93. Alle drei stoßen an und kippen die Schnäpse nach hinten. Reinhold grinst in sich hinein.
De
REINHOLD Musste mir mal vorstellen, den Engel. Wie heißt sie denn?
Franz zögert.
sc ut
REINHOLD (cont'd)
Na...? FRANZ Mieze heißt sie, aber eigentlich (hält inne) hat sie einen anderen Namen.
r he
Reinhold steckt sich eine Zigarette an. REINHOLD Mieze... schönchen.
78
lm Fi
Er bläst den Rauch aus. Franz sieht ihn misstrauisch an. Dann wird er von Pums in ein Gespräch verwickelt. Wir hören es nicht. Franz findet seine gute Laune wieder. Er lacht. Reinhold lässt ihn nicht aus den Augen. Dann fällt sein Blick auf Franz’ Handy, dass auf dem Tisch liegt. 78
I/T WOHNUNG MIEZE, WOHNZIMMER, NACHMITTAG Die Wohnungstür öffnet sich und Mieze kommt, ihren Rollkoffer hinter sich herziehend, in die Wohnung. MIEZE
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Franz?
Sie geht ins Wohnzimmer. Dort schläft Franz betrunken auf dem Sofa. Mieze holt einen dicken Umschlag aus dem Koffer und wirft ihn in Franz Gesicht.
MIEZE (cont'd) Guten Morgen. Franz sieht sie an.
02
FRANZ (verkatert) Wo warst du...
2 is
Franz erwacht. Er ist schwer verkatert.
Mieze steckt sich eine Zigarette an und packt ihre Sachen aus.
0
MIEZE Wo ich war? Wo warst du? Mit wem hast du gesoffen?
94. Franz richtet sich langsam auf und reibt sich den Kopf.
De
FRANZ War mit n' paar Freunden unterwegs. MIEZE Wat für Freunde?
sc ut
FRANZ Freunde, von früher.
Mieze ist etwas misstrauisch. Franz öffnet den Umschlag. Er ist voller Geldscheine. FRANZ (cont'd) Woher kommt das?
r he
lm Fi
MIEZE Der Schornsteinfeger. Dreitausendfünfhundert für ein Wochenende! Der Junge ist echt verrückt nach mir, hat den Kehrbezirk von seinem Alten geerbt und weiß nich wohin mit die Kohle. Nich der Schlauste, aber n richtig feiner Kerl. Schornsteinficker bringen Glück...
Mieze lacht. Franz wirft den Umschlag missmutig auf den Tisch zurück und steht auf. Er nimmt Mieze in den Arm. FRANZ Ich will nicht, dass du damit weitermachst.
e pr
Mieze schaut ihn an.
FRANZ (cont'd) Ich hab n neuen Job, der bringt Geld für uns beide.
Franz zuckt mit den Schultern. FRANZ Geschäfte.
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MIEZE Und was machst du da?
MIEZE Ich will mein eigenes Geld verdienen.
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FRANZ Musst du nicht.
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Sie wartet auf mehr. Es kommt nichts.
95. MIEZE Mach ich aber.
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FRANZ Aber ich will das nicht!
sc ut
MIEZE Is mir scheißegal. Ich mach mein Ding. FRANZ Ja, as a whore!
Blitzschnell ohrfeigt sie ihn. Schaut zur Seite und atmet durch. Dann steht sie auf, geht an das andere Ende des Raumes und mustert Franz wütend.
r he
Dem tut das gesagte sichtlich leid. Als Mieze plötzlich anfängt zu lachen, windet Franz sich noch mehr in Scham. Dann wird Mieze wieder todernst. Fuck you!
MIEZE
lm Fi
FRANZ Es tut mir Leid... ich... Sie kommt wieder zu ihm zurück. Setzt sich neben ihn.
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MIEZE Franz... Weißt du, was mein Geheimnis ist? Wie ich diese Arbeit aushalte, dass ich nicht verrückt werde? Das Geheimnis geht so: Ich schaue den Typen nicht in die Augen. Natürlich gucke ich ihnen ins Gesicht, aber ich schaue sie nicht an. Ich sehe dahin (zeigt auf eine Stelle zwischen seinen Augen)! Dann denkt der Kunde, dass er mich hat. Durch die Augen in die Seele, verstehst du? Aber das lasse ich nicht zu. Ich schaue knapp vorbei. Die Mädchen, die das nicht machen, gehen kaputt. Die zerbrechen. Da wo die Seele ist, das ist tödlich, verstehst du?
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Er schweigt. Sie setzt sich rittlings auf seinen Schoß und sucht seinen Blick.
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MIEZE (cont'd) Aber dich schaue ich an. Weil ich dich sehen will. Alles an dir, verstehst du? (MORE)
96. MIEZE (cont'd) Weil ich wissen will, wer du bist! Ich will dich… ganz und gar!
De
Sie küsst ihn. Er küsst zurück. FRANZ Keine Wochenenden mehr?
sc ut
Mieze überlegt. MIEZE Wenn du mir sagst, was für Geschäfte du machst - und mit wem.
Franz schweigt.
r he
MIEZE Halt mich nicht Ich weiß was du will es von dir
(cont'd) für blöd, Franz. tust. Aber ich hören.
FRANZ Das ist ein dummes Spiel.
Damit hebt er sie von seinem Schoß und geht.
lm Fi
79
79
A/T HASENHEIDE, MITTAG
Franz geht durch den Park und sammelt an den Ecken seiner Dealer das Geld der Männer ein. An der Stelle, an der sonst Reinhold sitzt, zählt er die Tageseinnahmen. Er wirkt zufrieden.
e pr
STIMME OTTU (ENGL.) (von weitem) Hey guys, food is ready!
2 is
Franz schaut auf. Ottu kommt mit einem Kinderwagen den Weg heraufgeschoben. Die Dealer dieser Ecke kommen zusammen. Ottu lüftet die Decke des Wagens und verteilt das Essen. Die Männer machen Witze über Ottu und lachen. Franz beobachtet sie und will gerade dazwischen gehen, als plötzlich ein langgezogener Pfiff erklingt. Franz und die anderen Dealer schauen sich erschrocken um. A/T HASENHEIDE, MITTAG
80
02
80
Wir sehen EIN DUTZEND DROGENDEALER über eine Wiese der Hasenheide rennen. Sie werden von Polizisten verfolgt.
Franz ist in eines der kleinen Wäldchen des Parks geflüchtet. Außer Atem schaut er sich um.
0
CUT TO:
97.
De
Er kann durch die Bäume BEAMTE DES DROGENDEZERNATS nach den Dealern und ihren Drogendepots suchen sehen. Zwei der Polizisten entdecken ihn und laufen auf Franz zu. Er rennt los. Zweige schlagen ihm ins Gesicht. Er rennt, stolpert und fällt, rappelt sich wieder auf und rennt weiter.
sc ut
Hinter dem Stamm einer alten Eiche bleibt er stehen und geht keuchend in die Knie. Nicht weit von ihm sehen wir, wie die beiden Polizisten im Unterholz nach ihm suchen. Franz versucht mit aller Gewalt Ruhe zu bewahren und seinen Atem zu beruhigen. Er schaut nach oben. Äste bewegen sich anmutig im Wind. Einatmen, ausamten. Die Geräusche der Männer werden leiser, aber Franz wagt nicht aus seinem Versteck zu kommen.
r he
Plötzlich ist es still. Wir hören nur noch das Ein- und Ausatmen von Franz. Ein neues Geräusch kommt dazu. Ebenfalls ein Atmen. Tiefer, bedrohlicher, nicht menschlich.
lm Fi
Langsam schiebt sich ein großer dunkler Schatten hinter Franz ins Bild. Franz dreht sich um, um hinter sich zu schauen, wo ein schwarzer Bulle schwer atmend im Wald steht. Die beiden schauen sich lange an. Es fängt an zu regnen. Das Geräusch der Blätter wird lauter. Wie das Schlagen von Wellen.
e pr
81
FADE TO: 81
A/N PARKPLATZ AM WESTHAFEN, DÄMMERUNG
Franz und Reinhold stehen auf dem Parkplatz, den wir schon kennen, als drei Autos aufkreuzen.
Franz!
STIMME PUMS
2 is
Franz will mit Reinhold gerade in den hinteren Kleinwagen einsteigen, als er Pums rufen hört.
Er dreht sich um. Pums winkt ihn zu sich. Franz geht zu ihm hin, Reinhold folgt misstrauisch.
02
PUMS (zu Franz) Du fährst bei mir mit.
0
Franz zögert, dann steigt er in die Limousine ein. Reinhold will sich ebenfalls hineinsetzen, doch Pums hält ihn zurück.
98. PUMS (cont'd) Du nimmst den anderen Wagen.
De
Reinhold und Franz schauen sich ernst an. Dann dreht Reinhold bei und geht zurück zum hinteren Wagen.
82
82
sc ut
xüfl≠æ.ER STRAßEN, IN PUMS WAGEN, NAC H TS
Franz sitzt neben Pums auf der Rückbank der Limousine. Er hat eine Hasenmasken in der Hand. Er sieht Pums fragend an.
r he
FRANZ Warum machen wir das? (Hält die Maske hoch) Wegen dem Geld? PUMS Die paar Kröten? (schüttelt den Kopf) Es erhält die Reflexe. Ein Mann muss wach sein. Auf Zack sein.
lm Fi
Pums schaut abwesend aus dem Fenster.
e pr
PUMS (cont'd) Aber die Zeiten ändern sich. “Die Jungen steigen, wenn die alten fallen.” Männer wie ich geraten aus der Mode. Deshalb habe ich Reinhold zu mir genommen. Von der Straße aufgekratzt, die kleine Ratte...
Er grinst zu Franz hinüber. Franz lächelt leicht.
2 is
PUMS (cont'd) Ich dachte, ich könnte ihn mir erziehen, aber ich hab mich von ihm einfangen lassen ... Es ist schwer sich dem Teufel zu entziehen, wenn man ihn einmal zu sich eingeladen hat.
Er zwinkert Franz zu, mustert ihn eindringlich, aber Franz schaut aus dem Fenster und schweigt nachdenklich.
02
PUMS (cont'd) Merk dir das: Verlieb dich nicht in einen Stricher, der dir beim Blasen in den Schwanz beißt.
0
Pums lacht. Aber es klingt trostlos und bitter.
