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Studieren neben dem Beruf

Seine Wochenenden und den Urlaub „opfert“ Michael Bätz aktuell für seine akademische Weiterbildung. Als Opfer will er das aber nicht sehen, vielmehr als berufliche und persönliche Bereicherung.

Nach seinem IHK-Abschluss zum Industriekaufmann packte Michael Bätz der „Ehrgeiz zum beruflichen Lernen“, wie er das nennt. Nämlich, das, was man lernt auch unmittelbar in der Praxis anwenden zu können. Genau das hat ihm manchmal in der Schule gefehlt. Die Arbeit in seinem Ausbildungsbetrieb, der IBC SOLAR AG in Bad Staffelstein, macht ihm Spaß. Aber er ist auch neugierig. Deshalb sattelte er bei der IHK für Oberfranken Bayreuth noch den Fachwirt und den Betriebswirt auf. „Dann kam für mich nur noch in Frage, in die akademische Richtung zu gehen“, erzählt er. Da er regional verwurzelt ist und hierbleiben wollte, entschied sich Michael Bätz für das weiterbildende Bachelorstudium Betriebswirtschaft an der Hochschule Coburg.

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„Im Studium habe ich schnell gemerkt, dass das recht anspruchsvoll ist. Vor allem in den ersten beiden Semestern, wo Wirtschaftsmathematik und Wirtschaftsstatistik auf dem Programm steht.“ Aufgeben war für ihn aber keine Option: „Das hat mir Motivation gegeben, mich da richtig reinzufuchsen“, gibt er freimütig zu. Dass ein berufsbegleitendes Studium fordernd ist, muss allen klar sein, die diesen Weg gehen, stellt der 27-Jährige unumwunden fest. Zumal dann, wenn man sich gleichzeitig in der Firma weiterentwickelt. Michael Bätz leitet mittlerweile ein eigenes Vertriebsgebiet und ist damit auch beruflich sehr eingespannt. Aber er sagt: „Diese Chance habe ich vermutlich auch deshalb bekommen, weil ich mich in den letzten Jahren permanent weiterqualifiziert habe.“

Worauf müssen sich junge Leute einstellen, die berufsbegleitend studieren wollen? Aus eigener Erfahrung weiß der waschechte Oberfranke, der in Lichtenfels lebt: „Motivation ist wichtig, aber auch Ehrgeiz, Neugier und Eigeninitiative. Denn anders als in der Schule muss man an der Hochschule sein

MICHAEL BAETZ

Studium selbst organisieren und sich die Inhalte zum Teil selbst erschließen.“ Der Lohn für diese Mühe ist nicht nur mehr Fachwissen. „Ich habe im Studium viele interessante Leute kennengelernt. Aus unterschiedlichen Branchen, Unternehmen und Fachgebieten. Da ist für mich als Vertriebler interessant, was der Einkäufer aus seiner Praxis berichtet und was die Controllerin dazu sagt.“ Und auch persönlich empfand Michael Bätz sein „Teilzeit-Studentenleben“ als Bereicherung.

Mittlerweile hat er seit dem Frühjahr seinen Bachelorabschluss in der Tasche und steckt schon mitten im weiterbildenden Master Betriebswirtschaft. Welche Ziele er wohl als nächstes anvisiert? Für seine Masterarbeit sammelt er jedenfalls schon Ideen.

Akademische Weiterbildung Die Weiterbildung zählt – neben der Forschung und dem Studium – zu den zentralen Aufgaben der Hochschulen in Bayern. Das schreibt das Bayerische Hochschulgesetz in Art. 2, Abs. 1 fest. Die Hochschule Coburg nimmt diesen Auftrag ernst und bietet zahlreiche Formate der akademischen Weiterbildung an. So gibt es zum einen mehrere weiterbildende Studiengänge, die in der Studienfakultät für Weiterbildung und den Fakultäten beheimatet sind. Zum anderen bietet die Hochschule ein so genanntes Modulstudium an. Interessierte können sich hier für einzelne Module eines Studiengangs einschreiben und so schrittweise und flexibel in ein Studium einsteigen oder sich neben dem Beruf relevante akademische Kompetenzen aneignen. Sie müssen also nicht gleich einen vollständigen Studiengang mit entsprechender Regelstudienzeit besuchen. Die mit der Modulprüfung erworbene Zahl von Leistungspunkten wird ihnen i.d.R. bei der späteren Aufnahme eines Vollstudiums anerkannt. Außerdem baut die Hochschule ihr Angebot an einzelnen Zertifikatskursen und Seminaren aus. Dafür zeichnet das Institut für lebenslanges Lernen LLL verantwortlich. Weiterbildungsangebote stellen für Unternehmen einen Gewinnungs-, Bindungs- und Differenzierungsfaktor dar, der heute mit Begriffen wie „employer branding“ und „future skills“ beschrieben wird. Berufsbiographien sind durch eine zunehmende Individualität geprägt. Und wer für die Dynamik und Komplexität der Arbeitswelt 4.0 fit sein will ist gefordert, sein fachliches Wissen und seine persönlichen Kompetenzen beständig zu er

