Das große Buch der Manufakturen

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DA N K E A N DEN PA R T N E R K R E I S

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I N H A LT

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VORWORT

GRUSSWORT

20 WOHNEN & LEBEN

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MÖBEL JANUA MÖBEL 24 FREIFRAU SITZMÖBELMANUFAKTUR 30 SCHRAMM 36 KETTNAKER 42 BRÜHL 48 HESBIN 54 BW BIELEFELDER WERKSTÄTTEN 56 CONTACT TO DESIGN – MÜNCH FURNITURE DESIGN 57 COR SITZMÖBEL 58 WILDE + SPIETH 58 THONET 59 DRAENERT 60 DAS KLEINE B 61 TECTA 62 INTERLÜBKE 64 BLOCKMANUFAKTUR 66 HÜLSTA 66 TAMESIS MANUFACTURE 67 POGGENPOHL MÖBELWERKE 68 WESCO 69 FORM EXCLUSIV 70 HOLZMANUFAKTUR STUTTGART 70 WERTHER – DIE MÖBELMANUFAKTUR 71 SUDBROCK MÖBELHANDWERK 71

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L E U C H TE N LEUCHTEN MANUFACTUR WURZEN 74 BERLINER MESSINGLAMPEN 80 FITZ LEUCHTENMANUFAKTUR 81 STENG 81 TECNOLUMEN 83 HOLY TRINITY® 84 INGO MAURER 86 WOKA LAMPS VIENNA 87 URBAN LAMPENSCHIRME 87

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B A U E N & GE S TAL TE N SCHOTTEN & HANSEN 90 CARPET CONCEPT TEPPICHFABRIK 92

SOMMERHUBER 94 KARAK 96 ATTENBERGER BODENZIEGEL 98 AUGUST SCHÄR 99 GOLEM 100 WELTER MANUFAKTUR FÜR WANDUNIKATE 102 MAYER’SCHE HOFKUNSTANSTALT 103 DIE OFENMANUFAKTUR KOHLER 104 GERBER 104 BULLERJAN 105 MARIE FILIPPA JANSSEN 106 FEINGERÄTEBAU K. FISCHER 109 HARTMANN TRESORE AG 110 WIESER GMBH BESCHLÄGE MANUFAKTUR & HOLZHANDWERK 112 GLASHÜTTE LAMBERTS 112 FRESAND WINTERGARTEN 113 DEUTSCHE WERKSTÄTTEN HELLERAU GMBH 113

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T IS C HKU LT U R & KÜ C HE FÜRSTENBERG 116 KÖNIGLICHE PORZELLANMANUFAKTUR BERLIN 118 ABENDROTH 118 HERING BERLIN 119 PORZELLAN MANUFAKTUR NYMPHENBURG 120 PORZELLANMANUFAKTUR REICHENBACH 121 WIENER PORZELLANMANUFAKTUR AUGARTEN 122 HÖCHSTER PORZELLAN – MANUFAKTUR 1746 123 KAHLA THÜRINGEN PORZELLAN GMBH 123 ROSENTHAL 124 MEISSEN 126 ARZBERG PORZELLAN 128 ALLGÄUER KERAMIK 129 HB-WERKSTÄTTEN FÜR KERAMIK 129 POSCHINGER 130 ROTTER GLAS 132

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KRISTALLGLASMANUFAKTUR THERESIENTHAL 134 HARZKRISTALL 135 LOBMEYR 136 GLASHÜTTE VALENTIN EISCH 138 ELIAS FARBGLASHÜTTE LAUSCHA – SEIT 1853 138 ROSWITHA WINDE-PAULS / PORZELLANDESIGN 139 CHRISTOPH WEISSHAAR 139 SIDE BY SIDE – CARITAS WENDELSTEIN WERKSTÄTTEN 140 ATELIER BERTHOLD HOFFMANN 140 KUPFERMANUFAKTUR WEYERSBERG 141 KLOTZAUFKLOTZ 142 MONO 143 WILKENS & SÖHNE 144 NESMUK 146 FRANZ GÜDE GMBH 147 WIENER SILBER MANUFACTUR 148 ROBBE & BERKING 150 MESSER-WERK 150 AGRISAN NATURPRODUKTE 151 STAND DER DINGE 151

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KU NST & DEKOR ATION CONZEN 154 COLUMBUS VERLAG 156 DEUTSCHE KUNSTBLUME SEBNITZ 158 URBANATURE 158 ENGELS KERZEN 159 HERRNHUTER STERNE MANUFAKTUR 160 TUFFNER MANUFAKTUR 162 KÖHLER KUNSTHANDWERK 163 KLEINKUNST AUS DEM ERZGEBIRGE® MÜLLER 164 MANUFAKTUR KLAUS KOLBE 164 MANUFAKTUR MAROLIN® 165 C. BÜHLMAYER 165 WENDT & KÜHN 166 WERKSTATT MODERNER FIGURENBILDNEREI – GÜNTER REICHEL 168 KATI ZORN PORZELLAN KUNST 169


EKKEHARD KÖRBER / ATELIER FÜR HOLZGESTALTUNG 169 HELIOS SONNENUHREN 170 CHRISTOF STEIN / NORMALZEIT 170 PHILIPPE WURTZ 171 BUBEN & ZÖRWEG 171

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TEXTILIEN EGE TEXTILMANUFAKTUR 174 FRANZ J. IPPOLDT – SOIERIE

DES FANTASQUES 176 HOFFMANN LEINENWEBEREI 178 LEITNER LEINEN 179 WEISSFEE 179 EAGLE PRODUCTS 180 HEFEL 182 STRUNKMANN & MEISTER 184 HOWE HOME 185 JENDE POSAMENTEN MANUFAKTUR 185 M. MAURER 186 GISBERT RENTMEISTER 186

HANDDRUCKE SEKYRA 187 KOÓ 187

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KÖRPERPFLEGE & BAD MÜHLE 190 KLAR SEIFEN 192 WIENER SEIFE 194 HORNMANUFAKTUR PETZ 194 BÜRSTENFABRIK KELLER 196 FLORASCENT 198

200 BEKLEIDUNG & ACCESSOIRES 202

MO D E MÜLLER MAßMANUFAKTUR 204 HACK LEDERWARE 206 KNIZE 207 REISER MANUFAKTUR 207 SUSANNE SPATT – EXKLUSIVE TRACHTEN 208 MASS-SCHNEIDEREI HASELNUS 208 RUTTLOFF–JEANS 209 HACKNER 210 KAY GUNDLACK SCHUHMANUFAKTUR 212 VICKERMANN UND STOYA 213 MASSSCHUHMACHEREI HENNEMANN & BRAUN 214 WIESER SHOE DESIGN 214 SCHEER 215 DER GOISERER 215