99. 83
83
A/N VOR EINEM JUWELIER, NACHT
De
Verschwommene Bilder und gedämpftes Heulen, ein hohes Fiepen und flackerndes Licht. Langsam klärt sich das Bild. Eine verzerrte Hasenfratze schaut uns direkt an.
sc ut
Reinhold zuckt benommen vor dem Hasenmann zurück. Es ist Franz mit Maske, der mit seinem rechten Arm in das Autowrack, dass im Schaufenster des Juweliergeschäfts hängt, greift und Reinhold herauszieht. Dieser sieht immernoch verwirrt zum Hasenfranz hoch. Der redet mit Reinhold, doch das Heulen einer Alarmanlage übertönt jedes Wort.
r he
Reinhold schaut sich um. Zwei Männer rennen in die Nacht. Dann sieht er Pums, der hektisch mit den Armen wedelt. Endlich versteht Reinhold die Welt wieder: PUMS Alle Abhauen! Alle raus hier!
Pums steigt in seinen Wagen. Reinhold steht mit Franz’ Hilfe auf. Schüttelt sich. Pums Auto fährt davon.
lm Fi
Jetzt mischen sich auch Polizeisirenen und das Quietschen von Autoreifen in die Geräuschkulisse. Franz packt Reinhold und zerrt ihn zu einem der Autos der Bande, das mit offenen Türen dasteht. Franz setzt Reinhold ans Steuer und springt selbst auf die Rückbank. Reinhold muss sich noch einmal schütteln und gibt dann Gas. Der Wagen rast davon.
e pr
84
84
êyÉfl≠æ™ER STRAßEN, IM WAGEN, NACHTí=ò
Franz hält sich am Beifahrersitz fest. Hinter ihnen sind Sirenen zu hören.
2 is
REINHOLD FUCK! FUCK! FUCK! Was ist denn passiert??? Reinhold quietscht um eine Straßenecke.
02
FRANZ Keine Ahnung. Alles schiefgelaufen.
Franz schaut nach rechts in eine Seitenstraße. FRANZ REINHOLD Bist du verrückt...?
0
Stop!
100.
De 85
FRANZ (schreit) Halt an! 85
A/N STRASSE BERLIN, NACHT
sc ut
Der Wagen der beiden macht eine Vollbremsung und setzt dann zurück, um in die Seitenstraße einzubiegen. Auf der Straße vor ihnen ist der Wagen von Pums in ein parkendes Auto gerammt und hat sich überschlagen. Nichts rührt sich, als plötzlich eine der Türen aufgestoßen wird und eine dunkle Gestalt halb aus dem Wagen kriecht.
r he
Obwohl man das Nahen der Polizei hören kann, springt Franz aus dem Auto und rennt zu dem Unfallwagen. Reinhold flucht, aber steigt dann auch aus und eilt hinterher. Franz ist schon über die Gestalt gebeugt, als Reinhold dazustößt. REINHOLD Das ist zu gut.
lm Fi
Auf dem Boden liegt Pums. Er hat eine große Platzwunde am Kopf und sein Gesicht ist blutverschmiert. Eines seiner Beine ist in dem Auto eingeklemmt. Er atmet, doch er kann nicht sprechen. Franz versucht das Bein frei zu bekommen, bis Pums sich vor Schmerzen windet.
Reinhold rührt sich nicht.
e pr
FRANZ (zu Reinhold) Los, hilf mir!
2 is
REINHOLD Sieh nach den anderen. Ich bleib bei ihm.
Franz zögert und sieht Reinhold an. Dann eilt er um das Auto herum, um den anderen Männern zu helfen. Langsam kniet Reinhold sich neben Pums, der Reinhold nur verschwommen ansieht.
02
0
Reinhold macht sich eine Kippe an. Er sieht sich um und bemerkt, dass die Tankabdeckung gleich hinter der Tür, in der Pums festhängt, abgebrochen ist. Er schraubt den Tankdeckel auf, so dass ein Rinnsal Benzin herausfließt und auch Pums’ Kleider sich damit tränken. Dieser bemerkt das und will schreien, aber seine Stimme versagt. Reinhold legt ihm den Zeigefinger auf die Lippen und streicht Pums Blut und Schweiß vom Mund.
101. Pums Atem wird nun ganz ruhig. Er schaut Reinhold an und sein panischer Blick wird ernst, dann traurig.
De
Inzwischen konnte Franz zwei Männer aus dem Wagen lebendig bergen. Der eine kann auf seinen eigenen Beinen stehen, den anderen hat Franz sich über die Schulter geworfen und trägt ihn zu ihrem Auto. Er ruft zu Reinhold herüber.
sc ut
FRANZ Was ist mit Pums?!
Reinhold antwortet nicht. Stattdessen legt er seine glühende Kippe so hin, dass das Benzin auf dem Asphalt sie jeden Moment erreichen wird. Dann gibt er Pums einen zarten Kuss auf die Stirn.
r he
REINHOLD “Das Hier verlierst du für ein besseres Dort”...
Pums kommen die Tränen.
FRANZ Reinhold!!!
86
lm Fi
Langsam steht Reinhold auf und geht zu seinem Auto zurück. Blaulicht in der Ferne. 86
I/N STRASSE BERLIN, IM WAGEN, NACHT
Reinhold steigt ein. Franz sitzt auf dem Beifahrersitz und schaut ihn fragend an.
e pr
REINHOLD (zu Pums Männer) Da war nichts zu machen.
2 is
Franz sieht Reinhold eindringlich an, doch der schaut nur schweigend zurück. Plötzlich beginnt Pums’ Auto lichterloh zu brennen. Franz und der andere Mann aus Pums’ Auto drehen sich fluchend in ihren Sitzen um. Ein markerschütternder Schrei geht durch die Nacht. Pums hat seine Stimme wiedergefunden. Franz schaut entsetzt zu Reinhold und erschrickt vor dessen Blick, der im Rückspiegel das Feuer beobachtet.
87
I/N MIEZES WOHNUNG, SCHLAFZIMMER, NACHT
02
Sirenen sind zu hören. Endlich startet Reinhold den Motor und gibt Gas. Das Auto rast davon.
87
0
Mieze erwacht schweißgebadet. Verstört dreht sie sich um.
102.
De
MIEZE (panisch) Franz? Ich kann dich nicht sehen. FRANZ Ich bin hier, Mieze.
sc ut
MIEZE Ich hatte einen seltsamen Traum... Franz?
Jetzt erst merkt sie, dass er voll angezogen ist. An der Bettkante sitzt. Sie greift nach seiner Hand. Die zittert. MIEZE (cont'd) Was ist denn los?
r he
Er schüttelt den Kopf.
FRANZ Was für einen Traum? MIEZE Ich weiß nich...Franz, es ist was passiert.
lm Fi
Franz versteht nicht. Er ahnt Schlimmes. FRANZ Was ist passiert? Mieze schluchzt auf.
Franz schaut Mieze an. Was?
FRANZ
e pr
MIEZE Ich bin schwanger.
2 is
Sie ist plötzlich ganz aufgeregt und die Worte sprudeln nur so hervor.
0
FRANZ Ich freu mich... wirklich...
02
MIEZE Ja. Und ich hör auf mit dem Anschaffen. Ich habe schon mit Marc gesprochen. Der Schornsteinfeger, erinnerst du dich? Der will mir einen Job geben, bei ihm im Büro. Dann haben wir nicht mehr soviel Geld, aber... Was ist los, Franz? Du weinst ja...
103. Franz kann nicht sprechen. Sie küsst seine Lippen zu. Er will was sagen. Sie lässt ihn nicht.
De
CUT TO:
Mieze ist wieder eingeschlafen. Franz steht am Fenster und beobachtet seine schwangere Geliebte. Er holt sein Handy hervor und wählt eine Nummer.
sc ut Ja
REINHOLD (V.O.) (kratzige Stimme)
FRANZ Hast du geschlafen?
r he
REINHOLD (V.O.) Wie ein Baby. FRANZ Und, was jetzt?
Ein langes Schweigen am Telefon.
lm Fi
REINHOLD (V.O.) Der Park gehört jetzt uns. Uns allein. FRANZ Pums Männer?
REINHOLD (V.O.) Die sind nichts ohne ihn. Die habe ich unter Kontrolle.
e pr
Franz überlegt.
FRANZ Ich will meinen Pass.
2 is
REINHOLD (V.O.) Warum? Willst du Urlaub machen?
Reinhold lacht rau am anderen Ende der Leitung.
02
FRANZ Ich weiß, was du heute Abend getan hast... Ich werde den Mund halten. Aber, ich will den Pass. Das ist mein Preis, Reinhold.
Franz lauscht angespannt. Wir hören nur das Atmen von Reinhold. REINHOLD
0
Cool.
104. Dann legt Reinhold auf. Franz schließt die Augen und atmet durch.
De 88
88
I/N WOHNUNG REINHOLD, WOHNZIMMER, NACHT
sc ut
Wir sehen Reinhold, der sein Handy sinken lässt. Sein Gesicht leuchtet fahl im blauen Licht des Telefons. Jetzt erst erkennen wir, dass er nicht in seinem Schlafzimmer, sondern in sich zusammengesunken an einer Wand in seinem Wohnzimmer sitzt. Der Raum ist komplett verwüstet. Alles Schöne kaputt. FRANZ (V.O.) My name is Franz.
r he
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MONTAGE, PLATTENBAU HELLERSDORF, FRAUENARZT, TAG Franz steht auf einer Kiste in der illegalen Flüchtlingsunterkunft, in der er früher gewohnt hat.
lm Fi
Um ihn herum sind eine HANDVOLL SCHWARZAFRIKANISCHER FLÜCHTLINGE versammelt. Er ist in teurem Swag gekleidet und macht darin eine eindrucksvolle Figur. Die Männer lachen. Einer meldet sich ironisch. MANN Sure! And my name is Klaus!
e pr
FRANZ I have a funny name, and you can gladly laugh about it. But I’m not here to make you laugh...You want a decent life, no?... You deserve more from life then just a bed and a piece of buttered bread, don’t you?
2 is
Franz redet zu schnell, ist zu bemüht. Er bekommt sein Publikum nicht. Reinhold steht im Türrahmen und beobachtet Franz amüsiert. Neben Reinhold wartet Ottu, düster und einäugig.
02
MANN Buttered bread? What you want to do, brother. Give me some Pizza!
0
Reinhold hat sich verändert. Er trägt dunkle Klamotten und eine schwarze Lederjacke. Er hat sich die Haare kurzgeschnitten und an den Spitzen blondiert. Seine Augen verschwinden in dunklen Höhlen.
105. Die Männer werden unruhig. Wollen gehen. Franz ist nervös.
De
CUT TO:
Mieze im Untersuchungszimmer eines Frauenarztes: Sie betrachtet die Plakate von Familien, die harmonisch mit strahlendem Lächeln auf sie herabblicken.
sc ut
Sie hat noch keinen sichtbaren Bauch, aber sie streicht sich sanft über den Unterleib. CUT TO:
Franz sieht seine Felle davon schwimmen und steigt von der Kiste.
r he
FRANZ I hate, when they call me refugee. Call me new arrival, call me immigrant, but don’t call me refugee. I ran all my life. I came here to stay. To build something for me. I am not a refugee. I look at you and I see myself: young, strong and proud men who want to stay her, to have a life here. Right?
lm Fi
Die Männer hängen an Franz’ Lippen Er schaut sich um. Right?
