DETAIL Praxis: Dämmstoffe

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∂ Praxis

Dämmstoffe Grundlagen Materialien Anwendungen

Margit Pfundstein Roland Gellert Martin H. Spitzner Alexander Rudolphi

Edition Detail


Autoren: Margit Pfundstein Roland Gellert, Dr. rer. nat. Martin H. Spitzner, Dr.-Ing. Christoph Sprengard Wolfgang Albrecht Alexander Rudolphi, Prof.-Ing. Projektleitung: Nicola Kollmann, Dipl.-Ing. (FH) Redaktion: Christina Schulz, Dipl.-Ing. Architektin Zeichnungen: Nicola Kollmann, Daniel Hajduk © 2007 – korrigierter Nachdruck 2008 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München Ein Fachbuch aus der Redaktion DETAIL

ISBN: 978-3-920034-18-8 Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Alle Rechte vorbehalten, einschließlich das des auszugsweisen Abdrucks, der Übersetzung, der fotomechanischen Wiedergabe und der Mikrokopie. Die Übernahme des Inhalts und der Darstellungen, ganz oder teilweise, in Datenbanken und Expertensysteme, ist untersagt.

DTP & Produktion: Peter Gensmantel, Andrea Linke, Roswitha Siegler, Simone Soesters Druck: Aumüller Druck, Regensburg 1. Auflage 2007

Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG Sonnenstraße 17, D-80331 München Telefon: +49/89/38 16 20-0 Telefax: +49/89/39 86 70 www.detail.de


∂ Praxis Dämmstoffe

Inhalt

7

Einführung

8

Eigenschaften von Dämmstoffen

17 21 34 55

Dämmstoffarten Systematik Anorganische Dämmstoffe Organische Dämmstoffe Entwicklungen

59 60 63 66 71 73 74

Rechtsvorschriften und Dämmstoffnormen Bauproduktenrichtlinie, Bauproduktengesetz Baurechtliche Instrumente Europäische Normen und Zulassungen Nationale Anwendungsnormen und Zulassungen Konformitätsbewertung Kennzeichnung und Etikettierung Verbraucherschutz, Gütesicherung, freiwillige Produktzertifizierung

77 79 82 84 85 88 89 91

Dämmstoffe in der Anwendung Anwendungsgebiete Dämmung in Dach und Decke Dämmstoffe in der Wand Perimeterdämmung Vermeidung von Wärmebrücken Luft als Dämmstoff Dämmstoffe und sommerlicher Wärmeschutz Dämmstoffe in anderen Klimazonen

93 93 100 103 105

Ökologische Betrachtung der Dämmstoffe Nachhaltigkeit – Definition und Bewertung Ökologische Dimension Soziale Dimension Ökonomische Dimension Nachhaltiger Einsatz von Dämmstoffen

107 107 108 109 111

Anhang Verbände Hersteller, Lieferanten Literatur Sachregister Bildnachweis



Einführung Margit Pfundstein

Dämmstoffe spielen eine wesentliche Rolle beim energieeffizienten Bauen. Durch ihre wärmedämmende Wirkung sparen sie Heiz- und Kühlenergie ein und tragen damit zur Reduktion des CO2-Ausstoßes bei. Die Bedeutung der Dämmstoffe ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen und mit ihr auch das Angebot an Dämmstoffen mit unterschiedlichen Anwendungs- und Eigenschaftsprofilen. Dementsprechend stellen sich viele Fragen, wenn Dämmstoffe im Hochbau eingesetzt werden sollen: Gibt es normative Bestimmungen? Anforderungen bei Einbau oder Nutzung? Welche Rohstoffe sind enthalten? Wie werden die Dämmstoffe hergestellt und was sind ihre charakteristischen Eigenschaften? Wie sind Abfälle oder Reststoffe zu behandeln? Das vorliegende Buch will diese Fragen mit einer systematischen Darstellung klären, so dass die geeigneten Dämmstoffe für den jeweiligen Bedarf gewählt werden können. Die unterschiedlichen Auswahlkriterien ergeben sich durch die Anwendungen selbst, aber auch durch die Vielzahl der produkt- und anwendungsspezifischen Eigenschaften der Dämmstoffe. Dieses Buch erörtert handelsübliche und auch weniger gebräuchliche Dämmstoffe für den Hochbau sowie neue Entwicklungen. Da ein direkter Preisvergleich wegen der unterschiedlichen Verarbeitungskosten und konstruktiven Randbedingungen nur bedingt aussagefähig ist und zudem lokalen und marktwirtschaftlichen Schwankungen unterliegt, wird in diesem Buch auf eine preisliche Gegenüberstellung verzichtet.

Je nach Rohstoff und Herstellung besitzen die Dämmstoffe charakteristische Eigenschaften, die teilweise für andere Materialien nicht zutreffen, so dass eine direkte Vergleichbarkeit in vielen Fällen nicht möglich ist. Um dennoch für den Verbraucher eine definierte Qualität sicher zu stellen und den baurechtlichen Bestimmungen zu entsprechen, sind Wärmedämmstoffe für den Hochbau normativ geregelt oder müssen bauaufsichtlich zugelassen werden. Die baurechtlichen Zusammenhänge rund um Bauregelliste, Dämmstoffnormen, Zulassungen etc. sind in einem eigenen Kapitel erläutert. Weiterhin beschreibt das Buch Anforderungen an Dämmstoffe, die sich aus den verschiedenen Anwendungen ergeben, und berücksichtigt spezielle Fälle wie Wärmebrücken, den sommerlichen Wärmeschutz und den Einsatz in anderen Klimazonen. Über die funktionale Betrachtung hinaus sind beim Einsatz von Wärmedämmungen und bei der Auswahl des jeweiligen Dämmstoffes auch ökologische Aspekte von Bedeutung. Fragen des Ressourcenverbrauchs, des Energieinhaltes, der Verfügbarkeit und der Umweltverträglichkeit bei der Herstellung, im Gebrauch und bei der Entsorgung von Dämmstoffen werden im letzten Kapitel diskutiert. Im Anhang finden sich Hinweise auf Verbände, Hersteller und weiterführende Literatur sowie ein Sachregister, das den schnellen Zugriff auf die enthaltenen Informationen unterstützen soll.

7


Eigenschaften von Dämmstoffen Margit Pfundstein

Eine geringe Wärmeleitfähigkeit ist ohne Zweifel die wichtigste Eigenschaft von Wärmedämmstoffen. Je nach Anwendungsfall können aber auch zusätzliche Kriterien wie Druckfestigkeit oder Brandverhalten für die Wahl eines Dämmstoffes ausschlaggebend sein. Mit den heute verfügbaren Dämmstoffen können nahezu alle Anforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen abgedeckt werden. Aber es gibt keinen Dämmstoff, der »alles kann«, alle ökologischen Kriterien perfekt erfüllt und dazu vielleicht noch preiswert ist. In der Regel schließen sich bestimmte Kriterien, wie beispielsweise hohe Druckfestigkeit und gute Trittschalldämmung oder Diffusionsoffenheit und Feuchtigkeitsbeständigkeit aus. Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über die wichtigsten charakteristischen Eigenschaften von Dämmstoffen, deren Definition und die dazugehörigen Stoffdaten relevanter Dämmstoffe in tabellarischer Form. Neben der Rohdichte sind zur Beurteilung der Dämmstoffe das Verhalten bei Wärmeeinwirkung, bei Wasser- und Feuchtigkeitsbelastung, die mechanischen und schalltechnischen Eigenschaften und das Brandverhalten von Interesse. Der ökologischen Betrachtung der Dämmstoffe ist ein eigenes Kapitel gewidmet (S. 93ff.). Rohdichte Die Rohdichte definiert sich als der Quotient aus der Masse eines Stoffes und dem von dieser Masse eingenommenen Volumen, gemessen in [kg/m3]. Sie beeinflusst unter anderem maßgeblich die wärmeschutztechnischen Eigenschaften eines Dämmstoffes. Eine geringe Rohdichte bedeutet in der Regel auch eine große Porosität oder ein hohes Hohlraumvolumen und führt damit zu einer Verringerung der Wärmeleitfähigkeit, also zu einer besseren wärmedämmenden 8

Wirkung des Stoffes. Die Ermittlung der Rohdichte von Wärmedämmstoffen erfolgt nach DIN EN 1602. Wärmeleitfähigkeit Wärme zu leiten, ist eine materialspezifische Eigenschaft aller Stoffe, unabhängig davon, ob sie fest, flüssig oder gasförmig sind. Die Wärmeleitfähigkeit ist das Vermögen eines Stoffes, thermische Energie zu transportieren. Dämmstoffe sollen Wärme möglichst schlecht leiten, um vor großen Wärmeverlusten zu schützen. Je kleiner die Wärmeleitung im Stoff ist, umso weniger Wärme fließt hindurch. Deshalb ist die Wärmeleitfähigkeit ¬ eine wichtige Messgröße. Die Wärmeleitfähigkeit wird stoffspezifisch in Watt pro Meter mal Kelvin [W/(m•K)] gemessen und gibt die Wärmemenge an, die bei einer Temperaturdifferenz von 1 Kelvin zwischen innen und außen einen Materialwürfel von einem Meter Kantenlänge durchdringt. Gemäß Definition nach DIN 4108 »Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden« dürfen Materialien mit einer Wärmeleitfähigkeit ≤ 0,10 W/(m•K) als Wärmedämmstoffe bezeichnet werden. Die Mehrzahl der Dämmstoffe hat Wärmeleitfähigkeiten im Bereich von 0,030 bis 0,050 W/(m•K) und ist in diesem Definitionsbereich als gut zu bezeichnen. Sehr gute Wärmeleitfähigkeiten weisen Materialien mit Werten unter 0,030 W/(m•K) auf. Als mäßig oder relativ hoch können Werte im Bereich von 0,060 bzw. über 0,070 W/(m•K) betrachtet werden. Bei Dämmstoffen wird die Wärmeleitung stark von folgenden Faktoren beeinflusst: • verwendeter Rohstoff • Rohdichte des Dämmstoffs • Art und Gefügeaufbau des Feststoffanteils • Feuchtigkeit und Temperatur des Dämmstoffs • enthaltene Zellgase

Rohdichte (Werte marktgängiger Produkte, geprüft nach DIN EN 1602) Wärmedämmstoff Aerogel Baumwolle

Rohdichte [kg/m3] 60 – 80 20 – 60

Bims

150 – 230

Blähglas

150 – 230

Blähperlit (EPB) Blähton Flachs Getreidegranulat Hanf HarnstoffFormaldehydharzOrtschaum (UF) Holzfasern (WF)

90 – 490 260 – 500 20 – 80 105 –115 20 – 68 10 30 – 270

Holzwolle-Platten (WW)

350 – 600

Kalziumsilikatschaum

115 – 300

Kokosfasern

70 –120

Keramikfasern, Keramikschäume

120 – 560

Kork, expandiert (ICB)

100 – 220

Melaminharzschaum (MF) Mineralwolle (MW) Phenolharzschaum (PF)

8 –11 20 – 200 40

Polyesterfasern

15 – 20

Polyethylenschaum (PE)

50 –110

Polystyrol, expandiert (EPS)

15 – 30

Polystyrolschaum, extrudiert (XPS)

25 – 45

PolyurethanHartschaum (PUR)

30 –100

Pyrogene Kieselsäure Schafwolle

300 25 –30

Schaumglas (CG)

115 – 220

Schilfrohr

120 – 225

Seegras

75

Vakuum-IsolationsPaneel Vermiculite expandiert (EV), Blähglimmer Wärmedämmziegel 1 Zellulosefasern

150 – 300 70 –160 500 –750 30 –80


Eigenschaften von Dämmstoffen

Wärmeleitfähigkeit (typische Nennwerte) Wärmedämmstoff

Wärmeleitfähigkeit λ [W/(m·K)]

