Kirsten Angermann, Hans-Rudolf Meier, Matthias Brenner und Silke Langenberg (Hrsg.)
Birkhäuser Basel
Denkmal Postmoderne?
Jede Epoche hat ihre schöpferischen Leistungen in der gebauten Umwelt. Und trotzdem hadern viele Menschen noch immer mit den gebauten Zeugnissen der Postmoderne. Warum eigentlich? Weil wir ihre Ironie nicht verstehen? Weil wir sie kitschig finden? Weil sie viele Ideen und Ansprüche der Moderne über Bord wirft? Wegen der offensichtlichen Ambivalenz postmoderner Architektur? Und obwohl ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit oft besser ist, als dies bei vielen herausragenden Gebäuden anderer Strömungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Fall ist, zum Beispiel Bauten des Brutalismus?
Welche Teile unserer gebauten Umwelt erhalten wir und nehmen sie mit in die Zukunft? Welche postmodernen Gebäude gehören dazu? Welche Gebäude geben wir auf oder ersetzen sie mit Neuem? Was sind unsere Beweggründe dafür, und wie steht es mit unserer Bereitschaft zum Um- und Weiterbauen von denkmalwürdigen Gebäuden der Postmoderne zwecks Erfüllung veränderter Bedürfnisse? Welche Lösungen müssen wir überhaupt für eine nachhaltige Zukunft erforschen, entwickeln und vermitteln?
Die Tagung „Denkmal Postmoderne“, die gemeinsam von der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte der Bauhaus-Universität Weimar und der Professur Konstruktionserbe und Denkmalpflege der ETH Zürich organisiert wurde, hat dringend benötigte Grundlagen zur Diskussion dieses Fragenkosmos gelegt. Durch die ausführliche Debatte über die Spezifika, Bedeutung, Erhaltungsperspektiven und besonderen Herausforderungen postmoderner Gebäude anhand von Beispielen aus Deutschland, England, Italien, Japan, Österreich, Schottland, der Schweiz und der Ukraine wurde außerdem der Weg für mehr Wertschätzung geebnet.
Der Fokus der Wüstenrot Stiftung als operativ tätiger Institution ist auf kulturelles Erbe und die Suche nach Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit gerichtet. Wir freuen uns sehr, dass diese Tagung stattgefunden hat und die Inhalte sowie Erkenntnisse durch diese Publikation mit der Öffentlichkeit geteilt werden. Ohne das unermüdliche Engagement, die Kreativität, den Forscherdrang und den Enthusiasmus der Beteiligten – allen voran Kirsten Angermann – wäre dies nicht möglich gewesen.
Wir sind dankbar und stolz, dass wir zum Gelingen von Tagung und Publikation beitragen durften.
Philip Kurz
Inhaltsverzeichnis
Philip Kurz
Denkmal Postmoderne?
Silke Langenberg Denkmale einer „nicht-abzuschließenden“ Epoche: Hans-Rudolf Meier Anlass und Ausblick
Kirsten Angermann Zur Einführung: die Postmoderne und der Denkmalschutz
Arthur Rüegg
Zwischen Stuhl und Bank. Meine Siebziger- und Achtzigerjahre
PERSPEKTIVEN AUF DIE POSTMODERNE
Carina Kitzenmaier Tendenzen der Achtzigerjahre. Eine architektonische Blütenlese Matthias Noell im Jahrzehnt vor dem Fall der Mauer
Laurent Stalder Die Normen der Postmoderne
Cyril Kennel Der Postmoderne auf der Spur – Popularisierungen postmoderner Narrative und Motive in der Deutschschweizer Alltagsarchitektur der Siebziger- und Achtzigerjahre
Florian Urban Postmoderne und Ökobewegung – eine Einführung
SCHLAGLICHTER: POSTMODERNE INTERNATIONAL
Geraint Franklin Die Erfassung der Postmoderne – eine unvollendete Arbeit
Oleksandr Anisimov Kyjiw nach der sozialistischen Moderne. Das institutionelle Gedächtnis des Projekts der Rozenberg-Blöcke
Sandro Scarrochia Der denkmalpflegerische Umgang mit den postmodernen Ikonen in Italien
ERFASSUNG EINER UNGELIEBTEN EPOCHE?
Paul Mahringer Denkmalschutz und Postmoderne in Österreich. Kunst – Ironie – Utopie
Martin Hahn monument research 1975–2000. Ein Projekt der AG Inventarisation in der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern
Astrid Hansen Postmoderner Wohnungsbau in Hamburg – Neuallermöhe-Ost Statements aus der Diskussion „Erfassung einer ungeliebten Epoche?“
Sabine Schulte Postmoderne(s) inventarisieren
Karin Berkemann Best of 90s. Jenseits der Postmoderne?
ERHALT UND WEITERBAU
Stephanie Herold Die Bauten der Berliner IBA als Denkmale und/oder städtebauliches Erbe
Ulrike Plate Postmoderne im Realitätscheck. Der Umbau der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe
Andreas Hild Eine Frage der Referenz. Gespräch zur Sanierung von Kirsten Angermann Gebäuden der Postmoderne Hans-Rudolf Meier
DIE POSTMODERNE ALS THEMA AN DEN HOCHSCHULEN
Hans-Georg Lippert Im Spiegelsaal der Narrative, oder: Der Zeitzeuge als Hochschullehrer
Paul Zalewski Urbanität aus Sehnsucht. Die spätsozialistischen Magdalena Scherer Nachverdichtungsmaßnahmen und die Kunst am Bau Antje Wilke im Zentrum von Frankfurt (Oder)
Sonja Hnilica Das Erbe der Postmoderne in Norddeutschland. Ein Lehrprojekt zur jüngsten Architekturgeschichte
VOR, NACH UND NEBEN DER POSTMODERNE
Christian Kloss An der Ecke zur Postmoderne. Wohnbauten der Siebzigerjahre in West-Berlin von Inken Baller und Hinrich Baller
Fridjof Florian Dossin Neue Altstadt vor der Stadt? Städtebau des späten 20. Jahrhunderts in der urbanen Peripherie deutscher Großstädte
Matthias Brenner High-Tech-Architektur: Herausforderungen und Silke Langenberg Möglichkeiten der Erhaltung
ABSTRACTS
Sabine Brinitzer Ein erstes postmodernes Bauwerk in Frankfurt am Main –die ehemalige Landeszentralbank Hessen
Marianna Charitonidou Die Bilder der Postmoderne als symbolisches Kapital: Die Moderne als l’esprit du temps oder als un projet inachevé?
Eva Devasi Eine postmoderne thematische Lobby in Deutschland
Frida Grahn Zwischen Rationalismus und Semiotik. Bruno Reichlins Rezeption von Robert Venturi und Denise Scott Brown
Christopher Nickol Erzeugnisentwicklung „WBS 70/14.40“
Sabine Weigl Die Doppelhauptschule am Kinkplatz 21 in Wien von Helmut Richter
Ilaria Maria Zedda Objekte und Räume. Zur IBA Berlin 1987 und der Räumlichkeit des postmodernen Berliner Blocks
Zu den Autor:innen
Denkmale einer „nicht-abzuschließenden“ Epoche:
Anlass und Ausblick
Silke
Langenberg und Hans-Rudolf Meier
Schon seit einiger Zeit beschäftigen sich Denkmaltheorie und Denkmalpflege intensiver mit Bauten der jüngeren Vergangenheit: Die Nachkriegs- oder Spätmoderne, die Gebäude der sogenannten Ostmoderne und die seriell errichteten Bestände der Boomjahre waren Themen, zu denen auch die diesen Band herausgebenden Institutionen – die Bauhaus-Universität Weimar und die ETH Zürich – geforscht und publiziert haben.1 Wenn es im Folgenden um die Bauten und Planungen der Postmoderne geht, wird also eine bereits gut etablierte Tradition fortgesetzt, gleichwohl zumindest für den deutschsprachigen Raum auch Neuland betreten. Denn im Fokus stehen nicht einfach Gebäude, die in den Siebziger- bis Neunzigerjahren errichtet wurden und deren Sanierung oder Ersatz heute ansteht. Vielmehr geht es um das Schaffen einer Epoche, die seinerzeit zu heftigen Kontroversen geführt hat und die bis heute umstritten ist – nicht zuletzt, weil sie tatsächlich höchst widersprüchlich war: Neben Diskussionen um die architektonische Formensprache, die die Architekturschaffenden sowohl für die Gestaltung von Neubauten als auch für die Sanierung von Altbauten wählten, traten gegen Ende der betrachteten Periode Theoriedebatten, die mit der Frage nach einem „postmodernen Denkmalkultus“ auch die Disziplin der Denkmalpflege erreichte und vertraute Prinzipien infrage stellte.2
Der unmittelbare Anlass für die Tagung, die dieser Publikation vorausgegangen ist, war zum einen das denkmalkundliche Erkenntnisinteresse und die Frage, wie sich architektonische Wertzuschreibungen begründen lassen, wenn in der Postmoderne die Typen und Formen als Signifikanten „frei flottieren“, wenn Sinn, Bedeutung und Ordnung nur Simulationen von Sinn, Bedeutung und Ordnung sind.3 Und welche Probleme sich aus dem Begriff der Post-Moderne ergeben, der ja nur einen Ausgangspunkt benennt, nach hinten aber offen ist? Zum anderen ist es die praktische denkmalpflegerische Notwendigkeit, sich mit den Bauten der Postmoderne auseinanderzusetzen, die noch wenig erforscht und entsprechend schwer zu bewerten sind, die zugleich jedoch mit großem Veränderungsdruck konfrontiert sind. Die Aktualität des Themas zeigte sich nicht nur in der Resonanz auf den Call for Papers, der eine Selektion der Themen und Referent:innen sowie die Verschiebung mehrerer Angebote in eine Postersektion nötig machte. Sie spiegelte sich insbesondere im ungewöhnlich großen Interesse der Landesdenkmalämter wider. Denn offensichtlich hat nicht nur Historic England einige Inkunabeln der Postmoderne als Denkmale schon gelistet,4 auch im deutschsprachigen Raum befassen sich zahlreiche Denkmalämter intensiv mit dem Bestand der Postmoderne: Sie bemühen sich, einen Überblick zu gewinnen, bereiten Unterschutzstellungen vor und arbeiten an Tentativlisten. In der Diskussion, ob es sich dabei um die „Erfas-
sung einer ungeliebten Epoche?“ handelt, wurde mehrfach die Einschätzung laut, die Denkmalausweisungen postmoderner Bauten würden in der Öffentlichkeit eine wesentlich bessere Akzeptanz finden als jene vieler Bauten der späten Moderne – die Epoche sei also gar nicht oder höchstens bei Fachleuten unbeliebt.5 Als die im Tagungsprogramm konstatierte „ungeliebte Epoche“ stellte sich die Postmoderne jedenfalls nicht heraus, doch auch für den in der Presse forcierten Gegensatz von Fachwelt und breitem Publikum liefert die Tagung letztlich keine Blaupause.
