Reform des Kaufrechts - Welche Änderungen ab Januar 2022 gelten

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Was zunächst nur wie eine Reform für den Verkauf digitaler Produkte scheint, bringt auch vielfältige Änderungen im allgemeinen Kaufrecht mit sich, sodass diese Richtlinie einen enormen Anwendungsbereich hat.

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Welche Änderungen ab Januar 2022 gelten

Reform des Kaufrechts Beim Verkauf von Waren an Verbraucher treffen Verkäufer ab dem 1. Januar 2022 zahlreiche neue Pflichten. Denn dann tritt die europäische Warenkaufrichtlinie in Kraft. Diese betrifft nicht nur den Verkauf digitaler Produkte. Was sich im allgemeinen Kaufrecht alles ändert, erklärt Rechtsanwalt Stefan Engels.

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ie Änderungen beruhen auf dem Regierungsentwurf „zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags“ vom 11. Februar 2021. Hintergrund dieses Gesetzesvorhabens ist die europäische Warenkaufrichtlinie (Richtlinie [EU] 2019/771, kurz: WKRL).

Die WKRL ersetzt die bisherige Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und bezieht sich wie diese nur auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern (B2C).

Die WKRL enthält zunächst zahlreiche neue Regelungen für den Verkauf digitaler Produkte. Aber nicht nur: Was zunächst nur wie eine Reform für den Verkauf digitaler Produkte scheint, bringt auch vielfältige Änderungen im allgemeinen Kaufrecht mit sich, sodass diese Richtlinie einen enormen Anwendungsbereich hat. Wie sieht dieser aus und was sind die wichtigsten Auswirkungen auf die Praxis?

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Das Zentrum der Regelung

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Im Zentrum steht die bislang nicht vorhandene, völlig neue Aktualisierungspflicht des Verkäufers für „Sachen mit digitalen Elementen“. Der Gesetzgeber hat damit eine ganz neue „Sachkategorie“ geschaffen, die der neu eingefügte

§ 475b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im aktuellen Entwurf wie folgt definiert: „Eine Sache mit digitalen Elementen ist eine Sache, die in einer solchen Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthält oder mit ihnen verbunden ist, dass sie ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen kann.“ Offenkundig zählen hierunter zunächst einmal Smartphones, Tablets und SmartWatches, aber nicht nur: auch kosmetische/medizinische Apparate, E-Bikes, Saug- und Wischroboter, Waschmaschinen und sogar Pkws neueren Datums können dem gesetzlichen Anwendungsbereich unterfallen. Dabei ist ein für die Praxis bereits heute absehbares Problem, dass die konkrete Dauer der Aktualisierungspflicht vom Gesetzgeber gerade nicht festgelegt wurde, da es auf die Verbrauchererwartung ankommen soll.

Letzteres bedeutet, je nach den Umständen des Einzelfalls kann die Dauer der normierten Aktualisierungspflicht länger oder kürzer sein. Anhaltspunkte für die Festlegung des Zeitraums können Werbeaussagen, die zur Herstellung der Kaufsache verwendeten Materialien, der Preis und Erkenntnisse über die übliche Nutzungs- und Verwendungsdauer („Life cycle“) sein.

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werden. Denn der Handel wird voraussichtlich versuchen, die Aktualisierungspflicht vertraglich in seiner Lieferkette an seine Lieferanten beziehungsweise den Hersteller weiterzureichen. Tatsächlich handelt es sich hierbei ja um eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist, ohne dass der Verkäufer deren Ende sicher bestimmen kann.

Regelungen jenseits von Sa­ chen mit digitalen Elementen 1. Verschärfung der Beweis­ lastumkehr

Ziel der Updatepflicht ist es somit, die Nutzbarkeit von digitalen Produkten zu verlängern und die Gewährleistungsrechte der Verbraucher zu stärken. Dafür wird von dem ansonsten im deutschen Recht geltenden Grundsatz abgewichen,

dass Gewährleistungsrechte nur dann bestehen, wenn die Sache schon bei Gefahrübergang mangelhaft war.

