Die Basler Medaillen

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Christian Winterstein

Die Basler Medaillen Kleinkunst aus vier Jahrhunderten

Christoph Merian Verlag


Die Basler Medaillen – Kleinkunst aus vier Jahrhunderten



Christian Winterstein

Die Basler Medaillen Kleinkunst aus vier Jahrhunderten

Christoph Merian Verlag



Inhaltsverzeichnis

Vorwort Burkard von Roda, Michael Matzke

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Grusswort Hortensia von Roten

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Zum Geleit Jean-Paul Divo

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Einleitung Christian Winterstein

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16. Jahrhundert

13

17. Jahrhundert

43

18. Jahrhundert

151

19. Jahrhundert

191

Basler Schulpr채mien, mit Vorwort von Christoph Eymann 287 Medaillen, welche bisher Basel zugeschrieben wurden

303

Anhang 309



Vorwort

Was sind Basler Medaillen, und wozu dienten sie? Diese für viele sicher etwas überraschende Frage kann eigentlich niemand abschliessend und für alle befriedigend beantworten. Dies liegt nicht an mangelnder Beschäftigung mit dieser Frage, sondern am Charakter der Medaille. Denn anders als die Münze, die als offizielles Zahlungsmittel immer von einer staatlichen Autorität herausgegeben wird und daher klar einer Münzherrschaft zuzuweisen ist, können Medaillen als münzähnliche Objekte ohne staatliche Wertgarantie prinzipiell von jedermann, auf jeden beliebigen Anlass und überall in Auftrag gegeben werden. Medaillen sind daher schwierig zu systematisieren, und man weiss nie, ob man alle infrage kommenden Stücke erfasst hat. Traditionell wird unterschieden in Personenmedaillen, Medaillen für öffentliche Zwecke, wie offizielle Geschenke und Schulprämien, sowie solche auf herausragende Ereignisse, die dann noch weiter kategorisiert werden; dabei sind besondere Gruppen von Medaillen, wie die auf Krieg und Frieden oder die noch heute beliebten Schützenmedaillen, durchaus gut ansprechbar. Aber gerade in der Blütezeit der barocken Medaillenkunst wurde eine grosse Zahl von religiösen und sogenannten Gelegenheitsmedaillen gefertigt, die wegen ihrer moralischen Legenden – gewissermassen aus Verzweiflung der Bearbeiter – in Basel einfach ‹Moralpfennige› oder ‹moralische Medaillen› genannt wurden, ohne dass bekannt wäre, wofür spezifisch sie hergestellt oder verwendet wurden: als Tauf-, Paten- oder Konfirmationsgeschenk, als Preise und private Geschenke oder einfach nur für Sammler, die die Kunstfertigkeit dieser geprägten Kleinkunstwerke, ihre Motive und Kompositionen schätzten. Da solche Fragen bisher nicht erforscht wurden und in sehr vielen Fällen auch nach ausgiebigen Archivstudien nicht zu klären sein werden, hat nun Christian Winterstein den gordischen Knoten dieses Fragenkomplexes für die Bearbeitung der Basler Medaillen durchschlagen, indem er in ganz pragmatischer Weise eine chronologische Katalogisierung vorlegt, die es allen Lesern und Benutzern dieses Werks erlaubt, sich mit diesen einzigartigen Objekten der Kulturgeschichte weiter auseinanderzusetzen. Sie sind mit diesem Katalog nun gut verzeichnet und für die Öffentlichkeit erschlossen. Auch die Frage, welche Stücke nach Basel gehören und welche nicht, ist bereits bei dem herausragenden Barockmedailleur Friedrich Fecher (1584–1660) als Problem evident, da er teils in Strassburg, teils in Basel wirkte und noch dazu gleichzeitig für Auftraggeber aus beiden Städten arbeitete. Bei den Personen-Medaillen ist die eingangs gestellte Frage noch virulenter. Traditionell werden nicht nur Medaillen auf Mitglieder der Basler Familien als Basler Medaillen angesehen, sondern auch solche auf international herausragende Persönlichkeiten wie Erasmus von Rotterdam (1466/69–1536) oder auf den nur für kurze Zeit in Basel wirkenden Mediziner Paracelsus (1493–1541), nicht aber auf Papst Pius II. (1458–1464), der vor seinem Pontifikat über Jahre in Basel gelebt hatte und dem wir den genauesten und lebhaftesten Bericht vom Basler Konzil verdanken; zudem verdankt ihm Basel die Gründung der Universität. Auf Erasmus von Rotterdam gibt es schon im Rahmen der beliebten barocken Medaillen-Suiten Prägungen aus ganz Europa. Selbst im Historischen Museum Basel gab es im

Zuge der Vorbereitungen für diesen Band überraschende ‹Funde›, darunter eine bisher unbekannte Medaille in einem der Erasmus-Becher (Nr. 36b) oder Medaillen auf Basler Persönlichkeiten, die als moderne Kopien und vermeintliche Dubletten nicht in den systematischen Bestand aufgenommen und inventarisiert worden waren. Zudem steht ausser Frage, dass die Übergänge von der Medaille zur Münze einerseits (zum Beispiel Nr. 88–91) und andererseits etwa zu den besonders im 18. Jahrhundert beliebten Portrait-Medaillons (zum Beispiel Nr. 233, 245–248, 265a) durchaus fliessend sind. So hat Christian Winterstein grosszügig auch Medaillen in den Katalog aufgenommen, bei denen ihr Basler Bezug oder ihr Charakter als Medaille umstritten ist. Gleichwohl werden immer wieder neue, hier nicht verzeichnete Basler Medaillen auftauchen – und dies ist auch ausdrücklich vom Autor und dem Museum mit dieser Publikation erhofft, um ein immer umfassenderes Bild von der Basler Kulturgeschichte im Spiegel der Medaille gewinnen zu können. Bewusst geht dieses Werk über einen reinen Bestandskatalog hinaus, auch wenn das Historische Museum Basel über den weitaus grössten Teil der hier katalogisierten Medaillen-Typen verfügt. Christian Winterstein hat keine Mühen gescheut, über die Basler Museumsbestände hinaus alle erreichbaren Basler Medaillen im In- und Ausland zu erfassen, um mit diesem auf Vollständigkeit angelegten Werk ein Handbuch vorlegen zu können, das nicht nur von jedem Sammler und Händler als Zitierwerk genutzt werden kann, sondern jedem an der Geschichte Basels Interessierten als wichtiges Quellenwerk dienen wird. Denn Medaillen als Kleinkunstwerke in Metall spiegeln sowohl in ihrem Gebrauch als auch in ihren Darstellungen und Motiven die Kunst und Kultur ihrer Zeit. Die Gepflogenheit, Persönlichkeiten und Ereignisse in Metall verewigen zu lassen, war in der Handels- und Gelehrtenstadt Basel besonders früh üblich – angefangen bei Erasmus von Rotterdam, der sich 1519 von dem niederländischen Künstler Quentin Matsys eine der frühesten bürgerlichen Medaillen nördlich der Alpen herstellen liess. Dank der Präsenz der Münzstätte und ihrer Stempelschneider blühte auch in späteren Zeiten die Medailleurskunst in Basel. Trotz der Schliessung der Münzstätte im Jahr 1835 war Basel auch noch gegen Ende des behandelten Zeitraums ein Zentrum der Medaillenherstellung, da damals der Riehener Künstler Hans Frei (1868–1948) bereits zum angesehensten Schweizer Medailleur seiner Zeit avancierte. Nicht zuletzt im Hinblick auf Hans Frei, dessen Werke einmal in einer eigenen Publikation gewürdigt werden sollen, aber auch wegen der Vervielfältigung und qualitativen Differenzierung der Medaillenproduktion im Laufe des 20. Jahrhunderts ist das Jubiläumsjahr 1901 mit einer stolzen Serie von Medaillen auf die Bundesfeier als Endpunkt dieser Publikation eine glückliche Entscheidung des Autors. So können wir Christian Winterstein für diese Veröffentlichung nur dankbar sein, die er mit so viel Begeisterung, Energie und Engagement vorangetrieben hat. Sein Werk ist ein herausragendes Beispiel für das gute Zusammenwirken von Sammlern, Händlern und Museen, das im Bereich der Numismatik eine lange Tradition hat.

