Hotelier 05 2015

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Das Schweizer Fachmagazin für Hotellerie und Gastronomie

5 | 2015

LUXUS-HOTELLERIE

Was zeichnet echte Luxushäuser aus? NEUE MÄRKTE

Lösen die Chinesen schon bald die Hotel-Gäste aus dem EU-Raum ab? NEUE HOTELIER-SERIE

Nichts als Ärger mit den Gästen. Was tun?

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WIE WEITER? Wie denkt

ANDREAS ZÜLLIG, seit Anfang 2015

PRÄSIDENT VON HOTELLERIESUISSE, über die aktuelle Währungskrise,

den Strukturwandel in der Hotellerie und die Zukunft des Branchenverbandes?


«Wir beziehen alle Sozialversicherungen von der HOTELA – ihr umfassendes Angebot entspricht einfach ideal unseren Bedürfnissen.» Stefano Brunetti Imfeld, Generaldirektor, Hôtel de la Paix, Lausanne

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CHECK-IN EDITORIAL

Ein Hotel-Schnäppchen?

Die angeschlagene «Hotel-Dame» benötigt jetzt nicht nur frisches Kapital und eine harte Sanierung, sondern eine Vision.

Turbulente Zeiten für die Schweizer Hotellerie: Nach dem Franken-Schock (Mitte Januar) vergeht kaum ein Tag, ohne dass News und besondere Ereignisse die Branche aufrütteln – oder mindestens für Gesprächsstoff sorgen. Einerseits werden laufend neue Hotels eröffnet – vom «Ibis-Budget» am Flughafen über das «Kameha Grand» in Zürich bis zum kleinen Boutique-Hotel in der Basler Innenstadt. Andererseits sorgen plötzlich renommierte Häuser für eher negative Schlagzeilen. Jüngstes Beispiel: das «Waldhaus Flims Mountain & Resort». Was Insider schon lange befürchtet hatten, trat Mitte April ein: Die bisherige Waldhaus AG deponierte die Bilanz. Konkurs. Glücklicherweise ist es dem Verwaltungsratspräsidenten Gion J. Fravi und dem Hotelier Daniel Füglister gelungen, kurzfristig eine Auffanggesellschaft zu gründen, die den Weiterbetrieb des Resorts mit den 120 Mitarbeitenden vorläufig gewährleistet. Offensichtlich spielen diesmal – welch ein Wunder! – auch die Banken mit und gewähren den Betreibern «eine ausreichende Liquidität», wie Gion F. Fravi sagt. Derzeit werden «Retter in der Not» (sprich Käufer) gesucht – und es sieht gut aus, denn das Interesse an der riesigen Hotel-Anlage mit dem über 200 000 m² grossen Hotel-Park ist gross, wie «Hotelier» aus soliden Quellen erfahren hat. Kein Wunder, denn das «Waldhaus» ist jetzt zum Schnäppchenpreis zu haben. Insider sprechen von 20 bis 25 Millionen Franken. Die Altlasten sind weg, wer bereit ist, nebst dem erwähnten Kaufpreis 10 bis 15 Millionen ins Resort zu stecken, steht punkto Hardware schon mal gut da. Alles klar? Mitnichten! Nichts gegen die wunderbare Berglandschaft von Flims und Umgebung, nichts gegen die tiefblauen Bergseen, die romantischen Wald- und Wanderwege an Bächen und Flüssen und das hervorragende Skigebiet. Aber Flims ist – aus der internationalen Tourismus-Optik betrachtet – nicht St. Moritz und auch nicht Zermatt. Und noch etwas: Der Hotel-Betrieb

im «Waldhaus Resort» war in den letzten Jahren nie rentabel. Man schrieb bei einer Auslastung von unter 40 Prozent rote oder gar tiefrote Zahlen. Nur dank dem Verkauf von Zweitwohnungen konnte man die Verluste im Hotel-Betrieb in Gewinne umwandeln. Wie also soll das Hotel künftig überleben – ohne Zweitwohnungen? Wer auch immer das Resort in Flims ersteigern wird, die angeschlagene «Hotel-Dame» benötigt jetzt nicht nur frisches Kapital und eine harte Sanierung, sondern eine Vision. Eine Strategie mit dem Ziel, das Resort im nationalen und internationalen Markt einzigartig und unverwechselbar zu positionieren. Ich wünsche den heutigen Betreibern jedenfalls nur das Beste, viel Glück und (vor allem) hervorragende Ideen. HANS R. AMREIN, Chefredaktor

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Hôtel Des Trois Couronnes, Vevey

Beau-Rivage Hotel, Neuchâtel

Lausanne Palace & Spa, Lausanne

Grand Resort Bad Ragaz

Gstaad Palace, Gstaad

Grand Hotel Park, Gstaad

Zürich Airport, Center Bar

Opéra de Lausanne

Hotel Steigenberger, Saanen/Gstaad Victoria Jungfrau, Interlaken

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CHECK-IN

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Editorial: Chefredaktor Hans R. Amrein über aktuelle Ereignisse und Utopien, welche die Schweizer Hotellerie beschäftigen. SZENE

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People: Informationen und Geschichten rund um Menschen in Hotellerie und Gastronomie. Schweiz: Neue Hotels, Projekte, Konzepte, Eröffnungen. News aus der Schweizer Hotel-Szene. Ausland: Kurznachrichten aus der internationalen Hotel-Szene. ZU GAST

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Marc Aeberhard über die Luxus-Hotellerie der Zukunft.

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10 FRAGEN AN

André Jaeger, Spitzenkoch und schon bald «Rentner». Was machen Sie in «Halbpension», Herr Jaeger? HOTELIER-TALK

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FOOD & BEVERAGE

Küchenporträt: Seine Küche ist hochwertig, zeitgenössisch mediterran, mit regionalen Einflüssen und klarem Fokus auf Nachhaltigkeit. Alex Rüdlin ist seit 2013 Executive Chef im «Kempinski Grand Hôtel des Bains» in St. Moritz. SPECIAL Spirituosen: Ist Schweizer Kirsch bald nur noch Luxus pur? Wein-Kolumne: Bruno-Thomas Eltschinger über dicke Weinkarten und eitle Sommeliers. SPECIAL Brunch: F & B-Manager Ivan Besmer über die Frage: Was bringt der Sonntags-Brunch dem Hotelier? TECHNIK & AMBIENTE

SPECIAL Möblierung & Innenausstattung: Das «Golf-Hotel Les Hauts de Gstaad» hat mehr als 1,4 Millionen Franken in neues Design investiert. Fazit: ein modernes und trotzdem gemütliches alpines Ferien- und Wellness-Hotel. Neue Serie (Teil 3): Bauen in der Hotel-Industrie. Im dritten Teil der Serie widmet sich «Hotelier»Fachautor Damien Rottet der Frage: Welche technischen Lösungen braucht der Gast wirklich?

Er ist einer der erfolgreichsten Hoteliers der Schweiz. Seit Anfang Jahr ist er «nebenbei» Präsident von Hotelleriesuisse. «Hotelier»-Chefredaktor Hans R. Amrein sprach mit Andreas Züllig (57) über die aktuelle Lage der Hotellerie. REPORT

Airbnb. Eine Online-Plattform, die private Unterkünfte an Reisende vermittelt. Statt in einem Hotel buchen die Nutzer ein Zimmer oder eine ganze Wohnung. Bedroht die Plattform aus Amerika die klassische Hotellerie? 5 I2015


CHECK-IN INHALT

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INNOVATION & ORGANISATION

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Neue «Hotelier»-Serie (Teil 1): Der schwierige Hotel-Gast. Führungsexpertin Monica Schori sagt: Ärger mit den Gästen gehört zum Hotelalltag … Kolumne: «Hotelier»- und Buchautorin Nicole Amrein über das neue «Kameha Grand» in Zürich. Service-Exzellenz nach Carsten K. Rath? E-MARKETING

«Hotelier»-Fachautor Heiko Siebert über die neuen Wachstumsmärkte. Die Chinesen kommen! RATGEBER

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Kommunikation: Sollen wir ein Buch zum Hotel-Jubiläum herausgeben? IT: Wie sicher ist WLAN im Hotel? Hygiene: Sind Lufttrockner in den Toiletten unhygienisch? Zahlungssysteme: Sind Zahlungen über mobile Geräte wirklich sicher? HOTEL-TEST

«Continental-Park, Luzern»: «Hotelier»-Tester wollten wissen: Wie individuell kann ein Seminar-Hotel sein? CHECK-OUT

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Stalder's: Die Kolumne von Adrian Stalder. Diesmal: Scheiden tut weh?

Titelseite Andreas Züllig, Präsident von Hotelleriesuisse und Hotelier in der Lenzerheide, fotografiert von Holger Jacob. 5 I2015

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AIRBNB – BEDROHUNG FÜR DIE HOTELLERIE? Im Bild: Mitgründer Brian Chesky


SZENE PEOPLE

BADRUTT’S PALACE HOTEL AG

Jürg Domenig ist jetzt VR-Präsident Die Mehrheitseigentümer der Badrutt’s Palace Hotel AG, Anikò und Hansjürg Badrutt, wollen sich altershalber aus dem Verwaltungsrat (VR) zurückziehen. Der Verwaltungsrat wird verkleinert und neu von Dr. Jürg Domenig präsidiert. Aufgrund des Rücktritts von Anikò und Hansjürg Badrutt aus dem Verwaltungsrat der Hotel-Gesellschaft und dem Wunsch der beiden, den Verwaltungsrat zu verkleinern, haben sich die drei bisherigen Verwaltungsratsmitglieder Hans Bollmann, Andreas Schmid und Martin Wetter entschieden, sich aus dem Verwaltungsrat zu verabschieden. Bollmann und Schmid waren seit März 2006 im Verwaltungsrat, Wetter seit April 2007. Im Rahmen der Generalversammlung von Anfang April wurden zwei neue Mitglieder in den VR gewählt. Auf besonderen Wunsch der Eheleute Badrutt handelt es sich dabei um Jürg Domenig, der den Verwaltungsrat präsidieren wird, und Giorgio Cappellin als zukünftigen Vizepräsidenten. Es bleiben unverändert Hans Wiedemann als Delegierter, Franz Zeller als Mitglied und Yves Gardiol als Sekretär.

Jürg Domenig ist seit Anfang 2013 Präsident der Hotela. Von 2005 bis 2012 war er Mitglied der Verbandsleitung von Hotelleriesuisse. Der in Chur wohnhafte Anwalt ist auf Rechtsfragen rund um die Hotellerie spezialisiert und betreut seit 1989 die Geschäftsstelle von Hotelleriesuisse Graubünden im Nebenamt.

Der neue Verwaltungsrat der Badrutt’s Palace Hotel AG (v.l.): Yves Gardiol, Giorgio Cappellin, Jürg Domenig, Franz Zeller und Hans Wiedemann.

GENERATIONENWECHSEL IM HOTEL BÄREN, BERN

Philipp Näpflin wird Pächter Ab Januar 2016 übernimmt Philipp Näpflin, heute Direktor im Hotel Bern, das Hotel Bären an der Schauplatzgasse in Bern. Die bisherigen Mieter Beatrice und Hannes Imboden werden den auslaufenden Mietvertrag nicht mehr verlängern. Beatrice Imboden-Engler und Hannes Imboden haben sich entschieden, ab Januar 2016 kürzerzutreten. Beatrice Imboden (59) ist seit 35 Jahren für die beiden Stadtberner Hotels Bären und Bristol an der Schauplatzgasse tätig und Hannes Imboden (68) seit zehn Jahren. Sie werden den Mietvertrag im Viersterne-Best Western Hotel Bären mit der Liegenschaftsbesitzerin, der ADA Ho-

Philipp Näpflin (heute Direktor im Hotel Bern) übernimmt im Januar 2016 das Hotel «Bären» in Bern.

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Hotelier Hannes Imboden ist im Nebenamt Präsident der Best Western Swiss Hotels.

Beatrice Imboden ist und bleibt Präsidentin «Hotellerie Bern & Mittelland».

tel Immobilien AG in Zofingen, ab Januar 2016 nicht mehr erneuern. «Wir haben uns mit diesem Entscheid schwergetan. Das Verhältnis zu den Besitzern war äusserst freundschaftlich und loyal. Da aber dringende Umbau- und Renovationsarbeiten anstehen, sind wir der Meinung, dass diese von den Fachleuten mitgestaltet werden sollen, die in den nächsten Jahrzehnten den Betrieb auch führen werden». Beatrice Imboden wird weiterhin als Präsidentin von Hotellerie Bern & Mittelland die Geschicke der Hotellerie mitgestalten, während Hannes Imboden seine Erfahrungen als OK-Mitglied des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests (ESAF) 2013 Burgdorf in das OK Estavayer 2016 mit einbringt. Per 1. Januar 2016 übernimmt Philipp Näpflin das Hotel Bären als Mieter. Der 42-jährige Hotelier ist heute Direktor des Hotels Bern und nebenberuflich Präsident der Hotel-Fachschule Thun. Im Best Western Hotel Bristol plant die Besitzerin (Liegenschaften-Betrieb AG in Zürich) eine Gesamtsanierung der Liegenschaft für das Jahr 2017 und wird erst später entscheiden, wer das Viersterne-Hotel dann betreiben wird. Beatrice und Hannes Imboden werden das «Bristol» bis zum Beginn der Umbauarbeiten weiter zu leiten.

namen Nachdem Elmar Ledergerber kürzlich bekannt gab, sein Amt als Präsident von Zürich Tourismus abzugeben, schlägt der Vorstand von Zürich Tourismus offiziell Guglielmo L. Brentel für das Präsidium vor. Nach sechs Jahren als Präsident von Zürich Tourismus wird Ledergerber im Sommer 2015 nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Brentel, bis Ende 2014 Präsident von Hotelleriessuisse, ist derzeit Vizepräsident von Zürich Tourismus. Seit Januar 2015 ist er auch Präsident der Ecole hôtelière Lausanne S.A. (EHL). Der frühere Walliser Spitzenkoch Roland Pierroz ist im Alter von 73 Jahren verstorben. Der langjährige Chefkoch des Restaurants Rosalp in Verbier (VS) ging 2007 in Pension. 1992 war er von Gault & Millau zum Schweizer Koch des Jahres gekürt worden. Der langjähriger Küchenchef im Ristorante Seven in Ascona, Adrian Bürki, tritt das Erbe von Ivo Adam an. Zusammen mit Restaurationsleiter Andrea Pannozzo will Bürki die Gäste mit einem neuzeitlich angepassten kulinarischen Konzept verwöhnen. Adrian Bürki ist seit fünf Jahren in der Seven Gastro Group. Neben seiner Arbeit als Koch nahm der 29-Jährige auch an den KochOlympiaden und Weltmeisterschaften teil. Derzeit macht Bürki eine Weiterbildung zum Chefkoch bei der Gastro Formation in Weggis. 5 I2015


SZENE PEOPLE

SWISS HISTORIC HOTELS

namen

Christof Steiner ist neuer Präsident An der Generalversammlung der Swiss Historic Hotels wurde Christof Steiner zum neuen Präsidenten gewählt. Er übernimmt die Nachfolge von Claude Buchs, der den Verein seit 2006 präsidierte. Buchs ist Inhaber und Gastgeber des GD Hôtel Bella Tola in Saint-Luc (VS) und übergab das Präsidium des über 50 Hotels zählenden Vereins der Swiss Historic Hotels an Christof Steiner, Gastgeber Kurhaus Bergün (GR). Für den abtretenden Präsidenten neu in den Vorstand gewählt wurde an der GV auch Pia Nussbaumer Scherrer. Alle übrigen Mitglieder wurden in ihrem Amt bestätigt.

Der Verwaltungsrat der Hotel Heiden AG hat Erich Dasen zum neuen Direktor des Hotels Heiden und somit zum Nachfolger von Caspar und Barbara Lips gewählt, die nach 20 Jahren im Dienst des Hotels in den Ruhestand treten. Erich Dasen kennt Der neue Vorstand (v.l.): Daniel Ingold (Fachexperte Marketing), Barbara Zaugg (Geschäftsführerin), Jörg Deubner (Hotel Villa Carona), der neue Präsident Christof Steiner (Kurhaus Bergün), Pia Nussbaumer Scherrer (Hotel Terrasse am See, Vitznau), Roland Flückiger-Seiler (Fachexperte Denkmalpflege) und Felix Dietrich (Hotel Waldhaus, Sils-Maria).

ACCOR HOTELS SCHWEIZ

Ein Franzose an der Spitze Philippe Alanou hat Anfang April die Geschäftsführung des Hotel-Betreibers Accor Hotel-Services Schweiz übernommen. Er tritt die Nachfolge von Benoît-Etienne Domenget an, der nach 13 Jahren bei Accor seine Karriere ausserhalb der Gruppe fortsetzt. Philippe Alanou ist seit über 17 Jahren für Accor tätig. Der gebürtige Franzose wird in seiner Funktion als COO (Chief Operating Officer) Mitglied des Direktionskommitees «Northern Europe & Russia» für AccorHotel-Services und berichtet somit direkt an dessen CEO Steven Daines.

Philippe Alanou (47) besitzt einen Master-Abschluss in Betriebsökonomie und Finanzen, zudem ist er Inhaber eines Executive MBA der HEC Business School in Paris.

das Metier von der Pike auf: Als gelernter Koch hat er die HotelFachschule Lausanne abgeschlossen und ist seit 1993 dipl. Hotelier SHV. Der 52-Jährige bringt die nötige Erfahrung in der Führung eines Viersterne-Hotels wie auch von Hotel-spezifischen Bauprojekten mit. Während zehn Jahren führte Erich Dasen das Viersterne-Hotel Walzenhausen. Zuletzt war er beim Verein Schweizer Jugendherbergen als Bereichsleiter Betriebe Ost tätig.


SZENE SCHWEIZ

WALDHAUS FLIMS MOUNTAIN RESORT & SPA

25 Millionen für das ganze Resort?

Hotel-Vorfahrt im Waldhaus Flims Mountain Resort & Spa. «Das Interesse an der Hotel-Anlage ist gross, es haben sich bereits mehrere Interessenten gemeldet.» (Gion J. Fravi)

Für Insider kam die Nachricht alles andere als überraschend: Das Waldhaus Flims Mountain Resort & Spa deponierte Mitte April die Bilanz. Das Hotel geriet wegen eines zusätzlichen Abschreibers in die Überschuldung. Eine Auffanggesellschaft führt den Betrieb des FünfsterneSuperior-Hotels nun weiter. Derzeit sucht man einen Investor, der die ganze Hotel-Anlage kauft. Wie «Hotelier» aus Insider- und Investorenkreisen erfahren hat, liegt der Kaufpreis aktuell bei 20 bis 25 Millionen Franken. Verluste im Hotel-Betrieb konnten im «Waldhaus» bis vor Kurzem durch Gewinne aus Zweitwohnungsverkäufen aufgefangen werden. Eine Neubewertung der gesamten Anlage im Februar ergab jedoch einen zusätzlichen Abschreibungsbedarf von 30 Millionen Franken, was zur Überschuldung führte. Folglich musste die Gesellschaft Konkurs anmelden. Trotzdem geht der Hotel-Betrieb weiter. Das «Waldhaus» mit

seinen total 150 Zimmern eröffnet am 22. Mai nach Plan die Sommersaison. Die Fortführung des Betriebes sei «dank einer sehr guten Zusammenarbeit mit den Banken (Graubündner Kantonalbank und Credit Suisse), dem Verwaltungsrat sowie der Auffanggesellschaft WF Hotelmanagement GmbH sichergestellt», so Verwaltungsratspräsident Gion J. Fravi gegenüber «Hotelier». Die Auffanggesellschaft mietet den Hotel-Betrieb vom Konkursamt und verfügt laut Gion J. Fravi über «eine ausreichende Liquidität». Die Gesellschafter mit Hotel-Direktor Daniel Füglister und Gion J. Fravi würden eine kontinuierliche Weiterführung gewährleisten. Mit Ausnahme von maximal sieben Personen könnten alle 120 Mitarbeitenden die Arbeitsplätze behalten. Die Auffanggesellschaft selbst verfolgt drei Ziele: die Gäste wie gewohnt zu verwöhnen, die negativen Folgen der Bilanzdeponierung für die Region und den kantonalen wie den nationalen Tourismus möglichst gering zu halten sowie

Sie führen das «Waldhaus» in Flims weiter und sind an der Auffanggesellschaft beteiligt: Hotel-Direktor Daniel Füglister und seine Frau Sara May.

RADISSON BLU HOTELS

HOTEL HOF WEISSBAD

Digitale Zeitungen für Hotel-Gäste

Neue Rekorde im Jahr 2014

Die gedruckte Zeitung gehört der Vergangenheit an. Die Radisson Blu Hotels bieten ihren Gästen jetzt E-Papers.

Die Radisson Blu Hotels digitalisieren ihre Lektüren und bieten den Gästen ab sofort eine E-Paper-Mediathek. Bis zum Sommer sollen zahlreiche Hotels der Kette in der Region Zentraleuropa mit dem Service ausgestattet werden. Dazu gehören auch die zwei Schweizer Radisson Blu Hotels in Basel und Zürich-Airport. «Die einfache Bedienung und die Auswahl an hochwertigen, internationalen Zeitungen und Zeitschriften gaben den Ausschlag dafür, uns für die White-Label-Lösung der Firma Media Carrier zu entscheiden», so Holger Herrmann, General Manager & District Director North-East Germany.

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Hotelier Christian Lienhard (Hof Weissbad) blickt erneut auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2014 zurück. Ihm und seinem Team ist es gelungen, die hohe Auslastung des Viersterne-Superior-Hauses im Appenzell nochmals leicht zu steigern – von 94,7 auf 95,6 Prozent. Auch in finanzieller Hinsicht hat Erfolgs-Hotelier Lienhard ein Rekordergebnis erzielt. Mit einem Rekordumsatz von CHF 20,8 Millionen (+ CHF 485 000) konnte Lienhard die 20-Millionen-Marke zum dritten Mal übertreffen. Der Brutto-Betriebserfolg (GOI) konnte mit CHF 8,2 Millionen auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden. Das Gleiche gilt für den EBITDA mit CHF 3,8 Millionen. Der Cashflow aus Betriebstätigkeit erreichte CHF 3,3 Millionen.

Neue Rekorde im Jahr 2014: Hotelier Christian Lienhard.

den Betrieb mit seiner ausgezeichneten Mitarbeiter-Crew einem neuen Eigentümer zu übergeben. Allerdings verlieren über 900 Aktionäre ihr investiertes Geld. 9 Millionen Franken beträgt das Aktienkapital insgesamt. Ein Ziel der Auffanggesellschaft ist es, die Luxusherberge mitsamt der Mitarbeiter-Crew einem neuen Eigentümer zu übergeben. Ein Investor ist zwar noch nicht gefunden. Die Chance, einen zu finden, sei aber gross, so Gion Fravi. «Es haben sich bereits zahlreiche Interessenten gemeldet.» Laut Fravi erwirtschaftete das Hotel über die Ostertage doppelt so viel Umsatz wie im letzten Jahr. Und bei den Logiernächten habe das Haus gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent zugelegt. Für einen neuen Eigentümer werde der Kauf dieser Anlage sehr attraktiv, betont Gion J. Fravi. Tatsächlich verfügt das einzige Fünfsterne-Superior-Hotel in Flims mit 200 000 m2 über einen der grössten Hotel-Parks der Schweiz. Welche Summe ein Investor für den Kauf des Resorts in Flims auf den Tisch legen muss, will Verwaltungsratspräsident Fravi nicht verraten. Insider gehen davon aus, dass der Kaufpreis derzeit bei 20 bis 25 Millionen Franken liegt.

Das Intercontinental-Hotel in Davos stellt dieses Jahr von Ganzjahresauf Saisonbetrieb um. Stephan Post, General Manager des Hotels: «Beruhend auf den Erfahrungen, die wir seit der Eröffnung vor fast 20 Monaten gesammelt haben, und auf Basis der Rückmeldungen unserer Gäste haben wir uns entschieden, ein Saison-Modell einzuführen. Das Hotel wird deshalb für den Zeitraum Anfang Oktober bis Ende November keine Gästebuchungen entgegennehmen.» Die Poscom Ferien Holding AG blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2014 zurück. Trotz schwieriger Marktbedingungen konnte das Geschäftsjahr mit einem konsolidierten Umsatz von über 40 Millionen Franken und einem operativen Bruttogewinn von 7,7 Millionen (+ 7,6 %) abgeschlossen werden. Die Logiernächte erreichten mit 310 000 einen Spitzenwert. Der Cashflow konnte auf 4,5 Millionen Franken gesteigert werden. 5 I2015


SZENE SCHWEIZ

ÜBERNACHTUNGSKOSTEN IN SCHWEIZER HOTELS

Starker Franken wirkt sich aus Vor rund drei Monaten hat die Nationalbank (SNB) die Bindung an den Euro aufgegeben. Der Franken verteuerte sich gegenüber dem Euro deutlich. Wer dennoch von der Aufwertung profitiert und wer nicht, zeigt das Hotel-Preisbarometer des internationalen Buchungsportals «Hotel DE». Die Übernachtungskosten in der Schweiz haben sich – zumindest für Hotel-Gäste aus der Schweiz – unterschiedlich entwickelt. In einigen Städten wie Genf (- 5,77 %), Bern (- 5,14 %) oder Luzern (- 9,50 %) führten die Senkung von Zimmerpreisen und eine zum Teil geringere Nachfrage zu niedrigeren Übernachtungskosten. Unter anderem in Basel (+ 5,19 %), Lausanne (+ 8,06 %) und Zürich (+ 4,51 %) mussten Hotel-Gäste dagegen tiefer in die Taschen greifen, wie das Hotel-Preisbarometer aufzeigt.

Für Reisende aus dem Euro-Raum haben sich allerdings alle untersuchten Schweizer Städte zum Teil erheblich verteuert. Statt in Genf gegenüber dem Vorjahr fast 6 Prozent zu sparen, mussten Euro-Gäste einen währungsbedingten Aufschlag von über 8 Prozent hinnehmen. Hotel-Betten in Basel und Lausanne verteuerten sich für Zimmersuchende aus dem Euro-Raum sogar um über 20 Prozent.

ONLINE-VERTRIEB

Booking hat jetzt 600 000 Partner Booking.com hat nun insgesamt 600 000 Übernachtungsanbieter im Angebot. Das Buchungsportal bietet längst nicht nur Hotels, sondern auch 27 weitere Beherbergungsarten. Der 600 000. Partner ist ein Bauernhof in Frankreich. Über 70 Prozent der gelisteten Partner seien keine Hotels, so booking.com. Somit will sich das Buchungsportal als Reiseanbieter und nicht als Hotel-Portal verstanden wis-

sen. Booking.com gibt es seit 17 Jahren. Es beschäftigt weltweit 8300 Mitarbeiter in 150 Büros. Das Portal gehört zur Priceline Group und gilt in Europa und in der Schweiz als Marktführer bei der Buchung von Gästebetten. Mittlerweile zeugen 42 Millionen Gästerezensionen von regen Buchungstätigkeiten. Weitere Geschäftszahlen werden nicht genannt.

Nach einer Bauzeit von 18 Monaten hat in Frauenfeld das neue Garni-Hotel Frauenfeld seine Türe geöffnet. Auf einer Gebäudelänge von 60 m und auf über fünf Stockwerken bietet das neue Hotel 74 Zimmer. Das Angebot des Business-Hotels umfasst 14 Einzelzimmer, 44 Doppelzimmer, 12 Attika- Doppelzimmer und vier 4-Bett-Zimmer. Das Mövenpick-Hotel in LausanneOuchy wurde verkauft. Der Immobilienfonds Schroder Immo-Plus hat das an der Seepromenade gelegene Viersterne-Hotel erworben. Es wurde 2012 mit einem Neubau ergänzt und hat 337 Zimmer und Suiten, drei Restaurants, Konferenzräumlichkeiten sowie einen Wellness-Bereich. Laut Schroder Immo-Plus verbessert diese jüngste Investition in Höhe von 74 Millionen Franken das Rendite- und Risikoprofil des Immobilienfonds, denn die Liegenschaft mit einer attraktiven Anfangsrendite von 5,3 Prozent sei mit einem langfristigen Mietvertrag bis 2031 an die Mövenpick Hotels & Resorts Management AG vermietet.

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SZENE SCHWEIZ

SWISS DELUXE HOTELS

Umsatzplus und mehr Logiernächte

Hotel-Exponenten an der Medienkonferenz der Swiss Deluxe Hotels in Zürich (v.l.n.r.): Dr. Christoph Juen, CEO Hotelleriesuisse, Peter Kämpfer, General Manager Hotel Park Weggis, Antoine Hubert, Verwaltungsrat Victoria-Jungfrau Collection, Jan E. Brucker, Präsident Swiss Deluxe Hotels, Siro Barino, Managing Director Swiss Deluxe Hotels.

Swiss Deluxe Hotels, eine Vereinigung von 39 Schweizer Fünfsterne-Häusern, vermeldet für das vergangene Geschäftsjahr leicht steigende Umsätze und mehr Logiernächte. Zu schaffen machen den Luxus-Hotels die hohen Kosten in der Schweiz. Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses habe die Situation zusätzlich verschärft, so die Vereinigung in einer Medienmitteilung. Der Umsatz 2014 beträgt total 1,42 Milliarden Franken. Die Zahl der Logiernächte in den 39 Luxus-Hotels stieg an – von 835 000 auf 851 000 Übernachtungen. Allerdings gehörten der Vereinigung im letzten Jahr 39 Luxus-Hotels an, während es 2013 erst 38 Betriebe gewesen waren. Die 39 heutigen Verbandsmitglieder machen gemäss eigenen Angaben gut 40 Prozent des Schweizer Fünfsterne-Angebotes aus. Bei der Inlandnachfrage verzeichnete Swiss Deluxe Hotels 2014 einen stabilen Wert von rund 35 Prozent. Die Anzahl Gäste aus dem europäischen Ausland war insgesamt rückläufig. Insbesondere die Nachfrage aus Deutschland sank, dies bereits zum sechsten Mal in Folge.

Urs Bircher vom Congress Hotel Seepark in Thun ist an der Generalversammlung zum neuen Präsidenten des Hotelier-Vereins Berner Oberland gewählt worden. Er tritt die Nachfolge des zurückgetretenen Stephan J. Maeder an. Annette Stoffel wird per 1. Oktober die Geschäftsführung übernehmen. Sie wird Nachfolgerin von Beat Anneler, der Ende 2015 in den Ruhestand tritt.