Prognose: Hier sind leider von Anfang an schon viele Konflikte vorprogrammiert, die unsere Gerichte beschäftigen

Auf einen Blick | Die Änderungen durch die WKRL wird voraussichtlich zu einer Verteuerung der Produkte führen, weil der neue, ungewisse Zeitraum etwa für die Aktualisierungspflicht mit an Sicher­ heit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst von Anfang an mit fest eingepreist werden wird.

| Die Verdoppelung der Vermutungsfrist auf ein Jahr im Rahmen der Beweislastverlänge­ rung und der damit verbundene Mehraufwand wird den Handel deshalb aller Voraussicht nach mit mehr Streitfällen und höheren Kosten belasten, was sich mittelfristig ebenfalls in spürbar höheren Produktpreisen niederschlagen dürfte.

| Als positiv kann hervorgehoben werden, dass die WKRL das Kaufgewährleistungsrecht in­ nerhalb der EU vereinheitlicht. Anders als bislang gehören damit zeit­ und kostenintensive Vertragsanpassungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr der Vergangenheit an.

| Um Rechtsnachteile – etwa Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbraucherverbän­ den – zu vermeiden, sollte nun die Zeit bis zum Jahreswechsel genutzt werden, sprich: All­ gemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sollten überprüft, das Verkaufspersonal geschult sowie das Beschwerdemanagement und die Vertragsverhältnisse in Bezug auf Hersteller und/oder Lieferanten mit Blick auf die Neuregelungen angepasst werden.

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2. Allgemeines Kaufrecht Einige Regelungen der WKRL sollen nach dem Konzept des Regierungsentwurfs aus systematischen Gründen im allgemeinen Kaufrecht des BGB umgesetzt werden. Diese Änderungen betreffen deswegen alle Kaufverträge, also auch solche zwischen Unternehmen (= B2B),

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Ab 1. Januar 2022 müssen Verkäufer beim B2C-Kauf zwölf Monate nach Übergabe der Kaufsache beweisen, dass die Kaufsache mangelfrei war.

Schon nach der bisherigen Rechtslage galt im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs eine Beweislastumkehr dahin gehend, dass – sofern sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang zeigt – davon auszugehen ist, dass die Sache schon bei Gefahrübergang mangelhaft war, gemäß § 477 BGB. Künftig müssen Verkäufer beim B2C-Kauf hingegen zwölf Monate nach Übergabe der Kaufsache beweisen, dass die Kaufsache mangelfrei war. Die Beweislastverlängerung im B2C-Geschäft hat damit eine empfindliche Verschärfung zulasten des Verkäufers erfahren, und diese gilt nicht nur für digitale Produkte.

Fazit: Auch wenn die gesetzliche Vermutung zwar – wie bisher – widerlegt werden kann, etwa wenn der Verkäufer nachweisen kann, dass der Mangel durch unsachgemäße Behandlung oder durch Verschleiß entstanden ist, so ist die Regelung in der Praxis nicht ganz unproblematisch, da es für den Verkäufer regelmäßig außerordentlich kompliziert sein dürfte, ein Jahr nach Gefahrübergang den Beweis der Mangelfreiheit bei Gefahrübergang zu erbringen.

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und selbstverständlich auch Verträge, die sich nicht auf digitale Produkte beziehen.

2.1 Änderung des Sachmangelbegriffs Der Begriff des Sachmangels in § 434 BGB erhält durch die WKRL eine neue, vor allem für Verbraucher vorteilhaftere Definition. Da die WKRL einen eigenen Sachmangelbegriff statuiert und der deutsche Gesetzgeber vermeiden wollte, mit verschiedenen Sachmangelbegriffen im B2B- und B2C-Bereich zu hantieren, wurde diese Änderung unmittelbar im allgemeinen Kaufrecht vorgenommen.

Nach der aktuellen Gesetzeslage war es für die Mangelfreiheit einer Sache ausreichend, wenn sie der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Dieser bisherige Vorrang der Beschaffenheitsvereinbarung – der im B2B-Bereich eine zentrale Rolle spielt – wird durch die Reform nun aufgegeben: Zwar bleibt es dabei, dass eine Kaufsache als fehlerfrei angesehen wird, wenn sie den subjektiven, also individuellen Vorstellungen der Vertragspartner entspricht.

