BIORAMA 78

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ÖSTERREICHAUSGABE 78 — APRIL/MAI 2022. WWW.BIORAMA.EU

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TIERWOHL, DIE HEILIGE KUH

Wo gemolken wird, fehlen Kälber? Kurzer Knall: Die Alternative zum Tiertransport zum Schlachthof ist der Weideschuss. Leerer Stall: Eine Familie mit zwei Gründen, sich von der Milchwirtschaft zu verabschieden. Spezieller Fall: Malen ohne Zahlen – der Trend hat den Elternalltag erreicht.

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POLITIK MIT DIR!

Peter Kraus Judith Pühringer

Parteivorsitzender

Parteivorsitzende

M A S N I E M E G N E I W N E T L A T GES

n Stadtlebens e v ti k ra tt a s e rünen Idee ein gramm machen. G r e d s u a n e Wir woll undsatzpro ein starkes Gr machen. IR D it m s a d n Und wir wolle pert:in. x E , n :i d n u re F ls Nachbar:in, terte Wiener:in, a u d t is b s a d DU, te und begeis ähler:in. r ie s s re te in ls A oder Nichtw als Wähler:in Sei dabei!

m.at m a r g o r p d ir deine-idee-w


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E D I T O R IA L , IM P R E SSU M

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WIR WOLLEN MEHR

BILD BIORA MA /MI CHAEL MICKL

COVERBILD ISTO CK. COM/HAKU LE

T

ierwohl. Der Wunsch nach einem besseren, artgemäßeren Umgang mit den für unsere Ernährung gehaltenen Tieren könnte einer der wenigen gemeinsamen Nenner einer ansonsten in Landwirtschaftsfragen diversen Meinungslandschaft sein. Kritik an den Forderungen nach »artgerechterer Haltung« wird öffentlich q ­ uasi nicht geäußert. Wer Tierwohl fordert, bekommt allenfalls von jenen Gegenwind, die Nutztierhaltung generell ablehnen. Nicht aber von jenen, die der Mehrheitsgesellschaft »Entfremdung« von der und mangelnden »Bezug« zur Produktion von Lebensmitteln unterstellen, noch von jenen, die im Namen der Ernährungssicherheit und -souveränität gegen allzu »romantische Vorstellungen« der Möglichkeiten wettern. Das sollte Anlass zur Sorge sein, deutet es nämlich auf die erwartete Effektlosigkeit dieser Forderungen hin. Wüssten wir konkret, was wir fordern, wenn wir Tierwohl in der Landwirtschaft verlangen, würde es Einsprüche hageln und ein Diskussionsprozess entstehen, der nicht nur zwischen Handel, Industrie und Landwirtschaft stattfindet. Er könnte Grundlage gesetzlicher Standards werden, die über das Minimum der Tierschutzgesetze hinausgehen. Dazu gehört die Einsicht, dass Landwirtschaft nicht nur nicht aussieht, sondern im Regelfall auch nie aussehen wird, wie wir sie aus manch surrealen Marketingsujets gewohnt sind, in denen Nutztiere naturnah, fast wild leben, gleichzeitig aber vermenschlicht und wie Haustiere umsorgt werden. Die Nachfrage nach Milch und die Nachfrage nach Fleisch haben ein Produktionssystem geschaffen, das nicht mehr von einem Tier geschweige denn dessen Wohl aus denkt. Sondern vom Tier als Produktionsmittel eines Teilproduktes – als das es lebend über weite Strecken in spezialisierte Fabriken transportiert wird. Nur durch weniger Tier kann ein Minimum an Wohl überhaupt im großen Stil möglich werden. Fast immer mag weniger mehr sein: Für die Anzahl der auf einem Betrieb gehaltenen Tiere gilt das nicht automatisch. In modernen, »tierwohlgerechten« Ställen mit genügend Auslauf kann »Massentierhaltung« vertretbar sein. Mit Intensivtierhaltung geht sie nicht zwingend einher. Ein Beispiel

dafür ist der genossenschaftliche Betrieb Bunde Wischen, der in dieser Ausgabe vorgestellt wird. Die Rinderhaltung dort ist flächengebunden, 1000 Tiere halten 1700 Hektar artenreiches Grünland offen – und schützen die Biodiversität. Die folgenden Seiten sollen Inspiration zur Veränderung bieten. Fleisch und Milch, Kalb und Kuh, sind nicht getrennt zu denken. Wir wünschen gute Lektüre!

Irina Zelewitz, Chefredakteurin zelewitz@biorama.eu

Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

IMPRESSUM HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORINNEN Samantha Breitler, Annalena Eisfeld, Andrea Heistinger, Florian Jauk, Gunnar Landsgesell, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Jürgen Schmücking, Thomas Stollenwerk, Thomas Weber GESTALTUNG ­Selina Schobel, Stefan Staller LEKTORAT Mattias Feldner COVER­BILD ­Stefan Staller ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Tanja Grossauer-Ristl, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9 / 14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG ­Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT www.biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE BIORAMA 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien. BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr. Zusätzlich erscheinen wechselnde BIORAMA-Line-Extentions.


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AU F TAK T

78 INHALT

Editorial Bild der Ausgabe 09 Street Talk 12 Global Village 14 Eine Frage der Haltung 03

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Tierwohl auf dem Prüfstand. 18

Ein Knall. Und aus. Das passiert vor und nach dem Kugelschuss auf der Weide.

22

Stirbt der Hornochs aus? Hornlose Rinderarten statt Enthornung?

24

Zurück zum Ursprung Familienaufstellung im leeren Stall.

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18

WEIDESCHUSS Fleischkonsum bedeutet, Tiere zu töten. Der Kugelschuss auf der Weide gilt als die schonendste, stressfreiste Art. Was kann man sich darunter vorstellen?

All they can drink Was steckt hinter Produkten mit der Kennzeichnung »muttergebundene Kälberaufzucht«?

34

Joghurtmachen Es braucht nur Geduld und Bakterien: ein Selbstversuch.

38

Proteinkraut Manche Nährstoffe wachsen vor der Haustür.

41

Wildkräuter(rezepte) finden Martina Merz’ Brennnesselrisotto und Kräuterwissen.

45

Mischkultur Feinster Biodünger ist einfach zu kriegen.

47

Amphibien-Mobilität BeTriton: Wohnmobil, Boot und Fahrrad in einem?

52

Rezensionen Juicy Stories Was ist Fruchtsaft?

58

Responsibly Wasted Finnisches Foodwaste-Bier und eine erfolgreiche Gewässerrenaturierung.

64

24

DER LEERE STALL Der Fleischer hat die letzten drei Kühe geholt. Die Milchwirtschaft rechnet sich nicht mehr für Maria und Peter Prinz. Die Sache, für die ihr Sohn in der Stadt kämpft – Veganismus! Tierrechte! –, scheint einen Schritt weiter.

Und sonst so ...

MARKTPLATZ 50

Marktplatz Kosmetik Alles für die Füß’.

60

Marktplatz Drinks 9 Exemplare der Seltenheit Biobier.

62

Marktplatz Food 6 fermentierte (K)östlichkeiten.

KOLUMNE 66

Elternalltag

BILDER CHRISTINA CZ YBIK, THOMAS WEBE R, WASTE D PO TENTIA L BE E R, JÜRGE N SCH MÜCKI NG

Empfehlungen und Warnungen. 55


58 WASTED POTENTIAL BEER

Foodwaste und Gänsefäkalien waren gestern. Dieses Jahr kommen Schwimmblasen von Fischen beim Brauen zum Einsatz.

62 MARKTPLATZ FOOD

6 Fermentierte (K)östlichkeiten vorgekostet.

Ein europäisches Kooperationsprojekt gemeinsam mit

Mit Unterstützung vom

Partner Technisches Museum Wien


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BI L D D ER AU SGA B E

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ERHOBENER EUTER

BILD: ELMAR BERTSCH/HANNO MACKOWITZ

Im März 2022 hat sich der »fliegende Euter« zum 15. Mal erhoben. 2018 hat die Künstlerin Barbara Anna Husar den Heißluftballon fertiggestellt und anlässlich des Festivals Walserherbst (Vorarlberg) als Beitrag zum Diskurs »Mensch & Rind« erstmals aufsteigen lassen. Seither taucht der Euter anlassabhängig verknüpft mit unterschiedlichen Aussagen mal über dem Bodensee, mal über Wien auf, im Bild zu sehen: seine Alpenüberquerung. Husar hat seit ihren ersten Euterskizzen 2010 (zu sehen in der BIORAMA-Ausgabe #12) beschäftigt, was wir vom Rind wahrnehmen – und was nicht. Der 35 Meter große fliegende Euter wird vermutlich durchaus wahrgenommen, seine Dimensionierung ist allerdings auch Teil seiner Bedeutung: »Bis vor Kurzem lautete der landwirtschaftliche Trend: Egal, was es dazu braucht, der Euter muss möglichst groß sein und möglichst viel Milch geben. Und nun sickert langsam ein, dass Reduktion eine besondere Funktion hat in unserer Wertetransformation«, beschreibt Husar die Intention des Kunstwerks und sie betont: »Man kann den Euter nicht losgelöst von der Kuh denken.« Ende Mai wird die soziale Skulptur übrigens, sobald der Wind stimmt, am Berliner Himmel herumfliegen. Mehr dazu auf euter.art IRINA ZELEWITZ


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Gemeinsam schmeckt ‘s am besten!