Vom 3. bis 5. März 2022 nahmen im Audimax der Bauhaus-Universität Weimar (coronakonform) gut 50 Wissenschaftler:innen sowie online bis zu 150 weitere Interessierte teil und diskutierten angeregt. Geografisch lag der thematische Schwerpunkt der Tagung von Anfang an auf dem deutschsprachigen Raum, um die Fragestellungen zu fokussieren. Als vergleichende Ausblicke bereicherten aber Referate mit Beispielschwerpunkten in England, Italien, Japan, Schottland und der Ukraine das Programm. Ein besonderes Gepräge gab den Debatten über die postmoderne Architektur die Zeitzeugenschaft des älteren Teils der Tagungsteilnehmenden – ohne dass dadurch allerdings eine nostalgische Stimmung aufgekommen wäre. Beispielhaft sei hier auf das Grußwort des Dekans der Fakultät Architektur und Urbanistik der Weimarer Uni, Bernd Rudolf, verwiesen, der ausführte, zwar das ganze Architekturstudium in der Ära der Postmoderne absolviert zu haben, „allerdings in Weimar – wo die Idee der Moderne als noch unvollendetes Projekt diskutiert und weniger stigmatisiert wurde als anderswo und wo die Inkunabeln der Moderne von deren massenhafter missverstandener Reproduktion und Multiplikation weitgehend freigesprochen wurden“. Gleichwohl sei „die architekturtheoretische Debatte um eine zeitgemäße Architektur und ihren Ausdruck, deren Sprache, deren Erzählung (heute sagen wir Narrativ)“ auch in Weimar dominantes Thema unter den Studierenden gewesen, das bildhaften Ausdruck in zahlreichen Wettbewerbsbeiträgen gefunden habe, was Rudolf mit einem Bild seiner Diplomarbeit illustrieren konnte (Abb. 1). Eine zeitgeschichtliche Selbstreflexion bot auch der werkbiografische Abendvortrag des Zürcher Architekten und Hochschullehrers Arthur Rüegg, der in einem architektonisch passenden Ambiente – dem Konferenzsaal des in den Achtzigerjahren als Interhotel Belvedere erbauten Hotels Leonardo – stattfand. Im Kontrast zur Zeitzeugenperspektive hielt den Einführungsvortrag Kirsten Angermann, die das Tagungskonzept entworfen hatte und ihre (preisgekrönte) Dissertationsschrift zur Postmoderne in der DDR gerade erst abgeschlossen hat.6 Mit ihrem als Tagungsziel formulierten Postulat „Wider die Pomophobie“ forderte sie einen vorurteilsfreien Blick auf die
Anlass und Ausblick
Abb. 1 – Vorstufe zur Einreichung des Wettbewerbsbeitrages Zur Marktnordseite in Weimar, Bernd Rudolf und Jürgen Villmov, 1985
baulichen Hinterlassenschaften der Siebziger- bis frühen Neunzigerjahre und einen denkmalpflegerischen Umgang mit den als erhaltenswert bewerteten Objekten. Die Vorträge und Diskussionen bestätigten dabei die Herausforderungen der Bewertung der Epoche. Auch aus der Rückschau von dreißig Jahren erscheint sie immer noch überaus ambivalent: Als Rückkehr von Ornament und Geschichte in die Architektur markierte sie zumindest aus der geschichtsphilosophischen Fortschrittsperspektive der (einstigen) Avantgarde tatsächlich einen Bruch mit dieser Moderne; und mit der zunächst ironisch verstandenen Doppelkodierung ging eine Re-Semantisierung der Architektur einher, die allerdings alsbald leicht in die Beliebigkeit formaler Versatzstücke abzusinken drohte. Gleichzeitig lassen sich in der Postmoderne auch die Anfänge der ÖkoArchitektur erkennen7 oder aber, wie mehrfach hervorgehoben wurde, die baulichen Artikulationen des sich global durchsetzenden Neoliberalismus. Das sind nur ein paar der prägnantesten und wiederkehrenden Stichworte der Referate und Debatten. Die mit all diesen Zuschreibungen verbundene Architektur ist erstaunlich vielfältig – zumal wenn man an die heutige Monotonie der Variationen immer gleicher graubeiger Lochfassaden mit hochstehenden Fenstern in Deutschland beziehungsweise den liegenden Fenstern im 16:9-Format der vielen Schubladenhäuser in der Schweiz denkt, die den Gebäudebestand der letzten beiden Dekaden prägen.
Die Beiträge zur Vermittlung und Bearbeitung der postmodernen Architektur in der Hochschullehre8 lassen hoffen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs zur Erfassung, Bewertung und Bewältigung der Erhaltungsproblematiken gerüstet sein wird.9 Denn die mit Letzterem verbundenen Herausforderungen werden bei den anstehenden oder schon laufenden Sanierungen postmoderner Bauten nur allzu deutlich. Aktuelle Forschungsansätze zeigen, dass die intensive Auseinandersetzung mit der Postmoderne noch lange nicht abgeschlossen ist, wenngleich Fragen zu gleichzeitigen als auch nachfolgenden Strömungen bereits anstehen. Angesichts des großen Echos der Tagung und der ganz offensichtlich drängenden Aktualität in der Praxis wie auch der Forschung haben wir uns daher entschlossen, 2023 eine Fortsetzungsveranstaltung an der ETH in Zürich durchzuführen, die sich der Bewertung und den sehr spezifischen Erhaltungsherausforderungen der zur Postmoderne etwa zeitgleich entstehenden HighTech-Architektur widmet.
Zum Aufbau des Bandes
Alle Artikel werden in Deutsch abgedruckt, die von Geraint Franklin und Oleksandr Anisimov wurden aus dem Englischen übersetzt, und allen Beiträgen ist eine englische Zusammenfassung beigefügt. Ähnlich den Tagungssektionen ist die Publikation in sechs thematisch gegliederte Hauptkapitel aufgeteilt, hinzu kommen die Abstracts der Poster. Vorangestellt ist dieser Gliederung die Einführung von Kirsten Angermann und die Druckfassung des Abendvortrags von Arthur Rüegg.
Dank
Wir danken Kirsten Angermann für die Idee zur Postmoderne-Tagung und die Koordinierung der Tagungsorganisation. Einen Großteil der Finanzierung von Tagung und Publikation verdanken wir der Wüstenrot Stiftung, wofür unser Dank an Philip Kurz geht. Weitere Beiträge leisteten dankenswerterweise der Lehrstuhl für Konstruktionserbe und Denkmalpflege der ETH Zürich sowie das Bauhaus-Institut für Geschichte und Theorie von Architektur und Planung. Organisatorische Unterstützung erhielten wir vom Internationalen Heritage-Zentrum der Bauhaus-Universität, namentlich von Jenny Price. Dank auch an die weiteren Helfer:innen Matthias Brenner, Lilla Kammermann, Lilo Nöske, AnnaLena Sehm, Galyna Sukhomud, Cornelia Unglaub und Susann Zabel sowie an Marie Chauveau, für die Unterstützung der Redaktion Galyna Sukhomud. Schließlich gilt unser Dank allen Vortragenden und den Verfasserinnen und dem Verfasser der Poster für ihre Beiträge, Ivan Sterzinger und Gregor Huber für die grafische Gestaltung sowie Alexander Felix, Regina Herr und Baharak Tajbakhsh vom Birkhäuser Verlag für die angenehme Zusammenarbeit bei der Buchherstellung.
Weimar und Zürich im Sommer 2023
1 Langenberg, Silke: Bauten der Boomjahre. Architektonische Konzepte und Planungstheorien der 60er und 70er Jahre, 2. Aufl., Dortmund 2011 (zuerst 2006); Hassler, Uta/Dumont d’Ayot, Catherine (Hg.): Bauten der Boomjahre. Paradoxien der Erhaltung, Gollion 2009; Escherich, Mark (Hg.): Denkmal Ostmoderne. Aneignung und Erhaltung des baulichen Erbes der Nachkriegsmoderne, Berlin 2012; Meier, Hans-Rudolf (Hg.): Was bleibt? Wertung und Bewertung der Architektur der 1960er bis 80er Jahre, Stuttgart 2015 (= Forum Stadt/ Vierteljahreszeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie, Denkmalpflege und Stadtentwicklung, 42, Heft 1); Eckardt, Frank et al.: Welche Denkmale welcher Moderne? Zum Umgang mit Bauten der 1960er und 70er Jahre, Berlin 2017; ICOMOS Suisse, Arbeitsgruppe System & Serie: System & Serie. Systembau in der Schweiz, Geschichte und Erhaltung, Zürich 2022.
2 Lipp, Wilfried/Petzet, Michael (Hg.): Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus?, München 1994 (= Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, 69).
3 Sarasin, Philipp: 1977. Eine kurze Geschichte der Gegenwart, Berlin 2021, S. 323.
4 Siehe den Beitrag von Geraint Franklin im vorliegenden Band.
5 So auch Dankwart Guratzsch in seinem Tagungsbericht in der WELT: Zum Abriss freigegeben, in: Welt, 19.04.2022, https://www.welt.de/kultur/plus237995273/DenkmalpflegeUmgang-mit-der-Architektur-einer-ungeliebten-Epoche.html (30.10.2023).
6 Angermann, Kirsten: Die ernste Postmoderne. Architektur und Städtebau im letzten Jahrzehnt der DDR, Weimar 2024 (zugl. Diss. Bauhaus-Universität Weimar 2022).
7 Siehe den Beitrag von Florian Urban im vorliegenden Band.
8 Siehe hierzu die Beiträge in diesem Band von Carina Kitzenmaier und Matthias Noell, von Hans-Georg Lippert, Sonja Hnilica und von Magdalena Scherer, Antje Wilke und Paul Zalewski.
9 Das zeigten auch die Resultate eines der Tagung vorausgehenden Seminars an der Bauhaus-Universität in Kooperation mit dem Landesdenkmalamt zur Evaluierung denkmalverdächtiger Bauten der Postmoderne in Thüringen; siehe den Beitrag von Kirsten Angermann im vorliegenden Band.
Abb. 1 – Innerstädtische Wohnbauten in Schmalkalden. Ulrich Möckel et al., Wohnungsbaukombinat „Wilhelm Pieck“ Suhl, 1988–1989
Abb. 2 – Haus Worschech, Am Fischersand, Erfurt. Claus Worschech, Matthias Abendroth, 1991–1993
Zur Einführung: die Postmoderne und der Denkmalschutz Kirsten Angermann
Ohne Zweifel ist die Postmoderne eine schwer zu greifende, kaum zweifelsfrei zu definierende und überdies – vom Begriff bereits vorgegeben und im Titel der Weimarer Tagung aufgegriffen – „nicht-abzuschließende“ Epoche. In der Architekturhistoriografie stehen die Deutungen des Begriffs als Stil, Methode, Tendenz oder Epoche noch immer im Widerstreit. Disziplinen wie die Philosophie, die Soziologie, die Literaturwissenschaft und eben auch die Architektur(geschichte) nehmen divergierende Perspektiven auf das Phänomen ein, postulieren unterschiedliche Anstöße, Anfänge oder Enden, die Unvergänglichkeit oder auch das Scheitern von Postmoderne, Postmodernität oder „postmodernem Wissen“1. Die Architektur, mit deren substanziellem wie ideellem Erbe sich die Tagung beschäftigte, war in der zeitgenössischen Auseinandersetzung allerdings ein Hauptschauplatz, sogar „der postmoderne Artikulationssektor par excellence“2 und blieb lange Zeit „das bevorzugte Exerzierfeld des Streits um Moderne und Postmoderne“3
Auch wenn als Mythos widerlegt ist, dass allein die moderne Architektur zum Scheitern und zur Sprengung der Siedlung Pruitt-Igoe in St. Louis, Missouri, führte,4 kann man den durch Charles Jencks mit diesem Ereignis assoziierten „Tod der Moderne“ zum Ausgangspunkt nehmen und – mit einigen Ausreißern –den Betrachtungszeitraum auf die Siebziger- bis Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts eingrenzen.5 Diese Zeit war geprägt von den Energie- und Öl(preis)-krisen der Siebzigerjahre, dem „Ende der großen Erzählungen“ (Jean-François Lyotard), das sich mitten in Europa mit dem Fall der Berliner Mauer manifestierte, den damit verbundenen Transformationserscheinungen und der Aufbruchsstimmung der frühen Neunzigerjahre, dem Suchen und Finden von Geschichte im Entwerfen, was in einer Aufwertung oder auch Neubewertung der Architektur als Kommunikationsmittel und Bedeutungsträger resultierte.