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PAPOUTSI! 227 UNICUM WIEN 227 NOMADE MODERNE 228 FIONA BENNETT 228 SCHMITTHUT 229 SALON HÜTE & ACCESSOIRES 230 MISS LILLYS HATS 230 MÜHLBAUER 231 PETER DE VRIES 231 LEHNER SWITZERLAND 232 ESKA 232 ROECKL 233 LEDERMANUFAKTUR MK 234 DEUMER1863 236 DOPPLER MANUFAKTUR 237 MARSTALLER 238 LUDWIG SCHRÖDER 1825 240 PACK & SMOOCH 240 ULRIKE ISENSEE 241 FIL À FIL 241

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A C CE S S O IR E S

U HREN, S C HM U C K & B RILLEN

MANUFAKTUR ARSGALEA 218 GUERER & GUERER BAG CONCEPT 224 OLBRISH 226

LEINFELDER UHREN MÜNCHEN 244 GENESIS 250

LACO UHRENMANUFAKTUR 252 LANG & HEYNE 254 BORGWARD ZEITMANUFAKTUR 256 GROSSMANN UHREN 257 HANHART 258 SINN SPEZIALUHREN 259 UHRENFABRIK JUNGHANS 259 LEHMANN PRÄZISION UHRENMANUFAKTUR 260 BENZINGER 261 MÜHLE–GLASHÜTTE 262 JAEGER & BENZINGER 262 A. LANGE & SÖHNE 263 NOMOS GLASHÜTTE 263 STOWA 264 ASKANIA AG 265 VICTOR MAYER 265 A. E. KÖCHERT JUWELIERE SEIT 1814 266 ALEXANDRA BAHLMANN 266 SCHULLIN WIEN 267 ROLF SPECTACLES 267 ZIMMERMANN’S BRILLEN-WERK 268 MYKITA 269 FLAIR 270 MANUFAKTURBRILLE 271

272 FREIZEIT & INTERESSEN 274

S C H RE I B K U L T U R & KÜN S TL E R BE D AR F MONTBLANC 276 STOCKMAR 282 MATTHEY 288 FABER-CASTELL 294

LIST & LIST HOLZMANUFAKTUR 294 OTTO HUTT 295 E + M HOLZPRODUKTE 296 X47 298 X17 299 PAPERMOLES 300 BRANDBOOK 301 STOLZ 302 HAHNEMÜHLE FINEART 304

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DA VINCI 306 SCHMINCKE 307

308

W ERKZ E UG & VER PACKUNG SCHERENMANUFAKTUR PAUL 310 KRUMPHOLZ–WERKZEUGE 312


HEINR. BÖKER BAUMWERK 315 PUMA MESSERMANUFAKTUR SOLINGEN 315 FAPACK 316 HOLZMANUFAKTUR LIEBICH 317 FIALKA 1923 318 ALBEC 318 SACHER & CO. 319

320

MOBILITÄT & SPORT LÜRSSEN 322 HOFSATTLEREI COSACK 324 WALDKAUZ 324 WELTRAD MANUFACTUR 325 NORWID 326

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WUUX SURFBOARDS 326 STROLZ 327

SPIEL WAR EN

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LILLI LÖWENHERZ 340 SENGER NATURWELT 341 KÄTHE KRUSE MANUFAKTUR 342 ANKERSTEIN 343 RÜLKE 343 ERZGEBIRGISCHE HOLZSPIELWAREN EBERT 345 KADEN & KADEN 345 SIRCH 346 BIBABOX 346 TICTOYS–DIE NEUE SPIELZEUGKULTUR 347 POLYM MANUFAKTUR 347

INS T RU M ENT E & S O U NDS YS T EM E BURMESTER AUDIOSYSTEME 330 AVM AUDIO VIDEO MANUFAKTUR 332 BACKES&MÜLLER 332 EINSTEIN AUDIO COMPONENTS 333 C. A. SEYDEL SÖHNE 333 BÖSENDORFER KLAVIERFABRIK 334 C. BECHSTEIN PIANOFORTE AG 334 WALDKIRCHER ORGELBAU JÄGER & BROMMER 336 JOHANNES KLAIS ORGELBAU 337 GEBR. ALEXANDER, RHEIN. MUSIKINSTRUMENTENFABRIK GMBH 337

348 ERNÄHRUNG & GENUSS 350

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A L KOH OL I K A & GE N U S S MI TTE L

S Ü S S W AREN

DEL IKATESSEN

ELEPHANT GIN 352 WEINGUT AUFRICHT 354 DR. JAGLAS 356 MANUFAKTUR JÖRG GEIGER 357 FERDINAND’S GIN 358 MINUS 181 358 OBSTMANUFAKTUR GREINER EDELOBSTBRENNEREI 359 SCHLUMBERGER WEIN- UND SEKTKELLEREI 359 CIGARRENFABRIK AUGUST SCHUSTER 360 ZIGARREN MANUFAKTUR DRESDEN 361 LA GALANA ZIGARRENMANUFAKTUR 361

ZUCKERLWERKSTATT 364 HEIDI CHOCOLAT 366 NIEMETZ 367 GERSTNER K.U.K. HOFZUCKERBÄCKEREI 368 BACHHALM SCHOKOLADENMANUFAKTUR 368 GLEEM – FINEST NATURAL SWEETS 369 GMEINER CONFISERIE UND KAFFEEHAUSUNTERNEHMEN 369 HALLINGERS GENUSS MANUFAKTUR 370 RAUSCH 370 SAWADE BERLIN 371 KONDITOREI-KAFFEE ZAUNER 371

GARTENHAUS TESTORF HOMEMADES 374 STAUD’S WIEN 375 SENFEREI ANNAMAX 375 RITTMEYERS BESONDERE RAFFINESSEN 376 KING OF SALT 376 WIENER ESSIG BRAUEREI GEGENBAUER 377 WIENER SCHNECKENMANUFAKTUR GUGUMUCK 377

378 INITIATIVEN & VERBÄNDE 380

DER ZEIT SHOP

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DEUTSCHE MANUFAKTUREN E.V.

