PRINZIPIEN
KNAACK | KOE N D E R S
DER
BAU P H YS I K D E R FA S S A D E
KONSTRUKTION
Systeme und ihre Einsatzmöglichkeiten insbesondere
wieder engagiert diskutiert. Lange als monoton abge-
im Wohnungs-, Büro- und Industriebau vor. Die Pro-
stempelt, weisen heutige Bauelemente in Wirklichkeit
zesse und Komponenten im Systembau werden erklärt,
einen hohen Differenzierungsgrad auf, der die Kreati-
und besonders interessante Beispiele werden vorge-
vität der Architekten nachhaltig stützen und verstärken
stellt. Die Autoren stellen Strategien für Planung und
kann. Zahlreiche Bauten arbeiten mit solchen vorge-
Entwurf mit präfabrizierten Systemen vor, damit die-
fertigten Elementen und es sind ästhetisch anspruchs-
se vom Architekten nutzbringend eingesetzt werden
volle Modulsysteme erhältlich.
können. Zahlreiche Zeichnungen erklären die Prinzipien im Systembau; gebaute Beispiele sorgen für den Brückenschlag zur Baupraxis.
PRINZIPIEN DER KONSTRUKTION
Dieses Buch stellt übersichtlich die verschiedenen
dung von vorgefertigten Elementen in der Architektur
BAU P H YS I K D E R FA S S A D E
Seit einigen Jahren wird der Systembau, die Verwen-
ULRICH KNAACK EDDIE KOENDERS (HRSG.)
Bauphysik der Fassade Prinzipien der Konstruktion
ELENA ALEXANDRAKIS DAVID BEWERSDORFF INES HAAKE SASCHA HICKERT CHRISTOPH MANKEL
BIRKHÄUSER BASEL
Inhalt 7 1 Einleitung 7 Warum Bauphysik? 7 Wärme, Feuchte, Luftdichtheit, Schall und Licht 8 Fassadenmaterial und -konstruktion als Speicher und Barriere 9 Gebäudehülle – Grenze zwischen innen und außen
13 2 Wärme 13 Behaglichkeit 13 Wärmetransport 17 Wärmeübergangswiderstand 17 Wärmespeicherfähigkeit 18 Wärmedurchgang durch Bauteile 20 Sommerlicher Wärmeschutz 21 Wärmeschutz am Beispiel von vier Außenwandkonstruktionen 23 Wärmebrücken 24 Zusammenfassung Wärme und typische Wandaufbauten
57 5 Schall 57 Grundlagen 62 Bauakustik 64 Luftschallschutz von Wänden 68 Luftschallschutz am Beispiel von vier Außenwandkonstruktionen 69 Trittschallschutz von Decken 70 Raumakustik 72 Zusammenfassung Schall und typische Wandaufbauten
75 6 Licht 75 Grundlagen 77 Photometrische Größen 83 Tageslicht und Kunstlicht im Vergleich 88 Sonnenschutz und Blendschutz 90 Tageslichtlenkung
93 7 Bauphysik in der Praxis 95 Wärmeschutz 98 Feuchteschutz 100 Luftdichtheit 102 Schallschutz
105 8 Bauphysik und Werkstoffe 27 3 Feuchte 28 Grundlagen 28 Luftfeuchte 29 Beanspruchungen des Gebäudes durch Wasser 34 Hygiene 36 Wassertransport 40 Feuchteschutz am Beispiel von vier Außenwandkonstruktionen 42 Zusammenfassung Feuchte und typische Wandaufbauten
106 Beton 108 Ziegel 110 Stahl 112 Glas 114 Holz 117 Weitere ökologische Baumaterialien
119 9 Bauphysik und Gebäudehülle 119 Anforderungen an die Gebäudehülle 122 Konstruktionstypen der Fassade 128 Potenziale für die Zukunft
45 4 Luftdichtheit 45 Grundlagen 45 Lüftung 49 Zugluft 49 Luftdruck 54 Zusammenfassung Luftdichtheit und typische Wandaufbauten
Anhang 129 Autoren 130 Auswahlbibliografie 132 Register 135 Bildnachweis
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FEUCHTE
3 Feuchte Wasser ist die Grundlage unseres Lebens – zu wenig davon, und wir würden verdursten. Wasser hat aber auch ein Gefährdungspotenzial – sowohl durch Unwetter als auch durch permanente Feuchte, insbesondere in Bauwerken. Jedes Bauwerk sollte so geplant werden, dass es mit den verschiedenen Aggregatzuständen von Wasser umgehen kann ≥ 1+ 2.
