Dis Connecting Media

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Ulla Autenrieth, Andreas Bl채ttler, Regine Buschauer, Doris Gassert (Hg. / Eds.)

Christoph Merian Verlag

Dis Connecting Media


Dis Connecting Media



Ulla Autenrieth, Andreas Blättler, Regine Buschauer, Doris Gassert (Hg. / Eds.)

Christoph Merian Verlag

Dis Connecting Media Technik, Praxis und Ă„sthetik des Telefons: Vom Festnetz zum Handy



Inhalt / Contents 7 Vorwort

105 Simone Bernet

11 Hansmartin Siegrist

Screening the Phone – Wie das Telefon ins Kino kam

Telekommuni­kation und ihr mythischer Hintergrund. Notizen zu einer medienphilo­ sophischen Vernunft der Telepathie

53 Stefan Münker

117 Matt Adams, Blast Theory

post telephonis. Wie Ernst Jünger einmal das iPhone erfand und dann wieder doch nicht

‘Ulrike and Eamon Compliant’ A Mobile Phone Game on Identity 127 Heinz Drügh

59 Frank Haase

Die Ent-Schriftung von Welt: Telephonie

«Tülülütüt, Tülülütüt» Zu Ingo Schulzes und Daniel Kehlmanns Erkundungen des Handys

71 Günter Bader

139 Heike Weber

Inkarnation / Exkarnation. Einige Beziehungen zwischen Mediologie und Theologie

Das Versprechen ‹mobiler Freiheit›: Mobilisierungen und Vernetzungen in der Geschichte tragbarer Mediengeräte

79 Heath Bunting

Hacking the Line. On Telephones, Fax Machines and Mobile Phones Interview with Heath Bunting

151 Heli Rantavuo

Connecting Photos. Cameraphone Photos in Mobile, Internet and Face-to-Face Communication

85 Andreas Bänziger

Der unerhörte Dritte – Supervision in Telefoninterviews

161 Erika Linz

Mobile Me – Zur Verortung des Handys

95 Christoph Meneghetti

173 Regine Buschauer

Intervention: Intimacy between Mouth-to-Mouth and Long Distance Calls

«We think we’ve got a rat in the department.» Zum ‹Indiskreten› mobiler Medien


Inhalt / Contents 183 Graham Harwood and Richard Wright

On Social Telephony Projects Interview with Graham Harwood and Richard Wright

191 Shintaro Miyazaki

Algorhythmen im Dazwischen. Eine trans-sonische Medienarchäologie der Mobilfunk­ telefonie

199 Nicholas Knouf

Transnetworks and the Fluid Nexus Project

207 Andreas Blättler und Raffael Dörig

Zur Ausstellung ‹Pronto! Über Telefonie› im [plug.in] Basel

233 Biografien / Biographies


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Vorwort

Vorwort In ‹2001: A Space Odyssey› (1968) zeigt Stanley Kubrick den wohl berühmtes­ ten Match Cut der Filmgeschichte: Mit einem simplen Schnitt vom fliegenden Knochen zum Raumschiff wird die gesamte Technikgeschichte über­ brückt, die im kinematografischen Augenblick zusammenschrumpft. Was von der Erde als einfachstes Werkzeug in den Himmel geschleudert wird, kehrt als High-Tech der Raumfahrt wieder. 1876 beginnen mit dem Siegeszug des Telefons Zeit- und Raumsprünge anderer Art. «Mr. Watson – Come here – I want to see you», lautet der erste Satz von Alexander Graham Bell durch das von ihm entwickelte ‹telephone›. Seitdem hat das Telefon, dieser scheinbar einfache mediale Apparat, der zugleich verbindet und trennt, unbemerkt die zwischenmenschliche Kommunikation verändert. ‹Cutting the cord› ist das Bild und der Slogan, mit dem Anbieter drahtlo­ ser Medien heute mobile Freiheiten versprechen und mobile Erreichbarkei­ten herstellen. Nicht mehr alleine die Übertragung der Stimme und der Anruf sichern dabei Fernanwesenheit. Vielmehr hat sich das, was das Telefon ein­ mal war, in einen digitalen Medien-Verbund eingelagert und zugleich gewandelt: Aus dem einst vertrauten Fernsprecher ist mit Handy, Skype und iPhone ein mobiler Alleskönner geworden. Im Jahr 2000 erschien mit dem interdisziplinären ‹Telefonbuch›, herausge­ geben von Stefan Münker und Alexander Roesler, eine der wenigen Text­ sammlungen, die ausdrücklich dem Telefon in seiner herkömmlichen Form gewidmet sind: einem für über ein Jahrhundert in seinen Grundzügen unver­ änderten Medium. Keine Rede ist darin vom Handy, das just in dieser Zeit dem Festnetz den Rang abzulaufen begann und seitdem neue Fragen auf­ geworfen hat. – Ist das Zeitalter des Telefons vorbei? Und, wenn ja, was ist an seine Stelle getreten? Die Beiträge der Publikation ‹Dis Connecting Media› nehmen die Fäden des ‹Telefonbuchs› auf und stellen das Medium Telefon vor dem Hintergrund seiner Digitalisierung und Mobilisierung neu zur Debatte. Sie gehen zurück auf ein im Oktober 2009 in Basel veran­ staltetes interdisziplinäres Symposium, organisiert im Rahmen des Pro-DocGraduiertenprogramms ‹Intermediale Ästhetik. Spiel – Ritual – Perfor­manz› an den Universitäten Basel und Bern, zu dem zeitgleich zwei Kulturprogramme im Kunstraum [plug.in] und im Stadtkino Basel stattfanden. Über­ greifendes Konzept der Veranstaltungen war es somit, wissenschaftliche