384

MEISTERSTRASSE HANDMADE

386

DIE HACKESCHEN HÖFE

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INITIATIVE DEUTSCHE MANUFAKTUREN

390 APPENDIX REGISTER UNTERNEHMEN A–Z

REGISTER UNTERNEHMEN PLZ

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BILDNACHWEIS / IMPRESSUM


VORWORT

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VORWORT

DAS GROSSE BUCH DER MANUFAKTUREN VORWORT

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Günter Paschen erteilte mir am Anfang meines Weges eine entscheidende Lektion, die ich ihm ewig danken werde: Er respektierte und förderte meine Ideen und gab mir das unschätzbare Gefühl, dass meine Kreativität einen Wert besaß. Wie kaum jemand anderes war er offen für neue Ideen. Gemeinsam gründeten wir die „Bibliothek der Bücher über Bücher“, arbeiteten gemeinsam an meinem ersten großen Literaturprojekt, dem Libri-Literaturportal, und an etwas vor allem im Rückblick ganz und gar Staunenswertem, nämlich dem ersten literarischen Computerspiel mit dem Namen „Graf Libri“, entwickelt für den Bücherversender Libri.de. Amazon gab es damals noch nicht. Das Spiel dürfte bis heute das einzige Computerspiel weltweit mit einem lateinischen Slogan sein: „Habent sua fata libelli“ – die Bücher haben ihr Schicksal. Man muss etwas lachen, wenn man sich heute erinnert, aber so waren die

am Anfang meines Berufslebens gab es kaum einen Menschen, der mich so beeindruckt und inspiriert hat wie Günter Paschen. Die Welt, aus der ich kam, als ich gerade die Universität beendet hatte, kannte Männer wie ihn nicht. Wenn er aus seinem cremefarbenen Jaguar stieg, das Hemd offen, darunter ein Indianerschmuck, lange blonde Haare, Vollbart, hatte dies durchaus etwas Mondänes – zumal für einen Unternehmer aus Ostwestfalen-Lippe. Seine Möbelmanufaktur befand sich gerade, es ist fast 30 Jahre her, auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs und dieser Erfolg war durchaus ihm zu verdanken. Seine unternehmerische Meisterleistung war es, ein gänzlich aus der Mode gekommenes Möbelstück wieder zum Leben zu erwecken, nämlich die gute alte Bibliothek. Paschen machte daraus damals im höchsten Maße verführerische Wohnräume, europaweit fanden Paschen-Bibliotheken reißenden Absatz.

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DA S GROSSE BUCH DER M A N U FA K T U R EN

wertesten Buchpremieren in meinem langen Publizistenleben. Wir deckten Tische für rund 180 Gäste ausschließlich mit kostbaren Tischwaren aus deutschen Manufakturen ein. Niemand, der dabei war, wird den Abend vergessen, vor allem nicht die sehr beeindruckende Rede von Außenminister Guido Westerwelle. Nach einem kurzen Blick in sein Redemanuskript, das ihm ein Mitarbeiter reichte, sprach er über Manufakturen, als hätte er sich sein Leben lang mit keinem anderen Thema beschäftigt. Als eine Art Gemeinschaftsarbeit, eingebettet in ein weites Netzwerk aus Mitherausgebern, Beirat und einer Reihe von spannenden Partnern, erschien im Jahr 2015 schließlich der „Deutsche Manufakturenführer“ – angelegt und konzipiert als verbindliches Nachschlagewerk mit der Absicht, die Menschen nicht nur für die wunderbare Welt der Manufakturen zu begeistern, sondern sie auch hinzuführen zu den Häusern und Standorten. Man kann das Buch als eine Art Reiseführer verstehen, die Manufakturen sind nach Postleitzahlen strukturiert mit zahlreichen Informationen über Anfahrt, Schauwerkstätten, Werksverkäufe und so fort. Jeder Postleitzahlenbereich wurde mit einer Landkarte eingeführt, in der die Manufakturen verzeichnet waren. Diese regionale Sortierung und Sichtbarmachung bildete später die Grundlage für meine erste ZEIT-Reise, die ich für das renommierte Hamburger Medienhaus ein Jahr später entwickelt und durchgeführt habe. Die Route führte nach Bayern, wo wir einige der schönsten Manufakturen des Landes besichtigten. Überall wurden wir von Manufakteuren empfangen, die uns mit ihrer Leidenschaft für ihr Handwerk buchstäblich ansteckten und zutiefst faszinierten. Man konnte es den Teilnehmern meiner Reisegruppe förmlich ansehen: Diese Welt, in die sie eintauchten, kannten sie bisher nicht. Eine Quaste, ein Glas, ein Porzellanteller, all diese wunderschönen Produkte bekamen plötzlich eine neue Bedeutung, eine Geschichte, einen Hintergrund und vermittelten eine Ahnung von der großen Handwerkskunst, die zu ihrer Herstellung nötig war. Darin lag und liegt bis heute für mich die größte Erkenntnis und die wichtigste Herausforderung in der Beschäftigung mit Manufakturen: Alles ist eine Frage der Vermittlung. Man muss die Menschen hinführen zu den Manufakturen, man muss zeigen, was sie tun, wie die Produkte entstehen. So erst offenbart sich die große Schönheit einer einzigartigen, auf Dauer und Qualität angelegten Warenwelt im Unterschied zu einer auf schnellen und billigen Konsumismus angelegten Welt voller lapidarer und geschichtsloser Gegenstände, die unser Leben nicht schöner, sondern hässlicher machen. Dabei geht es nicht um Luxus, als Herausgeber möchte ich diesen Punkt ausdrücklich klarstellen. Manufakturen sind keine Angelegenheit für die happy few, die sich diese Produkte leisten können. Es ist ohnehin die Frage, ob Manufakturprodukte tatsächlich teurer sind als

90er, das Internet war noch ganz jung. Heute denke ich mit einem warmen Gefühl und nicht ohne leise Melancholie an diese herrliche Zeit zurück. Es war eine Gründerphase, in der alles möglich schien. Über all diese Erinnerungen ist längst die Zeit hinweggezogen, Günter Paschen ist viel zu früh verstorben und auch die Manufaktur gibt es heute nicht mehr. Zu viele große Unternehmen übernahmen seine Idee und haben bis heute Bibliotheken im Programm. Aber als ich dieses Buch vorbereitete, musste ich wieder an ihn denken. Beiläufig und völlig unbeabsichtigt stieß er nur mit einer kleinen Geste eine Tür auf, durch die ich gewissermaßen ins Land der Manufakturen gelangte. Ich erinnere mich sehr genau. Unsere gemeinsame Freundin, die wunderbare Chanson-Sängerin Ingeborg Wunderlich, gab in einem frisch renovierten Theater im Ruhrgebiet ein Konzert. Wir standen im Foyer des Prachtbaus aus den 50er-Jahren und warteten auf Einlass in den Konzertsaal. Die Schlange führte vorbei an einer voluminösen Theke, ein wunderschönes Stück, rein im Stil der Zeit wie alle Holzelemente des Interieurs, wie die Garderobe, die Türen, Decke und Böden. Günter stand vor mir und ich sah, wie er ganz nebenbei die Empfangstheke mit der Hand streichelte. Er spürte dem Funier nach, ging mit dem Daumen über die Kanten und Zargen und betrachtete ganz in sich versunken das aufwendige und schöne Objekt. In diesem Moment sah ich den Kern dessen, was einen echten Manufakteur ausmacht: die Liebe zum Werkstoff, Kennerschaft und der unendliche Respekt vor der handwerklichen Meisterleistung der Kollegen. Es war nur ein Augenblick, er geschah beiläufig, nebensächlich. Mir aber wurde klar, was das sein musste, eine Manufaktur, und um was es wirklich dabei ging. Passenderweise war es also eine Geste mit der Hand, die am Anfang einer langjährigen und intensiven Beschäftigung mit Manufakturen stand. Unter dem Titel „Handgemacht“, herausgegeben von Florian Langenscheidt, entstand im Jahr 2011 eine erste große Publikation über deutsche Manufakturen. Über das schöne Cover freue ich mich bis heute, eine Schachtel Macarons von La Durée hatte mich dazu inspiriert. Mit seinem seltsamen Querformat (das würde ich heute anders machen) liegt es bis heute in der Welt, erst kürzlich entdeckte ich es in einem Bericht der „AD“ über die neu eingerichtete deutsche Botschaft in Indien. Dort lag es zwischen anderen Büchern im Salon des Botschafters und machte mich einigermaßen stolz. Wir hatten damals dem Auswärtigen Amt für jede Deutsche Botschaft weltweit ein Exemplar gestiftet. Mit dieser großzügigen Geste bedankte sich mein Verleger für die Möglichkeit, die Buchpremiere des Werkes im Europasaal des Auswärtigen Amtes zu veranstalten. Ohne Zweifel war diese Veranstaltung eine der bemerkens-