Norm oder Zulassung

Aerogel

0,017 – 0,021

Zustimmung im Einzelfall

Baumwolle

0,040

gemäß Zulassung

Bims

0,060 – 0,080

gemäß Zulassung

Blähglas

0,070 – 0,093

gemäß Zulassung

Blähperlit (EPB)

0,045 – 0,070

DIN EN 13169

Blähton

0,085 – 0,10

gemäß Zulassung

Flachs

0,037 – 0,045

gemäß Zulassung

Getreidegranulat

0,050

gemäß Zulassung

Gipsschaum

0,045

gemäß Zulassung

Hanf

0,040 – 0,050

gemäß Zulassung

HarnstoffFormaldehydharzOrtschaum (UF)

0,035 – 0,040

DIN 18159

Holzfasern (WF)

0,040 – 0,090

DIN EN 13171

Holzwolle-Platten (WW)

0,090

DIN EN 13168

Kalziumsilikatschaum

0,045 – 0,065

gemäß Zulassung

Keramikfasern, Keramikschäume

0,030 – 0,070

gemäß Zulassung

Kokosfasern

0,040 – 0,050

gemäß Zulassung

Kork, expandiert (ICB)

0,045 – 0,060

DIN EN 13170

Melaminharzschaum (MF)

0,035

Keine Zulassung beantragt

Mineralwolle (MW)

0,035 – 0,045

DIN EN 13162

Phenolharzschaum (PF)

0,022 – 0,040

DIN EN 13166

Polyesterfasern

0,035 – 0,045

gemäß Zulassung

Polyethylenschaum (PE)

0,033

gemäß Zulassung

Polystyrol, expandiert (EPS)

0,035 – 0,040

DIN EN 13163

Polystyrolschaum, extrudiert (XPS)

0,030 – 0,040

DIN EN 13164

PolyurethanHartschaum (PUR)

0,024 – 0,030

DIN EN 13165

Pyrogene Kieselsäure

0,021

Schafwolle

0,040 – 0,045

gemäß Zulassung

Schaumglas (CG)

0,040 – 0,060

DIN EN 13167

Schilfrohr

0,055 – 0,090

gemäß Zulassung

Seegras

0,043 – 0,050

gemäß Zulassung

Strohballen

0,038 – 0,072

gemäß Zulassung

Vakuum-IsolationsPaneel

0,002 – 0,008

Zustimmung im Einzelfall

Vermiculite, expandiert (EV), Blähglimmer

0,046 – 0,070

gemäß Zulassung

Wärmedämmziegel

0,080 – 0,140

gemäß Zulassung

0,040 – 0,045

gemäß Zulassung

2 Zellulosefasern

Zur Messung der Wärmeleitfähigkeit gibt es mehrere Prüfverfahren, die spezifische Stoffeigenschaften berücksichtigen. Für genormte Wärmedämmstoffe werden die Prüfungen meistens nach DIN EN 12664, 12667 und 12939 und für nicht genormte Produkte nach DIN 52612 durchgeführt. Bei Faserdämmstoffen spielt die Feinheit der Fasern und deren Orientierung eine große Rolle. Bei Schaumdämmstoffen ist die Wärmeleitfähigkeit dagegen von der Feinporigkeit der Zellen und sehr stark von den enthaltenen Zellgasen, gegebenenfalls auch von dem eingeschlossenen Treibmittel bestimmt. Bei Dämmstoffen aus Holzfasern oder Holzwolle ist eher die Rohdichte für das Dämmvermögen ausschlaggebend. Im Allgemeinen liegt der günstigste Rohdichtebereich zwischen 20 und 100 kg/m3. Bei geringerer Rohdichte erhöht sich der durch Strahlung übertragene Wärmeanteil, bei größerer Rohdichte erhöht sich der durch Wärmeleitung übertragene Anteil. Darüber hinaus beeinflusst auch der Feuchtigkeitsgehalt eines Dämmstoffs seine Leitfähigkeit. Bei gleicher Steigerung des Feuchtegehaltes steigt die Wärmeleitfähigkeit von Faserdämmstoffen stärker an als die von geschlossenzelligen Schaumstoffen. Da die Wärmeleitfähigkeit eines Stoffes oder Produktes gewissen Schwankungen bei der Qualität der Rohstoffe und den Herstellungsverfahren unterliegt, müssen die Werte kontinuierlich gemessen und geprüft werden. Um dem Planer die notwendige Sicherheit bei der Berechnung des Wärmeschutzes zu geben, wurden deshalb normative und baurechtliche Bestimmungen eingeführt, die den »Bemessungswert der 9



Dämmstoffarten Margit Pfundstein

Systematik Die Systematisierung von Wärmedämmstoffen erfolgt nach ihrer Rohstoffbasis. Dabei wird zunächst nach anorganischem (mineralischem) und organischem Ursprung des Rohstoffs unterschieden. Die Dämmstoffe innerhalb dieser beiden Gruppen gliedern sich in Abhängigkeit von der Weiterverarbeitung der originär verwendeten Rohstoffe in natürliche und synthetische Stoffe. Bei den so genannten »natürlichen« bleibt der Rohstoff prinzipiell unverändert. Wird der originäre Rohstoff jedoch durch eine spezielle Bearbeitung in seiner mineralogischen Zusammensetzung geändert, also technisch hergestellt oder zusammengesetzt, spricht man von synthetischen Stoffen. Einige der natürlichen Dämmstoffe enthalten in relativ großen Mengen Zusätze wie brandhemmende Salze, Imprägnierungen, Stützfasern oder Bindemittel, die nicht natürlichen Ursprungs sind. Um sie trotzdem als »natürlich« bezeichnen zu können, sollten diese Zusätze in Anlehnung an Untersuchungen von Dr. Margit Fuehres 1 unter 25 % des Materialanteils liegen. Die nebenstehende Übersicht der Dämmstoffe folgt der beschriebenen Systematik. Die Reihenfolge innerhalb der Gruppen orientiert sich an der heutigen Marktbedeutung der jeweiligen Stoffe. Besonders seltene oder nicht mehr gebräuchliche Dämmstoffe sind in kursiver Schrift aufgeführt. Außerhalb dieser Systematik stehen vier Entwicklungen, die sich – bis auf die nanozellulären Schäume – einer Zuordnung nach Rohstoffbasis entziehen. Bei ihnen handelt es sich nicht um Baustoffe, sondern um vorgefertigte Bauteile oder Systeme mit spezifischer funktionaler Ausrichtung. Alle hier aufgelisteten Dämmstoffe werden im Folgenden einzeln erläutert.

anorganische Dämmstoffe synthetisch

Glaswolle Steinwolle Schaumglas Blähglas Kalziumsilikatschaum Keramikfasern, Keramikschaum Aerogel Pyrogene Kieselsäure Schlackenwolle Gipsschaum

S. 21 S. 21 S. 24 S. 26 S. 27 S. 28 S. 28 S. 29 S. 29 S. 29

natürlich

Blähperlit Vermiculite, expandiert Blähglimmer Blähton Bims Wärmedämmziegel

S. 30 S. 31 S. 31 S. 32 S. 33 S. 33

Polystyrol, expandiert Polystyrolschaum, extrudiert Polyurethan-Hartschaum Polyurethan-Ortschaum Phenolharzschaum Melaminharzschaum Polyethylenschaum Harnstoff-FormaldehydharzOrtschaum Polyesterfasern

S. 34 S. 36 S. 38 S. 40 S. 41 S. 42 S. 42

Holzwolle Holzfasern Kork, expandiert Zellulosefasern Hanf Schafwolle Baumwolle Flachs Getreidegranulat Schilfrohr Kokosfasern Seegras Holzspäne Chinaschilf Torf Strohballen

S. 44 S. 45 S. 46 S. 47 S. 48 S. 49 S. 50 S. 50 S. 51 S. 52 S. 52 S. 53 S. 53 S. 54 S. 54 S. 54

Transparente Wärmedämmung Schaltbare Wärmedämmung Nanozelluläre Schäume Vakuum-Isolations-Paneel

S. 55 S. 56 S. 56 S. 57

organische Dämmstoffe synthetisch

natürlich

S. 43 S. 43

Entwicklungen

1

Quelle: Isoliertechnik 5/1996

17


Dämmstoffarten Anwendungen

Anwendungsmatrix anorganisch

Vermiculite, expandiert (EV), Blähglimmer

Blähton

DAA

Außendämmung des Daches, der Bewitterung ausgesetzt (Umkehrdach)

DUK

Zwischensparrendämmung, zweischaliges Dach, nicht begehbare aber zugängliche oberste Geschossdecke

DZ

Innendämmung der Decke (unterseitig) oder des Daches, Dämmung unter Sparren/ Tragkonstruktion, abgehängte Decke etc.

DI

Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich, ohne Schallschutzanforderungen

DEO

Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich, mit Schallschutzanforderungen

DES

Außendämmung der Wand hinter Bekleidung

WAB

Außendämmung der Wand hinter Abdichtung

WAA

Außendämmung der Wand unter Putz (Sockeldämmung, Wärmebrückendämmung)

WAP

Dämmung von zweischaligen Wänden, Kerndämmung

WZ

Dämmung von Holzrahmen- und Holztafelbauweise

WH

Innendämmung der Wand

WI

Dämmung zwischen Haustrennwänden mit Schallschutzanforderungen

WTH

Dämmung von Raumtrennwänden

WTR

Dach und Decke Wand Perimeter

• • •

°

°

° °

°

°

°

°

°

°

Außenliegende Wärmedämmung von Wänden gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)

PW

Außenliegende Wärmedämmung unter der Bodenplatte gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)

PB

° selten als Wärmedämmstoff gebräuchlich

°

Wärmedämmziegel

Blähperlit (EPB)

Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Abdichtungen

Gipsschaum

Schlackenwolle

Pyrogene Kieselsäure

Aerogel

Keramikfasern, Keramikschaum

Kalziumsilikatschaum

Schaumglas (CG)

Blähglas

Steinwolle (MW)

Piktogramm

DAD

Kurzzeichen nach DIN V 4108-10 Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Deckungen

• mit definierten Eigenschaften nach DIN V 4108-10 • mit bauaufsichtlicher Zulassung für Produkt oder Anwendung 18

natürlich

Glaswolle (MW)

synthetisch

Bims

Anwendung


Dämmstoffarten Anwendungen

Anwendungsmatrix organisch

Anwendung

• •

Strohballen

Torf

Chinaschilf

Holzspäne

Seegras

Kokosfasern

Schilfrohr

Flachs

Baumwolle

Getreidegranulat

• • •

Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Deckungen

Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Abdichtungen

Außendämmung des Daches, der Bewitterung ausgesetzt (Umkehrdach)

° •

°

° ° • • • • • • • • • • • °

Zwischensparrendämmung, zweischaliges Dach, nicht begehbare aber zugängliche oberste Geschossdecke

• • •

°

° ° • • • • • • • • • • •

Innendämmung der Decke (unterseitig) oder des Daches, Dämmung unter Sparren / Tragkonstruktion, abgehängte Decke etc.

