Stadtblatt 2017 02

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FOTO: JAKE MASON

familiensache Alles möglich! KidsKleinanzeigen boomen

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igital Market Outlook muss es wissen: Online-Kleinanzeigen boomen. Umsatzprognose für Deutschland bis 2021: steigend. Allein 2016: 836 Millionen Euro. Autoteile und Hundekörbchen, verrostete Wehrmachts-MP 40 und ausgestopfter Fasan – alles geht. Besonders erfolgreich: Kinderbezug. Da wird die Tagesmutti gesucht, „die nebenbei mit Kindern Spaß haben möchte und dabei unsere Randzeit am Nachmittag abdeckt“. Da steht ein selbst gebastelter Heißluftballon zum Verkauf („in dem Körbchen ist Platz für ein Kuscheltier“), und wer ihn nicht als Deko verwenden will, kann aus ihm eine Lampe machen. Alles ist zu kriegen, vom Puppenbett („süße hellrosa Kissen!“) bis zum Bauklötzchentisch („Klötzchen sind aber schon abgeschrabbelt“), vom Hampelmann („hakt ein bisschen“) bis zum Gummistiefel („der rechte hat ein winziges Loch, aber da kommt kaum was durch“), vom aufblasbaren „Minions“Roboter („wurde nur 1 mal mit gespielt“) bis

Mitten in der Gesellschaft. Patrick Seele, Regionalkoordinator von SchLAu Osnabrück: „Unser Ziel ist es, uns überflüssig zu machen.“

Sichtbarer werden

„SchwulLesbischeBiTransAufklärung“: Schweres Wort. Patrick Seele und Julia Völker erklären, was es bedeutet. Angst vor rechten Dominanzdenkern haben sie nicht.

s Im Rennen um den Käufer: Nicht nur Rennwagen bilden die Spitze zum Bett in Rennwagenform („leider fehlen die ,Reifen‘, die waren als als zusätzliche schwarze Scheibe angebracht“). Therapeutisches Reiten für Babys? Kein Problem. IKEA Ekorre-Schaukelelch? Dutzende zur Auswahl! Milchpumpe („es kann sofort losgehen“)? Klar. Nur Kinder selbst findet man hier noch nicht. Obwohl: da war doch mal was? Bei Ebay-Kleinanzeigen? In Duisburg? 40 Tage altes Baby für 5.000 Euro, Jugendamts-Einsatz inklusive? Es gibt also doch noch Grenzen. HARFF-PETER SCHÖNHERR

chLAu? Wenn es nach dem Kreisverband Osnabrück Stadt der AfD geht, ist klar: Was die Initiative „SchwulLesbischeBiTransAufklärung“ den Schulen in Stadt und Landkreis anbietet, geht „in Richtung sexuellen Missbrauchs“. „Ein derartiger Unterricht überschreitet eindeutig die Schamschwelle von Kindern und Jugendlichen.“ Patrick Seele, Regionalkoordinator von SchLAu Osnabrück, kennt solche Behauptungen. Er kontert mit Sachlichkeit. „Da wird viel Polemik verbreitet, viel Unwahrheit.“ Seine Informations- und Aufklärungsveranstaltungen über die Lebenswelten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Intersexuellen und Transgendern verstehen sich als „menschenrechtsbasiertes Antidiskriminierungsprojekt, das Vorurteile und Rollenbilder aufbricht“. Es geht um Selbstbestimmung, um Respekt, um „den Dialog über sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität.“ Seele: „Früher war ja immer schnell von normal und unnormal die Rede,

von gesund und krank, von richtig und falsch. Dem treten wir entgegen.“ Der populistische Verdacht, es gehe um sexuelle Praktiken? Falsch. „Wir machen ja keine Sexualkunde.“ Auch um die „Deutungshoheit über Sexualität“, so die AfD, geht es nicht. Dominanzdenken findet definitiv nur auf der Gegenseite statt. SchLAu ist bundesweit tätig, 100 Aktive sind es allein in Niedersachsen. Seele, dessen fünfköpfiges Ehrenamtlichen-Team sich zumeist aus Studenten zusammensetzt, von Psychologie bis Sozialpädagogik: „Der Bedarf nach Expertise ist groß.“ SchLAu Osnabrück, getragen vom Gay in May e.V., gibt es seit 2008, anfangs noch unter dem Namen Schul!AG. 21 Workshops stehen für 2014 zu Buche, 14 für 2015, 13 für 2016, je zwischen 3 und 6 Zeitstunden lang und besetzt mit 3 Teamern. Die meisten fanden im Landkreis statt, aber viele auch in der Stadt Osnabrück – von den BBS Westerberg bis zur Möser Realschule. Julia Völker, Teamerin, seit 2016 dabei:

Mami Moshpit Schwerer Abschied

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m Februar, liebe Gemeinde, ist ja Valentinstag. Also predigt Mami diesmal Liebe. Liebe zum Handwerk, zur Freundlichkeit, zum Samstagsbrötchen, derart unverschämt lecker, dass man sich die ganze Woche darauf freut (man möge hieraus bitte keine Rückschlüsse auf unser Leben ziehen). Gute Bäcker sind selten geworden. So selten, dass mir seinerzeit die Entdeckung vom sensationellen Bäcker Böhne an der Parkstraße, Ecker Limberger, sage und schreibe den Umzug von Berlin nach Osnabrück erträglich gestaltete. Böhne war bei uns acht glückliche Jahre lang Kult, Konstante, Garant für leuchtende Kin-

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deraugen dank „echter Prinzessinnentorten!“, auf goldgerahmten Spiegeln serviert, und Lieferant der krossest-zartesten Laugencroissants jenseits von Paris. Wo bleibt jetzt unser Sonntagsritual mit Honig-Walnuss-Brötchen? Hä? Denn heute erreichte mich die Nachricht von der Geschäftsaufgabe dieser Institution, wegen Rente und Nachfolgermangel. In einer Zeit, in der die kleinen, großen Dinge wieder so wichtig werden. Böhne war „back to the roots“, und nun sehen wir nichts Geringeres als das Ende einer Ära! Bleibt nur, DANKE zu sagen auf diesem Wege und zu hoffen, dass es dieses so selten tolle Team noch irgendwie erreicht. Osnabrück loves you – come BACK, if you can! Eure Mami, mit Tränchen

„Die Schüler sind sehr offen, konfrontieren uns mit intensiven, teils auch echt krassen Fragen.“ Pause. „Mitzuerleben, wie jemand etwas Neues lernt, ist wirklich toll.“ Wie alle Teamer ist sie jung, nach dem Prinzip Peer to Peer, „dann fällt den Schülern die Identifikation leichter“, und spricht aus persönlicher Erfahrung: SchLAu-Mitarbeiter haben einen lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen, queeren Hintergrund – sprechen auch über die eigene Biografie. SchLAu-Workshops sind, so Seele, „emphatisch, aber mit Methode“, und so spielerisch manches Auflockerungselement ist, zu so ernsten Gesprächen kommt es. Seele: „Rein statistisch gibt es in jeder Klasse ja 1 bis 2 Betroffene.“ Eine fordernde Arbeit. Völker: „Du arbeitest ja immer mit dem, was die Klasse auf dich spiegelt.“ Seeles SchLAue gehen zu Schülern ab Jahrgang 7. Auch bei der örtlichen Aidshilfe waren sie schon. Und an der Universität. Seele: „Unser Ziel ist es, uns überflüssig zu maHARFF-PETER SCHÖNHERR chen.“


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