Vorwort

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Vom Team im Historischen Museum Basel, allen voran von der Gestalterin Manuela Frey, wurde der Band mit grösstem Engagement in eine ansprechende und gediegene Form gebracht und zusammen mit dem Kurator des Münzkabinetts bis zur Drucklegung betreut. Einen wesentlichen Beitrag leistete Alwin Seiler, dessen Fotografien die Stücke besonders lebendig erscheinen lassen. Stefan Bürer und Dr. Christian Weiss danken wir für die technische und fachliche Unterstützung, Michael Döbele für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts. Nicht zuletzt danken wir dem Christoph Merian Verlag mit Oliver Bolanz und Claus Donau für die kompetente Beratung und die Aufnahme ins Verlagsprogramm sowie dem Lektor Ulrich Hechtfischer für die sorgfältige Bearbeitung. So erscheint diese Publikation über hundert Jahre nach dem ‹Katalog der Basler Münzen und Medaillen der im Historischen Museum Basel deponierten Ewig’schen Sammlung›, der ersten von Alfred Geigy 1899 bearbeiteten wissenschaftlichen Veröffentlichung eines geschlossenen Sammlungsbestandes des Basler Münzkabinetts. Parallel zur Neueröffnung der Dauerausstellung des Münzkabinetts im Untergeschoss der Barfüsserkirche präsentieren ‹Die Basler Medaillen› auf eine angemessene Weise eine unterschätzte Gattung unseres Kulturgutes, in der sich künstlerische Gestaltung und historischer Zeugniswert eng verbinden. Diese Publikation wurde nicht zuletzt mit der finanziellen Hilfe der Berta Hess-Cohn Stiftung (Druckkosten) und der Stiftung für das Historische Museum Basel (allgemeine Vorbereitungskosten) ermöglicht. Deshalb gilt unser letzter Dank den Stiftungsräten und Präsidenten dieser Stiftungen, Martin Hug, lic. iur. und Dr. Bernhard Burckhardt, für die vertrauensvolle Unterstützung. Burkard von Roda Direktor Historisches Museum Basel

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Vorwort

Michael Matzke Kurator Münzkabinett Historisches Museum Basel


Grusswort

Die Medaillenkunst steht heute beim Kunstfreund nicht hoch im Kurs. Dies ist keine kurzfristige Modeerscheinung, sondern dürfte mit der im 19. Jahrhundert einsetzenden Banalisierung der Gestaltung und Herstellung von Medaillen einhergegangen sein, die zu einer «Flut trivialster Massenprodukte» (Hans-Ulrich Geiger, 1978) führte. Als Erinnerungsstück an Personen, historische Ereignisse und herausragende Leistungen taugt die Medaille ausser im Fall der Sportmedaille nicht mehr. Vereinzelt nur kann sie sich als moderne Kunstmedaille einen kleinen Liebhaberkreis halten. Den Meisterwerken der Medaillenkunst früherer Epochen wird auch kaum mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Sehr zu Unrecht, vereint sich in diesen kleinformatigen Kunstwerken doch grosses gestalterisches und handwerkliches Können. Als Kind der Renaissance erreichte die Medaillenkunst gleich zu Beginn einen ersten Höhepunkt, der sich im Barock und im Klassizismus nochmals wiederholte. Ausgehend von den italienischen Fürstenhöfen der Renaissance breitete sich die Medaillenkunst rasch nördlich der Alpen, insbesondere in Süddeutschland aus und drang von dort in die Schweiz. Der Zürcher Jakob Stampfer (1505–1579) war der erste Schweizer Medailleur und zugleich ein Meister seines Faches. Er war nicht nur in Zürich, sondern in der ganzen Schweiz tätig. Auch süddeutsche Künstler arbeiteten häufig für Schweizer Auftraggeber. Zu diesen gehörten sowohl offizielle Behörden als auch Privatpersonen.

Ausgehend von den reichen Medaillenbeständen des Münzkabinetts im Historischen Museum Basel und ergänzt durch die entsprechenden Bestände in weiteren öffentlichen und privaten, schweizerischen und ausländischen Medaillensammlung werden die ‹Basler› Medaillen dem Leser chronologisch geordnet präsentiert. Dies gibt den Blick frei auf die Vielfalt der Medaillentypen und auf die gestalterische Entwicklung der Medaillengattung im Raum Basel. Es ist ein besonderes Verdienst dieses Katalogs, dass hier die Kenntnisse, Erfahrung und Arbeit des langjährigen Münzhändlers Christian Winterstein mit der Sammeltätigkeit öffentlicher Museen und deren Auftrag zur Publikation ihrer Bestände zusammenfällt. Mit der Herausgabe des umfassenden und mit hervorragenden Bildern ausgestatteten Kata­ loges der Basler Medaillen wird den Kunstliebhabern, den Sammlern, den Wissenschaftlern und nicht zuletzt dem Münzhandel ein bereicherndes und nützliches Instrument geboten. Es ist zu wünschen, dass damit auch weitere Kreise die Medaillenkunst neu entdecken. Hortensia von Roten Präsidentin der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft Zürich, Februar 2012

