Operations Research
3., überarbeitete und erweiterte Auflage
Stefan Nickel
Institut für Operations Research
Karlsruher Institut für Technologie Karlsruhe, Deutschland
Oliver Stein
Institut für Operations Research
Karlsruher Institut für Technologie Karlsruhe, Deutschland
Steffen Rebennack
Institut für Operations Research Karlsruher Institut für Technologie Karlsruhe, Deutschland
Karl-Heinz Waldmann
Institut für Operations Research
Karlsruher Institut für Technologie Karlsruhe, Deutschland
ISBN 978-3-662-65345-6
ISBN 978-3-662-65346-3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-65346-3
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Planung/Lektorat: Mareike Teichmann
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Vorwort
WarumnocheinweiteresLehrbuchzumOperationsResearch?Diesmagsichsicher dereinoderandereinteressierteLeserbeimEntdeckendiesesBandesgefragthaben. Allen,diesichsolcheoderähnlicheGedankenmachen,solldiesesVorwortzur OrientierungundEntscheidungsfindungdienen.
DasOperationsResearchhateinelangeunderfolgreicheTraditionamKarlsruherInstitutfürTechnologie–kurzKIT–vormalsbekanntalsUniversitätKarlsruhe(TH).MitderGründungdesInstitutsfürOperationsResearch(IOR)imJahre 2009gelangeszumerstenMal,dievorhandenenOR-LehrstühleineinemInstitut zuvereinen.DabeigehörendieLeiterdesIORdenwesentlichenRichtungendes OperationsResearchan.SostehenStefanNickelfürdiediskreteundkombinatorischeOptimierungundOliverSteinfürdienichtlineareundglobaleOptimierung. AufdiestochastischenAspektedesOperationsResearchkonzentriertsichSteffen Rebennack,derimJahre2016amIORdieNachfolgevonKarl-HeinzWaldmann antrat.DadiesedreiLehrstühleabwechselnddieEinführungsvorlesungfürdasOperationsResearchverantworten,wurdeschonbaldnachderGründungdesInstituts dieIdeegeboren,einLehrbuchzumORzuschreiben,indemInhaltezujedemder dreiSchwerpunktedurcheinenentsprechendenFachvertreterbeigesteuertwerden.
NachfastzweiJahrenArbeitlag2011dasErgebnisdiesesUnterfangensals ersteAuflagevor.Eswarunsgelungen,einLehrbuchzumOperationsResearch zuverfassen,daszwarnichtallesandersmachtalsältereLehrbücher,aberdoch andenrichtigenStellenneueAkzentesetzt.InderaktuellenAuflagewurdenebenVerbesserungeninderDarstellungundderunvermeidlichenFehlerbeseitigung hauptsächlichdasneueKapitel8eingefügt.
Wirhabendaraufgeachtet,mathematischstringentvorzugehen,ohnejedoch dieDarstellungmitBeweisenzuüberfrachten.Soglaubenwir,dassdasBuchfür Ingenieure,MathematikerundWirtschaftswissenschaftlergleichermaßengeeignet ist.
MitmehralsvierhundertSeitenenthältdasBuchgenügendAuswahlmöglichkeiten,umesalsGrundlagefürunterschiedlichangelegteVorlesungenzumOperations Researchzubenutzen.DiegrundlegendenKapitel1bis3solltennachunsererEin-
schätzunginjederOR-VorlesungenthaltenseinundbehandelndieThemen KernkonzeptederlinearenOptimierung, ErweiterungenundAnwendungenderlinearen Optimierung und Graphentheorie.AusdennachfolgendenKapiteln4bis10mit denThemen Netzplantechnik, GanzzahligeOptimierung, Heuristiken, NichtlineareOptimierung, StochastischeOptimierung, DynamischeOptimierung und Wartesysteme kanneinegeeigneteAuswahlgetroffenwerden.Ineinemausführlichen Anhang werdenverschiedenemathematischeGrundkonzeptezusammengefasstund motiviert,umdenunterschiedlichenVoraussetzungeninderVielfaltderBachelorundMasterprogrammeRechnungzutragen.
AndieserStellemöchtenwirunsganzherzlichbeiHerrnBursik,HerrnDr.Müller,HerrnRauscher,FrauRosenbaumundFrauTeichmannvomSpringer-Verlag bedanken,dieunsbeiunseremProjektunterstütztundbegleitethaben.EinherzlicherDankgehtauchanHerrnDr.FabianDunke,HerrnFrederikSchneiderund HerrnDr.MarcelSinskefürihretechnischeundredaktionelleUnterstützungbei derErstellungdiesesLehrbuchs.Abschließendmöchtenwirunsbeidenzahlreichen Studierendenbedanken,dieunsaufinhaltlicheundformaleVerbesserungsmöglichkeitenaufmerksamgemachthaben.
Karlsruhe,imFebruar2022
StefanNickel SteffenRebennack OliverStein
Karl-HeinzWaldmann
Inhaltsverzeichnis
1KernkonzeptederlinearenOptimierung .......................1
1.1Einführung.................................................1
1.2GrundlegendeDefinitionen....................................8 1.3GrafischeLösung............................................10
1.4StandardformundgrundlegendeanalytischeKonzepte............12
1.5NormalformundBasen.......................................16
1.5.1NormalformundkanonischeForm.......................16
1.5.2ZulässigeBasislösung,Basis-undNichtbasisvariablen......20
1.6DerSimplex-Algorithmus.....................................23
1.6.1Simplex-Tableau......................................24
1.6.2PivotelementundAustauschschritt......................26
1.6.3Auswahl-undStoppregeln..............................28
1.6.4VerkürztesSimplex-Tableau............................33
1.6.5Anti-Zyklus-Strategien.................................35
1.7BestimmungeinerStarteckefürdenSimplex-Algorithmus........38
1.7.1Phase-I-Methode......................................39
1.7.2Big-M-Methode.......................................42 1.8Dualität....................................................43
1.8.1MotivationundGrundbegriffe...........................44
1.8.2Dualitätssätze........................................46
1.8.3AlgorithmischeLösungdesDualproblems.................50 1.9DerdualeSimplex-Algorithmus...............................53
1.9.1Auswahl-undStoppregeln..............................53
1.9.2BestimmungeinerStarteckemitdualenAustauschschritten.56 1.10Zusammenfassung...........................................58
2ErweiterungenundAnwendungenderlinearenOptimierung ...61 2.1Sensitivitätsanalyse..........................................61
2.1.1EindeutigkeitoptimalerPunkte.........................61
2.1.2StörungenderZielfunktion.............................63
2.1.3StörungenderrechtenSeite.............................64
2.1.4Schattenpreise........................................66
2.2ParametrischelineareOptimierung............................67
2.2.1VariationderrechtenSeite.............................67
2.2.2VariationderZielfunktion..............................71
2.3MultikriteriellelineareOptimierung............................77
2.3.1LexikographischeOptimierung..........................80
2.3.2OptimierungbeiZieldominanz..........................81
2.3.3Gewichtungsmethode..................................82
2.3.4GoalProgramming....................................83
2.3.5BestimmungeffizienterPunkte..........................86
2.4Transportprobleme..........................................93
2.4.1BestimmungeinerStartecke............................94
2.4.2Optimalitätskriterium..................................99
2.4.3Stepping-Stone-Methode...............................102
2.4.4LineareZuordnungsprobleme...........................105
2.4.5TotaleUnimodularität.................................107
2.5Zwei-Personen-Nullsummenspiele..............................110
2.5.1Grundbegriffe.........................................110
2.5.2GemischteStrategienundMinmax-Theorem..............115
3Graphentheorie ................................................119
3.1GrundlagenderGraphentheorie:BegriffeundDefinitionen........120
3.2KürzesteWegeinGraphen...................................125
3.2.1AlgorithmenfürdasSingle-Source-Shortest-Path-Problem..126
3.2.2AlgorithmenfürdasAll-Pairs-Shortest-Paths-Problem.....130
3.3MinimalespannendeBäumeund1-Bäume......................132
3.3.1BestimmungminimalerspannenderBäume...............132
3.3.2Bestimmungminimaler1-BäumeeinesGraphen...........134
3.4EulerscheundHamiltonscheGraphen..........................135
3.4.1EulerscheGraphenunddas„ChinesePostmanProblem“....135
3.4.2HamiltonscheGraphenunddasTravelingSalesmanProblem145
3.5Max-Flow-Min-Cut..........................................146
4Netzplantechnik ...............................................151
4.1EinführungundgrundlegendeDefinitionen......................151
4.2Strukturplanung.............................................153
4.2.1Vorgangspfeilnetzpläne.................................154
