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Technik
1 B ewehrungsgelege aus Carbongarnen im Abstand von 1 und 1,5 cm 2 Zuschläge für Carbonbeton 3 Zuschläge für Stahlbeton 4 »Blütenpavillon« in Kahla, Institut für Massivbau, TU Dresden 2012. Die Schalen der aus Textil beton gefertigten Überdachung sind lediglich 40 mm dick. 5 Stadtquartier »Neuer Markt« in Neumarkt, Bögl Gierer Architekten/Distler Architekten + Ingenieure 2015. An der Fassade wurden stabförmige Elemente aus traditionellem Stahlbeton mit flächigen, nur 30 mm starken Verkleidungen aus carbonbewehrtem Textilbeton kombiniert. 6 Laminieren durch Auftragen der Betonmatrix per Hand 7 Laminieren durch Auftragen der Betonmatrix im Sprühverfahren 8 Gießen von Textilbeton 9 Schleudern von Textilbeton 10 3D-Druck
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Aktuell verwendet man als Bewehrung filigrane mattenartige Strukturen, die aus zwei oder mehr Lagen Multifilamentgarnen (Rovings) gefertigt werden (Abb. 1). Rovings bestehen wiederum aus mehreren tausend Einzelfilamenten (Fasern). Da die Gelege relativ weich sind, lässt sich mit ihnen nahezu jede Form realisieren (Abb. 4).5 Für ganze Tragwerke werden jedoch künftig stabförmige Bewehrungen benötigt werden. Derzeit arbeiten verschiedene Forschungsstätten und Industrieunternehmen in Deutschland und im Ausland an der Entwicklung geeigneter Carbonstäbe. Für multifunktionale Anwendungen gewinnen neben Carbon auch Fasern aus AR-Glas weiter an Bedeutung. Diese sind etwas weniger tragfähig (1500 N/mm2) und dauerhaft als Carbonfasern, aber deutlich preiswerter. Ferner leiten sie im Gegensatz zu Carbon keinen elektrischen Strom, sind jedoch gute Lichtleiter. Als Beton kommt bisher – je nach Bauteil und Anwendung – ein normal- oder hochfester sogenannter Feinbeton mit einem Größtkorn von 1 bis 8 mm zur Anwendung. Auch dies ist ein Unterschied zum Stahlbeton, bei dem Körnungen bis 32 mm Durchmesser üblich sind (Abb. 2, 3). Herstellungsverfahren Carbonbeton wird derzeit im Wesentlichen in zwei Verfahren – Laminieren und Gießen – hergestellt. Weitere Verfahren wie das Schleudern oder Drucken wurden bereits erprobt, aber noch nicht in der Praxis an gewandt. Laminieren Werden Feinbeton und das textile Gelege in wechselnden Lagen in eine Schalung eingebracht, spricht man vom Laminieren (Abb. 6, 7). Das alternierende Schichten beider Bestandteile wird so lange fortgeführt, bis die gewünschte Bauteilstärke erreicht ist. Die Betonschichten haben in der Regel eine Mindestdicke von 3 mm, sowohl an den Außenseiten als auch zwischen den Lagen. Die Mindestdicke der gesamten Textilbetonschicht wird folglich von der erforderlichen Bewehrungsmenge bestimmt.
Der Feinbeton selbst kann per Hand zum Beispiel mit Spachtel und Kelle oder im Sprühverfahren mit Hilfe handelsüblicher Putzerspritzen aufgebracht werden. Das Aufsprühen von Beton ist vor allem bei der großflächigen Verstärkung von Bestandsbauteilen (auch über Kopf) sowie bei frei geformten Bauteilen von Vorteil. Hierzu muss die Feinbetonmischung pump- und spritzbar sein und an schrägen und vertikalen Flächen haften. Dafür steht derzeit eine Fertigmischung zur Verfügung, der auf einer Baustelle lediglich Wasser zugegeben werden muss.3 Abstandshalter, die die Lagesicherheit der Bewehrungsmatten garantieren, sind dabei nicht notwendig. Sowohl beim Laminieren per Hand als auch für das Sprühverfahren sind geschulte Verarbeiter erforderlich, um eine gleichbleibende Qualität der Lagen zu erreichen. Gießen Beim Gießen von Carbonbeton wird die textile Carbonbewehrung in der Schalung fixiert. Anschließend kann das Bauteil in einem Arbeitsschritt betoniert werden (Abb. 8). Hierzu eignen sich sowohl liegende als auch stehende Schalungen. Für das Gießverfahren ist ein fließfähiger und selbstentlüftender Feinbeton erforderlich. Zur Lagesicherung von 2D-Bewehrungen verwendet man Abstandshalter6 oder eine auf einen definierten Abstand vorkonfektionierte 3D-Bewehrung (Abb. 12). Neben kompletten Fertigteilen lassen sich im Gießverfahren auch Halbfertigteile für Decken- und Wand elemente herstellen. Schleudern und Drucken Beide Verfahren sind derzeit noch Zukunftsmusik. Das Prinzip des Schleuderns von Textilbeton wurde erstmals an der RWTH Aachen erprobt (Abb. 9).7 Es sind spezielle versteifte Textilien und ein für das Schleudern optimierter Beton nötig. Ein bisher noch nicht auf Carbonbeton angewandtes Herstellungsverfahren ist das Drucken von Bauelementen (Abb. 10). Das grundsätzliche Problem beim Drucken besteht – wie auch beim Stahlbeton – in der
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1 R einforcement consisting of carbon strands at spacings of 1 and 1.5 cm 2 Aggregates for carbon-reinforced concrete 3 Aggregates for steel-reinforced concrete 4 Flower Pavilion in Kahla, Institute for Solid Forms of Construction, University of Technology, Dresden, 2012. The shell elements of the textile-concrete roof are only 40 mm thick. 5 New Market urban district in Neumarkt; Bögl Gierer Architects/Distler Architects + Engineers, 2015. Linear elements in the facade were cast in traditional steel-reinforced concrete and combined with planar carbon-reinforced textile-concrete cladding only 30 mm thick. 6 Laminated process: concrete matrix applied by hand 7 Laminated process: concrete matrix applied by spraying 8 Pouring textile concrete 9 Centrifugal casting of textile concrete 10 3D compression process
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