• • •

Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich, ohne Schallschutzanforderungen

Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich, mit Schallschutzanforderungen

• • •

• • •

• • •

• • •

• • •

• • •

°

• • • • • •

°

° °

• • • • • • • •

• •

Außendämmung der Wand hinter Bekleidung Außendämmung der Wand hinter Abdichtung

°

° • • • • • • • • • • • ° •

°

• •

°

• •

• •

°

• • • • •

• •

• • •

Dach und Decke

• • • • •

Außendämmung der Wand unter Putz (Sockeldämmung, Wärmebrückendämmung) Dämmung von zweischaligen Wänden, Kerndämmung

° °

Dämmung von Holzrahmen- und Holztafelbauweise

Wand

• • • •

Innendämmung der Wand

Dämmung zwischen Haustrennwänden mit Schallschutzanforderungen

Dämmung von Raumtrennwänden

• • •

Außenliegende Wärmedämmung von Wänden gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)

• • •

Außenliegende Wärmedämmung unter der Bodenplatte gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)

Perimeter

• • • • •

Schafwolle

Hanf

Zellulosefasern

Kork, expandiert (ICB)

Holzfasern (WF)

Holzwolle (WW)

Polyesterfasern

Harnstoff-Formaldehydharz-Ortschaum (UF)

Polyethylenschaum (PE)

Melaminharzschaum (MF)

Phenolharzschaum (PF)

natürlich

Polyurethan-Ortschaum (PUR)

Polyurethan-Hartschaum (PUR)

Polystyrolschaum, extrudiert (XPS)

Polystyrol, expandiert (EPS)

synthetisch

• mit definierten Eigenschaften nach DIN V 4108-10 • mit bauaufsichtlicher Zulassung für Produkt oder Anwendung

° selten als Wärmedämmstoff gebräuchlich

19


Anorganische Dämmstoffe Keramikfasern, Keramikschaum, Aerogel

Keramikfasern und Keramikschaum

Aerogel

Keramische Fasern und Schäume sind polykristalline Strukturen auf der Basis von Aluminium- und Siliziumoxyd.

Aerogel ist ein extrem leichter, hochporöser Feststoff. Als Rohstoff können unter anderem Metalloxide oder Polymere dienen. Es wird jedoch vorwiegend aus Silikaten (SiO2) hergestellt, die unter Zugabe eines Katalysators in einer Flüssigkeit gelieren. Das Gel wird anschließend unter extremen Bedingungen zu spröd-fester Konsistenz getrocknet. Dieses »Sol-GelVerfahren« wurde schon um 1930 entwickelt und im Laufe der Zeit hinsichtlich der Rohstoffzusammensetzung variiert und verbessert. Inzwischen sind Porengrößen im Nanometerbereich von bis zu fünf Millionstel Millimetern möglich. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von nur 0,017 bis 0,021 W/(m•K) hat Aerogel ausgezeichnete Wärmedämmeigenschaften, ist gut schalldämmend und hoch temperaturbeständig bis ca. 1200 °C. Aerogele haben eine Rohdichte von 60 – 80 kg/m3. Sie sind beständig gegen Feuchtigkeit und Schimmelpilze und zeigen auch bei dauernder Einwirkung von UV-Strahlung keine Verfärbungen. Langzeiterfahrungen bestätigen, dass sie ihre Eigenschaften dauerhaft behalten.

Die Fasern werden in unterschiedlicher Weise weiterverarbeitet, beispielsweise zu feuerfesten Textilien, zu Armierungen für Keramikprodukte und als Asbestersatz für Dämmzwecke in Industrieanlagen und im Gerätebau. Keramikschäume finden als Dämmstoff Anwendung in der Filter-, Brenner- und Katalysetechnik und sind Gegenstand weiterer Materialforschungen. Für übliche Wärmedämmaufgaben im Hochbau werden Keramikfasern und -schäume nicht eingesetzt. Keramikfaserdämmstoffe sind reißfest, formreversibel, chemisch beständig und teilweise bis zu 1000 °C temperaturbeständig. Charakteristische physikalische Eigenschaften von Keramikfasern sind unten stehender Tabelle zu entnehmen. Für Keramikschaum liegen bisher keine entsprechenden Kennzahlen vor. Physikalische Kennwerte – Keramikfasern

28

Eigenschaft

Einheit

Kenngrößen

Rohdichte

kg/m3

120 – 560

Wärmeleitfähigkeit

W/(m•K)

0,030 – 0,070

Wärmespeicherkapazität

J/(kg•K)

1040

Brandverhalten Baustoffklasse

A1 (nicht brennbar)

Die hauptsächlichen Anwendungen ergeben sich neben den guten Dämmeigenschaften auch aus der hohen optischen Transparenz der Silikat-Aerogele. Sie ermöglicht besondere architektonische Verwendungen, beispielsweise als transparente Wärmedämmung hinter Glasscheiben. Aerogele erscheinen matt bis durchsichtig und wirken vor dunklem Hintergrund milchig blau. Speziell entwickelte Produkte mit Kohlenstoff-Aerogelen können sogar elektromagnetische Strahlen absorbieren. Trotz der hervorragenden Dämmeigenschaften haben Aerogele wenig Verbreitung gefunden, was nicht zuletzt auch an ihrem hohen Peis liegt.


Anorganische Dämmstoffe Pyrogene Kieselsäure, Schlackenwolle, Gipsschaum

Pyrogene Kieselsäure

Schlackenwolle

Gipsschaum

Pyrogene Kieselsäure wird durch die Verbrennung von Siliziumtetrachlorid in einer Wasserstoffflamme hergestellt. In Verbindung mit einem Stabilisator entsteht dabei ein mikroporöser Dämmstoff. Um die Abgabe von Strahlungswärme zu vermindern, werden Trübungsmittel wie Titaniumoxid (TiO2) oder, für höhere Temperaturbereiche, Zirkoniumoxid (ZrO2) beigefügt.

Schlackenwolle gehört zu den Mineralfaserdämmstoffen und wird aus Schlacke hergestellt, die als Abfallprodukt bei Verbrennungsprozessen anfällt. Die Hochofenschlacke wird je nach Verwendungszweck modifiziert, zu Fasern gesponnen und gebunden.

Aus einer Wasser-Gips-Mischung wird durch Aufschäumen eines hinzugefügten Polymers eine poröse Masse geschaffen, die in unterschiedlichen Formen aushärtet und somit unterschiedlich geformte Endprodukte ermöglicht. Der hierfür verwendete Gips wird häufig aus Rauchgasentschwefelungsanlagen gewonnen. Das Endprodukt ist dann jedoch nicht wieder recyclierbar.

Dieses Gemisch wird unter hohem Druck zusammen mit Armierungsfasern zu Platten mit Dichten von bis zu 300 kg/m3 verpresst. So entstehen je nach Rohdichte feste oder flexible Platten, deren mikroporöse Struktur die Wanderung der Gasmoleküle extrem behindert und somit die Wärmeleitfähigkeit auf bis zu 0,021 W/(m•K) herabsetzt. Dämmplatten aus pyrogener Kieselsäure werden meist im Anlagen- und Gerätebau eingesetzt, im Hochbau finden sie neuerdings für Vakuum-Isolations-Paneele (VIP) Verwendung. Mit einer Anwendungsgrenztemperatur von 950 °C bis 1050 °C besitzen sie eine hohe thermische Stabilität, sind nicht brennbar (Baustofklasse A1) und chemisch resistent. Formstabilität und einfache Verarbeitung sind weitere Kennzeichen. Zur Herstellung von pyrogener Kieselsäure werden keine organischen Bindemittel benötigt, sie kann als physiologisch unbedenklich eingestuft werden. Pyrogene Kieselsäure besitzt zur Zeit keine Bedeutung auf dem Dämmstoffmarkt, könnte aber in Zukunft als Kern von Vakuum-Isolations-Paneelen häufiger Verwendung finden (siehe hierzu auch S. 57).

Schlackenwolle hat ähnliche physikalische Eigenschaften wie die klassischen Mineralfaserprodukte (siehe Tabelle). Sie ist schalldämmend, wasserunlöslich und elastisch. Da Schlackenwolle aus Abfallprodukten hergestellt wird, können Schwermetalle, krebsverdächtige Fasern und andere unerwünschte Stoffe enthalten sein. Als Wärmedämmstoff findet Schlackenwolle daher heute keine nennenswerte Verwendung mehr. In den letzten Jahren wurde sie gelegentlich noch als Stopfwolle beim Bau von Industrieanlagen und beim Behälterbau eingesetzt. Für den Umgang mit Schlackenwolle und mit Altstoffen liegen keine Angaben vor. Es müssen mindestens die allgemeinen Grundsätze der Arbeitshygiene beim Umgang mit Mineralwolledämmstoffen beachtet werden (vgl. Mineralwolle, S. 22ff.). Die Entsorgung ist wegen der belastenden Materialbestandteile entsprechend problematisch.

Die relevanten physikalische Eigenschaften von Gipsschaum sind in der unten stehenden Tabelle aufgeführt. Marktübliche Gipsschaumplatten dienen hauptsächlich der Schallabsorption und werden überwiegend in Großraumbüros eingesetzt. Als Wärmedämmstoff spielt er keine Rolle. Physikalische Kennwerte – Gipsschaum Eigenschaft

Einheit

Wärmeleitfähigkeit

W/(m•K)

0,045

Wärmespeicherkapazität

J/(kg•K)

1000

Brandverhalten Baustoffklasse

B 2 (normal entflammbar)

Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl

Kenngrößen

4–8

Physikalische Kennwerte – Schlackenwolle Eigenschaft

Einheit

Rohdichte

kg/m3

Kenngrößen 27

Wärmeleitfähigkeit

W/(m•K)

0,035 – 0,040

Wärmespeicherkapazität

J/(kg•K)

840 –1000

Brandverhalten Baustoffklasse

A1 (nicht brennbar)

29


Organische Dämmstoffe Expandiertes Polystyrol (EPS)

1

1 2

2

Expandiertes Polystyrol (EPS) Für werkmäßig hergestellte Produkte aus expandiertem Polystyrol gilt die Stoffnorm DIN EN 13163. Sie entsprechen der Bauregelliste B (s. S. 62). Rohstoffe und Herstellung EPS wird aus Polystyrol, Treibmittel (Pentan), Flammschutzmittel (HBCD) und Stabilisatoren hergestellt. Die Produktion von EPS-Dämmstoffen umfasst mehrere Schritte. Zunächst wird aus Styrol durch Polymerisation und unter Beigabe eines Treibmittels PolystyrolGranulat gewonnen. Dieses Granulat aus glasähnlichen Perlen mit einem Durchmesser von bis zu 3 mm wird in einem weiteren Schritt durch Behandlung mit Wasserdampf auf das 20- bis 50-fache seines Volumens aufgebläht (expandiert). Dabei verdampft das Treibmittel. Nach einer Abkühlphase werden die Perlen ein zweites Mal mit Wasserdampf aufgeschäumt, wobei sie sich – plastisch und leicht klebrig – zu einem homogenen Material verschweißen. So entstehen großformatige Blöcke, die nach einer weiteren Ablagerung in Platten geschnitten und gegebenenfalls profiliert werden. In speziellen Schäumautomaten können auch einzelne Platten mit fertigen Oberflächen und Kanten hergestellt werden, die sich bei entsprechenden Rohdichten und wegen ihrer geschlossenzelligen Oberfläche auch zur Perimeterdämmung eignen. Entwicklung und Marktbedeutung Expandiertes Polystyrol wurde 1951 entwickelt und ist unter dem Markennamen Styropor eingetragenes Warenzeichen der BASF. Der Name Styropor wird häufig als Synonym für EPS genannt. Mitte der 1990er Jahre wurde der bekannte weiße EPS-Schaum weiterentwickelt. Durch den Einbau von Graphitpartikeln in 34

die Zellstruktur gelang es, die Wärmeleitfähigkeit weiter zu reduzieren. Die Graphitpartikel geben dem Schaumstoff eine silbergraue Farbe und wirken als Infrarotabsorber, die Wärmestrahlung größtenteils reflektieren und ihren Durchgang blockieren. Mit diesem »IR-Absorbermodifizierten EPS« werden schon bei geringeren Rohdichten verbesserte Wärmeleitfähigkeiten mit Bemessungswerten von bis zu 0,032 W/(m•K) erzielt. Bei herkömmlichem EPS wird dafür mehr als die doppelte Rohdichte benötigt. EPS-Dämmstoffe sind preiswert und sehr gut verfügbar, ihr Marktanteil in Deutschland beträgt rund 30 %. Besonders für Wärmedämmverbundsysteme haben EPS-Platten einen hohen Stellenwert. Eigenschaften und Anwendungen EPS-Dämmstoffe haben gute bis sehr gute Dämmeigenschaften, typenabhängige Druckfestigkeiten, sind nicht hygroskopisch und verrotten nicht. Speziell »elastifizierte« Platten sind auch als Trittschalldämmung geeignet und ermöglichen bei harten Untergründen Verbesserungen von bis zu 30 dB. Die Herstellungsparameter ermöglichen eine große Bandbreite an Produkten mit verschiedenen Qualitäten, die stark von der Rohdichte und vom Grad der Verschweißung ihrer Perlen abhängen. Das Spektrum reicht von großen Perlen, die an wenigen Kontaktstellen verbunden sind, etwa für bituminierte Drainplatten, bis zu Verschweißungen, bei denen fast keine Zwickel zwischen den Perlen verbleiben und die beispielsweise für Wärmedämmverbundsysteme oder in höheren Rohdichten für druckbeanspruchte Anwendungen eingesetzt werden. Hydrophobiertes EPS kann für Perimeterdämmungen verwendet werden. Die neuen IR-Absorber-modifizierten Qualitäten sind genauso einsetzbar wie die