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Vorwort

Perspektiven auf das Medium Telefon mit Formen seiner Reflexion in der Kunst – dem Kino wie der bildenden Kunst – zu verknüpfen. Dieser Verbindung von Wissenschaft und Kunst wird nun in der vorliegenden Publikation nochmals Rechnung getragen. Eröffnet wird der Band durch einen Film-Bild-Essay von Hansmartin Siegrist, der die Erlebnisräume von Telefon und Kino erkundet – jene beiden prototypischen Medien der Moderne, die sich seit ihren Anfängen gegen­ seitig durchdringen. Der Essay präsentiert in einer ‹tour d’horizon› nicht nur eine Kulturgeschichte des Telefons auf der Leinwand. Vielmehr zeigt er auch die dramaturgische Kraft des Telefons im Film, die sich dann am schönsten manifestiert, wenn Liebesgeflüster Drähte heiss laufen lässt und Dä­monen sich aus dem ‹Handy-Äther› durchwählen. Das Handy als Medium nach der Ära des Telefons steht im Mittelpunkt des Beitrags von Stefan Münker, der im kritischen Rückgriff auf den lite­ rarischen Vorgriff bei Ernst Jünger überraschende Parallelen zwischen fik­tionaler Zukunftsvision und der tatsächlichen Entwicklung des Handys aufzeigt. Zugleich macht er deutlich, wo die Grenzen dieser Parallelen liegen – und weshalb sich die Zukunft von Medien nicht wirklich vorwegnehmen lässt. Der Ära des Telefons und ihrem Beginn widmet sich der Beitrag von Frank Haase, ausgehend vom Telefonerfinder und Taubstummenlehrer Alexander Graham Bell. Als ‹Ent-Schriftung von Welt› beschreibt Haase den Paradig­ menwechsel des Telefons, das vor die Aufgabe stellte, das Neue schriftloser Übertragung zu begreifen, und das den Menschen als ‹signal processing machine› in den Fokus von Physiologie, Psychologie, Philosophie und Sprach­ wissenschaft rücken liess. Übertragungen, Mittler und Medien kennzeichnen zugleich, wie der Bei­ trag des Theologen Günter Bader aufzeigt, Perspektiven nicht nur der Medienwissenschaft, sondern auch der Theologie: Im vergleichenden Blick auf Boten und Botschaften, Apostel und Episteln steht das Verhältnis zwi­ schen Theologie und Medientheorie auf dem Prüfstand. Ist, so die von Bader aufgeworfene Frage, Theologie gar eine implizite ‹Mediologie›? – Oder umgekehrt diese eine implizite Theologie? Ganz andere Perspektiven auf das Medium Telefon verfolgt Heath Bunting, Hacker kommunikativer Tele-Technologien und Netzkünstler der ersten Stunde. In seinem Interview reflektiert er anhand von zwei eigenen Arbeiten seine Erkundungen im Feld der Telefonie und damit deren tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel während der letzten zwanzig Jahre. Im Blick auf die Praxis des Telefoninterviews thematisiert Andreas Bänziger die ambivalente Situation zwischen akustischer Abwesenheit und emotionaler Präsenz eines Supervisors von Telefonbefragungen. Der Text gibt Einblick in die Situation der Befragung und der Supervision und versucht die Rolle des Supervisors anhand kommunikations- und medientheo­retischer Überlegungen einzuordnen und durch eigene Erfahrungen zu illustrieren.


