Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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neopolis working papers no 4

urban and regional studies

Migration und Internationalisierung Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung Patricia Jacob Jörg Knieling

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HafenCity Universität Hamburg

Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung


Jacob, Patricia; Knieling, Jörg: Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung / Patricia Jacob, Jörg Knieling. – Hamburg : HafenCity Universität Hamburg, 2010 (neopolis working papers : urban and regional studies; 4) ISBN 978-3-9811688-3-9 neopolis working papers : urban and regional studies / HafenCity-Universität Hamburg <Hamburg>, Department Stadtplanung ISSN 1864-7391

Impressum: neopolis working papers

urban and regional studies HafenCity Universität Hamburg Stadtplanung Winterhuder Weg 29-31 22085 Hamburg

download: www.bluebox-hcu.de Hamburg, 2010 Textlayout and Cover: Annette Buschermöhle Titelfoto: Tobias Preising

Vertrieb: HafenCity Universität Hamburg Department Stadtplanung Kontakt: Christina Blume Tel.: +49 (0)40 428 27-4514 e-mail: stadtplanung@hcu-hamburg.de


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Migration und Internationalisierung Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung Empirische Untersuchung zu Wohn- und Lebensqualität in Hamburg aus Sicht chinesischer und italienischer Migranten

Patricia Jacob, JĂśrg Knieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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Inhalt 1.

Zuwanderung und Internationalisierung – Hintergrund und Fragestellung der Untersuchung

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2. Italienische und chinesische Zuwanderer in Hamburg: Methodik der empirischen Untersuchung

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3. Kurzportraits der untersuchten Einwanderergruppen

9

4. Italienische und chinesische Zuwanderer in Hamburg: Ergebnisse der empirischen Untersuchung 4.1 Ethnische Ökonomie

11

4.2 Einheimische Esskultur

16

4.3 Ethnie als soziales Netzwerk

19

4.4 Wohnpräferenzen und Stadtraum

19

4.5 Leben in Hamburg

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5. Schlussfolgerungen 5.1 Reflexion der Ergebnisse

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5.2 Weiter führende Forschungsfragen

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Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

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Anhänge

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1. Zuwanderung und Internationalisierung – Hintergrund und Fragestellung der Untersuchung Die Globalisierung führt zu einem verstärkten Wettbewerb der Städte und Regionen, der sich auf die Ausprägung der Metropolfunktionen und die Wahrnehmung im internationalen Städtesystem bezieht (Sassen 1996; Friedman 2005; Blotevogel 2005). Zuwanderer sind dabei für die Wettbewerbsfähigkeit auf zweierlei Arten von Bedeutung. Zum einen tragen sie zur internationalen Vernetzung einer Metropolregion bei, zum anderen erhöhen sie die Diversität, die als eine Stellgröße in Bezug auf die Innovationskraft eines Raumes eingeschätzt wird (Florida 2005a). Netzwerke, die Migranten mit ihrem Heimatland verbinden, spielen eine wichtige Rolle bei unternehmerischen Aktivitäten; umgekehrt sorgen Migrationsstöme in die umgekehrte Richtung, d.h. temporäre Migration, wie sie für die hochmobilen Eliten typisch ist, durch die Kenntnis des Landes und die geknüpften Kontakte für eine verstärkte Vernetzung und Bekanntheit der Metropolregion (Grabow, Becker 2008). Wissen, Kreativität und Innovation sind bestimmend für die Lebensfähigkeit hoch spezialisierter Industriestaaten wie Deutschland, die ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber Niedriglohnländern durch komplexe, qualitativ hochwertige Erzeugnisse und ständige Produkt- und Prozessinnovation erhalten. Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Diversität ein wesentlicher Standortfaktor für die sogenannte Creative Class ist, von der diese Innovationen in erster Linie ausgehen (Florida 2002 und 2005b). Darüber hinaus kann ethnische Diversität zu positiven ökonomischen Effekten führen. Zwar erzeugt eine inhomogene Gesellschaft auch Konflikte und erschwert die Kommunikation, Für hochentwickelte, demokratische Staaten, die über ein differenziertes Instrumentarium der Problemlösung ausgebildet haben, ist aber davon auszugehen, dass die Vorteile ethnischer Diversität überwiegen (Alesina, La Ferrara 2005). Bisher ist in Deutschland eine zweigeteilte Sichtweise auf Einwanderung vorherrschend: auf der einen Seite werden hochqualifizierte Arbeitsmigranten beispielsweise mit Green Card-Initiativen umworben, um sie nach Deutschland zu holen; auf der anderen Seite wird die große Gruppe der weniger qualifizierten Migranten, die bereits in Deutschland leben, eher unter einer Problemsicht betrachtet, wenn es um Stadtteile mit hohem Ausländeranteil oder Schwierigkeiten der Integration geht. Verschiedene Argumente stellen diese Aufteilung jedoch in Frage; erstens verfügen viele Migranten der ersten Generation über eine Berufsausbildung aus ihrem Heimatland, müssen aber in Deutschland unqualifizierte Tätigkeiten ausüben, da ihre Qualifikation nicht anerkannt wird und somit ungenutzt bleibt; zweitens tragen niedrig qualifizierte Migranten zu einem ethnischen Umfeld bei, das hochqualifizierte Migranten als Standortfaktor schätzen. Eine ethnische Kolonie einer gewissen Größe bieten ein soziales Netzwerk und eine ethnische Ökonomie, die Produkte aus dem Heimatland und Dienstleistungen in der entsprechenden Sprache anbieten. Beides kann hilfreich für neu Zugereiste sein. Ein Beispiel: Auch wenn die indische Mathematikerin von der Regierung umworben und von den Arbeitskollegen wegen ihrer Fähigkeiten geschätzt wird, zieht es sie eher nach England oder in die USA, wenn kein Gefühl von Aufnahmebereitschaft und Akzeptanz gegenüber Zuwanderern – unabhängig von Aufenthaltsdauer und vermeintlicher Nützlichkeit – gegeben ist. Selbst die USA haben durch die verschärften Sicherheitskontrollen seit den Anschlägen 2001 damit zu kämpfen, dass sie als zunehmend weniger ausländerfreundlich wahrgenommen werden (Florida 2005a: XII ff.).

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Zusammenfassend legt die zunehmende Wichtigkeit von Zuwanderung für Metropolen in einer globalisierten Welt nahe, dass ein Umdenken hin zu einer positiv belegten, aktiven Migrationspolitik sowie zu einer stärkeren Berücksichtigung der Belange, Anforderungen und Potenziale neuer und alter Migranten in der Stadt- und Regionalentwicklungspolitik stattfindet. Unter Migranten werden Bürger mit ausländischer Staatsbürgerschaft, die entweder selbst eingewandert oder Kinder von Zuwanderern sind, verstanden. Zusätzlich gibt es noch Deutsche mit Migrationshintergrund, d.h. Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die eingebürgert wurden oder mindestens ein ausländisches Eltern- oder Großelternteil haben; diese werden im Folgenden jedoch nicht berücksichtigt, da sie zum einen statistisch schwer zu erfassen sind, so dass nur Schätzwerte vorliegen und zum andere davon ausgegangen werden kann, dass die kulturelle Prägung durch den Migrationshintergrund in vielen Fällen eher schwach ist und sich nicht so deutlich in spezifischen Anforderungen äußert. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die vorliegende Studie in einem Ethnien spezifischen Ansatz mit der Sichtweise von in Hamburg lebenden Migranten auf ihre Stadt. Dabei werden neben der Einschätzung der Lebensqualität durch die Migranten zum einen spezifische Ansprüche an Wohnumfeld, Dienstleistungen und Freizeitangebot untersucht und zum anderen wird die Bedeutung von ethnischen Ökonomien und sozialen Netzwerken beleuchtet. Diese Betrachtung verschiedener Bereiche des täglichen Lebens dient dazu, Belange und Anforderungen von Migranten besser berücksichtigen zu können. Unterscheiden sich Stadtwahrnehmung und Wünsche an das Wohnumfeld von der deutschen Bevölkerung? Was ist für Migranten wichtig, um sich in einer Stadt wohlzufühlen? Welche Relevanz hat ein ethnisches Umfeld für sie? Was kann getan werden, um ihre Lebensqualität zu verbessern? Dabei handelt es sich bei den Migranten, die in einer Stadt leben, keineswegs um eine homogene Gruppe. Um dem in einer differenzierten Betrachtung gerecht zu werden, wird hier nach Ethnien als kultureller Hintergrund unterschieden. Zusätzlich werden das Alter und die Wohndauer in Deutschland berücksichtigt. Im Folgenden wird das empirische Datenmaterial aus einer Befragung italienischer und chinesischer Bewohner Hamburgs beschrieben und interpretiert. Im Schlusskapitel wird diskutiert, welche Erkenntnisse sich auf dieser Basis gewinnen lassen und welche Ansatzpunkte sich daraus für die Stadtentwicklungspolitik ergeben.

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2. Italienische und chinesische Zuwanderer in Hamburg: Methodik der empirischen Untersuchung Die empirische Basis für die Studie besteht aus Befragungen, die sowohl eigene qualitative Interviews und Expertengespräche umfassen als auch zwei vorhandene Untersuchungen (Nitschmann 2005; Wang 2005). Es wurden insgesamt 34 Interviews mit in Hamburg lebenden chinesischen oder italienischen Staatsbürgern geführt. Zusätzlich wurden sieben Expertengespräche mit Schlüsselpersonen geführt, sowohl aus den untersuchten Ethnien als auch aus der Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg und der Hamburger Universität (s. Anhang 1). Die Expertengespräche behandelten im Gegensatz zu den übrigen Interviews nicht die persönliche Migrationserfahrung des Befragten, sondern eine Einschätzung der Migrationspolitik sowie der Situation der Italiener und Chinesen in Hamburg. Dieses Material wurde durch statistische Bevölkerungsdaten (Ausländische Bevölkerung in Hamburg nach Stadtteilen, Familienstand und Staatsangehörigkeit) und historische Studien zur Einwanderungsgeschichte in Hamburg (Amenda, 2006a; Italiaander, 1986; Koglin, 2004; Morandi, 2004) sowie durch Recherchen zur Infrastruktur für chinesische und italienische Migranten in Hamburg ergänzt. Kernstück der Studie sind die Interviews mit italienischen und chinesischen Einwanderern in Hamburg. Es handelt sich dabei um eine mündliche Befragung von jeweils ca. 60-90 Minuten – je nach Ausführlichkeit der Antworten – anhand eines teilstandardisierten Fragenbogens (s. Anhang 2 + 3), d.h. mit vorgegebenen Fragen und Reihenfolge, jedoch ohne Antwortvorgaben. Die offenen Fragen erlaubten es dem Befragten, Ansichten und Erfahrungen frei zu artikulieren und ermöglichten so – im Gegensatz zur Hypothesenüberprüfung in einer quantitativen Befragung – eine explorative Vorgehensweise (vgl. u.a. Diekmann, 1995; Hopf, 1995). Durch die Zusammenfassung der Antworten zu Kategorien, die erst während der Auswertung entstanden, konnten die für die Befragten relevanten Aspekte ohne Vorgabe oder Beschränkung eingefangen und gewichtet werden. Repräsentative Anteile an der Gesamtheit der Migranten lassen sich aus der Stichprobe nicht ableiten, wohl aber Tendenzen und Aussagen, die übertragbar sind. Dies wird im Rahmen der Studie als ausreichend angesehen. Um keine Scheingenauigkeit zu erzeugen, wurden quantitative Auswertungen bewusst nicht als Prozentanteil, sondern unter Nennung der absoluten Zahl (x von 20 Interviews) angegeben. Die Interviews wurden – je nach Wunsch der Befragten – in ihrer Muttersprache oder in Deutsch geführt, um sprachliche Barrieren zu vermeiden. Sie wurden durch Muttersprachlerinnen oder zweisprachig aufgewachsene Interviewerinnen durchgeführt und bei der Verschriftlichung ins Deutsche übertragen. Alle Interviews mit chinesischen Befragten wurden auf Chinesisch geführt, neun der Interviews mit italienischen Befragten in Deutsch. Die Kontaktaufnahme mit möglichen Gesprächspersonen erfolgte über verschiedene Anlaufstellen, unter anderem über Kirchengemeinden, Schulen, Vereine, Konsulate und Läden. Bei der Stichprobe wurde mit einer Quotierung bezüglich Geschlecht, Alter, Bildungsstand und Aufenthaltsdauer in Deutschland gearbeitet, um die Grundgesamtheit möglichst umfassend abzubilden. Hierbei wurde sichergestellt, dass alle Merkmalsgruppen erfasst wurden, eine vollständige Übereinstimmung der statistischen Merkmale zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit konnte jedoch nicht erreicht werden (S. Abb. 1). Bei beiden Stichproben sind die Altersgruppe der 18-45-Jährigen sowie weibliche Interviewpartner leicht überrepräsentiert. Personen unter 18 Jahre wurden bei der Befragung nicht einbezogen. Sowohl bei den Italienern als auch bei den Chinesen, die zur Teilnahme bereit waren, handelte es sich zum überwiegenden Teil um Akademiker. Bei der chinesischen Stichprobe reflektiert dies Patricia Jacob, Jörg Knieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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die Grundgesamtheit der in Hamburg lebenden Gruppe. Bei den Italienern ist dies nicht der Fall, vielmehr liegt die Begründung darin, dass bei den Akademikern eine größeren Aufgeschlossenheit gegenüber der eher abstrakten Fragestellung der Untersuchung bestand und sie somit eher für ein Interview zu gewinnen waren. Gerade bei den bildungsfernen italienischen Zuwanderern der ersten Generation wurde dem Anliegen der Untersuchung Misstrauen und Zurückhaltung entgegengebracht. Für diese Gruppe scheint die Form der Befragung ungeeignet zu sein, hier wären gegebenenfalls narrative Interviews besser geeignet, die die Einwanderungsgeschichte der Befragten nachzeichnen. Bei der Kontaktaufnahme mit möglichen Interviewpartnern (Gemeindemitglieder/ Angestellte der Missione Catolica Italiana, Verein Basilicate, Musiker, Besitzer einer italienischen Videothek und verschiedene Gastronomen und Ladenbesitzer) zeigten sich erhebliche Vorbehalte. Das Anliegen der Studie wurde entweder nicht verstanden oder die Anfrage wurde indirekt zurückgewiesen. Das Beantworten von Fragen scheint generell negativ eingeordnet, mit staatlicher Kontrolle in Verbindung gebracht bzw. zumindest als Verunsicherung wahrgenommen zu werden. Die Studie wurde trotz des rein wissenschaftlichen Interesses sehr politisch bewertet. Einzelne der angesprochenen Italiener argumentierten, dass sich nie jemand für sie interessiert hätte und sie nun nach 30 oder 40 Jahren keine Fragen zu ihren Bedürfnissen beantworten wollten; dass sie gut integriert seien und keine Probleme hätten und dass diese persönlichen Einschätzungen niemand etwas angingen (trotz Anonymisierung der Ergebnisse). Das Adressieren als ethnische Gruppe in der Befragung wurde als Abgrenzung und Infragestellung der gelungenen Integration empfunden und löste Abwehrreaktionen aus.