Gleichsam war postmoderne Architektur von Beginn an umstritten und früh wieder totgesagt, wollten selbst ihre Protagonist:innen nicht als „Postmoderne“ dastehen6 und galt sie spätestens mit Michael Graves’ Entwürfen für die Walt Disney Company als ironischer Kitsch.
Postmoderne und Denkmalpflege
Die Denkmalpflege, durch deren Brille die vorliegenden Tagungsbeiträge auf die Postmoderne schauen, war selbst Protagonistin dieser Zeit. In den Siebzigerjahren, der Dekade des Denkmalschutzes, deren Höhepunkt 1975 das Europäische Denkmalschutzjahr markierte, trat die Denkmalpflege in Wechselwirkung zur Entwicklung in der Architektur. Diese war von einer
allgemeinen Hinwendung zum Bestand, zu Prinzipien des vormodernen Städtebaus und zum historischen Formenvokabular gekennzeichnet. Die Geburtsjahre der postmodernen Architektur sind somit durchaus als Schulterschluss zwischen Architekt:innen und Denkmalpfleger:innen gegen die vom Bauwirtschafts(im Westen) und Planwirtschafts-Funktionalismus (im Osten) sowie vom Wachstums- und Fortschrittsparadigma bedrohten Städte zu betrachten. Das Verhältnis zwischen Postmoderne und Denkmalpflege blieb jedoch ambivalent. Während Moderne und Denkmalpflege die Abneigung gegen historistische Tendenzen einte, musste der freie Umgang mit der Historie in der postmodernen Architektur unwillkürlich Abwehrreflexe auslösen. So wundert es nicht, dass 1983 die Kehrseite dieser „im Zeichen des erneuerten Historismus und auf der Welle der Postmoderne begrenzt erfolgreich gewordene[n] Denkmalpflege“7 offenbar wurde: Die Wirkung des Denkmalschutzjahres wurde in direkten Zusammenhang mit einer unerwünschten Historisierung der Architektur gebracht, etwa am Beispiel des Neubaus der Neuen Pinakothek in München, zu der die Redaktion der Kunstchronik recht zynisch bemerkte: „Und wie der zunächst unbefangen in großen Blöcken konzipierte Neubau […] im Laufe der Planungsausarbeitung zunehmend mit historischen Erscheinungsformen, mit Bögen und Treppchen und Erkern umsponnen wurde, das zeigte wie in einem Lehrstück die Rückwirkungen, welche denkmalpflegerischer Populismus inzwischen auf die gestaltete Gegenwart ausüben kann.“8
Eine Dekade später wurde auf der Jahrestagung der bayerischen Denkmalpflege ein Populismus für die Denkmalpflege wiederum eingefordert, der analog zum Anliegen postmoderner Architektur nicht nur elitäre, sondern auch massenkulturelle Lesbarkeit der architektonischen oder eben denkmalpflegerischen Absicht gewährleisten sollte. Wilfried Lipps Beitrag zu einem „postmodernen Denkmalkultus“ öffnete dabei mit einer Exegese von Alois Riegls grundlegend gewordenem Text zum „modernen Denkmalkultus“, indem er Riegl nahezu zum Postmodernisten avant la lettre stilisierte.9 Angestrebt wurde auf der Tagung eine Aktualisierung denkmalpflegerischer Prämissen in Anbetracht der Pluralisierungserscheinungen der Postmoderne. Lipp warf in den Raum, ob man nicht der Vergangenheits- und Erlebnissehnsucht der Zeit mit entsprechender denkmalpflegerischer Praxis begegnen müsse und somit „auf dem ‚Sofa Postmoderne‘ bequem Platz nehmen“10 könne.
Auch wenn den Aufrufen der Passauer Tagung zur Grundsatzdebatte um eine postmoderne Denkmalpflege nicht Folge geleistet wurde,11 somit nicht weiter erörtert wurde, wie postmodern die Denkmalpflege ist oder sein will, so sind einige Debatten, welche die Denkmalpflege in den vergangenen
Abb. 3 – Filiale der Deutschen Bundesbank, Erfurt, Braun & Voigt und Partner, 1994
Jahrzehnten beschäftigten, auf die Impulse aus der Hochzeit der Postmoderne zurückzuführen. Dazu zählen Begriffs- und Verständniserweiterungen, wie der Einbezug des Alltäglichen und von soziologischen Fragestellungen, aber auch die Diskussionen um Bild und Substanz, um Partizipation sowie um Diversifizierung und Pluralität.12
Diese unabgeschlossene Debatte um die Postmoderne wird nun von der Frage nach dem denkmalpflegerischen Umgang mit ihren baulichen Zeugnissen eingeholt. Ob der ambivalenten Beziehungsbiografie von Postmoderne und Denkmalpflege muss die Frage erlaubt sein, ob diese Epoche vielleicht bei Architekt:innen wie Denkmalpfleger:innen gleichsam und bis heute eher eine „ungeliebte“ ist, auch da noch vor Jahren von einigen Kolleg:innen aus den Inventarisationsabteilungen zu vernehmen war, dass man doch lieber in Rente gehen wolle, bevor man die Postmoderne unter Schutz stellen müsse.13
Fakt ist, dass mittlerweile das, was sich ab den Siebzigerjahren als Reaktion auf die mittlerweile als ebenso denkmalwürdig angesehenen Bauten der (Nachkriegs-)Moderne artikulierte, zur Disposition steht. Die Architektur der Postmoderne hat mit dem zeitlichen Abstand von mehr als 30 Jahren nicht nur die etablierte Generation Distanz für eine denkmalpflegerische Erfassung erreicht, sondern auch ein Sanierungsalter, das sie als gefährdet gelten lässt.
Interessant wird nun sein, welche Aspekte der Wirkungen der Postmoderne auf die Denkmalpflege – etwa die Bedeutung des Bildes, das Erzählerische, das Alltägliche etc. – bei der Auswahl und dem Umgang mit postmodernen Bauten zum Tragen kommen werden.
Stand der Forschung und Erfassung
Auch wenn eine Grundannahme der diesem Band vorausgehenden Tagung war, dass die Untersuchung der Postmoderne fortan mit einer gewissen Dringlichkeit erfolgen müsse, so ist herauszustellen, dass die architekturgeschichtliche Befassung mit dieser Zeit und die denkmalpflegerische Erfassung ihrer Zeugnisse bereits erfolgt. Die Wiederentdeckung der Postmoderne ist dabei bereits einige Jahre alt. Publikumswirksame Ausstellungen, die nicht zuletzt mit den zugehörigen Publikationen beziehungsweise Katalogen die Diskussion um die Postmoderne in der Fachwelt anregten, fanden bereits 2004 als Revision der Postmoderne und 2014 mit der Retrospektive auf Heinrich Klotz, Mission: Postmodern, im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt statt.14 Gleichzeitig ist eine Wiederentdeckung der Epoche auch in der Populärkultur zu verzeichnen.
Die notwendige architekturgeschichtliche Grundlage jeder denkmalkundlichen Beschäftigung wird ebenso erarbeitet. Solche Betrachtungen postmoderner Architektur beziehen sich oft auf einzelne Bauten, Architekt:innen oder Orte.15
In der Denkmalinventarisierung und -vermittlung im deutschsprachigen Raum ist die Postmoderne ebenfalls schon seit einigen Jahren Thema. 2016 versammelte die Zeitschrift Die Denkmalpflege Berichte aus Baden-Württemberg, Bayern und Berlin.16
Auch in anderen deutschen Bundesländern floss die Beschäftigung mit den jüngsten Denkmalen in Berichte oder Themenhefte ein.17 2022 war die Architektur der Siebziger- bis Neunzigerjahre das Jahresthema des Zürcher Heimatschutzes.18 In Österreich stand in den letzten Jahren nicht zuletzt das gebaute Erbe Hans Holleins im denkmalpflegerischen Fokus.19
Etwas weiter fortgeschritten ist die Inventarisation und Fundierung von Auswahlkriterien der postmodernen Architektur beispielsweise in England oder den USA.20 Alle bisherige Erfahrung zeigt: Jene Bauten einer internationalen „Hochpostmoderne“ sind leicht als Monumente zu identifizieren, selbst wenn ihre Unterschutzstellungen meist Reaktion auf akute Veränderungs- oder Abbruchwünsche war. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind jene Bauten, die Architekturgeschichte schrieben und damit als herausragend gelten können, schnell gefunden, etwa die Staatsgalerie Stuttgart (James Stirling), das Haas-Haus in Wien (Hans Hollein) oder die Kapelle von Mogno (Mario Botta) in der Schweiz. Die Mühen der Ebene beginnen bei den Bauten, die eher in einer zweiten Reihe hinter den Landmarks zu verorten sind und die wenig publiziert wurden, oder liegen etwa im Wohnungs- und Siedlungsbau.
Herausforderungen im Umgang
Nach den Herausforderungen der Erfassung wirft auch der weitere Umgang mit Bauten der Postmoderne spezifische Fragen auf: Kann man postmoderne Bauten weiterbauen, und wie geht man in Anbetracht der sehr vielfältigen Farb- und Materialkonzepte der Zeit gestalterisch mit Ergänzungen um? Wie können die Raumkonzepte, die in teils schwierig bespielbaren Grundrissen mündeten, nachgenutzt werden? Wie lassen sich die immateriellen Aspekte dieses Erbes – etwa partizipative Planungsverfahren oder ökologische Nutzungskonzepte – überliefern? Kann etwas, das Heinrich Klotz die „ästhetische Fiktion“ 21 in der Architektur nannte, überhaupt tradiert werden mit den Mitteln des Denkmalschutzes? Und wie vermittelt man den Denkmalwert von Gebäuden, die bereits zu ihrer Erbauungszeit ästhetisch stark umstritten waren?