Dämmplatten aus expandiertem Polystyrol Zellstruktur von ir-modifiziertem EPS

bekannten Standardprodukte, jedoch nicht als Perimeterdämmung. Viele Plattentypen sind als Perimeterdämmung oder innerhalb von Wärmedämmverbundsystemen bauaufsichtlich zugelassen. Einzelne Hersteller verfügen für spezielle Produkte über eine Zulassung für die Anwendung im Umkehrdach und als lastabtragende Wärmedämmung unter Gründungsplatten mit mäßiger Druckbeanspruchung. EPS-Platten werden auch als Frostschutzschichten im Verkehrswege- und Landschaftsbau eingesetzt. Zusätzlich wird EPS zu einer Vielzahl von Zuschnitten und Formteilen verarbeitet, beispielsweise für Rollladenkästen und als Schmuckelemente für verputzte Flächen. Einige Anbieter liefern EPS auch als Schüttdämmstoff für die Dämmung von Hohlräumen. Hierzu ist eine bauaufsichtliche Zulassung erforderlich. Durch lange einwirkende UV-Strahlung (mehrere Wochen oder Monate) vergilbt und versprödet die Oberfläche von EPS. Deshalb sollten die geplanten Deckschichten kurzfristig aufgebracht werden. Auf Lösemittel reagiert Polystyrol empfindlich, außerdem auf Kraftstoffe und Mineralöle. Jedoch sind die meisten Säuren und Laugen für EPS kaum schädlich. Für Anwendungen mit Heißbitumen oder unter Gussasphalt ist EPS nicht geeignet. Lieferformen Typische Abmessungen von EPS-Platten: • Länge 1000 mm • Breite 500 mm • Dicke 10 – 300 mm Die Kantenausbildung ist in der Regel glatt, für spezielle Anwendungen auch mit passenden Profilierungen wie Stufenoder Hakenfalz.


Organische Dämmstoffe Expandiertes Polystyrol (EPS)

Abhängig vom Verwendungszweck sind auch andere Plattenformen üblich: • Gefälledämmplatten mit individuellen Zuschnitten • großformatige Platten für Dach-Fertigteile • Klappbahnen für Flachdächer • einseitig profilierte Dämmplatten für Well- und Trapezprofile auf Hallendächern • Perimeter-Dämmplatten mit profilierten Oberflächen • wechselseitig geschlitzte Platten zum Einklemmen zwischen Dachsparren Verarbeitungshinweise EPS ist leicht zu verarbeiten. Dünnere Platten können mit einem Cutter geschnitten werden, dicke mit einer Kreis- oder Bandsäge. Bei gering verschweißten Perlen können einzelne Partikel beim Schneiden ausbrechen. Für exakte Zuschnitte ist daher eine Thermosäge zu empfehlen. Bei der Verarbeitung auf der Baustelle durch Schneiden, Sägen und Bohren treten keine Staubbelastungen oder sonstigen Reizwirkungen auf. Abgebrochene Partikel können sich jedoch statisch aufladen oder sich durch Luftzug im Umfeld verteilen. Gesundheitliche und ökologische Aspekte Polystyrol ist biologisch neutral eingestuft und auch als Material für Lebensmittelverpackungen zugelassen. EPS-Dämmstoffe sind bei der Verarbeitung und in der Anwendung unschädlich. Wie durch Messungen bestätigt wurde, liegen ausdiffundierende Styrol-Restmonomere unterhalb der MAK-Werte (MAK = Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) und sind in der Raumluft nicht nachweisbar. Im Brandfall werden jedoch Stryrol und Poly-Aromatische-Kohlenwasserstoffe (PAK) freigesetzt. Das als Treibmittel verwendete Pentan hat prinzipiell eine geringe Umweltbelas-

tung und wird bei einigen Herstellern sogar beim Produktionsprozess aufgefangen. Recycling Unverschmutzter Baustellenverschnitt wird von ca. 1500 Sammelstellen in Deutschland angenommen, zerkleinert und beispielsweise als Verpackungsmaterial oder Leichtzuschlag für Beton, Mauerziegel, Mörtel und Putz verwendet. Wenn keine Wiederverwertung möglich ist, sind EPS-Abfälle auf geordneten Deponien zu lagern, je nach geltenden regionalen Bestimmungen unter den Abfallschlüsselnummern 17 06 04 für Dämmmaterial oder 17 09 04 für gemischte Bau- und Abbruchabfälle. Viele Abfallverbrennungsanlagen verwenden Schaumstoffreste zur Unterstützung ihrer Befeuerung. Wird die dabei entstehende Energie zur Wärmeerzeugung genutzt, kann der Energieinhalt des Schaumstoffs zurückgewonnen werden.

Physikalische Kennwerte – EPS Eigenschaft

Einheit

Kenngrößen

Rohdichte

kg/m3

15 – 30

Wärmeleitfähigkeit

W/(m•K)

0,032 – 0,040

Wärmespeicherkapazität

J/(kg•K)

1500

Thermischer LängenausK-1 dehnungskoeffizient Brandverhalten Euroklasse Baustoffklasse

5 •10-5 – 7•10-5

E B1 (schwer entflammbar)

Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl

20 –100

Langzeitwasseraufnahme

Vol.-%

1– 5

Anwendungsgrenztemperatur langzeitig

°C

80 – 85

Druckspannung bei 10 % Stauchung oder Druckfestigkeit

kPa

60 – 200

Dauerdruckspannung

kPa

20 – 60

Zugfestigkeit senkrecht zur Plattenebene

kPa

> 100

Biegefestigkeit

kPa

≥ 50

Dynamische Steifigkeit

MN/m3

10 – 40

Anwendungsgebiete für EPS Dach und Decke: DAD • Außendämmung, vor Bewitterung geschützt, unter Deckungen DAA • Außendämmung, vor Bewitterung geschützt, unter Abdichtungen (mittlere bis hohe Druckbelastbarkeit) DZ • Zwischensparrendämmung, zweischaliges Dach, oberste Geschossdecke DI • Innendämmung unter Decke, unter Sparren oder Tragkonstruktion. DEO • unter Estrich ohne Schallschutzanforderungen DES • unter Estrich mit Schallschutzanforderungen (erhöhte bis geringe Zusammendrückbarkeit) Wand: WAB WAA WAP WZ WI

• Außendämmung hinter Bekleidung • Außendämmung hinter Abdichtung (mittlere bis hohe Druckbelastbarkeit) • Außendämmung unter Putz • Zweischalige Wände, Kerndämmung • Innendämmung der Wand

Perimeter (nur mit Zulassung) PW • Wände gegen Erdreich PB • Bodenplatten gegen Erdreich

DAD

DAA

DUK

DZ

DI

DEO

DES

WAB

WAA

WAP

WZ

WH

WI

WTR

WTH

PW+PB

35



Rechtsvorschriften und Dämmstoffnormen Roland Gellert

Für die Herstellung von Dämmstoffen und ihre Anwendung als Bauprodukt gibt es ein umfangreiches Regelwerk, das aus rechtsverbindlichen Vorschriften einerseits und Normen und Zulassungen andererseits besteht. Letztere haben zwar per definitionem keinen bindenden Charakter, werden jedoch dann rechtsverbindlich, wenn einzelne Gesetze auf sie Bezug nehmen. Um den europäischen Markt für Hersteller und Planer transparenter zu machen und um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten, wurde auf europäischer Ebene ein Prozess zur Harmonisierung der nationalen Regelwerke in Gang gesetzt. Die momentane Übergangsphase ist geprägt von einem Nebeneinander europäischer und nationaler Regelungen, die in ihren Geltungsbereichen sorgfältig zu beachten sind. Der folgende Beitrag betrachtet unter diesem Aspekt sowohl die für Dämmstoffe geltenden Normen und Zulassungen als auch die maßgebenden Rechtsvorschriften (Bauproduktenrichtlinie und Bauproduktengesetz) mit den baurechtlichen Instrumenten zu ihrer Umsetzung (Musterbauordnung und Bauregelliste). Im letzten Teil folgen Erläuterungen zu den verschiedenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Bauprodukten (Konformitätsnachweis, CE-Kennzeichnung, freiwillige Produktzertifizierung). Bauproduktenrichtlinie (BPR) und Bauproduktengesetz (BauPG) 1989 wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften die »Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte (89/106/EWG)« veröffentlicht. Diese so genannte Bauproduktenrichtlinie (BPR) sagt, dass Bauprodukte – und die

sie beschreibenden technischen Spezifikationen – so geartet sein müssen, dass bei ihrer Verwendung die auf das Bauwerk bezogenen Sicherheits- und Schutzniveaus aufrecht erhalten werden können. Diese Niveaus können unterschiedlich sein, je nach der Lage des Bauwerks, seiner Nutzung oder anderen Gegebenheiten. Die Sicherheits- und Schutzniveaus sind nach Anhang I der BPR in sechs wesentliche Anforderungen gegliedert: 1. mechanische Festigkeit und Standsicherheit 2. Brandschutz 3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz 4. Nutzungssicherheit 5. Schallschutz und 6. Energieeinsparung und Wärmeschutz. Zur Umsetzung der BPR hat die EU-Kommission in Form von Grundlagendokumenten und Leitpapieren einzelne Positionen im Detail erläutert und kommentiert; die Mitgliedsstaaten und das CEN (Comité Européen de Normalisation – europäische Normenorganisation) sollen diese rechtlich nicht bindenden Dokumente in ihren nationalen Rechtsvorschriften berücksichtigen. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Richtlinie 1998 mit dem Bauproduktengesetz1 (BauPG) in nationales Recht überführt. Gemäß § 1 »Zweck« regeln die Vorschriften des BauPG das Inverkehrbringen von Bauprodukten und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten von und nach den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum. Wichtig ist, dass dabei die nationalen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu Anforderungen an die Verwendung von Bauprodukten, z. B. Dämmstoffe, unberührt bleiben.