FRANZ (cont'd)
e pr
Die Angesprochenen nicken erst und lassen sich dann von Franz’ Stimme enthusiastisch mitreißen.
Die Männer lachen.
2 is
FRANZ (ENGL.) (cont'd) You want your own apartment, a flat-screen TV and a car to drive around in and fuck your girl in!
FRANZ (ENGL.) (cont'd) When I arrived in Germany, I had nothing. No money, no apartment, no job... no hope..
02 CUT TO:
EINE ÄRZTIN, 46, kommt in das Untersuchungszimmer, begrüßt Mieze und bereitet das Ultraschall vor.
0
FRANZ (ENGL.) (V.O.) But now that’s all different. I am the German dream. (MORE)
106. FRANZ (ENGL.) (V.O.) (cont'd) I make my own money, I drive a German car, I have a German woman.
De
Als Mieze zum ersten Mal das neue Leben in sich auf dem Monitor sieht beginnt sie zu weinen. CUT TO:
sc ut
FRANZ (ENGL.) I even have a German name. (allgemeines Lachen). I might be invisible, but I have made it here. Black, strong and fearless. Ich bin Deutschland.
Reinholds Blick wird im Laufe der Rede immer düsterer.
90
r he
Nun kommt der Teil der Vorstellung, wo Franz das Begrüßungsgeld verteilt. Gierig schließen die Männer einen Kreis um Franz. Reinhold schaut dem Schauspiel noch einen Augenblick zu, dann verlässt er den Raum und Ottu folgt ihm hündisch. 90
I/T REINHOLDS AUTO, MITTAG
lm Fi
Franz steigt auf die Rückbank des Autos, wo Reinhold schon auf ihn wartet. Ottu sitzt am Steuer. REINHOLD (humorlos) Ich bin Deutschland?
e pr
FRANZ (lacht) Ja. Ich bin Deutschland.
Franz pfeift durch die Zähne.
2 is
REINHOLD Dieses Wochenende gibt es eine Party. In Evas Klub. Eine Art Kostümball. Saufen und Mädels gehen auf mich.
Franz zögert.
Reinhold grinst.
0
FRANZ Ich frage sie.
02
REINHOLD Deine Süße ist auch eingeladen. Ist an der Zeit, dass ich die mal kennenlerne. Oder willste die ewig vor mir verstecken?
107. REINHOLD Schönchen. Kostüme bring ich mit.
De 91
91
I/T WOHNUNG MIEZE, WOHNZIMMER, ABEND Am Abend - Mieze liest Bücher über Schwangerschaft klingelt ihr Telefon. Sie geht ran.
sc ut
MIEZE Hallo? Wer ist da?...Hallo André... Wo hast du diese Nummer her? ... Nee, ich bin leider gerade nich verfügbar... nee, ich kann gerade wirklich nich... nur Privatdinner?
r he
In diesem Moment kommt Franz mit zwei Einkaufstaschen in der Hand in die Wohnung. Sie nickt ihm zu und bedeutet ihm, dass sie telefoniert. Sie senkt die Stimme und will gerade die Tür zum Schlafzimmer, wo Franz die Taschen abstellt, schließen, als sie plötzlich innehält.
lm Fi
MIEZE (cont'd) Was? Soviel für ein Privatdinner? Aber nee, ich kann das nich machen. Ist einfach schlechtes Timing... Franz kommt in den Raum und küsst und umarmt Mieze, die das Telefonat beendet.
e pr
Sie legt auf und bestaunt das elegante, weitgeschnittene Abendkleid, das Franz ihr hinhält.
2 is
MIEZE (cont'd) (begeistert) Franz, das war doch sauteuer, oder?
FRANZ Gefällt es dir? Ich habe das Geld. MIEZE Das ist richtig schön.
Mieze ist misstrauisch.
0
FRANZ Ich muss nochmal los. Kleine Party.
02
Mieze gibt Franz einen Kuss und will ihn zu sich ziehen. Er hält dagegen.
108. MIEZE Geil, erst Dinner, dann Party, ja?
De
Franz ist unbehaglich. FRANZ Ich weiß nicht. Du bist schwanger.
sc ut
MIEZE Franz... ich mache hier auf Family und du machst nicht mit. Das geht nicht.
Franz schweigt. Er will etwas sagen, traut sich aber nicht. MIEZE (cont'd) Schämst du dich etwa für mich?
r he
Franz schweigt. Er will etwas sagen, traut sich aber nicht. FRANZ Nein, aber, die Leute, die sind nicht das richtige für dich, das sind...
lm Fi
Mieze sieht Franz ungläubig an.
MIEZE ...Kriminelle? Franz, wir sind doch auch keine Engel. Ich versuche es zumindest, gut zusein...
e pr
Damit beginnt sie das Abendkleid anzuziehen. Franz ist das nicht recht. MIEZE (CONT’D) (cont'd) Komm, Franz, ich führ dich aus. Nur wir beide. Familie...
Franz hält sie fest und schaut sie ernst an.
2 is
FRANZ (entschieden) Mieze, du kannst nicht mit. Ich will es nicht, you get it?
Mieze schaut Franz groß an. Er gibt ihr einen flüchtigen Kuss und geht.
02
Mieze bleibt enttäuscht und wütend zurück. Als die Tür hinter Franz ins Schloss fällt, überlegt sie kurz. Dann nimmt sie ihr Handy und wählt die Nummer des letzten Anrufers.
0
MIEZE Hallo André? Also, ich hab’s mir nochmal überlegt. (MORE)
109.
De
sc ut
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MIEZE (cont'd) Ich kann schon kommen, aber mehr als Dinner ist nich drin... keine Penetration. Französisch oder mit der Hand... echt? Na gut, dann gerne, wann denn? Hotel “Das Stue”? Klar kein Problem. Bis später. 92
I/N IM CLUB “NEUE WELT”, NACHT
Franz kommt in Bertas Klub an. Es ist ein rauschendes Fest. Die Kostüme sind farbenfroh und fantasievoll gestaltet. Franz sucht seine Stammecke im V.I.P.-Bereich des Klubs auf. Ein paar der Jungs aus dem Park sitzen dort, aber einer fehlt: Reinhold ist nicht da.
r he
Ottu taucht auf. Er hat zwei große IKEA Tüten dabei und verteilt den Inhalt an die Männer. Reinhold?
FRANZ
lm Fi
OTTU He’ll be here shortly. MANN And what’s all this?
OTTU Your costumes, of course.
e pr
Die Männer reißen die Päckchen auf. Franz begutachtet seines und reißt ebenfalls das Geschenkpapier ab. Dann schaut er auf. FRANZ Is this some kind of a joke? Ottu lächelt nur.
2 is
93
I/N HOTEL “DAS STUE”, LOBBY UND FAHRSTUHL, NACHT
93
02
Mieze betritt die Lobby des Hotels. Sie trägt das Abendkleid, das Franz ihr zuvor geschenkt hat. Das Kleid ist weiß und so weitgeschnitten, dass der Babybauch darunter kaum zu sehen ist. Sie erkennt den Kunden am abgemachten Signal und lächelt.
Sie geben sich Küsschen auf die Wange. Er führt sie in den Fahrstuhl. Als sich die Türen schließen überprüft Mieze unauffällig ihre Figur im verspiegelten Lift.
0
110.
De
Der Kunde fängt an ein Lied zu Pfeifen. “Oh My Darling Clementine” und nun sehen wir zum ersten Mal das Gesicht des Kunden. Es ist Reinhold. Und er strahlt über beide Ohren Mieze an.
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94
I/N CLUB “NEUE WELT”, NACHT
sc ut
Franz und seine Männer sitzen in ihren Kostümen im V.I.P.Bereich. Sie sehen aus wie eine Urwaldguerilla-Einheit. Rote BarrettMützen, Camouflage-Hosen und Patronengurte über den Kaki-TShirts. Nur Franz sitzt in einem Gorilla-Kostüm in der Mitte seiner Männer und hat sichtlich Spaß daran.
r he
Bald tauchen auch Eva und Berta auf. Eva hat ein traditionell nigerianisches Kleid an. Berta trägt ein einfaches, erstaunlich feminines, weißes Salonkleid aus den 30er Jahren. Sie schaut an Franz herab. BERTA Ich weiß ja nicht, ob ich lachen oder weinen soll...
lm Fi
CUT TO:
Franz und Eva stehen an der Theke und lassen sich Champagner einschenken. In Franz’ Ecke haben sich inzwischen auch einige Frauen eingefunden, und die Männer flirten, trinken, tanzen.
Reinhold. Passt.
FRANZ EVA
e pr
EVA (zupft an Franz Kostüm) Hast du dir das ausgedacht?
EVA Ich finde es demütigend.
2 is
FRANZ Ich finde es lustig.
0
FRANZ Did you ever think I could make it this far?
02
Franz schaut in den Spiegel hinter der Bar. Plötzlich kommt er sich auch ziemlich dumm in dem Kostüm vor und kippt das Glas in einem Zug. Auch das nächste Glas ist bald leer. Seine Stimmung verdüstert sich. Er schaut in die Menge.
111. EVA Franz, auf Deutsch, bitte.
De
Franz lächelt sie verlegen an. Sie seufzt. EVA (cont'd) Daran habe ich nie gezweifelt. Du warst immer etwas besonderes.
sc ut
Franz lächelt über das Kompliment. EVA (cont'd) (ernst) Ich meine das: Du hast von Anfang an Eindruck gemacht. Bist hervorgestochen. Vom ersten Moment an.
r he
Franz bemerkt ihren Ton und schaut sie traurig an. FRANZ (vorsichtig) Why do you... Warum sagst du das jetzt?
lm Fi
EVA Damit du es weißt. Damit dir nie jemand etwas anderes erzählen kann. Nicht ich, oder die (zeigt auf die Menge) oder ... Reinhold. Sagt es und zupft wieder an seinem Kostüm.
e pr
FRANZ (verlegen) Danke... You also had me from the beginning.
