2006/04 - Made in India - Was wir von Indien lernen können

Page 88

Neuerscheinungen

Kulturaustausch in Kalifornien

Amerikastudent in Deutschland

Auswärtige Kulturpolitik der Nachkriegszeit

Amerikanisierung und Antiamerikanismus

„ Ein wahres Schloss am Meer,“ so nannte Thomas Mann die Villa Aurora in Los Angeles, die Lion Feuchtwanger zusammen mit seiner Frau 1940 erwarb. Nach dem Tod von Marta Feuchtwanger stand das Haus leer, bis sich eine Berliner Privatinitiative fand, die 1995 einen internationalen Treffpunkt für Künstler daraus machte. Seither bietet die Villa Aurora Schriftstellern, Musikern, Filmemachern und bildenden Künstlern drei Monate lang Arbeitsaufenthalte in Pacific Palisades; sie unterstützt verfolgte Schriftsteller mit ihrem Programm „Writers in Exile“ und fördert den Kulturaustausch zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. Der vorliegende Jubiläumsband gibt Auskunft über das Leben der Feuchtwangers in Los Angeles; er schildert die Rettungsaktion der Villa, rekapituliert die Geschichte der Feuchtwanger Memorial Library und zieht Bilanz der erfolgreichen Programmarbeit. Den größten Raum nimmt das „Künstlerbuch“ ein, eine von den Künstlern selbst gestaltete Dokumentation ihres Arbeitsaufenthalts in der Villa Aurora. Der Anhang informiert über Finanzierung, Vereinsorgane, Mitglieder des Freundeskreises, Juroren der Auswahljurys und Dokumente zur Gründungsgeschichte. (Cz)

„ R e ne g at e n“ aus der Anglistik, die sich der modernen amerikanischen Literatur zuwandten, Emigranten wie Ernst Fraen- kel und Theodor W. Adorno, die aus Amerika zurückgekehrt waren, und „odd fellows“, die aufgrund ihrer Biografie zu den Amerikastudien gelangten – diese Mischung kennzeichnete die ersten Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien (DgfA). 1953 in Marburg von 53 Mitgliedern gegründet, zählt die DGfA heute über 800 Mitglieder. Während in den Anfangsjahren überwiegend Sozialwissenschaftler die Gesellschaft prägten, haben sich die Gewichte heute zugunsten der Literatur- und Kulturwissenschaftler verschoben. Der vorliegende Sammelband ist anlässlich des 50. Geburtstags der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien erschienen. Die Beiträge rekapitulieren unter anderem die Entwicklung der Amerikastudien in Deutschland und zeichnen die Verbindungen zwischen Frankfurter Schule und den Amerikastudien nach; sie untersuchen die Darstellung der Vereinigten Staaten in deutschen Schulen und Universitäten, gehen auf die Entwicklung der Amerikanistik in der DDR ein und analysieren die Rolle der Vereinigten Staaten in der deutschen Politikwissenschaft. (Cz)

Wie verhielt sich die Auswärtige Ku lt u r pol it i k (AKP) im Nachkriegsdeutschland zu der vom Kalten Krieg ge- prägten Außenpolitik? War sie „restaurativ“ oder ging sie den Reformen der späten 1960er Jahre voran? Diesen Fragen widmet sich der Göttinger Historiker Matthias Bode in seiner Studie. Am Beispiel des Verhältnisses zur UNESCO und Deutschen UNESCO-Kommission (DUK) erläutert Bode die anhaltenden Ressentiments gegenüber den neuen multilateralen Foren, mit denen die bundesdeutsche Auswärtige Kulturpolitik vor der „Amerikanisierung“ geschützt werden sollte. Erst Mitte der 1960er Jahre unterstützten progressivere Abteilungsleiter und die große Koalition die UNESCO und DUK aktiv und ebneten den Weg für Öffnung und Reformen in der Auswärtigen Kulturpolitik. Bodes detailliert recherchierter Arbeit geht es um die Innenlogik der Akteure und Institutionen sowie ihre öffentliche Wahrnehmung. Der Verfasser beleuchtet die Dilemmata, Paradoxien und Konflikte der Auswärtige Kulturpolitik der 1950er und 1960er Jahre und zeigt, dass sich die „Ankunft im Westen“ in diesem Bereich deutlich verspätete. Die Magisterarbeit wurde mit dem Rave-Förderpreis Auswärtige Kulturpolitik 2006 des Instituts für Auslandsbe- ziehungen ausgezeichnet. (Hol)

Welche Rol le spielt die amerikanische public diplomacy in Europa? Wie geschieht der Transfer zwischen amerikanischer und europäischer Hochkultur? Welche Verbreitung findet die amerikanische Pop- und Massenkultur in den Bereichen Film, Fernsehen, Musik und Lifestyle in Europa? Wie gestaltet sich Antiamerikanismus in einzelnen Ländern? Zum ersten Mal untersucht diese Aufsatzsammlung vergleichend, welche Rolle amerikanische Kultur und Antiamerikanismus in unterschiedlichen europäischen Ländern spielen. Die Autoren gelten ausnahmslos als Experten auf ihrem Gebiet und berichten aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweden, Dänemark, Österreich, Russland, Polen, Italien, Griechenland und Spanien. Trotz aller länderspezifischen Unterschiede lassen sich gewisse Trends ausmachen: 1945 gilt allgemein als Startpunkt für die amerikanische Dominanz in Europa, ab 1990 öffnete der Zusammenbruch der Sowjetunion die osteuropäischen Länder für amerikanische Kulturimporte, und seit 2001 wird in allen europäischen Ländern ein zunehmender Antiamerikanismus sichtbar. Für die nächsten Jahre fordern die Autoren daher ein neues Nachdenken über kulturelle Unterschiede dies- und jenseits des Atlantiks. (Cz)

Auswärtige Kulturpolitik zwischen Demokratisierung und Internationalisierung. Die frühe Bundesrepublik als Partner der UNESCO. Matthias Bode. Göttingen, Univ., Magisterarbeit, 2005. 152 Seiten.

The Americanization of Europe. Culture, Diplomacy, and AntiAmericanism after 1945. Alexander Stephan (Hrsg.). New York, Oxford: Berghahn Books, 2006. 432 Seiten

10 Jahre Villa Aurora 1995–2005. Mechthild Borries-Knopp (Hrsg.). Ebenhausen: Dölling und Galitz, 2005. 368 Seiten.

88

magazin2_0609.indd 88

Cultural Interactions. Fifty years of American Studies in Germany. Ulla Haselstein und Berndt Ostendorf (Hrsg.). Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2005. 274 Seiten.

Kulturaustausch 1v/06

14.09.2006 11:33:19 Uhr


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.