4.2.2Vorgangsknotennetzpläne...............................156
4.3Zeitplanung.................................................160
4.3.1Vorgangspfeilnetzpläne.................................161
4.3.2Vorgangsknotennetzpläne...............................163
4.3.3StochastischeZeitplanung..............................168
4.4Kapazitätsplanung...........................................170
4.5Kostenplanung..............................................171
5GanzzahligeOptimierung ......................................175
5.1EinführungundBeispiele.....................................175
5.2ModellierungmitganzzahligenVariablen.......................182
5.2.1LogischeVerknüpfungen................................182
5.2.2Mengenbeziehungen...................................185
5.2.3AlternativeNebenbedingungen..........................187
5.3Komplexitätstheorie.........................................189
5.3.1ProblemeundAlgorithmen.............................189
5.3.2RechenaufwandvonAlgorithmen........................190
5.3.3Optimierungs-undEntscheidungsprobleme...............191
5.3.4DieKlassen P, N P und N P -vollständig.................192
5.4VerfahrenzurLösungvonganzzahligenProblemen...............194
5.4.1DasBranch-&-Bound-Verfahren.........................195
5.4.2DasSchnittebenenverfahrenvonGomory.................204
5.4.3DasBranch-&-Cut-Verfahren...........................210
6Heuristiken ....................................................211
6.1Konstruktionsheuristiken.....................................212
6.1.1ZufälligeBestimmungeineszulässigenPunktes............212
6.1.2Greedy-Verfahren.....................................212
6.1.3VorausschauendeVerfahren.............................215
6.2Verbesserungsheuristiken.....................................216
6.2.1LokaleSuchverfahren..................................216
6.2.2Metaheuristiken.......................................220
6.3GütevonHeuristiken........................................224
6.4VerfahrenzurBestimmungobererSchranken....................227
6.4.1LP-Relaxierungen.....................................227
6.4.2Lagrange-Relaxierungen................................228
7NichtlineareOptimierung ......................................233
7.1EinführungundBeispiele.....................................233
7.2UnrestringiertenichtlineareOptimierung.......................239
7.2.1OptimalitätsbedingungersterOrdnung...................240
7.2.2OptimalitätsbedingungenzweiterOrdnung...............244
7.2.3IterativeVerfahren....................................247
7.2.4KonvexeOptimierung..................................253
7.3RestringiertenichtlineareOptimierung.........................255
7.3.1OptimalitätsbedingungenersterOrdnung.................255
7.3.2KonvexeOptimierung..................................267
7.3.3IterativeVerfahren....................................271
8StochastischeOptimierung.....................................291
8.1EinführungundBeispiele.....................................291
8.2ZweistufigestochastischelineareOptimierungsprobleme..........296
8.2.1WertfunktionunddeterministischesÄquivalent...........297
8.2.2Recourse-Matrix......................................301
8.2.3EndlicherZufallsvektor.................................302
8.2.4L-shapedAlgorithmus.................................307
8.2.5Stufenvs.Perioden....................................319
8.2.6Metriken.............................................322
8.2.7AllgemeineVorgehensweise.............................333
8.3ChanceConstraints..........................................336
8.3.1Normalverteilung......................................337
8.3.2EndlicheZufallsvariable................................340
9DynamischeOptimierung ......................................347
9.1Einführung.................................................347
9.2DeterministischedynamischeOptimierung.....................353
9.2.1DasBasismodell.......................................353
9.2.2DasOptimalitätskriterium.............................355
9.2.3DieOptimalitätsgleichung..............................355
9.2.4Wertiteration.........................................357
9.2.5Anwendungsbereiche...................................359
9.3StochastischedynamischeOptimierung........................361
9.3.1DasBasismodell.......................................361
9.3.2DasOptimalitätskriterium..............................363
9.3.3DieOptimalitätsgleichung..............................365
9.3.4Wertiteration.........................................367
9.3.5LösungmittelslinearerOptimierung.....................369
9.3.6EinKontrollmodell....................................369
9.3.7OptimalitätstrukturierterStrategien....................370
9.4Verallgemeinerungen.........................................383
10Wartesysteme .................................................385
10.1Einführung.................................................385
10.2BerechnungderGrenzverteilung...............................389
10.3FestlegungderParameter αi und qij
10.4Geburts-undTodesprozesse..................................396
10.5Wartesysteme,dieaufeinemGeburts-undTodesprozessbasieren..397 10.6Poisson-Prozesse............................................401
10.7Jackson-Netzwerke...........................................403
AAnhang ........................................................409
A.1InderBäckerei..............................................409
A.2Vektoren,innereProdukteundlineareFunktionen...............411
A.3LineareGleichungenundlineareUngleichungen.................414
A.4Matrizen...................................................421
A.5NiveaumengenunduntereNiveaumengen.......................426
A.6Gradienten,Jacobi-undHesse-Matrizen........................427
A.7Eigenwerte.................................................430
A.8Linearisierung...............................................431
A.9Konvexität.................................................432
KernkonzeptederlinearenOptimierung
1.1Einführung
DielineareOptimierung(auchbekanntalslineareProgrammierung)gehörtzuden amweitestenverbreitetenTechnikendesOperationsResearch.Siezeichnetsich durcheineeinfacheModellbildungunddurcheffizienteLösungsverfahrenaus.Ihre Zielsetzung,eine(affin-)lineareFunktionunterNebenbedingungen,dieinForm vonlinearenGleichungenoderUngleichungenauftreten,zumaximierenoderzu minimieren,machtsieuniverselleinsetzbar.IhrepraktischeBedeutungliegtaber vorallemdarin,dassauch„große“ProblememiteinerVielzahlvonVariablenund Nebenbedingungennochzufriedenstellendgelöstwerdenkönnen.
AuftypischeökonomischeAnwendungsbereichewerdenwirimRahmender nachfolgendenBeispieleeingehen.DarüberhinauswirddielineareOptimierung alswichtigesHilfsmittelzurLösungganzzahliger,nichtlineareroderdynamischer Optimierungsproblemeherangezogen(vgl.Kap.5,7und9).WesentlicheMerkmalelinearerOptimierungsproblemesowiederenpraktischeRelevanzergebensich bereitsausdenfolgendeneinführendenBeispielen.
Beispiel1.1(EinSchichtproblem).
UmdieArbeitenineinemServicezentrumordnungsgemäßdurchführenzukönnen, werdenzwischen1Uhrund5UhrzweiArbeitskräfte,zwischen5und9Uhrvier Arbeitskräfte,zwischen9und13UhrsiebenArbeitskräfte,zwischen13und17 UhrfünfArbeitskräfte,zwischen17und21UhrzweiArbeitskräfteundzwischen 21und1UhrzweiArbeitskräftebenötigt.DieArbeitszeitbeträgt8Stunden.Sie beginntjeweilszuBeginneines4-Stunden-Abschnittes.GesuchtisteinSchichtplan, beidemmöglichstwenigeArbeitskräfteerforderlichsind.
Zunächstbezeichne xi dieAnzahlderArbeitskräfte,dieihreArbeitzuBeginn des i-ten4-Stunden-Abschnittesaufnehmen,alsoum1Uhr,5Uhr,9Uhr,13Uhr, 17Uhrbzw.21Uhr.DawirmitmöglichstwenigenArbeitskräftenauskommen wollen,fassenwirdie xi alsEntscheidungsvariablenaufmitdemZiel,dieAnzahl x1 + x2 + + x6
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S. Nickel et al., Operations
21KernkonzeptederlinearenOptimierung
derüberdengesamtenZeitraumvon24StundenbenötigtenArbeitskräftezuminimieren.