Heuriger Spätrot

Hansen

GO!Wien

Bolena

Marktamt Baden

Mae Aurel

„Die Presse“

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STREET TALK WIR FRAGEN, 10 WOHLÜBERLEGTE ANTWORTEN

» WAS ­BEDEUTET FÜR DICH TIERWOHL?« INTERVIEW UND BILD FLORIAN JAUK UND ANNALENA EISFELD

finde ich nicht in Ordnung. Fleisch müsste teurer werden. Für mich persönlich bedeutet das, so wenig Fleisch wie möglich zu essen. Und wenn ich tierische Produkte kaufe, auf Bio zu setzen.

MICHAELA

50, Pädagogin Wenn ich das Wort ›Tierwohl‹ höre, denke ich an erster Stelle an Hühnereier. Ich bin sehr froh, dass die Käfighaltung in Österreich abgeschafft worden ist. Ich bin weder Veganerin noch Vegetarierin, aber ich schaue, dass ich die Eier und Fleisch am Markt kaufe und weiß, wo es her ist. Bei den Schuhen, die ich jetzt gerade trage, weiß ich ehrlich gesagt nicht, wo das Leder herkommt. Sie sind sehr angenehm und ich würde auch mehr zahlen, um zu wissen, dass das Leder aus einer einwandfreien Produktion kommt.

MANUEL

22, Sozialbetreuer Tierwohl bedeutet, die Maßstäbe für alle Lebewesen gleich anzusetzen. Was ich aber in meinem Umfeld sehe, ist, dass das viele aus Gewohnheit nicht machen. Man setzt bei Haustieren schon angemessene Maßstäbe, was beispielsweise medizinische Versorgung betrifft, bei Nutztieren leider nicht. Ich finde es wichtig, dass sich das ändert.

ANGUS

20, Akustik- und Musiktechnik-Student Dass ich alle Leben gleich schätze. Auch das Leben von Tieren. Für mich ist es wichtig, dass Tiere in der Landwirtschaft alles bekommen, was sie auch in der Natur bekommen würden, und ein gutes Leben führen können. Was den Fleischkonsum betrifft, bin ich etwas hin- und hergerissen. Wenn man das Endprodukt sieht, löst man sich gefühlt von der ganzen Produktion und dem, was davor war. Das Problem momentan ist meiner Meinung nach, dass es noch keine geeignete Alternative zur Fleischindustrie gibt.

ELISABETH

73, pensionierte Übersetzerin Für mich bedeutet es, dass ein Tier nicht unnötig gequält wird. Das bedeutet aber auch, dass es nicht vermenschlicht wird, wie es mit Haustieren oft der Fall ist. Ich finde es übertrieben, wie manche Menschen Hunde und Katzen als Kinderersatz nutzen. Wie die Tiertransporte zur Fleischerzeugung stattfinden,

ALFIE

25, Texter Das Gleiche wie menschliches Wohlergehen. Das bedeutet, dass man alle Lebewesen gleich gut behandelt. Ich bin vegan, aber tolerant gegenüber FleischesserInnen. Ich denke, wenn man tierische Produkte konsumiert


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ST R E E T TA L K

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und das Leben der Tiere damit feiert und sie gut behandelt, ist das okay. Ich halte aber nichts von Massenproduktion und denke, dass sie nicht nur ethisch nicht korrekt, sondern auch nicht nachhaltig ist. Es ist schwer, einen gesamten Planeten, der sich immer von Fleisch ernährt hat, davon zu überzeugen, komplett auf tierische Produkte zu verzichten. Ich glaube, es hilft nicht, Menschen dafür zu verurteilen, Fleisch zu essen.

MARIE

36, Grafikerin Es würde bedeuten, dass man vegan lebt. Das tue ich aber nicht. Es ist ein extrem großes und für mich als Konsumentin auch unangenehmes Thema. Ich bin seit der Geburt meines Kindes auf Bio umgestiegen. Das ist der erste Schritt. Und wir versuchen, uns hauptsächlich vegetarisch zu ernähren. Da möchte ich den Gütesiegeln vertrauen, weiß aber, dass es nicht immer automatisch bedeutet, einwandfreie Lebensmittel zu bekommen. Wir versuchen, auf das Tierwohl zu achten, perfekt machen wir es aber sicher nicht.

ROSA

27, Designforscherin Ich denke, es ist wichtig, und glaube, dass es dabei darum gehen sollte, wie man mit anderen Lebewesen und der Erde umgeht. Tiere sind immer da und wir Menschen denken, die Macht über sie zu haben. Die Ansicht, das Recht auf diese ›Kolonialisierung‹ unserer Umwelt zu haben, muss sich ändern.

ROBIN

32, Lehrender für Architektur Die erste Sache, die mir dazu in den Sinn kommt, ist die NGO Peta, die sich für Tierrechte und Tierwohl einsetzt und auch von MusikerInnen aus der Punkrockszene unterstützt wird. Das finde ich spannend, weil der Punkrock auch eine Art Kampf in sich ist und irgendwo auch das Ziel hat, den Standpunkt auf die Gesellschaft zu verändern. So ist das auch beim Thema Tierwohl. Wir dürfen Tiere nicht nur als Lebensmittel, sondern müssen sie als gleichwertige Lebewesen betrachten. Die Frage, die sich für mich trotzdem stellt, ist: Heißt Tierwohl, zu respektieren, keine Nutztiere mehr zu halten?

BARBARA,

57, Pädagogiklehrende Seit zehn Jahren esse ich nur noch ein bis zwei Mal pro Woche Fleisch, weil ich weiß, dass es für mich nicht gut ist. Stattdessen esse ich Obst und Gemüse, auch wenn ich für meine Familie Fleisch zubereite. Hierbei schaue ich darauf, gutes Fleisch von Landwirtschaften aus der Umgebung zu kaufen.

CHRISTIAN

60, selbstständig Da meine größere Tochter seit drei Jahren vegan ist und meine kleinere Tochter sich vegetarisch ernährt, hat sich das Kochen in der Familie hin zu einer pflanzlichen Kost entwickelt. Dass ich keine Massentierhaltung unterstütze, ist für mich selbstverständlich. Trotzdem kaufe ich tierische Produkte wie beispielsweise Schuhe und Gürtel aus Leder.


brandnamic.com | Fotos: Tobias Köhler, Marion Lafogler, Theiner‘s Garten (Archiv)

HIER SCHLÄGT DER SOMMER WURZELN.

Mehr als biologisch – biodynamisch! Von der Poolheizung bis zum Zirbenholz in der Suite: In theiner’s garten leben und arbeiten wir nach dem biodynamischen Konzept. Dafür wurden wir als erstes Hotel Italiens von Demeter zertifiziert.

W W W.T H E I N E R S G A R T E N . I T


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G L O BAL VIL L AG E

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Beta-Lactoglobulin (3D-Struktur)

LANDLUFT:

VIEHWIRTSCHAFT:

Das Milchprotein BLG ist Teil der »Antiallergischen Schutzglocke« am Bauernhof.

Ein Abfallprodukt der Milchwirtschaft kann die AmmoniakEmissionen der Nutztierhaltung senken.