Postmoderne in Weimar und Thüringen
Die Idee, sich solcher Fragen an der Bauhaus-Universität Weimar anzunehmen, war in mehrerlei Hinsicht sinnfällig. Die zwei Tagungen „Denkmal Ostmoderne“ von 2011 und 2014 hatten sich der Erfassung und dem Erhalt des baukulturellen Erbes der DDR-Nachkriegsmoderne gewidmet und damit einen langjährigen Forschungsschwerpunkt der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte international diskutiert.22 Ein zeitliches Fortschreiten war geboten und mit der Dissertation der Verfasserin zur postmodernen Architektur in der DDR eine Grundlage hierfür geschaffen.23 Der Standort Weimar spielte in den Achtzigerjahren schon einmal eine Rolle, bot doch die Hochschule für Architektur und Bauwesen, die Vorgängerinstitution der Bauhaus-Universität, einige der Protagonisten der
kontroversen Diskussionen um die Postmoderne in der DDR auf. Zugleich wurden hier viele Architekt:innen ausgebildet, die wiederum mit ihren Entwürfen und Bauten zum Postmodernediskurs beitrugen.24
Das Bundesland Thüringen ist jedoch nicht gerade bekannt für ein reiches Erbe an postmoderner Architektur. Es sind eher einzelne Bauten, die auf den zweiten Blick entdeckt werden müssen, wie etwa der Neubau des Schiller-Museums in Weimar, das 2018 als erstes postmodernes Gebäude in Thüringen unter Denkmalschutz gestellt wurde.25
Einen vertieften Überblick über die Bauten der Siebziger- bis Neunzigerjahre in Thüringen –und damit über die DDR-Zeit hinaus – zu erhalten, war Ziel einer gemeinsam von der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte und dem Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege durchgeführten Lehrveranstaltung im Wintersemester 2021/22.26 Das Seminar „Postmoderne Architektur in Thüringen“ stieß auf großes Interesse bei den Studierenden. Ausgehend von der Erarbeitung theoriegeschichtlicher Grundlagen schärfte sich das Bild eines komplexen, von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Brüchen der Wendezeit geprägten Baugeschehens. Auf Interesse stießen dabei besonders Lückenschließungen und Bauten des späten innerstädtischen Wohnungsbaus auf der einen Seite sowie Sonderprojekte der einsetzenden Privatwirtschaft, wie Banken, Hotels und Einkaufsbauten, auf der anderen. Die überragende Zahl der Projekte war, von exzeptionellen Sonderbauten wie den Landeszentralbanken abgesehen, in der DDR initiiert und durch lokale Akteure über den Systemwechsel fortgeführt worden. Elemente einer postmodernen Kritik am industrialisierten Bauen tauchten dabei ebenso auf wie spätere Nachholeffekte einer Corporate Architecture. Als Projekte, die einer vertiefenden Erfassung ihrer Denkmalwerte bedürfen, wurden von den Studierenden beispielsweise Wohnungsbauten in Großtafelbauweise in Schmalkalden von Ende der Achtzigerjahre identifiziert, deren Gestaltung mit angedeutetem Fachwerk auf regionale Traditionen anspielt (Abb. 1). Eine besondere Rolle nahm eine Reihe städtischer Einfamilienhäuser am Erfurter Fischersand ein. In den Achtzigerjahren als in die Altstadt eingepasste Lückenschließungen geplant, zog sich deren Fertigstellung bis Mitte der Neunzigerjahre. Das Haus Worschech wurde dabei ab 1991 im Entwurf wesentlich verändert und zeigte sich nach der Fertigstellung als Split-LevelGebäude mit einem schiffsbugartigen Balkon und wuchtigen, gebälkartigen Gesimsen an der Fassade (Abb. 2). Zeittypisch für die Neunzigerjahre erscheint wiederum das Gebäude der Deutschen Bundesbank in Erfurt. Seine zweifarbige Natursteinfassade erinnert zusammen mit den steten Rückbezügen auf geometrische Grundformen und -farben an Bauten Mario Bottas (Abb. 3).
Während die drei vorgenannten Projekte nahezu bauzeitlich überliefert sind, so ist ein postmodernes Kleinod in Weimar bereits wesentlich überformt. Der „Kiosk am Bratwurstglöck’l“ war ursprünglich ein in zarten Rot-, Blau- und Gelbtönen gefasstes Gebäude, das mit weißen Metallgittern und -geländern abgesetzt war. Heute ist diese Fassung durch einen neuen Farbanstrich sowie die Möblierung und Beschilderung im
Sinne der Nutzung als Imbiss kaum noch zu erahnen (Abb. 4 sowie Abb. 3 im Beitrag von Kitzenmaier/Noell).
Während man annehmen kann, dass einige der untersuchten Objekte auch weiterhin auf einer Tentativliste einer späteren vertiefenden Erfassung ihrer Denkmalwerte harren können, so ist für andere demnach eine schnellere Entscheidung über ihren Denkmalstatus nötig, um nicht wesentliche Merkmale zu verlieren. Die Fragen der Auswahl und des weiteren Umgangs stellen sich an diesen Bauten im Grundsatz ebenso wie an Bauten anderer Epochen. Spezifische Fragestellungen ergeben sich hinsichtlich der gestalterischen und konzeptionellen Gesamtkomposition postmoderner Bauten, die, so die Annahme, sensibler auf Veränderung und Ergänzung reagieren.
Abschluss: die nicht-abzuschließende Epoche
Bereits im Begriff der „Post-Moderne“ werden sowohl der Epochenanspruch als auch eine „Nicht-Abschließbarkeit“ deutlich. Für die denkmalpflegerische Betrachtung nicht unwesentlich und in einigen Denkmalschutzgesetzen auch noch vorgegeben, ist jedoch die Herkunft der künftigen Denkmale „aus vergangener Zeit“27 oder eben „aus abgeschlossenen Epochen“28. Und auch wenn für die Tagungsbeiträge zunächst der Zeitraum nach hinten bis zu den Neunzigerjahren abgesteckt wurde, so blickte etwa Charles Jencks 2011 auf bereits fünf Dekaden der Postmoderne zurück, deren letzte Phase er „radical postmodernism“ nennt und darunter auch Projekte wie das Caixa Forum in Madrid (Herzog & de Meuron, 2007) zählt.29 Gleichzeitig scheinen aktuelle Projekte und insbesondere Studierendenarbeiten an den Architekturfakultäten – nach Jahren grauer Pläne und Flachdachbauten – auf ein Revival postmoderner Formensprache zu deuten. Und so stehen wohl Architekt:innen und Denkmalpfleger:innen weiterhin vor der Frage, ob die Postmoderne jemals abgeschlossen sein kann oder ob wir, wie Sir Terry Farrell und Adam Nathaniel Furman proklamieren, nun sowieso alle Postmodernist:innen sind.30
Postmoderne und der Denkmalschutz
Abb. 4 – Ulrich Junk und Matthias Abendroth mit VEB Stadtbau, „Kiosk am Bratwurstglöck’l“, Weimar, 1988
1 Calder, Barnabas: Architecture. Buildings and Energy from Prehistory to the Present, London 2021, S. 415–418.
2 International Energy Agency, Global Status Report for Buildings and Construction, 2019, https://www.iea.org/ reports/global-status-report-for-buildings-andconstruction-2019 (20.10.2020).
3 Venturi, Robert/Scott Brown, Denise/Izenour, Steven: Learning from Las Vegas, Cambridge (MA) 1972.
4 Siehe etwa in ihrer Studie der South Street in Philadelphia von 1968, die in Zusammenhang mit Anwohnerprotesten gegen das Autobahnprojekt Crosstown Expressway entstand, vgl. Charitonidou, Marianna: Denise Scott Brown’s Active Socioplastics and Urban Sociology: from Learning from West End to Learning from Levittown, in: Urban, Planning and Transport Research, 10, H. 1, 2022, S. 131–158.
5 Anker, Peder: From Bauhaus to Ecohouse. A History of Ecological Design, Baton Rouge (LA) 2010; Förster, Kim: Das Paradox der Nachhaltigkeit als Modeerscheinung, in: Archithese, 42, H. 6, 2013, S. 72–77; Harwood, Elain/Powers, Alan: From Downtown to Diversity: Revisiting the 1970s, in: Twentieth Century Architecture, 10, H. 1, 2012 [Themenheft]; Critical Care – Architecture for a Broken Planet, hg. von Angelika Fitz/Elke Krasny (Hg.), Ausst.-Kat. Architekturzentrum Wien, Cambridge 2019.
6 Crinson, Mark/Zimmerman, Claire (Hg.): Neo-avant-garde and Postmodern. Postwar Architecture in Britain and Beyond, New Haven (MA) 2010; Martin, Reinhold: Utopia’s Ghost: Architecture and Postmodernism, Again, Minneapolis 2010; Szacka, Léa-Catherine: Exhibiting the Postmodern. The 1980 Venice Architecture Biennale, Mailand 2016.
7 Meadows, Dennis u. a.: Limits to Growth, New York 1972.
8 Z. B. Schumacher, Ernst Friedrich: Small is Beautiful, London 1973.
9 Gronau, Jochen: Bauphysikalische Probleme bei der Sanierung von Fachwerkbauten, in: Bundesbaublatt, 44, H. 10, 1995, S. 754–758.
10 Siehe etwa Kennedy, Margrit (Hg.): Öko-Stadt – Materialien zur Internationalen Bauausstellung Berlin, Bd. 1, Frankfurt 1986.
11 Förster, Kim: The Green IBA – A History of Renewal, Ecology and Solidarity, in: Candide, H. 11, 2019, S. 9–50; Urban, Florian: The New Tenement, Abingdon 2018, S. 37–55.
12 Gordon, Alex: Long Life Loose Fit, High Energy?, in: Architects’ Journal, 162, H. 37, September 1975, S. 531–534.
13 Vale, Brenda: The Autonomous House – Design and Planning for Self Sufficiency, New York 1975.
14 Qvortrup, Lars: The Nordic Telecottages. Community Teleservice Centres for Rural Regions, in: Telecommunications Policy, 13, H. 1, März 1989, S. 59–68; Clark, Michael Antony: Teleworking in the Countryside: Home-Based Working in the Information Society, Aldershot 2000.
15 Little Acorns, in: The Guardian, 23.06.1999.
16 Krüger, Karl-Heinz: Kein Stil – aber es paßt, in: Der Spiegel, 35, 1987, S. 173; Urban 2018 (wie Anm. 11), S. 172–175.
17 Romanczyk, Katarzyna: Transforming Brussels into an International City – Reflections on „Brusselization“, in: Cities, 29, H. 2, April 2012, S. 126–132.
18 Doucet, Isabelle: The Practice Turn in Architecture, Abingdon 2015; Doucet, Isabelle/Gosseye, Janina (Hg.): Activism at Home: Architects Dwelling Between Politics, Aesthetics and Resistance, Berlin 2021.
19 Urban, Florian: Postmodern Architecture in Socialist Poland – Transformation, Symbolic Form and National Identity, Abingdon 2021, S. 176–196.
20 Gretschel, Andrzej: Powrót do śródmieścia, in: Miasto, H. 10, Dezember 1987, S. 1–7; Urban 2021 (wie Anm. 21), S. 188–192.
21 Urban 2018 (wie Anm. 11), S. 57–84.
22 Krier, Leon: Vorwärts, Kameraden, wir müssen zurück!, in: Oppositions, H. 24, Frühjahr 1981, S. 400–411.
23 Trüby, Stephan: Rechte Räume, in: ArchPlus, 52, H. 5, Mai 2019, S. 10–11, und weitere Artikel im gleichen Heft.
24 Rossi, Aldo: Scritti scelti sull’architettura e la città 1956–1972, Rom 2012.
SCHLAGLICHTER: POSTMODERNE INTERNATIONAL
In 2016 Historic England embarked on a thematic project to identify and grant statuary protection to key works of postmodern architecture in England. This resulted in the addition of twenty-four buildings to the National Heritage List for England, or ‘the List’, ranging from the Hillingdon Civic Centre (1973–1977, RMJM) to China Wharf (1986–1988, CZWG).