Auf folgende in § 2 BauPG festgelegte Begriffsbestimmungen – auf die später zurückgegriffen wird – ist an dieser Stelle hinzuweisen: • Bauprodukte sind »Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen des Hoch- oder Tiefbaus eingebaut zu werden. • Harmonisierte Normen sind aufgrund von Mandaten der Kommission der europäischen Gemeinschaften von europäischen Normungsorganisationen im Hinblick auf die wesentlichen Anforderungen erarbeitete technische Regeln (EN); sie werden in entsprechende nationale Normen (DIN EN) umgesetzt. Bund und Länder wirken in der Regel im Rahmen der Beteiligung interessierter Kreise bei der Erarbeitung der harmonisierten Normen mit, um den in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften und im öffentlichen Auftragswesen erreichten Stand technischer Anforderungen in die europäische Normung einzubringen. • Anerkannte Normen sind in Mitgliedstaaten der europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum für Bauprodukte geltende technische Regeln, von denen aufgrund eines nach der Bauproduktenrichtlinie durchgeführten Verfahrens anzunehmen ist, dass sie mit den wesentlichen Anforderungen übereinstimmen. • Leitlinien für die europäische technische Zulassung 1

»Gesetz über das Inverkehrbringen von und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten zur Umsetzung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte und anderer Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften (Bauproduktengesetz – BauPG)« in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. April 1998 (BGBl. I S. 812)

59


Rechtsvorschriften und Dämmstoffnormen Musterbauordnung

Bauprodukte (nach MBO)

geregelt

Bauregelliste A Inverkehrbringen + Anwenden national geregelt: • Ü-Zeichen (Übereinstimmungsnachweis ÜH, ÜHP, ÜZ, § 24) • Produkt entspricht den in der Bauregelliste A genannten techn. Regeln • bei Abweichung von techn. Regeln: Verwendbarkeitsnachweis abZ oder abP (§ 21) 1

Bauregelliste B Inverkehrbringen europäisch geregelt: • CE-Kennzeichen Anwenden mit deutschen Zusatzanforderungen: • Ü-Zeichen (optional) • nationale Klassen und Leistungsstufen für die Anwendung

(European Technical Approval Guidelines ETAG) sind nach der Bauproduktenrichtlinie aufgrund eines Auftrages der Kommission der europäischen Gemeinschaften vom Gremium der von den Mitgliedsstaaten der europäischen Union und den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum bestimmten Zulassungsstellen erarbeitete Grundlagen für die Erteilung europäischer technischer Zulassungen. • Europäische technische Zulassungen (European Technical Approvals ETA) sind nach diesem Gesetz oder nach Rechtsvorschriften, die andere Mitgliedsstaaten der europäischen Union oder andere Vertragsstaaten … zur Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie erlassen haben, dem Hersteller für Bauprodukte von dafür bestimmten Zulassungsstellen erteilte Brauchbarkeitsnachweise.« Die Vorschriften dieses Gesetzes (§ 3 BauPG) gelten für Bauprodukte, für die entweder • die Kommission der EU die Fundstellen von harmonisierten oder anerkannten Normen im Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften veröffentlich hat, oder • Leitlinien für europäische technische Zulassungen (ETAGs) erarbeitet worden sind, oder • europäische technische Zulassungen (ETAs) erteilt worden sind, ohne dass Leitlinien erarbeitet sind. Für die genannten Fälle gibt es Beispiele aus dem Bereich der Dämmstoffe (siehe Tabelle 2, S. 62). Baurechtliche Instrumente Zur Regelung der technischen Eigenschaften und Anwendungsgebiete von Dämmstoffen stehen mit der Musterbauordnung und der Bauregelliste zwei baurechtliche Instrumente zur Verfügung. 60

nicht geregelt

Bauregelliste C

Einzelverwendbarkeitsnachweis

Bauprodukte untergeordneter Bedeutung

Musterbauordnung (MBO) Die Bauministerkonferenz koordiniert die Bauordnungen der deutschen Bundesländer. Sie ist die Arbeitsgemeinschaft der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der 16 Länder (ARGEBAU), an deren Gremiensitzungen regelmäßig auch der für das Bauwesen zuständige Bundesminister teilnimmt. Die Sachverständigen der ARGEBAU haben ein Muster für die Bauordnungen der Länder ausgearbeitet. Die Bauordnungen sämtlicher Bundesländer gehen auf diese Musterbauordnung zurück und weisen deshalb nahezu übereinstimmende Vorschriften auf. Sie sind lediglich in einigen marginalen Details unterschiedlich, etwa in der Benennung der Paragraphen, in Bayern »Artikel« genannt. Die aktuelle Fassung der Musterbauordnung stammt aus dem Jahr 2002. Wichtig im hier behandelten Zusammenhang ist der »Dritte Abschnitt: Bauprodukte und Bauarten«, insbesondere folgende Paragraphen: § 20 Bauprodukte Sie »dürfen für die Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen nur verwendet werden, wenn sie für den Verwendungszweck 1. von den nach Absatz 2 bekanntgemachten technischen Regeln nicht oder nicht wesentlich abweichen (geregelte Bauprodukte) oder nach Absatz 3 zulässig sind und wenn sie aufgrund des Übereinstimmungsnachweises nach § 24 das Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) tragen oder 2. nach den Vorschriften a) des Bauproduktengesetzes (BauPG), b) zur Umsetzung der Richtlinie 89/106 EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte (Bauproduktenrichtlinie) vom 21. Dezember 1988 (ABI.

Inverkehrbringen + Anwenden: • allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ § 21) + Ü-Zeichen für die Verwendbarkeit, oder • allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP § 21a) + Ü-Zeichen für die Verwendbarkeit, oder • Zustimmung im Einzelfall (ZiE § 22) + Ü-Zeichen für die Verwendbarkeit

EG Nr. L 40 vom 11. 2.1989, S. 12) durch andere Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaften und andere Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder c) zur Umsetzung sonstiger Richtlinien der europäischen Gemeinschaften, soweit diese die wesentlichen Anforderungen berücksichtigen, in den Verkehr gebracht und gehandelt werden dürfen, insbesondere das Zeichen der europäischen Gemeinschaften (CE-Zeichen) tragen und dieses Zeichen die nach Absatz 7 Nr. 1 festgelegten Klassen- und Leistungsstufen ausweist. 3. Bauprodukte, für die technische Regeln in der Bauregelliste A nach Absatz 2 bekanntgemacht worden sind und die von diesen wesentlich abweichen oder für die es Technische Baubestimmungen oder allgemein anerkannte Regeln der Technik nicht gibt (nicht geregelte Bauprodukte), müssen 1. eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (§ 21) oder 2. ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (§ 21 a) oder 3. eine Zustimmung im Einzelfall (§ 22) haben.« § 21 Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) »Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für nicht geregelte Bauprodukte, wenn deren Verwendbarkeit im Sinne des § 3 Abs. 21 nachgewiesen ist. Die zur Begründung des Antrags erforderlichen Unterlagen sind beizufügen. 1

§ 3 Abs. 2 MBO: Bauprodukte dürfen nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes erfüllen und gebrauchstauglich sind.


Rechtsvorschriften und Dämmstoffnormen Musterbauordnung

1

Bedingungen für die Verwendung von Bauprodukten Produkte mit CE-Kennzeichen dürfen auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht werden. Sie sind in der Bauregelliste B gelistet. Zu ihrer Anwendung sind die jeweiligen nationalen Anforderungen an Bauwerke und die nationalen Anwendungsnormen zu berücksichtigen. Produkte ohne CE-Kennzeichen sind auf den nationalen Markt beschränkt und haben die dort geltenden Regeln für das Inverkehrbringen und die Anwendung zu erfüllen.

Soweit erforderlich, sind Probestücke vom Antragsteller zur Verfügung zu stellen oder durch Sachverständige, die das DIBt bestimmen kann, zu entnehmen oder Probeausführungen unter Aufsicht der Sachverständigen herzustellen. Das DIBt kann für die Durchführung der Prüfung die sachverständige Stelle und für Probeausführungen die Ausführungsstelle und Ausführungszeit vorschreiben. Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung wird widerruflich und für eine bestimmte Frist erteilt, die in der Regel fünf Jahre beträgt. Das DIBt macht die von ihm erteilten allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen nach Gegenstand und wesentlichem Inhalt öffentlich bekannt.« § 21a Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) »Bauprodukte, 1. deren Verwendung nicht der Erfüllung erheblicher Anforderungen an die Sicherheit baulicher Anlagen dient, oder 2. die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden, bedürfen anstelle einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses. Das DIBt macht dies mit der Angabe der maßgebenden technischen Regeln und, soweit es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt, mit der Bezeichnung der Bauprodukte im Einvernehmen mit der obersten Bauaufsichtsbehörde in der Bauregelliste A bekannt. Ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis wird von einer Prüfstelle für nicht geregelte Bauprodukte erteilt, wenn deren Verwendbarkeit im Sinne des § 3 Abs. 2 nachgewiesen ist.« § 22 Zustimmung im Einzelfall (ZiE) »Mit Zustimmung der obersten Bauaufsichtsbehörde dürfen im Einzelfall

1. Bauprodukte, die ausschließlich nach dem Bauproduktengesetz oder nach sonstigen Vorschriften zur Umsetzung von Richtlinien der europäischen Gemeinschaften in Verkehr gebracht und gehandelt werden dürfen, jedoch deren Anforderungen nicht erfüllen, und 2. nicht geregelte Bauprodukte verwendet werden, wenn deren Verwendbarkeit im Sinne des § 3 Abs. 2 nachgewiesen ist. Die Zustimmung für Bauprodukte nach Absatz 1, die in Baudenkmälern nach z. B. dem Landesdenkmalschutzgesetz verwendet werden sollen, erteilt die untere Bauaufsichtsbehörde.« § 24 Übereinstimmungsnachweis (Ü-Zeichen) »Bauprodukte bedürfen einer Bestätigung ihrer Übereinstimmung mit den technischen Regeln nach § 20 Abs. 2, den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen, den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen oder den Zustimmungen im Einzelfall; als Übereinstimmung gilt auch eine Abweichung, die nicht wesentlich ist. Die Bestätigung der Übereinstimmung erfolgt durch 1. Übereinstimmungserklärung des Herstellers (§ 24 a) oder 2. Übereinstimmungszertifikat (§ 24 b). Die Bestätigung durch Übereinstimmungszertifikat kann in der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, in der Zustimmung im Einzelfall oder in der Bauregelliste A vorgeschrieben werden, wenn dies zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Herstellung erforderlich ist. Die Übereinstimmungserklärung und die Erklärung, dass ein Übereinstimmungszertifikat erteilt ist, hat der Hersteller durch Kennzeichnung der Bauprodukte mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) unter Hinweis auf den Verwendungszweck abzugeben.