BeiderBestimmungdesMinimumsistzuberücksichtigen,dassdieindeneinzelnen4-Stunden-AbschnittenbenötigtenArbeitskräftetatsächlichzurVerfügung stehen.DieserreichenwirdurchdieNebenbedingungen
DieersteNebenbedingungbetrifftdieZeitzwischen5und9Uhr.IndieserZeitwerden4Arbeitskräftebenötigt.DaeineUnterbrechungderArbeitszeitnichtzulässig ist,arbeitenzwischen5und9Uhrdiejenigen,dieihreArbeitum1Uhraufnehmen (dassind x1)unddiejenigen,dieihreArbeitum5Uhraufnehmen(dassind x2). Insgesamtsindesalso x1 + x2 Arbeitskräfte,diezwischen5und9Uhrarbeiten. DieseAnzahlmussnachVoraussetzungmindestens4betragen.Entsprechendesgilt fürdieübrigenZeitabschnitte.
Darüberhinausmüssenwirbeachten,dasseineAnzahleinenichtnegativeZahl ist.DiesmodellierenwirdurchdieNichtnegativitätsbedingungen
1 ≥ 0,x2 ≥ 0,...,x6 ≥ 0.
ZusammenfassenderhaltenwirdaslineareOptimierungsproblem minimiere x1 + x2 + + x6
unterdenNebenbedingungen
unddenNichtnegativitätsbedingungen
Strenggenommenmüsstenwirsogarfordern,dassdie xi nichtnegative ganze Zahlensind.Wirwerdenjedochspätersehen(vgl.Abschnitt2.4.5),dassdieNichtnegativitätsbedingungausreichtundwirmitdeminAbschnitt1.6eingeführten Simplex-AlgorithmusdennocheineganzzahligeLösungerhalten.
DieLösungdesOptimierungsproblemslieferteinenSchichtplanmit11Arbeitskräftenund x∗ 1
Abb.1.1. OptimalerSchichtplan
.DieminimaleAnzahl
von11Arbeitskräftenisteindeutig.Diesgiltallerdings nicht fürdieRealisierung einesSchichtplansmit11Arbeitskräften,dennsieistauchmit
möglich.
Beispiel1.2(Produktionsprogrammplanung).
EinUnternehmenstelltdieProdukteP1 undP2 her,diemiteinemGewinnvon 3 e bzw.4 e proMengeneinheit(ME)verkauftwerdenkönnen.
ZurHerstellungsindeineMaschine,einRohstoffundArbeitskräfteerforderlich, dieindembetrachtetenPlanungszeitraumnurbegrenztzurVerfügungstehen:
Maschine:1200Std.
Rohstoff:3000ME
Arbeitskräfte:125Std.
BenötigtwerdenfürdieHerstellungeinerMEdesProduktesP1 (bzw.P2):
Maschine:3Std.(bzw.2Std.)
Rohstoff:5ME(bzw.10ME) Arbeitskräfte:0Std.(bzw.0.5Std.)
DasUnternehmenistaneinemProduktionsprogramminteressiert,dasden (Gesamt-)Gewinnmaximiert.
DasoptimaleProduktionsprogrammergibtsichalsLösungeineslinearenOptimierungsproblems,daswirnunaufstellenwollen.Hierzuseien x1 dieProduktionsmengedesProduktesP1 und x2 diedesProduktesP2. x1 und x2 fassenwirals Entscheidungsvariablenauf,dienurnichtnegativeWerteannehmendürfen.Diese ersteForderungfassenwirindenNichtnegativitätsbedingungen x1 ≥ 0,x2 ≥ 0 zusammen. x1 und x2 unterliegenweiterenRestriktionen,diesichausdenverfügbarenMaschinenstunden,derverfügbarenRohstoffmengeunddenverfügbaren Arbeitsstundenergeben:
41KernkonzeptederlinearenOptimierung
Maschinenstunden: 3x1 + 2x2 ≤ 1200
Rohstoffmenge: 5x1 + 10x2 ≤ 3000
Arbeitsstunden: 0.5x2 ≤ 125
DielinkeSeitederjeweiligenUngleichungenthältdiebenötigtenRessourcenin AbhängigkeitvomProduktionsprogrammunddierechteSeitederenVorrat.Der VerbrauchanMaschinenstundenkommtwiefolgtzustande:DieHerstellungeiner MEdesProduktesP1 bzw.P2 erfordert3bzw.2Maschinenstunden.Da x1 ME desProduktesP1 und x2 MEdesProduktesP2 gefertigtwerden,ergibtsichein Gesamtverbrauchvon 3x1+2x2 Maschinenstunden,der1200nichtübersteigendarf, umdiezurVerfügungstehendenMaschinenstundeneinzuhalten.Analogesgiltfür dieübrigenRestriktionen.
VerbundenmitderHerstellungvon x1 MEdesProduktesP1 und x2 MEdes ProduktesP2 istein(mengenproportionaler)Gewinn 3x1 +4x2. ZusammenfassenderhaltenwirdaslineareOptimierungsproblem
maximiere 3x1 +4x2
unterdenNebenbedingungen
3x1 +2x2 ≤ 1200 5x1 +10x2 ≤ 3000 0 5x2 ≤ 125
unddenNichtnegativitätsbedingungen x1 ≥ 0,x2 ≥ 0,
dessenLösung(s.Bsp.1.8)dieoptimalenProduktionsmengen x∗ 1 =300, x∗ 2 =150 unddendabeierzielbarenGesamtgewinn 3x∗ 1 +4x∗ 2 =1500 liefert.
Beispiel1.3(EinMischungsproblem).
ZurFütterungeinerbestimmtenTierartsinddieNährstoffeN1,N2 undN3 erforderlich,dieindenFuttermittelnF1 undF2 inunterschiedlicherKonzentration enthaltensind.DieNährstoffeinheitenproMEFuttermittelsindinTabelle1.1 zusammengefasst. N1 N2 N3 F1 341 F2 333
Tabelle1.1. DatenzuBeispiel1.3
EineMEdesFuttermittelsF1 kostet25 e,eineMEdesFuttermittelsF2 kostet 50 e.
1.1Einführung5
WievieleMEvonF1 undF2 sindzufüttern,umbeimöglichstgeringenKostendenBedarfanNährstoffen(8EinheitendesNährstoffsN1,19Einheitendes NährstoffsN2,7EinheitendesNährstoffsN3)zudecken?
DiegesuchtenMEvonF1 undF2 ergebensichalsLösungeineslinearenOptimierungsproblems.Hierzuseien x1 diezufütterndenMEvonF1 und x2 dievonF2 x1 und x2 fassenwiralsEntscheidungsvariablenauf,dienurnichtnegativeWerte annehmendürfen(x1 ≥ 0,x2 ≥ 0).
DerzudeckendeBedarfanNährstoffenwirddurchdieUngleichungen
NährstoffN1: 3x1 +3x2 ≥ 8
NährstoffN2: 4x1 +3x2 ≥ 19
NährstoffN3: x1 +3x2 ≥ 7 sichergestellt,wobeiaufderlinkenSeitedieNährstoffmengeninAbhängigkeitvon denFuttermengenstehenundaufderrechtenSeitediegefordertenMindestmengen. DieKosten,dieausderFütterungvon x1 MEvonF1 und x2 MEvonF2 entstehen, lauten 25x1 +50x2.
SomithabenwirdaslineareOptimierungsproblem
minimiere 25x1 +50x2 unterdenNebenbedingungen 3x1 +3x2 ≥ 8 4x1 +3x2 ≥ 19 x1 +3x2 ≥
unddenNichtnegativitätsbedingungen
zulösen.
Beispiel1.4(EinTransportproblem).