Obschon die Schweiz reich an Medaillen ist, finden sich doch nur wenige umfassende Publikationen zum Thema. Der Standardkatalog der Schweizer Medaillen bleibt der von Ueli Friedländer im Auftrag der Bank Leu AG vorbereitete Katalog der Sammlung von Eric von Schulthess. Er erschien 1989 unter dem Titel ‹Schweizer Medaillen aus altem Schweizer Besitz›. Umfassende Monografien zu einzelnen Medailleuren sind ebenfalls selten. Zu nennen sind die Publikation von Emil Hahn über das Werk von Jakob Stampfer aus dem Jahr 1915, die Monografie von Peter Felder über den Schwyzer Medailleur Johann Karl Hedlinger aus dem Jahr 1978 und schliesslich das zweibändige Werk von William Eisler ‹The Dassiers of Geneva›, das 2002/2005 erschien. Im vorliegenden Katalog ‹Die Basler Medaillen – Kleinkunst aus vier Jahrhunderten› präsentiert Christian Winterstein einen umfassenden Überblick der in Basel geprägten und mit Basel im Zusammenhang stehenden Medaillen aus der Zeit von 1500 bis 1901. Wer könnte das Feld der Basler Medaillen besser beackern als Christian Winterstein? Nachdem er mit seiner Arbeit über die ‹Goldgulden von Basel› (1977) und den Katalog ‹Die Taler von Basel› (1983) Referenzwerke zur Basler Münzprägetätigkeit schuf und mit ‹Die Klippen der Schweiz› (2000) ein bisher unbearbeitetes numismatisches Spezialgebiet aufnahm, wendet er sich mit diesem Werk den Basler Medaillen der Neuzeit zu.

Grusswort

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Zum Geleit

Christian Winterstein hat offensichtlich eine ganz grosse Passion: die Basler Numismatik. Dieses enorme Engagement datiert nicht von gestern. Der Autor hat durch mehrere Publikationen sein Fachwissen unter Beweis gestellt. Nach seinem Erstlingswerk über die Basler Goldgulden, erschienen im Jahre 1977, folgte im Jahre 1983 ein Corpus über die Basler Talerprägungen und ihre Kleinstücke. Schliesslich konnten sich alle Schweizer Sammler an seiner grundlegenden Arbeit über die Schweizer Klippen (2000) erfreuen. Noch nie hatte sich jemand mit diesem Spezialgebiet der Numismatik befasst. Nun legt uns Christian Winterstein dieses prachtvolle Buch über die Basler Medaillen vor. Natürlich schliesst diese Arbeit eine grosse Lücke, zur Freude der Sammler, die jetzt den ‹Ewig› getrost weglegen dürfen, vor allem den Medaillen-Teil. Die Stadt Basel steht unter den Schweizer Städten, in welchen Medaillen herausgegeben wurden, an erster Stelle – dies vor allem Dank einiger ganz grosser Stempelschneider, angefangen mit Friedrich Fecher, dessen Werk auf beeindruckender Weise das 17. Jahrhundert dominierte, ähnlich wie hundert Jahre zuvor Hans Jakob Stampfer die Zürcher Medaillenkunst auf einen absoluten Höhepunkt gebracht hatte. Beim Durchblättern dieses Buches wird dem Leser bewusst, welche Bedeutung die Kultur in der Handelsmetropole Basel spielte. Allein schon durch ihre Grösse sind Medaillen, mehr noch als Münzen, ein Kulturträger par excellence. Denn hier konnte der Künstler sein Können frei und uneingeschränkt entfalten. Basler Medaillen sind überall verstreut, nicht nur in Schweizer und ausländischen Museen, sondern in zahlreichen Privatsammlungen; diese alle aufzustöbern und mit Akribie zu erfassen ist das grosse Verdienst des Autors. Der Sammler wird Christian Winterstein dankbar sein, denn das Buch ist die erste grundlegende und komplette Arbeit über Basler Medaillen. Inspiriert es vielleicht den einen oder anderen Numismatiker, ein Medaillenbuch über Zürich oder Genf zu verfassen? Es wäre zu hoffen. Christian Winterstein hat den Weg gezeigt. Jean-Paul Divo Corzoneso/TI

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Zum Geleit


Einleitung

Medaillen sind münzähnliche Erinnerungsstücke ohne Geldfunktion. Es sind Geschenk- oder Schauprägungen, welche zu besonderen Gelegenheiten oder Anlässen hergestellt wurden. Die Medaille ist eine Schöpfung der Renaissance und war schon bei den italienischen Fürsten im 15. Jahrhundert mehr als nur ein Kunstobjekt. Sie erlaubte den Medailleuren, Begebenheiten wie Hochzeiten, Geburten, Siege und wichtige Anlässe auf einem kleinen Stück Metall festzuhalten – sozusagen Zeitungsausschnitte der damaligen Zeit! Wir verdanken der Medaille wie auch der Münze als dem offiziellen Zahlungsmittel wichtige geschichtliche Hinweise und Zusammenhänge. Medaillen wurden und werden heute noch als Auszeichnungen für hervorragende intellektuelle, künstlerische und sportliche Leistungen verliehen. In der Schweiz breitete sich die Kunst der Medaillenherstellung seit dem 16. Jahrhundert aus und erreichte in Basel ihre Blüte im 17. Jahrhundert. Im Mittelpunkt dieser reichen und aussagekräftigen Prägetätigkeit standen in diesem Jahrhundert die hervorragenden Stempelschneider Friedrich Fecher (aktiv ca. 1630–1653), Stefan Heinrich (ca. 1661–1682) und Gabriel Le Clerc d. Ä. (ca. 1683–1694). Im 18. Jahrhundert fiel die Prägetätigkeit deutlich zurück, während im 19. Jahrhundert die Medaillenproduktion, hervorgerufen durch die aufkommende Sammelleidenschaft und die wirtschaftlichen Erfolge, wieder ein hohes Niveau erreichte. Es war mir ein Anliegen, über hundert Jahre nach der Veröffentlichung des bisher wichtigsten umfassenden Zitierwerks zur Basler Numismatik durch Alfred Geigy ein Nachschlagewerk herauszubringen, worin sämtliche mir zugänglichen Medaillen, welche in Basel hergestellt oder sonst einen Bezug zu Basel haben, exakt beschrieben und zum Teil auch in einen historischen Kontext gesetzt werden. Die Zeitperiode erstreckt sich von 1519 bis zum 400-jährigen Jubiläum des Beitritts Basels in den Bund der Eidgenossen im Jahre 1901. Es ist nicht ausgeschlossen, dass noch unbekannte Medaillen in alten Sammlungen oder in unzugänglichen Münzkabinetten schlummern, die hier nicht aufgenommen werden konnten. Dieses Werk soll einen Beitrag leisten, die Basler Medaillengeschichte möglichst lückenlos aufzuzeigen, um die kunstvollen Gepräge wieder neu aufleben zu lassen. Im vorliegenden Katalog wurde versucht, die Medaillen chronologisch zu ordnen, um den Sammlern und Interessenten einen Einblick in den Wandel der Basler Prägekunst während vier Jahrhunderten zu gewähren. Medaillen, welche keine Jahreszahl aufweisen, wurden aufgrund von historischen Ereignissen oder dem Stil nach eingeordnet, oder aber es wurde wie zum Beispiel bei Friedrich Fecher, dem bedeutendsten Schöpfer von Basler Medaillen, mittels Stempelkoppelungen versucht, jene zeitlich zu klassieren. Wie aus Akten zu entnehmen ist, pendelte Fecher öfters zwischen Basel und Strassburg, seinem Geburts- und Sterbeort. Er hatte in Basel manchen Streit mit der Goldschmiedezunft auszufechten, weil er Gold- und Silberarbeiten ausführte, ohne zünftig zu sein. Am 15. August 1643 hatte die Zunft ein Verbot erlassen, wodurch ihm untersagt wurde, in der Stadt und auf der Landschaft Goldschmiedearbeiten

