"Bündnerwald" Juni 2021 -Wege vom Bündner Holz

Page 28

Die Holzproduktion nur noch ­ als Pflicht? Die Holznutzung beeinflusste die Forstwirtschaft während Jahrhunderten sowohl positiv wie negativ. Die Übernutzung der Wälder und die Holzverknappung waren der Auslöser für die Entwicklung einer geregelten, nachhaltigen Waldwirtschaft. Die Holznutzung war auch im Kanton Graubünden immer einer ­­ der wichtigsten Einflussfaktoren, sei es in der Waldpolitik, der Planung, im Waldbau, in der Infrastruktur, den Verfahrens­ techniken u. a mehr. In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeu­ tung der Holznutzung im Kanton nicht nur wirtschaftlich abgenommen. Wie beurteilen wir die Zukunft der Holzproduk­ tion im Kanton Graubünden, wird sie zur Pflicht oder wird sie ihre ehemalige Bedeutung zurückerlangen? Dr. R. Gordon

Der Einfluss der Holzproduktion auf die Bündner Waldwirtschaft In der Bündner Waldgesetzgebung wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur kantonalen Waldgesetzesrevision 1995 die Waldbewirtschaftung grösstenteils auf die Holzproduktion ausgerichtet. 1858 wurde in einer revidierten Waldordnung die Grundlage für die Einführung einer geordneten Waldwirtschaft gelegt, indem eine Wirtschaftsplanpflicht eingeführt wurde. Diese schreibt vor: «Behufs einer besseren Bewirtschaftung der Gemeinde- und Korporationswaldungen sind […] Wirthschaftspläne zu entwerfen und so annährend als thunlich, die Nachhaltigkeit der Walderträge zu ermitteln.» Im Kielwasser der Holzproduktion konnten anschliessend aber auch alle anderen gesellschaftlich nachgefragten Leistungen zur Zufriedenheit der Bevölkerung erbracht werden. Waldbau und forstliche Planung waren stark auf die Holzproduktion ausgerichtet. Im Zentrum stand die Schaffung stabiler, aber auch ertragreicher Wälder. Nach der Kahlschlagwirtschaft wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine naturgemässere Bewirtschaftung der Wälder gefordert. Die Plenterwaldbewirtschaftung, welche als Leitziel hatte, nachhaltig die

28

grösste Menge an wertvollem Holz mit geringstem Aufwand zu produzieren, wurde zum Vorbild für den Waldbau in Graubündens Gebirgswälder. Mit der gleichzeitigen Einführung der Kontrollmethode nach Biolley als Planungsverfahren wurden Waldbau und Planung eng miteinander verknüpft. Der Waldbau wurde nach und nach den besonderen Verhältnissen im Gebirge angepasst, weg von der Einzelplenterung und hin zu einer Gruppenplenterung. Die forstliche Planung und die Oberziele der Waldnutzung wurden jedoch weiterhin auf die Holzproduktion ausgerichtet. Dies kommt auch aus dem Titel einer der wichtigsten waldbaulichen ­Publikationen jener Zeit, die «Ertragreiche Nadelwaldgesellschaften im Gebiete der schweizerischen Alpen unter besonderer Berücksichtigung Graubündens»¹ klar zum Ausdruck. Die volkswirtschaftliche und die betriebswirtschaftliche Situation der Waldwirtschaft war bis vor rund 50 Jahren vollständig von den Holzpreisen bestimmt. Viele Gemeinden im Kanton konnten einen rechten Teil der Ausgaben der Gemeinden mit den Erträgen aus dem Wald finanzieren. Mit dem grossen gesellschaftlichen Wandel und dem «Waldsterben» in den 1980er-Jahren hat der


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.