2 is
Ihre Hand ist inzwischen vom Zupfen zum Streicheln übergegangen und von seiner Brust zu seiner Wange. Franz wird das ein wenig zuviel. Der Song wechselt und er zieht Eva auf die Tanzfläche, wo auch Berta schon - langsam und gegen den Beat - sehr, sehr cool tanzt - aber dabei Eva und Franz nicht aus den Augen lässt. Eva schien noch etwas zu sagen gehabt zu haben, doch sie lässt sich von Franz mitreißen und beginnt, sich im Takt zu bewegen. Bald lächelt sie auch über Franz, der die Vorzüge seinen Kostüms nun voll ausnutzt und den Affen macht. I/N HOTELZIMMER, HOTEL “DAS STUE”, ABEND
02
95
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0
Mieze sitzt an der Bettkante des eleganten Hotelzimmers. Reinhold nimmt von draußen eine Flasche Whiskey entgegen und schließt dann die Tür hinter sich.
112.
De
Er setzt die Flasche mit zwei Gläsern auf einem kleinen Tisch vor Mieze ab und bemerkt jetzt erst, dass Mieze schwanger ist. Er erstarrt. Sie winkt den schockierten Reinhold neben sich heran. Reinhold setzt sich und holt zögernd einen Umschlag hervor. Sie nimmt ihn.
sc ut
MIEZE (kokett) Danke.
Ohne zu zögern zählt sie nach. Es ist sehr großzügig. Mieze lacht. Reinhold lacht mit. Irgendwas macht ihr Angst an diesem Mann. Er gibt ihr ein Glas. Sie nickt. Sie stoßen an. Mieze nippt leicht.
r he
MIEZE (cont'd) Das ist fantastisch. Was is ‘n das? REINHOLD Keine Ahnung. Ich hab einfach gesagt, bringen Sie mir das teuerste auf der Karte.
lm Fi
Sie lachen wieder, diesmal lacht Reinhold auch. Von Herzen. REINHOLD (cont'd) Du bist wirklich'n fesches Ding. MIEZE Danke, du bist auch nich übel.
e pr
REINHOLD Kann ich'n Foto mit dir machen?
Mieze zuckt mit den Schultern. Er beugt sich zu ihr herüber hält das Handy in Selfieposition und legt seinen Kopf an ihren.
2 is
REINHOLD (cont'd) Achtung... Cheeeeeeeses.
Mieze lächelt. Reinhold küsst sie wild und unsanft auf den Mund und drückt gleichzeitig den Auslöser. MIEZE Ey! Nie ohne zu fragen...
REINHOLD Entschuldigung... kam so über mich.
02
Reinhold lacht.
0
Mieze nimmt’s nicht krumm und setzt sich rücklings auf seinen Schoß.
113.
De
Sie löst seine Krawatte und beginnt, sein Hemd aufzuknöpfen. Nun ist Reinhold irritiert. So hat er das nicht geplant. MIEZE Kann ich dich was fragen?
sc ut
REINHOLD Klaro, immer raus damit. MIEZE Warum wolltest du grade mich treffen?
r he
REINHOLD Du hast was Geheimnisvolles und ich mag Geheimnisse. Ich hab auch welche.
Reinhold grinst. Mieze spürt wieder das Unbehagen, aber macht einfach weiter und küsst Reinholds Hals. MIEZE Echt, was könnt'n das sein?
lm Fi
REINHOLD (ahmt Mieze nach) Ja, was könnt'n das sein? Reinhold drückt sie von sich.
e pr
REINHOLD (cont'd) Machen wir doch kleines Spiel draus. Erstes Geheimnis: Ich heiß nich André und du heißt auch nich wirklich Kitty? MIEZE Ja, das ist ja mal ne Überraschung.
2 is
Mieze grinst, will sein Hemd weiter aufknöpfen, aber er stoppt sie. REINHOLD Ich will dir noch paar Geheimnisse verraten, wenn du mir deinen Namen sagst.
MIEZE Ich heiße Kitty.
0
REINHOLD Ach komm. Ich sag dir auch meinen echten Namen - sind wir beide nackig.
02
Mieze wird misstrauisch.
114. Mieze lächelt.
De
MIEZE Du zuerst. REINHOLD Nee, erst du.
sc ut
MIEZE Ok, gleichzeitig.
Sonja.
MIEZE (cont'd) Reinhold.
REINHOLD
Plötzlich Stille. Mieze ist geschockt. Reinhold merkt es, tut aber arglos.
r he
REINHOLD (cont'd) Sonja? Ist viel schöner als Kitty.
Mieze ist angespannt. Sie schaut zur Tür. Ihre Hände zittern.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) Haste Angst? Musst keine Angst haben. MIEZE Was wird'n das hier? Was denn?
REINHOLD
e pr
MIEZE Ich weiß, wer du bist?
REINHOLD Ach ja? Hat Franz von mir erzählt? Mieze schüttelt mit dem Kopf. Sie hat jetzt Mut gefasst.
2 is
MIEZE Nee, der nich, aber andere.
REINHOLD Lern mich doch erstmal kennen. Ich bin Franz’ Freund. Ich würde sogar sagen, sein bester.
0
REINHOLD Nee, ich wollte dich mal sehen: “Franz’ große Liebe”.
02
MIEZE Weiß er denn, dass sein bester Freund hier ist?
115.
De
MIEZE Was genau habt ihr beide miteinander zu schaffen?
sc ut
REINHOLD Hat dir wirklich nichts erzählt der Franz, was? Verschwiegen wie n Grab ist der... Der Franz und ich, das is ne ganz besondere Kiste, weißte, ich hab den von der Straße gekratzt, aufgepäppelt. Jetzt is er mir treu... wie so’n Hund... MIEZE (ungeduldig) Was ist mit seinem Arm?
r he
REINHOLD Der ist ab.
Er lacht.
MIEZE Hast du was damit zu tun?
lm Fi
REINHOLD Das Geheimnis is n bisschen zu groß für das erste Treffen, findste nicht? MIEZE Ein zweites wird's aber nich geben.
e pr
Mieze will aufstehen, Reinhold hält ihre Hand fest. REINHOLD Moment, das war jetzt n bisschen einseitig. Von dir will ich auch noch was wissen.
2 is
MIEZE Meine Namen kennst du doch schon...
Reinhold senkt den Kopf und sieht sie herablassend an.
0
Mieze ist alarmiert.
02
REINHOLD Ja, und der war auch gelogen, du heißt Mieze, bürgerlicher Name Emilie Parsunke. Halt mich nich für blöde.
116.
De
MIEZE Schön, dann weißt du ja alles. Guten Abend.
Doch Reinhold lässt ihre Hand nicht los.
sc ut
REINHOLD Na na, nich so eilig. Wir haben ne Stunde ausgemacht. Da is noch Zeit und für das Geld erwarte ich n bisschen mehr als wie nur quatschen...
Mieze schnauft vor Wut. Seine Hand hält sie eisern fest. MIEZE Wenn ich das Franz erzähle...
r he
REINHOLD Meinste du, der verzeiht dir das?
Er zeigt ihr das Foto. Mieze sieht Reinhold hasserfüllt an.
lm Fi
REINHOLD (cont'd) Jetzt kuck doch nich so. Ich will dir doch nichts Böses. Ach nee?
MIEZE
REINHOLD Ich tu doch der Süßen von Franz nichts an.
e pr
Er legt seine Hand sanft an Miezes Wange. REINHOLD (cont'd) Ich bin richtig gut zu Frauen.
Mieze ist aufgewühlt, aber sie nimmt Reinholds Hand nicht von ihrer Wange. Langsam streichelt er sie.
Reinhold nickt und grinst.
2 is
MIEZE (professionell) Bist du das, ja?
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REINHOLD Hat sich noch keine beschwert.
Reinholds Daumen wandert über Miezes Hals. Sie biegt sich unter seiner Berührung.
0
REINHOLD (cont'd) (erregt) Du hast gesagt, Hand oder Französisch. Mir gefällt beides...
117.
De
Mieze sieht Reinhold an. Ohne ihn aus den Augen zu lassen öffnet sie seine Hose und holt ihm einen runter. Reinhold atmet schwer, doch sein Blick bleibt auf ihr. Seine Finger schließen sich um ihren Hals.
96
96
I/N IM CLUB “NEUE WELT”, NACHT
sc ut
Franz tanzt mit seinen Jungs und deren Mädels. Sie haben einen Kreis auf der Tanzfläche gebildet. Eva steht mit Berta, die aber mit einer anderen jungen Frau flirtet, an der Theke im V.I.P.-Bereich. Dann gibt sie sich einen Ruck. Sie geht auf die Tanzfläche, nimmt Franz an die Hand und zieht ihn in eine ruhige Sitzecke, wo sie ihn leidenschaftlich küsst.
r he
Es hat etwas verzweifelt aggressives. Das geht soweit, das Franz das Küssen sanft, aber bestimmt abbricht und sie von sich hebt. Alles OK?
Eva?
lm Fi
Schweigen.
FRANZ
FRANZ (cont'd)
EVA Nix is OK. Ich liebe dich Franz.
e pr
FRANZ I love you, too, Evken! EVA Auf Deutsch, bitte! Evken...
FRANZ
2 is
EVA Don’t call me that. You know what I mean! Ich liebe dich! Wirklich. Ich liebe dich, dass ich Mieze und euer Glück hasse... Ich will dich zurück.
Berta beobachtet die beiden. Sie scheint verletzt.
0
EVA (cont'd) Ich hasse den Tag, an dem ich dich zu ihr gebracht habe.
02
Franz unterbricht sie, indem er seine Hand auf die ihre legt. Sie verstummt.
118. FRANZ It wasn’t you, it was...
De
...Gott? Fate.
EVA FRANZ
sc ut
EVA I hate this fate.
Berta hält es nicht mehr aus und wendet sich ab.
r he
FRANZ I am so glad, that this fate brought me to you. And so happy, that you brought me to Mieze... EVA Das war nicht geplant. FRANZ Ach, Evken.
Er lacht.
lm Fi
EVA Nenn mich nicht so.
FRANZ You have to be there for Mieze and me. You have to be happy for us. Bitte, Eva, wir brauchen dich...
e pr
Evas Blick wird plötzlich todernst.
REINHOLD Ach, hier seid ihr beiden!
2 is
Reinhold steht hinter Franz. Er hat eine Tropenuniform an, die verdächtig an den britischen Abenteurer Henry Morton Stanley erinnert. Und er ist offenbar bester Laune. Er gibt Eva einen flüchtigen Kuss auf die Wange und umarmt Franz. REINHOLD (cont'd) (lacht) Du hast es tatsächlich angezogen. (zeigt auf das Gorilla-Kostüm).
02
Eva wendet sich angewidert ab und macht Platz für Reinhold, der sich schwer neben Franz niederlässt.
