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STADT & REGION / Gesundheit
Blickpunkt KW 26/12
„Russisches Roulette“ in Buxheim Olga Oldenburger kämpft mit pfiffigen Ideen im Buxheimer Gasthof „Adler“ erfolgreich gegen das Wirtshaus-Sterben Von Thomas Michel Ein ganz normaler Mittwoch im Juni. Die Sonnenstrahlen kämpfen an diesem Abend gegen ein paar dunkle Regenwolken, die hinter der Kirche St. Michael auftauchen. Die Bäume tragen ein dichtes Blätterkleid, nur die Kirchturmspitze lugt im Hintergrund hervor. Am Dorfplatz, dem zentralsten Ort in Buxheim, sind Fußgänger unterwegs. Kinder spielen Fußball in einem Vorgarten, Autos fahren langsam vorbei. Ein ideales Umfeld, um den Tag bei einer schönen Brotzeit, vielleicht mit einem Bier ausklingen zu lassen. Der Gasthof Adler ist hierzu perfekt. Doch der Biergarten ist leer. Und auch in der Gaststube sieht es nicht viel besser aus. Lediglich ein Gast hat den Weg in den „Adler“ gefunden. Doch Erwin zählt eigentlich gar nicht. Er ist jeden Tag hier und gehört quasi zum Inventar. Wer den Niedergang der bayerischen Wirtshauskultur für ein Gerücht hält, wer vom „Gasthaus-Sterben“ nichts hören will, der sollte mal den „Adler“ besuchen. Wahrscheinlich würden 99 Prozent aller Wirte hier rigoros hinschmeißen. Einige Vorpächter machten genau das. Ein hoffnungsloser Fall?
Wirtin Olga Oldenburger mit ihrem achtjährigen Sohn Dominik.
ein, die Adler. Die Sportschützen gingen hier ein und aus. „Aber das war mal“, sagt Erwin. Längst haben die Schützen ein eigenes Vereinsheim, genauso wie fast alle größeren Vereine im Ort. „Jetzt kommen die nur noch einmal im Jahr. Zur Weihnachtsfeier“, sagt Oldenburger nachdenklich. Doch dann huscht wieder ein Lächeln über ihr Gesicht: „. . . aber das ist besser als nichts.“ Erwin kennt den „Adler“ inund auswendig. Er wohnt um die Ecke und schaut praktisch jeden Abend vorbei. Erwin hat die Pächter kommen und gehen sehen. Der Vorgänger von Oldenburger hielt es gerade einmal ein halbes Jahr aus. Einst, da war Olga Oldenburger der „Adler“ der Mittelpunkt von Buxheim. „Am Sonntag“, erzählt Mitnichten. Denn Olga Olden- er, „war hier alles gerammelt voll. burger denkt gar nicht daran, auf- Die Leute sind zum Frühschopzuhören. Mit einer Reihe von Spe- pen gekommen, haben Karten zialisierungen und pfiffigen Ideen gespielt, sind in die Kirche geschafft es die 26-Jährige zu (über-) gangen und haben dann im Adler leben. Seit fast genau zwei Jahren wieder Mittag gegessen.“ Wie lang das her ist? „Ach, bebetreibt die gebürtige Russin den „Adler“, eine Traditionsgaststätte stimmt schon 20 Jahre“. Heute im Ortskern von Buxheim. Das macht Oldenburger SonntagHaus hat eine lange Geschichte. Mittag überhaupt nicht mehr auf. Den Namen erhielt es damals „Das lohnt sich einfach nicht. Beüber den örtlichen Schützenver- vor ich da Stunden umsonst drin-
„Die Gäste für sich zu gewinnen, ist schwer. Sie zu verlieren, geht schnell.“
stehe, verbringe ich die Zeit lieber mit meiner Familie.“ Das Essen dürfte am bisweilen recht sparsamen Besuch jedenfalls nicht Schuld sein. Olga Oldenburger bietet im „Adler“ nämlich nicht weniger als drei Küchen an: deutsch, russisch und italienisch. Gekocht wird von der Chefin persönlich. Überhaupt managt die gelernte Hotelfachfrau den kompletten Betrieb in Eigenregie. Mitarbeiter: Fehlanzeige. Unterstützung bekommt die junge Frau durch ihren Mann und ihre beiden Kinder Dominik (8) und Paulina (5). Zwar öffnet Oldenburger den „Adler“ grundsätzlich erst um 17 Uhr (Montag Ruhetag), doch zu tun gibt es auch am Vormittag genug. Wobei wir bei einer der „pfiffigen Ideen“ wären. Wobei: „Eigentlich war es nur ein Zufall“, sagt Oldenburger. Vertretungsweise sollte sie für den örtlichen Kindergarten und die Schule das Mittagessen kochen. Die Mahlzeiten der gebürtigen Russin kamen so gut an, dass sie nun bereits seit vielen Monaten jeden Tag Menüs mit zwei bis drei Gängen für rund 60 Kinder kocht und ausliefert.