Eine besondere Relevanz hat hierbei der Wasserdampf und dessen Bewegung durch Bauteile – ein nicht leicht erklärbares Phänomen, das uns auch im Alltag begegnet. Man bemerkt es bei unangenehm trockener oder schwüler Luft, wenn die Windschutzscheibe im Auto beschlägt oder sich Kondensat am Glas mit einem kühlen Getränk bildet. Weitaus intensiver lässt sich die Durchfeuchtung erleben, wenn man bei einem Wolkenbruch keinen Schirm dabeihat. Während sich Körper und Kleidung zuhause leicht trocknen lassen, sind die Folgen bei einem Gebäude aufgrund undichter Dächer, Fenster oder Wände weitaus gravierender und haben verhältnismäßig rasch unliebsame hygienische Folgen oder erzeugen sogar Standsicherheitsprobleme. Um diese Aspekte und Auswirkungen der Feuchte besser zu verstehen, ist es sinnvoll, sich zuerst mit einigen Grundlagen des Stoffes Wasser und dessen Eigenschaften auseinanderzusetzen.
1
Oberer Gebäudeabschluss Der obere Gebäudeabschluss ist stark wetterbeansprucht. An Durchdringungen und Anschlüssen können Undichtigkeiten entstehen, sodass sie gut geplant und auch dauerhaft ausgeführt werden müssen.
2
Undichtigkeit Durch temperaturbedingte Beanspruchung entstand eine Leckage an einer Anschlussstelle der Gebäudehülle.
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GRUNDLAGEN Wasser, einer der bauphysikalischen Hauptakteure, hat eine kJ sehr hohe Wärmekapazität von 4,1826 kg*K (zum Vergleich kJ Luft: 1,005 kg*K ) – dieser Wert beschreibt die Energie, die man für dessen Erwärmung aufbringen muss. Wasser ist ein exzellenter Energiespeicher und -träger – das zeigt sich zum Beispiel bei Heizungen und Trinkwarmwasserspeichern, aber auch im Alltag bei einer gefüllten Wärmeflasche. Anders als in geschlossenen Leitungen oder Thermoskannen steht Wasser in Gebäuden und deren Räumen mit Luft in Kontakt, wodurch es in flüssiger Form durch die Berührung mit der Luft dazu neigt, an der Oberfläche von Bauteilen zu verdunsten. Bei diesem Vorgang ist latente Wärme nötig, um den Phasenwechsel von flüssig zu gasförmig zu erreichen. Diese Wärmeenergie ruft zwar keine Temperaturänderung im gelösten Wasser hervor, aber entzieht der verlassenen Masse (Wasser, Wand, Haut o. Ä.) Energie, was wir beim Schwitzen beispielsweise nutzen, um unseren Körper zu kühlen ≥ 3. Dahinter steht das Prinzip, dass das verdunstende Wassermolekül eine höhere potenzielle Energie benötigt, um die größeren und ungeordneten Abstände in der Gasphase zu erreichen. Diese Energie geht also nicht verloren,
sondern wird dem gelösten Molekül zum Erreichen der Entropie, also zum Verdampfen in die gasförmige Unordnung, mitgegeben. Nun hängen Verdunstungsmengen stark von den äußeren Umständen wie Temperatur, Luftgeschwindigkeit und der umgebenden Luftfeuchtigkeit ab, was man sehr gut beim Wäschetrocknen beobachten kann. An einem trockenen Sommertag wird die Wäsche an frischer Luft schnell trocken, während dies an einem nebligen Herbsttag ewig zu dauern scheint.