Stichprobe Aufenthaltsdauer in Deutschland

Geschlecht

Alter

Bildung

weniger als 5 Jahre

0-18

männlich

18-45 45-65

mit Hochschulabschluß

5-15 Jahre

weiblich

über 15 Jahre

65 u. älter

ohne Hochschulabschluß

seit Geburt

Befragte mit chinesischer Staatsangehörigkeit Aufenthaltsdauer in Deutschland

Geschlecht

Alter

Bildung

weniger als 5 Jahre

0-18 18-45

männlich

45-65

weiblich

mit Hochschulabschluß

5-15 Jahre

ohne Hochschulabschluß

über 15 Jahre

65 u. älter

seit Geburt

Befragte mit italienischer Staatsangehörigkeit

Grundgesamtheit Geschlecht

Alter

0-18 18-45 45-65

Geschlecht

Alter 0-18 männlich

18-45

männlich

weiblich

45-65

weiblich

65 u. älter

65 u. älter

Chinesische Staatsangehörige in Hamburg (2005)

Italienische Staatsangehörige in Hamburg (2005)

Abbildung 1: Stichprobe der Befragung im Vergleich zur Grundgesamtheit Patricia Jacob, Jörg Knieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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3. Kurzportraits der untersuchten Einwanderergruppen Die Anforderungen an Hamburg als Lebensort aus Sicht von Zuwanderern werden exemplarisch anhand zweier Nationalitäten untersucht, den Italienern und Chinesen. Beide sind in signifikanter Zahl in Hamburg vertreten, unterscheiden sich jedoch in vielerlei Hinsicht, etwa bei der Hauptphase der Einwanderung, der Zusammensetzung der Gruppe in Bezug auf Bildung, Aufenthaltsdauer, Alter und Geschlecht sowie bei der kulturellen Nähe zum Aufnahmeland. Die Italiener in Hamburg sind mit 6.099 Personen (2005) die neunt größte Ausländergruppe, umfassen dabei aber nur 1% der Italiener in Deutschland; die Chinesen sind mit 3.585 (2005) zwar eine kleinere Gruppe, Hamburg ist für sie jedoch nach Berlin der zweitwichtigste deutsche Standort. Die Italiener sind in Hamburg eine der ersten Gastarbeiternationen mit einem Höhepunkt der Zuwanderung in den 1960er Jahren gewesen. Die italienische Migration in Hamburg hat eine lange Tradition, die bis in das 16. Jahrhundert zurückgeht, damals allerdings noch in sehr kleinen Zahlen. Es handelte sich um Arbeitsmigration, die durch Wanderarbeit - sowohl saisonal schwankend, als auch mit dem Ziel der Rückkehr – geprägt war. Heute leben gut 6.000 italienische Staatsbürger in Hamburg bei einer Fluktuation von 300 bis 400 Personen pro Jahr. Bedingt durch die Zuwanderungsgeschichte handelt es sich überwiegend um gering Ausgebildete, in der älteren Generation häufig ohne Schulabschluss. In einem geringen Umfang gibt es in Hamburg aber auch in Italien ausgebildete Akademiker, die in internationalen Unternehmen tätig sind, sowie Studenten. Diese Gruppen sind vor allem bei den Neuzuwanderern anzutreffen. Die Hauptbeschäftigungsbranche ist die Gastronomie: schon um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert gab es erste italienische Eisdielen, Gastwirtschaften und Lebensmittelgeschäfte in Hamburg; in den 1960er Jahren eröffneten ehemalige Gastarbeiter verstärkt Restaurants und Eisdielen, die nun primär auf deutsche Kunden ausgerichtet waren. Die Gruppe ist durch eine überwiegend längere Aufenthaltdauer in Hamburg geprägt: 1997 lebten gut 81% der Italiener länger als zehn Jahre in Hamburg (Morandi 2003: 356). Während in den 1960er Jahren fast ausschließlich junge italienische Männer nach Hamburg kamen, ist die Zusammensetzung der Bevölkerungsgruppe heute ausgeglichener mit 38% Frauen und 10% über 65jährigen (2005). Insgesamt handelt es sich um eine recht heterogene Gruppe, die durch unterschiedliche regionale Herkunft charakterisiert ist und deshalb wenig inneren Zusammenhalt hat. Die Italiener leben in Hamburg räumlich recht verteilt und gelten als gut integriert. Die chinesische Einwanderungsgeschichte nach Hamburg hat einen anderen Verlauf genommen und begann Ende des 19. Jahrhunderts mit chinesischen Seeleuten. Eine größere Zahl von chinesischen Staatsbürgern lebt jedoch erst seit den 1990er Jahren in Hamburg. Die Gruppe der chinesischen Einwanderer wächst noch und ist im Vergleich zu den Italienern durch ein höheres Bildungsniveau, aber eine geringere Aufenthaltsdauer geprägt. In den 1920ern gab es mit 150 permanent dort lebenden Personen ein kleines Chinesenviertel in St. Pauli, das sehr konzentriert war (Amenda 2006b). In den 1950er/60er Jahren eröffneten zunehmend chinesische Restaurants in Deutschland und so auch in Hamburg, seit den 1970er Jahren siedeln sich verstärkt chinesische Unternehmen an. Die Chinesen in Hamburg sind zum überwiegenden Teil Akademiker. Viele von ihnen sind als Geschäftsleute im Bereich Import–Export tätig; daneben gibt es gut 600 chinesische Studenten und die Gastronomie ist ein wichtiger Beschäftigungssektor (Wang 2005). Die Bevölkerungsgruppe ist vom Geschlechterverhältnis ausgeglichen (54% Männer, 46% Frauen), zeichnet sich jedoch durch einen starken Überhang junger Erwerbsfähiger (2005: 71% 18-45 Jährige) aus.

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Anteil der Gesamtbevölkerung Chinesen pro 1.000 EW

Anteil der Gesamtbevölkerung Italiener pro 1.000 EW

Betrachtet man die Verteilung über das Stadtgebiet, so lässt sich bei beiden Volksgruppen eine breite Streuung über fast alle Stadtteile feststellen. Der Segregationsindex, der die Verteilung einer Bevölkerungsgruppe im Bezug auf die Gesamtbevölkerung misst (Maximum 100), ist mit 23,5 bei den Italienern und 31,4 bei den Chinesen bei beiden Untersuchungsgruppen niedrig und weiter abnehmend. Dabei liegt der Anteil an der Gesamtbevölkerung im Stadtteil bei den Italienern maximal bei 1,4% (St. Georg) und bei den Chinesen maximal bei 6,9% (Hammerbrook). Die leichten Konzentrationen, die zu beobachten sind (siehe dunkel eingefärbte Stadtteile in Abb. 2), korrelieren z.T. mit einem insgesamt hohen Ausländeranteil in diesen Stadtteilen, dies ist jedoch nicht ausschließlich der Fall. In den in der Abbildung rot umrandeten Stadtteilen leben über 0,5% Chinesen bzw. Italiener bei einem Ausländeranteil unter 20%. Der durchschnittliche Ausländeranteil in Hamburg liegt bei 14,2% (2006), wobei es erhebliche Unterschiede in den Stadtteilen gibt, die von über 30% bis nahezu 0% reichen. Vereinzelt gibt es Baublöcke mit über 50% ausländischer Bevölkerung. Insgesamt besteht zwar teilweise eine Konzentration einzelner Ethnien auf Straßenzüge und Baublöcke, nicht aber auf Stadtteile. Laut Befragung ist die Wohnsegregation Resultat von „Wohnraumzuweisungen, Barrieren auf dem Wohnungsmarkt, dem sozialen Status oder der Bevorzugung eines bestimmten Wohnumfeldes“ (Neumann 2001: 8), nicht jedoch eine bewusste Entscheidung oder Bevorzugung der Betroffenen. Patricia Jacob, Jörg Knieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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4. Italienische und chinesische Zuwanderer in Hamburg: Ergebnisse der empirischen Untersuchung Die Auswertung des Datenmaterials erfolgt in Form einer Zusammenfassung, Interpretation und Kategorisierung der Antworten. Dabei werden Hypothesen überprüft, die zu Beginn der Untersuchung aufgestellt worden waren, und es werden weiterführende Thesen abgeleitet. Teilweise werden auch quantitative Auswertungsmethoden verwendet in Form der anteilmäßigen Erfassung einzelner - während der Auswertung gebildeter – Antwortkategorien und der Überprüfung von Korrelationen zwischen Antwortkategorie und statistischen Merkmalen, wie Alter und Aufenthaltsdauer in Deutschland.