Für die Beurteilung der Mangelfreiheit können durch die WKRL jetzt aber auch objektive Aspekte herangezogen werden wie beispielsweise die Haltbarkeit oder die Sicherheit. Die Anforderungen an die Montage der Kaufsache sollen ebenfalls ausgeweitet werden.

Händler können von diesem Mangelbegriff nunmehr nur noch durch eine explizite Vereinbarung mit dem Verbraucher abweichen. Produzierende Unternehmen und Händler werden insofern aufgrund der Änderungen durch die WKRL ihre Vertragsmuster und Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf den neuen Mangelbegriff angleichen und geeignete Formulare für die Abweichung

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schaffen müssen, um diese Neuerung entsprechend zu adressieren.

Merke: Ohne eine Anpassung können Gewährleistungsrechte und Schadensersatzansprüche des Käufers selbst dann entstehen, wenn das Produkt die vereinbarte (bislang: subjektive) Beschaffenheit aufgewiesen hat. Zwar hat der Regierungsentwurf – im Vergleich zum Referentenentwurf – nun explizit die Möglichkeit vorgesehen, dass die Parteien die zusätzliche Einhaltung der objektiven Anforderungen – zumindest im B2BBereich – abbedingen können. Es ist aber noch nicht geklärt, welche Anforderungen an eine solche Abbedingung zu stellen sind

kenden Verschärfung des Gewährleistungsrechts können erheblich sein: Ein Kraftfahrzeug-Händler zum Beispiel, der sich mit der Bearbeitung der Reklamation wegen eines überschaubaren Sachmangels zu lange Zeit lässt, läuft nunmehr Gefahr, dass er den Kaufpreis – Zug und Zug gegen Rückgabe des gebrauchten Pkws – zurückzahlen muss.

2.3 Ergänzung der Garantiebestimmungen Neu ist außerdem, dass nach der WKRL dem Verbraucher die Bestimmungen zur Garantie auf einem „dauerhaften Datenträger“ zur Verfügung gestellt werden müssen. Bisher galt dies nur, wenn

Ohne eine Anpassung können Gewährleistungsrechte und Schadensersatzansprüche des Käufers selbst dann entstehen, wenn das Produkt die vereinbarte Beschaffenheit aufgewiesen hat.

2.2 Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten für Käufer Das Gewährleistungsrecht geht wie bisher davon aus, dass der Verkäufer bei einem Sachmangel die Möglichkeit haben soll, den Mangel zu korrigieren. Der Käufer hat deshalb zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung. Er kann hiernach Reparatur der mangelhaften Sache oder Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache verlangen. Rücktritt, Minderung und Schadensersatz sind dagegen nur möglich, wenn der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und diese ergebnislos verstrichen ist.

Während es im B2B-Geschäftsverkehr bei dieser Regelung bleibt, entfällt das Erfordernis der Fristsetzung bei Verbrauchergeschäften. Ausreichend ist hier der bloße Ablauf einer angemessenen Frist. Hat der Unternehmer in diesem Sinne nicht rechtzeitig nacherfüllt, ist der Verbraucher zum Rücktritt berechtigt.

Die Auswirkungen dieser vielleicht auf den ersten Blick eher unscheinbar wir-

der Verbraucher dies ausdrücklich verlangt hat.

Praxis-Tipp: Die übliche Papierform oder auch eine E-Mail sind hierfür ausreichend. Dabei ist inhaltlich genau hervorzuheben, dass die Garantie die weiteren Gewährleistungsrechte bei Mängeln unberührt lässt und diese unentgeltlich erfolgt. Händler sollten hier insofern ihre Garantiebestimmungen überprüfen und über Prozesse nachdenken, wie diese in die Vertragsabwicklung implementiert werden können.

Stefan Engels ist seit 2002 Rechtsanwalt und praktiziert in Mönchberg.

Tätigkeitsschwerpunkte sind die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen.

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