Cittaslow Enns

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nennt sich das. Mag sein, dass sich das Leben dadurch entschleunigt. Nur ist der Rhythmus einer Kleinstadt ohnehin nicht mit dem einer Großstadt zu vergleichen. Hier lebt es sich schon von Natur aus langsamer. Und ob Mensch und Auto in Enns tatsächlich auf Augenhöhe miteinander verkehren, das darf bezweifelt werden. Immer noch haben die Autos das unnötige Privileg, den Hauptplatz zu verstellen. Da sitzen die Leute in den Schanigärten und hätten eine wunderbare Sicht auf die alten, frisch restaurierten Fassaden des Rathauses, des Museums oder des blauen Hauses, in dem der Fleischhauer residiert. Aber nix da! Stattdessen schauen sie über Autodächer und Kühlerhauben. Was Geschichtsträchtigkeit anbelangt, da punktet Enns enorm. Die Römer erkannten die strategisch wichtige Lage und errichteten das große Lager Lauriacum mit einer dazu gehörigen Zivilstadt. Für sie war der Ennshafen von großer Bedeutung, da ihre Schiffe hier leicht und sicher vor Anker gehen konnten. Noch Jahrhunderte nach dem Untergang der römischen Macht war der Ennser Hafen ein wichtiger Umschlagplatz für Salz und andere Güter. Der eher nüchtern wirkende Containerhafen sichert der Stadt den Großteil ihres heutigen Wohlstandes. Als die Gablonzer Schmuckerzeuger nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat in der damaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden, ließen sich viele von ihnen in Enns nieder und gründeten die „Gablenzer Genossenschaft“, die bis heute Modeschmuck in alle Welt exportiert und vielen Familien ein gutes Einkommen sichert. Enns präsentiert sich daher als gutbürgerliche Stadt. Mit der Infrastruktur tut sich Enns ein bisserl schwer. Im Einkaufsschatten von Linz überleben kleine Geschäfte kaum. Daher stehen viele Lokale leer. Gut bestückt ist Enns allerdings mit Gaststätten, Cafés und Restaurants. Das im Hotel „Lauriacum“ angesiedelte gleichnamige Restaurant ist ein renommiertes „Slow – Food – Lokal“ und im „Spiegel“ serviert man ausschließlich Speisen aus regionalen Produkten. Touristisch gesehen ist die Stadt nicht nur für Radler ein Anziehungspunkt. Es gibt einiges anzuschauen, wie zum Beispiel

Enns, Blick vom Stadtturm (links). In Horn (rechts) gehen die Uhren besonders langsam, besonders im Museumsgarten (rechts unten).

den imposanten Stadtturm mitten auf dem Hauptplatz, das römische Museum und die Basilika St. Laurenz. Hier soll der heilige Florian den Märtyrertod gefunden haben und der heilige Severin ein gut funktionierendes Sozialwerk aufgebaut haben. HARTBERG LEGTE PAUSE EIN. Fragt man die Hartberger nach città slow, so erntet man nichts als Ratlosigkeit. Cittawas? ist die fast einhellige Antwort, besser gesagt Gegenfrage. „Hartberg ist trotz seiner vielen Schönheiten nur schwer zu vermarkten“, sagt Hannes Pusswald, Besitzer des gleichnamigen Haubenrestaurants am Rande der Stadt. Er ist auch ein begeisterter Verfechter des Slow-FoodGedankens, den er vor vielen Jahren in Italien kennen und schätzen gelernt hat.

Durch diese Bewegung kam er auch auf den città-slow-Gedanken und setzte sich dafür ein, dass sich Hartberg um den Titel bewarb. Die Voraussetzungen waren und sind günstig: eine hübsche Altstadt, ein umweltfreundliches Verkehrssystem (ein elektrisch betriebener Gratisbus durch die Stadt), eine gute Infrastruktur, eine liebliche Hügellandschaft rundherum und ein gut funktionierendes Verteilersystem für regionale Produkte. Es fehlt eigentlich nichts für eine perfekte „città slow“. Und trotzdem ist der Titel zahn- und wirkungslos. Wie das, fragt man sich. Die Antwort ist einfach: Es gibt keine für das Projekt verantwortliche Person mehr. Die zuständige Mitarbeiterin in der Gemeinde ging in Mutterschutz und aus war's. Jetzt hat allerdings Isabella Bayer die Initiative


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