0
REINHOLD (cont'd) Ich muss dir sagen: Ich bin verliebt, nein wirklich jetzt! Sie heißt Sonja und was die geschickt ist...naja du weißt schon. (MORE)
119. REINHOLD (cont'd) (zwinkert Franz zu) Ich beneide jeden, an dem sie Hand anlegt...
De
Franz will eigentlich Eva nachgehen. Sein Blick sucht nach ihr in der Menge. REINHOLD (cont'd) Happy Birthday, lieber Franz.
sc ut Was?
FRANZ (irritiert)
REINHOLD Happy birthday to you.
r he
Reinhold küsst ihm auf den Mund. Dann reicht er ihm ein Päckchen. Franz versteht gar nichts mehr. REINHOLD (cont'd) Nimm schon.
Franz nimmt das Päckchen.
lm Fi
FRANZ Aber ich hab doch gar kein Geburtstag... REINHOLD Doch, dein Erster! Erinnerst du dich nicht? Genau vor einem Jahr haben wir dich getauft.
e pr
Franz begreift und lacht auf. Er öffnet das Päckchen. Darin ist ein deutscher Pass. Sein Bild ist darin. Die Fälschung ist perfekt. In einem weiteren Umschlag sind zwei Flugtickets.
FRANZ Man, you are crazy.
2 is
REINHOLD (cont'd) Erste Klasse nach Teneriffa, fünf Sterne. All-Inklusive für deine Liebste und dich!
REINHOLD Ich hatte es dir versprochen.
REINHOLD (cont'd) Happy Birthday...
Er umarmt Reinhold.
FRANZ
0
Danke.
02
Franz lächelt. Er ist sichtlich gerührt.
120. REINHOLD Lass mal feiern!
De
FRANZ Ja, aber nicht hier. Bei mir! REINHOLD Bist du sicher?
sc ut Ja!
FRANZ
REINHOLD Du zierst dich doch immer so.
Franz schaut Reinhold an. Er zögert.
97
r he
FRANZ Nein, es wird Zeit, dass du meine Mieze kennenlernst. 97
I/N WOHNUNG MIEZE, WOHNZIMMER, NACHT
lm Fi
Franz führt Reinhold durch seine Wohnung. Reinhold hat immer noch sein Kostüm an. Franz klopft leise an der Schlafzimmer Tür. FRANZ Ich verstehe nicht, wo sie ist... Reinhold schweigt. An Miezes Gaderobenständer streift er mit der Hand durch ihre Kleider. Franz bemerkt es nicht.
Franz ist etwas nervös
Hält das Geschenk hoch.
2 is
FRANZ Ja, vielleicht.
e pr
REINHOLD Wenn sie nicht da ist, lern ich sie eben ein anderes Mal kennen.
REINHOLD Schon gut. Hast du vielleicht 'nen Drink? Whiskey?
FRANZ Das ist sie. Warte hier...
02
In diesem Augenblick geht das Schloss im Flur. Franz ist plötzlich sehr aufgeregt.
0
Reinhold macht einen Spaziergang durch das Schlafzimmer, schaut sich um mit seinem Fernglas, probiert Miezes Unterwäsche an.
121.
De
FRANZ (CONT’D) (cont'd) (fröhlich/nervös) Mieze, wo warst du?
Mieze antwortet nicht. Stattdessen nimmt sie Franz an die Hand und setzt sich mit ihm auf eine Bank im Flur.
sc ut
FRANZ (cont'd) Was ist denn los?
Franz will sie in den Arm nehmen, doch Mieze ist nicht aufzuhalten. MIEZE Wir müssen weg. FRANZ
r he
Was?
Mieze nimmt nun Franz und schaut ihn fest an. MIEZE Weg, Franz. Weg von hier! Weg aus Berlin. Weg von dem ganzen!
lm Fi
Franz versteht nicht.
FRANZ Ganzen was? Warum? Mieze zögert.
Franz ist irritiert.
e pr
MIEZE Weil es uns kaputt macht! (Pause) Weil Reinhold uns kaputt macht.
FRANZ Reinhold? Du kennst ihn überhaupt nicht...
2 is
MIEZE Ich weiß genug über den! Das is’n ganz abgefuckter Hund. Ein hintervotziges Arschloch! (sanfter) Franz bitte, lass uns einfach gehen.
FRANZ Jetzt? Hör zu: Er und ich...
02
Franz windet sich. Dieses Gespräch passt ihm jetzt gar nicht.
0
122.
De
MIEZE Jaja! Ich weiß, dein “bester Freund”, “eine ganz besondere Kiste”! Mensch, Franz, mach die Augen auf - der Typ ist krank, der ist nich richtig im Kopf.
sc ut
Franz schaut über die Schulter. Er hat das Gefühl Reinhold in seiner Wohnung herumstöbern zu hören. MIEZE (CONT’D) (cont'd) .. seitdem du mit ihm rumziehst, bist du anders, bist du nich mehr derselbe.
r he
FRANZ Ja, ich bin kein Idiot mehr, der den ganzen Tag hier rumsitzt. Ich muss was tun, ich bin ein Mann! MIEZE (traurig) Ein Mann? Ein Mann wie Reinhold?! FRANZ
lm Fi
Ja.
MIEZE (macht ihn nach) "Ich bin ein Mann"... was bist n du für n Mann, Franz? Ein Mann passt auf seine Familie auf. Und macht sich nicht zum Bimbo vor nem Psychopathen.
e pr
In diesem Moment taucht Reinhold im Hintergrund auf und Mieze geht auf ihn zu. Will ihren Peiniger umbringen. Franz packt Mieze und zieht sie fort. Stattdessen haut sie nun auf ihn ein. Franz schubst sie hart gegen die Wand und will zum Schlage ausholen.
2 is
REINHOLD Mensch, hör auf Franz!
Franz dreht sich um und sieht Reinhold an, als habe er ihn ganz vergessen. Er lässt ab von Mieze. Mieze schreit auf. RAUS!!!
MIEZE
02
Franz will sich losreißen und zu Mieze, aber Reinhold hält ihn fest und schleift ihn aus der Wohnung, während Franz wütend brüllt.
0
Damit verschwindet Reinhold mit Franz. Die Tür schlägt zu. Mieze bleibt zurück.
123.
De 98
STIMME MIEZE (V.O.) Jetzt saust der Hammer, der Hammer gegen Franz. 98
I/T WOHNUNG REINHOLD, GÄSTEZIMMER, NACHMITTAG
sc ut
Franz sitzt auf dem Bett in seinem ehemaligen Zimmer in Reinholds Wohnung. Er hält das Telefon am Ohr und wartet. Es ist später Nachmittag, Vorhänge verdecken das offene Fenster. Hin und wieder fegt ein Luftzug hindurch und weht die Vorhänge auf, so dass wir die Hochhäuser der Leipziger Straße sehen können. Straßenlärm ist zu hören.
r he
FRANZ (ins Telefon) Mieze, ich muss mit dir reden. Es tut mir leid.
Er legt auf, wirft das Handy auf das Bett und steckt sich eine Zigarette an.
lm Fi
Die Tür öffnet sich und Reinhold kommt mit Kelly, im Arm ins Zimmer. Doch Kelly hat sich verändert, sie ist nur noch ein Schatten der schönen jungen Frau, die sie war. Sie folgt Reinhold willig, fast willenlos. Achtet auf jede seiner Gesten und Blicke, als wüsste sie’s nicht alleine. REINHOLD Mein Franz, ich mach mir Sorgen. Du musst auf andere Gedanken kommen. Das hier ist Kelly. Sie wird lieb zu dir sein.
e pr
Franz schüttelt den Kopf. Reinhold schiebt ihm die Frau zu und verschwindet. Kellys Blick folgt Reinhold. Dann wendet sie sich an Franz. Ihre Stimme klingt hohl, ihr Ausdruck ist leer.
2 is
KELLY Biste traurig? Da können wir was gegen machen.
Franz schaut auf. Die Frau will ihn küssen, aber er schiebt sie fort.
0
KELLY Franz? Willst du dich nicht entspannen? Reinhold sagt, ich soll lieb zu dir sein...
02
FRANZ Ich bin’s, Franz, erkennst du mich nicht?
Wieder beugt sie sich zu ihm. Franz packt sie und schaut ihr tief in die Augen.
124.
De
Wo hast du deine Seele gelassen, Kelly? Ihm ist als könne er Reinhold im Nebenzimmer singen hören: “Oh my Darling, Clementine”... Dann schiebt er sie fort. Heftiger als er wollte. KELLY (cont'd) Ey! Was soll das?!
sc ut
Franz steht auf, nimmt seine Jacke. Reinhold erscheint in der Tür. Franz schiebt ihn zur Seite und geht an ihm vorbei. Franz!
REINHOLD
Da ist er schon aus der Tür raus.
r he
99
99
I/T WOHNUNG EVA, TREPPENHAUS, NACHMITTAG Franz klingelt an Evas Tür. Mieze!
FRANZ
Mieze!!
lm Fi
Dann hämmert er mit aller Kraft.
FRANZ (cont'd)
Die Tür, die nun schon heftig in den Angeln wackelt, droht, aus dem Rahmen zu brechen. FRANZ (cont'd)
e pr
MIEZE!
Plötzlich öffnet jemand. Eva steht vor ihm. Eva...
FRANZ (cont'd)
2 is
Eva sieht ihn lange mit einer Mischung aus Wut und Traurigkeit an. Dann antwortet sie in Deutsch. EVA Sie will dich nicht sehen. Geh.
EVA Geh. Du machst alles nur schlimmer, verstehst du das nicht?
02
FRANZ Lass mich zu ihr. Lass mich mit ihr reden. Bitte, Eva.
0
Franz ist verstummt und schaut auf einen Punkt hinter Eva. Dort steht Mieze.
125. Langsam geht sie die Treppe herunter, ihre Augen fest auf Franz gerichtet. Auch Eva bemerkt Mieze.
De
EVA (cont'd) (zu Mieze) Sprich nicht mit ihm.
sc ut
Mieze scheint Eva nicht zu hören. Ihr Blick ist starr auf Franz gerichtet. Ihre Augen sind ernst, eines ist Blau sie ist ruhig und würdevoll. Franz hat Tränen in den Augen. Er schämt sich und weicht einen Schritt zurück. Noch einen. Geht eine Stufe hinab. Mieze...
FRANZ
r he
Mieze geht an Eva vorbei, die versteht, dass es zwecklos ist, sie aufzuhalten und zieht sich zurück. Ihren Blick nicht von Franz’ Gesicht nehmend geht Mieze gemessen, eine Hand auf den schwangeren Bauch, die andere am Geländer, zur Treppe.
lm Fi
Franz beginnt zu weinen und hämmert sich mit den Fäusten gegen den Schädel. Noch bevor er etwas sagen kann, fängt sie seinen Kopf auf und drückt ihn gegen ihre Brust, gräbt ihre Hände in sein Haar. Sie streichelt den verzweifelten Mann. MIEZE Ich weiß, ich weiß doch, Franz. Sie hebt seinen Kopf an und sieht im in die Augen.
e pr
MIEZE (cont'd) In dir, da sind zwei, Franz, der eine, den ich liebe und der andere, der alles kaputt macht, der liebt mich nicht, der liebt den Tod. Aber mit beiden kann ich nich leben.