4.1 Ethnische Ökonomie Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Aufgabenstellung der Studie besteht in der Frage, ob ethnische Ökonomien ein Standortfaktor für Migranten sind, d.h. inwieweit ein Bedarf danach besteht und wie dieser gedeckt wird. Gemeint sind von Personen mit Migrationshintergrund geführte Betriebe, die in einem spezifischen Migrantenmilieu verwurzelt sind, d.h. entweder ethnische Produkte und Dienstleistungen anbieten oder sich vorrangig an Personen derselben Ethnie als Kunden richten. Ein Bedarf nach ethnischen Produkten und Dienstleistungen kann zum einen aus Sprachgründen entstehen, besonders bei qualifizierten Dienstleistungen mit Beratungsbedarf, wie Ärzten und Rechtsanwälten, und zum anderen aus kulturellen Gründen, die mit Geschmack und Gewohnheiten zusammenhängen, etwa bei Lebensmittel, Kleidung, Haarschnitt, oder dem Kontakt zur Heimat durch Zeitungen, Bücher und Filme. Die ethnische Infrastruktur kann als Anlaufstelle für Neuankömmlinge dienen, für die sie neben Vertrautheit und Erleichterung der Erledigungen im Alltag auch Funktionen als Informationsbörse und Kontaktmöglichkeit übernimmt. Im Rahmen der Untersuchung wurde eine Recherche zu vorhandenen ethnischen Angeboten in Hamburg durchgeführt. Die Befragung prüft, in wieweit ethnische Dienstleistungen und Produkte bekannt sind und nachgefragt werden sowie welchen Stellenwert sie für die Migranten haben.

Chinesen Auf Abb.3 sind die wichtigsten chinesischen Einrichtungen und deren Verteilung im Stadtgebiet zu sehen. Dabei zeigt sich eine deutliche Konzentration um den Hauptbahnhof als zentralen, gut erreichbaren Ort. Es überwiegen Restaurants und Lebensmittelgeschäfte, daneben sind zwei Reisebüros, ein Sportverein und zwei Sonntagsschulen zu nennen. Außerdem gibt es chinesische Anwälte und unternehmensbezogene Dienstleister (u.a. Steuerberater und Übersetzer). Beim Thema chinesische Infrastruktur („Welche Dienstleistungen oder Geschäfte von chinesischen Inhabern/ mit chinesischen Produkten gibt es in Hamburg neben Restaurants und Lebensmittelläden: z.B. Kleidungsgeschäft, Buchladen, Videothek, Reisebüro, Bank, Rechtsanwalt, Arzt, Frisör, weitere? Was davon nutzen Sie? Warum/warum nicht? Was hätten Sie sonst noch gerne?“) ergibt sich eine große Diskrepanz zwischen dem, was sich die Befragten wünschen und was sie tatsächlich nutzen. Alle Befragten gehen in chinesische Reisebüros, von denen es in Hamburg zwei in der Nähe des Hauptbahnhofes gibt. Als Begründung wird genannt, dass es hier besonders günstige Angebote für Flüge nach China gibt. Nur eine kleine Zahl nutzt weitere chinesische Dienstleistungen und

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Abbildung 3: Chinesische Infrastruktur in Hamburg

Geschäfte: 3/20 gehen zu einem chinesischen Rechtanwalt und 1/20 zu einem chinesischen Buchladen. Der Buchladen existiert allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr; er wurde nur wenig frequentiert, da er nur wenige aktuelle Bücher anbot. Fast alle vermissen weitere chinesische Dienstleistungen und Geschäfte, nur 2/20 Befragten sind mit dem Angebot vollkommen zufrieden (s. Abb. 4), eine komplett chinesische Infrastruktur wird allerdings ebenso wenig gewünscht. Besonders wichtig sind den Befragten ein chinesischer Arzt und ein Frisör. Neben sprachlichen Barrieren gibt es vor allem kulturelle Gründe in Bezug auf die Behandlung. Viele der Interviewten sagen aus, dass die deutschen Frisöre nicht mit ihren Haaren umgehen können und sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind. Bei der traditionellen chinesischen Medizin gibt es bisher das Problem, dass die Versicherungen nicht die Kosten für alle Behandlungen übernehmen; möglicherweise ändert sich dies in den nächsten Jahren bedingt durch das steigende Interesse deutscher Mediziner und Patienten an der chinesischen Medizin. Kleidung wird zum Teil in China gekauft, die meisten sind jedoch mit dem Angebot in den deutschen Läden zufrieden. Andere Produkte, wie chinesische Bücher, werden von den Befragten bisher entweder von Reisen nach China mitgebracht oder über das Internet bestellt. Als Kriterium für die Wohnstandortwahl innerhalb Hamburgs spielt die chinesische Infrastruktur eine untergeordnete Rolle, wird aber von 3/20 Befragten erwähnt. Ein Interwiewter hebt dabei die Nähe zur chinesischen Sonntagsschule als positiv hervor, zwei weitere vermissen chinesische Dienstleistungen und Geschäfte in ihrem Wohnumfeld. Es handelte sich dabei um eine offen gestellte Frage („Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil besonders? Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil nicht? Was fehlt?“) ohne vorgegebene Antwortmöglichkeiten.

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Gewünschte chinesischen Dienstleistungen 12

Nennungen (von 20)

10 8 6 4 2

la de n

no

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M

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0

Abbildung 4 : Chinesische Befragung: Bedarf nach ethnischer Ökonomie

Italiener Der Gastronomiebereich ist auch bei den Italienern mit einer Vielzahl von Restaurants und Spezialitätengeschäften gut besetzt. In italienischer Sprache gibt es einen Arzt, zahlreiche Rechtsanwälte sowie zwei Schulen mit italienischem Zweig, eine Grundschule und ein Gymnasium. Daneben betreibt der italienische Staat ein Kulturinstitut in Hamburg. Es gibt zwar weitere italienische Gewerbetreibende und Firmen, diese verkaufen jedoch weder ethnische Produkte/Dienstleistungen, noch richten sich an die eigene Ethnie als vorrangige Kundengruppe und zählen somit nicht zur ethnischen Ökonomie. Die Frage „Welche Dienstleistungen oder Geschäfte von italienischen Inhabern mit italienischen Produkten gibt es in Hamburg neben Restaurants und Lebensmittelläden? (z.B.: Bekleidungsgeschäfte, Buchläden, Videothek, Reisbüro, Bank, Rechtsanwälte, Arzt, Friseure, weitere)? Welche nutzen Sie, welche nicht; warum?“ zeigt einen sehr geringen Stellenwert der italienischen Infrastruktur für die Einwanderergruppe. Alle Befragten geben an, dass sie keine spezifischen italienischen Produkte oder Dienstleistungen benötigten, meist unter Begründung guter Deutschkenntnisse. Auffällig war, dass viele der Befragten bei der Aufzählung vorhandener Läden und Dienstleistungen entweder sehr lange überlegen mussten oder angaben, überhaupt keine zu kennen. Diese geringe Bekanntheit der bestehenden Angebote macht einen geringen Bedarf seitens der Migranten deutlich. Zudem wurden oft Unternehmen genannt, die nicht zur ethnischen Ökonomie gehören, wie Deutsche, die italienische Produkte verkaufen, Italiener, die eine Firma ohne italienischen Bezug führen, oder große Firmen in italienischer Hand (z.B. Hansenet). Folgende italienische Läden und Dienstleister waren einzelnen Befragten bekannt: Reisebüro, Frisör, Modegeschäfte, Schuhgeschäft, Videothek, (Änderungs-) Schneiderei, Anwälte (oft mit deutschem Sozius), Arzt (Grieche, der italienisch spricht), Kinovorführungen (beim Verein Contrasto), sizilianischer Keramikladen, Kulturinstitut und Sprachschule. Die Nutzung italienischer Läden und Dienstleister erfolgt vereinzelt (s.Abb 6), oft nicht regelmäßig oder heute nicht mehr.

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Abbildung 5: Italienische Infrastruktur in Hamburg

Als Begründung für den Besuch eines italienischsprachigen Arztes gab ein Befragter an, dass dieser benötigt wurde, als der Vater des Befragten zu Besuch war, der kein Deutsch spricht; ein anderer berichtet, dass er bei einem vorherigen Besuch bei einem deutschen Arzt das Gefühl hatte, nicht richtig behandelt und „als Mensch“ gesehen zu werden, da der Arzt sich zu wenig Zeit für das Patientengespräch nahm und nicht richtig zuhörte, und er deshalb den italienisch-sprachigen Arzt aufgrund des größeren Vertrauens und besseren Arzt-Patienten-Verhältnisses aufsuche. Auf die Frage „Welche Dienstleistungen fehlen Ihnen?“ gibt es überwiegend die Antwort, dass nichts besonderes benötigt werde, einige spezielle Wünsche äußerten sich allerdings doch: Läden mit frischer Pasta, eine Organisation, die italienischsprachige Kinder zusammenführt, aktuelle italienische Bücher und mehr Information über italienische Kulturveranstaltungen. Als Kriterium für die Wohnstandortwahl („Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil besonders? Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil nicht? Was fehlt?“) ist eine ethnische Infrastruktur für die Gruppe der Italiener nicht von Bedeutung. Zwar wird z.T. bedauert, dass die Schulen mit Italienischem Zweig (beide in Lockstedt) nicht nah genug sind, um die Kinder dort hin zu schicken; hierfür wird jedoch kein Umzug in Kauf genommen.

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Welche italienischen Dienstleister und Läden nutzen Sie? 7

Nennungen (von 14)

6 5 4

früher, jetzt nicht mehr

3

wird genutzt

2 1 0 Reisebüro

Videothek

Arzt

Schneiderei

Abbildung 6: Italienische Befragung: Nutzung ethnischer Ökonomie

Fazit Als Fazit zeigt sich deutlich, dass die Italienische Infrastruktur einen sehr geringen Stellenwert für die Italienischen Zuwanderer hat. Für die Mehrheit sind nur Esskultur (Lebensmittelläden und Restaurants) sowie italienische Kultur (über Kulturinstitut, Vereine, Schule) wichtig, dabei handelt es sich für sie allerdings nicht um Anlaufstellen im Alltag. Die vorhandenen Läden und Dienstleister sind z.T. eher zufällig bekannt und werden von den Befragten kaum genutzt. Sie richten sich nicht schwerpunktmäßig an eine ethnische Kundschaft, sondern vor allem an Deutsche. Von den Befragten wurde nicht aktiv danach gesucht und es besteht kein Bedürfnis nach spezifisch italienischen bzw. italienischsprachigen Dienstleistungen und Produkten, zumal viele sehr gute Deutschkenntnisse haben. Die bilinguale Schule wird als sehr positiv eingeschätzt, unter anderem da die Weitergabe der italienischen Sprache, Werte, und Kultur an die Kinder – auch in binationalen Familien – von vielen als wichtig angesehen wird. Allerdings wird diesen Belangen nicht so großes Gewicht beigemessen, dass die Befragten deshalb in den Stadtteil der Schule ziehen oder lange Anfahrtswege für die Kinder in Kauf nehmen würden. Die chinesische Infrastruktur in Hamburg ist ebenso wie die italienische stark durch die Gastronomie geprägt, wobei sich nur ein kleiner Teil an eine chinesische Kundschaft richtet. Anders als bei den Italienern ist jedoch aus sprachlichen und kulturellen Gründen ein erweiterter Bedarf an ergänzenden ethnischen Produkten und Dienstleistungen zu erkennen. Diese Nachfrage wurde auch in einer früheren Befragung dokumentiert (Nitschmann 2005), in der folgende Ergänzungen gewünscht wurden: traditionelle Medizin, Kulturzentrum, chinesischer Buchladen mit Zeitschriften und Zeitungen, chinesischer Frisör, Zentrum für Lebensmittel und Krankenhaus sowie direkte Flugverbindung nach China. Die ökonomische Realisierbarkeit ist jedoch skeptisch einzuschätzen, da die Nachfragergruppe relativ klein und zudem sehr preisbewusst ist. Außerdem deckt sie ihren Bedarf z.T. über regelmäßige Reisen nach China.

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4.2 Einheimische Esskultur Im Themenfeld ethnische Ökonomie wurde im Bereich der Esskultur von der These ausgegangen, dass diese einen besonderen Stellenwert für Migranten einnimmt. Dabei wurde nach dem Einkaufsverhalten, Restaurantbesuchen und der Wichtigkeit ethnischer Küche für die Interviewten gefragt. Während bei der zuerst durchgeführten Befragung chinesischer Staatsangehöriger gezielt nach der Nutzung chinesischer Lebensmittelläden und Restaurants gefragt wurde, wurden die betreffenden Fragen gegenüber den Italienern offener formuliert worden, um gleichzeitig den Stellenwert für die Befragten miterfassen zu können.