GRAND RESORT BAD RAGAZ

Gute Geschäfte dank

arabischen Gästen

Das Wellbeing- und Medical Health Resort in Bad Ragaz konnte durch Umsatzzuwächse in allen drei Unternehmensbereichen Resort, Tamina Therme und Casino den Umsatz 2014 um gesamthaft 1,6 Prozent auf 110 Millionen Franken (Vorjahr: 108,4 Millionen) steigern. Nach Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen bleibt der Grand Resort Bad Ragaz-Gruppe ein Reingewinn von 6,3 Millionen Franken (Vorjahr: 3,6 Millionen). Gleichzeitig liegt der Cashflow mit 29 Millionen Franken auf einem sehr soliden Niveau. Die Eigenkapitalquote stieg trotz Investitionen von 10,5 Millionen Franken auf 40 Prozent, wie das Unternehmen schreibt. Bei einer Auslastung von 63,2 Prozent konnten die beiden Fünfsterne-Superior-Häuser Grand Hotel Quellenhof & Spa Suites und Grand Hotel Hof Ragaz die Logiernächte 2014 nahezu auf Vorjahresniveau halten. Aus dem osteuropäischen Raum verbuchte das Resort nur geringe Rückgänge – trotz Ukraine-Krise und schwachem Rubel. Die Übernachtungszahlen aus den wichtigen Primär-

Das am Kurpark in Engelberg geplante Hotel-Projekt des chinesischen Investors Yunfeng Gao muss wohl erneut neu dimensioniert werden. Das Bauvorhaben, welches den Um- und Ausbau des bestehenden Hotels Europäischer Hof beinhaltet, musste aufgrund von Einsprachen schon einmal verkleinert und neu geplant werden und wird nach wie vor durch fünf Einsprachen blockiert, wie lokale Medien berichten. Yunfeng Gao, Multimillionär aus Stenzen in China, erwarb mittels seiner Hans Europe AG das Hotel Europäischer Hof in Engelberg und will es für 100 Millionen Franken zu einem Hotel der gehobenen Klasse ausbauen lassen.

Hat Grund zur Freude: Peter Tschirky, CEO der Grand Resort Bad Ragaz-Gruppe.

märkten Schweiz und Deutschland blieben konstant. Auch die aus dem restlichen Europa generierten Logiernächte zeigten sich stabil. Zuwächse waren aus dem Mittleren Osten zu verzeichnen, dies dank gestiegener Buchungen präventivmedizinischer Programme sowie dank der hohen Nachfrage nach grossen Suiten.

HOTELIER-VEREIN ZERMATT

Das Pullman Basel Europe an der Clarastrasse in der Nähe der Basler Altstadt und der Messe ist von Hotelleriesuisse in die Kategorie «Design & Lifestyle Hotel» aufgenommen worden. Wie an der Delegiertenversammlung der Relais & Châteaux Schweiz bekannt wurde, gibt Philippe Vuillemin nach acht Jahren Delegationspräsident das Amt ab. Peter Kämpfer, General Manager im Park Weggis, übernimmt ad interim. André Jaeger wurde zum weltweit ersten Botschafter von Relais & Châteaux ernannt.

Daniel F. Lauber gibt Präsidium ab

Hotelier Daniel F. Lauber gibt das Präsidium des Hotelier-Vereins Zermatt ab.

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An der 70. Generalversammlung des Hotelier-Vereins Sektion Zermatt im Hotel Mont Cervin Palace wählten die Mitglieder einen neuen Vorstand und eine Nachfolge für den zurücktretenden Präsidenten Daniel F. Lauber. Für die zwei ausscheidenden Vorstandsmitglieder Anna Kracht Julen (Hotel Mirabeau) und Chris Imboden (Hotel Täscherhof) wurden Corinne Julen (Hotel Europe) und Sebastian Metry (Hotel Schönegg) neu in den Vorstand des Hotelier-Vereins Sektion Zermatt gewählt. Für den zurücktretenden Präsidenten Daniel F. Lauber (Cervo Mountain Boutique Resort) wurde Rafael Biner (Hotel Zermatterhof) als neuer Präsident gewählt. Als Vizepräsident wird Florian Julen (Hotel Couronne) amten.

Peter Kämpfer, General Manager im Park Weggis, übernimmt ad interim. 5 I2015


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SZENE SCHWEIZ

DIE GÄSTEMAPPE HAT AUSGEDIENT

ACCOR HOTEL GROUP

Digitaler Concierge in Zürcher Hotels

Neues Ibis-Budget am Flughafen

Kurt Wodiczka, Direktor im Hotel Walhalla Zürich, mit dem «digitalen Concierge».

Mit einer einzigartigen Dienstleistung wollen Zürich Tourismus und die Zürcher Hoteliers ihren Gästen einen Mehrwert bieten. In den über 10 000 Hotel-Zimmern der Stadt und Region Zürich wird noch dieses Jahr ein digitaler Concierge zur Verfügung stehen. Die Highlights in Zürich erkunden, Informationen über das Hotel abrufen, im Restaurant einen Tisch reservieren, den Feedback-Bogen zum Hotel ausfüllen – in Zukunft wird das alles dank digitalem Concierge in sämtlichen Zürcher Mitglieder-Hotels direkt vom Zimmer aus möglich sein. Der digitale Concierge ist ein Tablet, das mit jederzeit anpassbaren, digital aufbereiteten Inhalten die herkömmliche Hotel-Mappe ersetzt. Der digitale Concierge wartet direkt im Zimmer mit Informationen rund um die Destination Zürich und die jeweiligen Hotels auf. Langfristig soll das Tablet von Touristen auf Entdeckungstour durch die Destination als Stadtkarte, Informationsterminal oder Reiseführer mitgenommen werden können. Die Tablets werden von Zürich Tourismus, in Kooperation mit Swiss Casinos Zürich und dem Zürcher Hotelier-Verein, den Mitglieder-Hotels kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Umsetzung erfolgt durch das auf digitale Gästemappen spezialisierte Unternehmen SuitePad. Interessierten Hotels stehen dabei drei mit unterschiedlichem Design ausgestattete Angebote zur Auswahl: Basis, Executive und Superior.

DOLDER-WALDHAUS UND MÖVENPICK (BASEL)

Grossprojekte vor Baubeginn

Hotel-Grossprojekt in Basel: Der Hotel- und Büro-Turm der Architekten Miller & Maranta wird mit einer Gebäudehöhe von 89 Metern der höchste Bau des Ensembles werden.

Der Neubau des «Dolder Waldhaus» in Zürich rückt näher; eine wichtige Hürde dafür wurde genommen. In Basel nähert sich ein Grossprojekt des Versicherungskonzerns Baloise seiner Realisierungsphase. In bester Citylage entsteht ein neues Mövenpick-Hotel; Hilton muss weichen.Das Hotel Dolder Waldhaus auf dem Zürichberg soll abgerissen und neu aufgebaut werden. Die Dolder Hotel AG – Mehrheitsaktionär ist der Financier und Gemäldesammler Urs Schwarzenbach – bringt das 1975 eröffnete ViersterneHotel mit 70 Zimmern wieder auf Vordermann. Eine wichtige planerische Hürde wurde nun mit der Zustimmung des Zürcher Stadtparlaments zum privaten Gestaltungsplan für das Projekt genommen. Gebaut wird nach Plänen des Zürcher Büros Meili Peter Architekten. Die nächste Hürde ist nun das Baubewilligungsverfahren. Eröffnen dürfte das neue Dolder Waldhaus frühestens 2018. Grosse Pläne hegt die Baloise-Versicherung für ihr Areal in bester Innenstadtlage in Basel. Auf ihrem Areal am Äschengraben, in direkter Nähe zum Bahnhof SBB, will

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die Versicherung bis Ende 2019 nach Entwürfen von renommierten Architekturbüros ein Ensemble aus Bürogebäude und neuem Hotel realisieren. Um Platz für den Neubau am künftigen Baloise-Park zu schaffen, wird das Fünfsterne-Hotel Hilton sowie ein Gebäude der Basler Versicherung per Ende August dieses Jahres geschlossenen. Wir arbeiten nun schon seit über zwei Jahren an diesem Projekt und freuen uns, dass es zügig vorangeht», sagt Martin Wenk, Leiter Konzernbereich Baloise Asset Management. Das neue Hotel Mövenpick im Baloise-Park, das auf 13 Etagen 260 Zimmer und Suiten anbieten wird, soll Anfang 2019 eröffnet werden.

Oben: Ibis-Budget an der Flughofstrasse in der Nähe des Zürcher Flughafens. Unten: Das Zimmer im Ibis-Budget ist ab 78 Franken zu haben.

Accor, weltweit aktiver Hotel-Betreiber und mit über 50 Häusern grösste Hotel-Gruppe in der Schweiz, hat in der Nähe des Zürcher Flughafens ein weiteres «Ibis-Budget» eröffnet. Das neue Hotel umfasst 238 Zimmer mit dem Basiskomfort zum Sparpreis, einen Frühstücksraum mit 120 Plätzen und eine gedeckte Garage für 60 Autos. Der AccorHotel-Park von Zürich und Umgebung erhöht sich damit auf 11 Hotels. Ibis-Budget war früher unter der Marke «Etap» bekannt und bietet dem Gast nur gerade das Notwendigste. Es gibt hier kein Restaurant, dafür stehen in den Korridoren Getränke- und Snackautomaten. Die Zimmer verfügen über ein Bad, einen Flachbildschirmfernseher, einen Arbeitsplatz und einen kostenlosen, drahtlosen Internetzugang. Das Zimmer kostet pro Nacht ab 75 Franken. Der Preis für das Frühstücksbuffet beläuft sich auf 11 Franken pro Person. Ibis-Budet ist mit über 530 Hotels in 16 Ländern präsent. In der Schweiz gibt es zwölf solche Budget-Hotels in Basel, Bern, Genf (zwei), Lausanne-Bussigny, Leysin, Lugano, Luzern, Pratteln, Winterthur und Zürich (zwei).

Projekt «Dolder-Waldhaus» am Zürichberg: Das ViersterneHaus mit 70 Zimmern wird frühestens 2018 wiedereröffnet. 5 I2015


SZENE AUSLAND

THE PENINSULA HOTELS

Glamouröse Gala in Paris «The Peninsula Paris», im Besitz der Hongkong and Shanghai Hotels Limited (HSH) und Katara Hospitality, öffnete im August 2014 mit einem traditionellen chinesischen Löwentanz feierlich, aber leise seine Pforten. Mitte April wurde die Hotel-Eröffnung nun mit einer glanzvollen Gala, internationalen Stars und «Tout Paris» im glamourösen Peninsula-Stil gefeiert. Mehr als 1000 Gäste aus aller Welt folgten der Einladung der Besitzer des «Peninsula Paris». Drei riesige Montgolfier-Heissluftballons – versehen mit dem Wort «Willkommen» in goldenen Lettern in Französisch, Arabisch und Chinesisch – schwebten über dem roten Teppich, der dem Anlass entsprechend für ein elegantes Entrée sorgte. Zum Auftakt des Festes verwies Sir Michael Kadoorie, Vorsitzender der The Hongkong & Shanghai Hotels, in seiner Ansprache auf seinen langjährigen Wunsch, das erste europäische «Peninsula» in Paris zu eröffnen. Die Vorbereitungen des Hotel-Teams ermöglichten eine Gala der Superlative: 280 Blumenbouquets, 9000 edle Rosen aus 20 unterschiedlichen Arten und 1800 festliche Arrangements schmückten das Luxus-Hotel. Chef-Sommelier Xavier Thuizat hielt 3000 Flaschen Wein und Champagner bereit, darunter erlesene Bordeaux-Weine wie etwa «Chasse-Spleen» und «Château Talbot» sowie Deutz-Champagner und Dom Pérignon. Executive Chef Jean-Edern Hurstel sorgte mit seiner Gourmet-Küche für kulinarische Sternstunden: Bester Kaviar, exquisiter blauer Hummer, wilder Lachs, fangfrischer europäischer Seebarsch, japanisches Kobe-Rind und Kalbfleisch-Carpaccio liessen nicht nur die Feinschmecker-Herzen höher schlagen.

Nach HRS ist jetzt auch OTA-Riese Booking.com dran: Das deutsche Bundeskartellamt mahnte die Buchungsplattform wegen ihrer fortgesetzten Anwendung der Bestpreis-Klausel ab. Für die HotelBranche bedeutet das: Sie hat einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Preishoheit erzielt. Zuwächse aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland bescherten dem Österreich-Tourismus im Februar eine zufriedenstellende Auslastung. Das Ausbleiben vieler russischer Gäste in Wintersport-Orten fiel angesichts dessen kaum mehr ins Gewicht. Im Februar waren Österreichs Betten so gut belegt wie nie.

«The Peninsula»-Prominenz (v.l.n.r.): Nicolas Béliard, General Manager Peninsula Paris, Peter C. Borer, CEO The Peninsula Hotels, Sir Michael Kadoorie, Chairman The Hongkong & Shanghai Hotels, Lady Betty Kadoorie, Clement King Man Kwok, CEO und geschäftsführender Direktor der Hongkong & Shanghai Hotels.

ACCOR IM ERSTEN QUARTAL 2015

7,9 Prozent mehr Umsatz Der französische Hotelkonzern Accor hat im ersten Quartal 2015 einen Umsatz von 1 225 Mrd. Euro erzielt, das sind 7,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Konzern profitierte von seinem 2014 abgeschlossenen Umbau im Immobiliengeschäft sowie von Wechselkurseffekten. Die Entwicklung in Frankreich, Deutschland und Grossbritannien sei sehr positiv gewesen. Auch ausserhalb Europas sei ein solides Wachstum erzielt worden, teilte die Accor-Gruppe mit.

Im ersten Quartal eröffnete die Gruppe 7238 neue Zimmer in total 47 Hotels. Die Gruppe zählt 3700 Hotels mit insgesamt 480 000 Zimmern weltweit. Der Betreiber von Hotelketten wie Ibis, Mercure und Novotel ist auch in der Schweiz mit über 50 Häusern präsent. Das Unternehmen rechnet für das Gesamtjahr weiterhin mit einer günstigen Aussicht. In der Schweiz will Accor weiter Hotels als Franchisebetriebe übernehmen.

Best Western Hotels Central Europe GmbH heisst die neue Gesellschaft, die ab Januar 2016 die Best Western Hotels aus den zehn Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien unter einem Unternehmensdach in Eschborn, Deutschland, führen und betreuen wird. Durch den Zusammenschluss der LänderOrganisationen soll die Marketingund Vertriebspower der Marke gestärkt werden. Mövenpick wird sein erstes Hotel in der Dubai Media City (DMC) eröffnen. Das Hotel mit 251 Zimmern grenzt direkt an den neuen «Innovation Hub», ein von der Regierung mit 1,23 Milliarden US-Dollar unterstütztes Zentrum für Kommunikation und Technologie.


Marc Aeberhard über Luxus und Hotels und die Frage:

Was zeichnet echte

W

as ist des durstigen Wanderers in der Wüste Sahara grösster Luxus? Ein Glas Wasser vielleicht. Und für den im niemals enden wollenden Blitzlichtgewitter lebenden Super-Promi ist es vielleicht die Ruhe und das Inkognito auf einer einsamen Insel. Man ist geneigt zu behaupten, dass Luxus das jeweils entgegengesetzte Pendelextrem dessen ist, was man im Überfluss hat. In den gesättigten westlichen Wohlstandsgesellschaften, in denen existenzielle materielle Not über weite Strecken seit einigen Jahrzehnten überwunden ist und die Anhäufung von wirtschaftlichem «Surplus» in fast allen Bevölkerungsschichten zum scheinbar einzigen Daseinszweck verkommen ist, tut sich seit einigen Jahren eine zunehmende Leere, ein Erklärungs-Blackout auf – denn Luxus auf die Defi nition wirtschaftlicher Superlative zu reduzieren, greift zu kurz und gelingt in zunehmendem Masse nicht mehr. Was ist passiert? Lag Calvin mit seiner PrädestinationsArgumentation womöglich falsch? Ist das Gehechel und Geraffe nach monetären und materiellen Gütern fehlgeschlagen? Schwingt das Pendel in Zeiten wirtschaftlicher Wrap-up-Stimmung in die Ecke der Stoa und seiner bis zur Unkenntlichkeit persifl ierten Grundhaltung von carpe diem – Memento mori? Grund genug, der Frage nachzugehen: Luxus – wohin geht die Reise? Eine Versuchsanordnung anlässlich der ITB 2015 in Berlin hat auch tatsächlich eines ganz deutlich bestätigt: Die Luxus-Defi nition gibt es nicht, und Luxus wird nur noch von einem verschwindend kleinen Bruchteil der fast 550 erhaltenen Antworten mit materiellen Gütern gleichgesetzt. Stattdessen liegt der Fokus auf ganz anderen Dingen: Es ist ein bunter Strauss von Werten, Erwartungen, Zuständen, Gefühlen und Bedürfnissen, die entweder gar nicht oder nur schwerlich messbar sind. Die Hitliste der Top Ten: 1. Zeit haben 2. Persönlicher Service 3. Ruhe, Frieden, Harmonie und dann mit einigem Abstand: 4. Platz 5. Nachhaltigkeit und Öko-Verträglichkeit 6. Individualisierung 7. Erwartungen übertreffen 8. Sorgenfreiheit und Unbeschwertheit 9. Gesundheit 10. Begeisterung, Feu sacré, Aufmerksamkeit Und spätestens jetzt ist die Hotellerie gefordert. Denn wie ist diesen Werten im Hotel zu begegnen? Traurig ist es, wenn noch immer eine überwiegende Mehrheit der Fünfsterne-Hotels diesseits und jenseits der helvetischen Grenze mit vor Stolz geschwellter Brust auf ihre aktuellsten Infrastruktursanierungen aufmerksam machen, mit grossen Worten irgendwelche mehr oder weniger bekannte Architektennamen ins Feld führen. Und auf die Frage, was denn nun der Unique Selling Proposition (USP)

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des Hauses sei, antworten die meisten: «Ja schau doch mal, ist es nicht schön geworden bei uns!» Es tönt so, als ob es um ein Schaulaufen geht. Motto: Wer schafft den Einzug in die Hochglanzseiten eines Lifestyle-Architektur-Heftes? Pardon, aber dass ein Hotel in puncto Hardware jederzeit und zwar wirklich jederzeit(!) in einem makellosen Zustand zu sein hat, ist nicht nur ein internationaler Branchenstandard, sondern in Anbetracht der zum Teil horrenden Zimmerpreise eine Selbstverständlichkeit! Alles andere ist Rip-off! Lustig also die glitzernden und blitzenden Hochglanz-Maga zine, welche die teuren

« MATERIELLES IST IN DER

LUXUS-HOTELLERIE ZUR SELBSTREDENDEN STANDARDINFRASTRUKTUR GEWORDEN, MIT DER KEIN GAST MEHR ZU MOBILISIEREN IST.

»

MARC AEBERHARD

massgeschneiderten Betten, die handgefertigten Einrichtungsgegenstände, die spezial angefertigten Teppiche und die zusammengeschusterten Antiquitäten-Samm lungen zelebrieren. Nun ja, eben. Wenn die Rede von Jetset- und HighEnd-Gästen ist, so mag dies beeindrucken. Doch der Top-Elite aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft entlocken solche Hardware-Highlights gerade mal ein müdes Lächeln. Ist ja klar, dass man zu Hause eh so wohnt – und so ist es halt ebenso selbstverständlich, dass man im Hotel zumindest den gleichen Standard erwartet. Was also bleibt ? Was folgt? What's next? Seit sechs bis zehn Jahren wird eine Abkehr vom alten Bild des Luxus festgestellt – hin zu einem gänzlich sich wandelnden Gebilde aus materieller Standard-Grundlage und immateriel lem Werte-Kaleidoskop. Dieser Paradigmenwechsel korreliert zusätzlich auch mit einer neuen Generation von Gästen, nennen wir sie Hedonisten und Posthedonisten. Sie haben ein völlig neues Medienverständnis. Sie stammen aus einem Weltwirtschaftsgefüge, das durch Vertrauensverlust als Folge von massloser Bereiche-

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ZU GAST MARC AEBERHARD

Luxus-Hotellerie aus? rung und Wirtschaftspiraterie auf sich aufmerksam gemacht hat. Die Haltung «nach mir die Sintflut» weicht zunehmend einer Ideologie, die offen ist für Themen wie multidimensionale Nachhaltigkeit und ganzheitliches Empfindungsvermögen. Und so kommt es, dass das uns so lieb gewordene stringente Profil des Luxusgastes, der im Pelzmantel nach First-Class-Flug und Transfer in deutscher Luxuslimousine in der überladenen Hotel-Suite des Grand Palais XY pulverisiert wird. An seine Stelle tritt der Baukasten-Mensch, der ähnlich wie ein Mosaik in kein Raster mehr passt. Er fliegt mal ganz billig mit easyJet, um später im Luxus-Hotel zu übernachten – oder er fliegt first class und unternimmt dann als Camper eine Tour im Hochgebirge und übernachtet in einfachsten Alphütten … Kurz und gut: Um das Phänomen Luxus im Jahr 2015 erfassen zu können, benötigt der geneigte Betrachter einen multidimensionalen Ansatz, der alle eingefahrenen Regeln kategorisch über Bord wirft. Fakt ist: Materielles ist in der Luxus-Hotellerie zur selbstredenden Standard-Infrastruktur geworden, mit der kein Gast mehr zu mobi lisieren ist. Materie (sprich Hardware) ist bloss noch eine Frage des Geschmacks – dem einen gefällt es, dem anderen nicht. Eine weitere Tatsache: Die hehren Zeiten der glorifizierten Werbebotschaften sind im Luxussegment vorbei. Den Gast interessiert nicht mehr, was in der Society und in den Medien gequatscht wird, sondern nur noch, was Sache ist – oder direkter ausgedrückt: Mit einem goldenen Logo und einem wohlklingenden Namen alleine hole ich keinen Gast mehr ab! Fest steht: Der Luxusgast ist hervorragend informiert und lässt sich keinen Bären mehr aufbinden. Es ist die Zeit, in der Werte wie Ehrlichkeit und Authentizität Hochkonjunktur haben. Fest steht: Der Luxusgast hat eine klare Vorstellung von Preis und Leistung. Er hat die ganze Welt bereist und weiss, wo man was für welchen Preis bekommt. Auch Millionäre wissen, dass ein Tässchen Kaffee aus einer Kapselmaschine unmöglich 12 Franken kosten kann! Fest steht: Der Luxusgast setzt in wirtschaftlich unsicheren, instabilen Zeiten auf Understatement, will heissen: Er trägt seine «Rolex» jetzt unter dem Hemdsärmel und nicht mehr darüber. Fest steht: Die Zeiten des extrovertierten, medialen Luxusgastes sind vorbei. Der Gast zieht sich in seine Privatsphäre zurück und organisiert dort seine individuelle Welt. Und die Hotellerie? Sie baut künftig auf eine neue Luxusphilosophie, die im Wesentlichen auf fünf Pfeilern basiert: 1. Raum: Dazu gehört aber nicht nur ein neu definiertes Raumprogramm in den Hotels, sondern auch der Um-Raum um das Hotel und um die Destination wird relevant. Natur pur als alt-neue Erlebniswelt. 2. Zeit: Onestop-Shop im Hotel und maximale Flexibilität bei der zeitlichen Gestaltung des Aufenthaltes. Keine Wartezeiten, keine

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definierten Buffet-Stunden beim Frühstück, kein Zeitverlust beim Studium von «Wie bediene ich eine Hightech-Dusche von der Bettkante aus»? 3. Individualisierter und personalisierter Service: Bitte keine Zimmer nummern abfragen, sondern auf «Guest Profiling» setzen! Selbstredend und bitte diskret. 4. Exklusivität: Kein Top-End-Gast will sich in Betten-Burgen sehen lassen. Das Motto lautet: klein und fein und (schon wieder!) diskret.

« WÄHREND DIE LUXUS-HOTELIERS

AM MARKT UM DIE HIGH-END-GÄSTE KÄMPFEN UND DEN AUFSTREBENDEN WACHSTUMSMÄRKTEN HULDIGEN, TAUCHT DIE TOP-ELITE AB.

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MARC AEBERHARD

5. Sicherheit: Ja, Sicherheit an Leib und Leben ist grundlegend, aber nicht nur. Der prominente Luxusgast wünscht Paparazzifreie Zonen. Und er wünscht frische, saubere Luft, reines Wasser, gesundes und nachhaltiges Essen, denn über allem steht die Gesundheit. Und plötzlich wird dramatisch erkennbar, dass fast alle Fünfsterne-Hotels in unseren Breitengraden genau diesen Trends viel zu wenig und viel zu spät oder viel zu oberflächlich Beachtung geschenkt haben. Was ist passiert? Während die LuxusHoteliers am Markt um die High-End-Gäste kämpfen und den aufstrebenden Wachstumsmärkten huldigen, taucht die TopElite ab. Die wirklichen Luxusgäste, die Reichsten der Reichen, residieren nun in exklusivsten Villen und Chalets, zum Teil in sogenannten Edel-Kurorten, teils unter dem Radar. Weil das Hotel nicht gut genug ist und die individuellen Bedürfnisse nicht oder nur mangelhaft abdecken kann, holt sich der Gast das Hotel nach Hause – mit Koch, Housekeeping, Service, Butler und Chauffeur. Man tingelt jetzt von Villa zu Villa, von Lodge zu Lodge, von Jacht zu Jacht, von Penthouse zu Penthouse … Wer spricht da von Airbnb – im Top-Segment? Neue Formen der Beherbergungsindustrie sind gefragt. Vergessen wir materiellen Luxus. Hardware ist die Basis, aber nicht mehr. Um was es geht? Siehe oben … H

DER AUTOR Marc Aeberhard, lic. rer. pol. und Hotelier EHL (Hotel-Fach-

schule Lausanne) ist Präsident und Managing Director der Luxury Hotel & Spa Management Ltd in Zürich. Er ist ein intimer Kenner der weltweiten Luxus-Hotellerie und hat in Asien und Europa zahlreiche Luxushäuser und Resorts konzipiert, entwickelt und erfolgreich am Markt positioniert. aeberhard.marc@bluewin.ch

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FRAGE AN SPITZENKOCH ANDRÉ JAEGER:

Was machen Sie in ‹Halbpension›? Er ist ein Pionier, einer der ganz Grossen am Herd. Ende Juni verlässt er seine «Fischerzunft» in Schaffhausen und geht in den Ruhestand, wie er sagt. «Hotelier»Autorin Nicole Amrein wollte von André Jeager (68) wissen: Was machen Sie als Halbpensionär? Und was passiert mit der «Fischerzunft»?

Artischocke mit Stubenküken und Rhabarber-Chutney.

André Jaeger, Sie werden im Juni nach 40 Jahren die «Fischerzunft» schliessen. Was hat bei dem Entschluss überwogen, das Yin oder das Yang? Sicher war von beidem etwas mit dabei! Nach 40 erfolgreichen Jahren sind bei so einem weittragenden Entschluss Emotionen, aber auch wirtschaftliche Überlegungen ausschlaggebend.

Spitzenkoch André Jaeger posiert hier mit einem Fisch vor der «Fischerzunft». «Man ehrt ein gutes Produkt, sei dies Fisch, Fleisch oder auch Gemüse, und stellt es auf einen Sockel, indem man es mit Respekt liebevoll zubereitet und eine passende Beilage dazuserviert.»

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Sie sind bekannt für Ihre «Cuisine du bonheur», haben als erster Spitzenkoch in der Schweiz die asiatische mit der europäischen Küche fusioniert. Wie gefällt Ihnen, was heute unter dem Namen «fusion cooking» geboten wird? Die Globalisierung und der Facebook-Effekt haben leider nicht nur Vorteile. Das «Glashaus», in dem wir heute leben, öffnet vielen Köchen die Türen zum Kopieren. Das wiederum öffnet Chancen für den ehrlichen Könner, der selber kreiert und mit Fleiss und Ehrgeiz eigenständige Gerichte erfindet und eine eigenständige Küche macht. Plagiate sind meistens erkennbar und selten besser als ihr Original. Ich wünsche mir gerade aus diesem Grund, dass kreative, junge Talente gefördert werden. 5 I2015


10 FRAGEN AN ANDRÉ JAEGER

Als Absolvent der Hotel-Fachschule Lausanne waren Sie Food & Beverage Manager im berühmten «Peninsula» in Hongkong, als Ihr Vater Sie im Alter von 28 Jahren bat, die «Fischerzunft» zu übernehmen. Wie war Ihre erste Reaktion? Der Ruf aus Schaffhausen kam eigentlich viel zu früh! Allzu gerne hätte ich noch ein paar Jährchen in der grossen, weiten Welt der Hotellerie verbracht. Doch war mein Vater damals sehr ultimativ – entweder, oder! Frédy Girardet, Horst Petermann und Hans Stucki waren lange Jahre Ihre Weggefährten. Sie selber kochen seit 20 Jahren auf 19-Punkte-Niveau. Wie wichtig sind Ihnen Punkte und Sterne? Sehr wichtig! Denn diese Auszeichnungen gehören zu uns und haben uns jahrelang begleitet. Zu Beginn meiner Zeit in Schaffhausen war das Zeitalter der neuen Küche gerade mal ein paar Jahre alt, und man pilgerte zu den damaligen Protagonisten der Nouvelle Cuisine. Man vergisst heute leider zu schnell, dass ganze Nationen durch diese Küchenrevolution gelernt haben, besser zu essen. Was heute selbstverständlich ist, mussten Millionen von Menschen zuerst erlernen! Benoît Violier, Nachfolger von Philippe Rochat im «Hotel de Ville» in Crissier, ist zurzeit einer der höchst dotierten Köche in der Schweiz – und ein Verfechter von nicht mehr als zwei bis drei Aromen auf einem Teller. Ihre Meinung dazu? Meine Devise war schon immer: das Weglassen ist schwieriger als das Hinzufügen. In der heutigen Zeit, in der wirklich gute Produkte immer rarer werden, hat dies noch viel mehr Bedeutung bekommen. Man ehrt ein gutes Produkt, sei dies Fisch, Fleisch oder auch Gemüse, und stellt es auf einen Sockel, indem man es mit Respekt liebevoll zubereitet und eine passende Beilage dazuserviert. Ich hatte neulich das grosse Vergnügen, bei Violier zu essen. Ich kann mich noch an jeden Gang erinnern. Was sagen Sie zu der Aussage, dass mit Spitzengastronomie kein Geld zu verdienen ist? Die wirtschaftliche Situation ist für die Spitzengastronomie in der Schweiz sehr schwierig geworden. Leider scheint sich unser Bundesrat nicht für gutes, gesundes Essen zu interessieren. Schweiz Tourismus wirbt mit zwei alten Männern auf einer Bank, was ja auch nicht gerade dokumentiert, wie fantastisch man bei uns essen kann. Als Hochpreisland hat es gerade die Spitzengastronomie schwer – und wird dann als teuer eingestuft. Betrachtet man jedoch das Preis-Leistungs-Verhältnis, sind besonders die Guten günstig, aber nicht billig. Ihr alljährliches Fischbuffet ist legendär. Heuer findet die 75. Ausgabe statt. Was denken Sie, worauf begründet sich dieser enorme Erfolg? Das ist eine eher verrückte Geschichte! Ein jun5 I2015

ger Koch, der 1978 mit einem Kühlwagen in die Bretagne fährt und mit einer Tonne der erlesensten Fische und Meeresfrüchte zurückkehrt und dann ein Fischbuffet anbietet und innerhalb von einer Woche die Tonne verarbeitet … Um die molekulare und auch die nordische Küche ist es in letzter Zeit ruhig geworden. Wo geht die «kulinarische Reise» hin? Wir werden über viele Tatsachen gesteuert: Wirtschaftlichkeit, Löhne, Abgaben, Steuern, die in der Schweiz viel höher sind als in den restlichen EU-Ländern. Sie schränken schon mal die Kreativität ein. Das «Geiz ist geil»-Phänomen hält viele Gäste ab, gewisse Lokale zu besuchen. Aber zum Glück wird das die Entwicklung nicht bremsen können. Es gibt genügend gut ausgebildete, hoch motivierte Nachwuchsköche, die bereit sind, alles zu geben, um ihre Träume zu verwirklichen. Trends kommen und gehen, was bei «molekular» oder «nordisch» ja bewiesen ist. Von den Trends bleibt jedoch immer etwas zurück – und genau das bringt uns weiter. Ich bin überzeugt, dass die Natur und ihre Produkte einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Küche haben werden. Ein Produkt, das schwer erhältlich ist, wird begehrlicher als eines, das in Hülle und Fülle vorhanden ist. Das Gesundheitsdenken hilft ebenfalls mit bei der Entwicklung einer zeitgemässen Küche. Im Moment hat die südamerikanische Küche einen grossen Einfluss auf das Geschehen bei uns. Peru ist seit geraumer Zeit als Entdeckung im Gespräch. Ich lächle darüber, und es freut mich, denn wenn die Reise dahin geht, können wir uns freuen. Die Küche ist leicht, gesund, fröhlich, oft fast einfach, aber ausserordentlich köstlich und bekömmlich – und sie basiert auf guten Produkten. Regional, frisch, produktbezogen, ohne Effekthascherei dürfte eine ziemlich gute Voraussage sein. Die «Fischerzunft», Schaffhausen, gibt es seit 1411. Wie sieht die Zukunft des Gebäudes aus? Wir stehen kurz vor der Unterzeichnung eines Rahmenplanes, der ein faszinierendes Projekt ermöglichen wird. Ich hatte das Glück, mit einem tollen Team an dem Projekt zu arbeiten, und ich möchte nicht vorgreifen. Nur so viel sei gesagt: Es wird eine tolle, subtile Renovation entstehen, was für die Stadt und besonders für das Quartier von grosser Bedeutung sein wird. Sie treten, wie Sie selber gesagt haben, nur in «Halbpension». Verraten Sie uns Ihre nächsten Projekte? Nach 40 Jahren, davon 30 mit einer Sieben-Tage-Woche, habe ich mich entschlossen, mich dem täglichen Druck des Betriebes zu entziehen. Der Entschluss hatte aber auch damit zu tun, dass es mir leider nicht gelungen ist, einen Nachfolger zu finden. Da ich jedoch insgeheim hoffe, dass es eine «neue Fischerzunft» geben wird, mache ich den Weg frei dafür. Ich selber werde weiter für die Belange der Spitzengastronomie zu Verfügung stehen. Es fasziniert

mich, Konzepte zu entwickeln, meine Erfahrung einzubringen und mit jungen Menschen zu kooperieren. Es liegen einige sehr verlockende Anfragen vor. Ich möchte jedoch ein Kapitel schliessen, bevor ich ein neues aufschlage. H

Hecht-Emincé.