In den letzten 50 Jahren gab es vor allem in den sogenannten Industrienationen aufgrund von Faktoren wie der durch den Klimawandel verlängerten und verstärkten Pollensaison und des erhöhten Allergiepotenzials durch Feinstaubbelastung auf den Pollen einen starken Anstieg an asthmatischen und allergischen Erkrankungen, wie die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ecarf) berichtet. Studien schreiben jedoch Menschen, die in einem bäuerlichen Umfeld aufwachsen, ein geringeres Risiko zu, Allergien zu entwickeln, da sie auf den Höfen mit unterschiedlichen Mikroben und deren Bestandteilen in Kontakt kommen und dadurch besser vor Allergien geschützt sind. Den Grund für die »Schutzglocke« im bäuerlichen Milieu hat das interuniversitäre Wiener Messerli Forschungsinstitut nun gefunden: Beta-Lactoglobulin, kurz blg, das als Molkenprotein in Kuhmilch vorkommt. Doch Beta-Lactoglobulin konnte nicht nur in der Milch festgestellt werden, das Wiener Forschungsteam fand es in Kombination mit Zink auch in einem Radius von 300 Metern rund um die untersuchten Kuhställe in der Luft sowie im Urin männlicher und weiblicher Kühe. Laborversuche mit Mäusen konnten das Potenzial von Beta-Lactoglobulin gegenüber verschiedenen Allergenen, das in Kombination mit Mikronährstoffen das Immunsystem beruhigt und antiallergisch wirkt, bestätigen. FLORIAN JAUK

Gülle – so wird die Mischung aus Urin und Kot von Nutztieren bezeichnet, die aufgrund ihres hohen Stickstoffgehalts in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt wird – enthält Ammonium. Das entwickelt sich bei Luftkontakt auch zum Umweltgift Ammoniak, das als Feinstaub weitergetragen Ökosysteme schädigt. Laut EU-Verordnung muss bis 2030 Österreich seine Ammoniak-Emissionen um 18 Prozent senken, Deutschland seine um rund 29 Prozent. Zu diesem Zweck wurde an der hbla Ursprung im Salzburger Elixhausen gemeinsam mit der Fachhochschule Salzburg eine Methode entwickelt, die Abfallprodukte aus der Milch nutzt. So wird Gülle mit Spülmilch – ein Produkt, das beim Reinigen von Milchtankwägen und Rohrleitungen in Molkereien anfällt und Reste von Milchprodukten enthält – vermengt. Durch die Milchsäurebakterien »versauert« die Gülle, ihr pH-Wert sinkt. Und das um bis zu 70 Prozent, wobei das für die Landwirtschaft wichtige Ammonium im Boden bleibt und nicht gasförmig als Ammoniak entweicht, berichtet Projektleiter Konrad Steiner. Erprobt wurde das Verfahren mit der Käserei Woerle und der Molkerei Pinzgau Milch, die den Dünger mit Spülmilch auf ihren beweideten Wiesen »zurück«-führten. Die Funktionsweise konnte wissenschaftlich belegt werden, nun wird laut Steiner auf Anerkennung durch das österreichische Umweltbundesamt gewartet. FLORIAN JAUK

vetmeduni.ac.at

ursprung.at

BILD ISTOCK.CO M/I BRE AKSTO CK, UNSPLAS H/ETIE NNE GI RA RDE T, FLOWE R POWE R FE STI VAL, PI XA BAY/MOHANN

ANTIALLERGIKUM VOM BAUERNHOF FERMENTE IM KREISLAUF


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BAYERN:

DEUTSCHLAND:

Das »Flower Power Festival« wendet sich mit einem ungewöhnlichen Spendenaufruf an MünchnerInnen.

»Go Nature« vernetzt Freiwillige und Natur- und Artenschutzprojekte miteinander.

Unter dem Motto »Natur feiern in der Stadt« soll München zwischen 3. Februar und 7. Oktober 2023 aufblühen. Beim »Flower Power Festival«, das vom Veranstaltungszentrum Gasteig, dem Botanischen Garten München-Nymphenburg, dem Naturkundemuseum Biotopia und der Kunsthalle München organisiert wird, werden in der am stärksten versiegelten Stadt Deutschlands, deren Fläche fast zur Hälfte betoniert ist, Ausstellungen, Bühnenaufführungen und Workshops zu den Themen Nachhaltigkeit, Wissenschaft, Pflanzenvielfalt, Klimawandel, Ästhetik und Lebensqualität stattfinden. Ausgangspunkt für das interdisziplinäre Festival ist die Ausstellung »Flowers Forever. Blumen in Kunst und Kultur«, die von 3. Februar bis zum 9. Juli kommenden Jahres in der Kunsthalle München zu sehen sein wird. Für eine Blumeninstallation, die Nachhaltigkeit, Konsum und Lebenszyklus verkörpern soll, wendet sich die Künstlerin Rebecca Louise Law mit einem Spendenaufruf schon jetzt an BewohnerInnen und BesucherInnen der Stadt. Für ihr Kunstwerk benötigt die in den USA lebende Britin, die seit 2003 Blumen sammelt und in ihren Installationen verewigt, 200.000 getrocknete Blumen. Um dieses Ziel zu erreichen, können bis zum Herbst 2022 getrocknete Blumen jeglicher Art bei der Kunsthalle abgegeben werden. FLORIAN JAUK

Projektverantwortliche können auf der Plattform eine Kurzbeschreibung ihrer Organisation und ihres Projekts sowie ihre Kontaktdaten angeben und ihre Initiative damit für Interessierte auf »Go Nature« sichtbar machen. Diese können mittels Suchfiltern passende Angebote finden und direkt mit den OrganisatorInnen in Kontakt treten. Die Aufgaben reichen von regelmäßigen Engagements bei einem Natur- und Artenschutzprojekt bis hin zu einem spontanen Arbeitseinsatz. Außerdem gibt es die Möglichkeit, als PraktikantIn dabei zu helfen, das Projekt weiterzuentwickeln. Auf dem dazugehörenden Blog finden sich Tipps für einen ökologischen Lebensstil, die Kurzfilme »GoNature-Shorts« sollen dabei helfen, »Naturschutz schneller zu verstehen«. Hinter »Go Nature«, das vom Deutschen Bundesamt für Naturschutz mit 1,6 Millionen Euro gefördert wird, steht der Verein »GoVolunteer«, der seit 2015 freiwillige HelferInnen an gemeinnützige Projekte vermittelt. »Go Nature« konzentriert sich bisher auf Deutschland, seit 5. April läuft die »Aktivierungskampagne«, die das selbst ausgegebene Ziel hat, bis zum 31. Mai dieses Jahres mindestens tausend junge Menschen zu einem Engagement in Natur- und Artenschutzprojekten zu bewegen. FLORIAN JAUK

flowerpowermuc.de

gonature.de

BLUMENSPENDE

IT’S A MATCH!


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TIERWOHL

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EINE FRAGE DER HALTUNG. TEXT Jürgen Schmücking

D

as Wohl der Tiere ist in aller Munde. Nicht unbedingt buchstäblich, wie wir sehen werden, aber als Wunsch und Vorstellung allemal. »Tierwohl« ist uns Konsumentinnen und Konsumenten ein Anliegen. Die Zeichen, an denen wir das erkennen, sind vielfältig: ein Aufblühen diverser Initiativen samt zugehörigen Siegeln, Marken und Zeichen, ganzseitige Inserate in deutschen und österreichischen Tages- und Wochenzeitungen der großen Konzerne. In der »Zeit« werben Aldi und Aldi Süd mit dem Hashtag »Haltungswechsel« und prophezeien, dass sie bis 2030 das gesamte Fleischangebot auf tierwohlgerechte Haltungsformen umgestellt haben werden. Gleichzeitig nimmt Aldi Billigfleisch aus dem Sortiment, um LandwirtInnen und KonsumentInnen für das Thema zu sensibilisieren. Dazu kommen Studien von Markt- und Meinungsforschungsinstituten, die, im Detail zwar leicht voneinander abweichend, im Trend aber zu stets den gleichen Ergebnissen kommen. Beim Fleischeinkauf nimmt die Bedeutung von Tierwohl genauso zu wie die fehlende Information und die daraus resultierende Skepsis gegenüber bestehenden Programmen, Mar-

ken und Gütesiegeln. Konkret: KonsumentInnen würden zwar gerne, fühlen sich aber vom Handel und der Politik unzureichend über das Thema informiert. Liegen mag das zum Teil am Begriff selbst. Ohne die Diskussion der vergangenen Jahre verfolgt zu haben, ist »Tierwohl« ein schwammiger Wohlfühlbegriff. Und das Bild des Begriffs ist geprägt von den Bildern, mit denen er vermarktet wird. Fröhlich quiekende Schweinderl, Kälber, die entspannt mit ihren Müttern abhängen, Ochsen mit Hörnern, die gemächlich in den Sonnenuntergang schauen. Dass der Alltag im Stall (oft) anders aussieht, wissen wir. Was Tierwohl konkret bedeutet, (oft) nicht. Die systematische Erfassung des Themas Tierwohl als Teil der wissenschaftlichen Forschung ist ein junges Phänomen und geht auf die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zurück. Auslöser war, wie zu vermuten, die Kritik an der landwirtschaftlichen Intensivhaltung und das daraus resultierende Leid der Tiere. Eine der ersten Publikationen, die die Missstände in der Haltung von Nutztieren thematisierten, Ruth Harrisons 1964 erschienenes Buch »Animal Machines«, schlug hohe

BILD ISTOCK.CO M/PATRICK DA XE NBIC HLE R

Tierwohl auf dem Prüfstand.