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Vorwort

Was fasziniert an der Stimme ohne Körper?, lautet die Frage, die Christoph Meneghetti in seinem Beitrag aufwirft. Telefonische Medien versetzen die Gesprächspartner in einen veränderten Zustand der Aufmerk­samkeit, dem Meneghetti anhand eines aktuellen Performance-Projekts und dessen dramatischen Vorgängern nachspürt: Das Performative der Stimme ohne Körper erscheint als theatrales Spiel zwischen Distanz und Intimität. Als anderes ‹drahtloses Telefon› paranormaler Natur wird im Beitrag von Simone Bernet die Telepathie thematisiert, die seit jeher für eine körperlose wie grenzenlose Kommunikation steht. Dabei verfolgt der Beitrag die Faszination in der Psychoanalyse und der Philosophie gegenüber einem Phänomen, das deren geltende Verständnisse und Vorstellungen des Kommu­ nizierens bekräftigte wie auch in grundlegender Weise in Frage stellen konnte. Schon früh haben sich Medienkünstler mit der Performativität des Mobil­ telefons auseinandergesetzt. Diese steht auch im Zentrum von Blast Theorys ‹Ulrike and Eamon Compliant›, einem interaktiven Mobiltelefon-Spiel, dessen Spielregeln Matt Adams in ihrer Wirkung auf zwischenmenschliche Interaktion und subjektives Identitätsempfinden, aber auch auf die politi­ schen und sozialen Strukturen interaktiver Umgebungen befragt. Das Mobiltelefon aus literaturwissenschaftlicher Sicht ist Gegenstand des Beitrags von Heinz Drügh: Er analysiert, wie das Handy, vor dem Hinter­ grund eines immer schon ambivalenten Verhältnisses der Literatur zum technischen Medium des Telefons, Eingang in die Gegenwartsliteratur ge­ funden hat – und zeigt auf, dass sich das Handy als Medium des Intimen nicht zuletzt auch als ein Zwillingsbruder der Literatur begreifen lässt. Heike Weber stellt in ihrem technikgeschichtlichen Beitrag Gemeinsam­ keiten und Unterschiede zwischen dem Handy und älteren portablen Mediengeräten heraus. Im vergleichenden Blick insbesondere auf das Koffer­ radio und das ‹Versprechen mobiler Freiheit› von mobilen Musikhör- und Mobilfunkkulturen wird deutlich, dass die ‹ubiquitäre› Verfügbarkeit tech­ nischer Medien sich historisch vor dem Handy situieren lässt und bereits mit dem portablen Radioempfänger eingeübt wurde. Mit den Fotos der mobilen ‹cameraphones› richtet Heli Rantavuo den Blick auf das multimediale Handy und die drahtlose Verbindung der Bilder, die heute in nahezu grenzenloser Anzahl gespeichert, übertragen wie auch im Web publiziert werden: Wo mobile Fotos zirkulieren, spielen, wie Rantavuo zeigt, Computer-, Handy- und ‹face-to-face› Kommunikation immer schon zusammen. Erika Linz verfolgt und analysiert den Wandel des Handys in Bezug auf seine ‹Einverleibung› in den körperlichen Nahraum, die das Handy zu einem immer selbstverständlicheren Teil der Person werden lässt. Die gegenwärtige personale Verortung des Handys könnte dabei erst den Beginn einer Transformation markieren, die das Verhältnis von Mensch und Maschine von Neuem in Frage stellt.