André Jaeger wurde am 12. Februar 1947 in Rümikon geboren. Er wuchs als Sohn eines Wirte-Ehepaars auf und absolvierte eine dreijährige Kochlehre im traditionsreichen Hotel Beau-Rivage Palace in Lausanne sowie ein ServicePraktikum im Dorchester-Hotel in London und ein Administrations- und Rezeptions-Praktikum im Hotel Eden au Lac in Lugano. Nach Abschluss seiner Lehre besuchte Jaeger ab 1965 die Hotel-Fachschule in Lausanne.1971 wurde er Food & Beverage Manager im Peninsula-Hotel in Hongkong. Die Jahre in Asien hatten einen prägenden Einfluss auf André Jaeger, was ihn später einen der Vordenker und -kocher einer Ost-West-Küche werden liess, der bewusst mit geschmacklichen Gegensätzen spielt. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz erwarb er 1981 den väterlichen Betrieb, das Hotel und Restaurant Fischerzunft in Schaffhausen. Mit der Erneuerung und dem Wandel des Hotels und des Restaurants zu einem Luxusbetrieb war auch André Jaegers Aufstieg zum Spitzenkoch verbunden, der ihm bei Gault & Millau zwei Mal die Auszeichnung «Koch des Jahres» einbrachte. Seit 1995 wird André Jaeger von Gault & Millau mit 19 Punkten bewertet.

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GESPRÄCH MIT DEM NEUEN PRÄSIDENTEN VON HOTELLERIESUISSE

Herr Züllig, wohin geht die

Reise?

INTERVIEW Hans R. Amrein PORTRÄT-BILDER Holger Jacob


HOTELIER TALK ANDREAS ZÜLLIG

Er ist einer der erfolgreichsten Hoteliers der Schweiz. In wenigen Jahren hat er den «Schweizerhof» in Lenzerheide vom Sanierungsfall zum profitablen und klar positionierten Ferien- und WellnessHotel entwickelt. Seit Anfang Jahr ist er «nebenbei» Präsident von Hotelleriesuisse. «Hotelier»Chefredaktor Hans R. Amrein sprach mit Andreas Züllig (57) über die aktuelle Lage der Hotellerie, Währungs- und andere Probleme und die Frage: Wohin geht die Reise in der Schweizer Hotellerie?

Andreas und Claudia Züllig posieren in ihrem «Schweizerhof» in Lenzerheide für den «Hotelier»-Fotografen. Die Zülligs haben das Viersterne-Superior-Haus zu einem der besten und erfolgreichsten Ferien- und Wellness-Hotels der Schweiz aufgebaut.


H

err Züllig, Ihre Freunde nennen Sie «Andy». Wie sagt man Ihnen nun – Andreas oder Andy? Andreas ist mein richtiger Name. Als ich ein kleiner Bub war, hat man mich «Andy» gerufen. Sie haben am 1. Januar das Präsidium von Hotelleriesuisse übernommen. Am 15. Januar hat die Nationalbank entschieden, die FrankenUntergrenze von 1.20 aufzuheben – mit ungewissen Folgen für Tourismus und Hotellerie. Sie hätten den Entscheid «wie eine kalte Dusche» erlebt, haben Sie einer Sonntagszeitung gesagt. Wie fühlen Sie sich jetzt – nach der kalten Dusche? Sehr gut! Allerdings: Mit so einer Herausforderung das Präsidium eines Hotel-Verbandes anzutreten, ist mehr als spannend. Der Entscheid der Nationalbank führte zwar nicht gerade zu einer Panik, aber es war schon ein Schreck. Andererseits mussten wir rasch handeln. Wir brauchten

« WÄRE UNSER IMAGE SO SCHLECHT, WIE GEWISSE MEDIEN IMMER WIEDER BEHAUPTEN, HÄTTEN WIR ÜBERHAUPT KEINE SCHWEIZER GÄSTE MEHR.

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ANDREAS ZÜLLIG

mus und die Hotellerie? Es entstand so etwas wie eine Druckwelle, aber keiner konnte sagen, was die konkreten Folgen sind. Noch heute wissen wir nicht, wohin die Reise geht, wie sich die Währungsproblematik konkret auf unsere Branche auswirken wird. Immerhin: 2011 hatten wir eine vergleichbare Situation, als der Franken je Euro plötzlich von 1.55 auf unter 1.00 fiel. Doch das Ganze kam damals nicht so schockartig. Man musste aber davon ausgehen, dass die Franken-Untergrenze von 1.20 irgendwann nicht mehr tragbar ist und aufgehoben wird. Waren wir alle, inklusive Bundesrat und Exportwirtschaft, etwas naiv? Nein. Der Entscheid kam völlig überraschend. Schauen Sie, ich sitze im Wirtschaftsbeirat der Nationalbank, ich bin also ganz nah dran. Wir tauschen uns dort mit der Direktion der Nationalbank aus. Man diskutiert in diesem Gremium über aktuelle Themen, entwickelt Szenarien. Im Sommer vor einem Jahr, als der Kurs bei 1.24 lag, hätte man relativ gut aussteigen können. Der Zeitpunkt wäre damals idealer gewesen, aber Mitte Januar kam der Entscheid völlig überraschend. Niemand hat damit gerechnet. Dem Tourismus in der Schweiz ging es bis Ende 2014 wieder gut: mehr Logiernächte, gute Belegung in den Hotels, steigende Zahlen in fast allen Regionen – und dann Mitte Januar dieser Paukenschlag … … ja, die Branche hatte sich erholt, wir bewegten uns auf einem soliden Niveau. Und dann eben dieser Schock … Einige Experten sagen, der Sommer werde hart, vor allem in den Bergen und im Tessin. Wie lauten denn Ihre Prognosen? Ich sage immer: Eine unserer wichtigsten Währungen ist das Wetter. Spielt das Wetter im Sommer mit, geht es uns wahrscheinlich relativ gut. Zudem unternimmt «Schweiz Tourismus» derzeit alles, um die Gäste aus dem Inland für die Schweiz zu begeistern. Gelingt uns das, kommen wir mit einem blauen Auge davon.

Sie führen jetzt den Branchenverband Hotelleriesuisse: Andreas Züllig (Präsident) und Dr. Christoph Juen (CEO).

sofort ein Kommunikationskonzept. So etwas hat man ja nicht einfach in der Schublade, denn der Entscheid kam völlig überraschend. Doch als Hotelier ist man solche Situationen auch gewohnt. Wenn plötzlich ein Reisebus mit hundert Personen vor dem Hotel steht und alle essen wollen … Worin sehen Sie die besondere Herausforderung für die Hoteliers und den Tourismus in dieser «Währungskrise»? Die zentrale Frage lautet nach wie vor: Was sind die Folgen der Franken-Stärke für den Touris-

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Das Wetter können Sie aber nicht beeinflussen … … das ist leider so. Doch einen Regen-Sommer wie 2014 können wir uns nicht mehr leisten. Ganz wichtig ist jedoch die Frage: Wie ist mein Hotel positioniert? Habe ich meine Hausaufgaben gemacht? Haben wir Stammgäste? Was machen wir für diese? Hinzu kommen Fragen aus dem Marketing: In welchen Märkten bewegen wir uns? Sind wir in der digitalen Hotel-Welt gut vernetzt und in den wichtigsten Online-Verkaufskanälen präsent? Wichtig ist auch die Frage: Arbeiten wir in der Destination zusammen? Wie tritt unsere Destination am Markt auf? Die Aufenthaltsdauer in den Hotels geht generell zurück, vor allem in der Ferien-Hotellerie. Richtig. Der Gast bucht immer kurzfristiger. Er schaut, wie das Wetter wird, geht ins Internet und reserviert ein Zimmer. Ein oder zwei Tage später steht er im Hotel. Kommt hinzu, dass viele Gäste ihre Ferien häppchenweise machen – 5 I2015


HOTELIER TALK ANDREAS ZÜLLIG

schnell mal drei Tage ins Tessin, dann ein Wochenende ins Engadin … Gäste, die zwei Wochen Ferien am gleichen Ort verbringen, sind schon bald eine Minderheit. Die Destinationen sollten vermehrt zusammenarbeiten, sagen Sie. Es geht darum, die Zusammenarbeit unter den diversen touristischen Leistungsträgern zu optimieren, die Destination am Markt zu positionieren, denn für den Gast endet der Urlaub nicht an der Kantonsgrenze.

überzeugt, dass wir die Inlandgäste, die 60 Prozent der Logiernächte im Berggebiet generieren, im Land behalten können, wenn wir jetzt alles richtig machen. Und trotzdem verzeichnet Österreich neue Rekorde bei Schweizer Gästen. Im Tirol oder in Vorarlberg gibt es Hotels, die 40 bis 50 Prozent mehr Schweizer beherbergen … … Wir schauen wie das Kaninchen auf die Schlange, nach Österreich. Ich behaupte: Die meisten Schweizer Hoteliers machen einen tollen Job. Ja, wir sind teurer als unsere Mitbewerber im EU-Raum, aber wir bieten auch ein hohes Qualitätsniveau! Das belegen fast alle internationalen Ratings und Umfragen unter Touristen weltweit. Die Schweiz ist nach wie vor eine TopFeriendestination. Einen guten Job machen, stolz sein und nicht jammern, lautet also Ihr Motto. Ja. Sie leben im «Schweizerhof» in Lenzerheide vorwiegend von Schweizer Gästen? Ja, und die verstehen unsere Situation. Viele zeigen sich solidarisch und wissen, dass wir hohe Kosten haben.

«Schweizerhof Lenzerheide», Andreas Züllig: «Spielt das Wetter im Sommer mit, geht es uns wahrscheinlich relativ gut.»

« DIE MEISTEN SCHWEIZER HOTELIERS MACHEN

EINEN TOLLEN JOB. JA, WIR SIND TEURER ALS UNSERE MITBEWERBER IM EU-RAUM, ABER WIR BIETEN AUCH EIN HOHES QUALITÄTSNIVEAU.

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ANDREAS ZÜLLIG

Ist die Bereitschaft der touristischen Leistungsträger da? Wollen die überhaupt kooperieren? Sicher nicht überall, aber nehmen Sie das Beispiel Adelboden, wo sich kürzlich elf Hotels zusammengeschlossen haben, oder die Lenzerheide … Zurück zur aktuellen Währungssituation. Einige Branchenvertreter sprechen bereits von einer handfesten «Krise». Aufgepasst! Der Winter 2014/15 war bis jetzt soweit gut, der Februar lag sogar über dem Vorjahr. Man darf jetzt nicht auf Panik machen und die Situation negativer darstellen, als sie ist. Nehmen wir an, der Franken stabilisiert sich mittelfristig bei 1.10. Wie lauten dann Ihre Prognosen für 2015 und 2016? Laut einer Modellrechnung von «Schweiz Tourismus» gehen die Logiernächte im Berggebiet bei einem Frankenkurs von 1.00 bis 1.05 um 7 Prozent zurück. Doch das ist Theorie, und der wichtige Faktor Wetter ist dabei noch nicht berücksichtigt. Unser Vorteil in der Schweiz ist, dass der Inlandgast sein Ferien- oder Wochenendziel in den Bergen ohne lange Anfahrtswege rasch erreicht. Ich bin 5 I2015

Diese Schweizer Gäste sind also bereit, mehr für Ihren Urlaub zu bezahlen. Ja. Der Schweizer setzt grundsätzlich auf Qualität, er ist bereit, einen höheren Preis zu bezahlen, sofern Produkt und Dienstleistung stimmen. Sie haben nach Ihrer Wahl gesagt, die Schweizer Hotellerie habe ein schlechtes Image. Richtig. Die Medien berichten immer wieder von den freundlichen und tollen Österreichern – und den unfreundlichen Schweizer Hotels. Wir sind aber nicht unfreundlicher! Wir sind anders. Wäre unser Image in der Tat so schlecht, wie gewisse Medien immer wieder behaupten, hätten wir überhaupt keine Schweizer Gäste mehr. Dann würden alle in Richtung Osten abwandern. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Der Zuwachs an Anreisen von Schweizer Gästen in unseren Hotels ist beachtlich, 2014 erreichten wir im Schweizer Markt sogar Rekordzahlen. Weltweit hat der Schweizer Tourismus alles andere als ein Image-Problem. So ist es. Früher war man in der Schweiz stolz auf den Tourismus, auf die Hotellerie. Wir waren Musterknaben. Fast alle Hotel-Pioniere kamen ja aus der Schweiz. So wie damals die Swissair hatten auch Schweizer Hotels im eigenen Land einen hervorragenden Ruf. Und jetzt ist alles anders? Unsere Mitbewerber im Ausland haben aufgeholt. Sie haben investiert und vieles richtig gemacht … … und die Schweizer haben sich auf den berühmten Lorbeeren ausgeruht. Das hat was. Aber das betrifft nicht nur die Hotellerie, sondern viele Branchen. Doch heute ❯

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sind wir mehrheitlich wieder fit und sehr gut aufgestellt. Es wurde in den letzten Jahren kräftig in die Hotellerie und den Tourismus investiert, es entstanden neue und tolle Angebote. Nochmals: Wie wollen Sie das Image der Schweizer Hotellerie im Inland verbessern? Man muss die Guten ins Schaufenster stellen. Reden wir von den erfolgreich positionierten, einzigartigen Hotels. Die gibt es! Sie kennen ja den guten alten Slogan: Tue Gutes und sprich darüber! Die Hotellerie ist ein People-Business – das fasziniert die Leute, auch die Medien. Sie machen es ja mit dem «Hotelier» vor. Die Leute wollen spannende Geschichten lesen. Guglielmo L. Brentel, Ihr Vorgänger, hat sich vor vier Jahren in die Nesseln gesetzt, als er öffentlich erklärte, dass etwa «1000 nicht mehr wettbewerbsfähige Hotel-Betriebe» schliessen müssten. Er sprach dabei von einer Strukturbereinigung in der Branche. Ein Drittel der Hotels würde also vom Markt verschwinden … … von diesem Drittel spricht man schon seit zwanzig Jahren! Wir reden von rund 5000 HotelBetrieben, davon sind 2100 bei Hotelleriesuisse. Diese 40 Prozent generieren 80 Prozent der Logiernächte. Wenn wir nun von Strukturbereinigung sprechen, so meine ich nicht unsere Mitglieder. Die sind in der Regel gut aufgestellt und tragen zu Recht das Gütesiegel von Hotelleriesuisse. Für Hotels, die nicht bei uns organisiert sind, kann und will ich nicht den Kopf hinhalten. Damit meinen Sie wahrscheinlich die 3000 Hotel-Betriebe, die bei Gastrosuisse organisiert sind. In der Regel sind das Gasthöfe und sehr kleine Hotels mit ein paar Zimmern. Ich denke vor allem an Betriebe, die gar nicht klassifiziert sind, weder bei Gastrosuisse noch bei Hotelleriesuisse. In Deutschland unterscheidet man klar zwischen Gasthof und Hotel. Tatsache ist: Man kann einen Landgasthof mit fünf Zimmern nicht mit einem Grandhotel mit 100 Zimmern vergleichen! Sprechen wir über Politik. Sie haben früher mal als FDP-Mann im Kanton Graubünden für den Nationalrat kandidiert – wurden dann aber nicht gewählt. Ja, auch der Hotelier René Maeder aus Kandersteg wurde nicht gewählt.

Könnten Sie sich vorstellen, als Präsident von Hotelleriesuisse wieder für den Nationalrat zu kandidieren? Nein. Ich habe mir das gut überlegt, denn die FDP Graubünden wollte mich als Nummer eins auf die Wirtschaftsliste setzen. Aber das geht nicht. Ich kann nicht gleichzeitig den Verband repräsentieren und in Bern im Bundeshaus sitzen. Der Verband hat jetzt oberste Priorität. Zudem können wir mit guter Lobby-Arbeit genau so viel erreichen wie ein Parla mentarier in Bern.

Bild: Tanya Hasler

Andreas Züllig als «Koch» in der Küche des Hotels Schweizerhof Lenzerheide (Archivbild aus dem Jahr 2011).

« MAN MUSS DEN LEUTEN

IMMER WIEDER KLAR MACHEN, DASS ZU VIELE VORSCHRIFTEN UND DER GANZE BÜROKRATISCHE AUFWAND IN EINE SACKGASSE FÜHREN.

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ANDREAS ZÜLLIG

Im nationalen Parlament in Bern sitzt kein einziger Hotelier. Das ist leider so. Es sei «eine Katastrophe», dass die Hotellerie im Nationalrat nicht vertreten sei, klagt Bruno H. Schöpfer, einer der grossen Hotel-Manager des Landes («Bürgenstock Resort»). Ist das wirklich so schlimm? Ganz klar: Unsere Branche sollte sich politisch engagieren, auf allen politischen Ebenen, nicht nur in Bern. Ich war neun Jahre lang im Gemeinderat von Lenzerheide und habe dort die Interessen des Tourismus vertreten. Übrigens: Bei den letzten Nationalratswahlen hatte ich nie damit gerechnet, gewählt zu werden, denn ein bisheriger Bündner FDP-Nationalrat stand damals als Erster auf der Liste.

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Warum haben Sie kandidiert? Ich wollte damit zeigen, dass wir Hoteliers nicht nur fordern, sondern auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Sie sind immer noch Hotelier und Gastgeber im «Schweizerhof» in Lenzerheide. Sind Sie im Hotel überhaupt noch präsent, oder führt jetzt Ihre Frau Claudia den Betrieb? Wenn immer möglich, bin ich bei den Gästen, drehe am Abend meine Runden im Hotel und spreche mit den Gästen. Ich bin Hotelier. Das ist mein Hauptjob. Wäre ich im Hotel nicht mehr anwesend, wäre das auch unfair gegenüber meiner Frau Claudia, die eh schon 150 Prozent arbeitet. Aber wie schaffen Sie das zeitlich? Der Tag hat 24 Stunden … … Mein Arbeitstag beginnt um 7 Uhr und endet um 23 Uhr. Ich arbeite sechs Tage, der Sonntag ist frei. Wie halten Sie sich fit? Was ich tue, macht mir Freude. Ich lerne dabei eine ganze Menge. Zudem erhalte ich viele positive Feedbacks – von Gästen und Politikern, Verbandsmitgliedern und Bürgern. Treiben Sie Sport? Ja, zusammen mit meiner Frau.

Leben Sie gesund? Wahrscheinlich schon, ich trinke selten Alkohol, lasse mich nicht stressen. Das einziges Laster: Ich rauche. Doch ich bin ein relativ ruhiger Mensch, gehe die Dinge eher pragmatisch an. Wie lautet eigentlich Ihre Lobby-Strategie bei Hotelleriesuisse? Kurz gesagt: Wir bauen auf unser Netzwerk mit Politikern, die wir persönlich kennen. Ich treffe diese Politiker auch ausserhalb der Agenda. 5 I2015


HOTELIER TALK ANDREAS ZÜLLIG

Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für die Hotellerie sind nicht optimal. Unnötige Verordnungen und Gesetze, bürokratische Hürden und Unverständnis prägen den Alltag der Hoteliers und Investoren. Bruno H. Schöpfer, der in der Schweiz im Auftrag von Katar eine Milliarde in Hotels investiert, kann ein Lied davon singen. Er sagt, er würde die Milliarde heute nicht mehr in der Schweiz investieren. Das tönt hart. Aber Bruno Schöpfer hat grundsätzlich schon recht. Vieles in der Schweiz ist überreguliert. Wie wollen Sie das ändern? Man muss den Leuten immer wieder klar machen, dass zu viele Vorschriften und der ganze bürokratische Aufwand in eine Sackgasse führen. Und wer leidet darunter? Die Unternehmen, die KMUs – und am Ende auch die Arbeitnehmer. Noch geht es uns gut, die Arbeitslosigkeit ist tief, der Staatshaushalt gesund, der Wohlstand hoch. Wir haben vieles erreicht. Glauben Sie noch daran, dass wir eines Tages ein Freihandelsabkommen mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich haben, das zu einer Marktöffnung und zum Abbau von Handelshemmnissen führt? Ich hoffe es. Denn eine aussenwirtschaftspolitische Öffnung, insbesondere in Europa, ist für unsere Branche enorm wichtig. Die effektivste Massnahme zur Senkung der Nahrungsmittelpreise liegt nämlich im Abbau von tarifären und nicht tarifären Handelshemmnissen. Deshalb steht für uns ein Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich mit der EU an erster Stelle. Zuverlässige Schätzungen haben ergeben, dass alleine bei den Warenkosten im Restaurationsbereich der Hotellerie rund 500 Mil lionen Franken eingespart werden könnten, wenn die Schweiz das Preisniveau der EU hätte. Im Zusammenhang mit der aktuellen Währungssituation verlangen gewisse Exponenten, dass der L-GAV den wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst wird. Für Sie ein Thema oder eher ein Tabu? Aus EU-Optik ist ein Mindestlohn von 4100 Fran ken eine stolze Summe. Doch schauen wir uns die Lebenshaltungskosten in der Schweiz an! Da sind 4100 Franken notwendig. Wer auf Qualität setzt, muss auch anständige Löhne bezahlen. Wir brauchen gute, qualifizierte Mitarbeitende. Und die sollen auch gute Löhne erhalten. Es werde immer schwieriger, qualifizierte und geeignete Mitarbeitende zu finden, klagen nicht wenige Hoteliers. Das ist in der Tat eine Herausforderung. Unser Hauptproblem sind eben nicht die Mindestlöhne oder der L-GAV, sondern die Frage: Wie kriegen wir gute Leute? So gesehen wird die Masseneinwanderungsinitiative, so befürchte ich, zum grösseren Problem für unsere Branche. Sozialpartnerschaft und L-GAV stehen für Sie also nicht zur Debatte? Man muss sicher über eine Flexibilisierung und Verlängerung bei den Arbeitszeiten oder ein 5 I2015

Rabatierungssystem als Ausbildungsbeitrag bei den Minimallöhnen diskutieren. Thema Mehrwertsteuer. Ihr Lösungsansatz? Unser Ziel ist klar: 3,8 Prozent fix im Gesetz. Wir brauchen in der Hotellerie und im Gastgewerbe eine gewisse Planungssicherheit. Der heutige, provisorische Zustand ist keine Dauerlösung. Thema Branchenverbände: Zwischen Gastrosuisse und Hotelleriesuisse herrscht so etwas wie ein «kalter Krieg». Ihr Vorgänger hatte Mühe mit der Tatsache, dass auch Gastrosuisse Hotels klassifizieren kann. Jetzt stehen an der Spitze von Gastrosuisse zwei Hoteliers, Casimir Platzer (Präsident) und Remo Fehlmann (CEO). Gehört der «Krieg der Sterne» nun endgültig der Vergangenheit an? Ja, wir sind auf einem guten Weg. Ich verstehe mich mit Casimir Platzer sehr gut. Wir tauschen uns regelmässig aus. Gerade im Zusammenhang mit der aktuellen Währungssituation ist es unser Ziel, mit einer Stimme aufzutreten. Natürlich gibt es unterschiedliche Interessen. Eine Fusion der beiden Branchenverbände, wie sie zum Beispiel der Hotelier Christian Lienhard schon lange fordert – für Sie ein Thema oder eine Utopie? Sagen wir es so: Man muss grundsätzlich immer und für alles offen sein. Gerade im Bereich der Aus- und Weiterbildung oder bei der Nachwuchsförderung arbeiten die beiden Verbände ja bereits sehr gut zusammen. Da decken sich die Interessen. Auch in vielen wirtschaftspolitischen Fragen sind wir uns einig. Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die Sterne-Klassifizierung, wie sie Hotelleriesuisse derzeit umsetzt? Sehr wichtig, denn sie ist ein Qualitätsgütesiegel. Die Sterne sind – trotz Online -Bewertungen – ein Orientierungsmerkmal für den Gast. Sie sind so etwas wie die Basis und Garantie für die Ausstattung. Hinzu kommen die Gästebewertungen, die zweifellos immer wichtiger werden. Hote-

lier und Gast brauchen beides. Die Klassifizierung alleine genügt nicht. Gästebewertungen sind auch ein wichtiges Marketinginstrument für den Hotelier – vorausgesetzt, er nimmt sich des Themas professionell an. Buchungsplattformen wie Booking, HRS, Expedia & Co. beherrschen immer mehr den weltweiten Hotel-Markt, so auch die Schweizer Hotellerie. Sind wir diesen OTAs bald völlig ausgeliefert? Das glaube ich nicht. Es gibt ein paar Regeln, die jeder Hotelier beachten sollte. Erstens: Nicht Booking macht den Preis, sondern der Hotelier. Ich lasse mir meine Preispolitik nicht vorschreiben – auch nicht von Booking. Der «beste Preis» gehört auf die eigene Website. Und noch etwas: Wir Hoteliers können uns auch wehren. Wir dürfen uns nicht alles gefallen lassen! Nur ein Beispiel: Die Hotels der Stadt Zürich könnten sagen: Wir zahlen nicht mehr als 10 Prozent Provision. Punkt. Wenn alle mitspielen, könnte das funktionieren. Kommen wir zum Schluss: Wohin geht die Reise in der Hotellerie? Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends für die Branche? Hätte ich auf diese Frage eine konkrete Antwort, wäre ich nicht Hotelier, sondern Zukunftsforscher. Einer der Megatrends könnten Hotels und Orte sein, wo die Menschen auf die ständige Erreichbarkeit, auf Handys und Computer verzichten. Weg vom Alltagsstress. Entschleunigung lautet hier das Motto. Der andere Trend ist das pure Gegenteil – nämlich das digitale Hotel. Ein weiterer Trend ist zweifellos die Regionalität und Authentizität. Der Gast wünscht sich authentische Erlebnisse. Weitere Stichworte sind Individualität und Gesundheit. Man will zwar die schönen Seiten des Lebens geniessen, aber auch gesund leben. Es kommen spannende Zeiten auf uns zu. Wir sind gefordert! H

persönlich Andreas Züllig, Jahrgang 1958 und geboren in Egnach (Thurgau), ist gelernter Koch und Hotelier. Er hat die HotelFachschule Lausanne absolviert (1981). Er wirkte unter anderem im Hotel St. Gotthard in Zürich, bei den CEM Hotels und Restaurants und bei Swissôtel Zürich (EDV-Chef, Vizedirektor). Seit 1991 ist er Gastgeber im «Schweizerhof Lenzerheide» und seit 1994 Miteigentümer des Hotels. Weitere (bisherige) Ämter und Tätigkeiten: Präsident Bündner Hotelier-Verein (Hotelleriesuisse Graubünden), Vorstandsmitglied Handelskammer Graubünden, Vorstandsmitglied Graubünden Ferien, Wirtschaftsbeirat Ostschweiz der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Seit Anfang 2014 ist Züllig Verwaltungsrat bei der Schweizerischen Schule für Touristik und Hotellerie AG (SSTH) in Passugg, und im August wurde der Bündner Hotelier in den Vorstand von Economiesuisse gewählt. Seit Januar 2015 ist er Präsident des Branchenverbandes Hotelleriesuisse und damit Nachfolger von Guglielmo L. Brentel, der den Verband neun Jahre lang mit Erfolg geführt hat. Andreas Züllig ist verheiratet mit Claudia Züllig-Landolt und Vater von zwei Kindern. www.schweizerhof-lenzerheide.ch

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Stellen diese drei OnlineFreaks aus San Francisco die weltweite HotelIndustrie auf den Kopf? Die Chefs und GrĂźnder von Airbnb: Brian Chesky (rechts), Nathan Blecharczyk (Mitte) und Joe Gebbia (links).

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REPORT AIRBNB IN DER SCHWEIZ

AIRBNB IN DER SCHWEIZ

Gefahr oder neue

Chance für Hotels? Airbnb. Eine Online-Plattform, die private Unterkünfte an Reisende vermittelt. Statt in einem Hotel buchen die Nutzer ein Zimmer oder eine ganze Wohnung. Was vor sechs Jahren mit einer Luftmatratze in der Wohnung eines Initianten von Airbnb begann, umfasst heute über 800 000 Übernachtungsangebote in 35 000 Städten und 190 Ländern. Welche Rolle spielt Airbnb in der Schweiz? Bedroht die Plattform aus Amerika die klassische Hotellerie?

