EB 8312
Breitkopf & Härtel
Edition Breitkopf
Brahms
–
BEGRÄBNISGESANG
für gemischten Chor und Blasinstrumente for Mixed Choir and Wind Instruments op. 13
Klavierauszug
Piano Vocal Score
Johannes Brahms
Begrä B nisgesang für fünfstimmigen gemischten Chor und Blasinstrumente for Five-Part Mixed Choir and Wind Instruments op. 13
Text von | Words by Michael Weiße
Klavierauszug von | Piano Vocal Score by Walter Börner
Besetzung
Scoring
fünfstimmiger gemischter Chor five-part mixed chorus (Sopran, Alt, Tenor, Bass I, Bass II) (Soprano, Alto, Tenor, Bass I, Bass II)
2 Oboen 2 Oboes
2 Klarinetten in B
2 Fagotte
2 Hörner in Es
3 Posaunen
2 Clarinets in Bj
2 Bassoons
2 Horns in Ej
3 Trombones Tuba Tuba
Pauken Timpani
AufführungsdauerPerforming Time
etwa 10 Minuten
approx. 10 minutes
Dazu käuflich lieferbar:
PartiturPB 3225
BläserstimmenOB 3225
ChorpartiturChB 3541
Available for sale:
ScorePB 3225
Wind partsOB 3225
Choral scoreChB 3541
Vorwort
„Mit unerbittlichem, fast gleichmüthigem Ernst, dem unabwendbaren Schicksal gleich, schreitet die einfache, eintönige Weise in der Bewegung eines Trauermarsches dahin. Die den Chor begleitenden Instrumente sind nach Gattung und Zahl auf das Nothwendigste beschränkt, ihr Klang ein Gemisch von Grellem und Feierlichem. Im Trio keine sanfte Klage, kein zerfließendes Gefühl, sondern der Trost, den die Gewißheit einstiger Erlösung vom Lebensleid in ein Mannesherz senkt. Die Melodie durchaus volksliedartig, jeder Ton wie gemeißelt.“ Mit diesen Worten beschrieb der mit Johannes Brahms befreundete Musikwissenschaftler Philipp Spitta in einem 1892 veröffentlichten Aufsatz über Brahms dessen Begräbnisgesang op. 13. (Mit „Trio“ meinte Spitta den mittleren Abschnitt T. 49–89, der die Strophen IV–VI enthält.) Spittas Charakterisierung vermittelt etwas von der starken Wirkung, die diese Komposition seit ihrem Erscheinen im Dezember 1860 hervorgebracht hat.
Der Begräbnisgesang ist ein Frühwerk des 25-jährigen Brahms. Er schrieb das Werk im November 1858 in Detmold, wo er von 1857 bis 1859 jeweils von Oktober bis Dezember als Klavierlehrer, Pianist und Dirigent im Dienst des Fürsten Leopold III. zur Lippe stand. Der Vertonung zugrunde liegt ein erstmals 1531 gedruckter Kirchenliedtext des evangelischen Theologen Michael Weiße (1488–1534). Dieser Text ist auch in heutigen Gesangbüchern zu finden und dort um eine Schlussstrophe erweitert, die erstmals in einem Magdeburger Gesangbuch aus dem Jahr 1540 begegnet. Weißes Gedicht spannt in gewichtigen Worten einen eindrucksvollen Bogen von der Grablegung des wieder zu Erde werdenden Leibes über dessen Auferstehung am Jüngsten Tag, die Unsterblichkeit der verklärten Seele bis zum Memento Mori für die Zurückgebliebenen. Bei strenger Achtsilbigkeit sind die Betonungsfolgen der Verse vielfach unregelmäßig. Sie entziehen sich einem metrischen Schema. Nicht zuletzt durch diese Struktur wirkt das Gedicht altertümlich.
Brahms beschäftigte sich zur Entstehungszeit intensiv mit Alter Musik. Der Begräbnisgesang zeigt deutliche Spuren davon. So erinnert die imitatorische Vertonungsweise der V. Strophe („Sein Seel, die lebt ohn alle Klag“) an den Beginn des Duetts („Den Tod Niemand zwingen kunnt“) von Sopran und Alt in Bachs Kantate Christ lag in Todes Banden BWV 4. Vor allem aber ist die Art der Textdeklamation beeinflusst von vorbarocker mensuraler Musik. In ihr hatten die Taktstriche keine gewichtende, sondern eine messende und gliedernde Funktion. An etlichen Stellen in Brahms’ Vertonung kommt es zu erheblichen Konflikten zwischen Text- und Taktbetonungen. Brahms ist zwar bemüht, aus der Taktstruktur resultierende Betonungsfehler durch die Melodieführung auszugleichen; die Reibungen lösen sich aber vor allem dann auf, wenn die Takte mehr mensural, d.h. gewichtsneutral, und weniger im Sinne des modernen Akzentstufen takts verstanden und wiedergegeben werden. Dadurch ent-
steht eine Aufführungsweise, die zugleich gewichtig und doch schwebend ist.