2 is
Franz schlingt seinen Arm um ihre Taille.
FRANZ Ich werde mich bessern. Ich mach's wieder gut. Ich schwör's, Mieze. Sie zieht seinen Kopf zu sich heran.
0
FRANZ Ich will. Ich will!
02
MIEZE Schwör nicht zu mir, Franz. Du musst das selber wollen.
126.
De
Sie küsst ihn, erst sanft, dann heftiger. Er umarmt sie, packt sie, zieht sie langsam zu sich herunter. Sie atmen schwer. Sanft drückt sie ihn weg. MIEZE Dann weißt du, was du jetzt tun musst...
sc ut
Franz schaut auf. Sie sehen sich an. Sie küssen sich nochmal. Dann nickt er und geht. Mieze schaut ihm nach. Dann holt sie ihr Handy hervor.
100
100
I/N WOHNUNG REINHOLD, KÜCHE, ABEND
r he
Reinhold sitzt in seiner Küche und tippt auf sein Telefon. Franz kommt in die Wohnung, aber Reinhold schaut nicht auf. Es brummt und er liest dort etwas, dass ihn offenbar amüsiert.
lm Fi
REINHOLD (ohne vom Handy aufzusehen) Setz dich. Ich hab grad ne Süße am Haken. Schau mal.
Franz setzt sich an den Tisch. Reinhold zeigt ihm das Handy. Franz schiebt es weg. FRANZ Ich muss was besprechen mit dir.
FRANZ Reinhold, hör zu.
2 is
REINHOLD Ich höre zu.
e pr
REINHOLD Die tanzt, wie ich pfeife, die kommt nicht los von mir...
Das Handy brummt wieder und Reinhold spielt vergnügt damit. FRANZ Ich liebe Mieze.
FRANZ Ich steige aus.
02
REINHOLD (im Ton seines Liedes) Mieze, liebe Mieze... Und?
0
Reinhold hält inne und schaut auf. Er wirkt fast gleichgültig.
127. REINHOLD Fotzenknecht.
De
FRANZ Ich werd loyal sein. Ich werd dich nich verraten.
sc ut
REINHOLD (nickt) So einfach geht das nicht, mein Franz. Du musst bleiben. Bis ich Ersatz habe.
Franz nickt.
r he
FRANZ Ottu weiß schon fast alles. Ich werde mit ihm die Runden machen. Einen Monat?
Wieder brummt das Handy.
lm Fi
REINHOLD (geistesabwesend) Ein Monat... (unvermittelt) Schönchen!
Franz ist etwas irritiert. Warum ist Reinhold so gut gelaunt? Reinhold schaut auf. REINHOLD (cont'd) Ist noch was?
e pr
Franz schüttelt leicht mit dem Kopf. Franz steht auf und geht aus der Küche. Reinhold schaut ihm kurz nach. Sein Blick verfinstert sich. Sein Atem geht schneller. Er schließt die Augen und atmet durch. Er beginnt zu lächeln und summt sein Lied. Dann tippt er eine Nachricht in sein Telefon.
2 is
101
A/T STRASSE VOR EVAS WOHNUNG, NACHMITTAG
101
Mieze steht an einer Straßenlaterne und schaut sich nervös um. Ein Wagen hält am Straßenrand. Die Tür zur Rückbank wird geöffnet. Mieze zögert einen Augenblick. Dann steigt sie ein.
02
102
I/T STRASSE VOR EVAS WOHNUNG, IM WAGEN, NACHMITTAG
102
0
Mieze hat auf der Rückbank Platz genommen. Ottu sitzt am Lenker. Mieze ist ernst und angespannt. Neben ihr sitzt ein gut gelaunter Reinhold. Die Tür verriegelt.
128.
De
MIEZE (zeigt auf Ottu) Wer ist das? REINHOLD Miss Daisy ihr Chauffeur.
Reinhold lacht über seinen Witz. Mieze versteht nicht.
sc ut
REINHOLD (cont'd) Schön, dass wir uns nochmal wiedersehen, nachdem das letzte Mal so ein unschönes Ende nahm. Worum geht’s denn?
r he
MIEZE (streng) Ich will, dass du Franz und mich in Ruhe lässt - ein für allemal.
Reinhold schaut Mieze an.
lm Fi
REINHOLD Und was hab ich davon? Franz ist für mich ne große Investition gewesen und deshalb auch ein großer Verlust. Das muss kompensiert werden. Wieviel?
MIEZE
Reinhold ist zugleich überrascht und amüsiert.
e pr
REINHOLD Ich will euer Kind.
Mieze schaut ihn entsetzt an. Dann fängt Reinhold laut an zu lachen.
MIEZE Ich meine das ernst.
2 is
REINHOLD (cont'd) Spaß muss sein, oder?
Mieze sieht ihn wütend an. Reinhold beruhigt sich wieder.
Fünf. REINHOLD
0
Zehn.
MIEZE
02
REINHOLD (wieder ernst) Gib mir Zehntausend.
129.
Acht.
De
Zehn.
MIEZE REINHOLD MIEZE Einverstanden.
sc ut
REINHOLD Abgemacht.
Reinhold lächelt. MIEZE So, und jetzt lass mich wieder aussteigen.
r he
Reinhold nickt Ottu über den Rückspiegel zu. Dieser entriegelt die Tür. Mieze will gerade aussteigen. REINHOLD Wolltest du nicht wissen was mit Franz’ Arm passiert ist?
lm Fi
Mieze schaut Reinhold an. Blufft er? Ottu wirft ebenfalls einen kurzen Blick in den Innenspiegel. MIEZE Was ist denn passiert?
Mieze überlegt.
e pr
REINHOLD Ich schlage vor, wir machen jetzt n kleinen Ausflug, dann erzähl ich dir alles und danach, und das versprech' ich dir, halt ich mich fern von euch.
103
2 is
MIEZE Sag mir erst, wo du hinfahren willst?
A/T VOR DEM PLATTENBAU HELLERSDORF, NACHMITTAG
103
02
Der Wagen hält vor Franz’ und Ottus alter Flüchtlingsunterkunft. Reinhold steigt aus und hält Mieze die Tür auf. Sie steigt aus und schaut verwirrt auf das marode Gebäude.
Ohne zu antworten geht Reinhold an ihr vorbei auf das Haus zu.
0
Unsicher folgt Mieze Reinhold. Wie selbstverständlich geht er durch den Eingang und grüßt beiläufig DREI DEUTSCHE MÄNNER, die davor herumlungern.
130. 104
104
I/T PLATTENBAU HELLERSDORF, FLUR, NACHMITTAG
De
Reinhold öffnet Mieze die Tür zu einem Flur. Es ist nicht der Flur, auf dem Franz und Ottu gewohnt haben, denn hier sind nur FRAUEN AFRIKANISCHER ABSTAMMUNG... und DEUTSCHE MÄNNER. Ein improvisierter Puff. Mieze geht alleine hinein.
sc ut
Die Türen zu den Zimmern auf dem Flur sind entfernt worden. Stattdessen hängen Stofftücher vor den Türrahmen, so dass man Sex hören und riechen kann. Vor den Zimmern Frauen und warten auf Freier. Einer der Männer, die draußen standen kommt herein und wird in eines der Zimmer geführt. Als sie an einem schief aufgehängten Tuch vorbeikommt, kann Mieze nicht anders, als in eines der Zimmer zu blicken.
r he
Ein Mann liegt schwer auf Amera, die junge Frau, die wir am Anfang der Geschichte im Wald kennengelernt haben. Sie schaut Mieze mit leeren Augen an, während der Freier sein Geschäft verrichtet. Es könnten die Augen einer Toten sein. Übelkeit übermannt Mieze. Sie dreht sich um und eilt aus dem Gebäude.
lm Fi
105
105
A/T VOR DEM PLATTENBAU HELLERSDORF, NACHMITTAG
Mieze eilt an Reinhold und Ottu vorbei, die am Wagen vor dem Plattenbau warten und läuft in Richtung Wald. 106
106
A/T WALDWEG HELLERSDORF, NACHMITTAG
e pr
Reinhold folgt Mieze, die auf dem Waldweg entlang geht, auf dem zuvor auch Franz und Amera gelaufen sind. Mieze ist noch immer bleich. Reinhold holt sie ein und steckt sich eine Zigarette an.
2 is
REINHOLD Frische Luft tut gut, oder? (Pause) Dort kommt der Franz her. (Pause) Und die einzige Alternative zu dem Dreck war ich. (lächelt sie an) Und jetzt bist du’s. Aber der Franz hat keine Ruhe. Der kommt wieder zu mir, da kannste gar nichts gegen machen. Ich schwöre, ich lass ihn in Ruhe, das ist der Deal, aber das wird nichts helfen.
02 0
MIEZE Ich kenne Leute wie dich. Auf dem Strich gibt es hunderte von deiner Sorte. Kleine Zuhälter... Du bist der Dreck. Aber Franz ist anders.
131.
De
Sie erreichen eine kleine Lichtung. Mieze setzt sich mit einem Krampf im Unterleib ins Gras. Sie ist umringt von gelben Löwenzahn. Reinhold schaut zu ihr hinab und seufzt. Dann schnippt er seine Kippe fort und setzt sich zu ihr hin.
sc ut
REINHOLD Geht’s? (schaut auf ihren Bauch) Ich beneide euch. Wirklich. Wie ihr euch liebt. Das kenn ich nich, hab ich das nie kennengelernt. Mein Leben war von Kindheit an ein einziger Scheißdreck. Zu lieben...Ich weiß nich, wie das geht. Wie ist das?
r he
Reinhold schaut Mieze in die Augen, die plötzlich nicht mehr so kalt sind, etwas Verletzliches blitzt darin auf. Mieze ist verwundert. MIEZE Schön ist das.
Schweigen. Reinholds Blick richtet sich nach innen.
lm Fi
REINHOLD Ich hasse mich manchmal so sehr, ich will mich am liebsten auf der Stelle auslöschen. Dann wäre ich aus der Welt und die Welt eine Bessere... Reinhold vergräbt das Gesicht in den Händen. Mieze ist überrascht.
e pr
REINHOLD (cont'd) Tut mir leid...
Du... Ja...
MIEZE REINHOLD
Reinhold küsst ihre Knie. REINHOLD
0
Ja, was?