EinUnternehmenhatzweiFilialenF1 undF2,vondenendreiGroßhändlerG1,G2 undG3 dieProduktebeziehen.DieTransportkostenproME,derBedarfderGroßhändlerundderLagerbestandderFilialensindinTabelle1.2zusammengefasst. DasUnternehmenistdaraninteressiert,denTransportvondenFilialenzuden Großhändlernsozuorganisieren,dassdieGesamtkostenminimalwerden.
DasTransportproblemlässtsichalseinspezielleslinearesOptimierungsproblem formulieren.Hierzubezeichne xij dieTransportmengevonFi nachGj .DieEntscheidungsvariablen xij müssendieNichtnegativitätsbedingungen xij ≥ 0 erfüllen, undzusätzlichistsicherzustellen,dassderBedarfderGroßhändlergedecktund gleichzeitigindenFilialennichtmehrnachgefragtwird,alsdortvorhandenist.
DerGesamtbedarf(1000ME)stimmtmitdemGesamtangebotüberein.Diese BesonderheitstelltkeineEinschränkungdar,dadurchHinzunahmeeinerfiktiven
TransportkostenproME G1 G2 G3 Lagerbestand
F1 0.91.01.2600 F2 0.60.40.5400
Bedarf3005002001000
Tabelle1.2. DatenzuBeispiel1.4
FilialeodereinesfiktivenGroßhändlerseventuelleÜberschüsseausgeglichenwerden können(vgl.Abschnitt2.4),sondernführtsogaraufeinezusätzlicheStruktur,von derwirbeiderLösungdesTransportproblemsnochGebrauchmachenwerden.
DakeineRestbeständeoderFehlmengenauftretenkönnen,ergebensichdieNebenbedingungenalsGleichungen: x11 +x12 +x13 =600, x21 +x22 +x23 =400 sowie x11 + x21 =300, x12 + x22 =500, x13 + x23 =200.DieerstenbeidenGleichungen besagen,dassdieindenFilialenverfügbarenBeständeandieGroßhändlerabgegebenwerdenunddieletztendreiGleichungen,dassderBedarfderGroßhändler gedecktwird.
Dawirunterstellen,dassdieKostenmengenproportionalsind,ergebensichdie GesamtkostenderTransportezu
HierausresultiertdaslineareOptimierungsproblem
0.9x11 + x12 +1.2x13 +0.6x
x
.5x
.
unterdenNebenbedingungen x11 + x12 + x13 =600 x21 + x22
Beispiel1.5(EinProduktionsproblemmitMengenrelationen).
EineBäckereistelltvierverschiedeneKuchensortenher.DieErlöseproStückin Geldeinheiten(GE)sowiediebenötigtenZutatenundderenverfügbareMengen sindinTabelle1.3zusammengefasst.
BeiderHerstellungeinerLinzertortefällteinEiweißab,daszusammenmit 50MEMehl,30MEZuckerund25MENüssenzueinemNusshörnchenverarbeitet undmiteinemErlösvon1.2GEverkauftwerdenkann.
Zutaten(ME/Stück)
SorteMehlZuckerButterNüsseKakaoEierErlös(GE)
Nusskuchen250100100300—120
Marmorkuchen35080100—40115
Sandkuchen400100150——112
Linzertorte40015025025025330
1000030006000500010001000
verfügbareMenge(ME)
Tabelle1.3. DatenzuBeispiel1.5
Zubeachtenistferner,dassdoppeltsovieleNusskuchenherzustellensindwie Sandkuchenunddassmindestens25%derinsgesamtproduziertenKuchen(ohne Nusshörnchen)Marmorkuchensind.
ZielderBäckereiistes,denErlösausdemVerkaufderKuchenundNusshörnchenzumaximieren.
DermaximalerzielbareErlösunddiezugehörigenProduktionsmengen x1 ≥ 0, x2 ≥ 0,...,x5 ≥ 0 anNusskuchen,Marmorkuchen,Sandkuchen,Linzertorten bzw.NusshörnchenergibtsichalsLösungeineslinearenOptimierungsproblems mitderZielfunktion(Gesamterlös) 20x1 +15x2
diezumaximierenistunterdenNebenbedingungen
VerbrauchanMehl:
sowiedenMengenrelationen
Nusshörnchen–Linzertorten: x5 ≤ x4
Nusskuchen–Sandkuchen: x1 =2x3
Marmorkuchen–Kucheninsgesamt: x
DieeinführendenBeispielezeigenbereits,dassdieLösunglinearerOptimierungsproblemeaufdieBestimmungvonExtremwertenunterNebenbedingungen führt.ExtremwerteunterNebenbedingungenwerdenalsgrundlegendesProblemin derAnalysisbehandelt.Diedort(undauchinKap.7)angegebeneMethode,die ExtremwertedurchNullsetzenderpartiellenAbleitungenderLagrange-Funktion zuermitteln,setztjedochNebenbedingungeninFormvonGleichungenvorausund istdamithiernichtunmittelbaranwendbar.EineÜbertragungdiesesLösungsansatzesaufNebenbedingungeninFormvonUngleichungennehmenwirinKapitel7 vor.DieresultierendenAlgorithmensindjedochoftnichtsoeffizientwiediespeziellen,dieLinearitätderZielfunktionundderNebenbedingungenausnutzenden AlgorithmenderlinearenOptimierung.
1.2GrundlegendeDefinitionen
Untereinem linearenOptimierungsproblem (auch linearesProgrammierungsproblem genannt)verstehtmandieAufgabe,einelineareFunktionunter derBeachtungvonlinearen Nebenbedingungen (auch Restriktionen genannt) zumaximierenoderzuminimieren.
DadiezumaximierendeoderzuminimierendeFunktiondaszuerreichendeZiel modelliert,nenntmansie Zielfunktion desOptimierungsproblems.DieindieZielfunktioneingehendenVariablen x1,x2,...,xn heißen Entscheidungsvariablen. DieallgemeineFormeinerlinearenZielfunktionvon n Variablenlautet
f (x)= f (x1,...,xn)=
InVektornotation(vgl.AbschnittA.2)schreibtmanauch f (x)= c,x oder f (x)= c x mitdemVektor c =(c1,...,cn) .EtwasallgemeinerkannmanauchaffinlineareZielfunktionenderForm
f (x)= c x + z0 betrachten.InSatz1.1wirdsichaberherausstellen,dassdieLösungeinesOptimierungsproblemsimWesentlichenunabhängigvonderKonstante z0 inderZielfunktionist,sodassmansiehäufigunterschlägt.
ÜblicherweiseliegenmehrerelineareNebenbedingungenvor,diewirmit i = 1,...,m durchnummerieren.Nebenbedingung i kannineinerderdreifolgenden Formenauftreten:
DieinAnwendungenhäufigauftretenden Nichtnegativitätsbedingungen xi ≥ 0
aneinigeoderalleVariablen xi lassensichzwarineinfacherWeiseineinederobigen Formenbringen,zurAnwendungdesinAbschnitt1.6zubesprechendenSimplexAlgorithmuswirdessichallerdingsalsgünstigerweisen,sieseparataufzuführen.
DurchUmnummerierenderVariablenlässtsicherreichen,dassNichtnegativitätsbedingungengenaufürdieersten p Variablen(mit p ∈{0, 1,...,n})gelten.
DieallgemeineFormeineslinearenOptimierungsproblemslautetalso
wobei„s.t.“fürdasenglische„subjectto“oder„sothat“stehtund„unterdenNebenbedingungen“bedeutet.
EinenVektor x ∈ Rn,deralleNebenbedingungeneinesOptimierungsproblems(inklusivederNichtnegativitätsbedingungen)erfüllt,nenntman zulässigen Punkt desProblems.DieMengeallerzulässigenPunkteheißt zulässigeMenge oder zulässigerBereich undwirdimFolgendenmit M bezeichnet.
