Ausgabe #94 – Digitale Transformation

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DIGITALISIERUNG

Digitalisierung als Schlüssel begreifen. portrait Die 2020er Jahre zu einer echten digitalen Dekade in Deutschland zu machen, ist ein erklärtes Ziel für Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom.

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Text: Julia Butz, Foto: Presse/Bitkom

igitalisierung als Schlüssel zu begreifen, um die großen Her-

ausforderungen unserer Zeit zu meistern und diese für den Erhalt einer international wettbewerbsfähigen und innovationsstarken Wirtschaft einzusetzen, ist das erklärte Ziel von Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom. Der deutsche Manager, der im letzten Herbst in seine dritte Amtszeit gewählt wurde, vertritt in seiner Position mehr als 2.100 Mitgliedsunternehmen in Deutschland und sieht vor allem Bedarf in der Vermittlung, die Digitalisierung nicht als kurzfristiges Problem anzusehen, dass es zu lösen gilt, sondern als echte Chance auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen adäquat reagieren zu können, heißt es seitens des Verbands. Berg betonte anlässlich seiner Wiederwahl, dass die Politik der Förderung der Digitalisierung einem bislang einmaligen und herausragenden Stellenwert bei misse und somit die Weichen für die zentralen Ziele einer digitalen Souveränität Deutschlands und Europas und der digitalen Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger gestellt seien. Aber es bedürfe noch immer mehr Tempo und Entschlossenheit diese auch durchzusetzen, nicht nur seitens der Politik. Die digitale Transformation ist kein neues Thema, der Wettlauf

um digitale Organisationen und die Verbreitung der entspre-

chenden Technologien hat bereits vor einem Jahrzehnt und in allen Branchen begonnen. Wie diese konkret und in welchem Umfang sie jetzt umgesetzt werden, darüber herrscht bei den Unternehmern noch immer Unsicherheit. Deutschland ist im europäischen Vergleich nur digitales Mittelmaß, vor allem in der Bildung und dem Gesundheitswesen. Und der Rückstand zu den Vorreitern aus Staaten wie USA oder Dänemark wächst. Ein Grund mehr, die digitale Transformation nicht als einmaliges Projekt zu betrachten, sondern diese mit einem holistischen Ansatz und als fortlaufende Aufgabe zu verstehen, weit über die aktuelle Dekade hinausgehend. Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom und geschäfts-

führender Gesellschafter der Mabcon GmbH war zuvor Vorstandvorsitzender der Arvato AG und ist ehemaliges Vorstandsmitglied bei Bertelsmann. In Führungspositionen bei Microsoft Deutschland GmbH und Microsoft International, betreute er das Windows Phone Geschäft und verantwortete weltweit das Telekommunikationsangebot für Unternehmen und Endverbraucher im Zusammenspiel mit Kabel- und Mediaunternehmen. Im Vorstand der Deutschen Telekom AG für den Vertrieb und Service der Festnetzsparte T-Com verantwortlich, war er maßgeblich am Wachstum des DSL-Geschäfts im deutschen Markt beteiligt. Er war zudem im Verwaltungsrat von T-Mobile und Matav (dem größten Telekommunikationsunternehmen Ungarns) tätig, in der Fujitsu Siemens Computers GmbH bekleidete er den Vorsitz der Geschäftsführung, bei Dell Deutschland GmbH eine leitende Vertriebsfunktion.

Cybersicherheit im Umbruch cybersicherheit Die Attacken 2021 auf SolarWinds, Kaseya und Colonial Pipeline wurden mit professionell vertriebener Schadsoftware verübt. Damit ist ein gefährliches Geschäftsmodell entstanden. Wir sprachen mit Frau Dr. Haya Shulmann über die aktuelle Situation der Cybersicherheit. Text: Dejan Kosmatin Foto: Presse/Fraunhofer SIT

Der Branchenverband Bitkom schätzt den Gesamtschaden durch Cyberangriffe in der deutschen Wirtschaft auf jährlich ca. 223 Milliarden Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor ein paar Jahren. Unterschätzt die deutsche Wirtschaft das Thema Cybersicherheit und fehlt es am Bewusstsein für die Gefahr?

Das Bewusstsein für die Verwundbarkeit durch Cyberangriffe ist in deutschen Unternehmen tatsächlich sehr hoch. So zeigt etwa das Risiko-Barometer der Allianz, dass die Cybergefahren zu den größten Sorgen der Unternehmen gehören. Die große Mehrheit, laut Bitkom-Umfragen 88 %, wurde bereits angegriffen oder haben unmittelbare Erfahrungen mit Cybercrime, Wirtschaftsspionage oder IT-bedingten Ausfällen. In Deutschland finden Angriffe und Datenschutzvorfälle auch regelmäßig große öffentliche Beachtung.