auszuführen. Seine reiche Tätigkeit als Stempelschneider blieb jedoch davon unberührt. Fecher war von 1640 bis 1653 nachweislich in Basel ansässig. Die Unterscheidung zwischen den Medaillen, welche Fecher in Strassburg, und jenen, die er in Basel schuf, konnte nicht immer genau getroffen werden. Bei Unklarheiten wurden sie trotzdem in diesen Katalog aufgenommen. Sämtliche Personenmedaillen, welche Fecher bis 1653 geschnitten hat, sind daher in diesem Katalog aufgeführt. Alle Umschriften wurden in einem Legendenregister alphabetisch geordnet und mit den Katalognummern versehen, um ein schnelles Auffinden der gesuchten Medaille zu gewährleisten. Bei lateinischen und griechischen Umschriften wurde eine sinngemässe Übersetzung vorgenommen, damit die Aussage jeder Medaille von allen verstanden werden kann. Die Abbildungen sind in Originalgrösse und, wo es möglich war, mit Inventarnummern versehen, damit der heutige Standort der Medaille problemlos ermittelt werden kann. Oft war es nicht möglich, die genaue Metallzusammensetzung festzustellen, speziell bei den Zinn-, Blei- oder Zinklegierungen. Eine metallanalytische Untersuchung musste ausbleiben, da eine Metallprobe nötig gewesen wäre und Beschädigungen an den Medaillen hervorgerufen hätte. Bei Unsicherheiten wurden die Angaben der Münzkabinette übernommen. Der Katalog ist in sechs Kapitel aufgeteilt, nämlich die vier Jahrhunderte vom Aufkommen der Medaille in Basel bis 1901 sowie die Schulprämien und die Stücke, welche bis anhin fälschlicherweise Basel zugeschrieben wurden. Der bereits erwähnte, bis heute wichtigste Katalog ‹Basler Münzen und Medaillen› wurde 1899 vom Nationalökonomen und Numismatiker Dr. Alfred Geigy (1849–1915) verfasst. Geigy bediente sich der bekannten Basler Sammlung des Numismatikers Louis Ewig (1814–1870), welche zur damaligen Zeit im Münzkabinett deponiert war. Als weitere wichtige Kataloge sind zu erwähnen das Werk von Gottlieb Emanuel von Haller unter dem Titel ‹Schweizerisches Münz- und Medaillenkabinet›, Bern 1780, sowie die Beschreibung der Münz- und Medaillen-Sammlung von Hans Wunderly-von Muralt durch Wilhelm Tobler-Meyer, Zürich 1897. In den Jahren 1983 bis 1986 kam die wohl bedeutendste Privatsammlung von Schweizer Medaillen über mehrere Auktionen durch die Bank Leu AG in Zürich zum Verkauf. Ihr damaliger Mitarbeiter, der Numismatiker Ueli Friedländer, hatte durch die Erstellung dieser Auktionskataloge ein wichtiges Werk geschaffen, welches täglich von Sammlern und Berufsnumismatikern benützt wird. Einen grossen Dank gebührt den Damen und Herren, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben, namentlich Hugo Arber (Basler Versicherung), Philipp Attwood (British Museum London), Elke Bannicke (Münzkabinett Staatliche Museen zu Berlin), Andreas Barth (Staatsarchiv Basel), Dr. Günther Brockmann (Köln), Stefan Bürer (Historisches Museum Basel), William Eisler (Musée monétaire cantonal de Lausanne), Heinrich Gietl (H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH, Regenstauf), Dr. G. Guggenbühl (Allschwil), Dr. Elisabeth

Einleitung

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Huwer (Deutsches Apotheken-Museum, Heidelberg), Dr. Ulrich Klein (Stuttgart), Fritz Rudolf Künker (Osnabrück), Dieter Leu (Staatsarchiv Basel), PD Dr. Wolfgang Leschhorn (Braunschweig), Hans Möller, (Offenbach a. M.), Ruth Niedermann (St. Gallen), Ulf Nordlinds (Stockholm), Jürg Nussbaumer (Luterbach), Dr. Matthias Ohm (Landesmuseum Württemberg, Stuttgart), Dr. Markus Peter (Römermuseum Augst), Alain Poinsignon (Strasbourg), Stefan Pozzi (Urdorf), Dieter Raab (Dr. Busso Peus Nachf., Frankfurt), Jürg Richter (Sincona AG, Zürich), Massimo Rossi (Lugano), Hans Rutishauser (Kreuzlingen), Oliver Sänger (Badisches Landesmuseum Karlsruhe), Peter Sauer (Wien), Peter Schildknecht (Zürich), Daniel Schmutz (Historisches Museum Bern), Alwin Seiler (Historisches Museum Basel), Edwin Tobler (Nürensdorf), Uta Wallenstein (Stiftung Schloss Friedenstein, Gotha), Dr. Karl Weisenstein (Sincona AG, Zürich), Christian Weiss (Historisches Museum Basel), Dr. Heinz Winter (Kunsthistorisches Museum Wien), Alexander Winterstein (Dornach), Dr. Peter Witschi (Staatsarchiv Herisau) und Benedikt Zäch (Münzkabinett Winterthur). Ganz besonderen Dank schulde ich Frau Hortensia von Roten (Präsidentin der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft und Landesmuseum Zürich) sowie den Herren Jean-Paul Divo (Corzoneso/Paris) und Dr. Christoph Eymann (Regierungsrat, Vorsteher des Erziehungsdepartementes Basel-Stadt) für ihre Bereitschaft, diesem Medaillenkatalog ein Vorwort beizusteuern, zudem den Herren Dr. Fritz Ganser (Riehen), Dr. Christoph Jungck (Basel) und Georges Brosi (Klosters) für die Lateinübersetzungen und das Korrekturlesen. Herzlichen Dank Herrn Dr. Michael Matzke, dem Kurator des Münzkabinetts des Historischen Museums Basel für das Vorwort, aber auch für die wertvollen Hinweise sowie für die Beschaffung von Bildmaterial und die Bereitstellung der Kartei mit den notwendigen Daten. Nicht zuletzt sei gedankt Herrn Dr. Burkard von Roda, der die Verwirklichung dieses Projektes von Anfang an unterstützt hat, sowie Frau Manuela Frey, welche das oft nicht einfache Layout tadellos löste. Abschliessend danke ich dem Christoph Merian Verlag für die Herausgabe des Katalogs. Christian Winterstein Dornach, im Frühjahr 2012