EinzulässigerPunktheißt optimalerPunkt deslinearenOptimierungsproblems,wenneskeinenanderenzulässigenPunktmitbesserem(d.h.größerembzw. kleinerem)Zielfunktionswertgibt.EtwafüreinMaximierungsproblemlässtsich diesauchwiefolgtausdrücken: x∗ ∈ M istoptimalerPunkt,wennalle x ∈ M dieUngleichung f (x) ≤ f (x∗) erfüllen.DerzueinemoptimalenPunkt x∗ gehörige Wert f (x∗) derZielfunktionheißt optimalerWert.WennwirdenoptimalenWert unabhängigvoneinemoptimalenPunktbezeichnenmöchten,werdenwirihnim Folgenden z∗ nennen.
Beispiel1.6(Beispiel1.2-Fortsetzung1).
DerPunkt x∗ =(300, 150) istoptimalerPunkt,und f (x∗)=3x∗ 1 +4x∗ 2 =1500 ist optimalerWertdesMaximierungsproblems.WiewirinBeispiel1.8sehenwerden, istderoptimalePunkteindeutigbestimmt.
DaderVektor x derEntscheidungsvariableninBeispiel1.2zweidimensionalist, liegtderoptimalePunktausBeispiel1.6in R2.DiesistimAllgemeinennatürlich nichtderFall,wieunteranderemdasfolgendeBeispielillustriert.
Beispiel1.7(Beispiel1.1-Fortsetzung1).
DerSchichtplan x∗ =(2, 2, 5, 0, 2, 0) istoptimalerPunkt,und f (x∗)= x∗ 1 + x∗ 2 + +x∗ 6 =11 istoptimalerWertdesMinimierungsproblems.Allerdingsistauchder Schichtplan x∗ =(1, 3, 4, 1, 1, 1) einoptimalerPunkt,daerdenselbenoptimalen Wert z∗ =11 besitzt.
AuchallgemeinistderoptimaleWert(sofernerexistiert)stetseindeutigbestimmt,währendoptimalePunktenichtnotwendigerweiseeindeutigsind.MitdiesemEffektwerdenwirunsnochausführlichbefassen.Mit
bezeichnenwirdie MengederoptimalenPunkte.
DerfolgendeSatzermöglichtes,beimLösenvonOptimierungsproblemenkonstanteTermeinderZielfunktionzunächstzuunterschlagenunderstnachBerechnungeinesoptimalenPunktesdenoptimalenWertentsprechendzukorrigieren.Der BeweisdiesesResultatsistdemLeseralsÜbungüberlassen.BeachtenSie,dassdie indiesemAbschnittgeltendenLinearitätsvoraussetzungendafürunerheblichsind. Satz1.1.
GegebenseieneinOptimierungsproblem P mitZielfunktion f (x) undzulässiger Menge M sowiedasOptimierungsproblem P mitZielfunktion f (x)+ z0 undderselbenzulässigenMenge M,wobei z0 ∈ R eineKonstanteist.Dannstimmendie MengenderoptimalenPunktevon P und P überein,unddieoptimalenWerte z∗ P und z∗ P erfüllen z∗ P = z∗ P + z0 .
1.3GrafischeLösung
LineareOptimierungsproblememitnurzweiEntscheidungsvariablenlassensichauf bequemeWeise grafisch lösen.DapraktischeProblemeüberwiegend(weit)mehrals zweiEntscheidungsvariablenbesitzen,liegtdieBedeutungdergrafischenLösung vorallemindergeometrischenVeranschaulichungderLösungskonzepte.
Beispiel1.8(Beispiel1.2-Fortsetzung2).
AufgrundderNichtnegativitätsbedingungen x1 ≥ 0 und x2 ≥ 0 liegtdieMenge derzulässigenPunkteimerstenQuadrantenundwirddurchdie x1-Achseunddie x2-Achsebegrenzt.WeitereEinschränkungenergebensichausdenRestriktionen 3x1 +2x2 ≤ 1200, 5x1 +10x2 ≤ 3000 und 0.5x2 ≤ 125.DieBegrenzungsgeraden 3x1 +2x2 =1200, 5x1 +10x2 =3000 und 0 5x2 =125 kannmanindieGrafik eintragen,indemmanderenSchnittpunktemitdenAchsenbestimmtunddiese verbindet.BeispielsweiseerhältmandenSchnittpunktvon 3x1 +2x2 =1200 mit der x1-AchsedurchNullsetzenvon x2 (aus 3x1 +2 0=1200 folgt x1 =400).
AufwelcherSeitederBegrenzungsgeradenjeweilszulässigePunkteliegen,ermitteltmandurchEinsetzendesNullpunktesindieUngleichungen.Fallsereine Ungleichungerfüllt,liegterinderHalbebenederfürdieseUngleichungzulässigen Punkte,anderenfallsliegterinderHalbebenederfürdieseUngleichungunzulässigenPunkte.DieSchnittmengederermitteltenHalbebenenmitdenNichtnegativitätsbedingungenbildetdiezulässigeMenge M (vgl. Abb.1.2).
BeiderDarstellungderZielfunktiongehtmanähnlichvor.Zunächstträgtman 3x1 +4x2 = z0 füreinenfestenWert z0 ein,d.h.manzeichnetdieHöhenlinie(vgl. AbschnittA.5)derFunktion 3x1 +4x2 zumNiveau z0 ein.WirhabendasNiveau
x1 +2x2 =1200
, 150)
z0 =600 z0 =1500 0 5x2 =125 5x1 +10x2 =3000
Abb.1.2. GrafischeLösungvonBeispiel1.2
z0 =600 gewählt,weildadurchdieAchsenabschnittebesonderseinfachzuberechnensind.DiesoermittelteHöhenliniewirddannparallelinRichtungwachsender z0-Werteverschoben.DieseRichtungbestimmtman,indemmanbeispielsweise prüft,obdiedurchdenNullpunktverlaufendeHöhenliniederZielfunktioneinen kleinerenodergrößeren z0-Werthat.InunseremFallistderWertnullunddamit kleinerals z0 =600.Folglichwächst z0 beiVerschiebungderHöhenlinie„vonnull weg“.
DieHöhenliniewirdnunparallelbiszumRandderzulässigenMengeverschoben.DieParallelverschiebungendethierineinerEckederzulässigenMenge.Diese EckeistderoptimalePunktmit x∗ 1 =300 und x∗ 2 =150,undderzugehörige Funktionswert z∗ =1500 istderoptimaleWertdesOptimierungsproblems. ♦
Grafischistnunauchleichtersichtlich,warumoptimalePunktenichtnotwendigerweiseeindeutigsind.WenndieHöhenlinienderZielfunktionnämlichparallel zueinerKantederzulässigenMengeverlaufen,dannkanndiesegesamteKanteaus optimalenPunktenbestehen.ImobigenBeispielgeschiehtdiesetwa,wennmandie Zielfunktiondurch 5x1 +10x2 ersetzt.DaallePunktederoptimalenKantedann aufderselbenHöhenliniederZielfunktionliegen,besitzensiealledenselbenund dahereindeutigenOptimalwert.EntscheidendfürdeninAbschnitt1.6vorgestelltenSimplex-Algorithmuswirdessein,dassauchbeinichteindeutigenoptimalen Punktenimmermindestenseine Ecke derzulässigenMengeoptimalist.
MitAlgorithmus1.1könnenwireinerstesLösungsverfahrenfürsolchelinearen Optimierungsproblemeangeben,dienurzweiEntscheidungsvariablenbeinhalten. DasVerfahrenberücksichtigtauchdieinAbschnitt1.8genauerbehandeltenFälle, indenendasOptimierungsproblemnichtlösbarist.