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n den Weltstädten New York, London und Paris hat alles angefangen, jetzt erobert Airbnb immer mehr auch die Feriendestinationen. In den Alpen, vor allem in Österreich und in der Schweiz, plant Airbnb die Unterbringung von Hunderttausenden von Feriengästen. Bereits in der Wintersaison 2014/15 verzeichnete Airbnb im Alpenraum mehr als 10 000 Gäste. Um Werbung in eigener Sache zu machen, sponsert das Unternehmen zahlreiche Grossereignisse wie den Ski-Weltcup in Méribel. Damit unternimmt Airbnb den nächsten Schritt, um Verbraucher und Freizeitgäste zu gewinnen und beachtet Kritik an seinem Geschäftsmodell nicht. ❯

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Wie wichtig ist Airbnb in der Schweiz? In einer Studie des Walliser «Tourismus-Observatoriums» weisen Experten darauf hin, dass sich das Übernachtungsangebot in den grossen Feriendestinationen auf klassische Hotels und Serviced Apartments in Zweitwohnsitzen beschränkt, die nur geringe Belegungen aufweisen. Für sie ist Airbnb ein echter «Heilsbringer». Bevor man sich auf die Alpenresorts konzentrierte, untersuchte das Walliser «Tourismus-Observatorium», wie wichtig Airbnb in der Schweiz ist: Die Plattform folgt einfach dem Strom der Besucher. Auf der Website finden sich Angebote in Zürich, Genf, Lausanne und Bern, aber auch in touristischen Bergregionen wie dem Wallis, Graubünden, dem Berner Oberland, der Waadt und dem Tessin.

Wie teuer sind Airbnb-Einheiten in der Schweiz? Bei den Zimmerpreisen ist die Schweiz eine der teuersten Destinationen der Welt. Zweifellos einer der Gründe für den Vormarsch von Airbnb in unserem Land, da viele Besucher erschwinglichere Preise begrüssen würden. Mit einem Durchschnittspreis von 122 Franken in Genf und 120 Franken in Zürich sind Airbnb-Einheiten konkurrenzlos günstig, insbesondere wenn man bedenkt, dass alle mindestens zwei Schlafzimmer anbieten. In den Bergen steigen die Preise auf bis zu 500 Franken pro Nacht in Zermatt, allerdings häufig für vier bis acht Betten. Je mehr Betten, desto teurer, aber das schreckt potenzielle Gäste nicht ab, vor allem nicht in der Hochsaison.

Zürich liegt an der Spitze

Mehrheit der Airbnb-Betten in Städten

Die Stadt Zürich vereint 18,9 Prozent der insgesamt 6033 Einheiten (20 841 Betten), die von Airbnb in der Schweiz aktuell angeboten werden. Auf Rang zwei liegt wenig überraschend Genf mit 13,5 Prozent vor dem Bergkanton Wallis mit 11,7 Prozent, was schon etwas überraschender ist. Zwar führt Airbnb insgesamt 19 verschiedene Arten von Unterkünften auf seiner Website – von Apartments (90 Prozent der Angebote in Zürich, Basel und Genf) über Hütten und Burgen bis zu schwimmenden Häusern – doch 96 Prozent der Einheiten gehören zu nur vier unterschiedlichen Typen: Apartments, Wohnungen, Häuser und Pensionen.

Momentan – die Studie wurde Ende 2014 durchgeführt – repräsentieren die 20 841 Airbnb-Betten 8 Prozent aller in der Schweiz registrierten 246 488 Hotel-Betten. Da der ursprüngliche Ansatz des Unternehmens auf urbane Gebiete ausgelegt war, leuchtet ein, dass die Mehrheit der auf der Plattform geführten Einheiten in Basel (1392 Airbnb-Betten – 6487 Hotelbetten) und Zürich (2809 – 24 387), aber auch in Genf und Lausanne zu finden sind – kurz gesagt, in den vier wichtigsten Business-Städten. Doch schon nach kurzer Zeit zeigte Airbnb auch Interesse an den Tourismus-Orten in den Bergen wie im Wallis oder in Graubünden. Laut

SO FUNKTIONIERT AIRBNB Angefangen hat Airbnb – eine Kurzversion von Airbed and Breakfast (zu Deutsch: Luftmatratze und Frühstück) – als Alternative zu CouchSurfing. Die Idee war, eine günstige Alternative zu Hotels zu schaffen, die es gleichzeitig ermöglicht, mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Dieser persönliche Austausch machte lange Zeit den Charme der Internet-Plattform aus. Je erfolgreicher sie wird, auf desto mehr Widerstand stösst das Konzept allerdings vonseiten der Hotellerie, die sich von der neuen Konkurrenz bedroht sieht, aber auch aus dem Umfeld der Mieterverbände. Aktivisten fürchten, dass auf Airbnb nicht nur primär Private ihre Wohnungen vermieten, um sich ein Zubrot zu verdienen, sondern auch immer mehr professionelle Firmen dem Wohnungsmarkt Kapazität entziehen. Mit kurzfristigen Vermietungen auf Airbnb lässt sich nämlich viel mehr verdienen als mit einem langfristigen Mietverhältnis. Und so funktioniert das neue Geschäftsmodell: Airbnb stellt die Plattform zur Verfügung, auf der sich Gäste und Gastgeber treffen, und regelt die Rahmenbedingungen der Transaktion – etwa darf sich der Preis nicht nachträglich ändern, alle Angaben müssen stimmen, und es darf nur über das Portal kommuniziert werden. Für die Dienstleistung erhält Airbnb eine Provision. Den Vertrag geht der Gast allerdings direkt mit dem Gastgeber ein. Dieser legt die Details seines Angebots selbst fest. Etwa kann er pro Person abrechnen oder pro Zimmer. Er kann strenge Buchungsbedingungen festlegen, gemäss denen man nicht

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kostenlos stornieren kann, oder lasche, die zu gar nichts verpflichten. Sobald ein Gast ein Zimmer bucht, überweist er den gesamten geschuldeten Betrag an Airbnb. Dort bleibt das Geld bis 24 Stunden nach dem Check-in. Erst dann wird es an den Gastgeber überwiesen. Dieser Mechanismus ist eines von vielen Sicherheitsmerkmalen, die Airbnb eingeführt hat. Ein anderes sind die Bewertungen, die Gastgeber und Gast gegenseitig abgeben. Dieser Prozess wurde jüngst verschärft: Neu sehen Gast und Gastgeber die Bewertung erst, wenn beide Parteien ihren Kommentar abgegeben haben. Damit will Airbnb sicherstellen, dass die Kommentare ehrlicher ausfallen und jemanden nicht aus Angst vor einer Retourkutsche schonen. Nach der ersten Airbnb-Horrorstory im Jahr 2011 – die Wohnung war zerstört, der Schmuck geklaut – führte das Portal zahlreiche neue Sicherheitsmerkmale ein, etwa die Hotline oder die Gastgebergarantie, die Eigentum bis zu einem Wert von 700 000 Euro versichert. Vor gut einem Jahr kam eine weitere Ebene dazu: Wer über Airbnb ein Zimmer buchen will, muss erst seine Identitätskarte einscannen, eine Telefonnummer hinterlegen und ein Social-Media-Konto etwa bei Facebook oder Linkedin mit dem Airbnb-Konto verknüpfen. Damit will das Unternehmen Betrug verhindern. Daneben werden auffällige Transaktionen von einem 80-köpfigen, spezialisierten Team überprüft. Wer sich nicht an die Regeln hält, fliegt von der Plattform.

Typisches Airbnb-Zimmer.

news HOTELS IN NEW YORK LEIDEN UNTER AIRBNB Seit Anfang September 2014 haben New Yorker Hotels ein Problem: Sie verdienen markant weniger Geld. Der Umsatz pro verfügbares Zimmer ist regelrecht eingebrochen: von 237 Dollar auf rund 222 Dollar pro Nacht. Das entspricht einem Rückgang von 6 Prozent. Im Januar ist der Umsatz pro verfügbares Zimmer sogar um 18 Prozent eingebrochen, wie aus Zahlen des Hotel-Informationsanbieters STR hervorgeht. Das ist einerseits auf eine schlechtere Belegung der Zimmer zurückzuführen. Noch stärker sind aber die tieferen Preise pro Zimmer ins Gewicht gefallen. Die Credit Suisse (CS) hat die Zahlen in einem aktuellen Bericht analysiert und kommt zum Schluss, dass nebst Wetter und erstarktem Dollar auch Airbnb eine grosse Rolle gespielt haben dürfte. Die Plattform, die Zimmer und Wohnungen unter Privaten vermittelt, ist in den letzten Jahren massiv gewachsen und mittlerweile offenbar so stark, dass sie die Preise der Hotels unter Druck setzt. Betroffen sind in New York insbesondere günstigere Hotels und solche, die sich nicht an Geschäftsreisende richten. Die CS-Analysten sind nicht die Einzigen, die glauben, dass sich die stark steigende Zahl der privaten Unterkünfte auf die Hotel-Industrie auswirkt. Die britische Bank Barclays schreibt in einer eigenen Analyse, dass «sich die Bedrohungslage innert Jahresfrist verdoppeln» wird für die klassische Beherbergungsindustrie. Zumal sich das Wachstum von Airbnb eher noch beschleunigen dürfte. Damit nicht genug: Forscher der Boston University haben sogar berechnet, wie gross der Effekt von Airbnb auf die Hotels ist. Demnach sinkt der Umsatz pro Hotelzimmer um 0,35 Prozent, wenn die Zahl der AirbnbAngebote um 10 Prozent steigt. 5 I2015


REPORT AIRBNB IN DER SCHWEIZ

der Studie werden 14 Prozent der gesamten Betten im Wallis bei Airbnb angeboten. Innerhalb nur weniger Jahre überschattete das Unternehmen ähnliche und gut etablierte Wettbewerber im Land, die schon sehr bald selbst zu AirbnbGastgebern werden könnten (eDomizil, chaletmyswitzerland.com).

Illegale Airbnb-Angebote Der milliardenschwere Airbnb-Konzern sammelt fleissig Punkte in den Alpen, doch umso mehr auch in den Städten, wo man nach wie vor nicht fair spielt. Wie in jedem anderen Land auch, in dem Airbnb tätig ist, erlaubt es die Plattform «kommerziellen Gastgebern», Dutzende von Apartments anzubieten. Ein vor Kurzem in der Westschweizer Lokalzeitung «Le Temps» erschienener Artikel führt klar vor Augen, wie Profis Airbnb dazu benutzen, leer stehende Apartments in Genf zu vermieten, die sie ein-

« WIR SIND ÜBERALL

VERTRETEN, AUSSER IN SYRIEN, IN IRAN, AUF KUBA UND IN NORDKOREA.

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BRIAN CHESKY, MITGRÜNDER UND CEO VON AIRBNB

fach aus dem gewöhnlichen Markt für Langzeitvermietungen herausnehmen. Diese Praxis ist höchst illegal und einer der Gründe, warum Airbnb in vielen Städten weltweit unter Beschuss steht.

Bundesrat will Airbnb-Angebote unter die Lupe nehmen Wird die Schweiz sich diesem Widerstand anschliessen und gegen Airbnb vorgehen? Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf liess in einer Fragestunde im Nationalrat verlauten, dass der Bundesrat den Community-Marktplatz Airbnb genauer unter die Lupe nehmen wolle. Noch vor wenigen Monaten befand der Bundesrat, dass die Internet-Plattform Airbnb kein Problem sei. «Nun mussten wir feststellen, dass auf der Online-Plattform Airbnb nicht nur Privatpersonen Ferienunterkünfte an Gäste vermitteln», so Bundesrätin Widmer-Schlumpf im Parlament.

Airbnb-Anbieter sollen Tourismustaxe entrichten Der Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) fordert, dass kommerzielle Anbieter von AirbnbUnterkünften eine Tourismus-Taxe zu entrichten haben und denselben Sicherheitsbestimmungen – wie beispielsweise Brandschutzmassnahmen – unterstehen, wie sie für Pensionen und Hotels gelten. Für private Anbieter, die ihre eigene Wohnung vermieten, fordert der Präsident des Mieterverbandes ein Untermietverhältnis gemäss Obligationenrecht. 5 I2015

Hotelleriesuisse: Airbnb bewegt sich in der Grauzone Auch Hotelleriesuisse verlangt gleich lange Spiesse.Ende 2013 gelang te der Verband mit einem Schreiben an die Behörden und Verbände. Hotelleriesuisse weist darauf hin, dass die Mehrheit der Airbnb-Anbieter in der Schweiz «vermutlich selbst Mieter der angebotenen Unterkünfte sind und sich damit rechtlich in einer Grauzone befinden, da es keine Bewilligungspflicht für diese Art der Beherbergung gibt». Für den Branchenverband der Schweizer Hotellerie müssten die Anbieter ebenso Mehrwertsteuer und Kurtaxe bezahlen. Laut Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf will die Regierung nun bereits im Herbst einen «Bericht zur Lage der Airbnb-Angebote in der Schweiz» vorlegen. Erst auf der Grundlage einer vertieften Analyse würden dann «allfällige Regulierungen in Bezug auf angebotene Dienstleistungen über Online-Plattformen in diesem Bereich in Erwägung gezogen werden», so die Finanzministerin.

Airbnb: Gefahr für Zweiund Dreisterne-Hotels? Was Airbnb angeht, existieren derzeit in der Schweiz zwei Lager: Auf der einen Seite die Liebhaber der sogenannten «Share Economy», die diese Plattform als etwas Positives sehen, weil sie es der Welt ermöglicht, zu erschwinglichen Preisen die Schweiz zu besuchen, in einem Schwei zer Domizil zu wohnen, schweizerisch zu frühstücken und Erlebnisse mit Schweizern zu teilen. Auf der anderen Seite diejenigen, die Unternehmen wie Airbnb der «SchattenHotellerie» zuordnen und darin unfaire Wettbewerber und ein sich ausbreitendes Geschäftsmodell sehen, das sich nicht an die geltenden Regeln hält. Fest steht: Airbnb bedroht in jedem Fall die klassische Hotel lerie im unteren Preissegment. Laut Experten sind vor allem Hotel-Betriebe im Zweiund Dreisternebereich betroffen, die sich über den Preis positionieren. H

background WAS STECKT HINTER AIRBNB? Das Online-Unternehmen Airbnb mit Sitz in San Francisco, das vor sechs Jahren mit einer Luftmatratze und einem Frühstück in der Wohnung von zwei Mitbewohnern begann, die von Geldnöten geplagt wurden, hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Riesenerfolg entwickelt. Basierend auf der sogenannten «Share Economy» bietet die AirbnbPlattform derzeit über 800 000 Übernachtungsangebote weltweit an. Das ist doppelt so viel wie Accors Portfolio weltweit (470 878 Zimmer) und übertrifft sogar die Anzahl der Zimmer von Hilton (680 117 Zimmer). «Wir sind überall vertreten, ausser in Syrien, in Iran, auf Kuba und in Nordkorea», betont Brian Chesky (33), Mitbegründer und CEO von Airbnb. Reisende finden in über 35 000 Städten und 190 Ländern Unterkünfte von Airbnb-Gastgebern. Gerade Europa ist besonders stark – die Region macht laut Airbnb mittlerweile mehr als die Hälfte des Geschäfts aus. In einer Spitzennacht übernachten bereits rund 425 000 Menschen weltweit in einer Airbnb-Unterkunft. 2009 nutzten laut Airbnb 21 000 Gäste den Dienst, 2013 waren es in der Summe etwa 10 Millionen, heute sind es rund 20 Millionen Gäste. Das erfolgreiche Geschäftsmodell gibt Nutzern die Möglichkeit, durch das Vermieten ihres Hauses, ihrer Wohnung oder eines Zimmers Geld zu verdienen. «Eine unserer wichtigsten Innovationen besteht darin, dass normale Leute wie eine Marke handeln, sich einen eigenen Ruf erarbeiten und innerhalb von 60 Sekunden Kleinstunternehmer werden können. Alles, was sie dafür brauchen, ist ein Internet-Anschluss, denn die Räumlichkeiten sind bereits vorhanden», so Chesky. Bei einer Gebühr von 3 Prozent für den Gastgeber und 6 bis 12 Prozent für den Gast verdient Airbnb am Ende des Tages 9 bis 15 Prozent. Eine ansehnliche Provision für null Risiko, denn Airbnb ist lediglich eine vermittelnde Website. Von vielen Nutzern gepriesen, die durch diesen zusätzlichen Umsatz ihre Miete oder ihren Kredit besser bezahlen können, steht Airbnb bei vielen Städten und Hotel-Ketten in der Kritik. Ausser in New York, wo Staatsanwälte seit Monaten gegen Airbnb ermitteln, steht die Buchungsplattform in San Francisco, Berlin, Barcelona, Amsterdam und Paris unter Beschuss. Letzten Sommer machte zum Beispiel das Team des Bürgermeisters von Barcelona Jagd auf illegale Wohnungen und belegte Eigentümer mit Geldstrafen. Auch die Stadtregierung von Paris überprüft laufend verdächtige Unterkünfte und spürt die Eigentümer auf. Laut Stadtverwaltung wurden im letzten Jahr 400 Überprüfungen durchgeführt, und fünf Vermieter wurden jeweils mit einer Strafe von 25 000 Euro belegt. Airbnb führt 25 000 Unterkünfte in der französischen Hauptstadt. Trotz Kritik und juristischen Kontroversen in aller Welt: Airbnb plant jetzt den Börsengang, der laut «Wall Street Journal» einen Wert von 13 Milliarden US-Dollar haben soll. Damit wäre die Markt-Kapitalisierung der Website Airbnb grösser als die der Hyatt Hotels Group, deren MarktKapitalisierung bei 9,3 Milliarden US-Dollar liegt, und die der Accor Hotel Group, die sich letzten Juni auf 10,16 Milliarden US-Dollar belief.

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AXEL RÜDLIN, CHEFKOCH IM HOTEL KEMPINSKI, ST. MORITZ

Ich bin kein

Sterne-Koch Seine Küche ist hochwertig, zeitgenössisch mediterran, mit regionalen Einflüssen und klarem Fokus auf Nachhaltigkeit. «Alle Komponenten müssen geschmacklich und optisch miteinander harmonieren. Wenn eine Karotte in einem italienischen Gericht nichts zu suchen hat, dann hat sie auch als Dekoration auf dem Teller nichts verloren», sagt Alex Rüdlin, seit 2013 Executive Chef im Kempinski Grand Hôtel des Bains in St. Moritz. Ein Gespräch über Rütlischwur, Edel-Lokale, Michelin und Pasta. INTERVIEW Hans R. Amrein PORTRÄT-BILD Tanya Hasler


FOOD & BEVERAGE KÜCHENPORTRÄT

Axel Rüdlin ist seit Sommer 2013 Chefkoch im Kempinski Grand Hôtel des Bains, St. Moritz. Seine Philosophie: «Ich kann nach unten stapeln, aber ich muss das Top-Niveau beherrschen.»


A

xel Rüdlin, woher stammt eigentlich Ihr Name? Hat der Name was mit dem Rütlischwur zu tun? Ja, in der Tat! Meine Vorfahren stammen aus der Zentralschweiz, unser Stammbaum geht zurück bis zum Rütlischwur. Sie haben an der Hotel-Fachschule in Heidelberg als «Hotel-Betriebswirt» abgeschlossen. Mir ging es einfach darum, auch die wirtschaftliche Seite einer Küche und eines Hotels kennenzulernen.

« MEIN VORGÄNGER IN

ST. MORITZ HAT ZU MIR GESAGT: AXEL, ICH HABE NOCH NIE ERLEBT, DASS EIN KOCH AUCH RECHNEN KANN.

»

AXEL RÜDLIN

Sie sind erst 33 und schon Chefkoch bei «Kempinski». Eine steile Karriere. Das sagen Sie. Sie standen bei Dreisterne-Koch Dieter Müller am Herd, später bei Claus-Peter Lumpp im «Bareiss», ebenfalls ein Dreisterne-Star in Deutschland. Jetzt sind Sie für vier Restaurants mit über 40 Köchen verantwortlich. Warum eine Grossküche und kein kleines Edel-Lokal? Es ist die Vielfalt, die mich reizt und täglich herausfordert. Vier verschiedene Lokale, dazu Frühstück, Room Service, Bankette, Bar und Lobby – ein einzigartiges Angebot. Wir machen hier im

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«Kempinski» fast alles – von japanischer Sushi-Küche über Italien bis zu Grill- und Fleischspezialitäten. Ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen. Ja, ich kann mich hier so richtig austoben, um es mal so zu sagen. Trotzdem: Sie hätten das Potenzial, als Sterne-Koch irgendwo auf dieser Welt auf höchstem Niveau zu kochen. Ich kenne diese Welt und habe sie bei Dieter Müller oder bei Claus-Peter Lumpp im «Bareiss» durchlaufen. Meine Philosophie war immer: Ich kann nach unten stapeln, aber ich muss das Top-Niveau beherrschen. Axel Rüdlin, Sternekoch, Chef eines renommierten, hochgelobten Gourmet-Lokals. Davon träumt fast jeder Koch … … ich nicht. Die von Ihnen erwähnten Restaurants sind alle wunderbar und edel. Was die kochen, ist toll, keine Frage. Aber schauen Sie sich mal die betriebswirtschaftliche Seite dieser Sterne-Lokale an! Viele verdienen kein Geld und überleben nur dank Sponsoring oder Mäzenatentum. So gesehen bin ich hier im «Kempinski» total happy. Wir haben nicht nur die Küche im Griff, sondern auch die Zahlen. Sind Sie ein Zahlenmensch? Ja, Zahlen faszinieren mich. Mein Vorgänger hier in St.

Moritz hat zu mir gesagt: Axel, ich habe noch nie erlebt, dass ein Koch auch rechnen kann. Ihr Restaurant «Cà d’Oro» hat 17 Punkte (Gault & Millau) und einen Michelin-Stern. Rechnet sich das? Ja, es rentiert. Wie schaffen Sie das mit nur 35 Plätzen? Unser sechsköpfiges Küchenteam im «Cà d’Oro» ist so eingespielt, dass es eben funktioniert. Und die Warenkosten? Die liegen aktuell bei 23 Prozent. Beim Personal sind wir bei 35 Prozent. Andere Luxushäuser in St. Moritz liegen mehr als 40 oder 50 Prozent darüber. Sie sind in der Tat ein Meister der Zahlen. Ich achte ständig auf Effizienz und Kosten. Dabei stehen aber Qualität und Top-Service stets im Mittelpunkt. Schön gesagt, aber das Preisniveau im «Kempinski» ist entsprechend hoch … Unser Degustationsmenu liegt bei etwas über 200 Franken. Es gibt in St. Moritz teurere Lokale auf diesem Niveau. Wie würden Sie Ihren Kochstil umschreiben? Puristisch, mediterran, sehr stark auf den Geschmack – und erst dann auf Optik fokussiert. Im Vordergrund steht bei mir immer der Geschmack. Für mich muss es auch vom Kopf her immer miteinander harmonieren, deswegen werde ich auch nie eine Karotte mit einer Zucchini zusammen zubereiten. Die Karotte gehört für mich gekocht und die Zucchini gebraten. Benoît Violier in Crissier (3 Sterne, 19 Punkte) setzt auf zwei bis höchstens drei Aromakomponenten. Und Sie? Maximum drei. Wir wollen den Gast ja nicht überfordern. 5 I2015


FOOD & BEVERAGE KÜCHENPORTRÄT

« WIR SETZEN AUF MAXIMAL DREI AROMAKOMPONENTEN. WIR WOLLEN DEN GAST JA NICHT ÜBERFORDERN.

»

AXEL RÜDLIN

Keine Experimente? Nein, wobei wir ab und zu Elemente aus der molekularen Küche einfliessen lassen. Aber nur, wenn es Sinn macht. Viele Spitzenköche klagen, wenn es um die Beschaffung von Top-Produkten geht … … für mich kein Problem. Das Gemüse kommt aus Italien, über den Maloja. Der Fisch kommt frisch aus Zürich. Ab und zu kriegen wir auch Fische aus dem Tessin. Wir verwenden USPrime-Beef – und natürlich lokale Produkte aus dem Engadin, wenn diese verfügbar sind. Thema Küchentechnik: Arbeiten Sie auch mit der Sous-vide-Methode? Ja. Auch im Gourmet-Restaurant und in der Hauptküche. Es macht den Tagesablauf weniger stressig. Das Fleisch ist zarter, man ist mit den Speisen schneller am Gast. Kochen Sie auf einem Induktionsherd oder nach alter Methode auf Gas? Induktion. Doch mein grösster Stolz ist unser Grill. 80 cm Durchmesser. Ein Riesending. Er kann bis zu 350 Grad heiss werden, hat einen Deckel und speichert die Hitze. Genial. Man sagt, das «Kempinski», St. Moritz, habe das grösste und beste Frühstücksbuffet der Schweiz oder gar Europas. Mindestens 30 verschiedene Konfitüren … Lohnt sich das? Sagen wir es so: Der Aufwand für unsere Gäste lohnt sich bestimmt, doch wenn es um die Wirtschaftlichkeit geht, darf man nicht zu genau hinschauen. Sterne, Punkte, Ratings: Wie wichtig ist Ihnen die Meinung der Gastrokritiker? 5 I2015

Es ist schon wichtig, was diese Kritiker sagen oder schreiben. Sie machen unseren Namen in der ganzen Schweiz und sogar im Ausland bekannt. Doch ich sehe mich in keiner Weise als Sterne-Koch. Nichts gegen 17 Punkte im Gault & Millau, aber die Sterne von «Michelin» leuchten für fast alle Köche noch heller am Gastrohimmel. Die Sterne von «Michelin» sind ganz klar die höchste Ehre, die ein Koch erhalten kann. Sie stammen aus einer Gastronomenfamilie. Ja, meine Eltern betreiben zwischen Basel und Freiburg im Breisgau ein kleines bürgerliches Restaurant. Da gibt es Wurst und Schnitzel. Mein Vater ist übrigens auch Winzer. Ich stehe oft mit ihm im Weinberg. Haben Sie eigentlich ein Privatleben? Freizeit, Freundin oder Ehefrau …? Ich bin derzeit noch ledig. Der Beruf kommt ganz klar an erster Stelle. Als ambitionierter Koch muss man Workaholic sein. Ihr Ziel oder Traum? Vielleicht ein eigenes Restaurant im Schwarzwald? Warum nicht! Dann kochen Sie Spätzle und Maultaschen? Nicht unbedingt, aber sicher eine regionale Küche, der ich meinen Stempel aufdrücken würde. Was kochen Sie persönlich am liebsten? Ich wurde immer die «Pasta-Maschine» genannt – ich habe immer selber Pasta gemacht, egal in welche Richtung: Gnocchi, Spaghetti, Ravioli. Da kann ich meinen Jungs auch gut noch was vormachen, und sie sagen dann immer: Wow! Der kann es ja! Pasta ist meine Leidenschaft. Wo liegt kulinarisch gesehen der Trend der Zukunft? Auf einer leichten und aromenreichen Küche – einfach gesund und schmackhaft muss die Küche sein. Dahin geht der Trend. H

WER IST AXEL RÜDLIN? Axel Rüdlin ist Executive Chef im Kempinski Grand Hôtel des Bains in St. Moritz. Von 2010 bis zur Wintersaison 2012/13 kochte er als Executive Sous-chef mit dem Ziel vor Augen, die Führung in der «Kempinski»-Küche zu übernehmen. Darauf vorbereitet hat ihn vor allem seine Erfahrung als ChefPoissonier bei Dreisterne-Koch Dieter Müller im Restaurant Schlosshotel Lerbach und seine Ausbildung als Hotel-Betriebswirt an der Hotel-Fachschule Heidelberg. In St. Moritz ist Axel Rüdlin (geboren 1982) kein Unbekannter. Bereits von 2002 bis 2004 kochte er als Chef Entremetier in Jöhris «Talvo». Anschliessend folgten Stationen im Restaurant Barreis, im «Ikarus Hangar 7» in Salzburg, als Souschef auf Schloss Brunegg in Kreuzlingen und im Hotel Kristiania in Lech am Arlberg. Axel Rüdlin beschreibt seinen Kochstil mit einfachen Worten: «Ich koche, wie ich bin: geradlinig und ohne Firlefanz», und fügt mit einem breiten Grinsen hinzu: « ... und Butter ist der Sex des Alltags». Rüdlin ist seit Sommer 2013 als Executive Chef des Kempinski Grand Hôtel des Bains für folgende Restaurants verantwortlich: Les Saisons (14 Punkte Gault & Millau), Enoteca (15 Punkte Gault & Millau), Sra Bua (14 Punkte Gault & Millau) und gemeinsam mit Gourmet-Chef Matthias Schmidberger Cà d’Oro (1 Michelin-Stern und 17 Punkte Gault & Millau) sowie für die Lobby & Bar und den Room Service. ÜBER KEMPINSKI-HOTELS 1897 gegründet, ist Kempinski-Hotels die älteste Luxus-Hotelgruppe Europas. Insgesamt betreibt das Unternehmen 80 Luxus-Hotels in 30 Ländern. Dieses Angebot wird kontinuierlich durch neue Hotels in Europa, dem Nahen Osten, in Afrika und Asien erweitert. Zum Portfolio zählen historische Grandhotels, Stadthotels, Resorts und edle Residenzen. Daneben ist Kempinski Gründungsmitglied des weltweit tätigen Hotel-Netzwerks Global Hotel Alliance (GHA). Bis Mitte 2014 war der Schweizer Top-Hotelier Reto Wittwer CEO und Präsident der Kempinski-Gruppe, die mehrheitlich dem thailändischen Königshaus gehört. Der Hauptsitz von Kempinski befindet sich in Genf.

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SCHWEIZER KIRSCH

Bald nur noch

Luxus pur?

Schweizer Kirsch entwickelt sich immer mehr zum Luxusprodukt. FĂźr einen Liter guten Kirsch bezahlt man heute schnell einmal zwischen 100 und 350 Franken. Deshalb werden die Flascheneinheiten auch immer kleiner, schreibt der KirschExperte Lukas Fassbind und fragt sich in einer Studie: Wie sieht die Zukunft des helvetischen Kirschwassers aus? TEXT Lukas Fassbind

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FOOD & BEVERAGE SPECIAL SPIRITUOSEN

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s gibt kein Land der Welt, das eine derart grosse Kirschsortenvielfalt aufweist wie die Schweiz. Heute spricht man von insgesamt 800 Sorten. Den Grundstein für diese Studie legte bereits im Jahr 1937 Dr. Fritz Kobelt, Botaniker an der Eidgenössischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil, als er systematisch 576 Sorten der deutschen Schweiz bis ins kleinste Detail beschrieb. Das Werk, das gegen 300 Seiten umfasst, gilt bis heute als «Bibel» für einen passionierten Kirschbrenner. Die Vielfalt der Kirschensorten ist aktuell allerdings bedroht. Es gibt immer weniger Obstbauern, welche die Kirschenkultur und Leidenschaft besitzen, Kirschbäume zu pflanzen, die Bäume zu pflegen und die Kirschen zu ernten. Dafür sorgte während der 90er-Jahre die Politik, die für die WTO-Abkommen nicht nur das Echtheitszeichen opferte – es durften bis zu diesem Zeitpunkt weder Kirsch noch Kirschen importiert werden –, sondern auch gleich noch die Alkoholmonopolsteuern harmonisierte. Feinsprit, Whisky, Cognac, Rum, Gin und Kirsch werden heute, ungeachtet der Rohstoffkosten, mit 29 Franken pro Liter reinem Alkohol «alle gleich» besteuert.

