LE CORBUSIER

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Die Fuge verwandelt die Verbindung zwischen verschiedenen Teilen der Schalung in ein dekoratives Element der Stütze. Dies entspricht der konstruktiven Logik der französischen Tradition, die auf die Stützen von de l’Orme zurückgeht und nach der die Logik des Ornaments dem kostruktiven Detail folgt. Das gleiche handwerkliche Können zeigt sich bei anderen Elementen des Museums, so bei den vorgefertigten, rechteckigen Fassadenpaneelen, die durch eine perfekte Betonung der Kiesstruktur ihrer Oberfläche hervorgehoben werden. Die Stahlbetonplatten, deren Maße auf dem Modulor basieren, werden »auf einem Rütteltisch« in Gussformen hergestellt und »wie die Steine einer Wand« montiert. »Im oberen Bereich des Gusses, also auf der zukünftigen Fassadenseite des Elements, werden wir einige kleine, helle Kieselsteine einstreuen, die während des letzten Verdichtungsvorgangs halb abgedeckt werden.«204 Le Corbusier bestimmt »die Größe und Dichte der Steine« der Paneele mit Fotografien von verschiedenen auf der Baustelle hergestellten Mustern.205

Die Halle und das fotografische Wandbild

203 Die Stützen des Schwimmbads des Sportkomplexes in Firminy, ausgeführt von Wogenscky, werden wie jene im Museum von Tokio mit zwei gekreuzten Schattenfugen versehen. 204 [Atelier Le Corbusier], »Le Musée National des Beaux Arts de l’Occident. Description du musée«, a. a. O. 205 Sakakura, »Questionnaire sur ›Muto‹«, a. a. O. Siehe Foto FLC, F1.12.438 206 Vgl. »à M. Le Corbusier. Les proportions du Torii et ses divers types«, 10. November 1955, FLC, F1.12.502 207 Vgl. [Le Corbusier], »Note pour Maisonnier dictée par L-C le 9 janvier 1956«, FLC,

F1.12.171. »Die Absicht ist es daher, die Grande Salle zu einer brillanten Demonstration der Errungenschaften des 19. Jahrhunderts im Bereich des Bauens zu machen, wie der großen Eisen- und Glaskonstruktionen, Staudämme und anderer Manifestation von Plastizität. Große fresques photographiques werden die Wände der Grande Salle des 19. Jahrhunderts zieren. An bestimmten Stellen werden farblich hervorgehobene Platten einige der wertvolleren Kunstwerke aus der Sammlung Matsukata aufnehmen (Tableaus und Skulpturen), die sich so in dem ihnen angemessenen Ambiente befinden« (»Note de Monsieur Le Corbusier relative

à la construction à Tokyo, du Musée National des Beaux-Arts de l’Occident«, 10. Juli 1956, FLC, F1.12.174 –179). Unter den Bildern führt er auch Fotografien der Werke von Haussmann in Paris, vom Verkehr in Städten und von Lokomotiven auf (vgl. Le Corbusier, Brief an den Konservator der Bibliothèque du Musée des Arts Décoratifs, 27. Januar 1959, FLC, F1.13.26). Vgl. auch Le Corbusier, Brief an Sakakura, 16. Februar 1959, FLC, G1.15.172 208 André Maisonnier, »Le Musée National des Beaux-Arts de l’Occident. Note descriptive«, 12. Juli 1956, FLC, F1.12.180 –183

Auf dem Weg zu einer Nouvelle stéréotomie

In der Mitte des Nationalmuseums für westliche Kunst, in der Halle oder Grande Salle, in die die Besucher eintreten, ragen zwei abstrakte zylindrische Säulen auf, welche die Sichtbetonbalken des Dachfensters stützen. Das Ganze bildet eine Struktur, die eine Metapher für das japanische Torii ist – das Tor der Shinto-Heiligtümer –, das aus zwei Säulen und horizontalen Balken besteht. Der Legende nach ist es auch das heilige Symbol für die Rückkehr von Amaterasu, der Göttin der Sonne (auch Le Corbusiers Torii ist lichtdurchflutet). Im November 1955, als er über das Museum in Tokio nachzudenken beginnt, erhält Le Corbusier eine Zeichnung mit den »ToriiProportionen und seinen verschiedenen Typen«.206 Diese Erfindung einer Struktur in Form eines Torii belegt die anhaltend starke symbolische Komponente in Le Corbusiers Architektur. 547 Die Sperrholzplatten zur Verkleidung der Wände der Grande Salle sollen als Untergrund für große Fotoabzüge bzw. ein fresque photographique (fotografisches Wandbild) mit Bildern der Jahre um 1800 dienen (von Metall-Konstruktionen und Keramik mit japanischem Einfluss bis zu Drucken von Rivière).207 Die Fotos sollen eine Einleitung und ein Hintergrund für die impressionistischen Kunstwerke aus der Sammlung von Kojiro Matsukata sein und »die Fantasie [der Besucher] anregen«.208 Le Corbusier untersucht verschiedene Möglichkeiten, die Bilder an den Wänden anzubringen, da er raffinierte Effekte erreichen möchte. Das direkte Aufdrucken der fotografischen Bilder auf Gipsplatten mit einer Schicht Fotoemulsion (derselben wie auf Fotopapier) hätte zu einer Überschneidung von Materialstruktur und Bildkör-


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