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Wellen und die daraus resultierende öffentliche Diskussion führte in Großbritannien zur Einsetzung einer Kommission, die den Auftrag hatte, das Wohlergehen (welfare) von Nutztieren in der Intensivtierhaltung zu untersuchen. Die Gruppe erarbeitete unter der Leitung des Wissenschafters F. W. Rogers Brambell einen Bericht, der 1979 erschien und unter dem Namen »Brambell Report« bekannt wurde. Dieser Brambell Report steht sinnbildlich für ein neues Bewusstsein in – zumindest Teilen – der Gesellschaft und eine kritische Betrachtung des Umgangs mit Nutztieren. Außerdem forderte der Report die Schaffung einer unabhängigen und ständigen Instanz, die die Haltungsbedingungen und den Wohlzustand der Nutztiere in Großbritannien laufend untersuchen und verbessern sollte. Das führte zur Gründung des Farm Animal Welfare Council (fawc), dessen Politik in den frühen 80er-Jahren die Grundlagen des Tierwohlbegriffs prägte. Der Brambell Report wies bereits auf das Thema Platz/ Raum hin und nannte es Grundfreiheit: »An animal should at least have sufficient freedom of movement to be able without difficulty, to turn around, groom itself, get up, lie down, and stretch its limbs.« Diese Grundidee ist einerseits Basis für die Weiterentwicklung des Konzepts der »5 Freiheiten«, die das fawc in den Jahren danach formulierte, andererseits aber auch der Grund dafür, dass in der heutigen Tierwohldiskussion die Konzepte Nutzfläche und Besatzdichte eine so hohe Bedeutung haben. Die »5 Freiheiten« des Farm Animal Welfare Council gehen jedenfalls weit über die Forderung hinaus, dass ein Tier nur genügend Platz zum Umdrehen und Strecken braucht. Vielmehr geht das Konzept von subjektiver Leidfähigkeit aus und fokussiert das Konzept auf die Vermeidung negativer Zustände. Hunger und Durst, Angst und Stress, Leiden unter Schmerzen. Auch wenn die »5 Freedoms« in der Folge heftig kritisiert wurden, bilden sie doch eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung wesentlicher Tierwohlaspekte. Die Kritik kam in erster Linie aus der Ecke jener Denkerinnen und Denker, die Tiere als Träger von Rechten sehen und daher das Konzept der Nutztierhaltung grundsätzlich infrage stellen. Andererseits von jenen, denen die 5 Freiheiten nicht weit ge-

DIE »5 FREIHEITEN« DES FARM ANIMAL WELFARE COUNCIL 1. Freisein von Hunger und Durst – durch Zugang zu frischem Wasser und eine Ernährung, die Gesundheit und Vitalität aufrechterhält. 2. Freisein von Unwohlsein (»discomfort«) – durch die Bereitstellung einer angemessenen Umgebung, die Behausung und bequeme Ruheplätze beinhaltet. 3. Freisein von Schmerz, Verletzung und Krankheit – durch Vorbeugen oder schnelle Diagnose und Behandlung. 4. Freiheit, normales Verhalten auszuleben – durch Bereitstellung ausreichenden Platzes, angemessener Anlagen/ Räumlichkeiten und Gesellschaft durch Artgenossen. 5. Freisein von Angst und Stress – durch ein Sicherstellen von Lebensbedingungen und Behandlung, die mentales Leiden vermeiden.

nug gingen. Sie sahen in ihnen eine ausbaufähige Basis, während der fawc selbst das Konzept bereits als höchste Stufe des Erreichbaren sah. Aus heutiger Sicht lassen sich Konzepte zum Tierwohl in drei Kategorien einteilen. Funktionalistische Theorien schenken der Tiergesundheit, sprich dem »hinreichend guten Funktionieren der physiologischen Systeme« eines Tieres, hohe Aufmerksamkeit. Ein eher naturwissenschaftlicher Ansatz, der – eben dadurch – den Vorteil hat, die Kriterien des Wohlergehens exakt zu bestimmen und zu beeinflussen. KritikerInnen wenden – zu Recht – ein, dass hier oft die Produktivität in den Fokus und das Tierwohl in den Hintergrund rückt. Die zweite Kategorie ist die konsequente Weiterentwicklung des Freiheitsansatzes (»frei von …«) in der Tradition der 5 Freiheiten. Das dritte Konzept zielt auf den Begriff »artgerecht« und geht davon aus, dass jedes Tier eine Art »Wesensziel« verfolgt. Ein durch die Evolution vorgegebenes, angeborenes und genetisch kodiertes telos, das es zu identifizieren gilt. telos leitet sich vom griechischen Wort für Ziel ab und steht für die Überzeugung, dass sämtliche Entwicklungsprozesse in der Natur an einem Zweck – oder eben Ziel – ausgerichtet sind. Die Kenntnis dieses telos ermöglicht es, die grundlegenden Bedürfnisse des Nutztiers zu erkennen und das Umfeld entsprechend zu gestalten.


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TIERWOHL

wenn es für den Schutz des Tierhalters oder anderer Tiere erforderlich ist. Diese Ausnahme ist immer wieder Auslöser für – oft hochemotionale – Debatten. Die BefürworterInnen des Enthornens führen die Verletzungsgefahr in Laufställen ins Treffen, GegnerInnen argumentieren, dass beim richtigen Umgang mit den Tieren diese Gefahr nicht groß sei. Und erinnern an die natürliche Funktion der Hörner. Dass der Prozess des Enthornens – unabhängig vom Alter – Es muss nicht immer Almidylle sein. Moderne Technologien helfen, das Tierwohl zu verbessern. Sie schaffen Schmerzen verursacht, gilt als erwieFreiräume und ermöglichen präzises Monitoring der Tiergesundheit. sen. Dabei werden mit einem heißen Brenneisen die Hornansätze zerstört. Die Diskussion zeigt, dass eine kontextunabIn Österreich gilt seit 2007, dass beim Enthorhängige Definition von Tierwohl kaum möglich nen lokale Betäubung angewandt werden muss. Auch nach dem Eingriff sind postoperative ist. Die Erkenntnistheorie des radikalen KonstSchmerzmittel verpflichtend. Trotzdem werruktivismus bringt uns hier weiter als juristische Definitionsversuche. Tierwohl ist vor diesem den Reaktionen wie intensives Kopfschütteln, Hintergrund deshalb schwierig zu definieren, Apathie und Schlagen mit den Hinterläufen weil das Konzept ein menschliches Gedankenhäufig dokumentiert. konstrukt ist und deshalb nie frei von menschIn der Tierwohlkommunikation des Lebenslichen Werten sein kann. Spricht man also über mittelhandels spielen diese Faktoren kaum eine Rolle. Hier wird vielmehr unserem Wunsch Tierwohl, bringt man unweigerlich die eigenen Landkarten und Wertvorstellungen ein. nach Naturnähe und Harmonie entsprochen, Hier kommt der Lebensmittelhandel ins auf Regionalität und Herkunft gesetzt und unSpiel. Diverse Labels und Kampagnen zeigen sere Sehnsüchte werden mit entsprechenden klar, wie nah die Kommunikation von TierBildern gestillt. Das ist gut und begrüßenswert, deckt vom breiten Spektrum Tierwohl aber nur wohl entlang subjektiver Werte verläuft. Als Beispiel wählen wir die Kategorie Rind/Rindeinen Teil ab. fleisch und ausgewählte Händler mit entspreWorauf sich also verlassen? Zwei Initiatichendem Sortiment. ven, die ein hohes Maß an Sicherheit bieten, Dass Tieren (ohne vernünftigen Grund) keisind die Projekte »Tierschutz-kontrolliert« ne Schmerzen zugefügt werden dürfen, ist der Organisation Vier Pfoten sowie »Tiermittlerweile im Tierschutzgesetz geregelt. wohl-kontrolliert« des österreichischen VerTrotzdem ist der »Verzicht auf mit Schmereins »Gesellschaft !Zukunft Tierwohl!«. Zuzen und Stress verbundene Eingriffe am Tier« dem empfiehlt Greenpeace beide Initiativen im »Gütezeichen-Guide für Lebensmittel« als eines der wesentlichen Handlungsfelder für Tierwohlinitiativen. Bei Rindern gibt es diesvertrauenswürdig. Das »Tierwohl-kontrolliert« bezüglich drei Eingriffe. Die Enthornung, der mit zwei bzw. drei abgebildeten Hakerln sogar Einzug von Ohrmarken und das Schlachten als »sehr vertrauenswürdig«. Letzteres steht trächtiger Tiere. Beim Rind ist – wie auch bei für artgerechte Haltung, Fütterung und Züchanderen landwirtschaftlichen Nutztieren – das tung. Die Bio-Richtlinien werden als Grundlage angesehen, die Vorschriften gehen aber betäubungslose Einziehen von Ohrmarken erdarüber hinaus. Die letzten beiden genannlaubt. Beim Enthornen ist die Sache komplizierter. Rechtlich ist die Enthornung nur bei Kälten Zeichen, also »Tierwohl-kontrolliert« mit bern unter 6 Wochen erlaubt. Grundsätzlich zwei oder drei Hakerln, finden sich bei Hofer gilt auch für Rinder ein Amputationsverbot, auf den Verpackungen der Zurück-zum-Urdas Entfernen der Hörner ist jedoch erlaubt, sprung-Ware.