Woher stammt der Schweizer Kirsch? Vermutlich geht die Geschichte des Schweizer Kirschs bis ins späte Mittelalter zurück. Bekannt ist, dass ein Jahrgangskirsch aus dem Jahr 1824 – von Mathias Fassbind (1778 bis 1862) und später von seinem Sohn Godfroi (1829 bis 1879) hergestellt – 1857 an der ersten Industrieausstellung in Bern als Rigi-Kirschwasser ausgestellt wurde. Nach Angaben der Vereinigung «Zugerchriesi. ch» schlossen sich 1870 die «Chriesi»-Bauern und Kirschbrenner zusammen und gründeten die «Kirschwasser-Gesellschaft in Zug», um die Qualität des Kirschs zu verbessern und den Export anzukurbeln. Die mit unzähligen internationalen Auszeichnungen und Goldmedaillen prämierte Vereinigung unterhielt um 1900 eigene Depots und Agenturen in Europa, Russland, Kleinasien, Nord- und Südamerika sowie in der Karibik. Sogar auf Kuba wurde Zuger Kirsch verkauft.

Es gab mal 3,5 Millionen Kirschbäume Die Bedeutung des Schweizer Kirschs wurde 1949 derart wichtig, dass man für dieses Produkt sogar ein Echtheitszeichen einführte. In den 50er-Jahren zählte die Schweiz gegen 3,5 ❯

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FOOD & BEVERAGE SPECIAL SPIRITUOSEN

Millionen Kirschbäume, und bis 1992 durfte weder eine Kirsche noch ein Kirschbrand in die Schweiz importiert werden. Damit war dieses Produkt landesweit das wohl bestgeschützte Produkt überhaupt. Mit der Aufgabe des Echtheitszeichens und der späteren Steuerharmonisierung folgte der radikale Schnitt. Von den 916 Spirituosengewerbeherstellern im Jahre 1991 schrumpfte die Zahl

in der Schweiz. Doch ihre Fähigkeit, diverse Nutzpflanzen zu befallen und sich in Waldgebieten zurückzuziehen, macht sie zu einem ganzjährigen, schwierig zu bekämpfenden Schädling. Die Fliege befällt Früchte im Beeren-, Obst- und Weinbau. Agroscope-Experten testen diverse Ansätze zur Bekämpfung. Die daraus entstehenden Kosten zur Bekämpfung dieser Fliegen oder des zusätzlichen Arbeitsaufwandes sind für den einzelnen Kirschenproduzenten für Hochstammbäume im Moment überhaupt nicht abschätzbar.

SOGAR AUF KUBA WURDE ZUGER KIRSCH VERKAUFT. bis ins Jahr 2010 auf 234. Mit 247 Herstellern im Jahr 2013 scheint nun der Trend gebrochen. Der Bestand an Kirschbäumen in der Schweiz wird heute noch auf etwa 400 000 bis 500 000 Bäume geschätzt. Diese sind zu einem grossen Teil überaltert, sodass in den nächsten Jahren mit einer Versorgungslücke gerechnet werden kann. Auffällig für das Jahr 2014 ist, dass der Kirschenpreis, ungeachtet der Kirschenmenge – und diese schien seit dem Jahr 1993 «pro Baum» rekordverdächtig – um mehr als 20 Prozent zugenommen hat. Der Kirschenpreis wurde zudem schon im Januar an der Obstbörse in Olten – ungeachtet des Volumens der bevorstehenden Kirschenernte – festgelegt. Das ist doch einmalig in der Kirschgeschichte. Der Kirschmarkt war völlig ausgetrocknet. Es wurde in der Branche bis zur Grossernte 2014 um jeden Kirschliter gefeilscht!

Edel-Champagner unter den Spirituosen Nach der radikalen Bereinigung des Marktes haben sich zwei Hände voll Edelkirsch-Brenner neu positioniert. Zwei Hände voll? Eine geringe Zahl, wenn man bedenkt, dass es doch eine Vielzahl von traditionellen Kirschenregionen gibt: das Zuger Rigikirschgebiet, das Luzerner Seeland, das Fricktal, das Baselbiet und das Berner Seeland. Und trotzdem: Es kann heute festgestellt werden, dass die Menge von «Schweizer Kirsch aus Schweizer Kirschen» stark beschränkt ist und die Preise wie auch der Beschaffungsdruck für Schweizer Kirsch steigen werden. Um diesem Zustand entgegenzuwirken, haben sich erneut, wie vor 140 Jahren, die «KirschwasserGesellschaft Zug», Brenner und Kirschenproduzenten aus der Region Zug und Rigi zusammengesetzt, um gemeinsam eine AOP-Region (Appellation d’Origine Protegée) zu bilden. Politisch wurden sie von den Kantonen Zug, Schwyz und Luzern sowie von den im Perimeter liegenden Gemeinden unterstützt. Seit April 2014 gibt es zum ersten Mal «weltweit» AOP-Kirsch.

«Fliegendes» Problem für Obst- und Weinbau Neuerdings macht aber den Fruchtproduzenten die sich rasant vermehrende «Drosophila Suzukii», eine Essigfliege, grosse Sorgen. Laut Angaben der Forschungsanstalt Agroscope in Wädenswil ist die Kirschessigfliege erst seit 2011

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Regionalität und Swissness Kirschbrände werden sich von daher in Zukunft vermehrt als Edelspirituose in den Regalen von Feinkostläden, Fachhändlern, in Edel-Bars oder auf Digestiv-Wagen von Michelinund Gault & Millau-Restaurants hochpreisig als Luxusgut positionieren. Ebenso wird der Trend «Regionalität und Lokalität» dem Schweizer Produkt in die Hände spielen. Der vermögende Gast aus dem Ausland wird in Schweizer Lokalen künftig nicht mehr nur nach Whisky, Cognac oder Rum, sondern nach Schweizer Spezialitäten fragen. Alles andere hat er ja schon zu Hause, auch das wird dem Schweizer Kirsch im In- wie auch im Ausland Aufwind geben. H

wissen EINE BAR-KARTE FÜR KIRSCH? Bei der Vielfalt von Schweizer Kirschedelspezialitäten gilt es, je nach Bedarf, eine Bar-Karte systematisch nach folgenden sieben Kategorien aufzubauen: 1. Cuvée/Assemblage: Erstere ist ein Verschnitt von verschiedenen Kirschbränden. Assemblage ist ein Verschnitt von verschiedenen Kirschensorten. Ein Kirsch kann aber auch zugleich eine Assemblage und eine Cuvée sein. 2. Sortenrein: Ein Kirsch wird nur aus einer Sorte hergestellt. In der Szene bekannte Sorten sind Lauerzer, Langstieler, Dollenseppler, Baschimeiri, Zopf (Süsskirschen) oder Aemli, Weichsel, Schattenmorelle (Sauerkirschen). 3. Holzfassgereifte Kirschbrände: Kirschbrände werden traditionellerweise in Korbflaschen oder Stahltanks gelagert. Seit der Aufhebung der Produktionssteuer im Jahr 1999 können nun aber auch Kirschbrände in Holzfässern gelagert werden. Heute werden Kirschbrände in BourbonWhisky-Fässern, in Brandy-Fässern, in Jamaika-Rum-Fässern oder sogar in heimischen Barriques wie Kirschholz, Eiche, Maulbeerholz, Kastanie oder Akazie gelagert. 4. Kirschlikör: Ist ein Edellikör aus Kirsch, Kirschsaft und Zucker. Die Kunst eines Edellikörs ist es, die richtige Balance zwischen Fruchtsäure und Fruchtzucker zu finden, und zwar derart, dass der Likör nicht nur klebrig und süss, sondern spritzig und frisch empfunden wird. 5. Vieille Cerise: Vieille-Produkte sind eine Unterkategorie von Likören, wobei der Mindestzuckergehalt von 20 g/l bei der Dosierung eingehalten werden muss. Das Vieille-Produkt darf mit natürlichen Aromen gefärbt werden. Diese können u.a. Holz, Karamell, Schalenextrakte oder Dörrfrüchte sein.

DER AUTOR

6. Wildkirsch: Wildkirsch wird aus wilden Kirschen hergestellt. Hier vermischen sich oft die Grenzen, was eine Wildfrucht ist und welche Kirschen eben nicht zu den Wildfrüchten gezählt werden können. Als Mass einer Wildkirsche eignet sich die Grammangabe. Eine Tafelkirsche wiegt zwischen 7 und 14 g (oder mehr), eine klassische Brennkirsche wiegt zwischen 3,5 und 4 g, und eine Wildkirsche wiegt gerade mal 1,5 g. In einem Liter Wildkirsch sind rund 6800 Wildkirschen. Das wirkt sich auf den Wildkirschpreis aus, zumal Wildkirschen meistens auch noch von Hand geerntet werden müssen. Für einen Liter Wildkirsch muss man zwischen 300 und 400 Franken rechnen.

Lukas Fassbind ist Besitzer der Event-Agentur «Kirschstrasse Schweiz GmbH» und veranstaltet im Jahr etwa 250 Anlässe rund um das Thema «Kirschen und Kirsch». Fassbind studierte an der Tourismus-Fachschule HFT in Luzern, ist ausgebildeter Quality System Manager und studierte Eventmanagement an den Fachhochschulen Luzern, Winterthur und an der Universität Bern. Lukas Fassbind ist Herausgeber des ersten Schweizer Spirituosenführers. www.kirschstrasse.ch

7. Jahrgangskirsch: Wurde lange während der Neupositionierungsphase zwischen 1992 und 2010 auf dem Markt vernachlässigt. Er erlebt aber heute eine heimliche Renaissance. Alte Jahrgänge sind nicht nur ein Abbild der Ernte, sondern auch ein Abbild der Produktionsepoche. Alte Jahrgänge haben meistens viel Körper, sind sehr estrig und deshalb auch mit einem kräftigen Espresso zu vergleichen. Durch die lange Lagerung sind sie bezüglich Mundgefühl sehr weich, samtig und harmonisch. Alte Jahrgangskirschbrände sind sehr wertvoll. Der wertvollste Jahrgangskirsch aus dem Jahr 1944 der G. Fassbind SA – ein Einzelstück – kostet heute 66 000 Franken. 5 I2015


FOOD & BEVERAGE WEIN-KOLUMNE

Von dicken Weinkarten und

eitlen Sommeliers

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ch weiss gar nicht mehr, wie oft ich ratlos in einem Restaurant am Tisch gesessen bin. Vor mir eine Weinkarte, dick wie eine Bibel, in Leder gebunden. Unzählige Seiten und eng bedruckt, Weine über Weine, zahlreiche Jahrgänge und Preise – ein Labyrinth. Ein Weinlexikon statt einer Weinkarte! Zum Glück hat der Küchenchef nicht auch noch sein Kochbuch aufgetischt. Im Gegenteil, seine Speisekarte ist überschaubar. Ich sollte, bevor der erste Gang kommt, noch den Wein auswählen. Wie soll das gehen? Allein schon das Durchblättern braucht eine gute Viertelstunde. Dann noch die viele Informationen über Kontinente, Länder, Regionen, Weingebiete, Winzer, Reben, Aromen, Düfte, Struktur und Sexyness. Da gibt es Punkte von Parker, von Wine Spectator, von Chandra Kurt und von Gault & Millau, Medaillen und Preise, Empfehlungen von Sommeliers und der Weinkönigin. Zum Glück gibt es aber noch den «Herrn der Weine», der durchs Lokal schreitet wie auf dem Catwalk einer Fashionshow. An seinem Revers blitzt eine goldene Traube, das Zeichen der Sommeliers. Sie sind für das Prestige der GourmetGastronomie genauso wichtig wie Foie gras, Kaviar und Trüffel. Ob er uns helfen kann? Ja, er opfert seine wertvolle Zeit und schlägt Alternativen vor – für mehr als 100 Franken die Flasche – von denen er annimmt, dass wir sie uns sowieso nicht leisten können. Sommeliers halten sich für den Hochadel des Gastgewerbes. Und wenn er uns eine Audienz gewährt, ist seine Zeit knapp bemessen. Jetzt kommen bald seine Stammgäste, bei denen der Preis keine Rolle spielt – je teurer, desto besser. «Klotzen eben statt kleckern». Unter diesen Umständen ist der durchschnittliche Gast hoffnungslos überfordert. Er hat Angst, als Unwissender entlarvt zu werden, es nagt an seinem Selbstbewusstsein, dass er viele Chateaux nicht kennt und ihm der Begriff «Spontanvergärung» nicht geläufig ist. Beschreibungen wie «vollmundig» oder «saftig» sind vielseitig interpretierbar. Auch das Paar am Tisch nebenan wusste nicht, wo es anfangen sollte. Sie fanden den Wein nicht, den sie meistens zu Hause trinken, und auch keinen ähnlichen. Der Mann wollte nicht den billigsten Wein für das romantische Dinner bestellen, aber beim teureren war er nicht sicher, ob er seiner «Liebsten» schmecken wird. Die optimale Kombination ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Sie möchten nur einen schönen Abend verbringen, mit gutem Essen und dazu passendem Wein. Mit Preisen, ohne dass er einen Kleinkredit aufnehmen müsste. Es wäre die Chance für den Sommelier gewesen, seinen Gast so durch die Weinkarte zu führen, dass dieser das Gefühl hat, die beste Wahl selbst getroffen zu haben. Restaurants der gehobenen Klasse sollten immer einen kundigen Sommelier zur Verfügung stellen, denn das persönliche Gespräch mit dem Gast kann durch nichts ersetzt werden. Wein ist für viele Leute leider immer noch ein einschüchterndes Mysterium. Eine imposante und dazu noch teure Weinkarte nimmt da nicht gerade die Berührungsangst! Aber die meisten Menschen geben wohl nicht gerne zu, dass sie manchmal überfordert sind. Wein soll Genuss, Geschmackserlebnis und Zufriedenheit vermitteln, aber nicht Angst und schalen Nachgeschmack. Der Beruf des Sommeliers hat sehr viel mit Vertrauen und Einfühlungsvermögen zu tun. Viele Sommeliers vergessen das, sie fühlen sich wie Hohepriester des Weins und blenden aus, zuerst ihre Gäste zufriedenzustellen

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und die Weine noch teurer zu verkaufen, als ihr Patron schon dafür bezahlt hat. Bei einer Weinkarte mit Hunderten wohlklingenden Namen aus fast jedem Weinbaugebiet der Welt ist professionelle Hilfe notwendig. In einem Restaurant der gehobenen Kategorie bleibt der Sommelier immer Bestandteil des Service am Gast und der Inszenierung. Die dicke Weinkarte ersetzt den Sommelier nicht! Wenn sie eher schlank ist, braucht es ihn umso mehr! H DER AUTOR Bruno-Thomas Eltschinger ist Präsident des Deutsch-

schweizer Sommelier-Verbandes (SVS/ASSP) und Leiter der SommelierFachschule Zürich. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich professionell mit der inter nationalen und schweizerischen Weinszene. bruno-thomas@bluewin.ch


FRAGE AN F & B-MANAGER IVAN BESMER («SEEDAMM PLAZA»):

Was bringt der Sonntags-Brunch dem Hotelier?

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FOOD & BEVERAGE SPECIAL BRUNCH

Er verkauft sich buchstäblich wie warme Weggli – der Sonntags-Brunch im Hotel Seedamm Plaza in Pfäffikon. Immer mehr Business-Hotels, so auch das Ramada in Solothurn, das Art-DecoHotel Montana, Luzern, und das «Radisson Blu», St. Gallen, setzen auf lokale Sonntagsgäste mit grossem Appetit. «Hotelier»-Autorin Nicole Amrein sprach mit Food & Beverage-Manager Ivan Besmer (Seedamm Plaza) über jene Faktoren, die am Sonntagmittag die Kassen klingeln lassen. INTERVIEW Nicole Amrein

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van Besmer, Sie bieten im «Seedamm Plaza» einen der wohl grössten Sonntags-Brunches der Schweiz an, sind damit auf Wochen ausgebucht. Was machen Sie besonders gut? Den «grössten Brunch» würde ich nicht sagen, wir bieten aber einen besonderen und sehr umfangreichen Brunch an, der mit qualitativ hochstehenden Produkten dem Ambiente entsprechend präsentiert wird. Was unsere Gäste vor allem schätzen: die warmen, servierten Gerichte (Eierspeisen, Hauptspeisen). Wie teilt sich das Angebot auf? Der Brunch beginnt mit dem traditionellen Frühstücksangebot und einem «Welcome Drink». Dazu kommen, wie gesagt, die servierten Eierspeisen, das reichhaltige Vorspeisenbuffet, die wiederum servierten Hauptgerichte und natürlich der süsse Abschluss mit dem Dessertbuffet.

Welche fünf Speisen dürfen bei einem perfekten SonntagsBrunch nie fehlen? Abgesehen vom traditionellen Frühstücksangebot, einer schönen Auswahl an diversen kalten Vorspeisen – von Fisch über Fleisch bis zu vegetarischen Gerichten – braucht es Eierspeisen, einen frisch zubereiteten Hauptgang und natürlich den verführerischen, süssen Abschluss, um das Ganze abzurunden. H

Wie rechtfertigen Sie den Preis von 79 Franken für den Brunch? Das Verhältnis Preis-Leistung stimmt. Die hohe Kundenzufriedenheit sowie die Auslastung bestätigen dies. Wie schaffen Sie die Abgrenzung zum Hotel-Gast, dem ein normales Frühstücksbuffet zusteht? Wir bieten das Frühstück für den Hotel-Gast und den Sonntagsbrunch in diversen Räumen an. Das Frühstück ist in einem hellen und gemütlichen Bankettraum. Der Sonntagsbrunch findet bei uns im Restaurant Pur statt – mit Kaminfeuer und Sicht auf den Zürichsee.

ZUR PERSON Ivan Besmer ist Food & Beverage Manager im Hotel Seedamm Plaza in Pfäffikon (Schwyz). Das Viersterne-Hotel mit 142 Zimmern, 40 Seminarräumen und den drei Restaurants wird von Peter H. Ernst geführt. www.seedamm-plaza.ch

Wer kommt zum Brunch? Es ist ein recht breit gefächertes Publikum aus der Region – Familien, Pärchen, Freunde und auch ein paar wenige Geschäftsleute. Viele Gäste sind Freunde des Hauses, die uns regelmässig besuchen. Wie ist die Auslastung? Frühzeitiges Buchen ist empfehlenswert, da wir in der Regel ausgebucht sind. Wie bewerben Sie den Brunch? Wir machen viel über Online-Marketing, Social Media, Newsletter, über die eigene Homepage und natürlich leben wir auch von Mund-zuMund-Propaganda. Wie gross ist der Mehraufwand in der Küche durch den Brunch? Grundsätzlich ist der Brunch ein Angebot, das anders vorbereitet werden muss, jedoch küchentechnisch nicht viel aufwendiger ist als das, was wir sonst anbieten. Sie verdienen also Geld mit dem Brunch? Im Vergleich zum A-la-carte-Service ist die Gewinnmarge klar tiefer. Da unsere Komponenten qualitativ hochstehend sind, muss eine passende Mischrechnung für das Pauschalangebot gemacht werden. Es wird aber ein moderater Gewinn erzielt. 5 I2015

Seedamm Plaza, Pfäffikon SZ Jeden Sonntag von 10.30 bis 14 Uhr, CHF 79.–, inkl. Welcome-Prosecco, Kinder von 7 bis 11 Jahre CHF 47.– Art Deco Hotel Montana, Luzern Jeden Sonntag von 11 bis 15 Uhr, CHF 69.–, inkl. Live-Salonmusik, Kinder bis 11 Jahre CHF 4.– pro Lebensjahr. Radisson Blu, St. Gallen Jeden Sonntag von 11.45 bis 15.00 Uhr, CHF 49.50, inkl. Begrüssungs-Apéritif und kostenloser Tiefgarage, Kinder bis 13 Jahre CHF 1.– pro Lebensjahr. Ramada Hotel, Solothurn Jeden Sonntag von 11.30 bis 14.00 Uhr, CHF 38.– pro Person, Kinder von 7 bis 12 Jahre CHF 19.–. Kinder bis 6 Jahre gratis.

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GOLF-HOTEL LES HAUTS DE GSTAAD & SPA

Modern und Das Golf-Hotel Les Hauts de Gstaad & SPA ist auf den ersten Blick eines von vielen Viersterne-Hotels im Berner Oberland. Beim zweiten Hinsehen entpuppt sich das ganzjährig geöffnete Haus als gutes Beispiel klarer Positionierung. Die Hotelier-Familie Sprenger von Siebenthal hat in den letzten Monaten fast 1,4 Millionen Franken in ihr Hotel investiert. Fazit: ein modernes und trotzdem gemütliches alpines Ferien-Hotel.


TECHNIK & AMBIENTE MÖBLIERUNG & INNENAUSSTATTUNG

doch alpin!


TECHNIK & AMBIENTE MÖBLIERUNG & INNENAUSSTATTUNG

Alpen-Chic» nennt Hotelière Andrea Sprenger von Siebenthal den Einrichtungsstil ihres Hauses in Saanenmöser. 52 Zimmer und Junior-Suiten bietet die Gastgeberin aus dem Berner Oberland ihren Gästen. Es waren auch schon mehr, doch im Zuge der letzten Sanierung wurden von den Architekten der Firma Appia Contract sechs Einzelzimmer zu drei Junior-Suiten umgebaut, sodass im Golf-Hotel Les Hauts de Gstaad & Spa aktuell 97 Betten verfügbar sind. «Durch die Grösse können wir drei verschiedene Restaurants betreiben, einen Top-Wellness-Bereich unterhalten und ein modernes Seminarzentrum anbieten», so die Direktorin, die mit Nachdruck darauf hinweist, dass nur aufgrund dieser drei Faktoren eine ganzjährige Öffnung des Hauses möglich sei. «Vor allem aktive Geniesser fühlen sich bei uns wohl – andererseits sind wir ein zertifiziertes Metabolic-Balance-Hotel, was vor allem im Zusammenhang mit unserer Wellness-Abteilung sehr interessant ist.»

Die neue Smokers-Lounge mit Humidor (rechts).

Feriengäste aus der Schweiz Über 70 Prozent der Buchungen entfallen auf Feriengäste, den Rest machen Business- und Seminar-Gäste aus, mehrheitlich Schweizer, nur 34 Prozent aller Gäste kommen aus dem Ausland angereist (primär Frankreich, Deutschland, England, Belgien). Der reguläre Zimmerpreis (DZ) beträgt 360 Franken, die Beherbergungsmoyenne Fr. 234.35, und der RevPar liegt bei Fr. 89.40. Pro Jahr macht das Golf-Hotel mit seinen 59 Mitarbeitern (Sommer: 39) einen Umsatz von rund 4,6 Millionen Franken bei 13 000 Übernachtungen und einer Zimmerauslastung von 41 Prozent. Und neben all diesen Zahlen nicht zu vergessen ist der Hotel-eigene Bauernhof, der an die Zeiten erinnert, als Gstaad und seine Umgebung noch primär in Bauernhand waren.

Hotel-Design: Moderne und Tradition harmonieren Dass private Hoteliers – vor allem in Feriengebieten – in der Lage sind, Millionen in ihre Häuser zu investieren, ist keine Selbstverständlichkeit. Doch für Andrea Sprenger von Siebenthal war immer klar: «Wir wollen unseren Gästen ein modernes, aber trotzdem gemütliches Ambiente bieten. Als meine Eltern das Hotel 1996 gekauft haben, war es ein schönes, elegantes, stilvolles Haus. Über die Jahre haben wir einige SoftRenovationen gemacht: neue Möbel, neue Lampen, neue Kissen. Aber im Grunde ist alles gleich geblieben. Nun konnten wir das Hotel so einrichten und dekorieren, wie es uns gefällt, wie es zu uns passt – und das spüren auch die Gäste.» Die Hotelier-Familie Sprenger von Siebenthal setzte bei der soeben abgeschlossenen Gesamtsanierung vor allem auf natürliche Materialien. Viel Holz, warme Farben und edle Materialien prägen das neue Design, das sich an der alpinen Umgebung des Hauses (Saanenland) orientiert. Andrea Sprenger von Siebenthal: «Jeden Morgen, wenn ich ins Hotel komme, denke ich: Wow! Habt ihr das gut gemacht!» Die Gastgeberin aus

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Saanenmöser denkt dabei auch an die Architekten, denen es in der Tat geklungen ist, Moderne, Tradition und alpine Elemente harmonisch zu verknüpfen.

Ganz vorne in den Hotel-Ratings Kein Wunder reagieren die Gäste schon fast euphorisch. Die Bewertungen auf den Online-Plattformen sind entsprechend positiv. Und im aktuellen Rating der «SonntagsZeitung» belegt das Golf-Hotel den hervorragenden 14. Platz in der Kategorie «Beste Viersterne-Hotels der Schweiz». Damit nicht genug: Das Golf-Hotel Les Hauts de Gstaad gehört auch zu den 100 freundlichsten Hotels der Schweiz («Prix Bienvenu») und schafft es auf den 8. Platz in der Kategorie «FerienHotels» . H

GOLF-HOTEL LES HAUTS DE GSTAAD & SPA

ARCHITEKTUR & DESIGN Für Design und Architektur im GolfHotel Les Hauts de Gstaad & Spa war die renommierte deutsche Firma Appia Contract verantwortlich. Die Architekten verbauten in Zimmern und öffentlichen Räumen viel Holz und vor allem natürliche Materialien, um eine harmonische, alpin geprägte Atmosphäre zu erzeugen. Es ging darum, eine Symbiose zur natürlichen Umgebung im Saanenland (Landswirtschaft, Kühe, Alpen, Berge) zu schaffen.

KLASSIFIZIERUNG: 4 Sterne-Superior ERÖFFNUNG: Dezember 1986 (1. Eröffnung Januar 1911) DIREKTION: Andrea & Markus Sprenger von Siebenthal ZIMMER: 52 MITARBEITENDE: 59 (Sommer 39) RESTAURANTS: Belle Epoque, 50 Plätze (14 Gault & MillauPunkte); Bärengraben, 44 Plätze (Schweizer Küche); Wintergarten, 38 Plätze (wie Belle Epoque) MINDEST-ZIMMERPREIS: 250 Franken MAXIMALER ZIMMERPREIS: 790 Franken REVPAR: Fr. 89.40 WELLNESS: 1000 m2 mit Hallenbad, Fitness, Behandlungsräumen ZIMMERAUSLASTUNG: 41 Prozent JAHRESUMSATZ: 4,6 Millionen Franken ANTEIL F & B: 34,5 Prozent ÖFFNUNGSTAGE: 365 Tage

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-SERIE: BAUEN IN DER HOTEL-INDUSTRIE (TEIL 3)

Technische Lösungen im Hotel:

Was braucht der Im zweiten Teil der Serie «Bauen in der Hotel-Industrie» ging «Hotelier»-Fachautor Damien Rottet der zentralen Frage nach: Welche Planungspartner sind notwendig, und welche Prozesse durchläuft ein Hotel-Projekt? Im dritten Teil befasst sich Rottet mit der technischen «Wunderwelt» im Hotel. Wie werden technische Lösungen entwickelt, und welchen Nutzen zieht der Gast daraus? TEXT Damien Rottet

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TECHNIK & AMBIENTE SERIE

Peninsula-Hotel, Hongkong: Der Gast steuert über das Tablet die gesamte Zimmertechnologie (TV, Vorhänge, Klima, Licht).

Gast wirklich?

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ie technologische Entwicklung in der Hotel-Industrie verläuft rasant: Check-in-Automaten prägen moderne Business-Hotels, und die Gäste sind gewohnt, sich selbst zu bedienen. Gäste des «Henn-na»-Hotels in Nagasaki (Japan) werden schon bald durch menschlich aussehende Roboter an der Rezeption begrüsst und in mehreren Sprachen bedient. In Cupertino bietet das Aloft-Hotel (Starwood) Roboter, die als «Butler» Botengänge zu Gästezimmern erledigen, um den Mitarbeitenden mehr Zeit für den Kontakt mit den Gästen zu geben. Hinter den Hotel-Fassaden werden Systeme vernetzt und Gebäude automatisiert, um die Effizienz der Immobilie zu steigern und den

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Gästenutzen zu maximieren. Doch machen alle diese Entwicklungen auch Sinn?

Jedes Hotel-Projekt ist ein Unikat Pauschal kann diese Frage wohl kaum beantwortet werden, da sie von Konzept und Standard des Projekts, vom Investor und massgeblich vom Betreiber abhängt. Entsprechend ist jede Hotel-Entwicklung ein Unikat: Die Zusammensetzung Investor, Betreiber, Planer und Erbauer ist bei jedem Projekt unterschiedlich. Generell kann man sagen: Je klarer die Anforderungen von Hotelbetreiber und Investor sind, desto besser ist die Grundlage für die Entwicklung einer technisch kohärenten und für alle Seiten befrie❯ digenden Lösung für das Projekt.

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TECHNIK & AMBIENTE SERIE

TIPPS & TRICKS ZUR PLANUNG VON TECHNISCHEN GEWERKEN Um die technischen Planer in ihrem jeweiligen Gewerk herauszufordern und aus ihrer Komfortzone zu locken, können Hoteliers nach der folgenden Tabelle einige Fragen stellen, um die Planung zu hinterfragen. Es werden nicht alle Themenfelder (Fragen) behandelt!

DER GAST SOLLTE IMMER INS ZENTRUM DER ENTWICKLUNG EINES HOTEL-PROJEKTES GESTELLT WERDEN.

Totale Vernetzung: Was bringt das dem Gast? In der Entwicklung von Hotel-Projekten stellen sich nebst den betrieblichen Bedürfnissen und Anforderungen viele Fragen zur Effizienz des Gebäudes, zur Vernetzung der Systeme, zur zentralen und dezentralen Steuerung der Systeme durch den Betreiber, zur Einhaltung von Normen und gesetzlichen Richtlinien usw. Die Fachplaner neigen generell dazu, für ihr jeweiliges Gewerk (Heizung/Kälte, Lüftung, gewerbliche Kälte, Küche, Sanitär, Elektro, AV-Technik, MSRTechnik) die beste (und oft auch teuerste) Lösung vorzuschlagen und das Hotel bis zur letzten Glühbirne zu vernetzen. Doch welchen Mehrwert bringt dies dem Gast? Was kosten solche Lösungen im Vergleich zu einfachen Systemen? Wünschen sich die Gäste vernetzte Systeme auf einem iPad, über das – analog einem Kontrollzentrum – das Zimmer gesteuert werden kann?