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VORWORT

Die Produktion dieses Buches war ohnehin eine lange Reise, von der man voller Einsichten und Eindrücke, aber auch voller Fragen zurückkehrt. Es wäre sicher abendfüllend und durchaus lohnenswert, einmal alle Erfahrungen zusammenzutragen und mit allen engagierten Aktivisten innerhalb der Gemeinschaft der deutschsprachigen Manufakturen zu diskutieren. Dabei müsste beispielsweise das Thema Nachfolge auf die Agenda gesetzt werden. Auffallend war, dass viele, auch alte und etablierte Häuser, bei eigentlich gut laufenden Geschäften niemanden finden, der den Betrieb weiter und in die Zukunft führt. Der erwähnte große Unterschied bei der digitalen Expertise findet sicherlich beim fehlenden Generationenwechsel einen seiner Ursprünge. Die überschaubare, fragmentierte Branche, bestehend aus vorwiegend kleinen und mittleren Unternehmen, braucht auch mehr gemeinsame Bühnen und Projekte – vor allem für gemeinsame Marketing-Aktivitäten, die jene Vermittlungsarbeit leisten, die bereits erwähnt wurde. Die „Tage der Manufakturen“ in Berlin, veranstaltet von der Initiative Deutsche Manufakturen, sind dafür ein herausragendes Beispiel. Viele tausend Besucher kommen Jahr für Jahr auf das Gelände der Porzellanmanufaktur KPM und hier geschieht genau das, was so lebensnotwendig ist für Manufakturen. Es werden nicht nur Produkte präsentiert, sondern viele Aussteller zeigen auch, wie sie hergestellt werden. So entsteht beim Verbraucher ein Verständnis für die Einzigartigkeit manufakturellen Arbeitens, für das große Meisterhandwerk, das Manufakturprodukten zugrunde liegt. So entsteht Faszination. Warum solche oder vergleichbare Veranstaltungen nicht öfter und an verschiedenen Orten als Gemeinschaftsarbeit aller Manufakturen umgesetzt werden, bleibt indessen ein Rätsel. „Das große Buch der Manufakturen“ ist hingegen eine solche Gemeinschaftsarbeit. Vertreter aller Initiativen und wichtige Vertreter von Manufakturen haben an seinem Entstehen mitgewirkt. Dass von Anfang an bereits im Vorfeld alle Türen so weit offen waren, hat mich nicht nur persönlich gefreut, es war auch unerlässlich für das Gelingen des Projektes, zu dessen konzeptionellem Selbstverständnis gehört, dass es unabhängig von allen womöglich politischen Fragestellungen ein möglichst großes Netzwerk an Beiträgern und Förderern an sich bindet. Eine zentrale Funktion kommt dabei dem Beirat zu, dem gemeinsam mit dem Verlag und dem Herausgeber die Aufgabe obliegt, die im Buch präsentierten Manufakturen auszuwählen. Die Auswahl folgt dabei einer in vielen Projekten und vielen Beiräten gelernten, einfachen und sehr effektiven Methode, und zwar in zwei Schritten. Die Mitglieder des Beirats erhalten vom Herausgeber eine Masterlist mit vielen Manufakturen, im Kern geht sie auf alle bisher realisierten Manufakturprojekte zurück und ist das Ergebnis einer jahrelangen Recherche.

industriell gefertigte Massenprodukte. Spätestens wenn Sie in dritter Generation ein Meissener Porzellan erben, stellt sich die Frage nach den Anschaffungskosten nicht mehr. Es geht um die achtsame Möblierung des eigenen Lebens mit Dingen, die einen doppelten Wert haben: einen ästhetischen und einen handwerklichen Wert. Der „Deutsche Manufakturenführer“, der durch einen Sonderdruck einer großen deutschen Bank auf die sensationelle Gesamtauflage von rund 60.000 gedruckten Exemplaren kam, hat diese Botschaft eindrucksvoll vermittelt. Es ist die gleiche Botschaft, die auch das Buch vermitteln will, das Sie gerade in den Händen halten. Es ist insofern ein mehr als würdiger Nachfolger, der jedoch einem etwas moderneren Konzept folgt. Mit dem „Großen Buch der Manufakturen“ wollten wir eine vielleicht etwas selbstbewusstere Geste setzen, als es sein Vorgänger getan hat. Wir wollen weniger Nachschlagewerk und Reiseführer sein, sondern mehr Raum geben für die Entfaltung der einzelnen Manufakturen. Dem neuen großen Bildbandformat und vor allem dem unverwechselbaren, traumhaften Cover sowie dem Innenlayout von Star-Designer Mario Lombardo (Danke, Mario!) sieht man dieses Ziel bereits an. Innen sorgen zahlreiche, lange, eigens für dieses Buch erstellte Bildstrecken, vor Ort fotografiert vom renommierten Fotografen Enno Kapitza (Danke, Enno!), für einen starken visuellen Eindruck und vermitteln ein buchstäblich schönes, opulentes Bild von der Einzigartigkeit und komplexen Fertigung der jeweiligen Produkte. Inhaltlich haben wir dabei neue Akzente gesetzt. Erstmals sind, durchaus beispielhaft für eine Welt, die viel größer ist, als der hier im Buch vertretene Ausschnitt, auch Lebensmittel aufgenommen. Wir sind davon überzeugt, dass man den wachsenden und sehr innovativen Bereich gesunder, regionaler und mit leidenschaftlichem Bekenntnis zu Qualität und Nachhaltigkeit hergestellter Lebensmittel nicht ausklammern darf. Schon gar nicht in einem Buch, das lauter kleine und große Gegenwelten zur industriellen Massenfertigung präsentiert. So unüberschaubar die Szene der manufakturell produzierten Lebensmittel im deutschsprachigen Raum ist, so jung ist sie auch. Dem einen oder anderen Leser wird es vermutlich auffallen: Wir haben uns insgesamt bemüht, viele junge, moderne, gerade erst beziehungsweise in den letzten zehn Jahren gegründete Manufakturen zu präsentieren. Dies geschah durchaus mit Absicht, denn die deutschsprachige Manufakturenlandschaft ist alles andere als ein Antiquitätengeschäft. Ob Jeans, Fahrräder oder Surfboards – scheinbar gibt es eine regelrechte Start-up-Szene bei Manufakturen. Junge Entrepreneure fertigen für eine junge Zielgruppe individuelle, feine Sachen und sind auch digital ziemlich zeitgemäß unterwegs. Manches Traditionshaus kann sich hier sicherlich eine Scheibe abschneiden.