Chinesen Die Interviewpersonen wurden befragt, zu welchem Anteil sie asiatisch einkaufen, kochen und ob und wie häufig sie chinesische Restaurants besuchen. Auf die Frage „Wenn Sie Lebensmittel einkaufen, gehen Sie meist in deutsche oder asiatische Supermärkte und Läden?“ antworteten alle Befragten, dass sie regelmäßig im chinesischen Supermarkt einkaufen, allerdings nicht alle Lebensmittel. Vor allem frische Produkte wie Milch, Eier, Fleisch und Brot werden im deutschen Supermarkt gekauft. Nur zwei von 20 Befragten kaufen den überwiegenden Teil ihrer Einkäufe in asiatischen Geschäften, acht von 20 ca. 30-40% und zehn von 20 Personen geben an, dass sie 520% der Lebensmittel in asiatischen Läden kaufen. Alle Befragten stimmen darüber ein, dass man nicht alle gewünschten Lebensmittel in Hamburg kaufen kann (Frage: „Kann man in Hamburg alles an chinesischen Lebensmitteln kaufen, was Sie gerne hätten?“). Dies gilt sowohl für frische und halb verarbeitete Produkte als auch für regionale Spezialitäten. In den asiatischen Lebensmittelläden gibt es vor allem konservierte Produkte. Zum Thema chinesische Restaurants („Wie häufig gehen Sie in einem chinesischen Restaurant essen? In welche chinesischen Restaurants gehen sie gerne? Schmeckt das Essen dort wie in China? Gibt es Restaurants, wo sich viele Chinesen treffen oder sind meistens mehr deutsche Gäste da?“) sagen alle Befragten, dass sie diese besuchen, 8/20 mindestens einmal im Monat, 9/20 nur selten alle paar Monate einmal. Es gibt eine Reihe von Restaurants in Hamburg, in denen original chinesische Küche angeboten wird und die überwiegend von chinesischen Gästen besucht werden, z.B. „Jinmen“, „Golden“, „Rote Sonne“ und „Xiaoxiang“. Allerdings sind die Restaurants erheblich teurer als in China, daher gehen die Chinesen weniger häufig dort hin und kochen meist eher zu Hause, wenn sie sich mit anderen Chinesen treffen. Zwei Befragte geben an, dass sie lieber in deutsche Restaurants gehen und z.B. Steak essen. Die Frage „Kochen und essen Sie chinesisches Essen nur selten, fast immer oder teils teils?“ ergibt, dass alle Interviewten chinesisch essen, die meisten überwiegend: 10/20 geben an, dass sie über 90% chinesisch essen, 5/20 zu 50-80% und 4/20 essen zu 20-40% chinesisch. Dabei lässt sich keine Korrelation zur Aufenthaltsdauer feststellen (der Korrelationskoeffizient zwischen der Aufenthaltsdauer in Deutschland in Jahren und dem Anteil chinesischen Essens in Prozent beträgt 0,05), jedoch zum Alter (der Korrelationskoeffizient 1 zwischen dem Alter in Jahren und dem Anteil chinesischen Essens in Prozent beträgt 0,38), d.h. es lässt sich der statistische Zusammenhang erkennen, dass der Anteil chinesischen Essens tendenziell größer ist, je älter die befragte Person ist, unabhängig davon, wie lange sie bereits in Deutschland lebt. 1 Der Korrelationskoefinzient wird bei statistischen Auswertungen verwendet, um einen Zusammenhang zwischen zwei Variablen zu ermitteln. Tendiert er gegen 0, so besteht kein statistischer Zusammenhang; die Maximalwerte sind 1 bzw. -1. Zu beachten ist allerdings, dass durch das Verfahren nichts über kausale Zusammenhänge ausgesagt wird.

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Italiener Auf die Frage „Wenn Sie Lebensmittel einkaufen, in welche Läden gehen Sie? Warum?“ zählen alle Befragten zunächst deutsche Supermärkte auf, daneben für frisches Obst und Gemüse oft türkische Gemüseläden, den Markt oder die „Biokiste“. Einzelne Zutaten werden meist im Abstand von einigen Wochen in italienischen Lebensmittelläden gekauft, vor allem im Großhandel Andronaco, keiner der Befragten kauft jedoch den Hauptteil seiner Lebensmittel in einem italienischen Geschäft ein. Es fällt auf, dass mehrere Befragte dies erst bei späteren Fragen angeben, bei denen es darum geht, ob sie alle Produkte in Hamburg erhalten oder ob sie italienische Dienstleistungen nutzen. Daraus lässt sich schließen, dass für sie italienische Lebensmittelläden nicht zentral für die tägliche Versorgung sind, sondern dort nur einige besondere Waren als Ergänzung gekauft werden. Als wesentliche Kriterien bei der Wahl des Ladens werden Preisbewusstsein und die Lage im nahen Wohnumfeld bzw. am Weg genannt, während gerade die kleineren italienischen Läden eher zu Feinkost-Preisen anbieten. „Kann man in Hamburg alles an Lebensmitteln kaufen, was Sie gerne hätten?“ beantworten 12/14 Befragten mit ja, die anderen beiden mit kleineren Einschränkungen, der Bedarf kann daher als gedeckt bezeichnet werden. Zwei Befragte sagen, dass italienische Spezialitäten wie bestimmte Wurst (Salsiccia) oder piemontischer Käse zwar zu bekommen, aber vergleichsweise sehr teuer seien. Drei Interviewte merken an, dass das erhältliche Obst und Gemüse z.T. kein ausreichendes Aroma habe, z.B. Tomaten oder Wassermelonen. Desweiteren werden spezielle Waren, wie frische Pasta, Pizza taglio (= vom Blech geschnittene Pizza) oder Turiner Konditoreien, genannt, die nicht verfügbar seien. Einige importieren selbst Produkte aus Italien, wie Zitronen vom familieneigenen Baum, selbstgepresstes Olivenöl, Wein oder Kaffee, teils aus nostalgischen, teils aus Preisgründen. Außerdem merken mehrere Befragte an, dass sich die Einkaufsmöglichkeiten in den letzten 10-20 Jahren deutlich verändert haben. Während viele Zutaten, gerade auch Gemüsearten aus dem Mittelmeerraum, wie Artischocken oder Auberginen, vor einigen Jahrzehnten in Deutschland noch weitgehend unbekannt und gar nicht oder nur zu hohen Preisen zu bekommen waren, findet man sie heute in vielen deutschen Supermärkten, ebenso wie Pesto oder eine große Auswahl an Nudelsorten. Wenn Sie Essen gehen, gehen Sie dann häufig in ein italienisches Restaurant?

Nennungen (von 14)

7 6 5 4 3

Besuch von italienischen Restaurants

2 1 0 garnicht

teils teils

überwiegend it oder Stammlokal

k.A.

Abbildung 7: Italienische Befragung: Nutzung italienischer Restaurants

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Die Frage „Gehen Sie in Restaurants und wenn ja in welche? Warum?“ wird in Hinblick auf den Besuch italienischer Restaurants sehr unterschiedlich beantwortet. 4/14 Befragten gehen überhaupt nicht italienisch essen. Sie begründen dies damit, dass die Gerichte oft anders schmecken als in Italien oder aber beim guten Italiener sehr teuer sind und sie bevorzugen, selbst italienisch zu kochen oder im Urlaub in Italien essen zu gehen. Ein anderer Teil geht dagegen wegen der Atmosphäre und dem schmackhaften Essen sehr gerne in Hamburg italienisch essen, in einem Fall auch in ein familiäres Stammlokal, das als „erweitertes Wohnzimmer“ dient. Daneben werden als beliebte Restaurants andere mediterrane (spanisch, griechisch, portugiesisch: 4/14) und asiatische (chinesisch, indisch, thailändisch, pakistanisch: 4/14) Küchen angegeben. Zwei Befragte bevorzugen ein ausgedehntes Frühstück oder Kaffee und Kuchen nachmittags, was als Vorzüge der deutschen Esskultur angesehen wird. „Ist es für Sie wichtig italienisch zu kochen und zu essen?“ wird einhellig bejaht: alle Befragten essen und kochen regelmäßig italienisch und finden dies wichtig. Hierbei gibt es jedoch Abstufungen: einerseits dass typische italienische Gerichte neben anderen stehen, andererseits dass sich nicht eindeutig sagen lässt, welche Küche es ist. Es wird von den Befragten genannt, dass die italienische Küche Teil ihrer Identität ist; dass ganz bestimmte Geschmacksrichtungen, mit denen man aufgewachsen ist, immer wieder gesucht werden, weil die Gerichte an Heimat und Kindheit erinnern, dass sonst aber ganz andere Gerichte gekocht werden; dass neben Italienischem auch gerne experimentiert und etwas aus anderen Küchen ausprobiert wird; dass auch deutsche Sitten und Gerichte wie das Frühstück oder der Braten übernommen worden sind; dass das gekocht wird, was einem in den Sinn kommt, also keine bestimmten Gerichte, aber durchaus schon italienisch geprägt; dass sich die Küchen mischen und die Deutschen auch sehr viel mit italienischem Einfluss kochen.

Fazit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die italienische Esskultur für die Italiener sehr wichtig ist. Auch bei manchen Produkten und Gerichten der Geschmack nicht mit denen in Italien identisch ist oder sie teurer sind, kann der Bedarf sowohl bei italienischen Lebensmitteln als auch bei zubereiteten Gerichten als gedeckt angesehen werden. Es gibt eine Fülle von Restaurants – darunter auch sehr gute und authentische – sowie italienische Lebensmittelläden, vom kleinen Feinkostladen in vielen Stadtteilen bis zum Großmarkt mit umfassendem Angebot. Hinzu kommt eine Vielzahl von italienischen Produkten und mediterranen Gemüsesorten in deutschen Supermärkten; durch dieses „Mainstreaming“ der italienischen Esskultur in Deutschland können viele der benötigten Zutaten für italienische Gerichte günstig und in der Nähe eingekauft werden. Auch für die Gruppe der Chinesen in Hamburg scheint einheimisches Essen ein wichtiger Aspekt des Erhalts der eigenen Kultur zu sein. Im Alltag ist der Anteil der chinesischen Küche bei den täglichen Mahlzeiten, Einkäufen und Restaurantbesuchen noch deutlicher vertreten, gerade bei älteren Personen. Zwar gibt es ausreichend Restaurants mit authentischer Küche, der Import und Verkauf von chinesischen Produkten und Spezialitäten ist allerdings noch ausbaufähig, da es bisher vor allem Fertig- und Trockenprodukte gibt.

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4.3 Ethnie als soziales Netzwerk Pflegen die Befragten engen Kontakt zu Menschen derselben Herkunft und hat dies eine wichtige Funktion für sie? Aus stadtplanerischer Sicht ist besonders interessant, ob die Nähe zu Angehörigen derselben Ethnie die Wohnstandortwahl beeinflusst, d.h. ob eine gewollte Segregation stattfindet. Zudem wurde nach Treffpunkten mit Menschen derselben Ethnie gefragt.