Das Ü-Zeichen ist auf dem Bauprodukt oder auf seiner Verpackung oder, wenn dies nicht möglich ist, auf dem Lieferschein anzubringen.« § 24 a Übereinstimmungserklärung des Herstellers »Der Hersteller darf eine Übereinstimmungserklärung nur abgeben, wenn er durch werkseigene Produktionskontrolle sichergestellt hat, dass das von ihm hergestellte Bauprodukt den maßgebenden technischen Regeln, der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der Zustimmung im Einzelfall entspricht. In den technischen Regeln nach § 20 Abs. 2, in der Bauregelliste A, in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen, in den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen oder in den Zustimmungen im Einzelfall kann eine Prüfung der Bauprodukte durch ein Prüfstelle vor Abgabe der Übereinstimmungserkärung vorgeschrieben werden, wenn dies zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Herstellung erforderlich ist. In diesen Fällen hat die Prüfstelle das Bauprodukt daraufhin zu überprüfen, ob es den maßgebenden technischen Regeln der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der Zustimmung im Einzelfall entspricht.« § 24 b Übereinstimmungszertifikat »Ein Übereinstimmungszertifikat ist von einer Zertifizierungsstelle nach § 24 c zu erteilen, wenn das Bauprodukt 1. den maßgebenden technischen Regeln, der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der Zustimmung im Einzelfall entspricht und 2. einer werkseigenen Produktionskontrolle sowie einer Fremdüberwachung unterliegt. 61



Dämmstoffe in der Anwendung Martin H. Spitzner Christoph Sprengard Wolfgang Albrecht

Gebäude sind so zu planen und zu bauen, dass der Mindestwärmeschutz an flächigen Bauteilen und Wärmebrücken nach DIN 4108-2:2003-07 zur Sicherung von Schimmelfreiheit und Wohnhygiene eingehalten wird. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) stellt weit darüber hinausgehende Anforderungen an das Dämmvermögen der Gebäudehülle, das bei opaken Bauteilen meist durch Dämmstoffe realisiert wird. Hinzu kommen die stark gestiegenen Komfort- und Behaglichkeitsansprüche sowohl im Wohnungsals auch im Nichtwohnungsbau. Je nach Anwendungsgebiet, Einsatzziel und -zweck, klimatischen Randbedingungen und bauphysikalischen Lasten ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an Dämmstoffe, die im Folgenden erörtert werden. Besonders bei außenliegenden Dämmschichten (Umkehrdach und Perimeter) müssen die Materialeigenschaften differenziert betrachtet werden. Der Vermeidung oder zumindest Verminderung von Wärmebrücken mittels Dämmstoffen ist ein eigener Abschnitt gewidmet, der die Anforderungen an das Material und an die Dicke und Lage der Dämmschicht untersucht. Anschließend wird die Wirkungsweise von Luft als Dämmstoff erläutert. Separate Luftschichten tragen, je nach Form, Lage, Belüftung und Oberflächenbeschaffenheit unterschiedlich zum gesamten Wärmedurchlasswiderstand von Bauteilen bei. In diesem Zusammenhang werden auch Foliendämmungen und Beschichtungen mit niedriger Emissivität diskutiert. Der Einfluss von Wärmedämmung auf die sommerliche thermische Behaglichkeit in Aufenthaltsräumen und der Einsatz von Wärmedämmung unter besonderen Klimaten sind Gegenstand der letzten Abschnitte.

Anwendungsgebiete Die prinzipielle Verwendung von baulicher Wärmedämmung lässt sich nach dem Einbauort im Gebäude in drei übergeordnete Bereiche einteilen: • Decke und Dach, • Wand, • Perimeter (erdberührte Bauteile). Eine weitere Unterteilung erfolgt nach DIN V 4108-10 in insgesamt 17 Anwendungstypen von Dämmstoffen, die mit Piktogrammen und Kurzzeichen gekennzeichnet sind (siehe hierzu S. 67): • Dach und/oder Decke: DAD, DAA, DUK, DZ, DI • Decke und Bodenplatte oberseitig: DEO, DES • Außenwand: WAB, WAA, WAP, WZ, WH, WI • Innenliegende Wand: WTH, WTR • Perimeter (Wand und Bodenplatte unterseitig): PW, PB. Die Eigenschaften, die Dämmstoffe für die Anwendung in Deutschland je nach Material und Anwendungstyp mindestens einhalten müssen, sind in ausführlichen Tabellen in der »Anwendungsnorm« DIN V 4108-10 aufgelistet. Die Norm berücksichtigt viele der für Deutschland typischen Bauweisen und Verwendungen von Baustoffen. Sie bezieht sich allerdings nur auf diese Auswahl an Verwendungen (genannt »Anwendungstypen«), und hier nur auf die folgenden Dämmstoffe nach harmonisierten europäischen Normen, in Deutschland genormt in DIN EN 13162 bis DIN EN 13171: • Mineralwolle (MW) • expandiertes Polystyrol (EPS) • extrudierter Polystyrolschaum (XPS) • Polyurethan-Hartschaum (PUR; gilt auch für PIR, Polyisocyanurat-Hartschaum)

• • • •

Phenolharzschaum (PF, Phenolic Foam) Schaumglas (CG, Cellular Glass) Holzwolle (WW, Wood Wool) Holzwolle-Mehrschichtplatten (WW-C, Wood Wool Composites) • Blähperlit-Platten (EPB, Expanded Perlite Boards) • expandierter Kork (ICB, Expanded Cork Boards) • Holzfasern (WF, Wood Fibre) Weitere Dämmstoffe, andere Einsatzbereiche von Dämmstoffen wie beispielsweise Wärmedämmverbundsysteme oder auch andere Eigenschaftsprofile wie höhere Druckfestigkeiten werden in Europäischen technischen Zulassungen, in (deutschen) allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen oder in (deutschen bauaufsichtlichen) Zustimmungen im Einzelfall geregelt (s. S. 59ff.). DIN V 4108-10 ist nicht nach Anwendungsgebieten gegliedert, sondern nach Produkten, wobei jeder Dämmstoff seine eigene Tabelle hat. Für einen Quervergleich der Anforderungen an alle für eine bestimmte Anwendung in Frage kommenden Dämmstoffe müssen die Tabellen erst nebeneinander gelegt werden. Dabei fällt auf, dass für die gleiche Anwendung nicht etwa einheitliche, sondern unterschiedliche Anforderungen an die Dämmstoffe gestellt werden. Die Mindestanforderungen sind somit material- und anwendungsspezifisch. So beträgt die Mindestdruckfestigkeit für den Anwendungstyp DAD (im Dach unter Dachdeckungen; Aufsparrendämmung) je nach Druckfestigkeitsanforderung für Mineralwolle 0 oder 40 kPa (DAD-dk oder DADdh), für Holzfaser 10, 20 oder 100 kPa (geringe, mittlere oder sehr hohe Druckfestigkeitsanforderung: DAD-dg, DADdm, DAD-ds), für PUR und EPS 100 kPa, für PF 150 kPa, für XPS 200 kPa und für Schaumglas 400 kPa. Dies ist u. a. materi77


Dämmstoffe in der Anwendung Anwendungsgebiete, Mindesteigenschaften

4,5 °C 4 °C 3,5 °C 3 °C 2,5 °C 2 °C 1,5 °C 1 °C

1, 2 Thermographieaufnahme einer Hausecke vor (1) und nach (2) der Sanierung (Wärmedämmverbundsystem, Sockel nicht gedämmt) Thermographieaufnahmen zeigen die Verteilung der Oberflächentemperatur. Rote Farben entsprechen höheren Temperaturen (d. h. schlechtere Wärmedämmung), blaue Farben niedrigen Temperaturen (d. h. bessere Wärmedämmung).

0,5 °C 0 °C 1

2

altechnologisch bedingt (z. B. Sicherstellung des Verschweißungsgrads der EPSKügelchen), spiegelt aber auch die typische Verwendung des jeweiligen Produkts wieder (z.B. Schaumglas häufig mit hoher Auflast). Ist nur eine Druckfestigkeitsanforderung normiert, entfallen die unterscheidenden Zusatzkürzel.

denplatten oder bei erhöhten Verkehrslasten auf Trittschalldämmungen. Für Anwendungen mit kombinierter mechanischer, Feuchte- und/oder Temperaturbeanspruchung wie im Dach oder im Wärmedämmverbundsystem sind die zulässigen Formänderungen unter diesen Beanspruchungskombinationen reglementiert und versuchstechnisch nachzuweisen. Bei Trittschalldämmungen ist auch die Zusammendrückbarkeit des Produkts zu beachten. Akustische Anforderungen können gestellt werden an die Schalldämpfung (Hohlraumdämmung in Leichtbau-Ständerwänden) und die dynamische Steifigkeit (Trittschalldämmstoffe und Dämmstoffe für Haustrennwände). Die Kurzzeit- und die Langzeitwasseraufnahme ist bei Anwendungen mit Belastung durch flüssiges Wasser und Wasserdampfdiffusion von Interesse, beispielsweise bei Wärmedämmverbundsystemen (Schlagregen) oder Perimeterdämmungen (Bodenfeuchtigkeit und Grundwasser). Das Brandverhalten ist für alle Bau- und Dämmstoffe nachzuweisen. Außerdem wird für alle Anwendungen von EPS-, Schaumglas- und Blähperlit-Platten der Nachweis einer ausreichenden Biegefestigkeit verlangt, um die Handhabbarkeit der Platten zu gewährleisten. Bei XPS-, PUR- und Holzwolle-Platten ist dies grundsätzlich gegeben, also nicht extra nachzuweisen. Für die Verträglichkeit mit anderen Baustoffen sind Holzwolle-Platten und die Holzwolleschicht in Mehrschichtplatten für alle Anwendungen auf einen Chloridgehalt von höchstens 0,35 % geprüft.

Keine Vorgaben gemacht werden für Eigenschaften, • die »automatisch« für das betreffende Material gegeben sind, • die produktbedingt unerheblich für diesen Dämmstoff sind (wie die Bahnenbreite bei Mineralwolle für Zwischensparrendämmung – die Bahnen werden ohnehin mit Überbreite bestellt und zwischen die Sparren gepresst), • die materialbedingt auf diesen Dämmstoff nicht zutreffen. Hohlraumdämmung mit Schallschutz ist beispielsweise nur mit faserigen Dämmstoffen möglich, nicht jedoch mit Hartschäumen – folglich wird nur an Mineralwolle eine Anforderung an den längenbezogenen Strömungswiderstand gestellt. Generell müssen Dämmstoffe – entsprechend der Verwendung im Bauwerk und der Beanspruchung bei Transport und Einbau – neben thermischen und feuchtetechnischen Eigenschaften auch bestimmte mechanische Mindesteigenschaften aufweisen. Dabei sind Zug-, Druck-, Querzug-, Biege- und/oder Scherbelastungen zu erfassen. Die Zugfestigkeit senkrecht zur Plattenebene (Abreißfestigkeit) spielt bei Dämmstoffen in Wärmedämmverbundsystemen eine Rolle (Windsog). Die Biegefestigkeit wird im Hinblick auf die Handhabbarkeit der Dämmstoffplatten und beispielsweise für Putzträgerplatten im Holzbau kontrolliert. Das Langzeitverhalten unter Dauerdruckbeanspruchung (Langzeit-Kriechverhalten) ist wichtig bei der Dämmung unter lastabtragenden Bo78

EPS-Dämmplatten müssen immer eine gewisse Mindest-Dimensionsstablität im Normalklima erreichen, PUR-Platten bei definierten Temperatur- und Feuchtebedingungen. Dadurch wird sichergestellt,

dass nur ausreichend abgelagertes Material eingebaut wird; andernfalls könnte das Schrumpfen von zu frischem Material Spalten zwischen den Dämmplatten hervorrufen. Aus Platzgründen werden die von Dämmstoffen einzuhaltenden Anforderungen hier nicht zahlenmäßig und für alle Dämmstoffe und Anwendungen dargestellt, sondern nur auszugsweise für ausgewählte Fälle. Genaue Informationen finden sich in der genannten Norm oder in den jeweiligen Zulassungen. Für den Planer hat die Typisierung nach DIN V 4108-10 den großen Vorteil, dass er für genormte Dämmstoffe und Anwendungsgebiete die erforderlichen Eigenschaften des gewünschten Dämmstoffs nicht einzeln ausschreiben muss, sondern sich in der Ausschreibung auf den Anwendungstyp beziehen kann: »... Dämmstoff X mit Anwendungstyp Y nach DIN V 4108-10 oder nach allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung«. Bei der Lieferung ist das Etikett vor allem auf den richtigen Anwendungstyp bzw. die Zulassungsnummer, den Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit, das CE-Zeichen und das Übereinstimmungszeichen (Ü) zu kontrollieren. Ob eine Konstruktion hinsichtlich Wärmeschutz, klimabedingtem Feuchteschutz, Brandschutz, Tragfähigkeit, Dauerhaltbarkeit etc. geeignet ist, hängt nicht nur von der Wahl des geeigneten Dämmstoffs ab, sondern wird maßgeblich von der Reihenfolge und dem Zusammenspiel aller Schichten des Bauteils bestimmt. Entsprechende Bauteilnachweise sind beispielsweise der Nachweis des klimabedingten Feuchteschutzes (Diffusionsnachweis, Glaserverfahren) nach DIN 4108-3, der Schallschutznachweis nach DIN 4109 und der Nachweis der Feuerwiderstandsklasse nach DIN 4102.