LUFTFEUCHTE Das Beispiel zeigt, dass die verschiedenen Aggregatzustände des Wassers (fest, flüssig und gasförmig) zu verschiedenen physikalischen Effekten und Mechanismen führen, insbesondere wenn sich Wasser mit einem weiteren Medium vermischt: der Luft. Diese ist ein Gasgemisch verschiedener Bestandteile, wie Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid, Stickstoffverbindungen, Edelgase und auch Wasser. Der Anteil des Wassers in der Luft bestimmt die Luftfeuchte und kann als relative Luftfeuchte in Prozent oder als absolute Luftfeuchtigkeit (ausgedrückt in g/m³) ermittelt werden. Erhöht sich der Feuchteanteil der Luft, verringert sich deren
Wasserdampf
gasförmig
latente Wärme für Phasenübergang
Wasser/Dampf
flüssig/gasförmig
Wasser
flüssig
Wand/Haut
fest
3
Verdunstung Beim Phasenübergang des flüssigen Wassers zu Dampf vergrößert sich die Unordnung des Gefüges, weshalb Energie benötigt wird. Diese wird in Form von latenter Wärme an das verdampfende Wassermolekül zur Zustandsänderung abgegeben, wodurch es aber keine Temperaturänderung erfährt. Durch die entzogene Energie wird jedoch die Haut gekühlt, das Prinzip beim Schwitzen.
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FEUCHTE
BEANSPRUCHUNGEN DES GEBÄUDES DURCH WASSER Dichte, da die Wassermoleküle zu den leichteren Elementen der Luft gehören. Dies wirkt sich auf die Partialdruckverhältnisse aus: Jedes Prozent oder Gramm an Feuchte übt durch seine Wassermoleküle und deren Bewegung in einem definierten Luftraum einen Druck aus: den Wasserdampfdruck. Dieser hängt von der Temperatur ab – kann die Luft keine weitere Feuchte mehr aufnehmen, ist der sogenannte Sättigungsdampfdruck erreicht, bei dessen Überschreitung das Wasser in flüssiger Form ausfällt. Dabei kann der Wasserdampfpartialdruck Werte zwischen 0 hPa (wasserdampffreie Luft) und maximal 40 hPa (maximal 4 Vol.- % Wasserdampfanteil der Luft) annehmen. Bei gleicher relativer Luftfeuchte enthält wärmere Luft also eine größere absolute Feuchtigkeitsmenge und somit einen höheren Wasserdampfpartialdruck, als dies bei kühlerer Luft der Fall ist. Kühlt sich 25 °C warme Luft mit 50 % relativer Luftfeuchte um 5 K ab, bleibt die absolute Feuchtigkeit beständig bei 10 g Wasser pro Kilogramm Luft, jedoch steigt die relative Luftfeuchtigkeit auf 70 % an.
Ein Bauwerk muss mit vielen Feuchtelasten umgehen können, ohne Schäden durch Wasser, Wasserdampf und die Volumenvergrößerung durch Eisbildung zu erleiden oder ein unbehagliches Raumklima zu erzeugen. Es ist also zu selektieren, welche Einflüsse eingeschränkt werden müssen und insbesondere wie stark. Ideal wäre es, die Gebäudehülle hermetisch gegen Regen und drückendes Wasser abzuriegeln ≥ 4. Das ist bei Räumen mit kurzer Aufenthaltsdauer oder starker Exposition, wie Kellerräumen, vertretbar und notwendig. Hierzu braucht es dichte Baumaterialien wie zum Beispiel wasserundurchlässiger Beton (Weiße Wanne) oder Dichtstoffe und -bahnen wie Bitumen oder PVCFolien. Demgegenüber stehen jedoch die Ansprüche der Nutzer und Anforderungen der Bauteile nach einer diffusionsoffenen oder adaptiven Dichtschicht, um den Austausch und Durchgang der Feuchte zu ermöglichen. Dazu zählen nicht nur Fenster, die durch das Öffnen einen Austausch mit der Außenluft zulassen, auch Wände sind beispielsweise an der Feuchteregulierung im Raum beteiligt. Dabei sind die verschiedenen möglichen Einflüsse auf das Bauwerk wie Niederschlag, Starkregen, Baufeuchte und Wasserdampf ≥ 5+6 genau zu bedenken, um Bauteile passend zu wählen.