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DA S GROSSE BUCH DER M A N U FA K T U R EN

habe ich mich bei der Auswahl selbst über diese Eingrenzung hinweggesetzt. Ein wunderbares Beispiel dafür ist Susanne Schmitt, die im Ensemble der hier auf die publizistische Bühne gestellten Manufakturen gewissermaßen die Rolle der „verrückten Hutmacherin“ übernimmt. Sie macht Hüte wie Kunstwerke, vielfach ausgezeichnet, ungewöhnliche Objekte, vermutlich nicht für jeden Kopf, vermutlich nicht für jeden Anlass. Ist die Einzelkämpferin eine Manufaktur? Ist sie eine Kunsthandwerkerin? Seit vielen Jahren begleite ich den Weg der überaus kreativen Hutmacherin und kann mit Bestimmtheit nur sagen, dass dieses Buch ärmer wäre ohne sie. Insofern muss die Auswahl an Manufakten in diesem Buch ganz für sich sprechen. Für sein Zustandekommen darf ich mich nicht nur bei einem überaus engagierten Beirat bedanken, der seine ganze Erfahrung und Expertise und darüber hinaus seine jeweiligen Vorstellungen über das Wesen von Manufakturen in dieses Projekt eingebracht hat. Ich darf mich auch bei den Projektpartnern bedanken und bei allen freundlichen Menschen, die zu seinem Gelingen beigetragen haben. Allen voran bedanke ich mich bei zwei Damen dafür, dass sie mir dieses Projekt anvertraut haben. Bei meiner Verlegerin Dr. Marcella Prior-Callwey und bei Sandra Kreft, die bei der ZEIT Verlagsgruppe unter anderem die beeindruckenden Manufaktur-Aktivitäten verantwortet. Ein renommierter, traditionsreicher Verlag wie Callwey und ein höchstangesehenes Medienhaus wie die ZEIT markieren ein Umfeld für dieses Buch, wie man es sich besser nicht wünschen könnte. Ein besonderer Dank gilt auch dem Callwey-Team, das dieses Buch mutig, tapfer und angesichts einiger „Komplexitätsstufen“ krisenfest in den Druck gebracht hat. Meinem langjährigen Weggefährten, Partner und Mitstreiter Fabian Westkamp danke ich sehr und aus ganzem Herzen für seine unbesiegbare Energie, seinen Humor und seine Leidenschaft, mit denen er wie stets an meiner Seite in das Manufakturen-Abenteuer gezogen ist. Auch im Namen des Verlages danke ich Christoph und Dr. Niki Rath für die schöne Tür, die sie uns zu den österreichischen Manufakturen geöffnet haben. Und ich persönlich danke auch Dr. Thomas Koy, der genau weiß, wofür! Uns alle verband ein gemeinsames Ziel. Wir wollten zeigen, wie vielfältig, spannend und groß die Welt der Manufakturen ist, für die wir die Leser dieses Buches begeistern wollen. Es möge Anregung und Inspiration sein für jene Menschen, die in einer ohnehin turbulenten Welt Dinge suchen, die auf Dauer angelegt sind und in denen die Leidenschaft und Könnerschaft ihrer Hersteller sichtbar werden.

Der Beirat hat nun zunächst die Möglichkeit, diese Liste mit eigenen Vorschlägen zu ergänzen, zu vergrößern und jeweils mit der eigenen Expertise und dem eigenen Expertenwissen zu vervollständigen. Die so angewachsene Masterlist wird nun in einem zweiten Schritt dem Beirat zu einer Art Evaluation vorgelegt. Es werden Punkte vergeben: Ein Punkt heißt „gut“, zwei Punkte bedeuten „sehr gut“ und eine Null drückt aus „bitte nicht aufnehmen“. Man muss durchaus nicht alle Häuser der Masterlist kennen, es gibt auch die Option, weder einen Punkt, noch eine Null zu vergeben. Das so entstandene „Ranking“ diente uns als roter Faden bei der Auswahl der in diesem Buch präsentierten Manufakturen und ist als eigenes redaktionelles Ergebnis ein durchaus interessantes Dokument. Auf dem ersten Platz – dies kann an dieser Stelle durchaus und mit dem Hinweis, dass selbstredend kein Manufakteur im Beirat über sich selbst jurieren durfte, verraten werden – landete sehr klar die Glasmanufaktur Freiherr von Poschinger. Wer sich mit der Auswahl von Manufakturen für eine Publikation wie diese beschäftigt, kommt notwendigerweise nicht um die Frage herum, was eigentlich eine Manufaktur ausmacht. Immer wieder gibt es Versuche, nach einer klaren, unmissverständlichen Definition, nach einer Art quasi-mathematischen Formel zu suchen, was denn eine Manufaktur sei und was nicht. Ich persönlich empfinde diese Versuche auch angesichts der Buntheit und Vielfältigkeit einer Gruppe von Unternehmen, die so unterschiedliche Dinge herstellen wie Glas, Porzellan, Fahrräder, Marmelade oder Yachten, für schwierig und halte mein Verständnis vom Begriff bewusst offen. Hartmut Gehring, der langjährige stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Deutscher Manufakturen und Inhaber der Manufaktur Schneidwaren Gehring hat es einmal auf den Punkt gebracht: Eine Manufaktur hat ein Produkt. Dieser einfache Satz hilft bei der Verfertigung einer eigenen Vorstellung sehr, denn er grenzt den Begriff Manufaktur ab vom Meisterhandwerk. Ein Handwerksbetrieb, im Unterschied zur Manufaktur, hat kein Produkt. Er erfüllt nur Kundenwünsche und produziert gewissermaßen ausschließlich „customized“. Das tun viele Manufakturen auch, aber im Kern haben sie Produkte, die erst gefertigt und dann verkauft werden. Die Aussage grenzt auch ab gegen eine weitere Disziplin im Manufakturen-Umfeld, dem Kunsthandwerk. Wie bei den Manufakturen oder bei den Handwerksbetrieben ist auch hier die Meisterschaft im Handwerk grundlegend. Das Kunsthandwerk jedoch zielt mehr oder weniger auf das Unikat ab, auf das solitäre, einzelne Produkt, das sich wie ein Kunstwerk als Kommentar, in diesem Fall als ästhetischen Kommentar, zur Welt versteht. Womöglich helfen diese Begriffe nur, ein nahezu unüberschaubares Feld etwas einzugrenzen und zu überblicken. Mit Absicht und vielleicht mit etwas wie kuratorischem Selbstbewusstsein