Chinesen Die meisten befragten Chinesen (17 von 20) leben in einer Nachbarschaft, wo es auch andere Chinesen gibt. Allerdings ist dies nur für 5/20 wichtig (Frage „Leben in ihrer Straße/ Block/ Quartier andere Chinesen? Spielt dies eine Rolle für Sie oder nicht?“). Zwei Frauen geben an, dass es für sie wichtig ist, andere Chinesen auf der Straße zu sehen. Zwar pflegen alle Befragten Kontakt zu anderen Chinesen in Hamburg, die Kontakte werden jedoch anders hergestellt und räumliche Nähe zu Menschen aus der ethnischen Gemeinschaft wird z.T. sogar als unangenehm eingeschätzt, da sie mit sozialer Kontrolle verbunden ist. Der überwiegende Teil der Befragten ist intensiv in ein chinesisches Netzwerk eingebunden. Auf die Frage „Haben Sie mehr Kontakt mit Chinesen oder Deutschen?“ antworten 3/20, dass ihr Freundes- und Bekanntenkreis nur in geringem Maße chinesisch ist, bei 3/20 Personen ist er in etwa ausgeglichen und bei 14/20 überwiegend chinesisch, wobei davon vier Befragte angeben, dass sie fast ausschließlich Kontakt zu anderen Chinesen haben. Dabei besteht keine Korrelation zur Aufenthaltsdauer in Deutschland (der Korrelationskoeffizient zwischen der Aufenthaltsdauer in Deutschland in Jahren und dem Anteil Chinesen am Freundes- und Bekanntenkreis in Prozent beträgt -0,05), jedoch ist ein leichter statistischer Zusammenhang zum Alter zu erkennen (der Korrelationskoeffizient zwischen dem Alter in Jahren und dem Anteil Chinesen am Freundes- und Bekanntenkreis in Prozent beträgt 0,45), d.h. junge Chinesen haben mehr Kontakt zu Deutschen. Die Frage „Wie haben Sie ihre chinesischen Bekannten in Hamburg kennengelernt? Gibt es bestimmte Treffpunkte?“ beantworten einige damit, dass sie ihre chinesischen Bekannten über die Arbeit in einer chinesischen Firma kennengelernt haben, daneben sind ein chinesischer Gottesdienst in Altona, bei dem regelmäßig ca. 100 Chinesen anwesend sind, und die Sonntagsschulen Treffpunkte der Ethnie. Die meisten Kontakte entstehen allerdings privat über Bekannte. Für Treffen innerhalb der Ethnie spielen Vereine kaum eine Rolle. Die meisten der befragten Chinesen treffen sich regelmäßig privat in kleinen Gruppen von drei bis acht Bekannten, entweder Zuhause oder in der Innenstadt (Frage „Haben sie bestimmte Gruppen, mit denen Sie sich treffen? Verein oder…? Wie häufig treffen sie sich? Im Welchen Stadtteil? Wie Größe ist die Gruppe?“).

Italiener Die Frage „Leben in ihrer Straße/ Block/ Quartier andere Italiener? Spielt dies eine Rolle für Sie oder nicht?“ zielt darauf zu erfahren, ob die Befragten engen Kontakt zu anderen Italienern in ihrem Wohnumfeld pflegen, ob diese Kontakte gezielt hergestellt werden oder sogar der Wohnort danach ausgesucht wird. Nur 6/14 Befragte geben an, dass in ihrem Wohnumfeld andere Italiener leben, 8/14 verneinen dies. Die italienischen Nachbarn sind allerdings überwiegend dann ein Teil des sozialen Netzwerks, wenn der Kontakt schon vorher bestand: z.T. handelt es sich um Familienmitglieder oder eine enge Freundin mit italienischem Mann, die im selben Haus wohnen und auch Grund für den Umzug in das Viertel waren; in einem Fall sind die Eltern wegen der Enkelin aus Italien gekommen und in das selbe Viertel gezogen. Nur ein Befragter gibt an, dass er den

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Kontakt zu den italienischen Bekannten in der Nachbarschaft angenehm findet, um sich über die Erfahrungen mit dem Leben in Hamburg auszutauschen; zwei weitere pflegen keinen oder nur flüchtigen Kontakt zu den italienischen Nachbarn, da man wenig gemeinsam hat. Von den acht Befragten ohne italienische Nachbarn sind fünf auch nicht daran interessiert, drei würden Kontakt aufnehmen, wenn andere Italiener in der Nähe wohnen würden, eine davon wünscht sich dies für ihre Tochter. Das Vorhandensein einer italienischen Nachbarschaft hatte bei keinem der Befragten einen Einfluss auf die Wohnstandortwahl, die Nähe zu Freunden oder Verwandten jedoch schon. Die Frage „Treffen Sie sich viel mit italienischen Bekannten? Ist dies wichtig für Sie?“ ergab, dass mit Ausnahme von zwei in Deutschland aufgewachsenen Italienerinnen alle Befragten Kontakte zu anderen in Hamburg lebenden Italienern (außerhalb von Verwandten) hatten. Diese machen aber überwiegend nicht den Hauptteil der Freunde und Bekannten aus und mehrere Befragte heben hervor, dass ihnen diese Freunde und Bekannten nicht wegen der Nationalität wichtig sind. Bei denen, die gezielt Kontakt zu anderen Italienern gesucht haben, sind zwei Gründe von Bedeutung, zum einen wegen der Kinder, damit diese Italienisch sprechen, und zum anderen aus Interesse an der Pflege der italienischen Kultur. Ersteres ist v.a. für Familien mit kleinen Kindern ein Thema, letzteres eher für Ältere oder in einem Fall erst nach einer längeren Aufenthaltszeit in Deutschland. Ein weiteres Motiv, Kontakte zu anderen Migranten – allerdings nicht notwendigerweise Italienern – zu suchen, ist das Teilen von Migrationserfahrungen und dem Leben in der Fremde, das ein Gemeinschaftsgefühl und gegenseitiges Verständnis der Lebenssituation schafft.

Fazit Für die Gruppe der Italiener in Hamburg lässt sich zusammenfassen, dass andere Italiener Teil des sozialen Netzwerks sind und dass dabei die Familie besonders wichtig ist. Allerdings stehen diese Kontakte neben Freund- und Bekanntschaften mit Einheimischen und Zugereisten anderer Nationalität und dominieren die sozialen Kontakte nicht. Zudem werden Kontakte zu anderen Italienern kaum gezielt gesucht, weder über Vereine noch privat. Im Gegensatz zu den Chinesen in Hamburg lassen sich die Italiener nicht als Gruppe verstehen, auch nicht die italienischen Akademiker oder andere Untergruppen. Zwar gibt es Netzwerke und Kontakte unter Italienern, aber kein Zusammengehörigkeitsgefühl als (Volks-) Gruppe. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass viele Familien schon seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland leben und sehr gut integriert sind und dass viele binationale Ehen bestehen, zum anderen damit, dass in Italien selbst die Herkunftsregion als Zusammengehörigkeitsgefühl wichtiger ist als die nationale Zugehörigkeit. Die räumliche Konzentration von Italienern im Wohnumfeld spielt lediglich bei den näheren Verwandten oder engen Freunden eine Rolle, die Kontakte werden über die ganze Stadt verteilt gepflegt. Es werden allerdings multinationale Viertel wie Ottensen im Vergleich zu sehr deutschen Wohnvierteln bevorzugt (siehe unten: Wohnpräferenzen). Für die Chinesen in Hamburg dagegen ist die eigene Ethnie als soziales Netzwerk zum überwiegenden Teil sehr wichtig. Bei vielen der Befragten überwiegen die sozialen Kontakte zu anderen Chinesen. Ein Grund dafür sind die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und China und soziale Normen, so dass von Seiten Angehöriger des eigenen Kulturkreises das Verständnis einfacher gegeben ist. Zum anderen beruhe das soziale Leben in China auf einer stärkeren Verankerung in der Gruppe, die auch in Deutschland weiter gepflegt wird. Dies führt zu einem intensiven Zusammenhalt, hat aber auch eine gewisse Abschottung zur Folge, da über die chinesischen Bekannten in erster Linie Kontakte zu weiteren Chinesen entstehen, zumal die meisten in China Ausgebildeten auch in chinesischen Firmen arbeiten.

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Bezogen auf die räumliche Verteilung in der Stadt fällt auf, dass die Anwesenheit anderer Asiaten im Viertel z.T. zwar durchaus als angenehm und wichtig empfunden wird, die räumliche Konzentration der Wohnstandorte im Sinne einer Chinatown aber nicht gewünscht ist. Dies wird als zu isolierend und auffällig eingeschätzt sowie mit sozialer Kontrolle durch die ethnische Kolonie gleichgesetzt.

4.4 Wohnpräferenzen und Stadtraum Die Wohnstandortwahl wird von verschiedenen Präferenzen bestimmt; neben der Wohnung selbst (Grundriss, Preis, Ausstattung) spielt dabei das Image des Stadtteils und die Infrastruktur im unmittelbaren Wohnumfeld eine Rolle. Was für den Einzelnen dabei besonders wichtig ist oder positiv bewertet wird, hängt mit soziodemographischen Faktoren, etwa der Familienlebensphase, aber auch Bildung und Lebensstil zusammen. Dabei rücken neuerdings auch die Präferenzen und Anforderungen von Menschen mit Migrationshintergrund in den Blickpunkt der Forschung (vgl. u.a. Beck, Perry 2007). Die Fragen der Untersuchung in diesem Themenfeld dienen dazu herauszufinden, inwieweit besondere ethnische Ansprüche an das Wohnumfeld sowie Vorlieben für Eigenschaften von Stadtteilen bestehen und welche Teile der Stadt von den Migranten besonders frequentiert und geschätzt werden.

Chinesen Insgesamt bewerten die chinesischen Interviewpartner ihr Wohnumfeld sehr positiv („Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil besonders? Was gefällt Ihnen nicht? Was fehlt Ihnen?“ und „Was ist Ihnen im Wohnumfeld wichtig?“): 15 von 20 sind mit dem Stadtteil zufrieden, in dem sie Wohnen und nennen nichts Negatives. Viele geben als bevorzugten Stadtteil zum Wohnen den an, in dem sie bereits leben. Folgende Aspekte werden in Bezug auf Positives und Fehlendes in ihrem Stadtteil hervorgehoben: die Verkehrsanbindung als wichtigster Punkt (17/20) sowie eine grüne und ruhige Lage (ruhig 9/20, grün 10/20). Daneben werden Sicherheit und eine chinesische Infrastruktur je drei Mal genannt. Wichtig im unmittelbaren Wohnumfeld sind Erreichbarkeit (17/20), Versorgung (15/20), Grün/Naherholung (13/20) und eine ruhige Lage (8/20). Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil besonders, was nicht? 18 Nennungen (von 20)

16 14 12 10 8 6 4

negativ

2

positiv

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Abbildung 8: Chinesische Befragung: Wohnumfeld Patricia Jacob, Jörg Knieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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Bei den Orten und Stadtteilen, welche die Befragten besonders mögen, spielt Wasser und Grün eine große Rolle (12/20), außerdem Altbauquartiere mit ansprechendem Stadtbild (5/20). Einkaufsund Ausgehmöglichkeiten werden ebenfalls genannt. Besonders beliebt sind die Innenstadt und die Stadtteile nordöstlich der Alster (Uhlenhorst, WInterhude, Alsterdorf). Daneben werden verschiedene weitere Stadtteile genannt, darunter auch zweimal Harburg.

Italiener Gefragt nach den Faktoren, die für die Qualität des Wohnumfeldes bestimmend sind („Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil besonders? Was gefällt Ihnen nicht? Was fehlt Ihnen?“ und „Was ist Ihnen im Wohnumfeld wichtig?“) nehmen bei den italienischen Interviewten gute Einkaufsmöglichkeiten, attraktive Grünflächen für die Naherholung und eine gute verkehrliche Erreichbarkeit oder zentrale Lage Spitzenplätze ein. Während die einen auf ein ruhiges, kinderfreundliches Wohnumfeld wert legen, schätzen andere lebendige, bunte Stadtteile mit viel Straßenleben und einer gemischten Bewohnerschaft. Die Nachbarschaft ist ebenfalls besonders wichtig, hier werden positiv soziale Vielfältigkeit (1/13) sowie große Stabilität und gegenseitiges Interesse durch eine gewachsene Nachbarschaft (1/13) hervorgehoben, als negativ gelten eine sehr deutsche, wenig vielfältige Bevölkerung (2/13) oder gesellschaftlich benachteiligten Bevölkerungsgruppen (2/13). Im Freizeitbereich werden im Wohnumfeld Kulturangebote vermisst (2/13) sowie Spiel- und Sportmöglichkeiten für Kinder (4/13) (z.B. Indoorspielplatz, günstiges Schwimmbad). Was gefällt Ihnen in ihrem Stadtteil besonders, was nicht?

