16. MÄRZ 2012
AMTSBLATT DER STADT KARLSRUHE
66. JAHRGANG
Leichterer Einstieg Mehrere Haltestellen in der Stadt bekommen derzeit einen barrierefreien Ausbau.
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NUMMER 11
Wertvolle Erfahrung In einem jes-Projekt kochten Jugendliche mit und ohne Handicap gemeinsam.
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auf Erfolgskurs Insgesamt über 48 000 Besucher kamen in diesem Jahr zur art Karlsruhe.
Woche der Brüderlichkeit:
Bewährtes in neuem Layout
Wieder ein gutes Miteinander gefunden Erwin Teufel: Ethisches Orientierungswissen gefragt „In Verantwortung für den anderen“ lautet 2012 das Motto der Woche der Brüderlichkeit. Oberbürgermeister Heinz Fenrich eröffnete die bereits 60. Karlsruher Gedenkwoche am vergangenen Sonntag im Rathaus. Die Festansprache hielt der ehemalige Ministerpräsident Dr. Erwin Teufel. Mit geistlicher Musik vom Cantus Juvenum begleitet, blickte OB Fenrich im vollbesetzten Bürgersaal zunächst auf sechs Jahrzehnte neuen Miteinanders in der Gesellschaft für Christlich jüdische Zusammenarbeit (gcjz) zurück. Gegründet worden ist die gcjz in Karlsruhe bereits 1950, die erste Woche der Brüderlichkeit fand 1951 statt – stets von der Stadt unterstützt. Ihr Anliegen, im Geiste friedlichen Zusammenlebens Antisemitismus, Rechtsradikalismus und Intoleranz zu entgegnen, sei erreicht. Die meisten Mitbürger begegneten den Juden heute mit Respekt und Toleranz, die Erinnerungsarbeit habe Früchte getragen und es gebe wieder eine selbstbewusste jüdisch Gemeinde, mit der die Zusammenarbeit nicht
besser sein könnte. Trotzdem, so der OB, „müssen wir uns damit auseinander setzen, dass ein erschreckend großer Teil der Bevölkerung Ressentiments und Klischees unterstützt, jeder fünfte Deutsche latent antisemitisch ist – aufgrund von Vorurteilen oder schlichtem Unwissen“. Deshalb habe die Stadt Karlsruhe „die Flagge gegen Rechts“ gehisst, werde jeder Einzelne aufgefordert, zur geschichtlichen Wahrheit zu stehen und gelte es, die Jungen darin einzubeziehen. Die Frage, wie es zum Nationalsozialismus habe kommen können, sei sein Hauptmotiv gewesen, in die Politik zu gehen, bekannte Erwin Teufel. Es sei nach alledem eine „beglückende Erfahrung, dass Christen und Juden nun zu einem ganz neuen Verhältnis in ihrer 2000-jährigen Geschichte gefunden haben gemäß dem guten jüdischen Wort: Das Geheimnis der Versöhnung ist Erinnerung“. Allerdings lehre die Geschichte, dass der Mensch zu allem fähig sei – zu größten persönlichen Leistungen und Opfern, aber auch zu den gemeinsten Ver-
WOCHE DER BRÜDERLICHKEIT ERÖFFNET: David Seldner, OB Fenrich, Erwin Teufel, Solange Rosenberg, Erhard Bechtold und Ulrich Schadt im Bürgersaal des Rathauses (von links). Foto: Bastian brechen untereinander. Im Einsatz für Frieden, Freiheit und ein gutes Miteinander gegen jegliche Ideologien brauche es Idealismus, um an das Gute zu glauben, aber auch Realismus, um geschichtlichen Tatsachen ins Auge zu sehen. Um Dämme gegen Unmenschlichkeit und Barbarei zu errichten, benötige der Mensch dringend Orientierungswissen, wie es Philosophie, Ethik und Religion vermittelten.
Bodenplakate zum Rihm-Festival
STRASSENFOLIEN vor dem Rathaus und an Eingangsbereichen von Kulturinstitutionen weisen auf die Europäischen Kulturtage hin.
