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Mountainbiken und Dolce Vita an der Küste Liguriens
von Manfred Sproll und Stefan Kern
Schon im November 2022 begann die Tourenplanung für unsere Mountainbike-Abteilung. Für 2023 wollten wir als Schmankerl einen besonders frühen Saisonstart anbieten. Die heimischen Reviere fallen für den Zeitraum Mitte April leider aus, so dass wir sehr schnell den MTB-Hotspot der Region Finale in Ligurien festlegten.
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Finale liegt etwa 60 km südwestlich von Genua an der ligurischen Küste im
Bereich der Palmenriviera. Nach Westen wird Finale durch den Capra Zoppa (281 m) begrenzt, nach Norden hin, nur wenige Kilometer landeinwärts, erreichen die Berge mit dem Monte Carmo Höhen von fast 1.400 Metern. Damit gehört Finale mit seinem Hinterland zu den bekanntesten MountainbikeDestinationen der Alpen! Das Gebiet verfügt über Hunderte von geeigneten Wegstrecken mit allen Schwierigkeits- stufen und verschiedenem Untergrund, die dank des milden Klimas ganzjährig befahren werden können. Sie reichen von steilem und felsigem WeltcupNiveau samt Meerblick bis hin zu entspannten Abschnitten, die sich perfekt zur Verbesserung der Fahrtechnik und für sehr viel Fahrspaß eignen.
Wir, ein Team von sieben Mountainbikenden der MTB-Abteilung, beginnen unsere sehr entspannte Anreise in Fahrgemeinschaften um 6 Uhr in Augsburg. Die Unterkunft für unsere Bike-Woche liegt auf ca. 350 m in der Nähe von Tovo San Giacomo, einem idealen Ausgangspunkt für unsere Touren.
Um die Region besser kennenzulernen, haben wir einen lokalen Guide gebucht. Der erste Tag startet an der sogenannten „Base NATO“. Die verlassene Nato-Abhöranlage auf dem Pian dei Corsi ist eine skurrile Ruine und der Ausgangspunkt von diversen Downhill Trails. Als Erstes stürzen wir uns die Trails „Crestino“ in Kombination mit „Ingegnere“ (= Ingenieur, technischer Anspruch) hinunter, was eine ganz schöne Herausforderung darstellt. Unser Guide Michi stellt trocken und realistisch fest, dass wir nicht die ganz wilden Downhill-Spezialisten sind. An diesem Tag nehmen wir hochmotiviert noch drei weitere der Finale-Standardabfahrten unter die Reifen, unter anderem den bekannten „Rollercoaster“, der seinem Namen mit einem wahren Achterbahn-Erlebnis alle Ehre macht. Unter dem Strich beenden wir einen gelungenen Starttag, an dem wir in der neuen Saison auf dem MTB angekommen sind und die Fahrtechnik au rischen konnten.
Elena und Andrea sind die Betreiber unserer Agriturismo-Unterkunft, einer landschaftlich wunderschönen Anlage inmitten von Zitronen- und Olivenbäumen. Sie zaubern zum Tagesabschluss ein regionales Abendessen aus lokalen Produkten, wonach wir mit Michi die Touren für den nächsten Tag planen.
Es geht wieder um 9 Uhr los, nur heute in das unbekanntere und deutlich ruhigere Hinterland. Der geländetaugliche Land Rover bringt uns und unsere Bikes auf ca. 1.200 m. Zum Startpunkt müssen wir allerdings noch weitere 250 Hm hinaufstrampeln. Der Trail „Pian Fieno“ führt uns zunächst auf einem alten Eselspfad durch eine spektakuläre Landschaft hinunter nach Bardineto und nach einer Au ahrt mit anschließendem Trail weiter nach Zuccarello. In dem malerisch gelegenen Castelvecchio essen wir in einem wunderbaren Gasthaus mit Blick auf die beeindruckende Burg und das langgezogene Tal zu Mittag.

In unserer Bike-Woche greifen wir noch an zwei weiteren Tagen auf geführte Touren mit Shuttle-Unterstützung zurück, um viele spannende Trails vor allem im Hinterland zu erkunden.
Um den sportlichen Aspekt nicht zu kurz kommen zu lassen, ist die Woche jedoch auch mit eher klassischen Tourentagen durchsetzt. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei darauf, das Tourengebiet um Finale ganzheitlich zu „erfahren“. Denn während der Au ahrten per Land Rover sind wir aufgrund unserer stark auftragenden Protektoren auf den längs angeordneten Sitzbänken recht eingepfercht und abgeschnitten von der Umwelt. Da ist es ein befreiendes Kontrastprogramm, die Höhenmeter aus eigener Kraft zu erklimmen und dabei nette italienische Dörfer zu passieren.
Ausgangspunkte für unsere Touren sind abermals die „Base NATO“ und an zwei Tagen das „Forte Centrale del Melogno“, eine italienische Festung aus dem 19. Jahrhundert zur Verteidigung des unteren Piemont. Ziel jeder Tour ist das Meer! Während der April unsere Heimat mit wechselhaftem Wetter im Gri hat, möchten wir die bereits sommerlichen Temperaturen und den herrlichen Sonnenschein zum Tourenausklang für Badespaß, erfrischendes Bier und das obligatorische „Gelato“ nutzen.
Erarbeitet wird das Ganze durch den ein oder anderen schweißtreibenden Anstieg, beispielsweise auf den Bric Frabosa, der uns eine spektakuläre Aussicht auf die ligurische Küste bietet. Die weithin gut sichtbaren Windräder unseres Aus- gangspunktes rücken in die Ferne, während das Rauschen der Küste naht. Die zurückgelegte Distanz wird somit zum greifbaren Erlebnis.
Es geht auf kaum befahrenen und teils anspruchsvollen Natur-Trails über Rundbogenbrücken, die eindeutig auf römische Baukunst schließen lassen. Im weiteren Verlauf durch verwunschen wirkende Schluchten, in denen wir auf Jahrtausende alte, teils gemauerte Höhlensiedlungen tre en, die allmählich von der Natur zurückerobert werden. Als fahrtechnischen Höhepunkt stellen wir uns der Damenabfahrt der „Enduro World Series“, welche uns ruppig und geröllig direkt an die Küste führt.
Auch eine rund zehn Kilometer lange Flanierfahrt entlang der Küste ist Teil unseres Programms. Zur Ausnahme mal ganz typisch touristisch, machen wir –mit noch schlummernden Hotelanlagen im Rücken – Halt für eine Pizza mit Blick aufs Meer.
Unser Fazit: durchweg ideales Wetter, fantastische Ausblicke, herausfordernde sowie sportliche Wege, prima Essen und immer ein krönender Abschluss am Meer. Im Einklang mit wenigen unfreiwilligen Abstiegen, die – abgesehen von blauen Flecken – folgenlos bleiben, reisen wir zufrieden ab und freuen uns auf die kommenden Bergabenteuer der gestarteten Saison.