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Nennungen (von 13)

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0

Abbildung 9: Italienische Befragung: Wohnumfeld

Insgesamt besteht eine hohe Zufriedenheit mit dem eigenen Stadtteil, 8/13 Befragten beschreiben ihren Stadtteil als angenehm und ideal oder nennen keine negativen Aspekte. Auf die Frage „Welche Stadtteile und Orte mögen Sie besonders? Warum?“ werden neben Stadteilen mit hoher Wohnqualität als Kriterien vor allem die Flusslage an Elbe und Alster, der Hafen als „Tor zur Welt“, schöne Häuser und Villen, sowie lebendige Stadteile und Orte zum Ausgehen oder Einkaufen genannt. Besonders beliebt sind Altona/ Ottensen, Schanzenviertel/ St. Pauli sowie die Stadtteile rund um die Alster, dagegen ist der Ostteil der Stadt (Wandsbek, Barmbek) eher unbeliebt. Patricia Jacob, Jörg Knieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung

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Fazit Beide Gruppen zeigen eine sehr hohe Zufriedenheit mit ihrem Stadtteil. Dies deckt sich einerseits mit der positiven Bewertung der Lebensqualität in Hamburg insgesamt und lässt andererseits darauf schließen, dass keine Benachteiligung am Wohnungsmarkt besteht, so dass die Befragten Wohnraum finden, der vom Wohnumfeld her ihren persönlichen Präferenzen und Anforderungen entspricht. Bei den bevorzugten Wohnstadtteilen und den wichtigsten Kriterien lassen sich allerdings Unterschiede zwischen den Ethnien feststellen. Die Vorlieben der Italiener decken sich mit insgesamt beliebten Orten: Szene-Stadtteile und Villenviertel werden geschätzt. Dabei wird auch eine gemischte Bewohnerschaft als positives Merkmal hervorgehoben, insbesondere auch kulturell vielfältige Zusammensetzung mit hohem Ausländeranteil (7/13). Dies gilt allerdings nur für kulturell interessante Orte und nicht für alle Ethnien, beispielsweise wird Wilhelmsburg von keinem der Befragten als begehrter Wohn- oder Aufenthaltsort genannt. Die Chinesen schätzen Wasser und Grün sowie schöne Häuser ebenso wie die Italiener. Bei den Präferenzen für bestimmte Wohnlagen spielen pragmatische Faktoren wie Verkehrsanbindung, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sowie Mietpreise eine große Rolle. Daneben fällt auf, dass eine ruhige Umgebung besonders geschätzt wird und immerhin für 3/20 der Befragten das Gefühl der Sicherheit sehr wichtig ist.

4.5 Leben in Hamburg Bei den am Ende des Interviews gestellten Fragen zum Leben in Hamburg geht es darum zu erfahren, wie Hamburg von Zuwanderern wahrgenommen wird: Handelt es sich bereits um eine attraktive, aufnahmefreundliche Stadt? Was fällt im Positiven wie im Negativen auf? Bei den italienischen Interviews wurde zusätzlich erfasst, wovon es abhängt, ob die Migranten längerfristig in Hamburg bleiben; bei den Chinesen wurde nach der Freizeitgestaltung gefragt.

Chinesen Die Fragen „Was unterscheidet deutsche Städte von chinesischen Städten? Was ist ihnen besonders aufgefallen als Sie nach Hamburg kamen? Gibt es etwas, das Sie am Anfang gestört oder verwundert oder Ihnen besonders gefallen hat?“ führen zu einem insgesamt sehr positivem Urteil der Chinesen über die Lebensqualität in Hamburg. Die genannten Aspekte sind bei allen Befragten ähnlich: eine gute Luftqualität, viele Grünflächen und die gute Wohnqualität werden gelobt, da die Stadt im Vergleich zu chinesischen Großstädten nicht sehr dicht bewohnt ist, zudem ein gut geregelter Verkehr. Als Unterschied zwischen China und Deutschland sind für 8/20 der Befragten die Ladenöffnungszeiten am Wochenende erwähnenswert. Während in Deutschland die Läden geschlossen sind, kann man in China an jedem Tag der Woche einkaufen. Direkte Kritik oder Unzufriedenheit werden nicht geäußert. Gefragt nach ihrer Freizeitgestaltung („Wie verbringen sie ihre Freizeit?“) wird deutlich, dass Freizeit für die befragten Chinesen grundsätzlich einen geringeren Stellenwert hat. Während ihrer Zeit in Deutschland stehen die Arbeit und der Geldverdienst für viele im Vor-

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dergrund, sie leben möglichst sparsam und nehmen sich wenig Zeit für Freizeitgestaltung. Fast alle sagen, dass sie ihre freie Zeit vor allem mit Freunden und der Familie verbringen, 10/20 mit chinesischen Freunden, häufig zu Hause oder auch zum Essen gehen bzw. im Café. Als sonstige Aktivitäten werden Sport (6/20), Reisen und Ausflüge um Hamburg (6/20), im Park spazieren gehen (4/20), Museum (2/20) und Kino (1/20) genannt.

Italiener Die Einschätzung Hamburgs durch die Italiener („Was unterscheidet deutsche Städte von italienischen Städten? Was ist ihnen besonders aufgefallen als Sie nach Hamburg kamen? Gibt es etwas, das Sie am Anfang gestört oder verwundert oder Ihnen besonders gefallen hat?“) führt zu vielen kleinen Beobachtungen aus dem Alltagsleben, beispielsweise den öffentlichen Holzliegestühlen an der Alster oder Einbahnstraßen mit wechselnder Fahrtrichtung je nach Tageszeit. Vor allem aber zieht sich als roter Faden durch die Interviews, dass Unterschiede in Mentalität und Lebensart sehr stark wahrgenommen werden. Die (nord-)deutsche Art wird als streng, zurückhaltend, genau und auf Regeln bedacht empfunden, was sich von der spontaneren, lebendigeren und „chaotischeren“ italienischen Lebensart unterscheidet. Diese Unterschiede werden von den meisten ambivalent gesehen. Bezogen auf die deutschen Eigenschaften wird auf der einen Seite positiv hervorgehoben, dass die Verantwortung des Individuums für gemeinsame Dinge gewahrt bleibt, alles gut funktioniert und sehr organisiert ist; dem steht aber ein Mangel an Lockerheit, Freundlichkeit, Entgegenkommen, Lebensfreude sowie eine Zeigefingermentalität gegenüber, die es den Italienern manchmal schwer machen, sich wohl zu fühlen. Diese Mentalitäten spiegeln sich neben dem persönlichen Miteinander auch in vielen Bereichen des städtischen Lebens wider, etwa im Verkehrsverhalten oder der Nutzung der öffentlichen Räume. Als positive Merkmale werden hervorgehoben, dass die Stadt sehr grün ist, außerdem sauber, dass es einen gut funktionierenden öffentlichen Verkehr und viele Radwege gebe und dass man sich sicher fühle, dass der Hafen ein Gefühl des „Tors zur Welt“ vermittele, dass viele Kulturen und Lebensmodelle nebeneinander existieren, dass es schöne Villen und alten Reichtum gibt, die Stadt aber dennoch nicht protzig wirkt. Als Vorzüge italienischer Städte im Vergleich zu deutschen Städten werden zum einen die architektonische Schönheit und Städtebau genannt: italienische Städte sind oft verwinkelter, mit einer Kirche im Zentrum und strahlen durch die alte Bausubstanz Identität und Geschichte aus, während die deutschen Städte oft funktionaler sind. Zum anderen findet in Italien mehr Leben auf der Straße statt durch Straßencafes, eine gemischtere Nutzung der Plätze, viel Kommunikation und einen anderen Lebensrythmus, der zu längerer Lebendigkeit des öffentlichen Raums an den Abenden führt. Eine Befragte beschreibt dagegen den öffentlichen Raum in Hamburg als kommerzialisiert, durch gesichtslose, überall ähnliche Einkaufszonen geprägt und entweder überlaufen oder tot. Als unangenehme Seiten des Lebens in Hamburg werden vor allem Verhaltensweisen etwa im Dienstleistungsbereich (mangelnde Zuvorkommenheit und Kulanz) und im Verkehr (z.B. aggressive Radfahrer, gegenseitige soziale Kontrolle beim Beachten von Regeln, etwa dem Überqueren von Ampeln) genannt, daneben vereinzelte Aussagen, wie Parkplatzprobleme und fehlende Aufzüge in den älteren Wohnhäusern. Dem Bild der weltoffenen Stadt werden auch Beobachtungen zu sozialen Spannungen und einem Mangel an kultureller Bedeutung gegenübergestellt, dass sich die Menschen sehr stark über ihre Stadtteile definieren und es eine deutliche soziale Segregation gebe, die über das Schulsystem gefestigt würde, dass Hamburg für eine Stadt mit so viel Reichtum, die sich als Weltstadt fühlt, zu wenig kulturell aktiv, zu geschäftsfixiert und handelsgeprägt und ein wenig provinziell sei (Beispiel Medien: Hamburg 1, Abendblatt).

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Die Frage „Was ist für Sie wichtig damit Sie sich in Hamburg wohl fühlen und was ist für sie ausschlaggebend, damit Sie hier bleiben?“ zeigt zum einen, dass sich 7/13 der Befragten bereits sehr wohl fühlen und die hohe Lebensqualität schätzen. Zum anderen wird deutlich, dass für die Entscheidung in Hamburg zu bleiben vor allem persönliche Motive bestimmend sind, nicht dagegen in erster Linie die Stadt. Als wichtigste Faktoren, die die Wahl des Lebensortes beeinflussen, werden Familie und Freunde (7/13) sowie berufliche Perspektiven (7/13) benannt. Konkrete Anforderungen werden kaum genannt. Einige Befragte geben an, dass die Stadt für eine positive Entwicklung mehr in Kinder, Bildung und Kultur investieren, auf die eigene Identität, Multikulturalität und Toleranz setzen sowie öffentliche Räume mit mehr Flexibilität in der Nutzung schaffen sollte.

Fazit Insgesamt fällen beide befragte Gruppen ein sehr positives Urteil über Hamburg, das als grün, sauber und mit gut organisiertem Verkehr charakterisiert wird. Die Italiener stoßen sich eher an der norddeutschen Mentalität und wünschen sich mehr Weltoffenheit, Kultur und Lebendigkeit. Es wird aber deutlich, dass die Entscheidung über den zukünftigen Lebensort vor allem von der persönlichen Situation abhängt, insbesondere vom sozialen Netzwerk und den beruflichen Perspektiven in Hamburg. Die Antworten der chinesischen Befragten dokumentieren einerseits ein sehr positives Urteil über Hamburg, anderseits aber auch wenig direkte Kritik und eine eher geringe Anspruchshaltung. Zu bedenken ist, dass viele chinesische Migranten nur temporär in Hamburg sind und hier vor allem auf ihre Arbeit konzentriert sind. Aus dieser Perspektive entstehen geringere Anforderungen an die Stadt als Lebensort.