Fotos: Thomas Michel
Für Oldenburger ist diese Spezialisierung wichtig, weil sie eine Konstante in der wackeligen Gastronomenbranche darstellt. Auch wenn das bedeutet, dass der Tag für die 26-Jährige um acht Uhr morgens beginnt. Um 17 Uhr öffnet sie dann die Gaststätte. Manchmal ist um zehn Schluss, manchmal aber auch erst um ein Uhr nachts. „Es gab Zeiten, da ha-
Der Gasthof Adler in Buxheim liegt zentral am Dorfplatz.
Tag der offenen Tür im Klinikum
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Feier anlässlich des 30-jährigen Bestehens am 7. Juli mit Horst Seehofer (bp) Das Klinikum Ingolstadt feiert seinen 30. Geburtstag. Am 7. Juli sind alle Mitarbeiter und Interessierten zu einem Tag der offenen Tür und einem Fest im Patientengarten eingeladen, bei dem auch Landesvater Horst Seehofer mitfeiern wird. Denn er kennt das Klinikum auch als Patient mit einer schweren Krankheit sehr gut. Vor rund zehn Jahren war Seehofer selbst Patient im Klinikum, und zwar mit einer fortgeschrittenen Herzmuskelentzündung in einer lebensgefährlichen Situation. Doch das Ärzteteam um Prof. Dr. Conrad Pafferott und die Pflegekräfte des Klinikums konnten dem als Herr „Kowalski“ geführten Patienten schnell helfen. So wird der Ministerpräsident
auch sicher mit guten Erinnerungen ins Klinikum zurückkehren und ab etwa 16 Uhr zur Belegschaft sprechen. Auch der Ingolstädter Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann kommt zum 30. Geburtstag des Ingolstädter Schwerpunktkrankenhauses. Zudem wird Geschäftsführer Heribert Fastenmeier in seiner Festansprache den Blick nicht nur auf die ereignisreiche Vergangenheit seines Hauses, sondern auch in die Zukunft lenken: auf die anstehende Generalsanierung etwa. Denn sie soll die Grundlage sein, dass das Klinikum auch in weiteren 30 Jahren vielleicht noch mehr als heute seinem Motto gerecht wird: „in guten Händen“. Ein Rückblick auf die rasante Entwicklung des Ingolstädter
Krankenhauses in den vergangenen drei Jahrzehnten ist nur eines der vielen Angebote, die sich den Besuchern beim Tag der offenen Tür am 7. Juli im Klinikum bieten. Nach dem Startschuss um 13 Uhr können die Gäste beispielsweise live erleben, wie ein Schwerverletzter in der Notfallklinik des Klinikums im Rahmen des Traumanetzwerkes versorgt wird oder per Videoübertragung eine Operation verfolgen. Auch für die jungen Besucher ist am Tag der offenen Tür allerhand geboten. Beim Teddybärenkrankenhaus des Kinderzentrums im Klinikum, der Kliniken St. Elisabeth in Neuburg sowie des Fördervereins Morgentau Kinder e. V. können Kinder ihre Stofftiere verarzten lassen und
Informationsabend für Patienten, Angehörige und Interessierte
Psychotherapie was ist das? am Donnerstag, 5.7.2012 18.00 Uhr im Konferenzraum (Raum Nr. 2950) des Zentrums für psychische Gesundheit
KLINIKUM INGOLSTADT GmbH Krumenauerstraße 25 • 85049 Ingolstadt Tel.: (08 41) 8 80-0 • info@klinikum-ingolstadt.de www.klinikum-ingolstadt.de
dabei spielerisch den Umgang mit dem „Onkel Doktor“ erlernen. Beim Torwandschießen für Jung und Alt und bei der Tombola gibt es zudem allerhand zu gewinnen.
