DETAIL 5/2015 - Material und Oberfläche

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Bücher, Ausstellungen

2015 ¥ 5   ∂

dokumentiert, kommen nördlich Bambergs lediglich vier Berliner und ein Hamburger Platz in die Publikation. Hier liest man natürlich die geografische Nähe der Uni und die Lieblingsdestinationen – auch Norditalien ist gut vertreten. Doch die Publikation weiß, dass sie sich »auf einzelne, besonders charakteristische Beispiele« konzentriert, und wird dem auch gerecht. Mit dem großen Format ist ein angenehmes Anschauen möglich, bei dem die hohe Qualität der detaillierten Zeichungen dankenswerterweise zur Geltung kommen darf. Katinka Corts Alexander Brodsky. Werke Neue Holzbautechnologien. Materialien, Konstruktionen, Bautechnik, Projekte

Platzatlas. Stadträume in Europa

Rainer Hascher (Hg.), Simone Jeska, Khaled Saleh Pascha, Birkhäuser, Basel 2014, 176 S., ISBN 978-3-03821-611-7, € 59,95

Sophie Wolfrum (Hg.), Birkhäuser, Basel 2014, 312 S., ISBN 978-3-03821-544-8, € 79,95

Dem Baustoff Holz wird in jüngster Zeit als nachhaltiger, nachwachsender Rohstoff und aufgrund neuer Möglichkeiten des konstruktiven Holzbaus wieder viel Aufmerksamkeit geschenkt. Da liegt es nahe, die neuesten Entwicklungen in einem Buch zusammenzufassen. Das gelingt dem Birkhäuser Verlag mit dieser Neuerscheinung kompakt, übersichtlich, fundiert und für ein Fachpublikum. Alle Texte und Objektberichte sind gut recherchiert und sehr detailliert geschrieben. Teilweise hätten hier und da Substantivierungen aufgelöst, Wortdoppelungen vermieden werden können. Die sieben Kapitel des Buchs, beginnend mit einer Einleitung und endend mit zwölf Objektberichten, umfassen tatsächlich all die im Untertitel erwähnten Begriffe und zeigen deutlich, wie verschiedene Entwicklungen ineinandergreifen, sich gegenseitig befruchten, beispielsweise Holzverbindungen mit neuen Materialien in Kombination mit der CNC-Fertigung. Die Texte werden von zahlreichen Skizzen, Plänen und Fotografien begleitet, in ausführlichen Fußnoten vermitteln die Autoren den Lesern wichtige Hintergrundinformationen, wie zu biegeaktiven Tragwerken oder Spannbandbrücken. Während die Fußnoten aufgrund der Ziffern dem Text gut zugeordnet werden können, ist dies bei den Abbildungen sehr mühselig. Denn warum auch immer verzichteten Verlag und Herausgeber auf Bildnummern, die im Fließtext an passender Stelle hätten auftauchen können. Dies ist allerdings aufgrund der restlichen Qualitäten des Buchs zu vernachlässigen. Dazu zählt auch das sehr gelungene Layout mit reichlich Weißraum und ­einer abwechslungsreichen und dennoch nicht überladenen Grafik. Alles in allem also ein Buch, wie man es aus dem Hause Birkhäuser kennt und vielleicht auch erwartet. Simone Hübener

Ein Wissensarchiv mit gut aufbereiteten Referenzen, das man zu Studienzwecken und als Entwurfswerkzeug nutzen kann – der Anspruch, den die herausgebende Münchner Städtebau-Professorin Sophie Wolfrum an das eigene Werk stellt, ist nicht gering. Mit der Publikation »Platzatlas – Stadträume in Europa« versammelt der Städtebau-Lehrstuhl der Technischen Universität München zehn Jahre Forschungsarbeit in einem knapp 300-seitigem Werk. Nach Vorwort und Einleitung findet man auf einer vier Seiten umfassenden Matrix alle im Buch vorgestellten Plätze in Zahlen und Fakten. Hier kann der Leser mit wenigen Blicken unter anderem Größe, Art und Form der Plätze vergleichen, sich aber auch mit der überraschenden Kategorie »Performatives Potenzial« beschäftigen: Was soll der Platz, wem oder was ist er gewidmet, wem dient er? 70 Plätze werden im Buch anhand von 330 Zeichnungen im einheitlichen Maßstab und in vereinender Zeichenart dargestellt – eine enorm akribische Arbeit, die für diese Publikation geleistet wurde. Schwarzpläne, Grundrisse, Schnitte und vor allem die detailreichen Axonometrien ermöglichen, systematisch geordnet, ein plangewaltiges ­Arbeitsinstrument für Städtebau-Aufgaben. Zudem beschreibt jeweils ein kurzer Text den Aufbau des Platzes sowie dessen Eigenarten, unterhalb davon werden die Eckdaten des Projekts zusammengefasst. Dazu gehört auch ein Blick auf die genaue Ausgestaltung der Platzoberfläche – wie schwedischer Granit, Flusskiesel-Pflaster oder Marmor – und auf die wichtigen angrenzenden Gebäude. Acht der 21 deutschen Beispiele stammen aus München, was in Anbetracht der Herausgebenden nicht weiter verwundert. Vermissen mag man dennoch eine breitere Streuung der Auswahl: Sind Bayern und ­Baden-Württemberg vergleichsweise dicht

1955 in Moskau geboren und als weltbekannter, zeitgenössischer Künstler und Architekt vielfach gewürdigt, zeigt Alexander Brodsky im Berliner Museum für Architekturzeichnung neue und zum Teil eigens für Berlin entworfene Arbeiten. Der Mitbegründer der in den 1980er-Jahren in der Sowjetunion entstandenen Bewegung der »Papierarchitektur« – einer Bewegung gegen die postsowjetische Routine der Typenbauplanung–, betreibt seit dem Jahr 2000 neben seiner künstlerischen Tätigkeit sein eigenes Architekturbüro in Moskau. Im ersten Teil der Ausstellung sind Papierarbeiten in Form von Zeichnungen, Radierungen und Drucken zu sehen. Brodskys utopische, düstere Phantasiewelten spiegeln Emotionen, die durch das Erleben von Raum hervorgerufen werden. Seine Themen sind Architekturen und Landschaften, Horizonte, Skulpturen und Volumen. Durch vielfache Überlagerungen der Strukturen entstehen neue Dimensionen und die Objekte entwickeln ihr Eigenleben. Brodsky schafft den schmalen Grat zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, Monotonie und Vielfältigkeit sowie zwischen Klarheit und Unschärfe. Der zweite Teil der Ausstellung interpretiert das Subjekt der Architekturzeichnung freier und widmet sich Brodskys Architekturreliefs aus Ton und anderen Materialien wie mit ­Tusche bemalten Dachpappen. Das wiederkehrende Motiv der fragmentarischen Tonfassaden wirkt mysteriös – ein Umstand, der zum Teil dem Material zu verdanken ist, das beim Trocknen feinste, individuelle Risse ausbildet. Auch die aus Ton entstandenen Grundrisse einzelner Räume erhalten dadurch ihren ­unverwechselbaren Charakter. Jede seiner Techniken ist dabei eine bestimmte Sprache, die ihre eigene Geschichte erzählt. Damit sind – wie in der Architektur – Methode, Material und Thema untrennbar miteinander verbunden. Bettina Krause bis 5.6.2015, Tchoban Foundation Museum für Architektur, Berlin www.tchoban-foundation.de


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