Wie alle seine Werke hat Brahms auch diese Komposition vor der Veröffentlichung sehr kritisch geprüft und überarbeitet. Ursprünglich waren in der Instrumentierung auch tiefe Streicher vorgesehen. Ende März 1859 schrieb Brahms dann an Joseph Joachim: „Meinen Grabgesang habe ich prächtig instrumentiert! Er sieht ganz anders aus, seitdem ich die ungehörigen Bässe und Celli gestrichen habe.“ „Ungehörig“ mochten Brahms die Streichinstrumente nicht nur in Bezug auf das streng gezeichnete Klangbild, sondern womöglich auch unter funktionalem Aspekt erschienen sein. „Der Grabgesang geht sehr langsam und sollte am Grabe gesungen werden.“ Dies schrieb Brahms am 4.12.1858 an Clara Schumann. Streicher wären für diese Aufführungsweise nicht geeignet gewesen. Allerdings weichte Brahms die funktionale Bestimmung etwas auf, als er an seinen Verleger Jakob Melchior Rieter-Biedermann schrieb: „Wir singen nicht (bloß) am Grab und nicht vom Grab, sondern zum Begräbnis und zum Andenken an das Begräbnis.“ Damit ist angedeutet, dass das Werk auch im Rahmen von Trauerfeiern und selbst in Konzerten aufgeführt werden kann. Letzteres freilich wurde zur Brahms-Zeit als prekär empfunden. Brahms’ Biograph und Freund Max Kalbeck befand: „Im Konzertsaal, wo man ohne besondere Veranlassung nicht gern an Tod und Sterben erinnert werden will, ist ein solches ‚Leichengedicht‘ schwerlich an seinem Platz.“
Über Motive, die zur Entstehung des Begräbnisgesanges geführt haben könnten, hat der Musikwissenschaftler Jürgen Neubauer 1999 interessante Überlegungen angestellt. Er stellte fest, dass die Tonfolge im ersten Takt des Werks die Tonbuchstaben des Namenskürzels C. SCH. von Clara Schumann enthalten: c –d–es –d–c –h . Möglicherweise hat Clara Schumann dies bemerkt. Sie schrieb am 20.12.1858 an Brahms: „Der Grabgesang hat mich tief ergriffen; […] ich hab’ es nun schon tagelang mit mir herumgetragen. Das laß mir einmal an meinem Grabe singen –ich meine, bei diesem Stücke habest Du doch an mich gedacht. –“ Clara Schumann war nach dem tragischen Tod ihres Mannes Robert Schumann im Juli 1856 immer wieder tief verzweifelt. Mehrfach äußerte sie Todesgedanken. Das besagte Anagramm ist möglicherweise ein diskretes Zeichen, dass der Begräbnisgesang in Beziehung zum Tod von Robert Schumann steht. Brahms verehrte Schumann hoch und gab ihm bei seiner Beerdigung das Geleit. So mag er den Begräbnisgesang als einen Tombeau „zum Andenken an das Begräbnis“ von Robert Schumann und gleichzeitig als Zuspruch von Trost und Hoffnung an die trauernde Freundin Clara Schumann konzipiert haben.
Berlin, Frühjahr 2010
Ulrich Mahlert
Preface
“With implacable, nearly imperturbable earnestness, similar to the inevitability of fate, the simple, uninflected tune strides forward in the style of a funeral march. The instruments accompanying the choir are, in type and number, limited to the essential, their sound a mixture of stridency and solemnity. In the Trio there is no gentle lament, no melting emotion, but the comfort which the certainty of erstwhile deliverance from the suffering of life instills in a man’s heart. The melody has an utterly folkloric quality, each note as if carved in stone.” This is how the musicologist Philipp Spitta, a friend of Brahms’, described the Begräbnisgesang [Burial Song] op. 13 in an essay published in 1892. (Spitta used the term “Trio” to designate the middle section, mm. 49–89, which contains strophes IV–VI.) Spitta’s characterization conveys an idea of the powerful impact this work made after its publication in December 1860.
Brahms was only 25 years old when he wrote the Begräbnisgesang . It was composed in November 1858 in Detmold, where he worked as piano teacher, pianist and conductor for Prince Leopold III of Lippe from the months of October to December in the years 1857 to 1859. The setting is based on the text of a religious hymn by the Protestant theologian Michael Weiße (1488–1534), which was first published in 1531. It can still be found in present-day hymnals, where it is expanded by a closing strophe that we first encounter in a Magdeburg hymnal of the year 1540.
In lofty phrases, Weiße’s text spans an impressive arc from the entombment of the body about to return to ash, to its resurrection on Judgment Day, and from the immortality of the enlightened soul to the memento mori for the survivors. Even though it maintains a strict eight-syllable pattern, the sequence of the accentuation within the verses is often irregular and eludes any given metrical pattern. This structure is partly responsible for the poem’s archaic sound. Brahms was applying himself very intensively to the study of early music at the time he wrote the Begräbnisgesang , and the work clearly shows traces of this. Thus, for example, the imitative style of the setting of Strophe V (“Sein Seel, die lebt ohn alle Klag”) recalls the beginning of the soprano and alto duet (“Den Tod Niemand zwingen kunnt”) in Bach’s cantata Christ lag in Todes Banden BWV 4. But above all, Brahms’ textual declamation has been influenced here by pre-baroque mensural music. In this music, the barlines did not serve so much to apportion out accents as to provide a sense of measure and articulation. At several passages in Brahms’ score there are considerable conflicts between the textual accent and the measure. Brahms attempted to counterbalance the misaccentuation resulting from the metrical structure through the melodic line; however, the disharmony vanishes above all when the measures are understood and performed in a more mensural man-
ner, i.e. with a more neutral weighting, less in the sense of a modern meterwith accented degrees. This gives rise to a performance style that is both solemn yet light.
As he did with all of his works, Brahms also subjected this piece to an extremely critical examination and revision before having it published. The orchestration originally called for low strings as well. But in late March 1859, the composer wrote to Joseph Joachim: “I have given my Grabgesang a splendid orchestration! It looks quite different now that I have eliminated the unseemly basses and celli.” Brahms may have felt that the stringed instruments were “unseemly” not only with respect to the rigorously designed soundscape, but perhaps also in a functional context. “The Grabgesang goes very slowly and should be sung at the grave,” wrote Brahms to Clara Schumann on 4 December 1858. Strings would not have been suitable for this type of open-air performance. However, Brahms personally somewhat attenuated this aspect when he wrote to his publisher Jakob Melchior Rieter-Biedermann: “We do not (merely) sing at the grave, nor do we sing about the grave, but at the burial and in memory of the burial.” He thus hints that the work can also be performed in the framework of a funeral service and even in concert. Nevertheless, the latter was considered precarious in Brahms’ day. Brahms’ biographer and friend Max Kalbeck opined: “Such a ‘funeral poem’ is hardly at home in the concert hall, where one does not want to be reminded of death and dying without a particular reason.”
As to the motives behind the composition of the Begräbnisgesang , the musicologist Jürgen Neubauer advanced an interesting theory in 1999. He showed that the sequence of the notes in the first measure of the work contains the letter-notes of Clara Schumann’s name C. SCH. in abbreviated form: c –d–es [e flat]–d–c–h [b] It is likely that Clara Schumann noticed this. On 20 December 1858 she wrote to Brahms: “I was profoundly moved by the Grabgesang; [...] I have had it with me for several days now. I hope to have it played at my grave some day – I mean, you did think of me in this piece. –” After the tragic death of her husband Robert in July 1856, Clara suffered several bouts of despair and expressed thoughts of death several times. The anagram is perhaps a discreet sign that there is a connection between the Begräbnisgesang and the death of Robert Schumann. Brahms highly revered Schumann and paid him his last respects at his burial. He might thus have conceived the Begräbnisgesang as a “tombeau” to the “memory of the burial” of Robert Schumann and, simultaneously, as a sign of comfort and hope for his grieving friend Clara Schumann.
Berlin, Spring 2010
Ulrich Mahlert
Begräbnisgesang
für fünfstimmigen gemischten Chor und Blasinstrumente
Johannes Brahms op. 13
Klavierauszug von Walter Börner
Tempo di Marcia funebre
Nun lasst uns den Leib be gra ben, Sopran
Nun lasst uns den Leibbe gra ben, Alt
Bass I
Nun lasst uns den Leib be gra ben, Tenor 8
Bass II
Nun lasst uns den Leib be gra ben,
Tempo di Marcia funebre
Fg.
Ob. I, II
Kl. I, II
Fg. I, II
Hn. I, II
Pos. I-III
Tb. Pk.
Pos. III, Tb.
beidemwirkein’nZweifelhaben,
beidem wirkein’nZweifel haben,
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beidem wirkein’nZweifel haben, erwerdam
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