BILD ISTOCK.CO M/S HIRONOS OV

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EIN KNALL. UND AUS. TEXT Thomas Weber

Kugelschuss auf der Weide Zum Einsatz kommt kleinkalibrige Munition. Schussdistanz: 15–25 Meter.

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ur Rinder, die ganzjährig im Freien gehalten werden, dürfen – nach entsprechender Genehmigung durch die Behörde – mit dem Kugelgewehr erlegt werden. Diese Form der Schlachtung ist teurer als der übliche Transport zum Schlachthof. Die Mehrkosten für den Kugelschuss belaufen sich auf rund einen Euro pro Kilo verkaufsfähigem Fleisch. Verursacht werden sie vor allem durch Personalkosten – es muss zum Beispiel bei der Tötung ein Tierarzt oder eine Tierärztin anwesend sein. »Nach allem, was wir wissen, ist diese Tötungsmethode die für die Tiere stressärmste und am wenigsten leidvolle«, meint Diana von Webel von der Albert Schweitzer Stiftung über den Kugelschuss auf der Weide – und relativiert ihre Aussage gleich ein wenig: »Vom ›Einschläfern‹ mal abgesehen, was natürlich nicht bei Tieren angewendet werden kann, die zum Verzehr getötet werden.« Eigentlich hat sich die in Berlin ansässige Stiftung näm-

lich ganz der Abschaffung der Nutztierhaltung verschrieben. Gemäß Leitbild fördert man – als »ethisch beste Lösung« – eine komplett vegane Ernährungsweise: »Ihre umfassende Verbreitung ist ein langwieriger Prozess, der Zwischenschritte erfordert.« Der Weideschuss wird also als Zwischenschritt akzeptiert, im Sinne von: Wenn überhaupt töten, um zu essen, dann bitte so. Nachdem der Weideschuss seit 2021 EUweit geregelt ist, erscheint das Ziel von Vereinen wie Provieh zumindest einen Deut weniger utopisch. Getragen von der Berliner Stiftung Haus der Demokratie setzt sich Provieh dafür ein, »dass der Weideschuss und hofnahe Schlachtungen in der ökologischen Tierhaltung ausgebaut werden«, erklärt Anne Hamester, Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft mit Schwerpunkt Rind. »Aktuell ist es für uns ein Problem, dass in den Biorichtlinien keine bzw. kaum gesonderte Anforderungen für Transport und Schlachtung gelten.«

B ILD CHRI STINA C Z YBI K

Der Kugelschuss auf der Weide gilt als die schonendste, stressfreiste Art, Rinder zu töten.


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Was der Kugelschuss in der Praxis bedeutet, berichtet Gerd Kämmer, Naturschützer und Rinderhalter von »Bunde Wischen« im Interview.

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n Bunde Wischen (plattdeutsch für »Bunte Wiesen«) ist der Weideschuss bereits seit 2010 gängige Praxis. Der genossenschaftlich organisierte Bioland-Betrieb ist aus einer Naturschutzinitiative hervorgegangen. Um eine von der Verbuschung bedrohte Orchideenwiese zu erhalten, hatte man am Ostseefjord Schlei in Schleswig 1986 mit der Beweidung durch Rinder begonnen. Heute erhält der Verein 1700 Hektar Land, das extensiv von über 1000 Rindern freigehalten wird. Die Tiere kommen ganz ohne Zufütterung aus. Die Direktvermarktung ihres Fleischs erhält die artenreiche Landschaft. 200 Tiere werden jedes Jahr mit der Kugel erlegt. Damit ist Bunde Wischen, wie Vorstand und Gründer Gerd Kämmer vermutet, »wahrscheinlich in ganz Europa der Betrieb mit den meisten Kugelschüssen auf der Wei-

de«. Drei Mal jährlich gibt Kämmer sein Knowhow auch als Ausbildner im Kugelschuss-Sachkundelehrgang weiter. Denn auch wenn diese Schlachtmethode derzeit in der Nische stattfindet: Die Nachfrage steigt. BIORAMA: Ihre 1000 Rinder leben auf 1700 Hektar ganzjährig im Freien. Das Argument, dass das Einfangen und der Transport in den Schlachthof stressig wären und Tiere und Fleischqualität leiden würden, klingt plausibel. Gilt das auch für Betriebe mit wenigen, weniger wilden Tieren? GERD KÄMMER: Unsere Tiere sind umgänglich, wir achten auf ruhige, nicht zu wilde Mutterkühe. Es führen ja auch Wanderwege durch unsere Naturschutzflächen. Aber wir wollen aus Prinzip nicht, dass die Tiere lebend zum

INTERVIEW Thomas Weber


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200 Tiere. Heißt das, dass es auf den Bunten Wiesen jeden zweiten Tag knallt? Wir kommen geblockt auf vier Tiere an einem Tag in der Woche. Zu Weihnachten sind es ein paar mehr. Wie reagiert denn die Herde, wenn ein Tier erlegt wird? Das haben wir ab 2010 mit der Universität Witzenhausen, einer Öko-Außenstelle der Uni Kassel, genau erforscht. Die Herde reagiert interessanterweise gar nicht. Entscheidend ist, dass ein Tier aus der Gruppe heraus geschossen wird. Eine Vereinzelung vorab würde für ein Herdentier Stress bedeuten. Es würde durchdrehen und panisch seine Artgenossen suchen. Das Tier, das beschossen wird, schreit nicht, zappelt nicht. Die Kugel ist ja schneller als der Schall. Wenn der Schuss zu hören ist, fällt das Tier bereits zu Boden. Wir merken in der Herde keinerlei Reaktion. Wie viele Tiere wurden denn bei Ihnen schon auf der Weide geschossen? Zehn Jahre, na 2000, würde ich sagen, wenn nicht deutlich mehr.

Große Nähe, sichere Auflage, präziser Schuss: Von diesem Hochstand aus fällt der Schuss. In 99 von 100 Fällen, sagt Gerd Kämmer, ist das anvisierte Tier sofort tot.

Braucht es immer noch für jeden einzelnen Schuss eine Genehmigung? An manchen Stellen ja. Wir haben eine Genehmigung immer fürs laufende Jahr – angelehnt an das sogenannte Jagdjahr, das vom 1. April bis zum 31. März läuft. Dort haben wir pauschal den Abschuss für 250 Rinder geregelt. Im Schnitt schlachten wir 200 Tiere, somit haben wir etwas Puffer. Wir sind wahrscheinlich in ganz Europa der Betrieb mit den meisten Kugelschüssen auf der Weide.

Und gab es jemals Fehlschüsse? Fehlschüsse gibt es, das ist richtig. Wir haben eine Fehlerquote von etwa einem Prozent. Bei einem Schuss von 100 bricht das Tier nicht zusammen. Wir schießen ja direkt ins Gehirn. Die Stelle ist ein bisschen größer als ein 2-Euro-Stück. Wenn sich das Tier plötzlich dreht, geht der Schuss daneben. Aber Panik bei einem Tier hatten wir noch nie. Spätestens 30 Sekunden später sitzt ein zweiter Schuss und alles ist erledigt. Die Fehlerquote ist jedenfalls viel geringer als beim Bolzenschuss im Schlachthaus. Da gibt es ja wilde Zahlen von teilweise 20 Prozent Fehlbetäubungsquote, wo jedes fünfte Tier bei vollem Bewusstsein abgestochen wird. Der Ursprung Ihres Betriebs liegt im Naturschutz. Alles begann mit einer Orchideenwiese, die durch Beweidung erhalten werden sollte. Warum brauchen Orchideen Weiderinder?

BILD BUNDE WIS CHE N

Gerd Kämmer Der Diplombiologe gründete vor 35 Jahren die Genossenschaft Bunde Wischen, um durch Beweidung eine Orchideenwiese zu erhalten. So wurde er als Biobauer zum Weideschusspionier und unterrichtet am Bildungszentrum Echem in Niedersachsen den fachgerechten Kugelschuss.

Schlachthof kommen! Selbst für streichelzahme Tiere, die ans Gehen am Halfter gewöhnt sind, bedeuten die heutigen Industrieschlachthöfe Stress und Leid. Deshalb schlachten wir seit 2010 mit dem Kugelschuss – also mit dem Gewehr – auf der Weide. Seit 2021 ist diese Methode auch EU-weit geregelt. Wir wollen, dass unsere Tiere nie ein Schlachthaus von innen sehen. All das geht natürlich nur, wenn KundInnen bereit sind, das mitzutragen, und den entsprechend höheren Fleischpreis bezahlen.