This paper explores that project: how it responded to development threats, how the selection was made, and how it formed part of a wider scholarly and curatorial reassessment of postmodern architecture. It examines the process of the UK’s heritage protection system, the protections it affords, and the historical context of England’s post-war thematic listing programme. The identification of ‘new’ heritage is just one way in which the List is kept up to date by Historic England. Listing does not prevent change, but rather it manages the process of change by bringing it under the consideration of the UK planning system.
The paper concludes with a selection of case studies profiling changes to listed postmodern buildings: 1 Poultry (1994–1998, Stirling Wilford) that was altered to create a single retail unit at the lower ground floor concourse level. These involved the installation of a glazed roof over the atrium at ground floor level, the removal of existing shopfronts, and the creation of new entrances. And the Thematic House (1979–1985, Charles Jencks with Terry Farrell) that was converted to operate as a residence, museum, and archive.
The preservation of late-twentieth-century heritage is in certain respects an ‘unfinished business’: our understanding will continue to develop, and the trend towards retrofitting means that postmodern works (especially those too young to be listed under the ‘thirty-year rule’) will continue to come under threat. This will precipitate future listing assessments as well as prompting the consideration of how to manage change within these buildings. This alludes to a central theme of this book: that postmodern heritage is in some way a project perpetually under construction.
National thematic projects such as the one described here represent a starting point – not the last word – in dealing with the subject. In a designation context, they provide both a research baseline and a benchmark for subsequent assessments, of which a few are recorded in the appendix below. The List is unfinished by design: there will never come a day when one can step back and declare that it’s finally complete. Moreover, for these works of postmodernism as for any other, listing is just the beginning of the conversation.
Die Erfassung
2016 startete Historic England, eine öffentliche Einrichtung des Denkmalschutzes in England, ein thematisches Projekt zur Aufnahme postmoderner Architektur (oft zu „PoMo“ verkürzt). Ihre Empfehlung führte zur Erfassung von 25 Gebäuden in der Liste des Departements für Digitales, Kultur, Medien und Sport. In diesem Artikel werden zunächst die Ergebnisse des Projekts vorgestellt und erläutert, wie sie die postmoderne Architektur des späten 20. Jahrhunderts in England charakterisieren. Anschließend werden der Hintergrund der strategischen Erfassung sowie die Gründe für das Initiieren des Projekts zur postmodernen Architektur durch Historic England erörtert. Den Abschluss bilden zwei Fallstudien, die zeigen, wie die Erfassung den umfassenderen Prozess der Bewältigung von Veränderungen unterstreicht.
Zum Projekt
Die zu Beginn des Projekts durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass sich die Postmoderne in einem breiten Spektrum von Gebäudetypen manifestiert. Der öffentliche Wohnungsbau war ein früher Auslöser der Gegenwirkungen zur Moderne. So überrascht es nicht, dass die Postmoderne zum Sinnbild eines neuen Ansatzes für die Gestaltung von Sozialwohnungen wurde, die von lokalen Behörden und Wohnungsbaugesellschaften zur Vermietung gebaut wurden, aber auch zum Zwecke der Spekulation. Das Projektteam untersuchte auch drei außergewöhnliche Privathäuser: Charles Jencks’ The Cosmic House, ein gebautes Manifest der Postmoderne, auf das weiter unten näher eingegangen wird; The New House in Wadhurst von John Outram und das Londoner Stadthaus von Piers Gough für die Fernsehmoderatorin Janet Street Porter.
Die Postmoderne war eine stilistische Option für öffentliche Gebäude, die im Zuge der Umstrukturierung der Kommunalverwaltung in den Siebzigerjahren entstanden. Dazu gehören auch das Hillingdon Civic Centre, ein Siebzigerjahre-Vorreiter der kommenden architektonischen Trends (Abb. 1); Bürgerämter in Epping Forest, Essex, inspiriert von Louis Kahn, H. H. Richardson und C. H. Townsend; und ein Gerichtshof in Cornwall von Eldred Evans & David Shalev. Zu den weiteren öffentlichen Gebäuden gehört die Founders’ Hall, ein neuer Zunftsaal für eine der Handwerksgilden der Londoner City, deren metallverarbeitendes Erbe sich in der überwiegenden Verwendung von maßgefertigten Metallbeschlägen widerspiegelt. Das Pumpwerk von John Outram auf der Isle of Dogs zeigt einen kreativen Ansatz für ein Wasserinfrastrukturgebäude für das Gebiet Docklands im Osten Londons und spielt auf das viktorianische Erbe von Joseph Bazalgette an.
Der Eklektizismus der vertretenen Bildungs- und Kultureinrichtungen spiegelt möglicherweise die Diversifizierung der Finanzierungsströme, den Einfluss der Philanthropie und die Tatsache wider, dass die Planer häufig bestehende Gebäude oder Standorte berücksichtigten. Dazu gehören eine Handwerks- und Designwerkstatt, die an die Bryanston School von R. Norman Shaw angebaut wurde, sowie zwei Gebäude an der University of Cambridge: die juwelenartige Katharine Stephen Rare Books Library am Newnham College und die Judge Business School, eine Meisterleistung des PoMo-Polychromatismus (Abb. 2). Zu den Sport- und Kultureinrichtungen gehören der Hauptsitz der Henley Royal Regatta (Terry Farrell Partnership, 1984–1986) und der Sainsbury Wing der National Gallery in London. Letzterer, als Siegerentwurf aus einem Wettbewerb im Jahr 1986 hervorgegangen, ist als Spätwerk von Robert Venturi und Denise Scott Brown von internationaler Bedeutung und steht unter Denkmalschutz der Klassifizierung Grade I
Man könnte sagen, dass sich die Architektur des Kommerzes der Achtzigerjahre dem Wesen der Postmoderne annähert. Die Postmoderne wird manchmal als das Gewand eines beginnenden Neoliberalismus dargestellt, doch der Umfang der hier vertretenen Auftraggeber und Fachgebiete lässt vermuten, dass diese Charakterisierung weit gefehlt ist. Es sind eine Reihe von gewerblichen Bauten auf der Liste repräsentiert: eine Unternehmenszentrale „außerhalb der Stadt“, ein Gewerbegebiet, ein früher Industriepark; und spekulative Büros im Crown Estate in Westminster, die im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft realisiert wurden.
Kontext der Nachkriegserfassung
An dieser Stelle soll der weitere Kontext von Listeneintragungen und thematischen Erfassungsprogrammen in England untersucht werden: Die Town and Country Planning Acts von 1944 und 1947 verlangten von der Regierung, Listen von „Gebäuden von besonderem architektonischen oder historischen Interesse“ zu führen und zu aktualisieren, was eine Reihe regionaler Untersuchungen anregte.1 Die Aufnahme in die National Heritage List for England (NHLE) erfolgt durch den Minister für Digitales, Kultur, Medien und Sport (DCMS) auf Hinweis von Historic England, dem gesetzlichen Berater der Regierung für die historische Umwelt.2 Der Status als denkmalgeschütztes Gebäude verhindert keine Veränderungen, sondern steuert vielmehr den Veränderungsprozess, indem er ihn in das Planungssystem einbindet. Über geplante Eingriffe beziehungsweise die Genehmigungsanträge für denkmalgeschützte Gebäude entscheidet die lokale Planungsbehörde.
Abb. 1 – Hillingdon Civic Centre, Hillingdon, London (1973–1977, Andrew Derbyshire von Robert Matthew, Johnson-Marshall & Partners)
Abb. 2 – Judge Business School, Cambridge (1993–1995, John Outram Associates)
Abb. 3 – Marco Polo House, Battersea, London (1987–1988, Ian Pollard)
Die Empfehlungen für die Aufnahme in die Liste basieren auf dem Leitfaden Principles of Selection for Listed Buildings, in dem die gesetzlichen Kriterien dargelegt sind.3 Sie werden durch eine Reihe von Auswahlleitfäden für die Aufnahme in die Liste untermauert, die detaillierte Hinweise darauf geben, was für die Aufnahme in die Liste für verschiedene Gebäudetypen infrage kommen kann.4 Es gibt drei Klassen respektive Stufen der Listung. Gebäude der Kategorie Grade I sind von außergewöhnlichem Interesse; sie machen 2,5 % der denkmalgeschützten Gebäude aus. Gebäude der Kategorie Grade II* sind von mehr als besonderem Interesse und umfassen etwa 5,8 % der aufgelisteten Gebäude. Die überwiegende Mehrheit der denkmalgeschützten Gebäude – etwa 91,7 % – sind von besonderem Interesse und gehören der Kategorie Grade II an. Auf der Liste stehen heute über 400 000 Einträge, davon jedoch nur etwa 900 Gebäude oder Anlagen, die nach 1945 errichtet wurden. Das sind zwar nur 0,2 % der Gesamtzahl, gleichwohl dürfte dies einer der höchsten Anteile an gesetzlich ausgewiesenen Nachkriegsgebäuden in allen Ländern sein. Das erste Nachkriegsgebäude, das 1987 unter Denkmalschutz gestellt wurde, war Bracken House, der Hauptsitz der Zeitung Financial Times in der City of London, ein klassischer Entwurf der Jahre 1955–1958 von Sir Albert Richardson. Das Architekturbüro Hopkins Architects, das einen Wettbewerb für die Neugestaltung des Geländes gewonnen hatte, wurde beauftragt, mit Richardsons Bestand zu arbeiten und die zentrale Druckhalle durch eine neue Struktur aus Metall und Glas zu ersetzen. Der Kreis der Erhaltung schloss sich 2013, als die Eintragung geändert wurde, um die besondere Bedeutung beider Phasen anzuerkennen.5
Die Aussicht auf eine Aufnahme in die Liste der Nachkriegsbauten veranlasste die Regierung, ein Rundschreiben zu erlassen, in dem die sogenannte Thirty-Year Rule (Dreißig-Jahre-Regel) festgelegt wurde.6 Die Gebäude, die weniger als 30 Jahre alt sind, werden in der Regel nicht in die Liste aufgenommen, da davon ausgegangen wird, dass sie noch nicht den Test der Zeit bestanden haben. In seltenen Fällen, insbesondere wenn ein Abriss unmittelbar droht, können Gebäude, die weniger als 30 Jahre, aber mehr als zehn Jahre alt sind, unter Denkmalschutz gestellt werden, wenn sie eine herausragende Qualität aufweisen, die im Allgemeinen als gleichwertig mit der Kategorie Grade I oder Grade II* gedeutet wird. Gebäude, die weniger als zehn Jahre alt sind, können nicht in die Liste aufgenommen werden.