Niederschlag
Schlagregen Wasserdampf Wasserdampf
Spritzwasser
nicht drückendes Brauchwasser
en äch erfl b O r sse uwa St a
was
ser
Tauwasser an Bauteiloberfläche Sickerwasser Baufeuchte
Tauwasser im Bauteilinneren
drückendes Brauchwasser
Grundwasser
Kapillarwasser
4
Bauwerksrelevante Wasserarten Ein Bauwerk ist über die Jahre verschiedenen Wassereinflüssen ausgesetzt, die planerisch bedacht und gelöst werden müssen.
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ZUSAMMENFASSUNG FEUCHTE UND TYPISCHE WANDAUFBAUTEN Eine beregnete außenliegende Schale führt zu einer erhöhten Feuchteanlagerung in der Putzschicht. Wasser, das nicht mehr aufgenommen werden kann, fließt an der Hinterlüftung der Schwerkraft folgend nach unten ab. Ein wichtiger Faktor bei der Wahl der weichen Dämmung ist die Saugfähigkeit des Materials. Wird die Dämmschicht sehr feucht und trocknet daraufhin wieder ab, kann es zu Schrumpfbzw. Schwindprozessen kommen. Dies setzt durch die geringere Dicke der Schicht die Wärmeleitfähigkeit und den Widerstand gegen Wasserdampf herab.
Wasser kann in Bauteilen wechselnd in allen drei Aggregatzuständen vorkommen, wobei drückendes Wasser, Regen oder Tauwasser die entscheidenden Einflüsse bilden. Letzteres entsteht an Oberflächen durch Unterschreitung der Tautemperatur und durch die damit einhergehende, zu hohe absolute Luftfeuchtigkeit und das Erreichen des Sättigungsdampfdrucks. Der Sättigungsdampfdruck stellt den Wasserdampfdruck dar, der bei 100 % relativer Luftfeuchte und einem temperaturabhängigen maximalen absoluten Feuchtegehalt der Luft herrscht. Im gewöhnlichen Raumklima sollte etwa 30 –75 % relative Luftfeuchtigkeit herrschen, um einen gesunden Wohnkomfort aufrechtzuerhalten. Die beschriebenen Wasserdampfpartialdrücke führen bei geschlossenen Bauwerken zu Wasserdampfströmen im Bauteil, da im Raum durch die gewünschte Temperatur und Wassereinträge wie beispielsweise durch Duschen andere Dampfdrücke als im Außenraum herrschen. Unterschiedliche Drücke streben immer den Ausgleich an, wodurch die Bauteilschichten stark beansprucht werden. Durch die vielen verschiedenen Materialien und deren unterschiedlichen Umgang mit Feuchtigkeit entstehen typische Aufbauten und Konzepte. Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze in der Planung eines Wandaufbaus: Dieser kann ganz dicht sein, um keinen Wasserdampfeintrag zu gestatten, was aber auch das Ausdiffundieren von Wasser aus eventueller Baufeuchte oder
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Schemaschnitt ungedämmte Außenwandkonstruktion Bei Sanierung einer Putzwand wird häufig ein regendichter Außenputz angebracht, was zu Wasseransammlungen führen kann.
Schemaschnitt Außenwandkonstruktion mit Wärmedämmverbundsystem Die wasserundurchlässige Außenhaut weist den Schlagregen ab, erlaubt aber kein Ausdiffundieren von Feuchtigkeit.