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Einleitung


16. Jahrhundert

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Medaille 1519 auf Erasmus von Rotterdam1

Av. THN KPEITTΩ TA ΣYΓΓPAMMATA

ΔΞEIΞEI •• IMAGO AD VIVÃ EFFIGIE˜ EXPRESSA

(Das bessere Bild müssen die Schriften wiedergeben – Bildnis nach der lebendigen Gestalt) Brustbild mit Pelzkragen und Barett nach links, im Feld • ER • – ROT • , unter dem Armabschnitt 1519.

Rv. OPA TEΛOΣ MAKPOY BIOY –

MORS VLTIMA LINEA RERV˜

(Bedenke das Ziel eines langen Lebens – der Tod ist die letzte Grenz- linie der Dinge.) Terminus-Herme: Büste des Terminus mit wehendem Haar nach links auf würfelförmigem Sockel mit Aufschrift TERMI / NVS, darum

CONCEDO – NVLLI (Ich mache keinem ein Zugeständnis.)

Medailleur: Quentin Matsys

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16. Jahrhundert

a) Bronze (Glockenbronze), gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1916.288. Abb.), ø 106,2 mm, 333,68 g; BS (HMB Inv. 1916. 289.), 399,20 g, späterer Guss; BS (HMB Inv. 1917.1703.), 314,90 g, späterer Guss; BS (HMB Inv. 1927.345. Abb.), 329,67 g; BS (HMB Inv. 1974.A.390.), 360,17 g, aus dem Münstergrab. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1228, 258,26 g, später Guss. Lit.: Ewig –; Haller 181; Wunderly –; Habich 1924; Habich 47ab; Katz 1932, S. 30f., Abb. 9a/9b; Kress Coll. 629a (einseitig); Slg. Fatio 1821; Kat. Erasmus 1986, S. 113, A2.10; Smolderen 2009, S. 15–17, Abb.15; Kat. Kunstkammer 2011, S. 170–172, Nr. 7. b) Zinn, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1943.131.), 176,20 g, einseitiger moderner Nachguss; ZH (LM JM 294), 105,24 g, einseitige Kopie (Av.); ZH (LM JM 295), 104,36 g, einseitige Kopie (Rv.); ZH (LM M 13400), Kunstharzkopie.

1

Desiderius Erasmus von Rotterdam, (*   vermutlich 1466 in Rotterdam, † 1536 in Basel), bedeutender Gelehrter des europäischen Humanismus. Er war Theologe, Philosoph, Philologe und Verfasser zahlreicher Schriften. Als Augustinerchorherr wurde Erasmus 1492 zum Priester geweiht und gelangte kurz darauf in die Dienste des Bischofs von Cambrai. Von 1495 bis 1501 studierte er Theologie an der Sorbonne in Paris und hielt sich danach in England, den Niederlanden und Italien auf. 1506 promovierte er in Turin zum Doktor der Theologie. Ab 1515 wirkte Erasmus am Hof in Burgund als Erzieher des Prinzen Karl, des späteren Kaisers Karl V. Von 1521 bis 1529 lebte er in Basel, um seine Schriften in der damals bedeutendsten Druck- und Verlagsanstalt Zentraleuropas, bei seinem späteren Freund Johann Froben, drucken zu lassen. Erasmus trat zunächst für Martin Luthers reformatorische Ideen ein, später kam es jedoch zu einer Ent-

zweiung der beiden Theologen. Aufgrund der Reformation in Basel übersiedelte er 1529 nach Freiburg im Breisgau. Die akute Verschlechterung seiner Gesundheit bewog ihn 1536 zur Rückkehr in das vertraute Basel. Er starb am 12. Juli1536 in Hieronymus Frobens Haus «Zum Luft», Bäumleingasse 18, und wurde im Basler Münster beigesetzt.HLS, Bd. 4, S. 238– 240; Augustijn 1986; Ribhegge 2011; Kat. Erasmus 1986.


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Taufpfennig o. J. (um 1520)

3

Einseitige Plakette um 15302

3 :1

Av. Trommelnder Putto nach links. Rv. Horn blasender Putto nach rechts. Medailleur: Urs Graf

Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1944.2616. Abb.), ø 12,9 mm, 1,30 g; BS (HMB Inv. 1941.473.), 0,96 g. Lit.: vgl. Major/Gradmann 1941, Abb. 112.

Av. Urteil Salomos: König Salomo auf dem Thron, vor ihm links stehend die böse Frau mit dem lebenden Kind, rechts die gute Mutter auf den Knien, zwischen ihnen das tote Kind, zu Seiten des Königs Würden träger und rechts ein Kriegsknecht.

Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1904.1097. Abb.), 56,5 x 43,7 mm,, 40,84 g. Lit.: unpubliziert, vgl. Kisch 1955, S. 139, 26 und Tafel VI, 26 (Rv.); Kapossy 1979, S. 291 und S. 296, 2 (Rv.).

Medailleur: unbekannt

2

Diese Plakette diente wohl als Vorbild für die Basler Salomo-Medaillen (Nr. 13, 14, 23) und die Medaille nach dem Patenpfennig, den der Basler Johann Jacob Grynaeus, Antistes zu Basel, dem Freiherrn Johann Philipp von Hohen sax anlässlich der Taufe seines Sohnes 1592 in Heidelberg übergab (s. Nr. 24 und 25).

16. Jahrhundert

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Medaille 1531 auf Erasmus von Rotterdam

2,5 :1

Av. × IMAGO × AD × VIVÃ × EFFIGI? ×

EXPRESSA × 1×5×31

(Bildnis nach der lebendigen Gestalt angefertigt) Brustbild mit Pelzkragen und Barett nach links, im Feld • ER • – RO• Rv. × MORS × VLTIMA × LINEA ×

RERVM ×

(Der Tod ist die letzte Grenzlinie der Dinge.) Terminus-Herme: Büste des Terminus mit wehendem Haar nach links auf würfelförmigem Sockel mit Auf- schrift TERM / INVS, darum

CON – CEDO° / °NV – LLI°

(Ich mache keinem ein Zugeständnis.)

