Brixner 195 - April 2006

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„Aus, Schluss, vorbei!“ Der SSV Brixen Fußball und Spielertrainer Martin Angerer gehen seit Anfang März getrennte Wege. Sektionsleiter Paul Seeber und der ehemalige Trainer Martin Angerer sprachen mit dem „Brixner“ über die wahren Gründe der Trennung.

Martin Angerer: „Es wurde nie offen über Probleme geredet.“

Kein guter Start in neue Saison

I

In den dreieinhalb Jahren als Spielertrainer des Oberligisten SSV Brixen hat Martin Angerer Beachtliches geleistet: Die sportlichen Höhepunkte in der Vereinsgeschichte erlebte die Mannschaft unter seiner Leitung. Jetzt tauchen allerdings Risse in der Erfolgsgeschichte auf: Im Brixner Verein scheint schon seit einiger Zeit Einiges schief gelaufen zu sein. Anfang März, zwei Tage vor dem Derby gegen Stegen, kam es dann zum Eklat: Martin Angerer teilte seiner Mannschaft und Sektionsleiter Paul Seeber seinen ab sofort wirksamen Rücktritt mit. Sollte diese Trennung ursprünglich friedlich über die Bühne gehen, so ist sie in den letzten Wochen zu einer regelrechten Presseschlacht ausgeartet, gekennzeichnet von gegenseitigen Anschuldigungen und Beleidigungen. 62

Der Start in die neue Saison hatte schon im August nichts Gutes prophezeit: Vier Stammspieler vom Vorjahr wurden nicht mehr bestätigt; diese Entscheidung wurde getroffen, um jungen Spielern die Chance zu mehr Einsatz zu bieten. Michael Gasser war nach seinem Kreuzbandriss noch nicht fit, Matthias Regele war angeschlagen, trainierte aber trotzdem, Emanuel Salcher war zuerst verletzt, dann durfte er wegen eines fehlenden ärztlichen Zeugnisses nicht spielen. Einige Spieler waren unzufrieden, fanden nicht die richtige Motivation. Dies war sicherlich ausschlaggebend, dass die Brixner nie richtig in Schwung kamen. „Es fehlte das Mannschaftsgefüge“, ist Angerer überzeugt.

„Brief an Martin“ „Ich war gerade beschäftigt, mit den Ausschusskollegen

das Programm für die 50-JahrFeier zu definieren und erhielt einen Anruf von unserem Trainer Martin Angerer: ‚Kannst du kurz hinunter in die Kabine kommen?’ Ich kam in die Kabine: Martin, Co-Trainer Christian und alle Spieler waren anwesend. Eigentlich war das Training angesagt. Martin teilte den verdutzten Spielern und auch mir überraschend mit, dass er ab sofort als Trainer nicht mehr zur Verfügung steht. Chris­tian Wagger (Tormanntrainer) verabschiedete sich überhaupt nicht.“ Mit diesen Worten beginnt Paul Seeber seinen in der Vereinszeitung „SSV Brixen news“ erschienenen „Brief an Martin“. Dieser Brief sorgt bei Angerer für Kopfschütteln: „Alles nur schön verpackt und um den heißen Brei geredet“, wundert sich der ehemalige Trainer über die Zeilen. Regelrecht geärgert hat ihn aber folgender Passus, in dem Seeber über die wahren Gründe des Trainerabschieds

mutmaßt: „Nachdem Angerer im letzten Jahr seine eigene Bar in der Brixner Altstadt eröffnet hatte, war er immer mehr belastet. Nicht zu vergessen sei, dass er immerhin noch dazu Vater dreier Kinder ist. Alles zusammen brachte das Fass schließlich zum Überlaufen.“ Seeber spart in seinem „Brief an Martin“ auch nicht mit Kritik: „Trainer, Spieler, Funktionäre müssen Höhen und Tiefen durchstehen, mit Kritik richtig umgehen können und die Anhänger verstehen, wenn plötzlich viele es vermeintlich ‚besser’ machen würden“. Angerer beschuldigt Seeber, damit zu weit gegangen zu sein: „Ich kann nicht verstehen, wie man in einer Vereinszeitung so weit gehen kann und sogar meine Familie mit einbezieht und versucht, mich in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Man muss zwischen den Zeilen lesen; erst dann versteht man, wie verletzend dieser Brief eigentlich ist. Das hat wenig mit Fußball zu tun!“


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