Herzlichst, Ihr Olaf Salié

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WIR BEDANKEN UNS RECHT HERZLICH BEIM BEIRAT:

DR. FRANK MÜLLER BRIDGE TO LUXURY

DR. MARCELLA PRIOR-CALLWEY VORSITZ

BENEDIKT VON POSCHINGER POSCHINGER GLASMANUFAKTUR

FRIEDRICH G. CONZEN WERKLADEN CONZEN

DR. NICOLA UND CHRISTOPH RATH MEISTERSTRASSE

BRIGITTE FEDERHOFER-MÜMMLER E+M HOLZPRODUKTE

STEPHANIE SAALFELD PORZELLANMANUFAKTUR FÜRSTENBERG

JAN HEIPCKE KLAR SEIFEN

ANGELA SCHRAMM SCHRAMM WERKSTÄTTEN

DR. THOMAS KOY HOLZMANUFAKTUR LIEBICH

MICHAEL T. SCHRÖDER INITIATIVE DEUTSCHE MANUFAKTUREN

SANDRA KREFT ZEIT VERLAGSGRUPPE

MATTHIAS VICKERMANN VICKERMANN & STOYA

ANDREAS MÜLLER MÜHLE

UTE WEILAND LAND DER IDEEN

ANGELIKA MÜLLER H.O.M.E. MAGAZIN

STEFANIE VON WIETERSHEIM JOURNALISTIN

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GRUS S WOR T

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GRUSS WORT

„UND WER STERNE ENTDECKEN WILL, LERNE BRILLEN SCHLEIFEN.“ Christian Friedrich Hebbel

L Liebe Leserinnen, liebe Leser, haben Sie schon einmal in einer klaren Nacht die Schönheit der Milchstraße mit ihren Abermillionen von Sternen bewundert? Ist sie in ihrer majestätischen Größe nicht faszinierend und geheimnisvoll? Staunend schauen wir hinauf in die Unendlichkeit des Universums und spüren Demut. Und selbst wenn wir als Normalsterbliche nicht endgültig jene naturwissenschaftlichen und metaphysischen Zusammenhänge verstehen werden, die das All wohl zusammenhalten, so ahnen wir doch mit dem Blick in das Funkeln und Glitzern da oben, dass wir zumindest ein Teil dieser mächtigen alles umfassenden Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft sind.

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DA S GROSSE BUCH DER M A N U FA K T U R EN

In einer irdischen Dimension repräsentieren Manufakturen gleichfalls einen mystischen Kosmos für sich. Sie sind Orte, in denen im übertragenen Sinne von Menschen gemachte Sonnen, Planeten, Galaxien, Monde, Meteoriten oder Kometen erschaffen werden: traditionelle oder auch ganz neue kunsthandwerkliche Wunder. Doch im Unterschied zu den astronomischen Himmelskörpern lassen sie sich besuchen. Ihnen stehen wir dann nicht minder staunend und demutsvoll gegenüber. Vor einigen Jahren legte deshalb der Herausgeber Olaf Salié mit dem „Deutschen Manufakturenführer“ einen ersten, gewissermaßen Sternenatlas der Manufakturen vor. In ihm wurden über 300 außergewöhnliche Reiseziele kartiert, an denen Uhren, Spielzeug, Porzellan, Schuhe, Möbel, Musikinstrumente und andere besondere Erscheinungen menschlicher Kreativität und Fertigkeit entstehen. In Ihren Händen liegt nun „Das große Buch der Manufakturen“. Sein Anliegen ist nicht eine vollständig und nützliche Orientierung darüber, wo sich einzelne Werkstätten befinden und was in ihnen geschieht. Dieser üppig gestaltete Bildband möchte Ihnen mit seinen präzise geschliffenen Gläsern vielmehr ein Fernrohr sein, das den gezielten Blick auf einzelne, hell leuchtende, Ihnen vielleicht sogar noch unbekannte Manufakturen ermöglicht. Seien Sie also neugierig, machen Sie überraschende Entdeckungen, staunen Sie. Bewundern Sie Menschen und ihre Fähigkeiten, Produkte überbordenden Aufwandes und die glänzende Ästhetik handgefertigter Kleinode. Und falls auch Ihnen, wie den vielen Astronomen vor lauter Schauen nach oben, irgendwann der Nacken schmerzt, so verspreche ich Ihnen trotzdem eine faszinierende Reise durch das All der Manufakturen, die Sie begeistern wird. In der Tat: Die Bereitschaft, Manufakturen zu entdecken, kann durchaus anstrengend sein. Nicht nur, dass wir körperlich wie geistig bereit sein müssen, Standorte und -punkte zu wechseln. Hinzu kommt in unseren modernen Zeiten, dass sich unsere Exkursionen durch das Universum der Manufakturen mit der im übertragenen Sinne zunehmenden Lichtverschmutzung erschweren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zu ihnen zählen unter anderem der gesellschaftliche Wertewandel, die Globalisierung oder der technologische Fortschritt. Ein Ausdruck des gesellschaftlichen Wertewandels ist das Verschwinden bürgerlicher Rituale. Was zum Beispiel vor Jahren als „Casual Friday“ in den internationalen Büroetagen Einzug hielt – der von Schlips und Kragen befreite Dresscode –, ist inzwischen quasi während der gesamten Arbeitswoche Standard. Dasselbe Phänomen lässt sich auch in Konzert- und Opernhäusern beobachten, in denen das lange Abendkleid und der Smoking mittlerweile selten anzutreffende Blickfänge geworden sind. Falls aber bei sozialen Anlässen pflichtgemäße äußere Eleganz nicht mehr erforderlich ist, warum soll eine Frau hochwertige Diamanten oder Perlen tragen oder der Mann eine wertvolle Armbanduhr analog zur goldenen Savonnette seiner Ahnen? Wenn