Dämmstoffe in der Anwendung Geneigtes Dach

3

4

≥ 60 mm

Zwischensparrendämmung (hier: wärmbrückenreduzierter Anschluss an die einbindende Innenwand nach DIN 4108 Beiblatt 2:2006-03) Aufsparrendämmung (hier: PUR/PIR-Dämmung, beidseitig aluminiumkaschiert)

≥ 60 mm

3

4

Dämmung in Dach und Decke

wendungsbezogene Mindestanforderungen für den Anwendungstyp DZ hauptsächlich hinsichtlich der Dimensionsstabilität von Platten im Normalklima oder unter definierten Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen gestellt. Für Dämmstoffmatten (MW und WF) ist diese Anforderung ohne Bedeutung. Bei Mineralwolle wird zusätzlich ein ausreichender Strömungswiderstand zur akustischen Bedämpfung des Hohlraums gefordert.

Beim geneigten Dach und bei der obersten Geschossdecke (sofern diese ein Bauteil der thermischen Hüllfläche darstellt) kann die Wärmedämmung prinzipiell als Zwischensparren-, Aufsparren- oder Untersparrendämmung oder als eine Kombination dieser Möglichkeiten ausgeführt werden. Sie ist immer innerhalb der Dachabdichtung angeordnet, vor Wind und Wetter durch Dacheindeckung und Unterdach geschützt. Beim Flachdach kommt zusätzlich noch die Möglichkeit einer außerhalb der Abdichtung liegenden Wärmedämmung hinzu (Umkehrdach). Zwischensparrendämmung in Dach und Decke (Anwendungstyp DZ) Die meisten der in diesem Buch beschriebenen Dämmstoffe können als Zwischensparrendämmung im geneigten Dach oder in der Decke eingesetzt werden. Faserförmige Dämmstoffe lassen sich leicht in die verfügbaren Hohlräume einpressen; formstabile Dämmstoffe werden passgenau zugeschnitten. Einblasdämmstoffe, lose Schüttdämmstoffe oder Ortschäume werden werkseitig oder vor Ort in geschlossene Hohlräume eingebracht, beispielsweise in Gefache von Dach- und Wandkonstruktionen oder in auszuschäumende Folienkissen. In der Decke werden diese Stoffe lose zwischen die Deckenbalken gefüllt und in der Regel durch eine nachträglich montierte oberseitige Deckenbeplankung geschützt. Im wesentlichen müssen Zwischensparrendämmstoffe nur ihr Eigengewicht tragen und dürfen unter ihrem Eigengewicht nicht zusammensacken. Sie sind von ihrer Beschaffenheit und Verlegung her entweder fest zwischen den Sparren eingeklemmt oder durch eine untere Deckenbekleidung gegen Verrutschen und Herausfallen gesichert. Dementsprechend werden normative an-

Aufsparrendämmung (Anwendungstyp DAD) Aufsparrendämmungen werden als über die ganze Dachfläche durchgehende Dämmschichten über den Sparren verlegt. Im Neubaubereich werden hier inzwischen Dämmdicken von 140 bis 200 mm eingebaut; dies ermöglicht sehr gute Wärmedurchgangskoeffizienten (UWerte) bei gleichzeitig im Innenraum sichtbarer Balkenkonstruktion. Dabei kann die Luftdichtheit in der Fläche gut durch eine auf der raumseitigen Dachschalung verlegte Bahn hergestellt werden; für die Anschlüsse an angrenzende Bauteile stehen praxiserprobte Verfahren und Produkte zur Verfügung. Bei Aufsparrendämmungen kann die Dachlast je nach Bauart über den Dämmstoff selbst oder über konstruktive Elemente (in der Regel eine spezielle Verschraubung der Konterlattung durch den Dämmstoff hindurch in die Sparren) abgetragen werden. Als lastabtragende Aufsparrendämmung können Dämmstoffe nur dann verwendet werden, wenn sie ausreichend druck-, zug- und scherfest sind, um die einwirkenden Lasten aus der Dacheindeckung, aus Wind und Schnee aufzunehmen. PUR/ PIR, XPS und EPS sind gleichzeitig diffusionshemmend, PUR/PIR mit Aluminiumkaschierung und Schaumglas nahezu diffusionsdicht. Seit einiger Zeit werden auch druckfeste, diffusionsoffene Auf-

sparrendämmungen aus Mineralwolle und aus Holzfasern angeboten, so dass je nach Anforderung und Schichtenfolge ein passender Dämmstoff gewählt werden kann. Häufig eingesetzt werden Aufdachelemente aus Hartschäumen wie PUR/PIR, die beidseitig mit diffusionsdichten Aluminiumkaschierungen versehen sind. Durch selbstklebende Überlappungen der außenseitigen Kaschierung an den Plattenstößen oder Verkleben mit dauerhaltbarem Aluminiumklebeband entsteht gleichzeitig ein regensicheres Unterdach; verzahnte Stoßfugenausbildungen zwischen den Dämmplatten können ausreichend luft- und diffusionsdicht sein (durch Prüfzeugnis nachgewiesen), so dass weitere Dichtungsmaßnahmen in der Fläche entfallen. Anschlüsse an benachbarte Bauteile werden mit dem vorgeschriebenem Alu-Klebeband gelöst. Hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegen die Belastung durch Temperatur und Feuchtigkeit im Dach bestehen ähnliche Anforderungen wie bei der Zwischensparrendämmung, ergänzt durch Anforderungen an das Verhalten bei kombiniertem Lastangriff aus Temperatur und Druckbelastung (Dachlast). Die normierten Mindestdruckfestigkeiten für Dämmstoffe unter Abdichtungen sind auf Seite 77 bereits dargestellt. Bauaufsichtlich zugelassene Varianten von EPS, XPS und Schaumglas mit teilweise deutlich höheren Druckfestigkeiten sind für die Anwendung im Dach unter Abdichtungen gedacht (Anwendungstyp DAA, siehe S. 80). Wird die Dachlast nicht über den Dämmstoff abgetragen, sondern über spezielle statisch wirksame Verschraubungen der Konterlatten durch die Dämmebene in die Sparren hinein, bestehen prinzipiell die79



Ökologische Betrachtung der Dämmstoffe Alexander Rudolphi

Nachhaltigkeit – Definition und Bewertung »Nachhaltigkeit bedeutet, den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entsprechen, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen« – so definierte eine UN-Kommission unter Leitung der früheren norwegischen Ministerpräsidentin Brundtland 1987 den Begriff. Zum Leitwort wurde das englische »sustainable development« beim Gipfeltreffen zur globalen Umwelt in Rio de Janeiro 1992 im Schlussdokument, der Agenda 21. Leider führte der positive Klang des Wortes schnell zu einer inflationären Verwendung vor allem im politischen Sprachgebrauch. Trotzdem entwickelt sich die Nachhaltigkeit zunehmend zum Leitgedanken politischer und praktischer Planungen, der mit der »nationalen Nachhaltigkeitsstrategie« für Deutschland am 17. 04. 2002 erstmals auf politischer Ebene formuliert wurde. Jedes Handeln des Menschen zur Befriedigung seiner heutigen Bedürfnisse beeinflusst die Umwelt – leider zumeist nachteilig. Daher besteht nachhaltiges Handeln zunächst darin, die Notwendigkeit und den Sinn einzelner Bedürfnisse zu hinterfragen. Anders als viele konsumorientierte Bedürfnisse ist das Bedürfnis nach Wohnen in einer sicheren, angemessen temperierten und gesunden Umgebung unverzichtbar. Die Temperierung von Gebäuden führt zwangsläufig zu einem Temperaturgefälle zwischen Innenund Außenraum, das über längere Zeiträume durch Heizung oder Kühlung aufrecht erhalten werden muss. Die hierzu erforderlichen energetischen und konstruktiven Aufwendungen unterliegen daher einer ökologischen Optimierungsstrategie, deren Ziel in erster Linie darin besteht, den erforderlichen energetischen Aufwand zu minimieren.

Eine ökologische Bewertung von Dämmstoffen unter Berücksichtigung ihrer technischen Funktion und im Rahmen üblicher und wirtschaftlicher Anwendungen führt fast immer zu einem positiven Ergebnis. Denn die Energie, die während eines Nutzungszeitraumes von 20, 30 oder mehr Jahren eingespart wird, übersteigt bei allen verfügbaren Dämmprodukten die zur Gewinnung, Herstellung und Verarbeitung aufgewendete Energie mehr oder weniger deutlich. Aus energetischer Sicht amortisiert sich die Dämmung von Gebäuden immer. Gleichwohl verbleiben deutliche Unterschiede bei dem jeweiligen Herstellungsaufwand und den mit der Herstellung verbundenen Umweltrisiken verschiedener Dämmstoffe, aus denen sich zusätzliche ökologische Optimierungspotenziale ergeben. Zudem unterliegen die Dämmstoffe natürlich auch einer Bewertung hinsichtlich der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher sowie der Verfügbarkeit. Aus diesem Grund ist eine vergleichende Bewertung der einzelnen Dämmmaterialien wichtig und sinnvoll.

Darüber hinaus ist es notwendig, für jedes Schutzziel im Einzelnen zu definieren, welche nachteiligen Umweltwirkungen erfasst werden sollen. Dabei müssen die jeweiligen Wirkungszusammenhänge und Kausalitäten erforscht werden, um die verursachenden menschlichen Handlungen benennen zu können. Für eine vergleichende Betrachtung von Umweltwirkungen ist es zudem zwingend erforderlich, diese Wirkungen mit zählbaren und messbaren Indikatoren zu versehen. Für das praktische Handeln – also die angestrebte ökologische Optimierung – müssen die Ergebnisse zudem bewertet werden. Dazu bedarf es eines Vergleichsmaßstabes, der durch die relative Betrachtung zahlreicher Einzelergebnisse entstehen kann. Der Maßstab kann aber auch durch den jeweils optimalen Stand der Technik beschrieben werden (best practice) oder durch einen definierten Ziel- oder Grenzwert. Im Ergebnis entstehen Bewertungsinstrumente, mit denen die praktische Bautätigkeit gelenkt und unterstützt werden soll. Ökologische Dimension

Eine vergleichende ökologische Bewertung von Bauprodukten im Sinne der Nachhaltigkeit erfordert zunächst eine Definition dessen, was es zu schützen gilt. Zu dieser Frage wurden im Rahmen der europäischen Begriffs- und Normendiskussion zur Nachhaltigkeit im Bauwesen folgende Schutzziele definiert1: • Ökologische Dimension Schutz der globalen Umwelt Schutz der natürlichen Ressourcen • Soziale Dimension Schutz des Wohnumfeldes und der öffentlichen Güter Schutz der Gesundheit, Hygiene und Sicherheit • Ökonomische Dimension Erhalt von Kapital und Werten

Schutz der globalen Umwelt In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde zur Beschreibung und Bewertung der globalen Umweltwirkungen vorrangig das Instrument der quantitativen Ökobilanz entwickelt und im Rahmen der Normenreihe zum Umweltmanagement DIN EN ISO 14001 ff. normiert (Life Cycle Assessment LCA): 1

Einteilung der Schutzziele nach ISO TC 59/SC 17 und CEN TC 350 (Sustainability of construction works) sowie national durch den »Runden Tisch Nachhaltiges Bauen« des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwickung (BMVBS) 2004. Das CEN TC (Comité Européen de Normalisation – Technical Committee) ist verantwortlich für die Entwicklung von freiwilligen Verfahren zur Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten neuer und bestehender Bauwerke sowie für die Entwicklung von Normen zur Umwelt-Deklaration von Bauprodukten.

