5 minute read

Grüezi

Blick Aus Der Schweiz

Beat Eglin lebt in Muttenz bei Basel. Fürs REGIO Magazin schaut er sich regelmäßig im Dreiländereck um. In dieser Ausgabe schreibt er über die kleinen, feinen Rituale im Alltag.

Advertisement

Begrüssungen und Verabschiedungen sind in der Schweiz ein richtiges Ritual. Es gibt viele Varianten, die auch untereinander kombiniert werden. Grüezi und Adieu sind zwei sehr geläufige Ausdrücke. Begegnet man einer Person, mit der man nicht per Du ist, begrüsst man mit Grüezi. Eine Gruppe von Leuten kann mit Grüezi mitenand begrüsst werden. Zur Verabschiedung gibt es das französische Wort Adieu, das zu einem Mundartausdruck wurde. Die Bedeutung, dass man jemanden lange nicht mehr sehen wird oder überhaupt nicht mehr sehen will, hat der Ausdruck in der Schweiz verloren. Eingeschlichen hat sich auch das deutsche Hallo. Es wird oft verwendet, wenn man einen Namen nicht mehr weiss. So kann man die vielleicht peinliche Frage danach mehr oder weniger elegant umschiffen.

Vorsicht gilt bei der Verwendung von Tschau oder Sali. Wen man mit Du anredet, darf man so begrüssen. Handschlag ist bei Du und Sie möglich und erlaubt. Während der Covidphase wurde dieser vermieden, ebenso wie die üblichen Umarmungen. Wenn man jemanden näher kennt, gibt es Küsschen auf die Wangen. In der Schweiz sind es drei. Oft ist es auch nur ein Berühren der Wangen. Viele waren in den letzten Jahren froh, dass dieser manchmal als Zwang empfundene Brauch nicht mehr erwartet wurde. So hatte Covid mit der Maskenpflicht auch seine guten Seiten.

Das Verabschieden am Telefon ist eine weitere Besonderheit. Ein einziges Abschiedswort reicht meistens nicht. Es geht mehrmals hin und her und endet schliesslich mit einer Floskel wie „also denn“.

Der deutsche Gruss „Tschüss“ wird in der Schweiz immer öfter für nahestehende Personen verwendet, wenn man Du zueinander sagt. In einer Geschäftsbeziehung oder wenn man per Sie verkehrt, wirkt diese Verabschiedung aber unhöflich, weil die soziale Distanz einseitig durchbrochen wird.

Die Sprachen haben viele Eigenarten und man beherrscht sie erst richtig, wen man sich der regionalen Nuancen bewusst ist.

Einsame Ruheinsel oder Ort der Begegnung? Wildwuchs oder Formschnitt? Funktion und Gestaltung von Gärten waren und sind seit jeher im Wandel. Wie könnten die Gärten der Zukunft aussehen? Dieser Frage will die Schau „Garden Futures – Designing with Nature“ im Vitra-Museum in Weil auf den Grund gehen.

Eröffnet wird der Parcours im Gehry-Bau auf dem Vitra-Campus mit einer „Träume und Ideale“ betitelten Medieninstallation. Eine Abfolge von Fotos, begleitet von Audiokommentaren, illustriert die Entwicklung von Gärten. Daneben hängen an einer Wand Gartenstühle von einst, an einer anderen Gartenwerkzeuge und Zaunmodelle. Das war es dann aber auch schon mit gezeigten Gartenutensilien. Die Exponate bestehen zum größten Teil aus Dokumenten, Fotos, begleitenden Texten, MultimediaAngeboten und einigen Kunstwerken. Denn in der Ausstellung geht es nicht um historische Gartenwerkzeuge oder einstige Gartenstile, sondern um die Frage, wie sich die Gärten der Zukunft aus dem entwickeln könnten, was bisher im grünen Bereich so alles geschaffen und gestaltet wurde. Um das ermessen zu können, werden unter anderem Pioniere der Gartengestaltung wie die niederländische Landschaftsarchitektin Mien Ruys mit ihren damals hochmodernen Gartenvisionen vorgestellt. Diese waren einst „Garden Futures“, also die Zukunft der Gärten, und lösten althergebrachte Gartenstile ab. Inzwischen sind die Avantgardisten von damals längst Klassiker –aber immer noch wegweisend für das, was zukünftig im grünen Bereich möglich sein könnte.

In einem kleinen Kabinett ist ein Film des Fotografen Howard Sooley über den Garten des Regisseurs Derek Jarman zu sehen. Der Film künstler legte ab 1986 auf der eng lischen Halbinsel Dungeness rund um sein „Prospect Cottage“ in unmittelbarer Nähe eines Atomkraftwerks ei nen Garten an. Zwar ist Jarman schon vor fast dreißig Jahre verstor ben, aber sein bis heute erhaltener

Garten war damals innovativ und avantgardistisch. Es lohnt sich daher durchaus, den etwa zehn Minuten langen, mit Klanginstallationen unterlegten Film in Ruhe anzuschauen.

Im ersten Stock findet die Ausstellung ihre Fortsetzung. Ins Auge fällt hier die große, aus Wolle geknüpfte und halb in die Vertikale geknickte Arbeit der argentinischen Textilkünstlerin Alexandra Kehayoglou aus dem Jahr 2023. Sie wurde für diese Ausstellung angefertigt, trägt den Titel „Meadow“ („Wiese“) und lädt fast zum Reinkuscheln und Träumen ein. Mehr Gedankenarbeit erfordert der Tisch nebenan mit Fotos und Texten, sowie das grafische Wandbild zu diversen Gartenthemen, etwa vertikale Gärten, Selbstversorgung, Stadtfarmen oder Feuchtgebiete. Schwerpunkte sind dabei ästhetische, ökologische, soziale und umweltrelevante Aspekte (Stichwort: Klimawandel), die allesamt gewiss einen wesentlichen Anteil daran haben, wie die Gärten der Zukunft aussehen könnten.