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5 Schlussfolgerungen 5.1 Auswertung der Ergebnisse Im Folgenden werden die Themenbereiche der Untersuchung anhand von bestätigten oder widerlegten Thesen zusammengefasst und diskutiert. Dabei werden die beiden Untersuchungsgruppen den Bedarf an ethnischer Ökonomien, an Infrastruktur und an sozialen Kontakten sowie in Bezug auf die Wahrnehmung der Stadt miteinander verglichen. „Ethnische Ökonomien sind Treff- und Anlaufpunkt innerhalb einer Ethnie. Das Vorhandensein von ethnischen Produkten und Angeboten in der Heimatsprache wird von Migranten nachgefragt und stellt einen Standortfaktor für sie dar.“ In der Literatur wird der ethnischen Ökonomie eine große Bedeutung für die Zuwanderergruppe zugewiesen: „Ethnische Unternehmen übernehmen insbesondere für neu zugewanderte Landsleute eine zentrale Integrationsfunktion. Sie erleichtern den Neuzugewanderten bei bestehenden Sprachschwierigkeiten das Erledigen und Bewältigen der Anforderungen des Alltags. Sie stellen nicht nur Dienstleistungen in der Herkunftssprache zur Verfügung, sie verkaufen auch Waren, die den Kunden aus den Herkunftsländern bekannt sind, und gewährleisten so das Gefühl der Vertrautheit, repräsentieren ein ’Stück Heimat’. Darüber hinaus sind sie Treffpunkt und Informationsbörse – und damit für die Neuankömmlinge für die Bewältigung des fremden Alltags häufig unentbehrlich“ (Schuleri-Hartje et al. 2005: 86). Dies lässt sich für die Untersuchungsgruppen nur eingeschränkt bestätigen. Insbesondere die Funktion als Kontaktmöglichkeit und Informationsbörse in Bezug auf Arbeitmöglichkeiten, Unterkunft etc. besteht für die Italiener und Chinesen heute nicht mehr, jedenfalls nicht für die besser ausgebildeten Arbeitsmigranten. Sie verfügen über einen freien Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt, über ausreichende Deutsch- oder zumindest Englischkenntnisse und die Fähigkeit, sich zurechtzufinden. Auch für die Kontaktaufnahme mit anderen Landsleuten spielen Restaurants, Läden oder Dienstleister für keinen der Befragten eine entscheidende Rolle; während bei den Italienern ethnische Netzwerke kaum gezielt aufgebaut werden, entstehen diese bei den Chinesen privat, über die Arbeit oder Kirche und Sonntagsschulen. Die Funktion als Kontaktmöglichkeit und Informationsbörse hatten Restaurants und Läden wohl eher in den frühen Phasen der Zuwanderung um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert und in der ersten Gastarbeiterzeit in den 1950er und 60er Jahren (Morandi 2004: 84 und 319 ff.). Ein Beleg, der in der Untersuchung gefunden wurde, ist allerdings eine Videothek, die gleichzeitig eine Art Jobbörse für Stellenangebote v.a. in der Gastronomie ist. Inwieweit die genannten Funktionen im niedrig qualifizierten Bereich oder bei Personen ohne Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung, auch heute noch bestehen, kann auf Grundlage der Untersuchung nicht beurteilt werden. Anders verhält es sich mit der Nutzung ethnischer Ökonomien. Hier gibt es auffällige Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgruppen. Bei den Chinesen besteht ein deutlich artikuliertes Interesse an zusätzlichen chinesischen Dienstleistungen und Produkten, sowohl allgemein als auch im unmittelbaren Wohnumfeld. Dem gegenüber steht allerdings eine relativ kleine Nachfragegruppe, die zudem sehr preisbewusst konsumiert. Gründe für die Nachfrage sind z.T. sprachliche Barrieren, vor allem aber kulturelle Unterschiede und der Kontakt zur Heimat. Dagegen wird von den Italienern bei direkter Nachfrage betont, dass eine ethnische Infrastruktur aufgrund eines hohen Integrationsgrades und guter Deutschkenntnisse nicht benötigt wird. Dennoch gibt

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es eine Reihe von Einrichtungen, die geschätzt und genutzt werden. Dies gilt neben Lebensmittelläden für Angebote, die Kindern die heimische Sprache und Kultur vermitteln, sowie für Kulturveranstaltungen im Allgemeinen. Diese Unterschiede lassen sich erstens durch die größere kulturelle und räumliche Distanz zwischen China und Deutschland erklären, zweitens dadurch, dass es bei den Chinesen ein Gruppengefühl gibt, das die Italiener in Hamburg nicht haben, und drittens durch die im Schnitt längere Aufenthaltsdauer der Italiener in Deutschland. „Die ethnische Esskultur ist wichtig fürs Heimatgefühl, es besteht eine Sehnsucht danach in der Fremde.“ Die Ausgangsthese, dass eine ethnische Esskultur für das Heimatgefühl wichtig ist, kann für beide befragten Ethnien bejaht werden. Dies ist zum einen in der Gewohnheit begründet, d.h. dass bekannte Speisen und die erlernte Zubereitung bevorzugt werden, und zum anderen mit Heimat, dass bestimmte Geschmäcker und Gerichte gesucht werden, mit denen man aufgewachsen ist oder die mit dem Ursprungsland verbunden werden – dies gilt auch für die zweite Generation. Allerdings wird die Esskultur dadurch abgeschwächt, dass sich die Küchen in den vergangenen Jahrzehnten angeglichen haben: Ausländische Einflüsse sind in den letzten Jahrzehnten in die deutsche Küche eingegangen und viele italienische und chinesische Produkte sind mittlerweile im deutschen Einzelhandel erhältlich, sowohl im Bereich der Feinkost als auch im preiswerteren allgemeinen Angebot. Für die Zuwanderer kommt es überwiegend nicht darauf an, ausschließlich italienisch bzw. chinesisch zu essen, sondern ab und an bestimmte authentische Geschmäcker zu erleben. Diese Gerichte werden dann von vielen anstelle eines Restaurantbesuchs selbst zubereitet, zum einen wegen des Preises und zum anderen wegen des Geschmacks. „Segregation als Problem der multi-ethnischen Stadt?“ Für die Stadtentwicklung ist von großer Bedeutung, ob es im Rahmen der Migration zu einer gewollte oder ungewollte Segregation kommt. Eine gewollte räumliche Konzentration kann entstehen, wenn die Mitglieder einer Gruppe bewusst die Nähe zu anderen Mitgliedern dieser Gruppe suchen. Ungewollte Segregation entsteht etwa durch Mechanismen am Wohnungsmarkt (eingeschränkte Information, Zugang nur zu spezifischen Segmenten) und Kettenmigration (Schlichting 2006). Für beide Untersuchungsgruppen der Chinesen und Italiener lässt sich feststellen, dass keine der beiden Formen in deutlicher Ausprägung auftritt. Es gibt eine breite Streuung über die gesamte Stadt und es besteht ein guter Zugang zum Wohnungsmarkt. Die leichten Konzentrationen sind durch historische Entwicklungen und Wohnstandortpräferenzen zu erklären, führen aber auch kleinräumig betrachtet nicht zur Entstehung italienisch oder chinesisch geprägter Orte. Außerdem ist eine räumliche Konzentration von Seiten der Befragten auch nicht erwünscht. Befürchtete Entwicklungen, dass die Integration durch räumliche Abschottung behindert werden könnte, sind somit nicht zu erwarten. „Innerhalb einer ethnische Gruppe besteht ein soziales Netzwerk und Gemeinschaftsgefühl.“ Für das Bild der ethnischen Gemeinschaft, die in sich intensiv vernetzt ist und für den einzelnen Zuwanderer eine tragende Rolle spielt, finden sich nur bei den Chinesen Belege, für die Italiener ist dies in Hamburg jedoch nicht der Fall. Für die Italiener ist die Familie auch über die Kernfamilie hinaus als soziales Netzwerk sehr wichtig. Weitere italienische Freunde und Bekannte sind zwar vorhanden, machen aber nicht den Hauptteil des Bekanntenkreises aus und Kontakte wer-

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den nicht gezielt wegen der Herkunft gesucht. Ein Gemeinschaftsgefühl als Ethnie existiert nicht. Allerdings suchen einige der Befragten in schwierigen Lebenssituationen Kontakt zu anderen Migranten, nicht notwendigerweise Italienern, um die Erfahrungen von Migration und Fremdheit zu teilen. Motive für die gezielte Kontaktaufnahme mit anderen Italienern sind vor allem die Pflege der italienischen Kultur sowie die Vermittlung der Sprache und Kultur an die Kinder durch das Spiel mit anderen italienischen Kindern. Anders verhält es sich dagegen bei den Chinesen, wo Kontakte zu anderen Chinesen häufig den Freundes- und Bekanntenkreis dominieren und die Freizeit zum großen Teil unter Chinesen verbracht wird. Diese starke Verankerung in der eigenen Ethnie ist zum Teil auf die größere Bedeutung der kollektiven Gemeinschaft und gegenseitigen Verantwortung in der chinesischen Kultur im Vergleich zum westlichen Individualismus zurückzuführen. Zum anderen sind die Kontakte zu Deutschen durch Verständigungsschwierigkeiten erschwert, die durch andere soziale Normen und Verhaltensweisen ausgelöst werden, ein oft chinesisch geprägtes Arbeitsumfeld, wo wenig Begegnungsmöglichkeiten mit Deutschen bestehen, und kürzere Aufenthaltszeiten in Deutschland. „Die ethnische Herkunft prägt die Stadtwahrnehmung und Ansprüche an die Stadt als Lebensort.“ Die ethnische Herkunft eines Menschen kann auf zwei verschiedene Arten Einfluss auf seine Wahrnehmung der Stadt und seine Anforderungen an diese als Lebens- und Arbeitsort haben. Zum einen wird die Wahrnehmung durch die Erfahrungen aus der Heimatstadt geprägt, durch unterschiedliche urbane Traditionen und Funktionsweisen der Stadt. Dieser Hintergrund beeinflusst, was besonders auffällt und wie man dieses bewertet. Dabei muss es nicht um den Wunsch nach Ähnlichkeit gehen, sondern gerade Gegensätzliches kann als besonders positiv oder beeindruckend ins Auge fallen. Zum anderen kann die Herkunft zum Wunsch nach besonderen Dienstleistungen oder Produkten führen, wie unter dem Thema ethnische Ökonomien diskutiert. Diese Ausprägungen lassen sich in der Stadtwahrnehmung der Befragten wiederfinden, etwa am Beispiel der Architektur. Während die Chinesen, die an in den letzten Jahrzehnten rasant gewachsene Städte gewöhnt sind, den ästhetischen historischen Gebäudebestand Hamburgs loben, sehen die Italiener vor dem Hintergrund der zahlreichen historisch gewachsenen alten Stadtkerne in Italien die architektonische Gestalt Hamburgs eher als Manko. In Bezug auf die Präferenzen für Stadtteile geht die Tendenz bei den chinesischen Befragten eher in Richtung ruhiger, grüner und sicherer Stadtteile als Wohnorte und der Innenstadt als Einkaufsort, während die Italiener tendenziell lebendige, ethnisch und sozial gemischte Szeneviertel attraktiv finden und auf Kulturangebote besonderen Wert legen.

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5.2 Weiter führende Forschungsfragen Bei dieser Generalisierung der Präferenzen sind allerdings einige Einschränkungen zu beachten. Zum einen sollte die Ethnien bezogene Betrachtung aufgeweitet werden zu einer Differenzierung nach Kulturkreisen, in diesem Fall dem asiatischen und dem mediterranen. Hier wäre als Forschungsfeld eine architekturhistorische Untersuchung mit der Frage weiter führend, inwieweit traditionelle Unterschiede bei Grundrissen sowie der Nutzung und Abtrennung öffentlicher und halböffentlicher Räume heute noch weiter bestehen und für die Bedürfnisse von Migranten eine Rolle spielen oder zu unterschiedlichen Ansprüchen führen. Als zweiter Aspekt spielen für Wohnpräferenzen neben der kulturellen Prägung auch soziodemographische Merkmale wie Familienphase, Alter und Bildung eine wesentliche Rolle. Auf dieser Basis gibt es für die deutsche Bevölkerung eine Typisierung von Nachfragergruppen in Form der sogenannten Sinus-Milieus, die seit kurzem auch für migrantische Haushalte in Deutschland verwendet werden (Beck, Perry 2007). Zwar wird bisher ein Ethnien übergreifender Ansatz verfolgt, allerdings werden nur europäische Migranten (inkl. Russland, Türkei, Balkan) berücksichtigt. Außerdem finden sich in den gebildeten Milieus z.T. bestimmte Herkunftsregionen wieder, wenn auch gepaart mit Migrations- und Integrationserfahrung in der Unterscheidung zwischen Gastarbeitern, Flüchtlingen, Kosmopoliten sowie der 2. und 3. in Deutschland aufgewachsenen Generation. Hier wäre es sinnvoll, als nächsten Schritt vorherrschende Milieus für verschiedene Kulturkreise zu identifizieren. Dabei würde auch deutlich, wo sich starke Differenzierungen nach Kulturkreisen ergeben und wo sich Ethnien übergreifende Milieus finden. Gerade bei den gut ausgebildeten, mobilen und kosmopolitisch orientierten Eliten stellt sich die Frage, ob gemeinsame Anforderungen und Präferenzen in Bezug auf Wohnen und Stadt formulierbar sind. Bei in einer größer angelegten Untersuchung mit verschiedenen Ethnien sollten als Kontroll- oder Vergleichsgrößen auch deutsche Zuwanderer und einheimische Hamburger befragt werden, um Ethnien spezifisches abgrenzen zu können. Einige Beobachtungen und Verhaltensweisen sind sicherlich bei den meisten Neubürgern, auch den Deutschen, festzustellen, beispielsweise die Tendenz, zunächst eher an einen zentralen Wohnort zu ziehen anstelle des Stadtrandes, um das Gefühl zu haben, tatsächlich in Hamburg zu leben.