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Leckagen im Wandaufbau verhindert. Ein diffusionsoffener Aufbau hingegen erlaubt den Ausgleich von Einträgen im Winter über die Verdunstungsperiode im Sommer. Natürlich gibt es auch Zwschenformen, wichtig sind aber immer passende Baumaterialien und der Umgang mit Ereignissen wie Schlagregen, um ein funktionierendes Bauteil zu erhalten. Durch die Einwirkung des Wassers im flüssigen und gasförmigen Zustand kann es zu Schadensbildern wie Salzausblühungen, Verrottung und Verlust der Dämmwirkung kommen. Auch die Ausdehnung des Wassers bei Frost kann Gefügeschäden und Risse, aber auch flächige Abplatzungen bewirken. Dabei ist es wichtig, dass alle Wirkungsweisen der gewählten Baustoffe betrachtet werden. Die Größe der Wasserdampfbewegung durch ein Bauteil gibt der bereits beschriebene µ-Wert an. Die schematischen ≥ 32– 35 zeigen das Feuchteverhalten an üblichen Wandaufbauten. Einschalige Außenwandkonstruktion Die monolithische Wand mit Putz ≥ 32 ist eine klassische Bestandswand mit sehr diffusionsoffenem Aufbau, der bei Schlagregen stark durchfeuchtet. Bei einer Sanierung wird sie daher häufig mit einem sehr dichten Außenputz versehen, was zu Problemen führen kann. Der Wasserdampf und das Kondensat in der Bausubstanz werden durch diese neue Schutzschicht gestoppt, und es kommt zu sichtbaren Wasseransammlungen und Putzschäden.
Außenwandkonstruktion mit Wärmedämmverbundsystem In ≥ 33 ist ein klassisches Wärmedämmverbundsystem mit wasserundurchlässigem Dämmstoff sowie Außenhaut zu sehen. Der Schlagregen wird direkt abgewiesen, allerdings kann Feuchte nicht ausdiffundieren. Außenwandkonstruktion mit Innendämmung Umgekehrt ist der Aufbau mit Innendämmung ausgebildet ≥ 34, der weitgehend diffusionsdicht ist. Er bildet einen Großteil der Dachaufbauten und besitzt typische Anfälligkeiten, die zu beachten sind. Sind Leckagen vorhanden, kann Wasserdampf in das Bauteil einströmen und dort kondensieren, was zu Schäden führen kann. Hinterlüftete Außenwandkonstruktion Ein Wandtyp, der eine Offenheit der Struktur erlaubt und trotzdem vor Schlagregen sicher ist, stellt ≥ 35 dar. Durch den Luftspalt und die Vorsatzschale ist eine Diffusion möglich. Konstruktive Details wie die Anker der Vorsatzschale und die Anschlussdetails der Fenster müssen gut gelöst sein. Ein mögliches Problem ist die Anstauung der Feuchte über den Sockelbereichen (in die Luftschicht hinein).
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Schemaschnitt Außenwandkonstruktion mit Innendämmung Dieser weitgehend diffusionsdichte Aufbau muss sorgfältig geplant werden, um Schäden durch Kondenswasser im Inneren zu vermeiden.
Schemaschnitt Außenwandkonstruktion mit Luftschicht und Vorsatzschale Luftspalt und Vorsatzschale erlauben das Ausdiffundieren von Kondenswasser.