Die Erfassung von Nachkriegsgebäuden begann in den frühen Neunzigerjahren mit einem strategischen Programm zur Erforschung, Identifizierung und Ausweisung von Nachkriegsgebäuden nach Gebäudetypen. Es wurde ein beratender Ausschuss, die Lenkungsgruppe Nachkriegszeit, eingerichtet, der von etwa 1992 bis 2002 tätig war und dem Inventarisator:innen, Historiker:innen und – in einer besonders inspirierten Entscheidung – Architekt:innen angehörten, die in der Nachkriegszeit tätig waren. Aufgrund der DreißigJahre-Regel konzentrierten sich diese thematischen Studien auf Gebäude aus der Zeit von 1945 bis 1965. In den letzten Jahrzehnten wurden weitere Gebäude aus der Nachkriegszeit in die Liste aufgenommen, und zwar
sowohl im Rahmen von Spot Listings, die in der Regel durch einen drohenden Abriss oder eine größere Veränderung ausgelöst wurden, als auch durch strategische Erfassungen von Historic England. Diese thematischen Projekte befassten sich mit Aspekten der historischen Bausubstanz, die von römisch-katholischen Kirchen bis zu Verteidigungsanlagen aus der Zeit des Kalten Krieges, öffentlichen Skulpturen, Geschäftshäusern und Versammlungshäusern der Quäker reichten. Die Untersuchungszeitpunkte waren unterschiedlich: Einige Projekte zielten darauf ab, Gebäude aus der Zeit nach 1920 zu untersuchen, die bei früheren Erhebungen nicht berücksichtigt worden waren, während andere einen breiteren chronologischen Rahmen abdeckten, der jedoch die Nachkriegszeit einschloss. Angewandte Forschung spielt eine entscheidende Rolle bei der systematischen Erfassung, da sie Bedeutungen ermitteln lässt und die Autorität und Konsistenz der Empfehlungen von Historic England untermauert.
Warum PoMo?
Warum hat Historic England das Projekt der postmodernen Architektur in Angriff genommen? Man könnte sagen, dass es einen Push- und einen Pull-Faktor gab. Zunächst einmal wurde festgestellt, dass postmoderne Gebäude besonders anfällig für Veränderungen und Verluste sind. Selbst auf ihrem Höhepunkt war die postmoderne Architektur ein relativ kurzlebiges und im Wesentlichen minderheitliches Interesse, wenn auch eines, das sich mit anderen Strömungen in der britischen Architektur des späten 20. Jahrhunderts vermischte. Im Gegensatz zur gleichzeitigen HighTech-Bewegung, die sich de facto zu einem etablierten Stil entwickelte, konnte sie nie eine Hegemonie erlangen. Daher gibt es in England nur relativ wenige bedeutende PoMo-Gebäude, und ihre Zahl hat in den letzten 10 bis 15 Jahren stetig abgenommen, da ihre Standorte zur Neugestaltung anstanden. Auch die Art der Bedrohung kann aufschlussreich sein; neben dem völligen Abriss oder der Neuverkleidung lässt sich ein Trend zur „DePoMoisierung“ feststellen: die strategische Beseitigung prägender Merkmale, die Abschwächung der Polychromie oder einfach das Auftragen einer grauen Farbschicht.
Es gab eine Reihe von auffälligen Verlusten. Terry Farrells TV-Am-Fernsehstudios in Camden im Norden Londons, ein Schlüsselwerk der frühen britischen PoMo, wurde 2012/13 umgestaltet, noch bevor es für die Aufnahme in die Liste bewertet werden konnte. So blieben nur die Fassaden an der Kanalseite mit ihren berühmten Eierbechern übrig. 2014 wurden der Homebase-Baumarkt von Ian Pollard in Kensington, im Westen Londons, der für sein Wiederaufgreifen ägyptischer Details berühmt ist, sowie das Marco Polo House desselben Architekten in Battersea abgerissen (Abb. 3) während des Abrisses 2014). Ein besonders schwerwiegender Verlust war das Harp Heating-Headquarter in Swanley, Kent (John Outram Associates, 1982–1984), ein einfallsreicher Umbau eines Gebäudes aus den Sechzigerjahren und zugleich eine prägende Entwicklung in Outrams Erfindung einer „Roboterordnung“.
Erfassung der Postmoderne
Monument Research 1975–2000.
A Project by the Working Group on Inventory at VdL
Martin Hahn
At present, a reception of postmodernism that is both appreciative and critical is gaining momentum. Whereas the scientific rapprochement is still rather restrained, fans of the ‘pretty ugly’ (Oliver Elser) are positioning very active on social media. Admittedly, this is not unusual, since generally a – frequently emotion-driven – shyness with the preceding epoch can be noticed. In Germany, in spite of the fact that there is not even a comprehensive inventory of post-war modernism, the Regional Offices for the Protection of Monuments are increasingly compelled to occupy themselves with the last several decades of the past millennium.
Indeed, as with the structures from the 1960s and 1970s, the sheer multitude of buildings dating from the 1980s and 1990s is the greatest challenge faced by monument registration. As a corrective regarding the status of these young buildings as historical monuments, and in contrast with classical monuments, value – substantiated by rarity or antiqueness – is ruled out. The criterion of artistic reasons, which is mentioned in many monuments’ protection acts, commonly leads to filtering, and to listing as a historical monument but, especially in this period, things are never easy: what is art, and what might be removed?
Decisions on demand, on a case-by-case basis, which are possibly prejudiced by personal and aesthetic considerations, seldom lead to a satisfactory result. In the case of outstanding testimonials that are comparable to the Neue Staatsgalerie Stuttgart or the Saalgasse Frankfurt, their status as historical monuments may generally not be questioned. However, in view of the intricate abundance and pluralist stylistic variation of this epoch, a statewide or even nationwide overview is needed to be able to name other exemplary objects that are suited to document the zeitgeist for the future.
Part 1 of the contribution is dedicated to a baseline survey: currently, the working group on inventory at the Association of the Regional Curators of Monuments [Vereinigung der Landesdenkmalpfleger, VdL], together with the Wüstenrot Foundation [Wüstenrot Stiftung] and the German Museum of Architecture [Deutsches Architekturmuseum], is initiating ‘monument research 1975–2000’. Accordingly, for the first time in Germany, an effective baseline assessment of recent cultural monuments will be organised on a cross-regional level.
Part 2 of the practical experience report offers insight into the daily routine of making an inventory: prominent lighthouses that are already listed, as well as liminal objects of postmodernism, are presented through a series of examples from the German state of Baden-Württemberg.
This contribution is thereby positioning itself, on the one hand, with regard to the current state of monument registration, and it critically reflects on its own actions, particularly the challenges presented by this ‘unconcluded’ epoch, on the other.
Ein Projekt der AG Inventarisation in der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern Martin Hahn
An junge Kulturdenkmale haben sich die interessierte Öffentlichkeit und die Politik schon Zug um Zug gewöhnt. Die einstmals kritisch beäugten betonbrutalistischen „Monster“ der Sechziger- und Siebzigerjahre wurden und werden in zahlreichen Tagungen, Publikationen und in den sozialen Medien neu bewertet und vielfach inzwischen auch geschätzt.1 Obwohl die Landesdenkmalämter in Deutschland die Nachkriegsmoderne noch keinesfalls flächendeckend und systematisch erfasst haben, steht bereits für die nächste Architekturepoche aufgrund ihres Alters eine historische Betrachtung zur Debatte. Ein Impetus, sich mit diesen noch jüngeren Objekten zu beschäftigen, mag auch in der Erfahrung der Erforschung der Nachkriegsmoderne zu suchen sein: Zu viele Objekte dieser Ära wurden vor ihrer Denkmalerfassung schon abgebrochen oder massiv verändert. In Anbetracht der immer kürzer werdenden Laufzeiten von Architektur darf dies auch für die Achtziger- und Neunzigerjahre vermutet werden. Es ist also an der Zeit, sich solchen Youngtimern aus Sicht der Denkmalpflege als Geschichtswissenschaft anzunähern, hier exemplarisch dargestellt an einigen Beispielen aus Baden-Württemberg.2
H-Kennzeichen
Wie bei Autos kommt bei Gebäuden der Achtziger- und Neunzigerjahre demnächst das H-Kennzeichen infrage. Bei diesen Bauten fällt zwar sofort der Stilbegriff der Postmoderne, doch in dieser Zeit wurde weit pluralistischer gebaut. Es ist eine der schillernden und schwer zu fassenden Architekturepochen des 20. Jahrhunderts, die das vergangene Jahrtausend beschließt und wohl auch abgeschlossen ist. Zumindest in der aktuellen Architekturszene ist die Postmoderne ein No-Go und keiner „will es gewesen sein“. Dies allein ist Grund genug zu der Annahme, dass die Epoche zu Ende gegangen ist. Gerade weil die jeweils zurückliegende Ära von Zeitgenossen meist kritisch beäugt und wenig honoriert wird, ist es an der Zeit, die bau- und stadtbaugeschichtlich wertvollen und damit denkmalwerten historischen Zeugnisse dieser Jahre rechtzeitig zu erkennen, zu erfassen und dann auch zu erhalten. Manche stehen – noch keine 30 Jahre alt – schon auf der Roten Liste gefährdeter Baudenkmäler:3 Zeit also, um zu handeln. Die Denkmalerfassung muss starten und tut dies auch. Es ist jedoch keine leichte Aufgabe, sondern eher eine ambitionierte Herausforderung, die große Masse der Objekte dieser Zeit systematisch zu sichten und dann eine begründete Auswahl an Bauten zu treffen, die als Kulturdenkmale Zeugniswert für die Epoche besitzen.
Das Thema Erfassung junger Kulturdenkmale steht dabei ganz in der Tradition der Denkmalkunde: Mit jüngeren Architekturschichten haben
sich schon Generationen von Denkmalpfleger:innen beschäftigt und darunter jeweils etwas anderes verstanden: 1880 fand man barocke Bauten jung, 1920 fand man das 19. Jahrhundert jung, 1960 fand man Gründerzeit und Jugendstil jung.4 Die Inventarisation von Kulturdenkmalen ist in die sich wandelnden gesellschaftlichen Auffassungen von Architektur und Kunst eingebettet und muss sich systemimmanent ständig fortentwickeln. In der Erfassung, die etwa im Generationenabstand (20–25 Jahre) beginnt, sind es immer wieder einzelne erste Schwellenobjekte, die sehr früh Eingang in die Denkmallisten finden, noch bevor zeitversetzt eine systematischere Beschäftigung mit der jeweiligen Bauepoche startet.