»Die Kugel ist ja schneller als der Schall.« — Gerd Kämmer

Bei Ihnen weiden Galloway- und Hochlandrinder, also Rinderrassen von den Britischen Inseln, um eine artenreiche Kulturlandschaft zu erhalten. Haben Sie nie daran gedacht, die Arbeit von alten Landrassen aus dem Norden Deutschlands erledigen zu lassen? Tatsächlich haben wir gerade damit begonnen. Versuche gab es schon länger. Das Problem war bislang, dass die alten Landrassen im Norden Schleswig-Holsteins traditionell Milchvieh sind, die im Winter nie draußen waren. Für die Ganzjahresweide im Naturschutz sind sie somit nur bedingt geeignet. Wir haben es mit dem Angler Rind versucht. Das sind schöne, einfarbig rotbraune Tiere, die traditionell hier vorkommen. Aber für Mutterkühe dieser auch historisch eher auf Milchleistung gezüchteten Rasse ist die Futterqualität bei uns nicht ausreichend. Seit 2021 gibt es in der Gegend nun aber zwei Bioland-Meiereien, die ihren Bauernhöfen die Milch nur mehr dann abnehmen, wenn sie auch die männlichen Kälber am Hof behalten. Kälber, besonders die männlichen Tiere, werden in der Milchwirtschaft ja oft gleich verkauft. Nun müssen sie in der sogenannten kuhgebundenen Kälberaufzucht am Hof bleiben. Dafür bekommen die Bäuerinnen und Bauern 70 statt 50 Cent pro Liter Milch. Sie tun das gern, wissen aber nach ein paar Monaten nicht, wohin mit den Tieren. Wir nehmen diese Kälber vom Angler Rind und wollen eventuell eine neue Marke um sie herum kreieren. Ende 2023 werden die ersten Tiere schlachtreif sein. Wir haben schon jetzt mehr Betriebe, die uns ihre männlichen Kälber bringen möchten, als wir auf unseren Flächen Tiere halten können.

Das ganze Rind Bio-Kuppelbörse für FleischliebhaberInnen vermarktet ganze Tiere online Dass ein Rind nicht nur aus Filet besteht, ist mittlerweile allseits bekannt. Trotzdem ist eine ganzheitliche Vermarktung von ganzen Tieren für viele Biobäuerinnen und Biobauern schwierig. Was früher gang und gäbe war, das Teilen von ganzen Tieren im Ort oder der Nachbarschaft, gibt es mit nahgenuss jetzt auch im World Wide Web. Seit Mai 2016 bringt die Onlineplattform für Biofleisch FleischliebhaberInnen, Ernährungsbewusste, Familien und HobbyköchInnen mit Biobäuerinnen und Biobauern zusammen. Die ganzheitliche Verwertung der Tiere ist das zentrale Moment von nahgenuss. Nur Filet oder Karree gibt es nicht. Längst gibt es neben Rind und Schwein auch Lamm-, Geflügel-und Ziegenfleisch sowie Fisch im Angebot – darüber hinaus alte und seltene Rassen. Die küchenfertigen und verpackten Fleischpakete können am Bauernhof abgeholt werden oder werden per Kühlversand bis zur Haustür zugestellt. nahgenuss.at

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON NAHGENUSS

Weil ihnen irgendjemand die Vegetation rundherum vom Leib halten muss. Ich bin ja eigentlich Botaniker und komme von den Orchideen. Lange dachte man auch im Naturschutz, Orchideenwiesen müssen gemäht werden. Aber ich dachte: Orchideenwiesen mähen wir Menschen seit ein paar Hundert Jahren. Orchideen gibt es aber bereits ein paar Millionen Jahre. Also sind sie als Art evolutionär an Beweidungsprozesse angepasst. Die Beweidung hat dem Gefleckten Knabenkraut – um diese Orchideenart ging es – übrigens sehr gutgetan. Es breitet sich aus. Erst die Trittsiegel der Rinder schaffen Struktur, die das ermöglicht. Viel besser, als wenn einfach nur gemäht würde.


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STIRBT DER HORNOCHS AUS? TEXT Thomas Weber

Hornkuh Der Demeter-Verband setzt sich für den Erhalt horntragender Rinder ein. Seine »Hornkuh«-Initiative soll auch ZüchterInnen vernetzen. hornkuh.de

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ahrtausendelang waren stattliche Hörner praktisch und deshalb erwünscht. Als Rinder nicht bloß wegen ihrer Milch oder für ihr Fleisch gehalten, sondern auch als Ochsen vor Karren gespannt wurden (»Dreinutzungsrind«), befestigte man das Geschirr meist um die Hörner der Zugtiere. Rinder, die zufällig ohne Horn geboren wurden, ließen sich deshalb kaum verkaufen. Mittlerweile verhält es sich umgekehrt. »Auf Viehmärkten sind behornte Tiere immer schwerer zu bekommen«, weiß Anna Koiner, Veterinärmedizinerin und Geschäftsführerin des Verbands Fleischrinder Austria. Und je mehr Rinder ohne Hörner in Ställen und auf Weiden stehen, desto schwerer vermittelbar werden ihre horntragenden Artgenossen. Hornlose und horntragende Tiere lassen sich zwar vergesellschaften, oft bringt das aber Probleme. Bei Tiertransporten ist es sogar verboten, behornte und unbehornte Tiere gemeinsam in einer Transportbucht zu führen. GenetikerInnen schätzen, dass – je nach Rasse und Region – bereits bis zu 90 Prozent der Tiere hornlos sind. Selbst auf Milchpackungen sind immer häufiger Kühe ohne Hörner zu sehen. Diese Entwicklung ist relativ jung. Dass Kälbern gleich nach der Geburt die Hornknospen weggebrannt werden, tauchte paradoxerweise

mit der Entwicklung hin zu mehr Tierwohl auf. Denn erst seit Rinder immer seltener angebunden in Ställen stehen und vermehrt Laufställe gebaut wurden, werden sie immer häufiger enthornt. Die Rechtfertigung für den schmerzhaften Eingriff, der nur bei sedierten Kälbern bis zum Alter von sechs Wochen und mit lokaler Betäubung durchgeführt werden darf: Mit Hörnern fallen Verletzungen schwerer aus, wenn sich frei bewegende Tiere untereinander ihre Rangordnung regeln. Auch die Arbeitssicherheit der Bäuerinnen und Bauern wird als Argument genannt. Hörner wachsen ein ganzes Rinderleben lang. Sie sind durchblutet und mit Nerven durchzogen. Sie werden als Waffe eingesetzt und spielen eine Rolle im Sozialverhalten. Wofür die Evolution sie außerdem hervorgebracht haben könnte, darüber gibt es viele Theorien. Weit verbreitet ist etwa die These, dass sie der Wärmeregulierung dienen (wofür etwa spricht, dass Rinder in heißen, tropischen Weltgegenden deutlich längere Hörner haben). Züchterisch wird jedenfalls aktiv gegen Hörner vor-

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Um Kälbern die schmerzhafte Enthornung zu ersparen, setzt die Zucht verstärkt auf genetisch hornlose Rinder. Auch das bringt Probleme.


Im Alpenraum tragen noch vergleichsweise viele Rinder Hörner. Das mag mit Tradition zu tun haben, aber auch daran liegen, dass es dort noch häufiger Ställe mit Anbindehaltung gibt.

gegangen. Bereits annähernd zehn Prozent aller Rinder ohne Hörner, schätzen NutztiergenetikerInnen, dürften nicht enthornt sein, sondern genetisch hornlos. Das heißt: Sie stammen von Elterntieren ab, die selbst keine Hörner haben. Dabei handelt es sich um ein dominant vererbtes Merkmal. Beim Fleckvieh waren 2021 bereits 25 Prozent aller Besamungsstiere für die künstliche Besamung genetisch hornlos. Zum Vergleich: 2011 waren erst 1,5 Prozent der Stiere, deren Sperma zur künstlichen Besamung eingesetzt wurde, hornlos. Da bei Sperma nicht zwischen bio und konventionell unterschieden wird, werden die Hornkühe auch auf Biobetrieben weniger. Völlig verschwinden wird der Hornochs trotzdem nicht. Zumindest in der Generhaltungszucht – also in Rassen wie den Pustertaler Sprinzen oder den Ennstaler Bergschecken – bleiben Hörner als genetische Reserve jedenfalls bestehen. Als praktisch könnten sich Hörner auch erweisen, wenn sich eine Herde auf der Alm gegen Raubtiere verteidigen muss. »Es wird kein Zufall sein«, schätzt Anna Koiner, »dass die historisch schon lang genetisch hornlosen Rassen wie Angus oder Galloway von den Britischen Inseln kommen, wo es schon sehr lang keine Wölfe und Bären mehr gibt.«


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ZURÜCK ZUM URSPRUNG Der Fleischer hat die letzten drei Kühe geholt. Die Milchwirtschaft rechnet sich nicht mehr für Maria und Peter Prinz. Die Sache, für die ihr Sohn in der Stadt kämpft – Veganismus! Tierrechte! –, scheint einen Schritt weiter. Familienaufstellung im leeren Stall.