Algorithmus1.1 GrafischerAlgorithmusfürzweidimensionalelineareMaximierungsprobleme
Input: LinearesMaximierungsproblem P mitzweiEntscheidungsvariablen
1:Zeichne M alsSchnittderHalbebenen,diedurchdieNebenbedingungengegebensind (inklusivederNichtnegativitätsbedingungen)
2: if M = ∅ then
3:ProblemunlösbarmangelszulässigerPunkte
4: return
5: endif
6:Wähleeinbeliebiges z0 undzeichnedieHöhenlinievon f zumNiveau z0
7:BestimmedieRichtung,indereineParallelverschiebungderHöhenliniezueinerVergrößerungvon z0 führt
8: if Höhenliniekannverschobenwerden,ohnejemals M zuverlassen then
9:Problemunlösbarwegenauf M unbeschränkterZielfunktion
10: return
11: endif
12:BestimmedieeindeutigeHöhenlinievon f zumNiveau z ∗ mitderEigenschaft:Es gibtein x ∗ ∈ M mit z ∗ = f (x ∗),undfüralle x ∈ M gilt f (x) ≤ z ∗
13:BestimmedieMengederoptimalenPunkte M∗ = {x ∈ M| f (x)= z ∗}
Output: EntwederMeldungüberUnlösbarkeitoderOptimalwert z ∗ undMengederoptimalenPunkte M∗ desOptimierungsproblems
1.4StandardformundgrundlegendeanalytischeKonzepte
DiebeilinearenOptimierungsproblemenauftretendengeometrischenSachverhalte erlaubenweitreichendeAussagenüberoptimalePunkteundWerte,diesichauch algorithmischsehrgutumsetzenlassen.Umdiesezuuntersuchen,empfiehltessich, lineareOptimierungsproblemezunächstineinestandardisierteFormzubringen. WirhabenbereitsindeneinführendenBeispielengesehen,dassdaslineare OptimierungsprobleminnatürlicherWeisealsMaximierungs-oderMinimierungsproblemauftritt,unddassauchdieNebenbedingungeninunterschiedlicherForm ( ≤ -Ungleichungen,Gleichungen, ≥ -Ungleichungen)vorkommen.
1.4 StandardformundgrundlegendeanalytischeKonzepte13
UntereinemlinearenOptimierungsproblemin Standardform verstehenwir dasProblem
P≤ :max c x s.t. Ax ≤ b,x ≥ 0.
Dabeibezeichnet n dieAnzahlderEntscheidungsvariablen, m dieAnzahlder Nebenbedingungen, c =(c1,...,cn) denVektorder Zielfunktionskoeffizienten, x =(x1,...,xn) denVektorderEntscheidungsvariablen, b =(b1,...,bm) denVektorderWertederrechtenSeite,unddie (m,n)-Matrix A =(aij ) istdie Koeffizientenmatrix.DiezulässigeMengehatdamitdieDarstellung
M = {x ∈ Rn | Ax ≤ b,x ≥ 0}
JedeslineareOptimierungsproblem P inallgemeinerFormlässtsichdurchfolgendeOperationeninStandardform P≤ bringen:
• FallsdieZielfunktion f (x)= c x zuminimierenist,ersetze f durch f .DadurchändernsichdieoptimalenPunktenicht,allerdingswechseltderoptimale WertseinVorzeichen: max( f (x))= min f (x) (vgl.auch Abb.7.7).
• JedeGleichungsrestriktion ai1x1 +ai2x2 + +ainxn = bi kanndurchdiebeiden Ungleichungen ai1x1+ai2x2+...+ainxn ≤ bi und ai1x1+ai2x2+...+ainxn ≥ bi ersetztwerden.
• Jede ≥-RestriktionkanndurchMultiplikationmit 1 ineine ≤-Restriktion umgewandeltwerden.
• JedeEntscheidungsvariable xi ∈ R,diekeinerNichtnegativitätsbedingungunterworfenist,kanndurch xi = x+ i xi mit x+ i ,xi ≥ 0 ersetztwerden.
Wirbefassenunszunächstmitder Lösbarkeit vonlinearenOptimierungsproblemeninStandardform.UntersehrvielallgemeinerenVoraussetzungengibtder SatzvonWeierstraßeinehinreichendeBedingungfürLösbarkeitan.EinBeweis findetsichin[49].
Satz1.2. (SatzvonWeierstraß)
EinereellwertigestetigeFunktion f besitztaufeinernichtleeren,beschränktenund abgeschlossenenMenge M stets(mindestens)einenMinimal-undeinenMaximalpunkt.
DajedelineareZielfunktion f (x)= c x stetigunddiezulässigeMenge M eines linearenProblemsstetsabgeschlossensind,folgtdaraussofort:
Korollar1.3.
EinlinearesOptimierungsprobleminStandardformbesitzteinenMaximalpunkt, falls M nichtleerundbeschränktist.
Zubeachtenist,dassKorollar1.3nureinehinreichendeBedingungfürLösbarkeit formuliert.ZwaristeinlinearesOptimierungsproblemmitleererzulässigerMengesicherlichunlösbar,allerdingsgibtesProblememit unbeschränkter zulässiger Menge,dietrotzdemoptimalePunktebesitzen(z.B.ändertsichanderLösbarkeithäufignichts,wennmandieNichtnegativitätsbedingungenfallenlässt).Eine
CharakterisierungvonunlösbarenProblemenwirdmitHilfederDualitätstheorie inAbschnitt1.8möglichsein.
ImFallderLösbarkeiteineslinearenOptimierungsproblemsinteressierenwir unsfürdieLokalisierungeinesoptimalenPunktes.HierzuspieltdieGeometrie linearerOptimierungsproblemeeineentscheidendeRolle.BeieinemlinearenOptimierungsprobleminStandardformistdiezulässigeMenge M durch m + n Ungleichungengegeben.MankannsiealsoalsSchnittmengevon m + n Halbräumen auffassen.DieSchnittmengeendlichvielerHalbräumeheißt konvexesPolyeder. DieDefinitionkonvexerPolyederschließtnichtaus,dasssieleeroderunbeschränkt sind.EinnichtleeresundbeschränkteskonvexesPolyederheißt konvexesPolytop. Abbildung1.3 zeigtBeispielefürkonvexePolyederundkonvexePolytope.
2
1
3
konvexePolytope konvexesPolyeder
Abb.1.3. KonvexePolytope M1 und M2 undkonvexesPolyeder M3
WieinAbschnittA.9eingeführt,heißteineMenge M konvex,wennmitjedem PaarvonPunkten x,y ∈ M auchihregesamteVerbindungsstreckein M liegt:
∀ x,y ∈ M,λ ∈ (0, 1):(1 λ)x + λy ∈ M .
DainsbesondereHalbräumekonvexeMengensind,unddaSchnittmengenkonvexer Mengenwiederkonvexsind, heißen konvexePolyedernichtnurkonvex,sondern sie sind estatsächlichauch.Insbesonderegilt:
Satz1.4.
FürjedeslineareOptimierungsproblemistdiezulässigeMenge M konvex.
FürkonvexeMengenlässtsichderBegriffdes Extrempunktes einführen.ExtrempunkteeinerkonvexenMenge M sinddiejenigenPunkte e aus M,diesich nicht alsechteKonvexkombination e =(1 λ)x+λy zweierandererPunkte x,y ∈ M mit λ ∈ (0, 1) darstellenlassen.BeispielsweisesindsämtlicheRandpunkteeinerKreisscheibein R2 Extrempunkte.BeikonvexenPolyedernheißendieExtrempunkte
1.4StandardformundgrundlegendeanalytischeKonzepte15
Ecken.KonvexePolyederzeichnensichgegenüberallgemeinenkonvexenMengen dadurchaus,dasssiehöchstensendlichvieleExtrempunktebesitzen(zumBeweis siehez.B.[56]):
Satz1.5.
FallseinkonvexesPolyederEckenbesitzt,dannnurendlichviele.Jedeskonvexe PolytopbesitztendlichvieleEcken.
Korollar1.6.
FürjedeslineareOptimierungsproblembesitztdiezulässigeMenge M höchstens endlichvieleEcken.
EntscheidendeGrundlagefürdenSimplex-Algorithmusistderfolgende EckensatzderlinearenOptimierung,dessenBeweissichz.B.in[28]findet.
Satz1.7.
WenneininStandardformgegebeneslinearesOptimierungsproblemeinenoptimalenPunktbesitzt,dannistauchmindestenseineEckevon M optimalerPunkt.