93


Ökologische Betrachtung der Dämmstoffe Ökologische Dimension (globale Umwelt)

Faktoren zur Treibhauswirkung als CO2-Äquivalent [kg] für Emissionen Emissionen Spurengase CO2 (Kohlendioxid) CH4 (Methan) NO2 (Stickoxid) O3 (Ozon)

1

• DIN EN ISO 14040:2006-10 Ökobilanz, Grundsätze und Rahmenbedingungen (LCA – Principles and framework) • DIN EN ISO 14044:2006-10 Ökobilanz, Anforderungen und Anleitungen (LCA – Requirements and guidelines) mit einer Beschreibung der Arbeitsschritte. (ersetzt die Normen ISO 14041–14043) Die Ökobilanz als quantitativ beschreibendes und bewertendes Verfahren bildet ein zentrales Instrument für die Erfassung der globalen Umweltwirkungen, die sich aus der Herstellung und dem Umgang mit Produkten allgemein ergeben (siehe S. 97, Anwendung von Ökobilanzen). Die Beschreibung erfasst den gesamten Lebensweg eines Produktes von der Gewinnung aller beteiligten Materialien über die Herstellung und bauliche Verwendung, die Nutzung im Gebäude, mögliche Nachnutzungen (z. B. als Recycling) bis zur endgültigen Beseitung sowie sämtliche dazu notwendigen Transporte. Voraussetzung ist allerdings, dass die Phasen des Lebensweges in Form von Prozessschritten genau bekannt sind oder angenommen werden können. Für jeden einzelnen Prozessschritt wird eine Input-Output-Bilanzierung aller beteiligten Stoffströme durchgeführt. Unbekannte Prozesse lassen sich daher nicht einbeziehen – das gilt vor allem für die im Bauwesen besonders langen Nutzungsphasen, die allenfalls im Rahmen einer Prognose geschätzt werden können. Ein typischer Vergleich mehrerer Materialoder Konstruktionsvarianten für ein geplantes Bauteil mit Hilfe der Ökobilanz gliedert sich in vier Arbeitsphasen: 1. 2. 3. 4. 94

Zieldefinition, Sachbilanzierung, Wirkungsbilanzierung, Bewertung.

Sie werden im Folgenden einzeln erläutert. 1. Zieldefinition (Goal and scope definition) Kernstück ist die Beschreibung und Festlegung eines funktionalen Äquivalents (functional unit). Dabei sind die gewünschten technischen Funktionen des Bauteils maßgeblich. Es dürfen beispielsweise keine Dämmstoffe verglichen werden, wenn sie eine unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit oder – falls relevant – eine unterschiedliche Druckfestigkeit besitzen. Grundsätzlich wird eine äquivalente Funktionalität gefordert, also auch eine übereinstimmende Dämmleistung. Im direkten Vergleich sind bei unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit entsprechend unterschiedliche Dämmstärken und damit unterschiedliche Materialmengen anzunehmen. Gleichzeitig sind materialbedingt unterschiedliche Hilfsprodukte in die Betrachtung einzubeziehen wie spezielle Befestigungselemente oder besondere Nachbehandlungen. Ein weiteres Kernstück ist die Beschreibung und Festlegung des betrachteten Bilanzraumes (scope). Bei diesem Schritt wird festgelegt, welche Nebenprodukte während der Produktion und Anwendung in die Betrachtung einbezogen werden sollen. Um den Aufwand praktikabel zu halten, sind hierbei Abschneidekriterien erforderlich. So können beispielsweise Befestigungselemente für eine Wärmedämmung aus der Betrachtung herausgenommen werden, wenn sie bei allen untersuchten Varianten gleich sind. Ebenfalls können einzelne Hilfsprodukte aufgrund einer sehr geringen Menge entfallen. 2. Sachbilanz (Inventory analysis) Für die zu bewertenden (funktional äquivalenten) Varianten eines Bauteils werden sämtliche Prozessschritte sowie alle Transporte zusammengestellt, die in dem zuvor festgelegten Bilanzraum enthalten sind.

Faktor nach 20 Jahren

Faktor nach 100 Jahren

1

1

62

24,5

290

320

2000

H 1201 (Halon)

6200

5600

R 134a (FCKW)

3300

1300

R 22 (Kältemittel)

4300

1700

Jeder einzelne Schritt wird hinsichtlich des Energieeinsatzes, der Energieart, aller stofflichen Einträge auf der »InputSeite« sowie sämtlicher Emissionen und Abfälle oder Reste auf der »Output-Seite« beschrieben. In der Reihenfolge der Prozessschritte wird diese Sachbilanz zum abschließenden Ergebnis aufsummiert. Dieser Arbeitsschritt der Ökobilanz ist für den Anwender natürlich kaum nachvollziehbar. Aus diesem Grund wurden die wichtigsten Elemente einer Sachbilanz in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend vorformuliert und bilanziert. Sie sind in Form von fertigen Datensätzen für handelsübliche Materialien, Energieformen oder Transportarten veröffentlicht worden. In Deutschland wird zur Zeit in Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und Bauproduktherstellern an gleichwertigen, konsistenten Datensätzen gearbeitet1. Darüber hinaus sind die europäischen Hersteller von Bauprodukten in Zukunft gefordert, im Rahmen der Bauproduktendeklaration nach ISO 14025 für ihre Produkte entsprechende Datensätze zu erstellen (siehe S. 97). 3. Wirkungsbilanz (Impact assessment) Ein wesentlicher Bestandteil der Ökobilanz ist die Definition von Wirkungskategorien mit ihren Indikatoren. Erst damit können die wichtigsten Umweltwirkungen benannt und die in der Sachbilanz erfassten Stoffströme geordnet, hinsichtlich ihrer Wirkung zusammengefasst und bewertbar dargestellt werden. Für einen ersten Vergleich von verschiedenen Dämmvarianten kann der Energiebedarf herangezogen werden, der als Primärenergie aus den verschiedenen, zu ihrer Herstellung aufgewendeten Energieformen errechnet wurde: 1

»Aktualisierung und Harmonisierung der Basisdaten für das nachhaltige Bauen«, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2007


Ökologische Betrachtung der Dämmstoffe Ökologische Dimension (natürliche Ressourcen)

1 Als Indikator für die Treibhauswirkung von Gasen wird ihre Wirkung im Vergleich zu CO2 gewichtet. Das so ermittelte CO2-Äquivalent kann je nach Betrachtungszeitraum variieren. So hat z. B. 1 kg des Kältemittels R 134a nach 20 Jahren die gleiche Wirkung auf die Erdatmosphäre wie 3300 kg CO2, nach 100 Jahren wie 1300 kg CO2.

• Gesamter Primärenergieinhalt (PEI) • Anteil erneuerbarer Energien (ER) am Primärenergieinhalt und • Anteil nicht erneuerbarer Energien (NER).

• Ökotoxizität in Gewässern (aquatic ecotoxicity, ECA) • Ökotoxizität im Boden (terrestric ecotoxicity, ECT) • Humantoxizität (human toxicological classification HC)

Ergänzend zu diesen Werten kann der Energiebedarf während des gesamten Lebenzyklus inklusive möglicher Recyclingpotenziale verwendet werden, der so genannte »kumulierte Energieaufwand (KEA)« nach VDI 4600. Der Energiebedarf während der Gebäudenutzung wird dabei über Annahmen oder Szenarien abgeschätzt.

Die einzelnen Umweltwirkungen werden in der Sachbilanz zusammengestellt und analog zu ihrer Wirkung im Vergleich zu einer bekannten Leitsubstanz gewichtet. So sind im Indikator für das Treibhauspotenzial, dem »CO2-Äquivalent« [kg], alle treibhauswirksamen Stoffe gewichtet und zusammengefasst, beispielsweise Methan (CH4) mit dem Faktor 62 oder das in Klimaanlagen verwendete Kältemittel R 134a mit dem Faktor 3300 (Tabelle 1).

Bei einer umfassenden quantitativen Energiebetrachtung werden auch die Umweltwirkungen einbezogen, die mit der Erzeugung der eingesetzten Energie verbunden sind: • Treibhauspotenzial (global warming potential, GWP) • CO2-Speicherung (in Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen) • Ozonabbauendes Potenzial (ozone depletion potential, ODP) • Versauerungspotenzial (acification potential, AP) • Eutrophierungspotenzial (eutrophication potential, EP oder nutrification potential, NP, Überdüngung) • Photooxidationspotenzial (photochemical ozone creation potential, POCP, Sommersmog) • Naturraumbeanspruchung und Flächenbedarf (space requirements) Die ebenfalls für die Ökobilanz definierten Indikatoren zur Toxizität von Bereitstellungsprozessen werden wegen der schwierigen Datengrundlage zumeist nur bei signifikanten Einzelbewertungen verwendet. Dazu wurden folgende Indikatoren definiert:

4. Bewertung (Interpretation) Sind im Rahmen einer vergleichenden Ökobilanz unterschiedliche Dauerhaftigkeiten der Varianten zu erwarten (z. B. bei Wärmedämmverbundsystemen), müssen die in der Wirkungsbilanz ermittelten Wirkungen mit entsprechenden Faktoren angeglichen werden. Eine Bewertung der Ergebnisse durch einfachen Vergleich der Zahlenwerte ist nur selten möglich. Zumeist ergeben sich Zielkonflikte, wenn eine Materialvariante beispielsweise ein hohes Treibhauspotenzial aufweist, eine andere Variante dagegen ein hohes ozonzerstörendes Potenzial. Aus diesem Grunde müssen vor einer Bewertung entsprechende Prioritäten und Zielsetzungen erfolgen. Diese können basieren auf • einer Einschätzung der zeitlichen Dauer oder der Reversibilität einer Wirkung, • einer Einschätzung der sekundären oder tertiären Folgen einer Wirkung, • dem relativen Verhältnis einer Wirkung im Vergleich zur Umgebungs- oder Hintergrundbelastung, • dem Abstand einer Wirkung von einem festgelegten Grenzwert.

Das Ergebnis einer Ökobilanz ist immer auf zusätzliche Aspekte und Risiken zu überprüfen, die nicht erfasst wurden. Wird bei der Produktion eines Materials mit Umweltgiften und Risikostoffen gearbeitet, kann die erforderliche Infrastruktur zur Sicherung der Transporte und Produktionsprozesse ein Kriterium sein. Gleiches gilt für problematische Produktionsabfälle. Schutz der natürlichen Ressourcen Neben dem Schutz der globalen Umwelt besteht ein weiteres ökologisches Ziel im Schutz der natürlichen Ressourcen. Mit dem Schutzinteresse sind vor allem endlich verfügbare und nicht regenerierbare Rohstoffe gemeint. Einen großen Anteil bildet der Bedarf an nicht erneuerbarer, aus fossilen Rohstoffen erzeugter Energie. Diese Ressource wird in einer Ökobilanz erfasst und abgebildet. Genauso ist auch die Nutzung regenerativer Energien kritisch zu untersuchen. So sollte etwa der notwendige technische Begleitaufwand für die Gewinnung erneuerbarer Energien einer Ökobilanz unterzogen werden, um die ökologische Effizienz der Maßnahme zu prüfen. Es sind technische Anlagen für Photovoltaik, Erdwärmenutzung oder für Abwärmerückgewinnung bekannt, bei denen der Aufwand an Herstellungsenergie die zu erwartende Gesamtenergieeinsparung in einem realistischen Zeitrahmen deutlich übersteigt. Zu den natürlichen Ressourcen gehören jedoch auch Wirkungen, die sich einer quantitativen Beschreibung entziehen. So ist die fortschreitende Zerstörung der Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten und der damit verbundenen genetischen Ressource mit der Ökobilanz nicht beschreibbar. Generell sind Wirkungszusammenhänge in mehreren Stufen in der Natur nur selten kausal zu beschreiben und nicht quantifizierbar. Daher sind bei begründetem Ver95


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