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ilch aus dem Tetrapak, das ist hier etwas Neues. Anfangs schämte sich Maria Prinz sogar dafür, keine selbst gemolkene Milch mehr zu haben. »Mittlerweile geht’s«, sagt die 51-Jährige, als sie die Kuhmilch für den Kaffee auf den Küchentisch stellt. »Ich hab am Anfang nur eingekauft, wo mich niemand kennt.« Dabei hatte sich ohnehin schnell herumgesprochen, dass es am Hof der Familie Prinz, die hier 1848 erstmals urkundlich erwähnt wird, keine Rinder mehr gibt, als zu Jahresende die letzten drei Kühe abgeholt wurden. In Oberlainsitz, wo jede jeden von klein auf kennt, waren Maria und ihr Mann Peter (ebenfalls 51) die Letzten, die noch Milchkühe gehalten hatten. Die Wiesen und Felder hier im nördlichen Waldviertel, wenige Kilometer vor der Grenze nach Tschechien, sind allesamt nicht in Gunstlage. Das Klima ist rau, der Boden karg, die Gegend mit ihren Hügeln zwar beschaulich. Gemäß den Förderkriterien gelten Maria und Peter Prinz aber bereits als Bergbauern. Was mit ihrem Hof weiter passie-

ren soll, wissen die beiden nicht. Spätestens seit der Fuchs auch noch die freilaufenden Hühner geholt hat, fehlt hier etwas. Ein Zufall, dass der Fuchs gleich alle Hendln holte, klar; aber einer, dessen Symbolkraft sich schwer leugnen lässt. Denn womöglich markiert ihr leerer Stall, ein Bauernhof ganz ohne Tiere, das Ende einer Epoche – symbolhaft weit über die paar Hektar Wiese, Wald und Ackerland hinaus, die man selbst bewirtschaftet. Dieses Gefühl liegt hier zumindest in der Luft. Auch später, als Maria eine dampfende Schüssel veganes Erdäpfelgulasch bringt.

DER STALL IST LEER, »DIE LEUTE REDEN« Inzwischen hat Peter Prinz mit einem Ordner Platz genommen und blättert in seinen Aufzeichnungen.»Arielle war sieben«, murmelt er, »Biene vier und Birke drei Jahre alt«. Jede der Kühe hat ein Stammblatt. Ohrmarkennummer, Milchqualität, Anzahl der Kälber, Milchleistung; alles ist hier vermerkt. »Die haben alle auch wirklich auf ihre Namen gehört«,

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»Meinem Vater hat es das Herz gebrochen, als die letzten drei Kühe geholt wurden.« — Georg Prinz, Veganaktivist

erinnert sich Maria. Sie hat die Tiere gemolken. Bis zuletzt – 27 Jahre lang, zwei Mal am Tag –, und bis es irgendwann gar nicht mehr ging. Weder wirtschaftlich noch gesundheitlich. »Vom Milchgeld übrig geblieben ist ohnehin nichts«, sagt sie. Nebenbei hat sie als Kellnerin gearbeitet, drei Kinder großgezogen. Heute kann sie kaum noch gehen. Zwischen Küche und Küchentisch rollt sie geschickt auf einem Bürosessel hin und her. »Samstag, Sonntag, Weihnachten durch«, sagt ihr Mann, »ich hab zuerst noch geglaubt, ich kann allein weiterwurschteln, aber das geht nicht.« Das Geld reiche kaum für einen, arbeiten müssten aber zwei. Es ging einfach nicht mehr. Aber als die letzten drei Kühe abgeholt waren – »es war der Horror«, sagt Peter Prinz, »nicht nur im leeren Stall. Die Leute reden«. Die Geschichte von Peter und Maria Prinz wäre nicht weiter außergewöhnlich. Jedes Jahr hören viele Milchviehbetriebe auf. Hunderte, Tausende; in Österreich, in Deutschland, weltweit. Ein weiterer leerer Stall, während die

verbleibenden Betriebe größer werden, mehr Kühe halten, die mehr Milch geben. Zwar gilt die Milchbranche immer noch als Wachstumsbranche. Doch der Wettbewerb ist hart. In Deutschland hat seit 2015 beinahe ein Viertel aller Milchhöfe aufgegeben. In Österreich sank die Zahl der Milchkühe zuletzt um 3010 Tiere auf 524.000 (Deutschland 2020: 3,9 Millionen Milchkühe). Vor allem kleine Höfe wie der Hof von Maria und Peter Prinz lassen die Milchviehhaltung bleiben. Weil die durchschnittliche Milchleistung pro Kuh durch Kraftfuttereinsatz immer noch zunimmt, wird unterm Strich mehr Kuhmilch produziert. Die deutsche Milchkuh liefert derzeit durchschnittlich 8457 Kilogramm Milch pro Jahr. In Österreich sind es durchschnittlich 7300 Kilogramm. Am Hof der Familie Prinz waren es 6000 Kilogramm (»Wir haben keinen zugekauften Mais und kein Soja gefüttert, nur unser eigenes Getreide«, sagt Peter Prinz). In Oberlainsitz wird allerdings nicht nur über den leeren Stall von Maria und Peter geredet, sondern auch über ihren Sohn Georg (27). Georg hat seit bald zehn Jahren keinen Schluck Milch mehr getrunken. Seinetwegen hat Mutter Maria an diesem Tag ein veganes Gulasch aufgetischt. Nach Hause kommt er nur mehr alle heiligen Zeiten, wie man hier sagt; zu Ostern, zu Weihnachten, zu besonderen Anlässen. Doch den Georg kennen sie im Ort mittlerweile vor allem aus den Medien. Er ist eine der lautesten Stimmen der österreichischen Tierrechtsbewegung. Offiziell ist Georg Prinz einer der Sprecher des Vereins gegen Tierfabriken, kurz: vgt Praktisch wirkt Prinz weit darüber hinaus. Er arbeitet gemeinsam mit Martin Balluch, dem Philosophen und Tierethiker, bekannt geworden als Angeklagter im spektakulären Wiener Neustädter Tierschutzprozess, später freigesprochen vom Vorwurf der Gründung einer kriminellen Vereinigung. An Balluchs Seite vernetzt sich der Endzwanziger Prinz als Vertrauensperson mit anderen NGOs.

Laufstall Anders als in der traditionellen Anbindehaltung können sich Rinder in einem Laufstall relativ frei bewegen. Das ermöglicht ein artgerechteres Sozialverhalten, hat aber vielfach zur Enthornung der Tiere geführt (um Verletzungen zu vermeiden).


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DAUERGRÜNLAND Wiesen und Weiden (Grünland), die mehr als fünf Jahre nicht als Acker genutzt wurden, sind ökologisch besonders wertvoll, binden CO2, schützen vor Bodenerosion, lassen Niederschlagswasser auch bei Starkregen gut versickern und dürfen nicht ohne Genehmigung gepflügt werden. Im Zuge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP 2023–2027) erhalten LandwirtInnen Ökologisierungszahlungen (u. a.) für den Erhalt von Dauergrünland.

»Stallschwalben« Als Kulturfolger haben sich Rauchschwalben an das Leben in Ställen angepasst. »Sie profitieren von der Wärme und dem Insektenvorkommen altmodischer Stallarchitektur«, sagt Hans-Martin Berg, Insektenforscher am Naturhistorischen Museum Wien. »Stark durchlüftete moderne Ställe oder leerstehende Ställe sind für sie nicht interessant.«