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GRUSS WORT

in der kinderlosen Single-Gesellschaft sonntags nicht mehr regelmäßig bei den Großeltern im Salon gespeist wird, warum dann noch vielteiliges Porzellan und Silberbesteck als Zeichen des kultivierten Zusammenseins nutzen? Schlechte Zeiten für Maßschneider, Juweliere und Manufakturen für Tischwaren. Eine zweite Ursache der Lichtverschmutzung ist die Globalisierung und als ihre Folge die weltweite Präsenz großer Luxusmarken. Durch sie haben es lokale, kleine und unabhängige Manufakturen schwer, Aufmerksamkeit für ihre individuellen und besonderen Waren zu finden. Sie werden in ein Nischendasein gedrängt, das nur noch kleine Gruppen an Sammlern, Connaisseuren und Ästheten erreicht – Menschen, die sich wie Sie an handgeschöpftem Briefpapier, im Stahlstich gedruckten Visitenkarten oder mit Dachshaar ausgestatteten Rasierpinseln zu erfreuen wissen. Drittens schließlich setzt auch der technologische Wandel den Manufakturen zu. Ein Ausdruck dafür ist die Digitalisierung. Sie hat zu einer Umbewertung der Berufe geführt. Wer möchte heute noch Handwerk lernen? Ihm fehlt der Nachwuchs. Wo kommen wir mit ihm im Alltag noch in Berührung? Eine Wohnungseinrichtung wird heute online bestellt und nicht mehr beim Schreiner im Quartier. Der erste Maßanzug zur Konfirmation? Das handgestickte Monogramm auf Brokat, Seide und Damast einer Mitgift? Ohne eine alltägliche im wortengen Sinne Berührung mit Kunsthandwerk kann es auch keine Wertschätzung erfahren. Der Blick durch das Teleskop ins All ist faszinierend. Er weist zugegebenermaßen auch eine melancholische Note auf. Das Licht ferner Sterne brauchte teilweise Milliarden Jahre, um uns zu erreichen. So schauen wir manchmal auf Himmelskörper, die es womöglich gar nicht mehr gibt. Denn wir betrachten Vergangenheit ohne Kenntnis ihrer Gegenwart. Im Gegensatz zu den Sternen am Firmament allerdings können wir den Lauf der Manufakturen durch unsere Bewunderung positiv beeinflussen. Mit Ihrem Interesse an den wunderbaren Objekten der Handwerkskunst und den Orten ihrer Entstehung halten Sie über Jahrtausende gewachsene Kulturen, Traditionen, Fertigkeiten, soziale Werte sowie eine schöne Idee von Zukunft am Leben, die für unser langfristiges irdisches Dasein durchaus existenziell sind. Dafür möchte ich Ihnen danken. Bei der Reise durch den mystischen Kosmos der Manufakturen wünsche ich Ihnen aufregenden Entdeckerspaß!

Herzlichst, Ihr Dr. Frank Müller

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Manufakturen MÖBEL LEUCHTEN BAUEN & GESTALTEN TISCHKULTUR & KÜCHE KUNST & DEKOR ATION TEXTILIEN KÖRPERPFLEGE & BAD

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WOHNEN & LEBEN

JANUA MÖBEL 24 FREIFRAU SITZMÖBELMANUFAKTUR 30 SCHRAMM 36 KETTNAKER 42 BRÜHL 48 HESBIN 54 BW BIELEFELDER WERKSTÄTTEN 56 CONTACT TO DESIGN – MÜNCH FURNITURE DESIGN 57 COR SITZMÖBEL 58 WILDE + SPIETH 58 THONET 59 DRAENERT 60 DAS KLEINE B 61 TECTA 62 INTERLÜBKE 64 BLOCKMANUFAKTUR 66 HÜLSTA 66 TAMESIS MANUFACTURE 67 POGGENPOHL MÖBELWERKE 68 WESCO 69 FORM EXCLUSIV 70 HOLZMANUFAKTUR STUTTGART 70 WERTHER – DIE MÖBELMANUFAKTUR 71 SUDBROCK MÖBELHANDWERK 71

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MÖBEL

JANUA MÖBEL Wie man modernes Interior Design mit jahrhundertealter Fertigungstechnik und neuester Technologie paart, zeigt der Möbelhersteller Janua. Am Firmensitz in St. Wolfgang in Oberbayern wird leidenschaftlich mit Holz in alle Richtungen experimentiert oder besser gesagt: revolutioniert?

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Seinen Wurzeln ist Janua immer treu geblieben. So wird auch heute noch die gesamte Produktpalette am bayerischen Standort produziert.

E Es war Winter im Jahr 2005, als Christian Seisenberger, gelernter Schreiner, seine Möbelfirma gründete und Udo Patzke ihm mit seiner Vertriebserfahrung dabei half, von dem bayerischen Dorf aus die Welt zu erobern. Janua, benannt nach dem Gründungsmonat, nur ohne „r“, ist seither in 29 Länder expandiert. 50 Mitarbeiter und externe Designer zählt das Unternehmen heute zu den festen Größen, die international 300 ausgewählte Fachhandelspartner sowie Pop-up-Stores und Double-Brand-Stores in Deutschland und Europa beliefern: mit Tischen, Sitzbänken, Korpusmöbeln, Regalsystemen, Couchund Beistelltischen, Büromöbeln und Betten aus Massivholz und anderen natürlichen Materialien im Zusammenspiel, kurz: Möbel mit Charakter, die das ständige Streben nach Innovation und neuen Wegen spiegeln, die der Gründer mit seinem festen Team seit nunmehr 15 Jahren verfolgt. Das Ergebnis sind verschiedene Techniken der Oberflächenbehandlung unterschiedlicher Holzsorten, auf die sich die Möbelmanufaktur spezialisiert hat und sich

mit einer Bandbreite an Bearbeitungsmöglichkeiten ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen konnte. Der Qualitätsanspruch beginnt schon bei der Auswahl des Materials: Nachhaltigkeit, kurze Transportwege, Dauerhaftigkeit und Sorgfalt sind maßgebliche Kriterien, die den Umgang mit den Massivhölzern bestimmen, schließlich sind sie aus ökologischer Sicht hochwertige und nachhaltige Güter und lassen dank natürlicher Strukturen und Merkmale Massivholzmöbel zu Unikaten werden. Ob Eiche, Esche oder Nussbaum – jedes Holz wird in seiner Natürlichkeit belassen und nur getrocknet, geschnitten und verleimt. Je nach Kundenwunsch erfolgt dann die Oberflächenbearbeitung. So wird geköhlt oder geräuchert, gelaugt, gekalkt, natürlich geölt, pigmentiert oder farbig gebeizt, gebürstet oder mit der Kettensäge strukturiert. Während geköhlte und geräucherte Oberflächen längst zu den Klassikern der Kollektion gehören, hat Janua auch die Verwendung von Altholz für sich entdeckt. In sorgfältiger Handarbeit, mit Klopfholz und Beitel, wird es so lange aufbereitet, bis eine unverwechselbare Optik und Haptik entstehen. Der Effekt ist offensichtlich: Eichenbohlen aus Abbruchscheunen zeichnen sich durch Risse, Zapfstellen oder Wurmlöcher aus – eine charakterstarke Variante für Möbelunikate von bereits langer Lebensdauer und noch großer Zukunft. Viel Herzblut und Sachverstand stecken in