Stempelschneider: Hieronymus Magdeburger, Freiberg

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16. Jahrhundert

a) Silber, geprägt Standort: BS (HMB Inv. 1905.2339. Abb.), ø 35,1 mm,19,94 g, Ringel auf Revers wegen Doppelschlag nur teilweise sichtbar; BE (MS 224), 12,26 g; Winterthur (Md 2479), 17,72 g; ZH (LM 1224), 21,92 g; Privatsammlung HR, 17,83 g. Auktion: Slg. Niggeler IV, Nr. 112, 11,00 g (Stempelschneider: Michael Hohenauer, Wien/Prag). Lit.: Ewig 696; Haller 182; Wunderly 2244; Habich 1893; Katz 1932, 45; Kat. Erasmus 1986, S. 115, A2.11; Kat. Kunstkammer 2011, S. 171. b) Gold, gegossen Standort: unbekannt Lit.: Haller 182, zu 7 Dukaten.

c) Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1941.469.), 21,13 g, vergoldet und gehenkelt; ZH (LM JM 296), 13,32 g; ZH (LM BZ 148), 10,65 g. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1230, 18,49 g. Lit.: Wunderly 2245; Slg. Fatio 1823. d) Bronze, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1893.368.), 15,69 g; ZH (LM AB 3535), 13,52 g, versilbert; Winterthur (Md 2480), 10,94 g. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1231, 14,34 g; Dr. Busso Peus Nachf. 403 (2011), Nr. 3310, 21,51 g, gelocht. Lit.: Slg. Fatio 1822, vergoldet. e) Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1930.393.), 18,49 g; BS (HMB Inv. 2011.320.), 18,25 g; ZH (LM BZ 150), 17,45 g; ZH (LM +A 727), 12,32 g.


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Medaille 1531 auf den Tod von Johannes Oekolampad3

2,5 :1 Av. ✿ EIKΩN D ✦ IOANNIS

OECOLAMPADII Θ ✦ ANNO AET ✦ 49

(Bildnis des Herrn Johannes Oekolampad im 49. Lebensjahr) Bärtiges Brustbild des Theologen mit Kappe und Mantel nach rechts, darum 15 – 31.

Rv. DVM / VIXI IN DOMI / NI FVLSI

FAX / SPLENDIDA TEMPLO / ET NOMEN CVM / RE GRATIA DI / VA DEDIT : / ✿ HS ✿

(Solange ich lebte, leuchtete ich als eine glänzende Fackel im Tempel des Herrn, und einen in der Sache begründeten Namen gab mir die göttliche Gnade.) Acht Zeilen Schrift in einem stilisierten Lorbeerkreis.

Stempelschneider: Jakob Stampfer

a) Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.957. Abb.), ø 39 mm, 14,82 g; BS (HMB Inv. 1917. 1723.), 14,41 g, mit Henkel; BE (MS 412), 10,42 g; Winterthur (Md 2497), 19,34 g, in einem Wulstreif; ZH (LM BZ 357), 17,64 g; ZH (LM JM 5), 17,55 g; ZH (LM AB 3695), 9,48 g; ZH (LM GU 2962), 13,94 g, vergoldet; Privatsammlung HR, 14,03 g. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1241, 11,98 g. Lit.: Ewig 709; Haller 252; Wunderly 2248; Habich 849; Hahn 1915, 3; Slg. Bachofen 128; Slg. Wüthrich 1073. b) Bronze, gegossen Standort: Privatsammlung. Auktion: Auktionen Meister & Sonntag 11 (2011), Nr. 1123, 10,54 g.

3

Johannes Oekolampad, eigentlich Johannes Huszgen oder Heussgen (* 1482 in Weinsberg, † 1531 in Basel) be suchte die Lateinschule in Heilbronn und absolvierte von 1499 bis 1503 ein humanistisches Studium in Heidelberg. 1503 studierte er Jurisprudenz in Bo logna und anschliessend Theologie in Heidelberg. Er gehörte dem Kreis der oberrheinischen Humanisten an und arbeitete 1516 auf Einladung von Johannes Froben an der von Erasmus von Rotterdam geleiteten kritischen Ausgabe des Neuen Testaments mit. 1518 promovierte er an der Universi tät Basel zum Doktor der Theologie. Von 1529 bis zu seinem Tod 1531 hatte er das Amt des ersten Antistes der reformierten Kirche von Stadt und Landschaft Basel inne. Er gilt als Re formator Basels. HBLS, Bd. 5, S. 334.

16. Jahrhundert

17


6

Medaille 1531 auf den Tod von Johannes Oekolampad und Ulrich Zwingli4

2:1

Av. ✿ EIKΩN D ✦ IOANNIS

OECOLAMPADII Θ ✦ ANNO AET ✦ 49

(Bildnis des Herrn Johannes Oekolampad im 49. Lebensjahr) Bärtiges Brustbild des Theologen mit Kappe und Mantel nach rechts, darum 15 – 31

Rv. ✿ IMAGO HVLDRICHI ZVINGLII ANNO ETATIS EIVS ✿ 48 (Bildnis Huldrych Zwinglis in seinem 48. Lebensjahr) Brustbild Zwinglis mit Kappe nach links. Stempelschneider: Jakob Stampfer

18

16. Jahrhundert

a) Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.955. Abb.), ø 39,2 mm, 18,48 g. Lit.: Ewig –; Haller 254; Wunderly –; Hahn 1915, 3 (Av.), 2 (Rv.); Habich 848/849. b) Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.1868.), 12,92 g; BE (MS 415), 22,24 g.

Ulrich Zwingli (* 1484 in Wildhaus, † 1531, gefallen in der Schlacht bei Kappel), der den Vornamen Huldrych bevorzugte, war der Begründer der re formierten Kirche der deutschsprachi gen Schweiz. Er studierte von 1502 an in Basel, wo er 1506 den Grad des Magister Artium erwarb. Im gleichen Jahr wurde Zwingli Pfarrer in Glarus, 1516 Prediger in Einsiedeln und ab 1519 Leutpriester am Grossmünster in Zürich. HBLS, Bd. 7, S. 779–782. 4


7

Einseitige Medaille o. J. (1538) auf Theophrast Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus5

Av. • D • THEOPHRASTI • – PARACELSI • Æ • 45 Brustbild mit kleinem Mühlstein- kragen halbrechts, die Hände an einem Mörserstössel, rechts im Feld Wappen auf dreiblättriger Blüte.

a) Bronze, gegossen Standort: Privatsammlung HR, 26,72 g, jüngerer Nachguss. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1244, 26,72 g, jüngerer Nachguss. Lit.: Ewig –; Haller 256; Wunderly –; Kisch 1975, 32; Slg. Brettauer 843.