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1

Stichprobe der Befragung im Vergleich zur Grundgesamtheit

Abbildung 2

Räumliche Verteilung der Chinesen und Italiener in Hamburg

Abbildung 3

Chinesische Infrastruktur in Hamburg

Abbildung 4

Befragung chinesischer Migranten: Bedarf nach ethnischer Ökonomie

Abbildung 5

Italienische Infrastruktur in Hamburg

Abbildung 6

Befragung italienischer Migranten: Nutzung ethnischer Ökonomie

Abbildung 7

Befragung italienischer Migranten: Nutzung italienischer Restaurants

Abbildung 8

Befragung chinesischer Migranten: Wohnumfeld

Abbildung 9

Befragung italienischer Migranten: Wohnumfeld

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Anhang 1 Liste der Expertengespräche Übergreifend Prof. Ursula Neumann, Uni Hamburg, FB Erziehungswissenschaften; ehemalige Ausländerbeauftragte (1999-2002) der Freien und Hansestadt Hamburg, Knieling/Jacob 24.01.06

Zur italienischen Zuwanderung Gianfranco De Luigi, italienischer Generalkonsul in Hamburg, Jacob 28.03.07, 16.00 - 17.00 Uhr Dr. Albrecht Nehls, Rechtsanwalt mit italienisch-sprachiger Beratung und Präsident der Deutsch-Italienischen Wirtschaftsvereinigung, Jacob 11.04.07, 17:00 - 17:30 Uhr

Zur chinesischen Zuwanderung Martin Chan, chinesischer Reisebürobesitzer und Vorstandsmitglied im Chinesischen Verein Gössler/Gutsmann 19.03. 07, 16:30 - 17:30 Uhr Harald Clapham, Hamburger Kulturbehörde, Referatsleiter für internationalen Kulturaustausch, Städtepartnerschaften und Kulturprogramme Gössler/Gutsmann 20.03.07, 10:00- 13:30 Uhr Prof. Dr. Hans Stumpfeldt, Universität Hamburg, Asien-Afrika-Institut, Abteilung Sprache und Kultur Chinas Gössler/Gutsmann 21.03.07, 12:00 - 13:00 Uhr Frau Kou-Vesper, Design Factory Hamburg, zuständig für die Betreuung chinesischer Studenten Gössler/Gutsmann 02.04.07, 14:00 - 15:00 Uhr

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Anhang 2 Interviewleitfaden – Befragung von chinesischen Staatsbürgern, die in Hamburg leben Stadtraum 1. In welchem Stadtteil oder Quartier leben Sie? Was gefällt Ihnen dort besonders? Was gefällt Ihnen nicht? Was fehlt Ihnen? 2. In welchen Teilen von Hamburg kennen Sie sich gut aus? 3. Welche Stadtteile und Orte mögen Sie besonders? Warum? 4. Wo (Quartier/Stadtteil) gehen Sie regelmäßig hin … in ihrer Freizeit … zum Einkaufen … zur Arbeit Und welche Einrichtungen nutzen Sie dort (Cafe, Restaurant, Geschäft, Supermarkt, Museum, Theater, Bibliothek, Sportverein, Park, etc.)?

Wohnsituation 5. Leben in ihrer Straße/ Block/ Quartier andere Chinesen? Spielt dies eine Rolle für Sie oder nicht? 6. Wie lange leben Sie schon in der Wohnung? In dem Stadtteil? Wie finden sie es dort zu wohnen? 7.

Was ist ihnen im Wohnumfeld wichtig? Was erwarten sie noch?

8. Wie haben Sie in China gewohnt: Im ländlichen Raum/ in einer Stadt/ Großstadt mit mehr als einer Millionen Einwohner 9. Gibt es einen bestimmten Stadtteil, in dem Sie gern wohnen wollen? Warum?

Dienstleistung/ ethnische Ökonomie 10. Wenn Sie Lebensmittel einkaufen, gehen Sie meist in deutsche oder asiatische Supermärkte und Läden?

Kann man in Hamburg alles kaufen an chinesischen Produkten, was Sie gerne hätten?

11. Kochen und essen Sie chinesisches Essen nur selten, fast immer oder teils teils? 12. Wie häufig gehen Sie in einem chinesischen Restaurant essen? In welche chinesischen Restaurants gehen sie gerne? Schmeckt das Essen dort wie in China? Gibt es Restaurants, wo sich viele Chinesen treffen oder sind meistens mehr deutsche Gäste da? 13. Welche Dienstleistungen oder Geschäfte von chinesischen Inhabern/ mit chinesischen Produkten gibt es in Hamburg neben Restaurants und Lebensmittelläden:

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Kleidungsgeschäft, Buchladen, Videothek, Reisebüro, Bank, Rechtsanwalt, Arzt, Frisör, weitere? Was davon nutzen Sie? Warum/warum nicht? Was hätten Sie sonst noch gerne?

Soziale Kontakte 14. Haben Sie mehr Kontakt mit Chinesen oder Deutschen? Oder nur mit Chinesen? 15. Haben Sie bestimmte Gruppen, mit denen Sie sich treffen? Verein Oder…? Wie häufig treffen Sie sich? In welchen Stadtteil? Wie groß ist die Gruppe? 16. Gibt es einen Heimatverein? 17. Wie haben Sie ihre chinesischen Bekannten in Hamburg kennengelernt? Gibt es bestimmte Treffpunkte? 18. Mit welcher Sprache sprechen Sie miteinander? Hochchinesisch oder Heimatsprache? Wie ist das zuhause? 19. Wie verbringen Sie ihre Freizeit? 20. Wie feiern Sie chinesische Feste? 21. Sind chinesische Veranstaltungen wichtig für Sie, oder nicht? Gehen Sie gerne hin?

Leben in Hamburg 22. Was unterscheidet deutsche Städte von chinesischen Städten? Was ist Ihnen besonders aufgefallen, als Sie nach Hamburg kamen? Gibt es etwas, das Sie am Anfang gestört oder verwundert oder Ihnen besonders gefallen hat?

Statistische Angaben zur Person Geschlecht Alter Woher kommen sie, welche Region? Wie lange leben Sie schon in Deutschland? Wie lange leben Sie schon in Hamburg? Welchen Beruf haben Sie gelernt? Derzeitige Tätigkeit (Selbständig, Angestellter, Beamter, Rentner, Student, Hausfrau/mann, Arbeitssuchend) und ausgeübter Beruf Heimatsprache Familienstand Haushaltsgröße Einkommen (unter 2000 €/ 2000-4000 €/ über 4000 €)

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Anhang 3 Interviewleitfaden – Befragung von chinesischen Staatsbürgern, die in Hamburg leben A Questinario per l´índagine „Migrazione e urbanistica“ dell´universita HafenCity Hamburg

Quartieri / Stadtraum 1.

In welchem Stadtteil leben Sie?

Was gefällt ihnen dort besonders?

Was gefällt ihnen im Stadtviertel nicht?

Was fehlt ihnen dort?

2. Welche Stadtteile und Orte Hamburgs mögen Sie besonders? Warum? 3. Wo gehen Sie regelmäßig hin:

In der Freizeit?

Für Einkäufe?

Zur Arbeit?

Contesto di residenza / vicinanza Wohnumfeld 4. Leben in ihrem Viertel/ Block/ Straße andere Italiener? Spielt dies eine Rolle für Sie? 5. Wie lange leben Sie schon in dem Stadtteil? 6.

Was ist ihnen im Wohnumfeld wichtig? Was fehlt ihnen?

7. Wo haben Sie in Italien gewohnt? 8. Gibt es einen bestimmten Stadtteil in dem sie gerne wohnen wollen? Warum?

Servizi / Dienstleistungen 9. Wenn Sie Lebensmittel einkaufen, in welche Läden gehen Sie? Warum? 10. Bekommen Sie in Hamburg alles was sie gerne hätten? Was nicht? 11. Gehen Sie in Restaurants und wenn ja in welche? Warum? 12. Ist es für Sie wichtig italienisch zu essen? 13. Welche Dienstleistungen oder Geschäfte von italienischen Inhabern mit italienischen Produkten gibt es in Hamburg neben Restaurants und Lebensmittelläden? (z.B.: Bekleidungsgeschäfte, Buchläden, Videothek, Reisbüro, Bank, Rechtsanwälte, Arzt, Friseure, weitere)? Welche nutzen Sie, welche nicht; warum?

Welche Dienstleistungen fehlen Ihnen?

Was ist Ihnen bei der Nutzung von Dienstleistungen wichtig?

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Contati sociali / Soziale Kontakte 14. Treffen Sie sich viel mit italienischen Bekannten?

Ist dies wichtig für Sie?

Wo gehen Sie hin/ treffen Sie sich?

15. In welcher Sprache kommunizieren Sie? Und zu Hause?

Vivere ad Amburgo / Leben in Hamburg: 16. Was unterscheidet deutsche Städte von italienischen Städten? 17. Was ist ihnen aufgefallen als sie nach Hamburg kamen? 18. Gibt es etwas, dass sie am Anfang gestört, verwundert oder Ihnen besonders gefallen hat? 19. Was ist für Sie wichtig damit Sie sich in Hamburg wohl fühlen und was ist für Sie ausschlaggebend damit Sie hier bleiben?

Dati / Daten: sesso Geschlecht: eta Alter: Da quanto tempo vive in Germania? Wie lange leben sie schon in der BRD? Da quanto tempo vive ad Amburgo? Wie lange leben sie schon in HH? Che mestier/profesione Lei ha imparato? Welchen Beruf haben sie gelernt? Che mestiere o profesione Lei esercita atualmente? Quale è la sua madre lingua ? Welche Muttersprache? Stato civile Familienstand: Con quante persone Lei convive ? Haushaltsgröße? Reddito fisso Einkommen: (unter 2000 €/ 2000-4000 €/ über 4000 €)

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urban and regional studies no 1 Jörg Knieling / Antje Matern Good Governance in European Metropolitan Regions ISBN 978-3-9811688-0-8 2008 no 2 Martin Albrecht Die neue Landesentwicklungsstrategie Brandenburgs Konsequenzen für Wachstumskerne und Schrumpfungsräume ISBN 978-3-9811688-1-5 2008 no 3 Kilian Bizer / Claudia Dappen / Sven Heilmann / Jörg Kieling Nutzungszyklus von Wohnquartieren - Modellentwicklung ISBN 978-3-9811688-2-2 2008 no 4 Patricia Jacob / Jörg Kieling Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung der Stadt- und Regionalentwicklung ISBN 978-3-9811688-3-9 2010


Migration und Internationalisierung. Chance und Herausforderung für die Stadt- und Regionalentwicklung Zuwanderung kann als eine Chance für Metropolregionen aufgefasst werden, wenn sie sich im internationalen Wettbewerb der Standorte behaupten wollen: Sie stärkt die personalen Netzwerke zwischen der Region und anderen Teilen der Welt, erhöht die kulturelle Diversität und trägt dadurch zu sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Innovation bei. Die Stadt- und Regionalentwicklungspolitik sollte sich daher mehr um neue Zuwanderung ebenso wie um die bereits in der Stadtregion lebenden Migrantinnen und Migranten bemühen. Eine Fragestellung diesbezüglich lautet, welche Anforderungen verschiedene Migrantengruppen an eine Stadt als Lebens- und Wohnort haben. Die vorliegende empirische Untersuchung befasst sich mit der Sichtweise von Italienischen und chinesischen Zuwanderinnen und Zuwanderern in Hamburg. .

ISBN: 978-3-9811688-3-9 ISSN: 1864-7391

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