Was wäre, wenn die Pflanzen ein Wörtchen mitzureden hätten bei der Gartengestaltung? Das fragt Céline Baumann mit ihrer Collage „The Parliament of Plants“ (l). Die aus Fäden geknüpfte Wiese (u.) von Alexandra Kehayoglou lädt zum Träumen ein.

Das Parlament der Pfanzen

Die als Foto präsentierte Collage von Céline Baumann, „The Parliament of Plants“ aus dem Jahr 2019, ist ein ironischer Kommentar dazu. Sie zeigt ein altehrwürdiges Parlament, das statt von Ministern mit gepuderten Perücken von Gestalten mit blütengeschmückten Köpfen besetzt ist. Ein schöner Gedanke, denn eigentlich ist im Garten alles möglich – bunt, blühend, urban gezähmt – oder einfach unbändiger Wildwuchs, wie ihn die Pflanzen wohl gern hätten. Eines wird in dieser Ausstellung auf jeden Fall deutlich: Gärten sind immer eine lohnende Investition in die Zukunft!

TippDer vom Gartendesigner Piet Oudolf im Jahr 2020 auf dem Vitra-Campus konzipierte Garten ist bei freiem Eintritt ganzjährig von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Im Sommer wird zwischen dem Umbrella House und dem Oudolf-Garten das vom Architekten Tsuyoshi Tane entworfene Garden House zu sehen sein, um das ein Nutzgarten für die Vitra-Mitarbeitenden entstehen soll.

Garden Futures – Designing with Nature Ausstellung bis 3.10.2023

Vitra-Campus, Charles-Eames-Str. 2

79576 Weil am Rhein www.vitra.com

Öffnungszeiten: tägl. 10–18 Uhr

Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 12 Euro

Wem die Kuckucksuhr schlägt

von Markus Fix

Verlag: Emons, 2023

352 Seiten, Broschur

Preis: 14 Euro

Ohne Koordinaten

Seit einer halben Stunde wartet Elena in finsterer Nacht am Rand eines finsteren Tanns auf Christoph. Bei Regen und Kälte. Doch der begeisterte Geocacher mit Codenamen Taubenhaucher erscheint nicht am Sägplatz Freiamt bei Emmendingen. Dorthin hatte er sie kurz vor Mitternacht mittels durchgegebener Koordinaten bestellt – zur gemeinsamen Suche nach einem eben erst veröffentlichten Cache.

Zwar wundert sie sich: Taubenhaucher ist extrem zuverlässig und als Erstfinder von mehr als 25.000 neu versteckten Caches eine Berühmtheit in der regionalen Szene. Doch dann schnappt sie ihre Taschenlampe und dringt allein in das schier undurchdringliche Waldstück. Und wird bald fündig.

Allerdings liegt bei dem Cache ein toter Mensch: Christoph. „Von Panik geschüttelt“ rennt Elena zurück zum Auto, rast los und betätigt, sobald ihr Smartphone wieder Empfang hat, den Notruf.

Dieser wird an den Freiburger Kripo-Kommissar Thomas Häberle weitergeleitet und erreicht ihn im Bett. Widerwillig macht er sich auf den Weg, trifft bei dem offenbar Erschlagenen bereits die Spurensicherung. Und steht bald vor immer neuen Rätseln, für deren Auflösung er keine Koordinaten hat. ewei

Der Walder vom Schwarzwald

von Annette Maria Rieger

Verlag: Kröner Ed. Klöpfer, 2023

221 Seiten, gebunden

Preis: 25 Euro

Berzeugungst Ter

„Aus welchem Stoff war der Faden, mit dem er sich sein dickes Fell immer wieder zusammengeflickt hat, das im Ringen mit sich und der Welt ein ums andere Mal in Fetzen ging?“

In ihren sehr persönlichen Erinnerungen an den rebellischen Förster Walter Trefz kommt Annette Maria Rieger der Antwort auf diese Frage ziemlich nahe. Und die hat etwas mit Überzeugung zu tun.

Zwei Jahre nach seinem Unfalltod mit 82 zeichnet sie ein lebendiges Porträt von „Walder“, der in ihrer Wahrnehmung schon immer da war. Am Kniebis und darüber hinaus hat er bereits für Aufsehen gesorgt, als sie noch ein Kind war. Etwa am 1. Mai 1983, als er auf dem Paradeplatz in Freudenstadt auf das Waldsterben aufmerksam machte: Dort hatte er in der Nacht eine 25 Meter hohe dürre Fichte aufgestellt und ein Schild mit der Aufschrift: „Der Mai ist gekommen, die Bäume sterben aus“ daran genagelt.

Derlei eigene Erlebnisse ergänzt Rieger mit Aufzeichnungen aus zahlreichen Gesprächen, die sie regelmäßig mit Trefz führte, der mehr als ein Förster und Mahner war, der überall aneckte. Beim Lesen ist zu spüren, wie sehr ihr der „Naturphilosoph und Menschenfreund“ fehlt. Und dem Wald auch. ewei

Letzte Wege in die Freiheit

von Thomas Seiterich

Verlag: S. Hirzel, 2023

208 Seiten, gebunden

Preis: 24 Euro

This article is from: