bodo Juli 2019

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KULTUR

Tauchstation Uwe Köhler führte Tauchschulen in Südostasien und der Karibik, und er arbeitete als Rettungstaucher in der Astronautenausbildung. Irgendwann packte ihn das Heimweh und seine zweite Leidenschaft: Im Dortmunder Saarlandstraßenviertel verkauft er seit einem halben Jahr Schallplatten und Plattenspieler. Von Peter Hesse Foto: Daniel Sadrowski

In Dortmund-Brechten ist Uwe geboren, seine Jugend verbrachte er in Eving. 1972 bekam er von seinem Vater seinen ersten Plattenspieler geschenkt, dabei waren auch die ersten drei Singles: T-Rex, Creedence Clearwater Revival, Ricky Shane. „Damit hat alles angefangen“, sagt der heute 62-jährige Musikfreak. „Ich bin schon immer Plattensammler gewesen, habe dann aber beruflich etwas komplett anderes gemacht“, erzählt Uwe. Er spielte Bass in einer Punkband und jobbte als Barmann in Läden wie dem Jara oder dem Orpheum. Auf dem Westfalenkolleg holte er sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach und studierte anschließend Germanistik, Philosophie und Geschichte. „Irgendwann habe ich meine erste Weltreise gemacht und das Tauchen erlernt“, erzählt er. Seitdem arbeitete er als Tauchlehrer in Malaysia, auf den Philippinen, in der Karibik – und später in Bonn. Etwa 400 Tauchlehrer hat Uwe ausgebildet und ein paar tausend Leuten die Schönheit der Unterwasserwelt nähergebracht. „Du tauchst sprichwörtlich ab in eine völlig andere Welt und lässt alles zurück“, schwärmt er. Das Tauchen wurde dann mehr als ein Job, es war ein Lebenstraum, inklusive spiritueller Erfahrungen. „Deine Sinneseindrücke verändern sich, auch die allgemeine Wahrnehmung. Du bist völlig losgelöst. Das Gefühl beim Tauchen ist vielleicht mit dem zu vergleichen, was Astronauten im Weltall erleben. Zumindest stelle ich mir das so vor.“

Doch irgendwann begann Uwe die Jahreszeiten, guten Kaffee, seine Salami und seine Tageszeitung zu vermissen. „Ich hab drei Kreuze gemacht, als ich mit meiner Lebensgefährtin wieder zurück war. Eine Zeit lang war das natürlich ein tolles Abenteuer, aber irgendwann stellst du für dich fest, dass du auf Dauer nicht in den Tropen leben willst.“ Zurück in Deutschland wurde Uwe dann Sicherheitstaucher bei der Astronautenausbildung. „So um 2006 habe ich einen Vertrag mit der European Space Agency geschlossen. In der Nähe des Kölner Flughafens gibt es ein 10 Meter tiefes Becken, da werden Teile der internationalen Raumstation aufgebaut, und die Astronauten trainieren da die sogenannten Weltraumspaziergänge.“ Die Anzüge für Weltraum-Expeditionen bestehen aus 36 Schichten und wiegen rund 240 Kilo. „Die einzige Art, Bewegungsabläufe für Astronauten zu trainieren, ist unter Wasser.“ Nach ein paar Jahren als Schulungsleiter für Astronauten folgte im vergangenen Jahr die Rückkehr nach Dortmund. In seinem Plattenladen führt er ein liebevoll zusammengestelltes Vinyl-Sortiment quer durch die Musikgenres. „Alle meine alten Spezies und Kollegen von früher habe ich auch direkt wieder getroffen. Mit Leuten, die du seit 50 Jahren kennst, hast du ein ganz anderes Verhältnis, als wenn du Leute irgendwo in der Weltgeschichte kennenlernst.“ www.schallplatten-dortmund.de

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