SABINE GEHRIG, KERSTIN BUHL, PROF. DR. MICHAEL HARTMANN

PROF. DR. MICHAEL LICHTLEIN & ROSWITHA AMEND

weitern. Diesen Herausforderungen stellt sich LLL, das Weiterbildungsinstitut der Hochschule Coburg. Es fungiert als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis und ist Ansprechpartnerin für Unternehmen, Institutionen und Weiterbildungsinteressierte. Mit Zertifikatslehrgängen und Seminaren sowie speziell zugeschnittenen Inhouse-Seminaren können Fach- und Führungskräfte ihre Kompetenzen auf akademischem Niveau vertiefen, erweitern bzw. auffrischen. So werden beispielsweise im Bereich „Recht“ Zertifikatslehrgänge zu „Compliance“ und „Mediation“ angeboten. Die Bedeutung von Rechtssicherheit im Unternehmen (Compliance) und außergerichtliche Einigungen (Mediation) wird oft im Konfliktfall erst deutlich. Ein Unternehmen sollte vorbereitet sein, noch besser, gar nicht erst in eine solche Lage kommen. Prof. Dr. Uwe Gail, zertifizierter Mediator und Compliance-Experte, leitet diese Zertifikatslehrgänge und ist überzeugt, mit diesem Format einen großen Kreis potentieller Interessenten anzusprechen. Mit Tagesseminaren in den Bereichen „Innovationsmanagement“, „Risikomanagement“ und „Vertriebsinformationssysteme“ greift das LLL wichtige Fragen und Entwicklungen auf, die nicht nur aufgrund der Covid-19-Krise an Bedeutung gewonnen haben. Hier besteht eine deutliche Nachfrage, bestätigt auch Prof. Dr. Roland Hertrich, langjähriger Dozent für Marketing der Hochschule Coburg. Aufgrund konkreter Inhouse-Anfragen von Unternehmen realisiert das LLL diese praxisnahen Angebote, um u.a. dazu beizutragen, technologische und wissenschaftliche Erkenntnisse in die wirtschaftliche Nutzbarkeit zu überführen. Mit den für das LLL tätigen Referenten Prof. Dr. Gunther Herr, Prof. Dr. Thomas Schauerte und Prof. Dr. Roland Hertrich konnten Personen gewonnen werden, deren Fokus es ist, ihre Seminarinhalte eng an den Berufsalltag der Teilnehmer*innen anzulehnen. Generell sind sich die Expert*innen der Hochschule Coburg einig, dass in allen Disziplinen ein noch nicht ausgeschöpftes Transferpotential besteht. Das LLL trägt dazu bei, durch zielgruppenorientierte Bedarfsabfragen am Puls der Zeit zu sein und wissenschaftliche Weiterbildung im Sinne eines lebenslangen Lernens zu ermöglichen. Eine der aktuell größten Herausforderungen ist sicherlich die digitale Transformation. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist Digitalisierung für alle Branchen Realität geworden. Um herauszufinden, welche Auswirkungen sich für die wissenschaftliche Weiterbildung ergeben, initiierte das LLL eine Online-Umfrage. Hauptzielgruppen waren Unternehmen und ihre Mitarbeiter*innen, die sich - sofern noch nicht geschehen - schnell auf den digitalen Wandel einstellen müssen. Von Interesse waren vor allem die Fragen: Müssen Lerninhalte künftig digital abrufbar sein, d.h. besteht eine erhöhte Nachfrage nach digitalen Weiterbildungsveranstaltungen? Sind bei den Mitarbeiter*innen ausreichend digitale Kompetenzen vorhanden bzw. wo wird konkret Bedarf gesehen? Die Mehrheit der Befragten sprach sich für digitale Weiterbildungsangebote aus und sie steht digitalen Formaten offen gegenüber. Dies ist insofern bemerkenswert, als der Umgang mit digitalen Tools von Nutzer*innen oft als ambivalent empfunden wird. Hier scheint ein Umdenken stattzufinden. Der Trend geht weg von „überfordert fühlen“ hin zu „wichtige Zukunftskompetenz“. Auch ältere Beschäftigte erkennen zunehmend die Relevanz digitaler Kompetenzen und gehen mit den neuen Medien immer lässiger um. Weitere Informationen zur akademischen Weiterbildung sind zu finden unter: www.hs-coburg.de/weiterbildung Text: Dr. Margareta Bögelein