Was erwartet der Hotel-Gast? Oft dominieren bei der technischen Entwicklung des Hotels die wirtschaftlichen Interessen des Betreibers und das Know-how des Planers. Die eigentlichen Bedürfnisse des Gastes spielen dabei oft eine zweitrangige Rolle. Gästebedürfnisse? Das sind (zum Beispiel): • Wohlfühl-Atmosphäre • ansprechendes Design • hervorragender Schlafkomfort • zuvorkommender Service • stabiles WiFi • tolle Badezimmer/Dusche • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis • weitere Servicebereiche wie Spa, Restauration usw.

Der Gast steht immer im Mittelpunkt! Meine Empfehlung lautet: Der Gast muss ins Zentrum der Entwicklung eines Hotel-Projektes gestellt werden! Die Anforderungen an technische Gewerke müssen anhand der gewünschten Gästenutzung aufgearbeitet werden. Gehen

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Sie nach dem KISS-Prinzip vor: Keep it simple and stupid (Halte es einfach und beschränkt). Dies bedeutet keinesfalls, dass bei der Planung die Effizienz von Gebäude-, Hotel- und Gästesystemen vernachlässigt werden sollte; diese sollten jedoch so verbaut werden, dass der Gast von der Technik nicht bevormundet wird und jederzeit selbst und unmittelbar über die technischen Bedingungen in seinem Zimmer verfügen kann.

Was, wenn Fehler auftauchen? In älteren Gebäuden kann man relativ einfach feststellen, wie und wo ein Fehler vorherrscht, da die Gebäude-, Hotel- und Gästesysteme meist nicht vernetzt, sondern individuell erstellt und betrieben werden. Die Fehlersuche beschränkt sich somit meist auf ein spezifisches Gewerk mit einem konkreten Fehler. In modernen Gebäuden, in denen die technischen Gewerke untereinander vernetzt sind und über eine Steueroberfläche zugänglich gemacht werden, gestaltet sich die Fehlersuche oft komplexer. Obschon meist ein Alarm im System den Fehler signalisiert, muss der Haustechniker über das Know-how verfügen, den Fehler an der Anlage vor Ort zu beheben oder den richtigen Servicetechniker aufzubieten. Manchmal sind Systemfehler die Folge eines Alarms –

HEIZUNG / LÜFTUNG / KLIMA (HLK)  Welche Luftmenge wurde für die Lüftung angenommen? Gibt es eine Lüftungsmatrix? Meistens werden die Planer 36 m2/h pro Person (zum Beispiel in Zimmern) rechnen. Wenn der Hotelier von einer Doppelbelegung von 1,2 ausgeht, so konditioniert das Lüftungssystem je nach Steuerung für 0,8 Personen mehr Luft als im Zimmer eigentlich notwendig.  Wie viele Brandschutzklappen wurden verbaut (diese müssen jährlich gewartet werden), und können diese optimiert werden?  Wird ein 2-Leiter-Change-Over- oder ein 4-LeiterSystem für die Kühlung/Heizung der Zimmer vorgeschlagen und weshalb? Wie sieht der Kostenunterschied für Investor/Betreiber aus?  Wie wird das Kondensat der Fan coils abgeführt? Das Wasser kann, bei regelmässiger Wartung, in den WC -Spülkasten eingeführt werden.

SANITÄR (S)  Wie viel Belegung und wie viele Personen pro Zimmer wurden gerechnet, um die Boiler zu dimensionieren? Gibt es Möglichkeiten, die Boiler auf eine realistische Durchschnittsauslastung zu dimensionieren und bei Bedarf nachträglich nachzurüsten?  Wird die Abwärme der gewerblichen Kälte als Vorwärme genutzt oder nicht?  Braucht das Objekt eine Entkalkungsanlage bei dieser Wasserqualität? Falls ja, weshalb, oder was sind die Vorund Nachteile? Falls nein, wie werden die Küchengeräte angeschlossen?

ELEKTRO (E)  Welche Gleichzeitigkeit wurde bei den Gerätschaften angenommen (Matrix verlangen)? Ist es realistisch, dass bei der durchschnittlichen Belegung von X Prozent die Gleichzeitigkeit über alle Geräte bei Y Prozent liegt?  Welche Lichtsteuerung wurde in den Zimmern vorgesehen? Analog? Digital? Weshalb und was ist der Nutzen für den Gast? Ist die Lichtbedienung einfach (on/off) und klar bedienbar?  Welches Licht wird eingesetzt? LED oder Halogen? Kosten vs. Betriebskosten und Atmosphäre?

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und keiner der aufgebotenen Servicetechniker kann helfen … Um dem vorzubeugen, werden oft spezialisierte MSR-Planer (Mess-, Steuer- und Regeltechnik-Planer) einberufen, um komplexe Anlagen und deren Automation von Beginn weg zu planen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Schnittstellen und die gesamtheitliche Vernetzung der verschiedenen Systeme im frühen Projektstadium zu klären.

Normen, SIA-Regelwerke und Gesetzesgrundlagen Für die verschiedenen Gewerke werden – nebst verschiedenen Gesetzesgrundlagen – die Normen und Regelwerke der SIA angewendet. Die SIA schreibt gewisse Parameter vor, die nicht in jedem Falle als solche hingenommen werden müssen oder deren Optimierung für Investoren in einer Kostenoptimierung und für Betreiber in einer Vereinfachung enden kann. Die Gesetzesgrundlagen für die Planung von technischen Gewerken sind relativ komplex und bedürfen detaillierter Abklärungen zwischen den Planern und den zuständigen Fachstellen von Gemeinden und Kantonen. Zum Beispiel betreffend Brandschutz: Im Kanton Bern können Hotels ohne Evakuationsanlage erbaut werden, im Kanton Zürich wird dies strikte abgelehnt. Generell könn(t)en Brandmeldeanlagen im Umfang reduziert werden, wenn die Interventionswege der Feuerwehr und die Zimmer nach gewissen Vorgaben beschriftet würden und die Zentrale die Zimmernummern wiedergibt. Dadurch könnten Investitions- und Betriebskosten optimiert werden. Gerade dies wird von den Planern oft nicht konsequent ausgeschöpft. H

LICHT SCHAFFT MÖGLICHKEITEN Ob im Industrie-, Büro-, Gastronomie- oder Wohnbereich, der Lichtgestaltung sind heute kaum noch Grenzen gesetzt. Als einer der profiliertesten Schweizer Anbieter im LED-Bereich beraten wir Architekten, Planer und Facility Manager bei Projektierung, Planung und Realisation innovativer Beleuchtungsanlagen. Sprechen Sie mit uns über gutes Licht.

DER AUTOR Damien Rottet (30), Be triebsökonom

FH für Hotellerie und Gastgewerbe der EHL Lausanne, ist unabhängiger Entwickler, Optimierer und Umsetzer von Hospitality-Projekten in der Schweiz. Er bietet Be schaffungsdienste für FF&E, OS&E und IT-Equipment. Als Allrounder hat er über mehrere Jahre unter der Leitung von Bruno H. Schöpfer die Entwicklungsabteilung von Katara Hospitality Switzerland AG aufgebaut und geführt. Daraus entstanden sind das 2011 neu eröffnete und mehrfach prämierte Hotel Schweizerhof Bern sowie die Grossbauprojekte Royal Savoy in Lausanne und das Bürgenstock Resort. drottet@hospitalityprojects.ch Im nächsten «Hotelier» (Juni-Ausgabe) widmet sich Damien Rottet der Umsetzung von Hotel-Projekten: Wie soll ich meinen Um- oder Neubau angehen? Welche Partner gibt es im Markt, und was sind die Vor- und Nachteile dieser Firmen? Und wie werden Hotel-Projekte effizient umgesetzt?

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NEUE -SERIE: DER SCHWIERIGE HOTEL-GAST (TEIL 1)

mit Gästen Ärger gehört dazu ! Wer in der Hotellerie arbeitet, kennt das Problem: Es gibt Gäste, die geradezu prädestiniert sind, einem das Leben schwer zu machen. Doch Ärger mit Gästen gehört zum Hotel-Alltag, schreibt die Personal- und Führungsexpertin Monica Schori im ersten Teil der neuen «Hotelier»-Serie zum Thema «Der schwierige Hotel-Gast». TEXT Monica Schori

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INNOVATION & ORGANISATION SERIE

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chwierige Gäste suchen sich Ihre Opfer aus! Es sind bekanntlich die Unsicheren, die ganz besonders daran glauben müssen. Wer ein gesundes Mass an Selbstvertrauen ausstrahlt, wird auch weniger Unangenehmes erleben. Unsicher sind aber heute nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Führungskräfte. Die aktuelle Situation lässt niemanden kalt, führt zu Zweifel und Zukunftsängsten. Mehr denn je geht es darum, die schwierige Lage selbstkritisch, aber auch voller Zuversicht anzugehen.

Hotel-Mitarbeiter in der Schweiz stehen unter Druck! Nebenbei bemerkt: Die negativen Beurteilungen von Schweizer Dienstleistungen, vor allem in der Hotellerie, kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Was ich jedoch beobachte, ist, dass die Mitarbeitenden in der Schweizer Hotellerie und Gastronomie oft unter grösserem Druck stehen als in unseren Nachbarländern. Nun ist es Aufgabe der Führungskräfte, nicht auch noch die eigene gestiegene Belastung ungefiltert weiterzugeben. Mancher Hotelier ist sich auch gar nicht bewusst, wie deutlich die Gäste eine angespannte Atmosphäre im Betrieb mitbekommen.

Ärger und Stress rauben uns die Kräfte! Mit meiner Arbeit und dem kürzlich erschienenen Buch «Überleben im Kundenkontakt» möchte ich Dienstleister dabei unterstützen, ihre anspruchsvolle Arbeit selbstsicher und gelassener zu bewältigen. Schliesslich ist es meist nicht die Arbeit, sondern Ärger und Stress, die den Menschen die Kräfte rauben. 5 I2015

Im ersten Teil der «Hotelier»-Serie geht es um die Frage: Warum ist die eigene Einstellung ein wichtiger Schlüssel zu mehr Zufriedenheit im Umgang mit Gästen?

Problemfälle • Ein Hotel-Gast schien während seines Aufenthalts sehr zufrieden, äussert sich aber nachträglich auf der Buchungsplattform im Internet ausserordentlich negativ. • Ein Paar kommt zwar regelmässig ins Hotel, wird aber jedes Mal einfordernder und ungeduldiger. • Ein Gast sagt, er erwarte in einem Schweizer Hotel mehrheitlich Schweizer Mitarbeiter. • Eine Dame beschwert sich bei jeder Zimmer-Reservation über den hohen Preis. Solche oder ähnliche Situationen kommen wohl in fast jedem Hotel-Betrieb vor. Gegenseitige Erwartungen werden nicht erfüllt, das führt zu Frust und Enttäuschung. Gäste zeigen ihre Unzufriedenheit mehr oder weniger ehrlich und geschickt. Da ist es manchmal gar nicht so einfach, solche Situationen nicht persönlich zu nehmen. Gelegentlich ärgert man sich im Nachhinein noch stundenlang über einen Gast, der uns längst wieder vergessen hat. Es macht deshalb Sinn, gelegentlich die eigene Erwartungshaltung kritisch zu hinterfragen. Hier ein paar Thesen dazu:

1. Unangenehme Gäste-Kontakte sind die typischen Ärgerquellen der Hotellerie. Bei der Berufswahl wurde diese Belastung bereits mit gewählt. Hätte man nicht diesen Ärger, so hätte man einen anderen. Fernfahrer ärgern sich über Staus, Landwirte über Subventionen oder die verhagelte Ernte. Für Personen mit Gästekontakt sind es unerfreuliche zwischenmenschliche Kontakte, die ihnen gelegentlich das Leben schwer machen. Auf ein paar Hundert angenehme Begegnungen kommen immer auch ein paar unerfreuliche – und zwar selbst dann, wenn man sich die grösste Mühe gibt und eine überdurchschnittliche Dienstleistung erbringt. Dies gehört zum Beruf wie die Ausbildung oder die Berufskleidung. Nun geht es darum zu lernen, diesen Ärger als (zwar unerfreuliche) Selbstverständlichkeit zu akzeptieren und ihn nicht jedes Mal als Belastung zu erleben. ❯

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INNOVATION & ORGANISATION SERIE

2. Gegenseitige Erwartungen von Gast und Mitarbeiter sind häufig nicht realistisch. Gäste haben manchmal unrealistische Erwartungen. Doch Mitarbeiter auch! Vieles, was Mitarbeiter belastet, ist grundsätzlich normal: Es ist normal, dass nicht immer jeder Gast vom Hotel und der erbrachten Dienstleistung restlos überzeugt ist. Es ist normal, dass es Menschen gibt, die sich ganz anders verhalten, als man es selbst je tun würde. Und leider ist es auch normal, dass es eine kleine Minderheit unehrlicher Menschen gibt, die nichts anderes im Kopf haben, als sich selbst zu bereichern. Auch wenn es ungerecht ist: Solche Situationen gehören zum Hotel-Alltag, und man kann sich an sie gewöhnen! Dienstleistung ist leider nicht immer fair, und nicht jedes Gästeverhalten ist für Aussenstehende verständlich! Das heisst natürlich nicht, dass man als Hotelier oder Hotel-Mitarbeiter alles akzeptieren muss und sich nicht dagegen wehren darf. Doch man kann lernen, unerfreuliche Gäste-Situationen mit mehr Distanz zu betrachten.

3. Vereinzelte unzufriedene Hotel-Gäste werden bedeutend wichtiger genommen als alle Zufriedenen und Begeisterten zusammen. Die Welt ist voller freundlicher, dankbarer und verständnisvoller Gäste. Leider schenkt man aber positiven Reaktionen zu wenig Beachtung. Sogar wenn Gäste absolut begeistert sind, freut einen das zwar, doch nach kurzer Zeit betrachtet man es als normal und vergisst es.

• Wenn alle Gäste zufrieden sind. • Wenn es mir gelungen ist, einen aufgebrachten Gast zu beruhigen. • Wenn unser Hotel weiterempfohlen wird. • Wenn wir 17 Punkte im Restaurant-Führer erreichen. Mit anderen Worten: Viele Dienstleistende halten sich nur dann für gut, wenn alle anderen immer mit ihrer Leistung absolut zufrieden sind! Wer seine Einstellung und die Erwartungen an sich selbst, die eigenen Mitarbeiter und die Gäste regelmässig hinterfragt, hat schon einen wichtigen Schritt gemacht, um die eigene Aufgabe gelassener anzugehen und die Mitarbeiter aktiv zu unterstützen. H

In der nächsten «Hotelier»-Ausgabe (Juni 2015): Von Energie-Vampiren und Nervensägen. Über «Lieblingsgäste», auf die Hoteliers verzichten könnten.

Wenn unangenehme Gäste den Tag beherrschen … Aber wehe, ein Hotel-Gast ist nicht so wohlwollend oder gar «schwierig», dann verschwindet die gute Laune von Mitarbeitenden oft blitzartig und macht einem tiefen Unbehagen Platz. Dann ist es jeweils erstaunlich zu erleben, wie ein im Grunde unwichtiges Ereignis eine lang anhaltende Verstimmung erzeugen kann: Ein einziger unangenehmer Gästekontakt kostet häufig mehr Energie als der ganze übrige Arbeitstag! Diese eine Begebenheit erhält eine völlig überdimensionale Bedeutung und wird zum prägenden Erlebnis des Tages, während die angenehmen Gäste mit keinem Gedanken mehr gewürdigt werden.

4. Hotel-Mitarbeitende bekommen viel Anerkennung für gut geleistete Arbeit. An diese Bestätigungen gewöhnt man sich, man erachtet sie als selbstverständlich und wird mit der Zeit abhängig davon. Wer einen aufmerksamen Service bietet, wird von den Gästen dafür sehr schnell eine positive Rückmeldung erhalten. Diese täglichen Bestätigungen in Form von Komplimenten, einem Lächeln, einem Dankeschön oder reichlich Trinkgeld werden mit der Zeit zu einer angenehmen Selbstverständlichkeit, mit der täglich gerechnet wird. Auf die Frage «Wann sind Sie mit sich selbst zufrieden?», heisst es dann:

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test Habe ich unrealistische Erwartungen an die Gäste, und werde ich darum immer wieder enttäuscht oder verärgert? Hier ein kleiner Selbsttest: Gäste sollen … … sich so benehmen, wie ich selbst in meinen besten Momenten … Verständnis für mich und meine Lage haben … gewisse Betriebsabläufe nachvollziehen können, zum Beispiel verstehen, wo Flexibilität möglich ist und wo nicht … ein Nein akzeptieren, wenn man ihnen den Grund erklärt hat … nachdenken, bevor sie reden oder fragen … eine Reklamation sachlich vorbringen und nicht persönlich werden … den Menschen, den sie vor sich haben, als solchen wahrnehmen und Respekt zeigen … aussergewöhnliche Leistungen anerkennen, dankbar sein … ehrlich und direkt vor Ort sagen, wenn sie nicht zufrieden sind … einen eigenen Fehler zugeben und sich entschuldigen … sich so verhalten, dass ich es nachvollziehen kann

« NEHMEN SIE DIE MENSCHEN, WIE SIE SIND – ES GIBT KEINE ANDEREN.

»

KONRAD ADENAUER

DIE AUTORIN Monica Schori verfügt über langjährige Dienstleistungserfahrung in der Gastronomie und Hotellerie, unter anderem in diversen namhaften Hotels. Sie spezialisierte sich auf überbetriebliche Personalentwicklung und leitet nun als selbstständige Beraterin Seminare und Trainings für Unternehmen aller Grössen und Branchen. Neben «Kundenkontakt» sind Leadership, Projektmanagement, Zusammenarbeit, Kommunikation und Selbstmanagement ihre wichtigsten Themen. www.monica-schori.ch/index.php

buchtipp «ÜBERLEBEN IM KUNDENKONTAKT» Der richtige Umgang mit schwierigen Situationen. Das aktuelle Buch von Monica Schori. In der Neuauflage ihres Service-Klassikers zeigt Monica Schori, wie man schwierige Kunden- oder Gästekontakte bewältigen kann. Mit praktischen Tipps und Übungen bietet sie einen Ratgeber für jeden, der im direkten Kontakt mit dem Kunden oder Hotel-Gast steht. ISBN 978-3-86881-575-7 224 Seiten Redline-Verlag 5 I2015


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HOTELIER-Autorin Nicole Amrein über das neue «Kameha Grand» in Zürich

Service-Exzellenz nach

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ott hat sieben Tage gebraucht, um die Welt zu erschaffen. Wir haben Carsten K. Rath drei Wochen gegeben, ehe wir ins neu eröffnete «Kameha Grand» in Zürich eingecheckt haben, um jene Service-Exzellenz zu orten, die der 47-jährige Deutsche in seinem Grandhotel der anderen Art verspricht. Einundzwanzig Tage, um die 245 Zimmer und Suiten, die zwei Restaurants (italienisch und japanisch), die Bar, die beiden Lounges (Smokers und Shisha), den Spa mit Fitness, die sechs Business-Suiten, acht Bankett-Räume und den grössten Event-Saal Zürichs, den Kameha-Dom, mit Platz für bis zu tausend Personen, zum Laufen zu bringen. Einundzwanzig Mal vierundzwanzig Stunden, um aus der «Exzellenz» herkömmlicher Luxus-Hotels wie dem «Park Hyatt», dem «Dolder Grand» oder dem «Baur au Lac» eine «Service-Exzellenz» nach Carsten K. Rath zu schaffen. Natürlich haben wir uns im Vorfeld gefragt, was der einstige Kellnerlehrling und Tennisspieler aus dem Schwarzwald («Ich wollte Tennis-Profi werden») anders oder bestenfalls noch besser machen kann als seine Mitbewerber, allen voran jene, welche die Zürcher City-Lage als zusätzlichen Pluspunkt aufweisen können. Nun, etwas hat er in jedem Fall «formidable» gemacht, um in der Sprache des im Kanton Zug wohnhaften Grand Hoteliers zu bleiben: Carsten K. Rath hat Anna Nücken vom Berg runtergeholt, zum Leidwesen von Hans Wiedemann, denn die Absolventin der Hotel-Fachschule Lausanne hat im «Badrutt’s Palace» in St. Moritz einen überdurchschnittlich guten Job gemacht. So erklären wir uns auch unsere Ankunft im «Kameha Grand» im Glattpark: Nücken, der PR-Profi im perfekt sitzenden Nadelstreifen-Kostüm, hat sowohl den Doorman wie auch die Rezeption über unser Arrivée informiert, sodass nicht nur wir, sondern auch unser vierbeiniger Begleiter mit Namen und überaus herzlich begrüsst werden. Die Lobby mit der bunten Uhrwerk-Installation, den teuren Schmuckstücken unter gläsernen Kuhglocken, dem überdimensionierten, stilisier ten Blumenstrauss und den verstreu-

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ten Rezeptions-Desk-Inseln wirkt auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig, fehlt doch ein eigentlicher Mittelpunkt, mal abgesehen von der weissen Treppe, die aber versperrt ist, weil sie in den «Dom» führt, der – mangels eines Events – geschlossen ist. Der Gang zum Zimmer und auch die Themen-Suite (in unserem Fall «Yoga») lassen nichts Spektakuläres berichten. Man hat sichtbar auf Qualität gesetzt, was sich auch in den Dispensern von «Molton Brown» (Duschmittel) äussert. Designer Marcel Wanders – von der «New York Times» als «Lady Gaga des Designs» gefeiert

« UNSER PERSÖNLICHES

HIGHLIGHT HABEN WIR GASTRONOMISCH ERLEBT.

»

NICOLE AMREIN

– arbeitet mit gedeckten Farben und viel Spiegelfläche. Man sieht sich, wo man hinschaut – auch, pardon, auf dem «Thron» beim Verrichten gewisser Geschäfte. Details wie «Schokoladentüren» (Türen in der Optik einer Schokoladentafel), Tresor-Griffe an den Wandschränken, Lampenschirme in Kuhglocken-Form oder Scherenschnitt-Assoziationen beim Lichtkegel beziehungsweise in den Restaurants (Speisekarten) lassen auf den Standort Schweiz schliessen. Das macht insofern Sinn, als es ja auch ein «Kameha Grand» in Bonn gibt, von dem sich Carsten K. Rath aber verabschiedet hat. Mittelpunkt seiner Bemühungen um Herzlichkeit, Leidenschaft und Professionalität ist nun Zürich, hier will der Buchautor («Sex bitte nur in der Suite» und «Das beste Anderssein ist Bessersein») Gasterlebnisse kreieren, eine kompromisslose Serviceund Qualitätskultur bieten. Kommen wir also auf den Punkt. Wie gut sind sie denn, die jungen Carsten K. Raths, die dem «Kameha Grand Zürich» eine Seele geben sollen? Das Prädikat «Gut» wäre – nach allem, was wir in 24 Stunden sehen und erleben konnten – zu wenig. Visionär Rath scheint es tatsächlich innerhalb von weniger als einem Monat(!) geschafft zu haben, seine Crew auf sein Credo einzuschwören. Nicht nur wir, sondern auch die anderen Hotel-Gäste werden in der Bar, in den Restaurants und den Lounges völlig selbstverständlich mit Namen angesprochen. Was andernorts manchmal vielleicht etwas steif rüberkommt, strahlt hier die Aura des

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INNOVATION & ORGANISATION KOLUMNE

Carsten K. Rath Ungezwungenen aus. Und da gehört auch dazu, dass ResidenceManager Jan («Jung-Hotelier des Jahres» in Deutschland) auf die Krawatte verzichtet. Er war es übrigens, der darauf bestanden hat, dass die gängige Dessert-Vitrine in der «Puregold Bar» (mit Goldpaletten an den Wänden) nicht mit trockenem Tageskuchen bestückt wird, sondern mit höchst eigenwilligen oder gar futuristischen Muffin-Kreationen, die selbst Süssspeisen-Muffel neugierig stimmen. Ja, das ist ein guter Schritt in Richtung Anderssein! Unser persönliches Highlight haben wir – in jeder Hinsicht – gastronomisch erlebt. Weil das japanische Fine-Dining-Restaurant Yu Nijyo (vom «Tages-Anzeiger» bereits in alle Höhen gelobt und mittags wie abends fast immer ausgebucht) geschlossen war, fand man sich beim Italiener wieder. «L’Unico» heisst, wie das Hotel, in der Übersetzung «einzigartig». Und genau so war der Abend, was einerseits mit dem hoch motivierten und bestens eingespielten Serviceteam zu tun hat, andererseits aber vor allem einen Namen trägt: Igino Bruni. Auf seiner Visitenkarte nennt sich der gebürtige Sizilianer «Outlet-Chef», was eine grobe Untertreibung ist. Der Chefkoch mit Stationen unter anderem bei Top-Adressen wie Rolf Krapf («La Brezza» im Hotel Eden Roc, Ascona; 16 Punkte) und Armin Amrein (Hotel Seehof, Davos; 17 Punkte) lässt die Punkte- und Sterne-Küche hinter sich und kocht «nur noch» für seine Gäste. Will heissen: Bruni kommt an den Tisch, erzählt in perfekt gebrochenem Deutsch, welche Pasten er heute gemacht hat, schwärmt von seinem sämigen sizilianischen Pesto mit Ricotta und getrockneten Tomaten, erwähnt das gabelzarte Ossobucco, den Risotto all’onda, das Geheimrezept fürs rustikale GemüseAllerlei, den fangfrischen Fisch, die hausgemachte Mandelcreme – und schon ist die Speiseabfolge geklärt. Die Gäste lieben diese Art der unbekümmerten Geschmacksküche und veredeln das «L’Unico» (150 Plätze) bereits drei Wochen nach seiner Eröffnung mit vollen Tischen – und das auch an einem ganz normalen Montagabend Mitte März! Es gäbe noch viele Dinge zu erzählen – von diesen Stunden bei Igino Bruni: Von seinem Vater, einem Carabiniere, der ihm das Kochen beigebracht hat, was der Sohn aber nicht laut sagen darf, weil sonst «la mama» in Sizilien böse wird. Von der überraschenden Weinkarte, die neben spannenden Italienern, Franzosen und Spaniern auch tatsächlich hervorragende Tropfen aus Deutschland bereithält wie den Riesling «vom roten Schiefer» von Clemens Busch (75 Franken) oder den Spätburgunder Kirschgarten GG 2011 vom Weingut Philipp Kuhn zum fairen Preis von 129 Franken. Von lebendigen Servicemitarbeitern, die auch mal herzhaft lachen. Und von selbst gebranntem Limoncello, der uns vergessen lässt, dass wir die Nacht bei brennender Schreibtischlampe verbringen – ganz alles klappt halt doch noch nicht – drei Wochen nach Eröffnung des «Kameha Grand» … H

DIE AUTORIN Nicole Amrein schreibt regelmässig im Schweizer Fachmagazin «Hotelier». Die Buch- und Roman-Autorin hat sich in den letzten Jahren auf die Bereiche Hotellerie, Gastronomie und Reisen spezialisiert. Sie lebt und arbeitet in Italien, Wien und Bern. Ihre jüngsten Buchprojekte sind Porträts der legendären Tessiner Gastronomin «Agnese» (Herbst 2014) und des Gstaader Spitzenkochs Robert Speth, erschienen im Februar 2015 im Weber/ Werd Verlag, Thun. www.nicoleamrein.ch

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E-MARKETING-EXPERTE HEIKO SIEBERT ÜBER DIE NEUEN WACHSTUMSMÄRKTE

Die Chinesen Chinesische Touristen auf dem Berner Münsterplatz.

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E-MARKETING WACHSTUMSMÄRKTE

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ie wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat in China zur Entstehung einer Mittelklasse geführt, deren Einkommen Reisen ausserhalb Chinas ermöglicht. Geografisch liegt der Schwerpunkt dieser Mittelklasse in den Grossstädten im Osten Chinas, und weiteres Wachstum dieser Einkommensgruppe wird vorhergesagt. Intercontinental Hotels (IHG), die grösste Hotel-Gruppe der Welt, veröffentlichte kürzlich eine Studie mit dem Titel «The future of Chinese travel», wonach China bereits 2014 die USA als umsatzstärkstes Reiseland weltweit abgelöst hat. Tourismus-Experten erwarten, dass in China der Anteil an Ausgaben für Freizeitreisen international bis 2023 auf 62 Prozent anwächst. In einer Untersuchung von Phocuswright («China Consumer Travel Report») wurde das hohe Ansehen von Reisen für chinesische Gäste ebenfalls unterstrichen.

Die Schweiz steht für Chinesen auf Platz 5 Der Grossteil der Reisen erfolgt im asiatischen Raum, doch Fernreisen werden in den nächsten Jahren überproportional wachsen. Gemessen an Ankünften sieht die IHG-Studie die Schweiz

auf Platz 5 der beliebtesten Fernreiseziele. 2013 ermittelte man Luzern, das Berner Oberland und Zürich unter den Top-15-Destinationen in Europa (nach Übernachtungen). Angeführt wird diese Statistik von drei italienischen Destinationen – was den Schweizer Hotels durch die geografische Nähe zugutekommt.

Immer mehr Chinesen in Schweizer Hotels Gemäss Schweizer Tourismus-Verband lag der Anteil chinesischer Gäste 2014 bereits bei beachtlichen 2,9 Prozent mit über 1 Million Logiernächten. Während die Gesamtzahl der Logiernächte in der Schweiz um nicht ganz 1 Prozent stieg, betrug der Zuwachs aus China reichliche 15,6 Prozent. Man kann vielleicht über die Grössenordnung diskutieren, alle Anzeichen stehen jedoch klar auf weiteres kräftiges Wachstum – wir können in naher und mittelfristiger Zukunft mit mehr Ankünften und Gästen aus China rechnen.

Braucht es eine chinesische Hotel-Website? Eher nein! Eine übersetzte chinesische Version oder Kurzfassung mag noch erschwinglich sein, hat aber wenig Chancen auf Erfolg: Auf der ❯

kommen! China gilt als der grosse Zukunftsmarkt. Auch für den Schweizer Tourismus. Laut Studien der Welttourismus-Organisation (WTO) werden bereits im Jahr 2020 rund 100 Millionen Chinesen ins Ausland reisen. 2014 gingen 1,03 Millionen Übernachtungen in Schweizer Hotels aufs Konto China. Plus 15,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr! Wann ist mit dem grossen «Boom» aus China zu rechnen? Lösen die Chinesen eines Tages gar die Hotel-Gäste aus dem Euro-Raum ab? Brauchen Schweizer Hotels jetzt sogar eine chinesische Website? TEXT Heiko Siebert 5 I2015

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E-MARKETING WACHSTUMSMÄRKTE

CHINESEN IN DER SCHWEIZ Die Chinesen werden immer wichtiger für den Schweizer Tourismus: Im Jahr 2014 sorgten chinesische Gäste in der Schweiz bereits für 1,034 Millionen Übernachtungen. 2013 waren es 894 000. Dies entspricht einer Zunahme von 15,6 Prozent.