Neuer Einsatzwagen für Johanniter Feierliche Einweihung am 1. Juli (bp) Am Sonntag, 1. Juli, weihen die Johanniter aus dem Ortsverband Ingolstadt den neuen Einsatzleitwagen der Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung vor den Türen des Klinikums Ingolstadt ein. Ein feierlicher Gottesdienst, unter der Leitung der Standortpfarrerin Petra Kringel, eröffnet die Zeremonie um 18:30 Uhr. Im Anschluss daran erfolgen die Segnung des Fahrzeuges, die Fürbitten sowie eine kurze Rede von Sven Müller, Ortsbeauftragter der Johanniter im Ortsverband Ingolstadt. Auch für Besichtigungen des Einsatzfahrzeugs
sowie für den Austausch mit den ehrenamtlichen Helfern der Johanniter finden sich an diesem Abend Möglichkeiten. Das neue Fahrzeug verfügt über eine besondere Ausstattung, die es der Besatzung ermöglicht zahlreiche Einsatzkräfte bei Katastropheneinsätzen oder Einsätzen mit mehreren Patienten zu koordinieren. Als mobile Leitstelle stellt die Besatzung des Einsatzleitwagens die bestmögliche Versorgung der Patienten sicher. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.johanniter-oberbayern.de
be ich 48 Stunden am Stück gearbeitet“, sagt die zweifache Mutter. Und für den Außenstehenden gewinnt das Wort „Powerfrau“ eine neue Bedeutung. Doch die Mittagsgerichte für Kindergarten und Schule und der normale Gasthof-Betrieb sind längst nicht alles. Der Adler verfügt auch über zehn Fremdenzimmer, die sehr gut angenom-
Feierlich eingeweiht: Der neue Einsatzleitwagen der Johanniter. Foto: Peter Kiehn
men werden. „Ich habe derzeit einen Gast, der ist jetzt genau ein Jahr bei uns“, freut sich Oldenburger. Hauptsächlich Arbeiter, die übergangsweise bei Audi oder wie jüngst beim Bau der Westpark-Erweiterung tätig waren, wohnen über einen längeren Zeitraum bei Oldenburger und essen auch gerne dort. Zum anderen zieht Olga, die nicht nur die russische Sprache, sondern auch die Küche beherrscht, auch viele Landsleute aus dem Großraum Ingolstadt an. Insbesondere größere Feste wie Geburtstage, Hochzeiten und andere Jubiläen werden gerne im 150 Personen fassenden Saal gefeiert. Dazu gibt es dann landestypische Schmankerl wie Borsch (russische Krautsuppe) oder auch Pilemene (mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen). Diese Spezialitäten stehen übrigens auch für jeden anderen Gast auf der Karte. Es muss ja nicht immer Schnitzel sein. Glücklicherweise gibt es noch einige Buxheimer, die dem „Adler“ nach wie vor die Treue halten. Ein Stammtisch zum Beispiel. Der ist mit etwa zehn Mitgliedern zwar nicht besonders groß, kommt aber regelmäßig. Dass aber nicht mehr so viele Gäste wie früher kommen, daran gibt Oldenburger der Politik die Schuld: „Seitdem es das Rauchverbot gibt, bleiben viele Gäste weg.“ Dann wirkt Oldenburger wieder nachdenklich: „Die Gäste für sich zu gewinnen, ist schwer. Sie zu verlieren, geht schnell.“ Wirtschaften, Gasthöfe, Restaurants wie den „Adler“ gibt es überall. Sie kämpfen gegen politische Entscheidungen, eine sich verändernde Gästestruktur und Essgewohnheiten, einen schmalen Geldbeutel, Vorurteile und nicht zuletzt gegen die Konkurrenz. Viele Wirte verlieren diesen Kampf. Olga Oldenburger hat mit dem „Adler“ aber ihren Weg gefunden. Sie arbeitet viel und jammert wenig. Vielleicht bräuchte die Branche mehr Frauen wie Olga Oldenburger. Und mehr Gäste wie Erwin.