115-Anrufe nun auch aus Sulzfeld Seit dem 2. November 2011 sind die Stadtverwaltung und das Landratsamt Karlsruhe unter der bundesweit einheitlichen Telefonnummer 115 zu erreichen. Wer von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr diese Nummer wählt, erhält von freundlichen Mitarbeitern des „Servicecenter Stadt- und Landkreis Karlsruhe“ Auskunft. Seit der vergangenen Woche ist das Servicecenter auch für 115-Anrufe aus der Gemeinde Sulzfeld schnell zur Stelle. „Ich freue mich, dass sich Sulzfeld als erste Landkreisgemeinde für die Teilnahme an der Behördenrufnummer 115 entschieden hat“, sah Landrat Dr. Christoph Schnaudigel darin einen Schritt um „die Bürgerfreundlichkeit unserer Verwaltungen noch weiter ausbauen.“ Das wird schon bald geschehen: Zaisenhausen und Ubstadt-Weiher haben ebenfalls angekündigt, sich anzuschließen. -fis-
Große Objekte in kleinen Formaten Über 400 Aussteller und über 50 000 Besucher werden zur „Faszination Modellbau“ vom 22. bis 25. März in der Messe Karlsruhe erwartet. Besonders Kinder und Jugendliche haben dabei außergewöhnlich viele Möglichkeiten, selbst etwas zu gestalten, zu basteln und auszuprobieren. Mit dem Junior-College Europe wird der Bundesverband Deutscher Eisenbahnfreunde besonders aktiv: Unter Anleitung vieler ehrenamtlicher Helfer werden der Bastlernachwuchs an die Faszination der Modellbahn herangeführt. Weiter gefragt dürfte wieder die „FMTNeuheiten-Flugschau“ sein, bei der 20 Firmen ihre neuen Modelle in spektakulären Flugvorführungen zeigen. Erstmals steht dazu auch das angrenzende Gelände des Golf-Clubs zur Verfügung. Viele Neuheiten gibt es zudem in den Themenbereichen Automodellsport, Modelleisenbahnen, Plastik- und Kartonmodellbau, sowie Schiff-, Miltär- und Truckmodellbau. Geöffnet ist die Messe Donnerstag bis Samstag von 8 bis 18, Sonntag von 9 bis 17 Uhr. -fis-
„Musik baut Europa“ – und jeder kann es sehen. Das Motto der Europäischen Kulturtage 2012 vom 16. März bis zum 6. April ziert jetzt Gehwege und Plätze. Zwei Meter lang und 1,4 Meter breit sind die Straßenfolien, die das städtische Kulturamt auf Böden in Zugangsbereichen von acht Kulturinstitutionen in der Innenstadt hat kleben lassen. Der plakative Hinweis auf das Festival mit der Musik des Komponisten Wolfgang Rihm befindet sich unter anderem vor dem Rathaus am Marktplatz, auf dem Boulevard des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) von der Brauerstraße bis zum Zugang der Hallen, vor Staatlicher Kunsthalle und Badischem Staatstheater. Das Festival mit der Neuen Musik von Wolfgang Rihm wird am heutigen Freitag (16. März) um 17 Uhr in den Lichthöfen der HfG eröffnet. -red-
Deshalb sei Erziehung und Menschenbildung ebenso wichtig wie Aus- und Weiterbildung, um die größte kulturelle Errungenschaft, den Rechtsstaat, der dem Menschen Freiheit in Verantwortung gebe, zu schützen. Die Menschenrechte habe der Mensch von Gott bekommen und der Staat müsse sie schützen. Menschsein bedeute Mitmenschsein. Gcjz-Vorstandsmitglied Erhard Bechtold, inter-
pretierte das diesjährige Motto: „Jeder solle in Würde und Freiheit leben und seinen Beitrag für eine menschwürdige Gesellschaft leisten.“ Im Programm gibt es noch am Sonntag, 18. März, um 11Uhr eine Synagogenführung und dann um 19 Uhr im Badischen Staatstheater eine Performance unter dem Titel „Schweigeminute“ mit der deutsch-israelischen Theatergruppe AH! aus Berlin. -cal-
Neue Optik, handlicheres Format, gleichzeitig informativ und verlässlich wie eh und je – so präsentiert sich die StadtZeitung mit der heutigen Ausgabe. Nach über 15 Jahren in unverändertem Erscheinungsbild gab der Einsatz der neuen Rotation im Hause BNN, auf der auch die StadtZeitung gedruckt wird, den entscheidenden Impuls: Die Zeitung aus dem Rathaus kommt künftig in modernem Layout und leichterem Schriftbild in die Haushalte, Themenleiste im Zeitungskopf und Schlagworte über den Rubriken erleichtern die Orientierung. Die Neuerungen sollen die StadtZeitung lesefreundlicher und attraktiver machen. Das verjüngte Äußere ändert nichts am Auftrag und dem Selbstverständnis der Redaktion. Der Anspruch des Presse- und Informationsamtes bleibt es, kommunalpolitische Entscheidungsprozesse und Verfahrenswege in Gemeinderat und Verwaltung transparent zu machen – umfassend, seriös und glaubhaft. Damit ist die StadtZeitung für viele zur zuverlässigen Begleiterin durch das kommunale Geschehen geworden – das wird sie auch bleiben. -bw-