Für die Achtziger- und Neunzigerjahre steht die Denkmalpflege im Moment in der Frühphase der Schwellenobjekte, vulgo Schlüsselbauwerke und Ikonen. Meist steht der künstlerische Wert der Bauwerke im Vordergrund. Es sind die epochalen Bauwerke der alten Bundesrepublik mit großem Zeugniswert, die Ikonen wie etwa die Neue Staatsgalerie von James Stirling, Michael Wilford and Associates in Stuttgart (Abb. 1), die es schon auf die Titelblätter der Denkmalpflegeliteratur geschafft haben.5 Pointiert formuliert, wird in Stuttgart im 20. Jahrhundert zweimal europa-, vielleicht sogar weltweit Architekturgeschichte geschrieben: einmal 1927 mit der Weissenhofsiedlung und einmal 1984 mit der Neuen Staatsgalerie. Die Staatsgalerie, die als Bau für Kunst selbst zum Kunstwerk wird, hat Wolfgang Pehnt als „Fanal der Postmoderne“ gewürdigt.6 Die Neue Staatsgalerie wurde schon 1987, drei Jahre nach ihrer Fertigstellung, intern als Kulturdenkmal gesehen, 2005 dann offiziell unter Schutz gestellt und 2014 als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung geadelt. Die Denkmalgeschichte der Stuttgarter Kulturmeile wird 2018 fortgeschrieben: Auch die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (1992–1996) und sogar das Haus der Geschichte Baden-Württemberg (2001) werden als Gesamtplanung Stirlings mit dem Motto „bottle and cork“ in die Denkmalliste aufgenommen.7 Die Stuttgarter Kulturmeile ist damit ein seltenes Gesamtkunstwerk der postmodernen Architektur und Stadtplanung, ein Exempel von internationalem Rang. Bei diesen Ikonen kann man es aber nicht belassen, will man eine Architekturepoche mit exemplarischen Objekten gewürdigt sehen. Es braucht weitere Objekte in erster und dann auch in zweiter Reihe, um diese wichtigen Jahre der BRD und der DDR sowie seit 1990 des wiedervereinigten Deutschland anschaulich im Bestand dokumentieren zu können. Mit der Neuen Staatsgalerie als fulminantem Auftakt folgte in den Achtzigerjahren eine ganze Reihe weiterer Bauten für Kunst und Kultur. Im Museums- und Galeriebau fand die postmoderne Architektur wohl zu ihrer reichsten motivischen Gestaltung. So leisteten sich – um weitere
Abb. 1 – Neue Staatsgalerie in Stuttgart
Erzeugnisentwicklung „WBS 70/14.40“
Christopher Nickol
Anfang der Siebzigerjahre wurde das Plattenwerk in Dresden-Sporbitz auf die Platte „WBS 70/10.80 Typ Dresden“ umgestellt. Doch trotz der Kreativität der Akteure galt das Ergebnis als unbefriedigend. So war das nördliche Einzugsgebiet im Bezirk Dresden nur mit einem eingeschränkten „WBS 70“-Sortiment bebaubar. Kritisch war die Tiefe von 10,80 Metern mit ihrer geringen Einwohnerdichte und damit einer Unternutzung der Infrastruktur. Ein Versuch, dem strukturell entgegenzuwirken, war die Einführung des „IW 67“ mit 13,20 Metern Tiefe, der allerdings aus bezirklichen Zwängen nur in geringem Umfang gebaut werden konnte. Mit Leopold Wiel als Vorsitzendem der Forschungsgruppe „Komplexer Wohnungsbau“ an der TU Dresden konzentrierte man sich auf die energieökonomische Verdichtung durch eine höhere Tiefe im Wohnungsbau. Dies sollte zu mehr städtebaulichem Typologiereichtum und unterschiedlich skalierbaren Einwohnerdichten führen. Ein in der DDR rezipiertes Beispiel war das dänische System „Nielsen und Larsen“, das zwischen 9 und 15 Metern Tiefe variieren konnte, um unterschiedliche Wohntypologien zu ermöglichen. 1975 verfasste Wiel eine kritische „Initiativforschung“ aufgrund der Einführung des „Dresdner WBS 70“, die während der 150-Jahr-Feier der TU Dresden 1979 einer Delegation unter Erich Honecker vorgestellt wurde. Die Studiensammlung „Ergänzungsangebot EA WBS 70 mit 14,40 Meter Gebäudetiefe“ sollte die Grundlage für eine neue Serie in Berlin werden. Obwohl dies nicht realisiert wurde, gab es 1980 in Dresden den Beschluss zur Entwicklung eines „IW 84“ genannten Erzeugnisses – eine leichte Platte, die auf dem „IW 74“ basierte und im Betonwerk Coswig produziert werden sollte. Wolf-Dieter Hünig wurde mit der Entwicklung und Projektierung der Serie beauftragt und realisierte 1983 den Prototypen in der Martin-Luther-Straße (Typ „WBS 70/14.40“).
Der neue Typenbau wurde der Treiber des 1969–1971 modifizierten Generalbebauungsplans von Dresden. Wichtigste konzeptionelle Idee dieser Planungen war das Vorhaben einer monumentalen Fußgängermagistrale, die vom Hauptbahnhof über die Prager Straße, den Altmarkt, die Schlossbrücke, die Straße der Befreiung (heute Hauptstraße) bis zum Platz der Einheit (heute Albertplatz) führen sollte. Diese Magistrale wurde als „gesellschaftlicher Erlebnisweg“1 bezeichnet mit einer entsprechend hohen Bandbreite an architektonischer Gestaltung. Es folgten diverse Wettbewerbe und Bauvorhaben, die sowohl die Magistrale selbst inszenierten als auch ihre Umgebung aufwerteten, um diese in einem räumlichen Netzwerk miteinander zu verknüpfen. Dieses räumliche Gefüge bestand aus innerstädtischen Konfigurationen und diente als Projektionsfläche für die Anwendung des Typs „WBS 70/14.40“, der folglich gestalterisch aus den zu Verfügung stehenden Mitteln eine spezifische Dresdner Gestaltung erhielt, die man heute als postmodern lesen könnte.
1 Rat der Stadt Dresden: Generalbebauungsplan und Generalverkehrsplan der Stadt Dresden 1967, S. 29.
der Mieterinformation zur Wohnungsbaureihe WBS 70/14,40
Abstracts
Titelblatt
Zu den Autor:innen
Kirsten Angermann, Dr. phil. Dipl.-Ing., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte der Bauhaus-Universität Weimar und arbeitet freiberuflich als Denkmalpflegerin in Berlin. Zuvor war sie u. a. als wissenschaftliche Volontärin am Landesdenkmalamt Berlin tätig. Sie studierte Architektur an der Bauhaus-Universität Weimar, der TU Dresden und der Università degli Studi Roma Tre. 2022 schloss sie ihre Promotion zur postmodernen Architektur in der DDR ab.
Oleksandr Anisimov, MSc 4Cities urban studies (Universität Wien, Vrije Universiteit Brussel), BA Politikwissenschaft (Kyiv-Mohyla Academy), ist Doktorand an der Aalto University in Espoo, Finnland. Er leitete die bildungs- und forschungsorientierte städtische NGO „New Housing Policy“ in Kyjiw Zu seinen Forschungsinteressen gehört die Transformationsperiode von der späten UdSSR bis in die Neunzigerjahre in den Bereichen zeitgenössische Stadt- und Bodenpolitik, Stadtplanung sowie Architekturtheorie.
Karin Berkemann, PD Dr. habil., ist Kustodin der Dalman-Sammlung an der Universität Greifswald. Die Diplom-Theologin, Kunsthistorikerin M. A. und Architektin in der Denkmalpflege (Fortbildung) arbeitete u. a. beim Landesamt für Denkmalpflege in Hessen. Habilitiert zum Thema Kirche und Kulturerbe, lehrt sie als Privatdozentin für Architekturgeschichte und Denkmalpflege an der TU Dortmund. Für die Herausgabe des OnlineMagazins moderneREGIONAL erhielt sie 2018 den Deutschen Preis für Denkmalschutz.
Matthias Brenner, M. A. (TUM), ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Konstruktionserbe und Denkmalpflege der ETH Zürich. Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts „High-Tech for High-Tech“ untersucht er das Potenzial digitaler Fabrikation für die Reparatur von High-TechArchitektur der Achtzigerjahre. Er studierte Architektur an der TU München, der Università di Roma „La Sapienza“ und der Toronto Metropolitan University.
Sabine Brinitzer, apl. Prof. Dr. habil., lehrt Baugeschichte an der RPTU Kaiserslautern und ist freiberuflich als Denkmalpflegerin in Schaffhausen (CH) tätig. Sie studierte Architektur sowie Kunst- und Baugeschichte mit Denkmalpflege. Nach ihrer Promotion über Hans Bernhard Reichow habilitierte sie über organische Architekturkonzepte in Deutschland. Sie war u. a. Referentin des Bundes Deutscher Architekten, Projektleiterin Denkmalpflege der Stadt Schaffhausen und übernahm zahlreiche Lehraufträge.
Marianna Charitonidou, Dr., ist Dozentin für Architektur an der Fakultät für Kunsttheorie und -geschichte der Hochschule für Bildende Künste in Athen, Architektin, Urbanistin, Historikerin und Architekturtheoretikerin, Expertin für nachhaltige Umweltgestaltung und Kuratorin. Derzeit leitet sie das Projekt „Constantinos A. Doxiadis and Adriano Olivetti’s Post-war Reconstruction Agendas in Greece and in Italy: Centralising and Decentralising Political Apparatus“. Außerdem ist sie Gründerin und Leiterin des Architektur-, Stadt- und Landschaftsplanungsbüros Think Through Design.
Eva Devasi, Dr., ist freie Kunst- und Architekturhistorikerin. Sie studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Archäologie der römischen Provinzen in Köln und Genua. Ihre 2020 veröffentlichte Dissertation untersucht Unternehmenslobbys anhand von fünf internationalen Objekten, jeweils eines in New York, Houston, Hongkong, Zürich und Düsseldorf.
Fridtjof Florian Dossin ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bauhaus-Universität Weimar im DFG-Graduiertenkolleg „Identität und Erbe“. Er absolvierte ein Bachelorstudium Urbanistik an der Bauhaus-Universität Weimar sowie ein Masterstudium Denkmalpflege/ Heritage Sciences an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Er forscht und arbeitet im Bereich der Industriedenkmalpflege und gründete hierzu unter anderem den Institut für Graue Energie e.V.
Geraint Franklin ist als Historiker bei Historic England beschäftigt und ist auf britische Architektur nach 1945 spezialisiert. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Howell Killick Partridge & Amis (2017), Post-Modern Buildings in Britain (2017) und John Outram (2022); außerdem hat er zur Reihe Introductions to Heritage Assets von Historic England den Band zu Post-Modern Architecture beigetragen. Er ist Herausgeber der Reihe Twentieth Century Architects, die von Historic England zusammen mit der Twentieth Century Society herausgegeben wird.
Frida Grahn ist Doktorandin an der USI Accademia di architettura, Mendrisio, wo sie ihre Dissertation zur Schweizer Rezeption von Robert Venturi und Denise Scott Brown schreibt. Sie studierte Architektur (MSc ETH Arch, 2010) und Architekturgeschichte (MAS ETH gta, 2018) in Zürich und arbeitete für Caruso St John Architects sowie als freie Kritikerin. Sie ist Herausgeberin der Anthologie Denise Scott Brown: In Other Eyes (2022) und initiierte das Symposium „Denise Scott Brown“ an der Yale School of Architecture (2023).
Martin Hahn, Dr.-Ing., ist Landeskonservator im Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und dort Leiter des Referats Inventarisation, das sich u. a. seit einiger Zeit mit jungen Kulturdenkmalen beschäftigt. Er studierte Geografie, Kunstgeschichte und Denkmalpflege in Marburg und Bamberg. Er ist Sprecher der AG Inventarisation in der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL) und nimmt Lehraufträge an den Hochschulen in Nürtingen und Stuttgart wahr.
Astrid Hansen, Dr., Referatsleitern der Denkmalkunde am Hamburger Denkmalschutzamt. Studium der Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, Bonn und Marburg. Seit 1998 ist sie an verschiedenen Landesdenkmalämtern tätig, führt Forschungen zur Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts u. a. in Norddeutschland durch, veröffentlicht Schriften zur Denkmalpflege und lehrt an den Universitäten Kiel und Hamburg. Gegenwärtig arbeitet sie zusammen mit Kolleg:innen an der Erfassung des Denkmalbestands der Siebziger- bis Neunzigerjahre in der Freien und Hansestadt Hamburg.