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jedem einzelnen Designobjekt. Zu verdanken ist dies den Kenntnissen, den Erfahrungen und dem Teamgeist der Mitarbeiter, die die individuellen Merkmale wie Farbunterschiede und natürliche Einschlüsse im Holz und Eigenständigkeit als einen Ausdruck von Echtheit begreifen und diese Eigenheiten betonen. Kombiniert werden sie mit hochwertigen Stahlvarianten sowie Leder, Stoffen oder auch Stein. Der Name der Designer gehört zum Programm, ihre Initialen sind in den Bezeichnungen der Modelle selbstredend: Stefan Knopp, der seit mehr als 20 Jahren die Möglichkeiten der Farb- und Materialgestaltung auslotet und in seinen puristischen Tischplatten „SK 08 Butterfly“ oder „SK 01 Monolith“ natürliche Linien, Risse und Kanten betont und auch mit den archaisch anmutenden, sinnlichen Schalen „SK 07 Ritual“ den Übergang zum Kunstobjekt schafft; Birgit Hoffmann und Christoph Kahleyness, die in praktischen, durchdachten Modulmöbeln wie dem Regal „BC 06 RooM 68“ Funktionalität mit organischen Formen verbinden und etwa mit ihren in den Höhen variablen Couchtischen „BC 05 Stomp“ massiven Baumscheiben eine Präsentationfläche auf filigranen Metallfüßen bieten; Bernd Benninghoff, der Möbel innovativ denkt, wie der Tisch „BB 11 Clamp“ zeigt, dessen Planken


MÖBEL DATEN & FAKTEN BRANCHE

Möbel PRODUKTE

Tische, Sitzbänke, Korpusmöbel, Regalsysteme, Couch- und Beistelltische, Büromöbel, Betten STANDORT

Armstorf – St. Wolfgang, Bayern GRÜNDER

Christian Seisenberger (2005, Armstorf – St. Wolfgang) INHABER

Christian Seisenberger MITARBEITER

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in 29 Ländern über autorisierte Fachhändler und bei temporären Ausstellungen in Pop-up-Stores

Auch bei der finalen Behandlung der Oberflächen setzt Janua vorwiegend auf Naturöle, um die Lebendigkeit des Holzes zu erhalten.

Neues aus dem ältesten Werkstoff der Welt entsteht am Standort St. Wolfgang in Oberbayern.

In 15 Jahren hat sich das Unternehmen Schritt für Schritt von der kleinen Manufaktur zu einer internationalen Marke mit komplettem Sortiment entwickelt.

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Janua ist Teamarbeit im besten Sinne, eine Großfamilie aus festangestellten Mitarbeitern, freiberuflichen Designern und externen Produzenten.

nicht verleimt, sondern ins Tischgestell geklemmt sind; Claus P. Seipp, dessen Tische „S 600“ und „S 700“ mit klar definierten Linien und optischer Leichtigkeit den Designpreis Interior Innovation Award einspielte und die Liste der Auszeichnungen anführt. Zuletzt gab es für die Produkte „made in Germany“ die begehrten Preise Best of German Interior Design 2018, German Brand Award Gold 2019 und German Brand Award Special 2019. So vielseitig die Gestaltungen sind, so sprechen sie doch eine Sprache: Möbel von Janua folgen keinen Trends – es ist ihre Zeitlosigkeit, die sie über jedes Mittelmaß erhebt. Zwischen der ersten Möbelmesse in Köln, bei der Christian Seisenberger seine erste Kollektion ausstellte und dort den Impuls zur Unternehmensgründung erhielt, liegen 15 Jahre. „Der unbedingte Wille und die Faszination für Möbel waren die beste Voraussetzung, etwas Erfolgreiches aus dem Boden zu stampfen“, so beschreibt Christian Seisenberger sein Erfolgsrezept. Seitdem bestimmt die Lust am Echten sein Handeln und die Unternehmensphilosophie, die sich mehr an Werten als an Regeln orientiert. Stetiges Wachstum, ein immer

umfangreicheres Sortiment und aufsehenerregende Innovationen kennzeichnen die Entwicklung von Janua bis zum heutigen Tag. Zuletzt eine virtuelle Liebeserklärung „360°VR-Brand-Experience“ als erster Virtual-Reality-Film der Möbelbranche. Der Adressat? Liegt auf der Hand, vielleicht streicht sie aber auch gerade drüber: Holz, der älteste Werkstoff der Welt.

SCHON GEWUSST? Eine völlig neue BrandExperience verspricht Januas digitale Innovation, die auf der IMM von 2019 vorgestellt wurde: der weltweit erste Virtual-Reality-Film der Möbelbranche. Es ist eine völlig neue Form, die Kunden an der Entstehung der Möbelstücke teilhaben zu lassen. Janua führt uns hier in den Wald, zum Ursprung jedes Möbels und lässt uns die Arbeit der Handwerker unmittelbar mitverfolgen. Damit kann jeder die (Nat)Urkraft Holz erleben!

JANUA MÖBEL CHRISTIAN SEISENBERGER GMBH Am Klosterpark 1, 84427 Armstorf – St. Wolfgang www.janua-moebel.com

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MÖBEL IN DER REGION Materialien haben für Möbel eine enorme Bedeutung. Sie bestimmen ihre Qualität, aber auch ihre Optik. Bei Janua hat die sorgfältige Auswahl hochwertiger Materialien von Anfang an die DNA der Marke definiert. Die maßgeblichen Kriterien für ihre Auswahl sind Nachhaltigkeit, kurze Transportwege, Dauerhaftigkeit und Sorgfalt. Seinen Wurzeln ist Janua immer treu geblieben. So wird auch heute noch die gesamte Produktpalette am bayerischen Standort produziert – bei rund zehn regionalen Handwerksbetrieben – und von hier aus in über 29 Länder vertrieben.

Christian Seisenberger gründete das Unternehmen im Januar 2005.

„MIT DEN VIER JANUA-OBERFLÄCHEN, ALTHOLZ, DEM WASCHEN, DEM RÄUCHERN UND DEM KÖHLEN, EINER URALTEN HANDWERKSKUNST, HAT JANUA IN DER BRANCHE ZWEIFELLOS EIN ALLEINSTELLUNGSMERKMAL KREIERT.“ 29


„DAS GROSSE BUCH DER MANUFAKTUREN“ FÜHRT EIN IN DIE WUNDERBARE WARENWELT DER HANDGEFERTIGTEN PRODUKTE, DIE SICH DER NACHHALTIGKEIT UND QUALITÄT, DEM SINN FÜR SCHÖNHEIT SOWIE DER TRADITION UND INNOVATION GLEICHERMASSEN VERPFLICHTET FÜHLEN.

Unverzichtbares Nachschlagewerk der schönsten Manufakturen im deutschsprachigen Raum Exklusive Einblicke und Bildstrecken in die Produktion und Arbeitsweise der Manufakturen, mit allen wichtigen Hintergrundinformationen Umfassendes Hersteller- und Adressverzeichnis


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