Fördertopf gefüllt Zusätzliche Gelder für das Sanierungsgebiet Mühlburg Für die Sanierung Mühlburg ist der Fördertopf aufgestockt worden: Das Land Baden-Württemberg stellt aufgrund eines Aufstockungsantrages der Stadt zusätzliche 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Vorgesehen sind die Gelder zur Umgestaltung von Erschließungsbereichen sowie zur Förderung privater Gebäudemodernisierungen. Da dies mit einer komplementären städtischen Förderung verbunden ist (40 Prozent), stehen unterm Strich weitere zwei Millionen Euro zur Verfügung, die Gesamtsumme für Maßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich beläuft sich auf rund 5,6 Millionen Euro. Im öffentlichen Sektor steht aktuell der Umbau der Einmündung der Hardtstraße in die Lamey- und Rheinstraße an. Eine größere Aufstellfläche für den Autoverkehr soll den Verkehr
künftig besser abfließen lassen. Ziel ist, die Rheinstraße zwischen Hardt- und Lameyplatz zu beruhigen. Auch die Gestaltung von Spielflächen gehörte zu den Themen, die den Mühlburgern in den Beteiligungsverfahren ein Anliegen war. Gut angenommen werden von Eigentümern Modernisierungszuschüsse. Ein Schwerpunkt liegt bei der energetischen Erneuerung, neben der Fassadendämmung geht es etwa um den Austausch von Fenstern oder Heizungsanlagen. 610 000 Euro Zuschüsse sind bislang vereinbart worden, davon wurden 530 000 Euro bereits ausgezahlt. Fragen zur Sanierung Mühlburg beantwortet das Stadtplanungsamts unter Telefon 133-6101 (Mail: stpla@karlsruhe.de). Internet: www.karlsruhe.de/b3/bauen (Stichwort: Sanierung). -rie-
GUT SPIELEN lässt es sich auf erneuerten Mühlburger Spielflächen. Fotos (2): Fränkle
Künstliches Sehen wird für fast Blinde wahr Innovative Netzhautprothese problemlos bei dreistündiger bahnbrechender Operation im Klinikum eingesetzt „Es ist das Aufregendste, was wir bisher gemacht haben, das erste Mal die Möglichkeit, bei diesem fatalen Zustand zu helfen, bekennt Prof. Dr Albert Augustin nach der problemlos verlaufenen, dreistündigen Operation am 12. März in der Augenklinik des Städtischen Klinikums: dem Einstieg in das künstliche Sehen. Mit Prof. Stanislao Rizzo vom Universitätskrankenhaus Pisa hat er einer 45jährigen Patientin mit einer Retina pigmentosa (Tunnelblick) eine Netzhautprothese eingesetzt. Und das bei der weltweit fünften OP dieser Art, die nur unter einem Mikroskop mit 22-facher Vergrößerung möglich war, erstmalig öffentlich gemacht. Ein Kamerateam im OP-Saal sowie weitere Medienvertretungen verfolgten via Bildschirmübertragung gebannt, atemlos, in angespannter Stille die akurat ausgeführten OPSchritte. Also das Vorbereiten des Auges und das Einführen und Befestigen der aus einem Chip, einer Antenne und einem Elektronikbaustein bestehenden Prothesen-
teile an genau definierte Stellen im Auge. Dann das Herausschneiden des Glaskörpers, um jegliche Zugkräfte auf die Netzhaut, die zu ihrer Ablösung führen könnten, zu vermeiden. Der Chip als zentrales Implantat im Augapfel wurde dabei mit 0,5 Millimeter kleinen Sili-
konnägeln an der Netzhaut fixiert, alle Schnittstehlen mit feinsten Fäden vernäht. Schließlich wurde die Bindehaut wieder schützend über das Auge gezogen, Antibiotika gespritzt und das operierte Auge mit einer Kontaktlinse als Ersatz für die während der OP ab-
IM OP-SAAL: Die beiden Augenspezialisten, Prof. Augustin und Prof. Rizzo implantieren unter Mikroskop die Netzhautprothese. Foto: DRK
rasierte Hornhaut geschützt. Das von der der Firma 2sight.com für 180 Millionen Euro entwickelte Argus-II-System ermöglicht fast Blinden über eine winzige Videokamera in einer Spezialbrille die Aufnahme eines etwa DIN-A-4großen Sichtfeldes. Diese Daten werden in einen kleinen, am Gürtel getragenen Computer gesandt, der sie verarbeitet, über ein Kabel an die Brille zurück schickt und sie an die auf dem inneren Auge aufgenähte Antenne vermittelt. Deren Signale nimmt die ebenfalls implantierte Elektrodenmatrix auf und stimuliert so noch vorhandene Netzhaut- und Sehnervenzellen, damit sie im Gehirn die Wahrnehmung von Lichtmustern erzeugen. Die Patientin muss nun zwei bis vier Wochen in einer Sehschule mit dieser Technik umgehen lernen. Prof. Augenstein hofft, dass geschätzte bis zu 20 000 Kranke auf das noch großes Entwicklungspotenzial bietende Verfahren aufmerksam werden. Maßgeblich unterstützt hat die OP die Medizinakademie des DRK. -cal-