02
MIEZE Du musst mir was sagen.
2 is
Reinhold legt seinen Kopf in Miezes Schoß. Sie ist überfordert, schaut in den Wald. Er beginnt sie zu streicheln. Sie ringt mit sich, dann beginnt sie ihn ebenfalls zu streicheln und sanft auf ihn einzureden.
132.
De
MIEZE Was passiert ist mit dem Arm von Franz...
Reinhold ist an ihrem Gesicht. Sie schaut ihn misstrauisch an.
sc ut
REINHOLD Vorher gibst du mir n Kuss. Ja? So wie du Franz küsst... Echt. Mit Liebe.
Sie zögert. Dann küsst sie ihn. So. Zart. Er beginnt zu weinen.
r he
STIMME REINHOLD (V.O.) Es ist ein Schnitter, der heißt Tod. Hat Gewalt vom lieben Gott.
Er will mehr und zieht sie an sich heran, aber sie lässt es nicht zu. Stattdessen streicht sie ihm über die Brust. MIEZE (flüstert) Sprich...
lm Fi
Sie öffnet die Knöpfe und fährt mit der Hand in sein Hemd. REINHOLD Wir haben n Bruch gemacht. Der Franz, ich, Pums, die ganze Bande.
e pr
Der Amboss auf seiner Brust ist zu sehen. Sie streichelt ihn dort und beobachtet ihn aufmerksam. Er will sie wieder küssen, aber sie drückt ihn sanft zurück. MIEZE Und dann? Was ist dann passiert?
MIEZE Und dann...
0
REINHOLD Und dann dachte ich, ich mach Schluss. (MORE)
02
Reinhold ist in höchster Erregung.
2 is
REINHOLD Wir warn auf der Flucht gewesen, auf der Landstraße. Und plötzlich hat Franz die Nerven verloren. Nicht weil er Angst hatte oder weil ich ihn da gegen seinen Willen reingezogen habe, sondern weil es ihm eigentlich richtig gut gefallen hat.
133.
De
REINHOLD (cont'd) Wenn der nicht zu sich stehen kann, muss er eben über die Klinge springen... (Pause, er atmet schwer) und dann hab ich ihn aus’m Auto geschmissen.
sc ut
Mieze ist erstarrt. Es dauert einen Moment, bis auch Reinhold es merkt. Sie zieht ihre Hand zurück. Mieze steht wortlos auf und geht einfach. Reinhold bleibt zurück und sieht ihr verdutzt hinterher. REINHOLD (cont'd) Das war ein Liebesdienst.
107
107
A/T WALDWEG HELLERSDORF, NACHMITTAG
r he
Mieze läuft weiter in den Wald hinein. Sie weiß nicht wohin. Einfach nur fort. Sie versucht ein Weinen zu unterdrücken. Schluchzt, bleibt stehen. Es ist friedlich. Vögel sind zu hören und Blätter im Wind, wie ein Meeresrauschen. Sie schließt die Augen und atmet tief durch.
lm Fi
Plötzlich greift eine Hand sie an der Kehle. Es ist Reinhold. Er hebt sie an und wirft sie auf den Waldboden. Reinhold erwürgt Mieze.
e pr
STIMME REINHOLD (V.O.) Es ist ein Schnitter, der heißt Tod. Hat Gewalt vom lieben Gott. Heut wetzt er das Messer, Es schneidt schon viel besser Bald wird er drein schneiden, Wir müssens nur leiden. Hüte dich schöns Blümelein.
Er atmet schwer und starrt sie an und sieht eine zerdrückte Löwenzahn in ihrer erschlafften Hand.
108
A/T, A/N, HASENHEIDE, ABENDDÄMMERUNG
2 is
TITEL TAFEL: FÜNFTER TEIL
108
FRANZ
0
Alles Ok?
02
Es ist Abend in der Hasenheide. Franz sitzt auf der Bank und überwacht den Handel. Er beobachtet eine Mutter, die auf der Wiese mit ihrem Kleinkind spielt. Dieses krabbelt auf dem Gras und zupft Blumen aus. Franz lächelt. Plötzlich bemerkt er, wie Reinhold mit Ottu ankommt. Beide wirken geschockt. Reinhold ist kreidebleich.
134. REINHOLD Klar, was soll sein?
De
Franz gibt ihm die Brieftasche mit den Tageseinnahmen. REINHOLD Du kannst jetzt gehen. Ich brauch dich hier nicht mehr.
sc ut
Franz ist etwas irritiert. Sicher?
FRANZ
Reinhold nickt, unwirsch. REINHOLD
r he
Ja.
FRANZ Danke. (zu Ottu) See you soon.
Franz gibt Ottu die Hand.
lm Fi
FRANZ (ENGL.) (belustigt) Man, your hand is cold as ice.
Ottu zieht seine Hand weg. Franz umarmt Reinhold. FRANZ Danke für alles.
e pr
REINHOLD Klar doch.
Reinhold ist sichtbar unbehaglich in der Umarmung. Franz merkt es, sagt aber nichts dazu. Dann geht Franz. Reinhold schaut ihm nach. Er will sich eine Zigarette anzünden, aber seine Hände zittern zu sehr.
2 is
109
I/N MIEZES WOHNUNG, WOHNZIMMER, NACHT
109
Franz stellt Blumen auf den Tisch im Wohnzimmer. Er ruft Mieze an, doch niemand geht ran. Er legt sich auf das Sofa und schläft ein.
02
CUT TO:
Vom Klingeln und lautem Schlagen gegen die Wohnungstür schreckt Franz hoch.
0
FRANZ (verschlafen) Mieze?
135. Er springt aus dem Bett, eilt in den Flur und öffnet die Tür.
De
Mehrere POLIZISTEN mit gezogenen Waffen stehen davor. POLZIST Hände hoch! Auf den Boden!
sc ut
Bevor Franz versteht, was los ist, überwältigen ihn drei Beamte und ringen ihn brutal zu Boden. FRANZ Hey! Was soll das!? He!
Franz Gesicht ist schmerzverzerrt. 110
I/N POLIZEISTATION, VERHÖRZELLE, NACHT
r he
110
Franz sitzt auf einem Stuhl einer Verhörzelle des Polizeireviers. Ihm gegenüber sitzt ein JUNGER KOMMISSAR, 32.
Alle! Namen.
lm Fi
KOMMISSAR Wer kann bestätigen, dass Sie den ganzen Tag in der Hasenheide waren? FRANZ
KOMMISSAR
e pr
Franz schaut den Kommissar grinsend an. Schweigen. Der Kommissar mustert ihn. Wortlos legt er ein paar Fotos auf den Tisch. Leichenhausfotos. Sie zeigen Miezes Leiche. Franz erstarrt.
2 is
KOMMISSAR (cont'd) Ein Jogger hat Frau Parsunke gestern Abend in einem Waldstück bei Hellersdorf gefunden. Ihre Nachbarn haben davon gesprochen, dass es in letzter Zeit schwer Krach gegeben hat, dass sie handgreiflich geworden sind. Jetzt ist sie tot. Heute morgen im Krankenhaus verstorben...
02
Franz sagt kein Wort. Er starrt nur leer auf die Bilder. Er hört nichts mehr
0
KOMMISSAR (cont'd) Sie kommen in Untersuchungshaft... ... einen Pflichtverteidiger...
136.
De
Plötzlich bricht es aus ihm hervor. Franz schreit, wehrt sich. BEAMTE kommen hinein und packen Franz. Sie haben alle Mühe ihn festzuhalten. KOMMISSAR (cont'd) Beruhigen Sie sich Mensch!
111
sc ut
Der Kommissar geht einen Schritt zurück und gibt BEAMTEN draußen ein Zeichen, welche sofort herein und sich auf den wütenden Franz stürzen. 111
I/T ZELLE, UNTERSUCHUNGSHAFT, MITTAG
Apathisch sitzt Franz in seiner Zelle. Reglos, starr und stumm hockt er auf dem Boden.
r he
STIMME MIEZE (V.O.) Jetzt ist Franz’ irdischer Weg zu Ende. Es ist nun Zeit, dass er endgültig zerbricht.
Ein GEMÜTLICHER WÄRTER, 62, kommt in die Zelle und stellt ihm ein Tablett mit Essen und Trinken hin.
lm Fi
Franz schaut auf. Er macht eine Rauchbewegung. Der Wärter sieht ihn an. Er hat Mitleid. Er kramt in seiner Tasche, holt eine Zigarettenschachtel hervor und gibt Franz zwei Zigaretten. Franz lächelt matt. Danke.
FRANZ
e pr
Die Tür schließt sich.
2 is
Franz wartet noch einen Augenblick, dann öffnet er die Zigaretten und bröselt den Tabak in seine Hand. Achtlos schmeißt er die leeren Kippen unters Bett, wo schon einige Stummel herumliegen. Von dort holt er dann auch einen Becher mit dunklem Tabaksud hervor. Er würgt bei dem Geruch und kippt den Tabak aus seiner Hand ebenfalls in das Gefäß. Er rührt kurz, dann trinkt er den Inhalt mit einem Zug. Er muss sich fast erbrechen. Aber bald ist alles drin. Hustend und würgend lehnt Franz sich zurück.
Er atmet schwer und schließt die Augen. MONTAGE, IM DUNKELN, BORDELL
0
112
02
STIMME MIEZE (V.O.) Der Tod hat sein langes, langsames Lied begonnen...
Dunkelheit. Aus dem Schwarz ist ein Schnaufen zu hören.
112
137. Franz reißt vor Schrecken die Augen auf.
De
Das Schnaufen wird lauter. Aus der Dunkelheit tritt langsam, ganz langsam, der Bulle hervor. Er schnauft, er sieht Franz an.
sc ut
REINHOLD (V.O.) Wie ist das nur möglich, dass ein Mensch so viel überleben kann? Ersaufen tut er nicht. Dann wirft man ihn aus dem Wagen und er will nicht aufhören zu leben... Musste ihm erst das Herz brechen, damit das hier zu Ende geht.
Franz’ Gesicht ist verschwitzt. Der Bulle schnauft.
r he
EVA (V.O.) Ich sag, du hast die Augen nicht aufgemacht, Franz! Schimpfst über Verräter und schaust dir die Menschen nicht an, haste keine Augen? Blind bist du gewesen. Als Ottu dich verraten hat, bist du zusammengeklappt wie ein Taschenmesser, hast nur auf einen Grund gewartet, einzuklappen. Aber als dich der Reinhold packte...
lm Fi
Franz bäumt sich auf. Der Bulle tut es ihm gleich. Bald wird er die Gefängniswände sprengen. Plötzlich glaubt Franz, Reinhold mit zwei Frauen im Zimmer eines Bordells zu sehen. Der vögelt gerade abwechselnd mit den beiden stumpf vor sich hin.
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PUMS (V.O.) Als der dich unters Auto schmiss, da bist du nicht zusammengeklappt, da wolltest du stark sein.
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Reinhold hört nicht. Er ist betrunken und voll drauf. Franz schaut zu, wie ein Zuschauer auf den Rängen. FRANZ Reinhold! Devil, you son of a whore!
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Mit einem Mal hält Reinhold inne und schaut sich im Raum um, als würde er beobachtet werden. Er beginnt, über seine eigene Paranoia zu lachen. Die Frauen lachen mit. Sie streicheln den tätowierten Amboss auf seiner Brust. Reinhold schaut sie an. Für einen kurzen Moment sieht er Franz in der Ecke stehen. Auch Franz sieht ihn an. Beide schrecken auf. Reinhold fällt vom Bett. Wieder Lachen.
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BERTA (V.O.) Hast dir geschworen, keiner soll mich mehr zwingen...
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Reinhold starrt die beiden Prostituierten finster an. Sie lachen weiter. Plötzlich packt er eine der beiden am Hals und rammt sie brutal gegen die Wand. Die andere weicht zurück und schreit um Hilfe.
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EVA (V.O.) Anstatt mal zu überlegen, mal den Grips zusammennehmen. Stark wolltest du sein.
REINHOLD (flüstert zärtlich) Hör auf zu lachen, sonst schlag ich dir den Schädel ein.
Reinhold würgt die Frau immer stärker. Ihr Kopf läuft rot an, sie ist kurz davor zu ersticken. Er glaubt Mieze zu sehen und schreckt zurück, dann streichelt er sie zärtlich, während sie ihn ängstlich anstarrt.
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BERTA (V.O.) Hören wollteste mich nich, wolltest niemanden hören... Es ist ein Schnitter, der heißt Tod.
REINHOLD (cont'd) Ich wollt dich doch gar nicht umbringen, Mieze, das ging so schnell, hab ich gar nich mitbekommen.
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In diesem Augenblick trifft Reinhold etwas auf den Kopf. Er lässt los und sackt zusammen. Die zweite Frau steht mit einer Sektflasche im Zimmer. Reinhold windet sich benommen am Boden. CUT TO:
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Franz beobachtet, wie Reinhold grob auf die Rückbank eines Polizeiwagens gestoßen wird. Er ist in Handschellen. Er schweigt, wirkt unbeteiligt, grinst. Jemand hält ihm ein Wattestäbchen vor den Mund. Reinhold pustet darauf und lacht. Eine Faust trifft ihn. Sein Kopf prallt gegen das Fenster. Unweigerlich öffnet er seinen Mund. Das Stäbchen fährt hinein, dreht sich und verschwindet wieder. Im Hintergrund erkennt Franz Berta, die da mit den beiden Prostituierten steht. Die Frauen geben bei einem Beamten ihre Aussage ab.
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REINHOLD (V.O.) Aber jetzt gehörst du mir.
CUT TO:
Franz ist wieder alleine mit dem Bullen. Dieser tritt näher an Franz heran. Sein Kopf berührt Franz’ ausgestreckte Hand.
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FRANZ Ich kann nicht, ich weiß ja nicht warum.
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EVA UND BERTA (V.O.) Und zuletzt Mieze - Franz, Schande, Schande. Sag Schande. Schrei Schande!
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EVA UND BERTA (V.O.) Sie ist zu dir gekommen, war lieblich, hat dich beschützt, hat Freude an dir gehabt, und du?
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PUMS (V.O) Sag Schande. Schrei Schande! Vor dir der Gipfel des Glücks und du willst stark sein, groß sein. Nimmersatt! Du prahlst mit deinem Glück vor Reinhold. Dem Schurken. Dem Fresser von zerbrochenem Fleisch.
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MIEZE (V.O.) (flüstert) Leben ist leiden. Leben ist lernen.
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FRANZ Father! What have I done? I messed up but I wanted to be good, better. Did you bring me here to forsaken me? Extinguish me? I can not go anymore. I give up. You have betrayed me. EVA (V.O.) Das überlege dir, ob du nicht selbst schuld bist, wenn sie nicht mehr lebt. Keine Tränen habe ich für dich! Sag Schande. Schrei Schande! Schrei: Leben! Leiden! Lernen!
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ALLE (V.O.) LEBEN! LEIDEN! LERNEN!
Dann ist Stille. Franz’ Blick geht starr geradeaus. Der Bulle ist fort.
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CUT TO:
Wir sehen in den deckenverhangenen Bordellgang in der Unterkunft. Unwirklich strahlt gleißendes Sonnenlicht durch das kleine Fenster am Ende des Flures. Der Schatten des Fensterkreuzes ruht auf Franz. Der liegt leblos in Miezes Armen. Eine Pieta.
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MIEZE (V.O.) Gestorben ist in dieser Abendstunde Franz, vormals Francis, Menschenschlepper, Schwarzarbeiter, Zuhälter, Drogenhändler und Einbrecher.
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I/T UNTERSUCHUNGSHAFT, ZELLE, NACHT
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Francis reißt die Augen auf und übergibt sich. Sein Körper krümmt sich unter den Krämpfen. Es ist alles raus. Erschöpft fällt er auf’s Bett zurück.
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MIEZE (V.O.) Mein Franz ist nicht mehr. Ein anderer liegt nun in seinem Bett...
Ein ARZT, 39, schaut ihn zufrieden an und geht dann.
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MIEZE (V.O.) Der andere hat dieselben Papiere wie Franz, sieht aus wie Franz, aber in einer anderen Welt trägt er einen neuen Namen.
Die Tür schließt sich. Francis ist noch benommen. Dann bemerkt er, dass er nicht alleine ist. Jemand ist mit ihm in der Zelle und summt eine Melodie: “Oh My Darling, Clementine”. Sein Blick klärt sich, er versteht, wer da vor ihm sitzt.
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Reinhold hockt da und schaut ihn traurig an. Francis erstarrt. Ist das ein Traum, eine Halluzination? Francis erhebt sich. Wortlos packt er Reinhold am Hals. Dieser wehrt sich nicht. Ist er zu schwach, um sich zu wehren oder zu stolz, um zu fliehen?
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Francis’ Augen sind geweitet, sein Herz klopft, er stößt einen lauten, langen Schrei aus. Er wird Reinhold jetzt töten. Aber der schaut ihn nur traurig an. In diesem Moment ist eine sanfte Stimme zu hören. STIMME MIEZE (V.O.) Sag Schande. Schrei Schande.
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Reinhold atmet schon nicht mehr, da hält Francis inne und horcht auf die Stimme. STIMME MIEZE (V.O.) Lass mal, lass mal, lieber Francis. Das alles, das alles, das warst auch du.
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A/T VOR DER JVA TEGEL, MITTAG
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Vier Jahre später. Sommer. Das Tor der Justizvollzugsanstalt Tegel öffnet sich.
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Langsam lässt Francis die Faust sinken und dann sinkt auch er in sich zusammen. Er bricht in Tränen aus und weint und weint.
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Francis tritt unsicher ins Freie. Die Zeit ist nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Er ist dünner geworden, seine Bewegungen sind fester; er scheint auf eine Art geerdeter und die Haare an seiner Schläfe sind ergraut.
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STIMME MIEZE (V.O.) Jetzt steht er da vor dem Tor des Tegeler Gefängnisses und ist frei. Gestern hatte er noch hinten auf den Äckern Kartoffeln geharkt mit den anderen. Jetzt harken sie hinten weiter, aber Francis ist frei. Seine Schuld ist abgegolten.
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Als sich das Tor hinter ihm schließt, erschrickt er. Panik ergreift ihn. Es ist, als wäre die Luft hier dünner und die Schwerkraft größer. Die Geräusche werden lauter, schriller, bedrohlicher: Ein Hupen, ein Reifenquietschen, ein Hund, der in der Nähe bellt, ein Flugzeug, das den Himmel aufschneidet. Unsicher schaut er sich um. Vor ihm breitet sich finster die Stadt aus. Francis geht in die Knie.
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STIMME MIEZE (V.O.) Und ein kleines Wunder schenkt ihm das Schicksal nach all der Mühsal. Unser Kind. Es hat überlebt. Ein neues Leben in einer neuen Welt...
Plötzlich ist ein Schrei zu hören. Aber an der Stimme ist nichts Bedrohliches. Franz dreht sich um. Es ist die Stimme eines kleinen MÄDCHENS, 4, das auf ihn zugerannt kommt.
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Es ist seine Tochter, halb Mieze, halb Francis. Sie lacht ihn an. Der Schrecken verfliegt aus Francis’ Gesicht. Er lächelt und geht wiederum in die Knie, diesmal um das kleine Mädchen in den Arm zu nehmen. Dahinter kommt ihm Eva entgegen. EPILOG
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A/T ALEXANDERPLATZ, TAG
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STIMME MIEZE (V.O.) Wir sind am Ende dieser Geschichte.
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Wir schweben über dem Alexanderplatz am Neptunbrunnen. Franz kommt mit seiner Tochter ins Bild. Sie gehen zum Brunnen, nahe der Stelle, wo er damals Masud abgelegt hat. Francis blinzelt in den Himmel. Der Fernsehturm ist zu sehen. In seiner silbernen Kugel spiegelt sich das Sonnenlicht in der Form eines riesigen Kreuzes.
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STIMME MIEZE (V.O.) Wir sind auf einer dunkle Allee gegangen. (MORE)
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STIMME MIEZE (V.O.) (cont'd) Aber Francis ging nicht wie wir die Straße entlang. Er rannte drauf los, stieß sich an Bäume und je mehr er ins Laufen kam, umso mehr stieß er an Bäume. Es war schon dunkel, und wie er an die Bäume stieß, presste er entsetzt die Augen zu. Und je mehr er sich stieß, umso entsetzter klemmte er die Augen zu. Mit zerlöchertem Kopf, kaum noch bei Sinnen, fiel er schließlich hin.
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Sie gehen zum Neptunbrunnen, an die Stelle, wo er Masud damals abgelegt hat. Francis betrachtet seine Tochter. Sie spielt mit der Hand in dem Wasser des Brunnens. Das Geräusch des Plätscherns wird für Franz immer lauter. Seine Tochter schaut ihn an und lacht. Aber er hört nur das Plätschern. Aber es ist gar kein Plätschern.
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STIMME MIEZE (V.O.) Wie er hinfiel, machte er die Augen auf. Da brannte die Laterne hell über ihm, und ein Schild war zu lesen.
Es ist ein Meeresrauschen.
ALEXANDERPLATZ.
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TITEL TAFEL:
BLACK.
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