Architektur+Technik 05 2016

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21 Dossier Grimmwelt Kassel

nimmt Bezug auf das in den Grimmschen Märchen häufig wiederkehrende Wald-Motiv. Auch im Foyer ist – wie in allen Bereichen des Ausstellungshauses mit Ausnahme der Büros und Nebenräume – die Decke geneigt, rechte Winkel sind im gesamten Gebäude die Ausnahme. Sämtliche Böden überzieht ein heller Terrazzo-Boden. In Blickrichtung Süden liegt rechts vom Foyer der Verwaltungstrakt mit den Büros für die Mitarbeiter. Er ist reduziert und klar ausgestattet. Glaswände beziehungsweise Raumteiler fördern die Kommunikation unter den Kollegen. Ein breites Fensterband zieht sich um die Nordwestecke; ein eigener Zugang zum Verwaltungstrakt liegt in der Westfassade. Versetzte Halbetagen

Der spannungsreichste Raum, der «Auftaktraum», liegt links vom Foyer. Er steckt mittig im Gebäude, reicht über vier Ebenen und hat zwei Funktionen. Seine gebäudehohen, strahlend weiss und feinkörnig verputzten Wände werden als Projektionsflächen genutzt und so Teil des Ausstellungsbereichs. Vor allem aber dient er als Verteilerfläche, und spätestens hier erkennt der Besucher die Auswirkungen des terrassierten Baukörpers auf die innere Organisation: Es gibt keine konventionell übereinandergestapelten Stockwerke, sondern versetzte Halbetagen nach dem Split-Level-Prinzip. Der Auftaktraum lässt wegen seiner Höhe Sichtbeziehungen in alle vier öffentlich zugänglichen Ebenen des Ausstellungshauses zu und verknüpft dadurch auch die verschiedenen Inhalte der insgesamt 1600 m² Ausstellungsflächen miteinander. Trotzdem haben diese durch eine klare Zonierung ein Eigenleben, sodass unterschiedliche Themenbereiche aufgebaut wer-

Querschnitt

den konnten. Die kleinen, wie liegende Schiessscharten wirkenden Fenster des Ausstellungsbereichs auf der Ebene –1 lassen nur diffuses Licht ein. Die Ausstellungsflächen auf den Ebenen –1 und –2 beherbergen die dauerhaft eingerichteten Themenbereiche. Die von Holzer Kobler Architekturen und hürlimann + lepp konzipierte Ausstellung ist entlang einzelner Buchstaben und Begriffe aus dem «Deutschen Wörterbuch» der Brüder Grimm organisiert. Wendet man sich von der Ebene 0 mit dem Eingangsbereich nach oben, gelangt man auf die am höchsten gelegene Ebene E1 mit 400 m² für wechselnde Sonderausstellungen, deren Decke mit weissen Lamellen verkleidet ist. Im Gegensatz zu dem fensterlosen Raum ist der benachbarte Bereich für die Museumspädagogik mit einem Panoramafenster ausgestattet – und wiederum dem privilegierten Blick nach Süden. Die Weginszenierung des Auf und Ab durch den gestaffelten Park über die Treppe, weiter über die Terrasse und wieder hinunter setzt sich im Gebäude fort – ganz im Sinne eines Hauses, das mit und nicht nur in seiner Umgebung bestehen will. Und eines Ausstellungshauses, das nicht nur Inhalte vorzeigen, sondern sie spielerisch vermitteln möchte, dabei seine Besucher als Mitmacher begreift und ihnen dazu einen ebenso ästhetischen wie facettenreichen Rahmen bietet. ●

Bautafel

Ausstellungskonzeption hürlimann + lepp, Zürich

Bauherr Stadt Kassel

Projektsteuerung DU Diederichs Projekt-

Architekt kadawittfeldarchitektur GmbH, Aachen (D) Ausstellungsarchitektur Holzer Kobler Architekturen, Zürich

management AG & Co. KG, Wuppertal (D) Bauleitung ATELIER 30 Architekten GmbH, Kassel Bauphysik TOHR Bauphysik GmbH & Co. KG, Bergisch-Gladbach (D)

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