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DETAIL research
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1–3 Impressionen des DETAIL research Lab im Erd geschoss des Internationalen Congress Center München (ICM) auf der BAU 2017. Informativ und zugleich inspirierend war das Feedback der Be sucher der ca. 320 Führungen an sechs Messe tagen. In der kuratierten Ausstellung wurden zu kunftsweisende Materialentwicklungen, Prototy pen und Forschungsprojekte aus der Lehre zum Thema Building the Future präsentiert. Fotos: Boris Storz Weitere Informationen und umfassendes Bildmaterial finden Sie unter www.detail.de/research
den Vordergrund. Die Weiterentwicklung des Dachsteins »EasyLife« von Nelskamp basiert auf Anforderungen aus der Sanie rung bzw. dem Bauen im Bestand. Ein Drit tel weniger Gewicht durch einen neu entwi ckelten Leichtzuschlag erlaubt es, den Dachstein auf statisch schwachen Dach stühlen einzusetzen. Das Exponat von Baswa stellt die Welt der Akustikelemente mit einem unsichtbar und fugenlos in eine Akustikdecke verbauten Flächenlautsprecher auf den Kopf. Die Endbeschichtung aus Marmormehlen lässt einerseits die Tonfrequenzen in den Raum und absorbiert zugleich störende Geräu sche. Im Fokus des eHOME-Pilotprojekts von Vaillant steht ein integrales Steuerungsund Kommunikationstool für das Erzeugen von Wärme und Kälte, das Lüftungskonzept und das Energiemanagement. Der Live- Demonstrator zeigt die Potenziale des ho hen Vorfertigungsgrads im Fertighausbau, die eine einfache Integration der Technik in die Gebäudehülle erlaubt und neben der Energieeinsparung Gestaltungsfreiheiten bietet. Auf seine Zukunftsfähigkeit wird das System, neben dem Monitoring in zwei Demonstrationsgebäuden, auch im Watson IoT (Internet-of-Things) Center/IBM Industry überprüft. Es bedarf nicht immer aufwendiger Neuent wicklungen – auch vorhandene Materialien können, neu kombiniert, weitere Anwen dungsmöglichkeiten generieren. Das zeigt das Beispiel Cosentino. »Nilium«, »Oxium« und »Radium« sind die neuen, durch Druck technik erzeugten metallischen Oberflä chenstrukturen der Serie Dekton. Die firmen intern entwickelte Partikelsinterungstechno logie erzeugt eine ultrakompakte Oberfläche, die sich sowohl im Innenraum als auch an Fassaden einsetzen lässt. Das beweisen auch die Ergebnisse des Architektenworkshops von Saint Gobain Glass. Die Experimente mit Gussgläsern,
in Kombination mit Strukturen, Texturen und Siebdrucktechnik, eröffnen neue ge stalterische Qualitäten und Optionen. Die Kombinationsvielfalt ermöglicht den indivi duellen Einsatz als Gestaltungsmittel für Innenräume und Fassaden. Ebenfalls mit den ästhetischen und funktionalen Aspekten der Fassade befasst sich das Architektur- Institut ai:L der HTWK Leipzig. Das vom Bundesministerium für Bildung und For schung geförderte Vorhaben ist Teil des Forschungskonsortiums »C³ – Carbon Concrete Composite«. Dabei geht es um die Gebäudehülle, Funktionsintegration und synergetische Vernetzung. Drei Teilpro jekte wurden im Research Lab vorgestellt: »C³PV« – die Integration von Solarkompo nenten in den Carbonbeton, »C³LED« – In tegration von Leuchtdioden, und »C³Link«, in dem die Zusatzfunktionen auf ihre Kombi nationsfähigkeit untersucht wurden. Auch das Projekt »Breathing Skins« von Tobias Becker nutzt die Hülle von Gebäu den, um die Qualität der Wohn- und Ar beitsumgebung zu steigern. Elastische, pneumatische Muskeln, gesteuert über Luft druckänderungen, reagieren auf äußere Faktoren und bestimmen den Durchlass von Luft, Licht, Schall und Wärme. Je mehr sie sich weiten, umso mehr ändert sich das Erscheinungsbild der Fassade, und die Durchlässigkeit für Licht und Blicke lässt sich lokal und graduell anpassen. Den Duft von Almheu von der Tiroler Wild spitz konnten die Besucher des Labs be reits auf der BAU 2015 entdecken. Denn die von Organoid Technologies erzeugten Oberflächen aus natürlichen Ausgangsma terialien nutzen einen bislang ungewohnten Baustein des natürlichen Materialkreislaufs. Neu sind die Produktentwicklungen im Bereich Boden in Verbindung mit der »HotCoating«-Oberflächentechnologie. Sie sind beständig gegen Feuchtigkeit und Abrieb und eignen sich für die Brandschutzklasse B1 bzw. SF1 und in der Elektro-Automobil-
industrie, etwa bei der Innenverkleidung von Türen. Spielerisch und zugleich poe tisch waren die Exponate der Weißensee Kunsthochschule in Berlin. Große Überra schung erzeugt das Betontextil, eine Ent wicklung von Strukturen aus Beton und Textil, die ihre weiche Optik mit stabilen Eigenschaften durch Weben, Stricken und Knüpfen vereinen. Mit Formgedächtnismaterialien experimen tiert das Fassadenelement »Solar Curtain«, das es ermöglicht, dass sich textile Ver schattungselemente energieautark und ad aptiv öffnen und schließen. Anhänger der DIY-Bewegung können sich über ein beson deres Exponat freuen: die »Joyn Machine« der Forschungsplattform »Bau Kunst Erfin den» der Universität Kassel. Eine einfach zu bedienende, programmierbare All-in-oneMaschine wird über ein nach dem App-Prin zip gestaltetes Interface bedient. Aus Stan dardware aus dem Baumarkt – in diesem Fall konventionelle Dachlatten – entstehen nach dem Ablängen, Fräsen und Bohren in der Holzverarbeitungsmaschine handliche Einzelteile, die im Anschluss manuell zu einem Stuhl gefügt werden. Die Präsentation der ausgezeichneten Materialien des von »raumprobe« ausgelobten »materialpreis 2016« ergänzte die Ausstellung und lud im Anschluss an die Führungen zum Stöbern und Diskutieren ein. Die Zukunft des Bauens bleibt spannend und wird noch viele interes sante Forschungsprojekte und Innovationen hervorbringen – bis zur BAU 2019. Eva Herrmann Das DETAIL research Lab wurde unterstützt durch BASWA acoustic AG; BAU KUNST ERFINDEN ı Uni versität Kassel; Breathing Skins, Cosentino, FINST RAL GmbH; HTWK Leipzig ai:L – Architektur-Institut; Dachziegelwerke Nelskamp GmbH; Organoid Tech nologies GmbH; raumPROBE, Saint-Gobain Glass; Technische Universität München ı Fachgebiet Bio gene Polymere; Universität Stuttgart ı Institute for Compu-tational Design; Vaillant Group, weißensee kunsthochschule berlin; Xella Technologie- und Forschungsgesellschaft mbH ı H-House Projekt ı Roswag Architekten.