Chinesische Reisegruppe am «Switzerland Travel Mart» in Bern.

technischen Seite ist die «Grosse Firewall» – sprich die Zensur des Webs im chinesischen Markt – ein nicht zu unterschätzendes Hindernis. Andererseits muss die Kundenansprache im Hinblick auf Bilderwelt, Textinhalte und -gestaltung, die Marke sowie der ganze Bereich sozialer Medien und Mobile, vollumfänglich auf den chinesischen Konsumenten abgestimmt werden. Einen solchen Schritt oder diese Investition sollte nur ein Hotel berücksichtigen, das bereits einen festen Fuss in diesem Markt gefasst und gute Aussichten auf Direktbuchungen hat. Als Einstieg ist es zu riskant und eignet sich nicht.

Sind die OTAs vielleicht eine Lösung? Man kann mehr tun, als nur zu warten, bis das Telefon klingelt und eine Incoming-Agentur ein Geschäft mit chinesischen Gästen anbietet: Online-Plattformen (OTAs) spielen im asiatischen Hotel-Markt eine wichtige Rolle, und in China kommt man nicht an Ctrip und seinem Marktanteil von über 54 Prozent vorbei. Phocuswright erwartet bis 2016 jährliche Zuwächse im zweistelligen Bereich. Ebenfalls beachtenswert wird sein, welche Rolle Alibaba mit seiner Reisetochter Alitrip (mit einer Buchungsmaschine von Agoda.com) in Zukunft spielen möchte. Agoda. com ist im gesamten asiatischen Raum gut vertreten. Beide OTAs können über mehrere CRS/ Channel Manager integriert werden. Der Vertrieb über die OTAs hat in diesem Fall den Vorteil, dass sich der Vertriebspartner um alle angesprochenen Belange (Ansprache, Technik, Sprache usw.) kümmert, und nur im Erfolgsfall eine Kommission fällig wird. Für ein Hotel, das die ersten Schritte in diesen doch recht komplexen Markt machen möchte, ist es eine investitions- und daher recht risikofreie Option.

Die Sprache als grösste Herausforderung Wilfred Fan, MD & VP Nordasien bei Agoda International, nennt als Haupthindernis chinesischer Reisender die Sprache: «Die Kommunikation ist die grösste Herausforderung! Chinesische Reisende sprechen oft nur wenig oder einfaches Englisch, Deutsch- oder Französischkenntnisse sind sehr selten.» Auf die Erwartungen chinesischer Gäste angesprochen, betont Wilfred

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Fan: «Es sind Luxusgüter, allen voran Markenuhren, die auf der Einkaufsliste vieler Chinesen ganz oben stehen.» Und was die kulinarischen Gewohnheiten der Chinesen betrifft, meint er: «Obwohl dafür bekannt, dass sie chinesische Küche bevorzugen, sind chinesische Reisende auch offen für lokale Gerichte. Stellen Sie als Hotelier in diesem Fall die Information in chinesischer Sprache bereit.» Dass China zu den zu künf tigen Wachstumsmärkten gehört, ist nicht neu und faktisch belegt. Auch wenn Sie heute noch keine oder nur wenige chinesische Gäste haben, lohnen sich erste Massnahmen und Versuche, diese Zielgruppe anzusprechen. H

DER AUTOR Heiko Siebert (49) ist E-Marketing-Experte in Hotellerie und Tourismus. Weitere Schwerpunkte seiner Beratungs- und Trainingsdienstleistung sind alle Aspekte des Online-Vertriebs in der Hotellerie und im Tourismus. Bis Juni 2013 war Heiko Siebert zwölf Jahre bei Mövenpick Hotels & Resorts als Director Reservations & Revenue Management sowie Vice President Distribution tätig. heiko.siebert@hstc.ch

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Chinesen in der Schweiz liegt bei 1,3 Tagen. Die stärksten Reisemonate für Chinas Reisende in der Schweiz sind die Monate Juli, August, September und Oktober. 68 Prozent der Chinesen reisen im Sommer in die Schweiz. Auch für die kommenden Jahre verfügt China in Bezug auf die Tourismus-Destination Schweiz über ein starkes Wachstumspotenzial: Chinesische Touristen dürften im Jahr 2022 zwei Millionen Logiernächte generieren. Quellen: Schweiz Tourismus

meint DIE CHINESEN SIND ANDERS! Die Touristiker sind sich einig: Das Potenzial des chinesischen Marktes – mit insgesamt 1,4 Milliarden Einwohnern – ist riesig. Die Prognosen sagen uns, dass bereits in sieben Jahren zwei Millionen Logiernächte in der Schweiz (heute 1,034 Millionen) auf das Konto von Besucherinnen und Besuchern aus dem Reich der Mitte gehen könnten. Das ist eine beeindruckende Zahl, und sie ist nicht unrealistisch: Die Entwicklung in China verläuft rasant. Seit mehr als 20 Jahren wächst die Volkswirtschaft jährlich um rund 8 bis 10 Prozent, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich dies in den kommenden Jahren grundlegend ändern könnte. Immer mehr Menschen verfügen über genügend Einkommen, um sich eine Reise in die Schweiz leisten zu können. Der Gast aus Fernost hat aber auch Erwartungen an das Reiseland Schweiz: Diese gilt es nun mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl zu eruieren und in lebendige Gastfreundschaft umzusetzen. Von besonderer Bedeutung für den Erfolg im Geschäft mit chinesischen Touristen ist die kulturelle Sensibilität im Hinblick auf deren Bedürfnisse und Erwartungen. Dazu gehören neben auf Chinesisch übersetzten Prospekten, Menükarten, Beschreibungen usw. auch die Berücksichtigung fernöstlicher Gewohnheiten bei Reiseorganisation und Freizeitaktivitäten sowie das Einbeziehen chinesischer Vorlieben beim Essen und in der Zimmergestaltung. Es kann nicht genug darauf hingewiesen werden, dass China sich grundlegend von Amerika oder Europa unterscheidet und dass wer in der Volksrepublik China Erfolg haben will, die chinesische Denkweise beachten muss. 5 I2015


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RATGEBER LESER FRAGEN

KOMMUNIKATION

Sollen wir ein Buch zum Hotel-Jubiläum herausgeben? Unser Viersterne-Hotel im Berner Oberland (89 Zimmer) feiert im Sommer 2015 sein 50-Jahre-Jubiläum. Derzeit beschäftigt uns die Frage: Sollen wir ein Jubiläumsbuch herausgeben mit der Geschichte des Hauses? Dies würde unser Budget stark belasten, denn wir rechnen mit etwa 50 000 Franken für die Buchproduktion. Können Sie uns einen Tipp geben? T. Z. Hotelier

FRAGE

DIE AUTORIN Nora Fehr ist Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Schenker Kommunikation AG in Bern. Bis 2010 wirkte die eidg. dipl. PR-Beraterin als Kommunikationsleiterin bei Hotelleriesuisse. Sie ist Expertin an den Berufsprüfungen für eidg. dipl. Marketingfachleute und Dozentin an der Wirtschafts- und Kaderschule WKS Bern. Seit 2014 ist sie auch als Mediatorin tätig. KONTAKT

n.fehr@schenkerkom.ch www.schenkerkom.ch

ANTWORT 50 Jahre – ein stolzes Jubiläum, über das Sie während des ganzen Jahres auf vielfältige Weise berichten sollten. Machen Sie das Jubiläum auf allen Kommunikationskanälen zum Thema, etwa mit einer speziellen Mail-Signatur, einem eigenen Menüpunkt auf der Website, einer festen Rubrik im Newsletter oder einem JubiläumsVisual auf dem Briefpapier. Für die Umsetzung spezifischer Jubiläumsaktivitäten erstellen Sie ein kleines Konzept. Überlegen Sie sich in einem ersten Schritt, welche Ziele Sie mit der Jubiläumskommunikation verfolgen. Wollen Sie die breite Bevölkerung ansprechen – im Sinne des Standort-Marketings? Wollen Sie Ihre Stammkundschaft bei einem exklusiven Event verwöhnen – im Sinne der Kundenbindung? Möchten Sie die Tradition Ihres Hauses betonen – im Sinne einer starken Positionierung? Oder besteht Handlungsbedarf bei der Mitarbeitermotivation oder der Bekanntheit Ihres Hauses? Je nach Zielsetzung und Zielgruppe werden Sie andere Mass-

nahmen definieren. Dieses konzeptionelle Vorgehen stellt sicher, dass Ihre Aktivitäten wirksam und mit den Marketing-Massnahmen abgestimmt sind, dass das Timing aufgeht und dass Sie das Budget im Griff haben. Falls Sie zum Schluss kommen, dass das Buch genau das richtige Instrument ist, müssen Sie neben den Herstellungskosten (Konzept, Text, Übersetzung, Bildbeschaffung und -bearbeitung, Layout, Korrektorat, Druck) auch die Kosten für die Distribution und eine ansprechende Begleitkommunikation einkal kulieren. Denn mit Büchern ist es wie mit Websites: Sie müssen die Leute dazu bringen, sie zu lesen. Ein elektronisches Buch (zum Beispiel iBooks) wäre eine kostengünstigere Alternative, da der Druck wegfällt. Vielleicht passt diese moderne und mobile Form ja perfekt zum Stil Ihres Hauses? Denn auch darauf sollten Sie achten: Setzen Sie auf Jubiläumsaktionen, die Ihrem Haus entsprechen, und verzichten Sie auf schnell verpuffende Knalleffekte. H

IT UND WLAN

Wie sicher ist WLAN im Hotel? Eine weltweit durchgeführte Umfrage zeigt, dass in der Hotellerie dringender Handlungsbedarf beim Thema IT-Sicherheit besteht. Danach greifen über zwei Drittel der Hotel-Betriebe beispielsweise nicht auf zeitlich begrenzte Einmal-Passwörter zurück, um ihren Gästen den WLAN-Zugang zu ermöglichen. Dabei ist dies ja ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Sicherheit im Gäste- oder Unternehmensnetzwerk. Deshalb meine Frage an den Experten: Wie sicher ist kostenloses WLAN im Hotel? Und wie kann man die Sicherheit optimieren? F. S., Salesmanager (Zürich)

FRAGE

ANTWORT Ob dem Gast ein WLAN-Zugang kostenlos angeboten werden muss oder soll, das entscheidet der Hotelier. Wichtig ist, dass der WLAN-Zugang kontrolliert und wenn möglich auch überwacht wird. Aus unserer Sicht ist es zwingend, den Internet-Zugang des Hotels und des Gästebereichs zu trennen. Sinnvoll ist auch der Einsatz eines Content-Filters. So können die grössten Ärgernisse sowohl für den Gast als auch für das Hotel eliminiert werden. Eine Aufzeichnung des gesamten Internetverkehrs ist rechtlich noch nicht vorgeschrieben, erleichtert aber im Falle eines Missbrauchs den Unschuldsbeweis für den Hotelier ungemein. Unterschätzt wird oft die Bedeutung der Bandbreite für das Surfvergnügen des Gastes. Dieses hängt nicht nur vom Internetzugang, sondern auch von den verbau-

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ten WLAN-Komponenten ab. Access Points, die für den Heimgebrauch konzipiert sind, sind hierfür nicht geeignet. Falls für den Gast ein WLANZugang in einem überschaubaren Bereich wie der Lobby oder an der Bar zur Verfügung gestellt wird, dann reicht es, wenn der Zugangscode mündlich mitgeteilt (oder für alle sichtbar aufgeschrieben) und in regelmässigen Abständen geändert wird. Besteht ein Zugang im gesamten Hotel, also auch in den Zimmern, so ist eine Authentifizierung zum Beispiel mittels SMS (kostenlos für den Gast) oder einem individuell ausgestellten Code unumgänglich. Hierzu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, und es gilt, die für den einzelnen Betrieb in puncto Kosten und Bedienerfreundlichkeit für den Gast optimale Lösung zu evaluieren. H

DER AUTOR Hans Hänny ist Geschäftsführer und Inhaber der Firma Client Systems mit Sitz in Münsingen bei Bern. Seit 1998 ist Client Systems ein führender Anbie ter für die Hotellerie im Bereich IT-Sys tembereitstellung und -betreuung. Mehr als 70 Vier- und FünfsterneHotels zählen schweizweit zu den Kunden von Client Systems. KONTAKT

info@client-systems.ch www.client-systems.ch 5 I2015


RATGEBER LESER FRAGEN

HYGIENE

Sind Lufttrockner in den Toiletten unhygienisch? In der Ausgabe Nr. 1/15 des Fachmagazins «Hotelier» wurde eine Hygienestudie von der ETSA (European Textile Services Association) vorgestellt. Danach seien Baumwolltücher und Papierservietten im öffentlichen Toilettenbereich besonders hygienisch. Lufttrockner hingegen erfüllen laut dieser Studie die Mindestanforderungen der europäischen Norm nicht. Sind zum Beispiel die AirbladeHändetrockner von Dyson unhygienisch und unsicher? R. E., Vice General Manager, Zürich

FRAGE

DER AUTOR Daniele Müller ist

Leiter der Unternehmenskommunikation bei Dyson Schweiz. KONTAKT

ANTWORT Ich beantworte diese Frage sehr gerne

und möchte dabei auf diverse Mängel dieser von der europäischen Papierlobby bezahlten und nicht extern überprüften Helsinki-Studie hinweisen. Besonders gravierend ist, dass die veröffentlichten Daten fast das Wesentlichste unterschlagen: die Auswirkung des Waschens auf die Reduzierung der Bakterien an den Händen. Dabei handelt es sich um ein erhebliches Versäumnis, da weithin veröffentlichte Werke und sogar die Helsinki-Studie selbst zeigen, dass der Waschvorgang – sogar ohne Seife – die Menge der vorhandenen Bakterien deutlich unter den Wert 3 (logarithmischer Massstab) gemäss der Forderung der Norm EN 1499 reduziert. Aber auch losgelöst von der Wissenschaft, erlauben Sie mir die Frage: Wer, ausser einem bezahlten Studienauftragnehmer, hält schon die Hände in einen Händetrockner, wenn er sie nicht gewaschen hat? Die Studie

wendet zudem unangemessene Methoden durch die Verwendung des Handwaschprotokolls der Norm EN 1499 an. Dieses Protokoll enthält keine Anforderungen zum Trocknen. Dyson-AirbladeHändetrockner sind die schnellste, energieeffizienteste und eine hygienische Art zum Trocknen der Hände. Nur schon der eingebaute HEPAFilter entfernt 99,9 Prozent der Bakterien aus der eingesaugten Luft. Die Airblade-Technologie trocknet die Hände in gerade einmal 10 bis 12 Sekunden und reduziert so das Risiko einer Verbreitung von Bakterien. Der Dyson-AirbladeHändetrockner entfernt hygienisch das Wasser von den Händen und macht es somit überflüssig, die Hände aneinander zu reiben, was die Menge der Bakterien auf der Haut erhöht. Zudem dauern andere Methoden zum Händetrocknen so lange, dass viele Leute gleich ganz darauf verzichten. Nasse Hände verbreiten 1000-mal

daniele.mueller@dyson.com

mehr Bakterien als trockene! Abschliessend ist noch festzuhalten, dass in einem Waschraum alle Händetrocknungsmethoden der gleichen Anzahl Mikroorganismen ausgesetzt sind. Waschräume sind keine sterilen Bereiche, Bakterien finden sich auf allen Oberflächen. Und jeder, der schon einmal einen überfüllten Papierabfallkorb in einem WC gesehen hat, wird das vermutlich nicht als eine hygienische Lösung wahrnehmen – Studien hin H oder her.

ZAHLUNGSSYSTEME

Sind Zahlungen über mobile Geräte sicher? Immer mehr Gäste buchen ihr Zimmer über mobile Geräte (Smartphones, Handys). Und sie bezahlen das Zimmer auch gleich über das mobile Zahlungssystem. Wie sicher sind solche Online-Buchungen? Und vor allem: Wie sicher ist der Zahlungsprozess über Smartphones oder Handys? Oder anders gefragt: Auf was sollte der Hotelier besonders achten, wenn er Online-Zahlungsoptionen anbietet?

FRAGE

M. G., Hotelier, Kanton Thurgau ANTWORT Online-Zahlungen – ob über Smart-

DER AUTOR Christian Schmitz ist Head PCI Compliance bei SIX Pay ment Services und in dieser Funktion verantwortlich für die Einhaltung und Umsetzung der PCI-Sicherheitsstandards und der damit verbundenen Forderungen der internationalen Kartengesellschaften. KONTAKT

www.six-group.com 5 I2015

phone oder über Computer – können sicher abgewickelt werden. Entscheidend ist hierbei die eingesetzte Bezahllösung. Darauf sollten Sie als Hotelier achten, wenn Ihre Gäste bereits jetzt oder in Zukunft online bezahlen: Die sicherste Alternative ist die Vorauszahlung, die über eine E-Commerce-Bezahllösung und 3-D-Secure abgewickelt wird. Alle etablierten Anbieter haben ihre Lösungen nach den gültigen Sicherheitsstandards zertifiziert und sorgen damit für die sichere Abwicklung der Transaktion. Bei dieser Zahlungsform gibt es automatisch weniger Rückbelastungen, und die Haftung im Falle einer missbräuchlichen Transaktion liegt nicht bei Ihnen (Haftungsumkehr). Wenn Sie Kartendaten für eine Reservation benötigen, benutzen Sie kein Online-Formular, auf dem Gäste Ihre Kar tendaten eingeben können. Nehmen Sie ein Formular, auf dem der Gast die Angaben von Hand erfasst und Ihnen per Fax übermittelt, oder verlassen Sie sich

auf einen zertifizierten Partner. Verhindern Sie die Umsetzung umfangreicher Sicherheitsmassnahmen durch den Erhalt elektronischer Kartendaten. Falls Sie mit Reser vationsplattformen zusammenarbeiten, klä ren Sie die Verantwortung betreffend die Speicherung der Kartendaten: Der Dienstleister sollte Ihnen bestätigen, dass er den Schutz der Kartendaten sicherstellt und dafür haftet. Doch auch der Gast trägt einen Teil der Verantwortung und sollte auf seinem Computer und Smartphone (wo möglich) eine Antiviren-Software installieren. Ein Abgriff seiner Kartendaten wäre jedoch in seinem Verschulden. Wenn Sie eine professionelle, zertifi zier te Bezahllösung einsetzen, bedeuten Zahlungen per Smartphone kein zusätzliches Risi ko. Bei Unsicherheit informieren Sie sich bei Ihrem Acquirer oder fragen Sie bei Ihrem Bezahllösungsanbieter nach dem sogenannten PCI-Compliance-Nachweis. Dieser bestätigt den adäquaten Schutz der H Kartendaten.

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HOTEL-TEST «CONTINENTAL-PARK», LUZERN

Ein individuelles

Seminar-Hotel? Das «Continental-Park» in der Luzerner Neustadt sei ein Individual- und Seminar-Hotel, sagen die Gastgeber und Inhaber. «Hotelier»-Tester wollten wissen: Wie individuell kann ein Seminar-Hotel sein? Feststeht: Die Hotelier-Familie Pedrazzetti investiert seit Jahren viele Millionen Franken in ihr Viersterne-Haus. Warum das 1994 neugebaute 92-Zimmer-Hotel mit Tessiner Ambiente nicht im Schatten der traditionsreichen Luzerner Viersterne-Hotels steht, lesen Sie im aktuellen Hotel-Test. 56

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HOTEL-TEST CONTINENTAL-PARK LUZERN

Terrasse Ristorante Bellini.

D

er Urgrossvater war Heizer, stammte aus Monte Carasso im Tessin, wanderte um 1909 nach Amerika aus und machte in der Küche des weltberühmten «Waldorf Astoria» in New York Karriere – er diente sich vom Einheizer zum Chef-Saucier und Sous-Chef hoch und war damit Chef über 40 Köche. Sein Enkel, Gabriele Pedrazzetti (70), heiratete 1972 die Luzernerin Ruth Weibel. Ihre Familie führte damals das Hotel Continental – und Gabriele übernahm die Direktion des Hauses. Das heutige Hotel Continental-Park mit 92 Zimmern wurde 1994 eröffnet. Es umfasst zwei Häuser: das Hotel Continental und das ehemalige Hotel «Du Parc» (Park-Hotel). Eigentümerin der ganzen Hotel-Immobilie ist die Park Immobilien Luzern AG. Sie gehört den Eltern des heutigen Gastgebers und operativen Chefs, Alessandro Pedrazzetti. Betrieben wird das Viersterne-Haus von der Betriebsgesellschaft Hotel Continental Luzern AG. Und diese Firma gehört dem Junior-Chef. Alessandro Pedrazzetti absolvierte eine Koch-Lehre und später die HotelFachschule Luzern. Der gebürtige Luzerner mit Tessiner Wurzeln machte das Nachdiplomstudium (NDS) bei Hotelleriesuisse und wirkte als Finanzchef im «Swissôtel» in Oerlikon, bevor er ins elterliche Hotel in Luzern einstieg. Die Familie Pedrazzetti hat seit 2001 mehr als 10 Millionen Franken in die Renovation ihres Hauses investiert – aus dem Cashflow. Gerade wurden 21 Zimmer im 5. und 6. Stockwerk des Continental-Park für rund 1,5 Millionen 5 I2015

Franken saniert. Alessandro Pedrazzetti ist das erste von drei Kindern von Gabriele und Ruth Pedrazzetti-Weibel. Seine Schwester Raffaella und ihr Mann Patrik Bucher führen in Basel das «Hotel du Commerce bei der Messe». Die jüngste Schwester, Franca, arbeitet als erfolgreiche Fotografin.

Website Der erste Eindruck: Bunt, sehr bunt wirkt die Homepage des Hotels. Nach unserer Auffassung dürfte die Website etwas eleganter und stilvoller gestaltet sein, sie erinnert uns zu stark an einen Supermarkt oder Discounter (zu viele Farben und Grafikelemente). Im aktuellen Trustscore erreicht das Haus derzeit den sehr guten Wert von 83 (893 Bewertungen), der Hinweis «Bestpreis» ist sofort ersichtlich, die stets wechselnden Bilder im Seitenkopf wirken attraktiv. Warum aber, liebe Gastgeber, begrüssen Sie den Website-Nutzer nicht persönlich auf der Auftaktseite? Das «Continental-Park» ist ja kein Kettenhaus, sondern ein individuell geführtes Familien-Hotel. Unser Tipp: Zeigen Sie Ihr Team auf der Startseite! Motto: Die Gastgeber des Hauses begrüssen ihre (potenziellen) Gäste persönlich und herzlich. Thema Bildergalerie: Derzeit ist das ein optisches Durcheinander, der Ablauf der Bilderwelt hat keine Struktur, geschweige denn eine Dramaturgie – man reiht einfach Bild an Bild – von Food über Seminarraum bis zum Badezimmer. ❯

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Was wir ebenso vermissen: den Medien-Corner. Die Buchungsmaske ist okay, die aktuellen Zimmerpreise sofort ersichtlich.

stellen). Wir vermissen eine Hundedecke. Oder soll das gute Tier auf dem eleganten Sofa oder gar auf dem Bett schlafen?

Reservation

Zimmer-Details

Wir buchen unser Zimmer über den Link «Best Price». Der Gast erhält hier das Zimmer 5 Franken günstiger als über die OTAs. Der Online-Reservationsprozess verläuft ohne Pannen. Doch das Feld «Bemerkungen und Gutscheine» dürfte grösser sein, sodass der Gast seine speziellen Wünsche detailliert umschreiben kann. Wir buchen das Doppelzimmer «Pilatus» mit Balkon zum aktuellen Tarif von 220 Franken (inklusive Frühstück). Zudem reservieren wir einen Tisch im Tessiner Ristorante Bellini. Wir erwähnen auch, dass uns ein kleiner Hund begleitet. Die Buchungsbestätigung folgt wenige Minuten nach der Reservation.

Das Hotel Continental-Park setzt auf Individualität und persönlichen Service. Folglich sind die kleinen Dinge im Umfeld des Gastes von höchster Relevanz. Beispiel: Warum kein (offeriertes) Mineralwasser auf dem Zimmer? Warum kein Früchteteller – oder mindestens ein Apfel oder eine Birne? Und warum nicht eine kleine «Luzerner Süssigkeit» (Lebkuchen?) als persönliches WelcomeGeschenk? Denkbar wäre auch ein kleiner «Panettone» aus dem Tessin, um den Gast auf die Familiengeschichte und das Ristorante Bellini (mit Tessiner Küche) aufmerksam zu machen …

Anfahrt

Originell, diese Duschkabine mit der blauen Rückwand! Hochwertig die Armaturen («hansgrohe») und die Regendusche, wenig passend in einem First-Class-Hotel die Seifenspender, zwar aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, aber punkto Individualität eher ein «No-Go». Nur die Body-Lotion («Aqua Senses») wird im kleinen Fläschchen angeboten. Die Hygiene im Bad: einwandfrei, die WC-Bürste ist oder wirkt wie neu, das Wasser in Toilette und Lavabo fliesst ungehindert ab. Ersetzen sollte man nächstens die Frottee-Wäsche, denn die Badetücher sind eher hart und unangenehm.

Das Hotel befindet sich unmittelbar beim Bahnhof Luzern. Man steigt aus dem Zug und erreicht die Rezeption des Hotels in weniger als drei Minuten. So gesehen eine Top-Lage – vor allem für Business-Reisende, die mit den SBB anreisen. Auto fahrenden Gästen stehen 25 Parkplätze in der eigenen Tiefgarage zur Verfügung.

Check-in Es ist ein Sonntag, kurz nach 13 Uhr. Der junge Mann an der Rezeption verhält sich leider etwas zu passiv. Warum geht er nicht in die Offensive, fragt die neuen Gäste nach ihrem Wohlbefinden, und das möglichst herzlich und spontan? Er will dann die Kreditkarte sehen … Andererseits haben wir unsere Karten-Informationen bereits online hinterlegt (Reservation). Er händigt uns einen 10-Prozent-Gutschein fürs Restaurant aus, erwähnt die obligaten Frühstückszeiten (6.30 bis 10 Uhr) und bietet uns den täglichen Room Service von 11 bis 22 Uhr an. Internet (WLAN) sei im ganzen Hause kostenlos, das klimatisierte Zimmer «Pilatus» mit der Nummer 423 befinde sich im 4. Stock, der Fahrstuhl sei gleich da drüben … Liebe Drei- und Viersterne-Hoteliers, warum begleiten Sie – beziehungsweise ihre Rezeptionsleute – den Gast nicht aufs Zimmer? Warum helfen Sie dem Gast nicht beim Schleppen des Gepäcks? Ja – laut Klassifikationskriterien sind Viersterne-Häuser nicht verpflichtet, dem Gast beim Gepäcktransport zu helfen. Wir tragen unsere Taschen also eigenhändig durch die vielen, verwinkelten Korridore des Hauses, über Treppen und durch Türen – bis wir endlich die Nummer 423 erreichen.

Bad

Room Service Das ist schon beinahe Fünfsterne-Niveau: Den Gästen steht nämlich ein Room Service von 11 bis 22 Uhr zur Verfügung. Die kleine Tessiner Karte umfasst Antipasti, Pasta-Gerichte und Hauptgänge (Fisch und Fleisch), dazu kommen Pizzen und Desserts. Wir bestellen den vegetarischen Tessiner Teller (grilliertes Gemüse mit mariniertem Rucola und Piora-Alpkäse). Die Speisen sind frisch und schön präsentiert, die Portion gerade richtig, doch es fehlen Butter, Salz und Pfeffer. Was das Timing betrifft, liegt es mit 30 Minuten – von der Telefonbestellung bis zum Zimmerservice – an der oberen Grenze. Doch der junge Kellner serviert die Speisen höchst professionell und lächelnd.

« DAS CONTINENTAL-PARK

LUZERN IST ZWAR EIN TYPISCHES BUSINESS- UND SEMINAR-HOTEL, STRAHLT ABER TROTZDEM EINE GEWISSE INDIVIDUALITÄT AUS.

Zimmer Ein Eckzimmer mit Balkon, wie gewünscht. Man sieht direkt auf den grossen Park. Das Design: schlicht, modern-klassisch, zeitlos. Es dominieren die Farben Braun, Grau und helles Bordeaux-Rot. Die Dekoration über dem Bett (ein Ast mit Punkten?) erscheint uns etwas zu verspielt, die Ausstattung des Zimmers hingegen ist hochwertig. Auf den Ledersesseln und Sofas lässt man sich gerne nieder, die Designer-Lampen sorgen für edles Ambiente. Das Grand Lit ist bequem, die Temperatur im Zimmer (20 Grad) angenehm, Safe, Badeslipper, Bademäntel, Minibar, Regenschirm – alles vorhanden. Was uns stört: Kleiderbügel aus Plastik. Und die Sauberkeit im Zimmer? Tadellos! Kompliment den Hausdamen! Die Gästeinformationen, nach wie vor auf Papier gedruckt und mit Plastikfolien umhüllt, sind nicht mehr zeitgemäss (der digitale «Concierge» lässt grüssen). Und die Hunde-Utensilien? Immerhin bezahlt der Gast für den Vierbeiner 20 Franken pro Tag. Leider steht nur ein Hundenapf in der Ecke (bitte immer zwei Näpfe hin-

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Internet (WLAN)

Der Gast kriegt an der Rezeption einen Zettel mit den Zugangsdaten (Passwort, Benutzername). Wir machen alles richtig, doch die Verbindung funktioniert nicht. Die Rezeption (Nummer 100) gibt uns neue Daten. Ein Einzelfall? Oder ist das Netz im Hotel zu schwach oder nicht stabil? Müsste man dringend überprüfen, denn WLAN im Hotel ist für die meisten Gäste eine existenzielle Frage.

Ristorante Bellini Die Familie Pedrazzetti hat ihre Wurzeln im Tessin, in Giubiasco. Deshalb setzen die Gastgeber im Ristorante Bellini (Ticinese) ganz auf Spezialitäten und Weine aus dem Südkanton und dem nördlichen Italien (Lombardei). Kunstvolle Fotografien (schwarz-weiss), realisiert von Franca Pedrazzetti, dokumentieren das Tessin so, wie es die Werbebroschüren von «Schweiz Tourismus» nicht darstellen: Stille Szenen aus dem Centovalli oder Valle Maggia, Salami, Kirchtürme, Brücken, Ziegen, Bauern, Polenta und Rebstöcke – kunstvoll fotografiert, authentisch und lebensnah. Über der BarTheke entdecken wir eine Vitrine, in der Käse und Würste aus dem Tessin lagern – von Produzenten, die man seit vielen Jahren persönlich kennt. Am offenen Kamin fühlt man sich – bei einem Glas Merlot und etwas Salami – wie im kleinen Grotto bei Enzo in Ponte Brolla. Tessin pur. Das «Tüpfchen auf dem i» wäre, wenn 5 I2015


HOTEL-TEST CONTINENTAL-PARK LUZERN

Allergiker-Zimmer.

am offenen Feuer die Polenta im Kupferkessel gerührt würde … Was Alessandro Pedrazzetti in seinem «Bellini» zelebriert, ist kein Grotto-Kitsch. Man sucht hier vergebens nach Tischsets mit Tessiner Motiven oder Mais-Kolben und Salami aus Plastik. Die Küche ist recht authentisch, die Produkte (Fleisch, Würste, Käse usw.) direkt aus dem Tessin. Man setzt zudem auf «Slow Food» und nachhaltige Produktion. Kein Wunder fi ndet man hier auch den «Zincarlin», einen seltenen Kuhfrischkäse aus dem Tessin. Das Trockenfleisch, die Salametti und die Mortadella di fegato stammen von Donato Mattioli aus Lavorgo, der Bergkäse von Adriano Dolfi ni und Carlo Bronner. Pedrazzettis waren auch die ersten Gastronomen in der Deutschschweiz, die auf «Farina Bona» (Maismehl) von Ilario Garbani aus Loco setzten. Hervorragend, wie die Pedrazzettis es verstehen, ihr Lokal und ihre persönliche Tessiner Familiengeschichte zu verkaufen. Wer spricht da von Positionierung!