FüreindeutiglösbarelineareOptimierungsproblemebesagtSatz1.7,dassder eindeutigeoptimalePunkteineEckevon M ist.FürlösbarelineareOptimierungsproblememiteinerMenge M∗ optimalerPunkte,dieausmehralseinemElement besteht,besagter,dasssichin M∗ mindestenseineEckevon M befindet.
WennmanalsoamoptimalenWertundannur einem optimalenPunkteines linearenOptimierungsproblemsinteressiertist,genügtes,diehöchstensendlich vielenEckenvon M nacheinemoptimalenPunktzudurchsuchen.SofernmanalleEckenvon M berechnenkann,liefertdieseinennachendlichvielenSchritten abbrechendenAlgorithmuszurLösunglinearerOptimierungsprobleme.Allerdings wächstdieAnzahlderEckenmitderProblemgrößesehrschnellanundkannlediglichdurch n+m n nachobenabgeschätztwerden,sodassdieserAnsatznicht praxistauglichist(vgl.auchBsp.1.12).
DerinAbschnitt1.6behandelteSimplex-AlgorithmusalsklassischesVerfahrenzurLösunglinearerOptimierungsproblemesuchtdaherdieEckenvon M nicht unsystematischnacheinemoptimalenPunktab,sonderngehtnocheinenentscheidendenSchrittweiter,indemervoneinerbereitsermitteltenEckeauseineneue Eckemitverbessertem(oderzumindestnichtschlechterem)Zielfunktionswertgeneriert.
WirhaltenabschließendnochfolgendesResultatüberdieMengederoptimalen Punktefest:
Satz1.8.
FürjedeslineareOptimierungsproblemistdieMenge M∗ deroptimalenPunkteein konvexesPolyeder.
Beweis. ImFallderUnlösbarkeitist M∗ alsleereMengeeinkonvexesPolyeder. AnsonstenexistiertderOptimalwert z∗,undwegen
ist M∗ dieSchnittmengeendlichvielerHalbräumeunddamitebenfallseinkonvexes Polyeder.
1.5NormalformundBasen
ZurFormulierungdesSimplex-AlgorithmusbenötigenwireinealgebraischeCharakterisierungderEckenvon M.DiesgelingtameinfachstenfürlineareOptimierungsprobleme,beidenenalsUngleichungsrestriktionennurNichtnegativitätsbedingungenauftreten,währendalleanderenNebenbedingungeninGleichungsform vorliegen.
1.5.1NormalformundkanonischeForm
EininStandardformgegebeneslinearesOptimierungsproblemlässtsichdurchEinführungzusätzlicherVariablenstetsineinsolchesFormatüberführen:
Fürjedes i =1,...,m modellierthierbeidiezusätzlicheingeführteVariable xn+i densogenannten Schlupf bi (ai
x1 + ... + ainxn) der i-tenUngleichung.
DieVariablen xn+1,...,xn+m bezeichnetmandaherals Schlupfvariablen.Zur AbgrenzungnenntmandieoriginalenVariablen x1,...,xn desProblems P= auch Strukturvariablen
Beispiel1.9(Beispiel1.2-Fortsetzung3).
MitdenSchlupfvariablen x3, x4 und x5 erhaltenwirdasProblem
max3x1 +4x2 s.t. 3x
1.5NormalformundBasen17
UmdieGleichungsrestriktionenvon P= inMatrix-Vektor-Formdarstellenzu können,erweiternwirdieKoeffizientenmatrix A umdie (m,m)-Einheitsmatrix Im zueiner (m,n + m)-Matrix A =(A,Im).MitdemVektorderStruktur-und Schlupfvariablen x =(x1,...,xn,xn+1,...,xn+m) ∈ Rn+m lassensichdieGleichungsrestriktionenvon P= dadurchkurzals Ax = b schreiben,unddieNichtnegativitätsbedingungenwerdenzu x ≥ 0.UmauchdieZielfunktiondazupassend schreibenzukönnen,setzenwir c =(c1,...,cn, 0,..., 0) ∈ Rn+m.Damitlässt sich P= inderForm
max c x s.t. Ax = b,x ≥ 0
schreiben.Dasiedie m linearunabhängigenSpaltenderEinheitsmatrixenthält, besitztdieerweiterteKoeffizientenmatrix A =(A,Im) denRang m.Wennwirvon derspeziellenStrukturderKoeffizientenmatrixabsehenundnurfordern,dass A eine (m,m + n)-MatrixvomvollenRang m ist,dannbezeichnenwirdieForm
Pnorm :max c x s.t. Ax = b,x ≥ 0 als Normalform eineslinearenOptimierungsproblems.Fallsdieobigespeziellere Strukturvorliegt,also A =(A,Im) und c =(c1,...,cn, 0,..., 0) gelten,undwenn diezusätzlicheBedingung b ≥ 0 erfülltist,dannliegtdaslineareOptimierungsproblemin kanonischerForm vor.
Beispiel1.10(Beispiel1.2-Fortsetzung4).
DasProblem
max3x1 +4x2 s.t. 3x1 +2x2 + x3 =1200 5x1 +10x2 + x4 =3000
0 5x2 + x5 =125 x1,...,x5 ≥ 0
liegtinkanonischerFormvor.
DerEckensatzderlinearenOptimierung(Satz1.7)giltnatürlichauchfürProblemeinNormalform.ZwischendenEckenderzulässigenMengevon P≤ undden EckenderzulässigenMengevon P= giltfolgendereinfacherZusammenhang,dessen BeweisdemLeserzurÜbungüberlassenist:
Satz1.9.
Falls x eineEckederzulässigenMengevon P≤ ist,dannist (x,b Ax) eineEcke derzulässigenMengevon P=.Fallsandererseits (x1,...,xn,xn+1,...,xn+m) eineEckederzulässigenMengevon P= ist,dannist (x1,...,xn) eineEckeder zulässigenMengevon P≤.
WegendieseseinfachenZusammenhangskannmananstellederEckenvon M genausogutdieEckenderzulässigenMengevon P= charakterisieren.ImFolgenden nehmenwirdiesealgebraischeCharakterisierungsogarfürdieetwasallgemeiner
181KernkonzeptederlinearenOptimierung
strukturiertenProblemeinNormalform Pnorm vor.WegendereinfachenKorrespondenzenverzichtenwirdabeidarauf,diezulässigeMenge M ⊆ Rn von P≤ unddiezulässigeMenge M ⊆ Rn+m von P= bzw.von Pnorm unterschiedlichzu bezeichnen.
DadieMatrix A denvollenRang m besitzt,sindihreZeilenlinearunabhängig, sodass Ax = b einen n-dimensionalenTeilraumdesRaumsderEntscheidungsvariablen Rn+m definiert(n+m Freiheitsgradeabzüglich m unabhängigeRestriktionen).
DaeineEckealsPunktim Rn+m durch n + m unabhängigeRestriktionendeterminiertwird,benötigenwirfürihreFestlegungzusätzlichzuden m Restriktionen derForm Ax = b weitere n Gleichungsbedingungen.DieseentsteheninnatürlicherWeise,wenneineEntscheidungsvariable xi dieNichtnegativitätsbedingung mitGleichheiterfüllt,wennalso xi =0 gilt.Allerdingskannmannichtjede beliebige Auswahlvon n der n + m Entscheidungsvariablenaufnullsetzen,umeineEcke zudefinieren,denndasausden m obigenGleichungenundden n neuenGleichungenentstehendeSystembrauchtnichtnotwendigerweisedenvollenRang n + m zu besitzen.DiefolgendeCharakterisierungvonEcken,derenBeweissichzumBeispiel in[29]findet,garantiertgeradedenvollenRangdiesesGleichungssystems.
Satz1.10.
EinzulässigerPunkt x =(x1,...,xn+m) von Pnorm istgenaudannEckevon M, wenndieSpaltenvektoren ai derMatrix A,diemitpositivemGewicht xi indie Darstellung a1x1 + ··· + am+nxm+n = b eingehen,linearunabhängigsind.