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Vorwort

In ihrem Beitrag widmet sich Regine Buschauer dem ‹Indiskreten› eines Han­ dys, das die Grenzen des Mediums Telefon immer schon überschritten hat. Am Beispiel der ‹Ratte› aus Martin Scorseses Film ‹The Departed› wird dabei jene Figur des Indiskreten zum Thema, die nach Geoff Cooper das Mobil­ telefon charakterisiert: Das Handy präsentiert sich als ein Medium der Unterwan­derung, das gezogene Grenzen und bestehende Ordnungen und Unter­ scheidungen in Frage stellt oder zu irritieren vermag. Das Interview mit Graham Harwood und Richard Wright schildert am Bei­ spiel ihres mit dem Transmediale Award 2009 ausgezeichneten Projekts ‹Tantalum Memorial› die Grundfrage der Social Telephony Projekte, die sie seit 2002 gemeinsam mit Matsuko Yokokoji betreiben: Wie nutzen bestimmte soziale Gruppen Medienökosysteme innerhalb ihres genuinen sozialen, kulturellen und politischen Kontexts? Mit dem Konzept des ‹Algorhythmus› entwirft Shintaro Miyazaki einen Zugang zum Mobiltelefon aus Sicht einer akustisch geprägten Medienar­ chäologie. Im Zentrum steht hierbei die klanglich-ästhetische Analyse eines basalen Programms der Mobilfunktechnik GSM, dem Aufbau eines Anrufs auf ein anderes Handy. Miyazakis Beitrag zeigt, inwiefern das Akustische kommunikativer Medien, auch und gerade jenseits der Funktion kommunika­ tiver Verständigung, ein breites Untersuchungsfeld darstellt. Nicholas Knoufs Beitrag legt sein Augenmerk auf die Infrastruktur und Funktionsweise von Netzwerken. Das ‹fluid, temporary, ad-hoc network› bildet die Ausgangslage für sein Projekt ‹Fluid Nexus›, eine Anwendung für Mobiltelefone, welche die Übertragung von Daten und Nachrichten un­ abhängig von einem zentralen Mobilfunksystem ermöglicht – und damit auch die Frage nach den Strukturen der Verteilung von Kommunikation und Wissen aufwirft. Wie die heutigen performativen Medienkünste mit den telefonischen Me­ dien kritisch umgehen, beleuchtet schliesslich der Essay von Andreas Blättler und Raffael Dörig. Sie lassen nochmals die im [plug.in] gezeigte Ausstellung ‹Pronto! Über Telefonie› Revue passieren, welche die gesellschaftliche Wir­ kung des Telefons mit besonderem Blick auf seine ereignishaften, partizipativen und interventiven Spielformen sowie seine kulturellen und politischen Kontexte in den Fokus rückte. Neben den künstlerischen und wissenschaftlichen Beiträgen der genannten Autorinnen und Autoren wurde der vorliegende Band in wesentlicher Hinsicht geprägt durch die gestalterischen Ideen von Studio Sport (Ronnie Fueglister und Martin Stoecklin) sowie die fotografischen Arbeiten von Gina Folly.

Ulla Autenrieth, Andreas Blättler, Regine Buschauer, Doris Gassert


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Hansmartin Siegrist

Screening the Phone – Wie das Telefon ins Kino kam


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Screening the Phone


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Screening the Phone


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Screening the Phone

Hallo, hi, moshimoshi und bonsoir – mit solcher Emphase auf (aufgezeichneter!) phatischer Kommunikation begrüsse ich Sie zum angesichtigen WortTon-Bild-Mono-Dialog darüber, wie das Telefon auf die Leinwand kam – zur Leinwand kam, um schliesslich via Funk und Computer mit ihr im Handy-Screen zu verschmelzen.


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Hansmartin Siegrist

 1a – c: ‹The Story of Alexander Graham Bell› 1a

Bell: Ahoi, Mr Watson. Are you there? Ahoi, Mr Watson. ... This is Alexander Bell speaking to you from 5 Exeter Place on March 10 1876. Ahoi, ahoi! 1b

Das nautisch-kybernetisch-vokale «Ahoi» von Alexander Bells frühester Telefonie signalisiert eine para­ digma­tische Inte­grations­geschichte … 

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Screening the Phone

… von technischen Übertragungsund Speichermedien, von Appa­ raten, Diskursen und Körpern – und einen fundamentalen Weltbild­ wandel von Ort, Raum, Zeit, Subjekt und Identität. Erst das Telefon verankerte die Metaphorologie von Kanal, Netz und Medium, für Inge­ nieure, Investoren und Linguisten – und für alle eleganten wie gewöhn­ lichen Nutzer des ertragreichsten Patents der Wirtschaftgeschichte. 