Medailleur: unbekannt

b) Zinn, gegossen Standort: ZH (LM JM 450), 31,53 g; ZH (LM GU 2964), 20,30 g. Lit.: RSN 4, S. 52f. c) Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.1754. Abb.), ø 73,8 mm, 55,55 g, bronziert. Auktion: Auktionen Meister & Sonntag 12 (2011), Nr. 1304, bronziert. Lit.: RSN 4, S. 52f.

5 Theophrast Bombast von Hohenheim,

genannt Paracelsus (* 1493 in Egg bei Einsiedeln, † 1541 in Salzburg), war Professor der Medizin in Basel, Alchemist, Astrologe, Mystiker, Laientheologe und Philosoph. Im Alter von 16 Jahren nahm er in Basel das Studium der Medizin auf. Nach einem vermuteten kurzzeitigen Aufenthalt in Ferrara, wahrscheinlich im Jahre 1516, erlangte er die Doktorwürde. Das Wissen und Wirken des Paracelsus gilt als überaus umfassend. Seine Heilungserfolge waren legendär, trugen ihm aber auch erbitterte Gegnerschaft von etablierten Medizinern und Apothekern ein. Paracelsus hinterliess zahlreiche Aufzeichnungen und Bücher medizinischen, astrologischen, philosophischen und theologischen Inhalts. Er starb 1541 in Salzburg an den Folgen einer Bleivergiftung. Paracelsus wurde auf dem Sebastiansfriedhof in Salzburg beigesetzt und 1752 in die Kirche St. Sebastian umgebettet. HBLS Bd. 5, S. 374; Gundolf 1928.

16. Jahrhundert

19


8

Medaille 1540 auf Johannes Fries6

9

Einseitige Medaille o. J. (um 1540) auf Johannes Fries (Probe)

1,5 :1 2:1

Av. IMAGO IOANNIS – FRISII • Æ TA • SV • 36 • 1540 • (Bildnis des Johannes Fries im Alter von 36 Jahren, 1540) Brustbild mit langem Bart nach links. Rv. Der Tod rechts zeigt einem Edel mann links das Stundenglas, hinter dem Tod ein Sarg. Stempelschneider: Jakob Stampfer a) Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1960.293., Abb.), ø 38 mm, 30,34 g, vergoldet und gehenkelt; ZH (LM GU 2906), 21,08 g; ZH (LM JM 11), 35,75 g; ZH (LM BZ 355), 30,62 g, vergoldet und gehenkelt. Auktion: Münzen und Medaillen AG 2 (1943), Nr. 53. Lit.: Ewig –; Haller 198; Hahn 1915, 7, Anm.7 ; Habich 856.

20

16. Jahrhundert

b) Blei, gegossen Standort: ZH (LM JM 12), 22,27 g.

Av. Bärtiges Brustbild nach links. Stempelschneider: Jakob Stampfer

6 Johannes Fries (* 1505 zu Greifensee,

7

† 1565 in Zürich), reformierter Theologe, war 1537/38 Professor der griechischen und lateinischen Sprache an der Universität Basel, danach bis zu seinem Tode Rektor des Carolinums in Zürich. HBLS, Bd. 3, S. 338. Hahn 1915, 7 Anm.: «Hiezu Originalmodell in Stechstein (Kelheimer Jurakalk) von hell schiefergrauer Farbe mit einem Stich ins Grünlichgelbe. Viereckige fast quadratische Grund platte 38–38,3 mm Höhe, 36–36,8 mm Breite, etwas konvex, nicht eben. Ohne Schrift. Tafel II, 7a.» ZH (AG 578), 17,99 g.

Blei, gegossen Standort: ZH (LM 2276, Abb. ), ø 36 mm, 15,70 g; ZH (LM GU 2907), 13,71 g. Lit.: Ewig –; Haller –; Hahn 1915, 7 Anm.; Habich –.


10

Medaille 1541 auf den Tod von Simon Grynaeus8

2 :1

Av.  SIMON • GRYNÆVS • OBIIT • AN • DN • MDXLI • ÆT • XLVIII (Simon Grynaeus starb im Jahre des Herrn 1541 im 48. Lebensjahr.) Bärtiges Brustbild nach links. Rv. INGENIO / ET VITA TO / TVM COMPLEVE / RAT ORBEM • / EXIGVO VVLTVM / CVIVS IN OR / BE VIDES ✦ / HS (Durch seinen Geist und sein Leben hatte er den ganzen Erdkreis erfüllt, dessen Gestalt du hier im kleinen Kreis [auf der Medaille] siehst.) Acht Zeilen Schrift in einem Schnur kreis. Stempelschneider: Jakob Stampfer

a) Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.966.), vergoldet, 21,08 g; BS (HMB Inv. 1905.964. Abb.), ø 37,5 mm, 13,97 g; BS (HMB Inv. 1905.965.), 19,27 g; BE (MS 257), 13,56 g; ZH (LM GU 2920), 23,96 g; ZH (LM JM 13), 19,27 g; Nachguss; Winterthur (Md 2490), 13,56 g. Auktion: Münzen und Medaillen AG 65 (1984), Nr. 797, 14,81 g. Lit.: Ewig, S. 170 c; Haller 213; Wunderly 2246; Hahn 1915, 8, Anm.9; Habich 858. b) Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1917.1725.), 13,16 g, bronziert; ZH (LM GU 2919), 12,46 g; ZH (LM 3647), 13,56 g, versilbert; Privatsammlung HR, 23,46 g. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1238, 23,46 g. Lit.: Ewig –.

8 Simon Grynaeus (* 1493 in Veringen-

dorf in Württemberg, † 1541 in Basel). Berühmter Humanist, reformierter Theo loge und zu seiner Zeit ein unüber troffener Kenner der griechischen Sprache. 1524 Professor der griechi schen Sprache in Heidelberg, seit 1529 auf Empfehlung von Johannes Oeko lampad in gleicher Eigenschaft in Basel. Am 1. Mai 1541 wurde er Rektor der Universität Basel, verstarb aber drei Monate später an der Pest. HLS, Bd. 5, S. 776f.; Steuber 1853; Pendergrass 1993. 9 Hahn 1915, 8 Anm.: «Hiezu Original modell in Stechstein von hell schiefer grauer Farbe mit einem Stich ins Grün lichgelbe. Viereckige, fast quadratische Platte 35–35,2  :  34 mm. Fläche ziemlich eben, Ecken etwas abgestossen, Quer sprung. Tafel II, 8a. LM. AG. 577.» ZH (LM AG 577), 14,29 g.

16. Jahrhundert

21


11

Medaille 1541 auf den Tod von Theophrast Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus

12

Medaille 1542 auf Lucius Munatius Plancus10

1,5 :1

Av. D • THEOPHRASTI • – PARACELSI •

Æ • 45 •

Brustbild mit kleinem Mühlsteinkragen halbrechts, die Hände an einem Mörserstössel.