Damehrals m Vektorenim Rm stetslinearabhängigsind,folgtausSatz1.10, dassineinerEckevon M immerhöchstens m EinträgedesVektors x positivsind. FallsdasOptimierungsprobleminkanonischerFormvorliegtundzusätzlichsogar b> 0 gilt,kannmanimSystem (A,Im)x = b zumBeispiel (x1,...,xn) =0 und (xn+1,...,xn+m) = b setzen,umeineEckevon M zukonstruieren.Wiein diesemBeispielsindineinerEckeüblicherweisegenau m Einträgevon x positiv.Fallsnur b ≥ 0 giltundtatsächlichmindestenseinEintragvon b verschwindet,liefertSatz1.10 nachwievor,dass x mitderSetzung (x1,...,xn) =0 und (xn+1,...,xn+m) = b eineEckevon M ist.MitdiesemdegeneriertenFallwerden wirunsspäternochausführlichbefassen.Wirhaltenjedochfest,dassmanjedes lineareOptimierungsproblemzunächstinStandardformunddanninNormalform überführenkann.ImFall b ≥ 0 lässtessichsogarinkanonischeFormbringen, unddannisteineEckederzulässigenMengebekannt(mit 0n bezeichnenwirden Nullvektorin Rn):
Satz1.11.
EinlinearesOptimierungsproblemliegeinkanonischerFormvor.Dannistder Punkt x =(0n,b) eineEckevon M
Beispiel1.11(Beispiel1.2-Fortsetzung5).
FürdasinkanonischerFormvorliegendeProblem
max3x1 +4x2
s.t. 3x1 +2x2 + x3 =1200 5x1 +10x2 + x4 =3000 0.5x2 + x5 =125 x1,...,x5 ≥ 0
ist x =(0, 0, 1200, 3000, 125) eineEckederzulässigenMenge.
Satz1.10führtaufdenfolgendennaivenLösungsansatz:Setze n derVariablen x1,...,xn+m nullundlöse,fallsmöglich,dasverbleibendeGleichungssystem.Dadurchkannnatürlichnichtgarantiertwerden,dassdie m berechnetenEinträge von x nichtnegativsind,d.h.,manmussdieZulässigkeitderberechnetenPunkte bezüglichderNichtnegativitätsbedingungennochüberprüfen.
P4 P9 P6 P5 x1 x2
P1 P2 P3 P7 P8
Abb.1.4. LösungspunktederzehnGleichungssystemeinBeispiel1.12
Beispiel1.12(Beispiel1.2-Fortsetzung6).
FürdasProblem
max3x1 +4x2 s.t. 3x1 +2x2 + x3 =1200 5x1 +10x2 + x4 =3000 0.5x2 + x5 =125 x1,...,x5 ≥ 0
führtNullsetzenvonjeweilszweiVariablenauf n+m n = 5 3 =10 GleichungssystememitdenLösungen x1 = x2 =0: x3 =1200,x4 =3000,x5 =125 x1 = x3 =0: x2 =600,x4 = 3000,x5 = 175 x1 = x4 =0: x2 =300,x3 =600,x5 = 25 x1 = x5 =0: x2 =250,x3 =700,x4 =500 x2 = x3 =0: x1 =400,x4 =1000,x5 =125 x2 = x4 =0: x1 =600,x3 = 600,x5 =125 x2 = x5 =0:nichtlösbar(da a1,a3,a4 linearabhängigsind)
x3 = x4 =0: x1 =300,x2 =150,x5 =50 x3 = x5 =0: x1 =233 1 3 , x2 =250,x4 = 666 2 3
x4 = x5 = 0: x1 =100,x2 =250,x3 =400,
diedenPunkten P1 =(0, 0), P2 =(0, 600), , P9 =(100, 250) in Abbildung1.4 entsprechen.
Vonden10Gleichungssystemensindsomit9lösbar,diewiederumauf5zulässigePunkte(P1, P4, P5, P7, P9)und4unzulässigePunkte(P2, P3, P6, P8)führen. DeroptimalePunktist P7 =(300, 150),wiederVergleichderZielfunktionswertein denfünfEckenergibt.DerNachteildeshohenRechenaufwandesistoffensichtlich.
1.5.2ZulässigeBasislösung,Basis-undNichtbasisvariablen
EineLösung x =(x1,...,xn+m) derRestriktionen Ax = b eineslinearenOptimierungsproblemsinNormalformheißt Basislösung,wenn n derEinträge xi von x denWertnullhabenundwenndiezudenrestlichen m Einträgengehörenden Spalten ai von A linearunabhängigsind.DieBezeichnungalsBasislösungliegt darinbegründet,dassdieselinearunabhängigenSpalteneineBasisdes Rm bilden.WenndievonnullverschiedenenEinträgevon x außerdemnichtnegativsind,
1.5NormalformundBasen21 sprechenwirvoneiner zulässigenBasislösung.Die m linearunabhängigenVektoren ai einerBasislösungnenntman Basisvektoren unddie m zugehörigen xi Basisvariablen oderkurz BV.Die n verschwindendenEinträge xi von x heißen entsprechend Nichtbasisvariablen oderkurz NBV,unddiezugehörigenVektoren ai Nichtbasisvektoren
ImFolgendenfassenwirdieBasisvektoren ai einerBasislösung x zuder (m,m)Matrix B zusammenunddieNichtbasisvektorenzuder (m,n)-Matrix N .MitderselbenIndexsortierungspaltenwirdenVektor x indenVektorderBasisvariablen xB unddenVektorderNichtbasisvariablen xN auf.DasGleichungssystem Ax = b lässtsichdamitals
BxB + NxN = b schreiben.
Da B alsquadratischeMatrixmitlinearunabhängigenSpalteninvertierbarist, lässtsichdiesesSystemäquivalentzu
xB + B 1NxN = B 1b umformen,alsozueinemSystemmitKoeffizientenmatrix (Im,B 1N ) anstellevon A undrechterSeite B 1b anstellevon b.DurchdieseÄquivalenzumformungkann manimmererreichen,dassjededer m Basisvariableningenaueinerder m Gleichungenvorkommt,unddiessogarmitdemKoeffizienteneins.Fernerliestman sofortab,dassdieBasislösungdurch xN =0 und xB = B 1b gegebenist.
DerSimplex-Algorithmuszeichnetsichunteranderemdadurchaus,dassdie aufwändigeBerechnungvon B 1 zurBestimmungeinerBasislösungdadurchumgangenwird,dass B 1 alseffizientauszuführenderUpdatederentsprechenden inversenBasismatrixdervorhergehendenBasislösungermitteltwird.
Satz1.12.
FüreinlinearesOptimierungsprobleminNormalformsinddieEckenvon M genau diezulässigenBasislösungen.
Beweis. Zunächstsei x eineEckevon M.NachSatz1.10sinddanndieSpaltenvektoren ai derMatrix A,diemitpositivemGewicht xi indieDarstellung a1x1 + + am+nxm+n = b eingehen,linearunabhängig.Fallsessichumgenau m positiveGewichtehandelt,bildendieseSpaltengeradedieBasismatrix B,unddie positivenGewichtesinddieBasisvariablen.Damitist x eineBasislösung.Wegen derZulässigkeitderEckeist x außerdemzulässigeBasislösung. Fallsin x wenigerals m positiveGewichtevorliegen,bildendiezugehörigen linearunabhängigenSpalten ai keineBasisdes Rm,weildazu m Vektorennotwendigwären.Da A denRang m besitzt,kannmandieseVektorenjedochmit anderenSpaltenvon A zueineraus m VektorenbestehendenBasisdes Rm ergänzen.DiezudenzusätzlichenSpaltengehörigenGewichtesinddannnull,estreten alsoverschwindendeBasisvariablenauf.DieswirdinderDefinitioneinerBasislösungallerdingsnichtverboten,sodass x Basislösungist.DieZulässigkeitfolgtwie oben.