Das Menu Wir entscheiden uns nicht für die «Tessiner Metzgete» mit Leber-Mortadella und Linsen-Gemüse, sondern für eine «Lasagne nach Grossmutterart» (sehr schmackhaft), den Risotto mit sautierten Steinpilzen (dürfte etwas sämiger sein). Doch der Reis ist geschmacklich hervorragend und liegt im Teller wie eine Suppe (Othmar Schlegel vom Castello del Sole in Ascona lässt grüssen!). Die Gnocchi an Salbei sind in der Konsistenz perfekt, der Salbei dominiert jedoch zu

« HUT AB! DIE FAMILIE PEDRAZZETTI HAT SEIT

DER ÜBERNAHME DER HOTELS ‹CONTINENTAL› (1994) UND ‹PARK› MEHR ALS 10 MILLIONEN FRANKEN IN IHR HAUS INVESTIERT.

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Lobby für Kaffeepausen und Power Nap.

Tische mit Tessin-Fotos im Ristorante Bellini. 5 I2015

stark. Wer Salbei liebt, ist glücklich. Zum Hauptgang geniessen wir ein perfekt gegrilltes Rindshohrückensteak an einer Balsamico-Sauce. Dazu eine Tessiner Polenta, die leider etwas zu wenig körnig, dafür zu buttrig schmeckt. Die Seezunge vom Grill ist ein Gedicht (der Fisch von bester Qualität), doch etwas zu salzig. Wir empfehlen der Küche, generell etwas weniger Salz zu verwenden. Apropos Küche: Der Chef besucht uns später am Tisch, er ist erst seit gut drei Monaten im «Bellini», stammt ursprünglich aus Ägypten und hat zuletzt im «Flora» in Luzern gekocht. Ein hervorragender Koch, der sich – so unser erster Eindruck – sehr gut in die Küche des Tessins versetzen kann. Weiter so! Wir freuen uns schon auf den Zincarlin, den Kuhmilchkäse aus dem Valle Maggia. Diese Rarität wird zwei Monate im Naturkeller gelagert und mit Pfeffer gewürzt. Das spezielle Aroma erhält der Käse durch regelmässiges Waschen mit Weisswein. Leider ist der Käse ausgegangen, die nächste Lieferung (60 Kilo) ist für Montagmorgen angesagt. Der ❯

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« WARUM NICHT EIN ‹TESSINER FRÜHSTÜCKSBUFFET›, AUF DEM DIE SPEZIALITÄTEN DES TESSINS WIRKUNGSVOLL INSZENIERT WERDEN?

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tene Merlots aus dem Südkanton führt? Raritäten und Spezialitäten von Stucki, Huber, Tamborini, Zündel oder Klausener? Und da empfiehlt der gute Restaurantleiter dem Gast einen italienischen Rotwein aus dem Trentino … Nichts gegen den Italiener, ein hervorragender und sogar mit drei Gläsern (Gambero Rosso) prämiernd ter Wein. ge rra gut o Der Restaurantleiter, dies rv hr ut He Se G zu seiner Verteidigung, macht ✓ einen Super-Job, wenn es um Website: ✓ Service und Präsenz am Tisch Reservierung: ✓ geht, aber in der Welt der Weine Check-in: ✓ müsste sich der nette Mann Zimmer: ✓ etwas weiterbilden – und vor Bad: ✓ allem, lieber «Herr Ober»: Ver- Gastronomie: ✓ kaufen Sie das Tessin! Frühstück: ✓ Fazit: Die Weinkarte im Ris- Mitarbeiter/Freundlichkeit: ✓ torante «Bellini» enthält viele House Keeping: ✓ Trouvaillen aus dem Tessin und Gastgeber (Management): ✓ Italien, darunter Raritäten und Check-out: Gewächse, die man selbst im ✓ Tessin nicht in jedem Ristorante GESAMTEINDRUCK: fi ndet. Doch auf Delea & Co. könnte man gut verzichten – zugunsten von Tessiner Kleinproduzenten, die heute Top-Weine herstellen und preislich erst noch attraktiv sind. Warum uns der Restaurantleiter nicht in den Keller des Hauses, in die stimmungsvolle Cantina, führt und dort eine kurze Wein-Degustation inszeniert, wissen wir nicht. Unser Tipp: Führen Sie Gäste mit einer Affi nität zum Wein in jedem Fall in den Keller! Zeigen Sie den Gästen Ihre verborgenen Schätze, die dort lagern. Schaffen Sie Erlebnisse – nicht nur auf dem Teller.

BEWERTUNG

Langer Tisch im Ristorante Bellini.

«Formaggio dell’alpe Piora» ist eine wunderbare Alternative. Er gilt als der beste Tessiner Bergkäse. – Dass Gastgeber Alessandro Pedrazzetti im «Bellini» auch Pizzen anbietet, können wir nur mit der Vermutung erklären, dass hier wahrscheinlich Touristen aus aller Welt einkehren – und eben eine Pizza essen wollen.

Wein Die Weinpreise sind human kalkuliert. So kostet der Tessiner Kultwein «Sassi Grossi» (2010) gerade mal 81 Franken (in Zürich oder Ascona bezahlt man dafür über 100 Franken). Auch der wunderbare «Comano» (2011) von Tamborini ist für 75 Franken erhältlich. Und der «San Zeno Costamagna» (2011) liegt bei 95 Franken. Warum man hier Weine von Grossproduzenten wie Delea führt, ist uns ein Rätsel. Es gibt im Tessin mindestens hundert Alternativen. Der Kellner empfiehlt uns drei Rotweine: den «Carato Riserva» von Delea, einen «Monte Carasso Barrique» (2011) und den «San Leonardo Vallagarina» (2004) aus dem Trentino. Wir fragen den Restaurantleiter, welchen Wein er bevorzugen würde. Seine Antwort: «Den San Leonardo aus Italien.» Auf die Zusatzfrage, warum dieser Wein denn so empfehlenswert sei, meint er: «Er ist sehr fruchtig und aus dem Barrique.» Ein Wein aus Italien in einem Tessiner Ristorante, das hervorragende und auch sel-

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Frühstück Das Buffet bietet alles, was man morgens so begehrt: Früchte und Beeren, diverse Brote und Marmeladen, Aufschnitt, Wurst, kleine Kuchenstücke, Käse, Joghurts und ein sehr gutes Birchermüesli. Leider dominieren die verpackten Convenience-Produkte etwas zu stark, und der Orangensaft ist ein Industrieprodukt. Apropos Saft: Für Hotels, die nicht selber Orangen beschaffen und pressen wollen, aber Wert auf Frische und Hygiene legen, gibt es eine gute Alternative. Sie heisst «Zamba». Dabei handelt es sich um frische Fruchtsäfte, die ohne Zusätze und ohne Pasteurisierung auskommen. Der Frühstücksservice läuft übrigens tadellos ab, ist speditiv, sympathisch und äusserst aufmerksam. Eierspeisen werden frisch in der Küche zubereitet, die Fleisch- und Käseplatten laufend aufgefüllt, die Kaffeequalität ist top – vor allem der servierte Espresso (Chicco d’Oro) schmeckt nach Italien pur, kommt aber aus dem 5 I2015


HOTEL-TEST CONTINENTAL-PARK LUZERN

WAS SAGT DER HOTELIER ? Ticino. Apropos Ticino: Die Familie Pedrazzetti setzt in der Gastronomie zu hundert Prozent auf den Süden der Schweiz. Warum tut sie das nicht auch beim Frühstück? Warum nicht ein «Tessiner Frühstücksbuffet», auf dem die Spezialitäten des Tessins wirkungsvoll «inszeniert» werden?

Check-out Die Dame von der Rezeption entschuldigt sich nachträglich für das «hektische und etwas chaotische» Check-in. Was ist passiert? Wir checkten am Vortag um etwa 13 Uhr ein. Genau zu diesem Zeitpunkt ging im Hotel der Feueralarm los. Es war ein Fehlalarm. Und dieser führte im ganzen Haus zu einer gewissen Hektik. Nun, die Kontrollrechnung ist in Ordnung, das Gepäck steht in der Lobby, die Rezeptionistin verabschiedet sich freundlich und lächelnd. Der übliche Checkout-Prozess.

Fazit Hut ab! Die Familie Pedrazzetti hat seit 2001 mehr als 10 Millionen Franken in ihr Hotel Continental-Park investiert. Kein Zimmer ist älter als fünf Jahre! Auch das Ristorante «Bellini» wurde mehrfach saniert und erneuert. Die Petrazzettis haben sich dabei alles andere als verschuldet. Sie tätigen ihre Investitionen aus eigenen Mitteln (Cashflow). Hotelier Alessandro Pedrazzetti, der das Haus seit 2011 operativ führt, schafft den Spagat zwischen den Segmenten Business, Tagungen/Seminare (MICE) und Leisure hervorragend. In der Gastronomie setzt man auf die Wurzeln im Tessin. «Wir verkaufen das Tessin», steht in einer Hotel-Broschüre. Gut so! Das Ristorante «Bellini» ist dank dieser Positionierung einzigartig in Luzern. Wer Ticino-Feeling haben will, geht ins «Bellini» – und kriegt dort hervorragende Produkte aus dem Südkanton. Käse wie den Zincarlin, Wurst und Salami aus Lavorgo, Panettone vom Bäcker Pellanda aus Intragna. Vielleicht könnte man die «Welt des Tessins» im ganzen Hause noch etwas aktiver inszenieren. Warum nicht Tessin-Motive in den Zimmern statt der etwas kuriosen Wanddekorationen? Warum nicht «Tessiner Abende» mit Tessiner Musik im «Bellini»? Das «Haus der Tessiner in Luzern» – so in etwa könnte der USP lauten. Alessandro Pedrazzetti, der junge, sympathische Gastgeber, ist jedenfalls auf dem richtigen Weg. Er ist laufend damit beschäftigt, das ihm anvertraute Erbe weiterzuentwickeln. Er ist offen für neue Ideen, er versteht, wie der digitale HotelMarkt funktioniert, setzt auf Revenue Management und neue Verkaufskanäle. Kurz und gut: Das Hotel Continental-Park steht keineswegs im Schatten der renommierten Luzerner ViersterneHäuser wie «Montana», «Des Balances», «Hermitage» oder «Wilden Mann». Es ist zwar ein typisches Business- und Seminar-Hotel, strahlt aber trotzdem eine gewisse Individualität aus, sodass sich auch Freizeitgäste hier wohlfühlen. Laut unserer Checkliste und der Momentaufnahme erreicht das «Continental-Park» im Segment Viersterne-Hotellerie das Schlussresultat «sehr gut». H 5 I2015

Kann sich ein Familienunternehmen in der heutigen Welt der Ketten-Hotellerie durchsetzen? Ja, das ist möglich, wenn man sich auf seine Stärken besinnt und sich persönlich einsetzt. Manuela und ich haben uns über den Hotel-Test gefreut, eine Anerkennung für unsere Familienunternehmung und alle Beteiligten. Drei Generationen in 68 Jahren! Im Jahr 2017 feiern wir 70 Jahre Hotel Continental-Park. Es war schon für meine Grosseltern

und meine Eltern essenziell, den erwirtschafteten Erfolg ins Haus und die Mitarbeitenden zu reinvestieren. Im Hotel sprechen wir die Schweizer und die internationale Klientel an. Die Lage neben dem Bahnhof, nur drei Minuten vom KKL entfernt, mitten im Stadtzentrum neben dem «Vögeligärtli»-Park, ist äusserst attraktiv – für Firmen gleichermassen wie für Individualgäste. Den Standort hatten meine Grosseltern und meine Eltern mit Weitsicht gewählt. In der Gastronomie gehen wir mit dem «Bellini» den Weg weiter, den mein Vater Gabriele sehr erfolgreich eingeschlagen hatte, das Tessin und seine Ursprünglichkeit dem Gast näherzubringen. Zurück zu den Wurzeln, ehrlich, bodenständig, ohne Kitsch. Darum darf im Herbst auch das eigens erlegte Wild aus dem Centovalli nicht fehlen. Zugleich schaffen wir den Sprung zwischen Quartier-Restaurant und internationalem Hotel-Gast. Die Teamarbeit zwischen den Generationen und Mitarbeitenden, die täglich neu ihre Professionalität und Herzlichkeit beim Gast einsetzen, sind ein wichtiger Teil des Erfolgs. H Alessandro und Manuela Pedrazzetti, Hoteliers

KLASSIFIZIERUNG: 4 Sterne (nach Hotelleriesuisse) ERÖFFNUNG: 1. Dezember 1994 INHABER: Ruth und Gabriele Pedrazzetti (Immobilie) DIREKTION/HOTELIER: Alessandro Pedrazzetti (Betrieb) MITGLIEDSCHAFTEN: Worldhotels ZIMMER: 92 GRÖSSE ZIMMER: 20 m2 BADEZIMMER: 5 m2 JUNIOR-SUITEN: 35 m2 BETTEN: 170 MITARBEITENDE TOTAL: 60 RESTAURANTS (ANZAHL SITZPLÄTZE) Bellini Ristorante Ticinese (120) Bellini Cantina (10) Bellini Giardino (100) PREISE DURCHSCHNITTLICHER ZIMMERPREIS (DZ): CHF 260.– MINDEST-ZIMMERPREIS: CHF 180.– MAX. ZIMMERPREIS: CHF 360.– GÄSTESTRUKTUR HERKUNFT DER GÄSTE: CH 20 %, Europa 25,4 %, USA-Kanada 9 %, Ozeanien 4,6 %, Asien 37 %, Arabien 4 %

FERIENGÄSTE: 85 % BUSINESSGÄSTE: 15 % SEMINARGÄSTE: 15 % MICE-BEREICH BANKETT- UND SEMINARRÄUME: Im Erdgeschoss total 268 m2, im 1. Stock 190 m2 EIGENE TIEFGARAGE: 26 Einstellplätze BETRIEBSZAHLEN ÜBERNACHTUNGEN PRO JAHR (CA.): 36 200 ZIMMERAUSLASTUNG: 69 % JAHRESUMSATZ: CHF 7,7 Mio. ANTEIL F&B AM GESAMTUMSATZ: 44 % ÖFFNUNGSTAGE: 365 BEHERBERGUNGSMOYENNE: CHF 183.– REVPAR: CHF 124.– WARENRENDITE: 28 % (Warenaufwand Food) www.continental.ch hotel@continental.ch

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AM MARKT NEUE PRODUKTE FRANKE COFFEE SYSTEMS

ZIEFLE KOCH

Alles für den perfekten Kaffee

Eleganz in Schoko und Creme

Die neu entwickelte A600 von Franke Coffee Systems sorgt mit ausgeklügelter Schweizer Technik für individuelle Getränkezubereitung von höchster Qualität. Der intuitiv bedienbare Touchscreen eröffnet neue Dimensionen der Interaktion mit Kunden und Servicepersonal. So steigert die A600 den effizienten Getränkeservice. Die neue A600 ist das Resultat konsequenten Innovationsstrebens von Franke Coffee Systems. In die Entwicklung sind die Bedürfnisse von Gastronomen, Kaffeeröstern und- liebhabern gleichermassen eingeflossen. Der Touchscreen mit kristallklarer Auflösung bietet eine intuitive Menüführung und steigert dadurch den effizienten Getränkeservice. Die Getränkeauswahl lässt sich über den Touchscreen individuell zusammenstellen und ist optimal für den Gastronomiealltag mit grösseren Bestellungen ausgelegt: Das Personal kann im Service-Modus gleichzeitig verschiedene Getränkeaufträge eingeben und die A600 bereitet Getränk für Getränk zu. So wird das Serviceteam entlastet und die Kapazität maximal genutzt. www.a600.franke.com

KEUCO EDITION 400

Badmöbel für Traumbäder

Das neue Zimmerprogramm «Zoho» setzt mit dem Kopfhaupt in edlem Textilleder «Schoko», dem Bett, Wohnschrank und Schreibtisch in «Creme-Weiss» wohnliche und zugleich chic elegante Akzente. Kopfhaupt und Bett sind mit Ambiente-Beleuchtung ausgestattet. Im Zusammenspiel mit dem warm matten Kopfhaupt und den cremeweissen Oberflächen erscheint das Bett in angenehmer, sanfter Leichtigkeit. Der Wohnschrank erfüllt die Anforderungen an praktische Ablage- und Verstaumöglichkeiten mit Kofferbank, Spiegel und Schrankbeleuchtung sowie einer Anrichte in Steharbeitshöhe mit integrierter Minibar, Schublade und Ablage für die Zubereitung von Tee und Kaffee. Weitere Neuheiten und Informationen auf der Homepage unter InnovaZionen oder in der Ausstellung von ZiefleKoch. www.zieflekoch.de

EDITION 400 – das innovative Einrichtungskonzept von KEUCO setzt mit einem hohen Mass an Individualisierung neue Zeichen in der modernen Badgestaltung. Vielfältige Kombinationen von Möbeln und Waschtischen ermöglichen anspruchsvolle, raumbezogene Badgestaltung und Lifestyle im Bad. Dank des modular aufgebauten Konzeptes und der grossen Farb- und Materialvielfalt der EDITION 400 findet persönliche Kreativität maximale Planungsfreiheit. Mit dem vom Design-Büro Tesseraux + Partner entworfenen Badeinrichtungskonzept EDITION 400 lassen sich Badezimmer(t) räume realisieren. Viele verschiedene Ausführungen, Abmessungen und Varianten bei Badmöbeln und Waschtischen sorgen für Badlösungen mit individuellem Anspruch. Lassen Sie sich verzaubern von den ungeahnten Möglichkeiten dieser Badausstattung und tauchen Sie ein in die neuen Welten des Badezimmers! www.keuco.de

EINLADUNG zum Informationsanlass Nachdiplomstudium HF Hotelmanagement Unternehmerseminar hotelleriesuisse hotelleriesuisse freut sich, Sie an einem der Informationsanlässe zum Nachdiplomstudium HF Hotelmanagement zu begrüssen: 19. Mai 2015 Hotel Cascada, Luzern 12. Juni 2015 Hotel Bern, Bern

23. Juli 2015 Hotel Seedamm Plaza, Pfäffikon 27. August 2015 Hotel Storchen, Zürich

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STALDER STALDER’S

LATE CHECK-OUT

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SCHEIDEN TUT WEH?

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ntsprechend der Bauern-Weisheit meines Grossvaters: «Der Apfel fällt vom Baum, wenn er reif ist», ist eine Kündigung und somit der Weggang eines Mitarbeiters vom Betrieb nicht per se etwas Negatives. Schliesslich haben sich beide Parteien beim Vertragsabschluss mit Überzeugung füreinander entschieden und im Anschluss eine intensive gemeinsame Arbeitszeit verlebt. Der Grund für den Weggang mag sehr unterschiedlich sein. Jedoch unabhängig davon, wie diese letzte Phase der Zusammenarbeit verlaufen ist, sollten von beiden Seiten keine «Brücken» abgebrochen werden. Der Kontakt über das Arbeitsverhältnis hinaus ist in den meisten Fällen für den Mitarbeiter wie auch für den Chef wertvoll und wichtig. Beim Mitarbeiter spielt der Ex-Betrieb schon aufgrund künftiger Referenz-Auskünfte eine wichtige Rolle für seine weitere Karriere. Auch wenn es beim Verlassen des Betriebes verständlicherweise nie nur «gute Gefühle» gibt, sollte der Mitarbeiter nie «Türen zuschlagen». Die Branchen-Welt ist klein, und die Chance, einem ehemaligen Chef – oder Kollegen – wieder zu begegnen, ist gross. Der gegenseitige Respekt spiegelt sich entsprechend in der Referenz-Auskunft wieder und unterstützt so den nächsten KarriereSchritt. Ein «No-Go» sind entsprechend bissige Kommentare über den letzten Arbeitgeber während des Vorstellungsgespräches. Für den Betrieb ist jeder Ex-Mitarbeiter ein wertvoller Image-Botschafter und im besten Fall ein wiederkehrender Gast. Was Hotel-Fachschulen mit ihren Alumni-Programmen bewusst pflegen, ist in den allermeisten Hotels ein unbestelltes Feld. Ich persönlich kenne nur einen Betrieb, der den Kontakt mit ehemaligen Mitarbeitern aktiv und mit Erfolg pflegt. So lädt das «Kulm Hotel» in Arosa jedes Jahr alle Ex-Kulmianer zu einer Saison-SchlussParty ein. Bereits im Januar habe ich ein «Save the date»-E-Mail mit Anmelde-Talon sowie Programm für den jährlichen KulmTreff im September erhalten! Letztes Jahr waren über 80 Ehemalige vor Ort und haben ausgelassen die frühere Zusammenarbeit gefeiert. Das Wiedersehen mit den alten Kollegen fördert gleichzeitig das Kennenlernen des aktuellen Teams. Die ausgelassene Stimmung färbt auch positiv auf die anwesenden Gäste ab und unterstreicht die Kultur des Hotels im Umgang mit der Ressource Mensch. Mal abgesehen davon, dass – wenn auch zu Sonderkonditionen – das Hotel kurz vor Saison-Schluss nochmals voll besetzt ist.

Konrad Ledergerber stellt in seinem Buch «Trennungsmanagement» fest, dass das Thema «Trennung» für viele Chefs eher unangenehm ist und so meist rasch und oberflächlich erledigt wird. Jeder Hotelier sollte sich – lange bevor er sich mit den arbeitsrechtlichen Fallstricken befasst – bewusst sein, dass «Trennung» für beide Seiten auch immer eine Chance darstellt. Basis dafür ist ein offenes und persönliches Abschiedsgespräch am letzten Arbeitstag: • Ein Mitarbeiter muss am letzten Arbeitstag «kein Blatt mehr vor den Mund nehmen» und wird auf offene Fragen entsprechend direkte und ehrliche Antworten geben. Informationen, die einerseits mithelfen, mögliche Missstände im Betrieb zu erkennen und Entscheide beider Seiten zu diskutieren und so verständlich(er) zu machen. • «Die offene Türe» birgt für beide Parteien die Chance für künftige Kontakte und ist so Basis für den Alumni-Gedanken. • Eine kleine «Abschiedszeremonie» mit den Team-Kollegen und das symbolische Geschenk am letzten Tag zeigen Anerkennung und erinnern den scheidenden Mitarbeiter noch Jahre später an die gemeinsame Zeit. So trage ich den Chronografen von Blancpain mit der Gravur «Danke für 27 850 wertvolle Stunden; Hans C. Leu 1994» noch heute mit Stolz. Die Uhr erinnert mich an eine lehrreiche und intensive Aufbauzeit im Albergo Giardino in Ascona. • Die Unterstützung durch den Ex-Chef bei der Suche nach der neuen Herausforderung zeigt Grösse und wirkt für beide Seiten motivierend. • Das gegenseitige Aufrechterhalten des beruflichen Netzwerkes – auch auf Plattformen wie Xing und LinkedIn – dient dem Erfahrungsaustausch und fördert Synergien. Der positive Abschluss eines Arbeitsverhältnisses lohnt sich immer, denn der Kontakt über das eigentliche Arbeitsverhältnis hinaus ist für beide Seiten menschlich und berufl ich wertvoll. So möchte ich die Begegnungen mit ehemaligen Chefs nicht missen und freue mich immer wieder, von Ex-Mitarbeitenden angesprochen zu werden. Toll, wenn auch Sie – so wie Altmeister Hans C. Leu – aktiv in das «People-Marketing» investieren, den Abschied von Mitarbeitenden zelebrieren und den Kontakt aktiv aufrechterhalten. H

DER AUTOR Adrian Stalder (53), gelernter Koch und dipl. Hotelier, ist heute einer der erfolgreichsten und innovativsten Berater für Hotellerie und Gastronomie. Er führte in den neunziger Jahren u.a. das Hotel Saratz in Pontresina. Heute entwickelt er in enger Zusammenarbeit mit den Kunden Restaurantkonzepte, wie zum Beispiel jenes des Restaurant Boucherie AuGust im Widder-Hotel Zürich. Er hat auch mitgeholfen, das Konzept für das Guarda Val in Sporz (Lenzerheide) zu entwickeln und umzusetzen (er ist heute noch im Verwaltungsrat des Hotels). adrian@stalderprojects.ch

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VORSCHAU HOTELIER 6 I 2015

impressum

HOTELIER-TALK

Daniel F. Lauber Der Walliser Hotelier Daniel F. Lauber hat in Zermatt ein einzigartiges, eher unkonventionelles Hotel ausgebaut – das «Cervo Mountain Boutique Resort». Im Hotel-Rating von Karl Wild wurde das «Cervo» mit dem Titel «Hotel des Jahres 2014/15» ausgezeichnet. Feststeht: Das «Cervo» ist anders als andere Hotels – ungezwungen, locker, trendig und trotzdem elegant und luxuriös. Was ist das Erfolgsprinzip von Daniel F. Lauber?

INSERENTENVERZEICHNIS 47

Appia Contract GmbH, D-Dietersburg

9

beck konzept ag, Buttisholz

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Concept bei Voglauer, A-Abtenau

39

Digital Media Distribution AG, Kehrsatz

7

Eberl GmbH, A-Mayrhofen

HOTEL-TEST

43

EM Elektro-Material AG, Zürich

«Les Trois Rois», Basel

49

Hotel Media GmbH, Brusio

Es ist eines der ältesten Grandhotels in Europa, liegt direkt am Rhein in Basel und verfügt laut Gault & Millau über die «beste Hotel-Küche der Schweiz» (19 Punkte). Im Hintergrund investierte der Basler Unternehmer Thomas Straumann fast 180 Millionen Franken in die alten Fassaden des Hauses, im Vordergrund führt Hotelier Reto Kocher den Betrieb – mit Erfolg. «Hotelier»-Tester wollten wissen: Ist das «Drei Könige» in Basel wirklich so einzigartig?

2. US 62 5

Hotela, Montreux hotelleriesuisse, Bern Franz Kaldewei GmbH + Co.KG, D-Ahlen

4. US

Oesterreich Wein Marketing GmbH, A-Wien

1

Roland (Switzerland) AG, Itingen

53

Saviva AG, Gossau

53

Schmid Textilrewashing AG, Suhr

39

Stuhl- + Tischfabrik AG, Klingnau

47

TKS GmbH, D-Stadtlohn

9

Unilever Schweiz GmbH,

Im B+L Verlag erscheinen ausserdem: at – aktuelle technik, architektur + technik, idea, Swiss Wedding, traumhaus

Ziefle Koch GmbH, D-Waldachtal

KÜCHENPORTRÄT

Alain Ducasse INSERATESCHLUSS 20. Mai 2015

ERSCHEINUNGSDATUM 11. Juni 2015

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WEMF / SW-Beglaubigung 2014 Total verbreitete Auflage: 7756 Exemplare Davon verkauft: 3903 Exemplare Zertifiziert als Qualitäts-Publikation durch den Verband SCHWEIZER MEDIEN

Thayngen 11

Hotelier 22. Jahrgang, www.hotelier.ch Herausgeberin B+L Verlags AG, Steinwiesenstrasse 3, 8952 Schlieren, Tel. 044 733 39 99, Fax 044 733 39 89, info@blverlag.ch, www.blverlag.ch Verleger Peter Boll Geschäftsleitung Patrick Schmid (CEO), patrick.schmid@blverlag.ch Philipp Bitzer (COO), philipp.bitzer@blverlag.ch Redaktionsleitung Hans R. Amrein, hans.amrein@blverlag.ch Redaktion Nicole Amrein, namrein@nicoleamrein.ch Marianne Kürsteiner, marianne.kuersteiner@blverlag.ch Autoren dieser Ausgabe Patrick Baeriswyl (Reporter), Bruno-Thomas Eltschinger (Weinkolumne), Heinz Sommer (Weinexperte) Anzeigen Antje Jakob, antje.jakob@blverlag.ch Anzeigendisposition Silvia Weiss, silvia.weiss@blverlag.ch Layout Claudia Meier, claudia.meier@blverlag.ch Anzeigenerstellung Miro Peloso, miro.peloso@blverlag.ch Korrektorat Ullrich Noelle, ullrich.noelle@blverlag.ch Fotos Tanya Hasler, tanya.hasler@blverlag.ch, Holger Jacob, holger.jacob@blverlag.ch, Hans R. Amrein Druck AVD GOLDACH AG, Sulzstrasse 10 – 12, 9403 Goldach www.avd.ch Preise Abonnement 1 Jahr (10 Ausgaben): CHF 64.– 2 Jahre (20 Ausgaben): CHF 96.– Ausland, zuzüglich Portokosten Einzelheft: CHF 8.–, zuzüglich Porto

Er hat nicht nur den legendären Paul Bocuse vom Thron gestossen. Vor allem hat er das GourmetBusiness so weit getrieben wie kein Koch vor ihm: Alain Ducasse hat ein Weltreich der Kulinarik erschaffen, in dem die Sonne nicht untergeht. Von Tokio bis New York betreibt er Dutzende Spitzenrestaurants, mehrere Kochschulen, Hotels, eine Schokoladenmanufaktur, einen Verlag. All das sorgt für ein Umsatzvolumen von 120 Millionen Euro mit rund 1400 Beschäftigten. Ein exklusives Porträt.

Alle Rechte vorbehalten. Der Nachdruck von Artikeln ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Redaktion und mit genauer Quellenangabe gestattet. Die mit Verfassernamen bzw. Initialen gezeichneten Veröffentlichungen geben die Auffassung der Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für unaufgefordert eingereichte Manuskripte und Bilder kann keine Haftung übernommen werden. «Hotelier» ist das offizielle Publikationsorgan des SVS (Sommelier-Verband Deutschschweiz) sowie der Schweizerischen Fachschule für Sommeliers und Weinkenner.

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ÖSTERREICH WEIN Wo die Donau in Jahrmillionen eines der schönsten Täler Europas in das Urgestein gegraben hat, wachsen auf steilen Steinterrassen aus den Sorten Grüner Veltliner und Riesling einige der grössten Weissweine der Welt. www.österreichwein.at

WACHAU KOSTBARE KULTUR


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