Stephanie Herold ist Professorin für Städtebauliche Denkmalpflege und Urbanes Kulturerbe an der TU Berlin. Zuvor war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Berlin und an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg tätig. In ihrer Forschung setzt sie sich mit denkmaltheoretischen Fragen insbesondere im Bereich von Emotionen und Ästhetik auseinander. Darüber hinaus arbeitet sie zu Architektur und Stadtplanung der Nachkriegs- und Postmoderne.
Sonja Hnilica, Prof. Dr., lehrt Baugeschichte und Architekturtheorie an der TU Dresden. Nach einem Studium der Architektur promovierte sie an der TU Wien. Sie habilitierte an der TU Dortmund mit einer Arbeit zu Großstrukturen der Nachkriegsmoderne und lehrte außerdem an der Universität Heidelberg und der TH Lübeck. 2021/22 gab sie mit Riklef Rambow eine Doppelnummer der Zeitschrift Wolkenkuckucksheim unter dem Titel „Identifikationen der Postmoderne“ heraus.
Cyril Kennel, Designer und M.A., unterrichtet jüngere Kulturgeschichte und Designtheorie an der Zürcher Hochschule der Künste und diversen Höheren Fachschulen. Er promoviert an der BTU Cottbus zur Popularisierung von Narrativen und Motiven in der postmodernen Alltagsarchitektur in der Deutschschweiz und arbeitet als freischaffender Architekturvermittler.
Carina Kitzenmaier ist freiberufliche Designerin und Autorin. Sie hat Architektur an der Universität der Künste Berlin und an der École d’Architecture Paris Val de Seine studiert (Bachelor of Arts and Science 2015, M. A. 2018) und arbeitet freiberuflich. Seit 2016 gehört sie zum Team der STADTDENKEREI. Seit 2023 ist sie Mitglied der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (DNK), in dessen Auftrag die Publikation Tendenzen der 80er-Jahre. Architektur und Städtebau in Deutschland (hg. mit Matthias Noell, 2022) entstanden ist.
Christian Kloss, Dipl.-Ing. Stadt- und Regionalplanung, ist seit 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin, Fachgebiet Stadtplanung und Bestandsentwicklung und verfasst eine Dissertation zum Thema „Bauen im Bestand – Die Wohnbauten von Inken Baller und Hinrich Baller 1967–1989“. Er ist Mitglied und Autor bei URBANOPHIL – Netzwerk für urbane Kultur und als Gutachter im Auftrag des Landesdenkmalamts Berlin für Denkmalerfassungen der Siebziger- und Achtzigerjahre tätig.
Silke Langenberg ist ordentliche Professorin für Konstruktionserbe und Denkmalpflege am Departement Architektur der ETH Zürich (Institut für Denkmalpflege und Bauforschung sowie Institut für Technologie in der Architektur). Zuvor war sie ordentliche Professorin für Bauen im Bestand, Denkmalpflege und Bauaufnahme an der Hochschule München. Sie studierte Architektur in Dortmund und Venedig. Seit ihrer ingenieurwissenschaftlichen Dissertation zum Thema „Bauten der Boomjahre“ beschäftigen sich ihre Forschungsarbeiten mit Fragen der Entwicklung, Reparatur und langfristigen Erhaltung von seriell, industriell und digital hergestellten Konstruktionen.
Hans-Georg Lippert, Prof. Dr., war 1998–2023 Professor für Baugeschichte und Direktor des Instituts für Baugeschichte, Architekturtheorie und Denkmalpflege an der TU Dresden, wo er seitdem als Seniorprofessor tätig ist. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Vielfalt und Widersprüchlichkeit der architektonischen Moderne, der moderne Heimatdiskurs und das Bauen, Architektur der DDR und der BRD im internationalen Kontext, Architektur in Spielfilm und Comic.
Paul Mahringer, Dr., studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien. Seit 2006 ist er Mitarbeiter im Bundesdenkmalamt und seit 2016 Leiter der Abteilung für Denkmalforschung und als solcher Herausgeber der Österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Theorie und Geschichte der österreichischen Denkmalpflege und der Frage des Umgangs mit dem schwierigen baulichen Erbe der NS-Zeit.
Hans-Rudolf Meier, Prof. Dr., leitete 2008–2023 die Professur Denkmalpflege und Baugeschichte der BauhausUniversität Weimar. Als Seniorprofessor ist er weiterhin Sprecher des DFG-Graduiertenkollegs „Identität & Erbe“ und Direktor des Internationalen Heritage-Zentrums (IHZ). Er studierte Kunstwissenschaft und MittelalterArchäologie und forscht und publiziert zur Theorie und Geschichte der Denkmalpflege sowie zur Geschichte der Architektur des Mittelalters und der Moderne. Er ist außerordentliches Mitglied des BDA Thüringen.
Christopher Nickol, M. Sc., ist Mitglied im Netzwerk ostmodern und beruflich tätig in der Bestandssanierung. Er studierte Architektur in Leipzig und Weimar und war u. a. am Stadtmuseum Dresden, dem Bauhaus-Projekt „Leben/Dazwischen“, in der „Platte 2.0“ in DresdenGorbitz (zusammen mit Martin Maleschka) tätig. Er war Co-Autor bei der Publikation WBS 70 – fünfzig Jahre danach, einem Projekt des Kunsthauses Raskolnikow und betreibt den Instagram-Account „Altstadtplatte“.
Autor:innen
Matthias Noell, Prof. Dr., ist Professor für Architekturgeschiche + Architekturtheorie an der UdK Berlin; zuvor war er in Zürich, Paris, Halle, Berlin und Leipzig tätig. Seine Habilitation schloss er 2008 an der ETH Zürich ab, die Promotion 1997 an der TU Berlin. Publikationen überwiegend zur Geschichte und Theorie der Architektur und Denkmalpflege. Zuletzt erschienen: Wider das Verschwinden der Dinge. Die Erfindung des Denkmalinventars (2020) und Tendenzen der 80er-Jahre. Architektur und Städtebau in Deutschland (hg. mit Carina Kitzenmaier, 2022).
Ulrike Plate, Hon.-Prof. Dr. phil., M. A., Landeskonservatorin von Baden-Württemberg. Nach einem Studium der Kunstgeschichte, Germanistik und Vor- und Frühgeschichte in Stuttgart, Köln und Tübingen promovierte sie über Baugeschichte und Archäologie. Seit 1994 ist sie im Landesamt für Denkmalpflege tätig, seit 2019 Leiterin des Abteilungsbereichs Bau- und Kunstdenkmalpflege. Sie ist Honorarprofessorin an der Universität Stuttgart, Institut für Architekturgeschichte.
Arthur Rüegg führte nach Auslandsaufenthalten in Paris und Boston 1971–2019 ein Architekturbüro in Zürich (bis 1998 mit Ueli Marbach). 1991–2007 lehrte er als Professor für Architektur und Konstruktion an der ETH Zürich. Forschungs-, Publikations- und Ausstellungstätigkeit über neuere Schweizer Architektur sowie über Konstruktion, Farbe und Design in der Moderne, speziell bei Le Corbusier (Polychromie architecturale und Werkverzeichnis der Möbel), sowie über das Schweizer Einrichtungsdesign.
Sandro Scarrocchia, Dr. Arch. (Universität Florenz), Spezialisierung in Kunstgeschichte (Universität Bologna), Dr. phil. (Universität Bonn), Architekt und Kunsthistoriker. Er war Professor für Entwurfslehre und für Theorie und Geschichte der Restaurierung an der Accademia di Belle Arti di Brera in Mailand. 2018 ging er in den Ruhestand und war bis 2022 als Lehrbeauftragter für Kunstgeschichte am Politecnico Milano tätig.
Magdalena Scherer, M. A., arbeitet als Koordinatorin für bildende Kunst im Kulturbüro der Stadt Frankfurt (Oder). Sie studierte Kulturwissenschaften und Museumsmanagement in Frankfurt (Oder) und Berlin. Sie forscht zu baubezogener Kunst der DDR in Frankfurt (Oder) und ist Mitkuratorin der Ausstellungen Um Kunst eine Platte machen (2021) und HALBE STADTansichten (2023).
Sabine Schulte, Dr. phil., ist Kunsthistorikerin und Denkmalpflegerin. Seit 2017 leitet sie die Abteilung Inventarisation und Denkmalvermittlung im Landesdenkmalamt Berlin – Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. 2004–2017 war sie als Referentin der Bau- und Kunstdenkmalpflege und der wissenschaftlichen Inventarisation in Landesministerien in Hamburg, Berlin und im Saarland tätig. Sie publiziert zu Architektur- und Denkmalthemen sowie Denkmalkunde.
Laurent Stalder ist Professor für Architekturgeschichte und -theorie am Institut gta der ETH Zürich. Sein Forschungs- und Publikationsschwerpunkt ist die Architekturgeschichte und -theorie vom 19. bis ins 21. Jahrhundert an der Schnittstelle zur Technikgeschichte.
Florian Urban ist Professor für Architekturgeschichte und Head of History of Architecture and Urban Studies an der Glasgow School of Art. Er studierte Stadtplanung an der University of California in Los Angeles (UCLA), promovierte in Architekturgeschichte am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und forscht seit Jahren zur Postmoderne. Hierzu publizierte er u. a. Postmodern Architecture in Socialist Poland – Transformation, Symbolic Form and National Identity (2021).
Antje Wilke, M. A., ist Projektreferentin beim Museum Utopie und Alltag (Alltagskultur und Kunst aus der DDR) und freiberuflich als Kuratorin tätig. Sie studierte Europastudien, Ethnologie und Kulturwissenschaften in Halle (Saale), Danzig und Frankfurt (Oder). Zu ihren wissenschaftlichen Schwerpunkten zählen Geschichte der DDR, Stadtplanung, Kunst im öffentlichen Raum und angewandte Geschichte.
Sabine Weigl, Mag., ist seit 2015 Mitarbeiterin des Bundesdenkmalamts in Wien und seit 2022 stellvertretende Leiterin der Abteilung für Denkmalforschung. Sie studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien.
Paul Zalewski, Prof. Dr., Inhaber der Professur für Denkmalkunde an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Er studierte Kunstgeschichte und Denkmalpflege in Thorn, Heidelberg, Bamberg und promovierte an der TU Berlin. Anschließend war er wissenschaftlicher Assistent an der Professur für Baudenkmalpflege der Bauhaus-Universität Weimar und Juniorprofessor an der Leibniz Universität Hannover. Seit 2009 leitet er den berufsbegleitenden Masterstudiengang „Schutz Europäischer Kulturgüter“ an der Viadrina.
Ilaria Maria Zedda , Dr.-Ing., studierte Architektur an der Polytechnischen Universität Turin und schloss ihre Promotion 2023 an der RWTH Aachen und der Universität Bologna ab. Ihre Dissertation, die in Kooperation mit der FH Potsdam entstand, befasst sich mit dem städtischen Block im Rahmen der europäischen Diskurse über die Stadt der Siebziger- und Achtzigerjahre und konzentriert sich dabei auf die Blöcke der IBA Berlin 1979–1987. Ihre Forschungsinteressen umfassen den Städtebau und das Wohnen im 20. Jahrhundert.