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LU FTDICHTH E IT
4 Luftdichtheit Frische und schadstofffreie Luft ist für Menschen sowohl außerhalb als auch innerhalb eines Gebäudes überlebenswichtig. Um den nötigen Luftaustausch in Räumen sicherzustellen, muss verbrauchte und erwärmte Luft nach draußen abgeführt und im Gegenzug die Außenluft ins Gebäudeinnere strömen. Das kann kontrolliert und bewusst durch Öffnen der Fenster oder die Installation von Lüftungsanlagen geschehen, vielfach ergibt sich der Luftaustausch aber auch unkontrolliert durch Undichtheiten in der Gebäudehülle. Die Eigenschaften der Luft und die Interaktion zwischen Innen- und Außenluft führen zu verschiedenen bauphysikalischen Fragestellungen, die den Nutzer sehr direkt in seinem Komfort und seiner Raumhygiene betreffen. Dabei spielen die Notwendigkeit für den Mindestluftwechsel und wie sich ein solcher am effizientesten umsetzen lässt, eine wichtige Rolle – ebenso entscheidend sind aber auch die damit verbundenen Auswirkungen verschiedener Lüftungsstrategien. Für den Luftaustausch in einem Gebäude sind indes aber nicht nur die Nutzer ausschlaggebend – auch die Umwelt (Luftdruck) und Witterung (Windverhältnisse) spielen eine wichtige Rolle.
GRUNDLAGEN Die Lüftung oder Frischluftzufuhr stellt seit eh und je ein elementares Wohnraum- und Hygienebedürfnis dar. In Anbetracht der modernen und immer dichteren Gebäudehüllen braucht es heute gezielte Lüftungsstrategien, um das CO2 -Niveau im Innenraum niedrig zu halten, den Energieverlust zu begrenzen und die Luftfeuchte zu regulieren. Um die Behaglichkeit und das Wohlbefinden der Nutzer zu fördern, sollte ein CO2 -Niveau von unter 0,1– 0,15 % im Raumluftvolumen gehalten werden. In voll besetzten Räumen (Konferenzen) oder bei langer Nutzungszeit ohne Lüftung (während Schlafzeiten) kann dieser Wert auf ein Vielfaches ansteigen und somit den Organismus belasten. Deshalb wird pro anwesenden Nutzer ein Luftaustausch von etwa 30 m³/h empfohlen, um das überschüssige CO 2 abzulüften. Zum Erreichen des lebensnotwendigen Sauerstoffvolumens würde ein Luftvolumenstrom von etwa 3 m³/h genügen, was aber niemals den Ansprüchen an Komfort, Gesundheit und Hygiene entspräche.
LÜFTUNG Um diese Luftwechselzahlen zu erreichen, kann man sich unterschiedliche Lüftungskonzepte zunutze machen. Prinzipiell unterscheidet man dabei zwischen natürlicher Lüftung („freier Lüftung“) und mechanischer Lüftung. Erstere basiert allein auf den Druckunterschieden zwischen dem Innenraum und der Außenluft – üblicherweise erfolgt dies über die klassische Fensterlüftung. Als Antrieb fungieren beispielsweise zonale Temperaturunterschiede oder Kamineffekte durch aufsteigende warme Luft. Die mechanische Lüftung erfordert die Installation entsprechender Anlagentechnik, um das Gebäude gezielt zu be- und entlüften. Hierbei spielt die Luftdichtheit der Gebäudehülle eine große Rolle, da Fehlstellen an Fenstern, klaffende Fugen oder Leckagen an Durchdringungen ungeregelte Luftwechsel zur Folge haben. In einem ausgesprochen dichten Gebäude mit durchgängigen und konsequent verklebten Dichtebenen (Folienverbindungen zwischen Wand und Fenster) kann eine falsch eingestellte Lüftungsanlage andererseits einen problematischen Unter- oder Überdruck im Gebäude erzeugen. Im Sommer stellt der geforderte große Luftaustausch keine Probleme dar, da insbesondere nachts die Fensterlüftung am einfachsten die Lüftung und nebenbei sogar Kühlung gewährleistet. Durch entsprechende bauliche Einflüsse lassen sich die Lüftungseffekte optimieren. Entscheidend ist die sinnvolle Anordnung der Lüftungsöffnungen und deren Größe. Vorteilhaft sind Räume mit gegenüberliegenden Fenstern sowie Innenraumsituationen mit Kamineffekt wie zum Beispiel Lichtschächte oder Treppenhäuser. In Räumen mit ausschließlich einseitigen Öffnungen ist die Fensterlüftung weniger effizient.
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stellt. Die Autoren stellen Strategien für Planung und
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