Rv. MORTVS (sic!) SALISBURGENSI

ANNO 1541 •

(Gestorben in Salzburg im Jahr 1541.) Wappen auf stilisierter drei blättriger Blüte. Stempelschneider: unbekannt

1,5 :1

a) Silber, gegossen Standort: BE (MS 1983), 18,61 g; ZH (LM JM 449), 17,92 g. Lit.: Ewig –; Haller –; Wunderly –; Kisch 1975, 33; Slg. Brettauer –.

Av. ✠ MONETA ✦ NOVA ✦ VRBIS ✦

BASILIENSIS

(Neue Münze der Stadt Basel) Baselstab zwischen 15 – 42 in Perlkreis.

Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1085, 13,50 g. Lit.: Ewig 727; Haller 1304; Wunderly 2083; Winterstein 1983, 133 (Halbtaler); Slg. Fatio 1600.

b) Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.1901. Abb.), ø 35,4 mm, 18,35 g, bronziert; BE (MS 419), 55,60 g, einseitig. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1245, 14,59 g, zweiteilige Galvanokopie.

Rv. L ✦ MVN ✦ PLANCO ✦ – RAVR – ACORVM ✦ ILL – VST / RATOR ✦ –

10 Lucius Munatius Plancus (* um 87

VET – VSTISS’

(Für Lucius Munatius Plancus, den ersten Künder des Ruhmes der Rauraker) Der deutsch geharnischte Stadt gründer mit Kommandostab und Schild stehend von vorn, auf Schild Querbalken mit SPQR. Stempelschneider: Hans Schweiger Silber, geprägt Standort: BS (HMB Inv. 1907.2078. Abb.), ø 33,5 mm, 12,25 g; BS (HMB Inv. 1917.1770.), 12,54 g; BE (MS 1169), 12,94 g; Winterthur (Md 2250), 42,11 g; Privatsammlung HR, 13,82 g.

22

16. Jahrhundert

v. Chr. in Tibur bei Rom, heute Tivoli, † um 15 v. Chr.) war ein römischer Feldherr, von 44 bis 43 v. Chr. Statthalter in Gallien, 42 Konsul und 22 Censor. Er war Gründer der römischen Kolonien Lugdunum (Lyon) und Augusta Raurica (Augst) um 44 v. Chr. Im 16. Jahrhundert wurde Munatius zum Gründer und Stadtheros von Basel stilisiert. Dabei betrachtete man die von Munatius Plancus gegründete Rauraker-Kolonie, das spätere Augst, lediglich als Vorläufersiedlung Basels. HLS, Bd. 8, S.   844; vgl. Kat. Unter uns 2008, S.  177–205.


13

Medaille o. J. (um 1550) auf das Urteil König Salomos

1,5 :1

Av. Urteil Salomos: König Salomo auf dem Thron, vor ihm links stehend die böse Frau mit dem lebenden Kind, rechts die gute Mutter auf den Knien, zwischen ihnen das tote Kind, zu Seiten des Königs Würden träger und rechts ein Kriegsknecht.

Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1918.207. Abb.), ø 53,4 mm, 29,46 g, vergoldet. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1195, 38,33 g (Av.). Lit.: Kapossy 1979, S. 302, 10; Kapossy/ Cahn 1979, 36, 10; Kisch 1955, 24, Tafel 5.

Rv. IM III BVCH / DER KVNIGEN. / AM

III CAP. / DER KVNIG SPRACH / TEILEND DAS LÆBENDIG / KIND IN ZWEN TEIL VND / GEBEND DISER DAS / HALB VND YE / NER DAS AN / DER HALB.

Zehn Zeilen Schrift in einem Schnurkreis. Stempelschneider: unbekannt

16. Jahrhundert

23


14

Medaille o. J. (um 1550) auf das Urteil König Salomos und den Sündenfall

1,5 :1

Av. Urteil Salomos: König Salomo auf dem Thron, vor ihm links stehend die böse Frau mit dem lebenden Kind, rechts die gute Mutter auf den Knien, zwischen ihnen das tote Kind, zu Seiten des Königs Würden träger und rechts ein Kriegsknecht. Rv. Adam und Eva am Baum der Er kenntnis mit der Schlange, um geben von Tieren; im Hintergrund links die Erschaffung Adams, rechts die Vertreibung aus dem Paradies durch den Erzengel mit Flammen schwert. Im Feld MVLIER DE – DIT

MIHI • / ET COMEDI – E – Z

(Die Frau gab ihn mir – und ich ass ihn.)

Stempelschneider: unbekannt (nach einer Medaille Hans Reinharts d. Ä., Wappen und Datum fehlen)

24

16. Jahrhundert

Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1987.1149. Abb.), ø 53,3 mm, 38,33 g. Auktion: Schweizer Medaillen, Nr. 1195, 38,33 g. Lit.: Kapossy 1979, S. 303, 12; Kapossy/ Cahn 1979, 36, 2/12; Kisch 1955, 26 (Av.) und Tafel VI, 26 (Av.).


15

Medaille 1554 auf Matthäus Schweizer11

1,75:1

Av. MATTHEVS SCHWEICZER

VON BASEL

Bärtiges Brustbild mit Barett nach rechts. Rv. • ALS • MIT – GOTTES • HILF – 1554 Wappenschild mit Jakobsmuschel und verschiedenen Attributen auf zeltartiger Kartusche mit zwei Grotesken-Masken. Stempelschneider: unbekannt (Im Basler Münzkabinett wird dieses Stück dem aus Zürich stammenden, nach Wien übersiedelten Goldschmied und Kurator Sebastian Heidegger zugeschrieben.)

a) Silber, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.3207. Abb.), ø 26,2 mm, 11,16 g; ZH (LM JM 517), 11,12 g. Lit.: Ewig 714, Anm. «Copie, kein Original»; Haller –; Wunderly –; BSSN V, 1886, S. 72. b) Zinn, gegossen Standort: ZH (LM GU 2983), 9,87 g, Kopie. c) Blei, gegossen Standort: BS (HMB Inv. 1905.771.), 9,14 g; BS (HMB Inv. 2011.326.), 15,36 g; Winterthur (Md 2507), 10,49 g, zweiteilig, Kopie; ZH (LM 4523), 18,25 g, Kopie.

11 Matthäus Schweizer war Gerber und

Mitglied der Gerberzunft. Er war seit 1531 verheiratet mit Margaretha Ri chard und wohnte im Gerbergäss lein Nr. 28 in Basel. Er wird in den Liegenschaftsunterlagen im Basler Staatsarchiv als Rodtgerber und Rot gerber erwähnt. Diese Medaille be zieht sich vermutlich auf eine Pilger reise Matthäus Schweizers nach Santiago in Spanien, wie die Pilger muschel auf der Rückseite nahelegt, und er liess sie wohl nach seiner wohl behaltenen Rückkehr nach Basel 1554 anfertigen.

16. Jahrhundert

25


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