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Diese Durchdringung von Telefon und der um eine Generation jüngeren Kinematografie setzte lange vor dem multifunktionalen Videohandy ein.

 5

Denn im Spielfilm wird mindestens so viel telefoniert wie im ‹Real Life› – doch spektakulärer und nach den Regeln genuin filmischer Verschaltungspoetiken, Verkupplungsrituale und Wahnsysteme, wie sie von Daniel Schmids Realsatire ‹Beresina› auf helvetischem Massstab blossgelegt werden. 

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Hansmartin Siegrist

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Die weissen und roten Telefone wurden vom Kino erfunden – oder zumindest zu ihrem Fetischwert implementiert. Gleiches gilt für die ganze Innovationsgeschichte in Technik und sozialem Gebrauch und – interessantem – Missbrauch der Telefonie.

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Hier waren die Drehbuch­schreiber hellhöriger und weitsichtiger als alle Futurologen: Wählscheibe, Anrufbeantworter, Freisprechanlage, Direktwahl, Konferenz­schaltung, Makeln und Bildtelefonie – all dies hat das Kino angedacht oder popula­risiert –, aber auch Telefonsex und Handy-Zeit bombe.


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Screening the Phone

Oft ist das Telefon eigentlicher Protagonist, namentlich in Film Noir und Thriller, deren labyrinthische Plots sich uns oft erst am Draht eingelegter Telefonate erschliessen. Steve Martin kann sich im Kompilations-Spoof ‹Dead Men Don’t Wear Plaid› … 

12a

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… dann auch quer durch die Noir-Filmgeschichte und ihre Story-Versatzstücke durchwählen. Denn niemand kreischt besser als die in ‹Sorry, Wrong Number› Telefon-terrorisierte Barbara Stanwyck – und niemand telefoniert – und raucht – cooler als Bogey in ‹The Big Sleep›. 

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A propos Cool- und Hotness telefonischer Musterrollen und Rollenmuster am heissen Kinodraht: Wer die vergleichende Mediengeschichte des Telefonierens schreiben will, ist gut beraten, sich an den Spielfilm zu halten: an gealterte Anthologiestücke und Zeitgeist-Seismogramme – wie etwa Antonionis Filme mit ihrer zukunftsweisenden Genderung in  der Telefoniererei.


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Hansmartin Siegrist

14a – b: ‹Blow-Up› Thomas: Come here, show me how you sit! (phone rings) Who is it? Oh yes, that’s right. Hold on a second. Jane: Is it for me? Thomas: It’s my wife! Jane: Why should I speak to her? Thomas (in the phone): Sorry, love, the bird I’m with won’t talk to you. 14a

Oder man halte sich an die ‹Blow-Up›Parodie ‹Play It Again, Sam› eines Woody Allen, der sich – wie sein Held – als Zwischenraum-Squatter zwischen Telefonhörer und Leinwand geoutet hat. 

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Einer Leinwand übrigens, aus welcher er Humphrey Bogart als einflüsternden MachoCoach herunter­beamen kann. Allens Satire auf Erreichbarkeitswahn und die telefonischindirekten Selbst­vermarktungsrituale im Gross­stadt-neurotischen Phone-Behavior ist umso bissiger, als sie so frech in die Handyzeit vorgreift. 


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Screening the Phone

Das komische Durch- und Nebeneinander von dienstlichem und privatem Telefo­ nieren gehört zum Repertoire von Screwball-esken Filmkomödien im Sekretärinnen-, Telefonistinnen- und Telefon­ marketing-Milieu.

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Ebenso das Verheimlichen an­geblich Abwesender oder Mithörender – oder die Unsitte, dass wir uns konditionieren liessen, das angesichtige Gespräch noch durch das unwichtigste Telefon­klingeln zu unterbrechen – und dann auch das Festnetztelefon­gespräch durch den individua­lisierten Handyton ...

Die stellvertretende Abstrafung des apparativen Überbringers schlechter Botschaften folgt antiker Triebabfuhr-Dramaturgie.

Die eherne, einst nur auf Bücher ge­münzte Regel, dass, wer ein Telefon zerstört auch Menschen töten wird, entstammt indes­sen einem hollywoodschen Kanon.

 16c

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Ebenso der charakteri­ sierende Gestus beim Wählvorgang – und dessen Überwachung und Ver­ folgung. 


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