„Das Bewusstsein für die Verwundbarkeit durch Cyberangriffe ist in deutschen Unternehmen tatsächlich sehr hoch.“

Allein die Ransomware-Vorfälle der vergangenen Monate und die neuen Herausforderungen durch das Homeoffice haben das Thema an allen Seiten präsent gemacht. Trotzdem scheint sich die Cybersicherheitslage deutlich zu verschlechtern. Woran liegt das und welche Rolle spielt das Darknet dabei?

Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Nahezu alle Lebensbereiche werden digitalisiert und damit wird auch alles angreifbar. Die Pandemie hat diese Tendenz nochmal verstärkt. Existierende Schutzmöglichkeiten werden oft nicht ausreichend genutzt. Im Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE beobachten wir das Darknet hinsichtlich geleakter Passwörter und Anzeichen für erfolgreiche Einbrüche und untersuchen regelmäßig die IT-Systeme und Netze von Organisationen. Wir betrachten dabei nicht nur Unternehmen, sondern auch Behörden und Bildungseinrichtungen oder jüngst die im Bundestag vertretenen Parteien. Das Resultat unserer Analysen ist meist ernüchternd, denn viele Probleme, die wir finden, sind wohlbekannt. Da gibt es angreifbare Fehlkonfigurationen oder alte Softwareversionen mit eigentlich längst geschlossenen Schwachstellen. Etablierte Schutzmechanismen wie Mail-Überprüfung gegen Phishing, 2-Faktor-Authentifikation, Netzsegmentierung oder Verschlüsselung werden viel zu selten angewandt. Generell stellen wir fest, dass die Angreifenden immer besser werden. Das gilt insbesondere für die staatlich finanzierten Gruppen, die mit manchmal sehr viel Aufwand einzelne Organisationen oder Personen angreifen. Das gilt aber auch für Kriminelle, die ihre Opfer mit Ransomware erpressen, also die Daten ihrer Opfer

verschlüsseln oder damit drohen, erbeutete Daten zu veröffentlichen. In diesem Bereich hat sich eine arbeitsteilige Industrie mit hochspezialisierten Dienstleistern entwickelt, die Malware-Toolkits anbieten, Botnetze vermieten oder im Auftrag den kompletten Angriff durchführen. Ganz einfache Angriffe wie Mail-Bomben findet man im Darknet schon für zehn Euro. Infostealer zur Erbeutung von Passwörtern kann man schon für 150 Euro als Malware-as-a-Service mieten. Nach oben gibt es aber natürlich keine Grenzen. Wie können sich Unternehmen und Behörden überhaupt noch schützen angesichts eines solch gut organisierten und fähigen Cybercrime-Ökosystems?

Bereits mit Standardansätzen wie dem BSI Grundschutz lassen sich viele Angriffe verhindern. Das fängt mit Organisationsfragen und IT-Management-Prozessen an: wer ist verantwortlich, wie werden Sicherheitsvorfälle gemeldet, welche Daten sind wie zu schützen. Wichtig ist auch, dass man alle Mitarbeitenden schult und den Ernstfall eines Cyberangriffs regelmäßig probt. Dafür gibt es eigene Übungsumgebungen, beispielsweise die Cyberrange, die wir zu Forschungs- und Weiterbildungszwecken aufgebaut haben. Man muss auch nicht alles selbst machen. Für kleinere Unternehmen wird es oft einfacher und sicherer sein, statt einer eigenen IT einen Cloud-Dienstleister zu verwenden. Ist es absehbar, wie sich Cybersicherheit weiterentwickelt und worauf sollten Unternehmen bei der Implementierung von IT-Sicherheitsarchitekturen in Zukunft setzen?

Wir sehen gerade einen grundlegenden Wandel, wie Cybersicherheit in Unternehmen und Verwaltungen technisch aufgebaut

Achim Berg,

Präsident des Branchenverbandes Bitkom

„Deutschland ist im europäischen Vergleich nur digitales Mittelmaß, vor allem in der Bildung und dem Gesundheitswesen.“

wird. Die Entwicklung läuft unter dem Schlagwort „Zero-Trust-Architekturen“. Der Ansatz wurde schon vor fast 20 Jahren vorgeschlagen, kommt jetzt aber erst wirklich in der Praxis an. Statt wie früher darauf zu vertrauen, dass Angriffe durch Firewalls und Virtual Private Networks an der Außengrenze abgewehrt werden, geht man bei Zero Trust davon aus, dass Cyberkriminelle es auf jeden Fall in das Unternehmensnetz schaffen. Das entspricht auch der täglichen Erfahrung. Folglich muss jedes interne System einzeln geschützt werden. Die einzelnen Systeme sollen für ihren eigenen Schutz nur so wenig wie möglich auf andere Systeme vertrauen müssen. Technisch stecken dahinter Dinge wie sichere Identitäten für Geräte, Anwendungen und Menschen, Mehrfaktor-Authentifikation statt Passwörter, sehr restriktive Sicherheit-Policies, kurzlebige Credentials, die Verschlüsselung aller Daten und Kommunikation, und so weiter...

Dr. Haya Shulmann,

vom Fraunhofer SIT, Nationales Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE und Goethe-Universität Frankfurt

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