Er verhandelt mit politischen VertreterInnen, organisiert das Campaigning gegen Pelztierzucht, Massentierhaltung. Eine Tierfabrik war der Prinzhof nie. Für mehr als 35 Rinder war nicht Platz; allerhöchstens hielt man 13 Milchkühe am Stück, dazu kamen Kälber, ein paar Kalbinnen. Dennoch habe Georg »fast alles« am Hof seiner Eltern kritisiert, sagt er. Die Kühe wurden enthornt. Die Kälber von ihren Müttern getrennt. Die Tiere waren angebunden und insgesamt zu selten draußen. »Solange man mit Tieren Geld verdient, spart man am Tier. Das ist die wirtschaftliche Logik.« Dabei war der Hof bis 2016 sogar ein Biobetrieb, einstmals einer der ersten Biobetriebe des Landes überhaupt. Zu Beginn lieferten Maria und Peter Prinz Milch für die Biotrockenmilch von Hipp. Dann war man Vertragslandwirtschaft für Zurück zum Ursprung, die Bioeigenmarke der Lebensmittelhandelskette Hofer (Teil der Gruppe Aldi Süd). Schon vor dem Auslaufen der Ausnahmeregelung für Kleinbetriebe, die eine Anbindehaltung noch eine Zeit lang akzeptiert hätte, war eine Biozertifizierung nicht mehr möglich. Der Auslauf war zu klein. Dass sein Großvater 1992 beim Stallneubau keinen modernen Laufstall gebaut hat, nennt sein Enkelsohn Georg heute »die Erbsünde des Betriebs«. Sohn Peter hatte auf der Landwirtschaftsschule bereits davon gehört, doch den eigenen Vater habe er damals nicht überzeugen können. Eine folgenschwere Fehlinvestition. Denn was früher landauf, landab üblich war – Anbindehaltung –, ist heute kaum noch argumentierbar. Wir gehen gemeinsam zum Stall. Auf den Weiden rundum liegt der letzte Schnee. Etwas

verloren streifen zwei wuschelige Katzen ums Haus, Mona und Fluffy. Über dem ganzen Hof hängt ein Schleier; eine seltsame Mischung aus Wehmut, Erleichterung und Orientierungslosigkeit. Aus dem Stall tönt laut Musik. Der Vater hat vorhin in der Einfahrt gearbeitet. Als Peter Prinz das Radio abstellt und der Schlager auf Radio Niederösterreich verstummt, hallt die Stille weiter. Ein leerer Stall hat eine scheußliche Akustik. Und die Kälte der Wände, die zuletzt nicht mehr gekalkt wurden, weil klar war, dass hier keine Tiere mehr stehen würden, kriecht nach ein paar Minuten in die Knochen. Der Betrieb ist null automatisiert. Keine Entmistungsanlage, kein Melkroboter, nichts. »Aus Sicht der frühen 90er-Jahre ist das ein TopStall«, sagt Maria Prinz. Sie weiß noch, welche Kuh zuletzt wo gestanden ist. Mehrmals wiederholt sie, dass sie keines ihrer Kinder je zur Stallarbeit gezwungen habe. Obwohl für den Vater lange klar gewesen sei, »dass der Georg einmal den Hof übernimmt« und keine der beiden Töchter. »Die Matura machen zu dürfen, nicht zur Lehre gezwungen zu werden«, sagt Georg Prinz, »das war ein Befreiungsschlag und das Glück meiner Generation. In der Generation meines Vaters wäre ich gezwungen worden«. Die Distanz zu seinen Eltern ist unübersehbar. Gleichzeitig merkt man allen Beteiligten ein zurückhaltendes Bemühen umeinander an, den zurückgehaltenen Wunsch, sich einander wieder anzunähern. Je länger er am Hof seiner Eltern ist, desto häufiger wechselt der Sohn völlig selbstverständlich zum »Wir«, wenn er vom Geschehen am Hof spricht. Was viele seiner aktivistischen MitstreiterInnen nicht wissen: Es gab eine Zeit, als Bub, da hat Georg Prinz sogar selbst Kaninchen geschlachtet. Tiere, die er davor gestreichelt hatte. Und bis ins Gymnasium verteilte er voll Stolz Schulmilch. »Ich dachte wirklich, das wäre gut.« Eine schonende Form der Milchwirtschaft hielt er noch für akzeptabel, als er selbst bereits aufgehört hatte, Fleisch zu essen. Das war mit zwölf. Er weiß auch: Allein durch die Beobachtungen am Hof seiner Eltern wäre er nicht zum Kämpfer gegen die Nutztierhaltung geworden. Erst als an der Hauptschule ein Biologielehrer ein Video über Schweinehaltung zeigte, begann er, alles zu hinterfragen. »Man denkt ja, ein


Bio-Heumilch

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Bio-Heumilch von den Tiroler Bergbauern Tierwohl hat auch etwas mit der Betriebsgröße zu tun. Auf der Mannerstätter Alm im Tiroler Unterland haben die Milchkühe Familienanschluss. Bio-Berglandwirtschaft wie wir sie verstehen ist kleinstrukturiert. biovomberg.at Für den Tiroler Ursprung bürgt das Gütesiegel „Qualität Tirol“.


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Vater Peter, Sohn Georg (Mitte) und Mutter Maria Prinz.

Gnadenhof Gnaden- oder Lebenshöfe kümmern sich um alte, kranke, gerettete oder notleidende Nutz- und Haustiere. Finanziert werden sie über Tierpatenschaften, Spenden, Fundraising und BesucherInnen. Bekannt ist z. B. der von zwei Vereinen betriebene Bio-»Lebenshof RinderWahnSinn« aus Gföhl im Waldviertel. rinderwahnsinn.at

Bauernbub weiß, wie Tiere gehalten werden. Aber der Tod ist auf einem Milchhof weit weg. Man sieht die Tiere jeden Tag beim Melken und irgendwann werden sie weggebracht.« Die Bäuerinnen und Bauern selbst müssten das ausblenden. »Meinem Vater hat es das Herz gebrochen als die letzten drei Kühe geholt wurden.« Kein Fleisch zu essen, das ließ sich nicht verheimlichen, wenn der Student aus Wien übers Wochenende nach Hause kam. Dass er sich aktiv gegen Nutztierhaltung und in der Stadt für Tierrechte einsetzte, dafür schämte er sich aber lange Zeit. »Ich hab zu Hause lang herumlaviert und es nicht ausgesprochen.« Als er vor ein paar Jahren schließlich beim Verein gegen Tierfabriken angestellt wurde, hätten sich die schockierten Eltern trotzdem gefreut, sagt er. »Sie waren froh, dass ich überhaupt eine Arbeit habe. Weil Engagement ohne Entgelt ist in der Welt meiner Eltern nicht vorgesehen.«

GRÜNLAND BRINGT MILCH FÜR 400 PERSONEN Der Stall mag leer sein. Eine Problemstellung bleibt: »Wir haben fast lauter Grünland. Selbst können wir das Gras aber nicht essen«, sagt Peter Prinz. Sogar falls er die dafür erforderliche Genehmigung bekäme, das Land zu pflügen: Seine mageren Wiesen lassen sich nicht einfach in fruchtbares Ackerland verwandeln. So wie der Betrieb von Maria und Peter Prinz bis vor Kurzem bewirtschaftet wurde, mit seinen 35 Rindern, 13 davon Milchkühe, rechnet Stefan Hörtenhuber, Nutztierwissenschafter an der Wiener Universität für Bodenkultur, vor, »konnte er den Milchbedarf für 400 Durch-

schnittspersonen zur Verfügung stellen und außerdem den vollen Fleischbedarf von knapp 30 Durchschnittspersonen abdecken«. Halbwegs effizient für die Lebensmittelproduktion lässt sich das Land der Familie Prinz nur mit Vieh bewirtschaften. Wenn vergleichbare Betriebe aufgeben, ist es deshalb üblich, dass deren Wiesen und Felder an einen verbliebenen Milchviehbetrieb verpachtet werden. Dieser kann damit seine Herde aufstocken und die Flächen bleiben der Lebensmittelproduktion erhalten. Georg Prinz weiß das, er ist Realo. Sachte hat er zu Hause schon einmal angesprochen, ob sich der Hof nicht vielleicht auch als »Gnadenhof« betreiben ließe, auf dem freigekaufte Tiere irgendwann eines natürliches Todes sterben dürfen. »Die bestehenden Gnadenhöfe sind sowieso hoffnungslos voll und auch behördliche Abnahmen verwahrloster Tiere gibt es immer wieder.« Er weiß auch, dass es am Selbstverständnis einer Bauernfamilie nagen würde, völlig aus der Lebensmittelproduktion auszusteigen und sich rein für Landschaftspflege und das Betreiben eines Streichelzoos bezahlen zu lassen. Der ganzen Familie ist aber bewusst, dass es für den Prinzhof bald eine Lösung braucht. Mutter Maria ist mittlerweile in Frühpension. Vater Peter wartet gerade auf die Ergebnisse seiner medizinischen Untersuchungen. Er hofft, dass sie auch bei ihm eine Erwerbsunfähigkeitspension ergeben werden. Und dann? Herrscht Schweigen. »Es wird sich eine Lösung finden«, sagt Maria Prinz dann. Der Stall bleibt jedenfalls leer. »Leider«, sagt Frieda Prinz, 84, Altbäuerin und Großmutter von Georg. »Da werden heuer wahrscheinlich auch keine Schwalben mehr kommen«, bedauert sie. Einen Sommer ohne Schwalben, den gab es hier am Hof noch nie. Aber ein leerer Stall ohne Fliegen ist für die Zugvögel uninteressant. Gegen einen Gnadenhof hätten Schwalben aber vermutlich nichts einzuwenden. Und vielleicht findet sich ja auch mit dem Fuchs ein Auskommen. »Eigentlich«, sagt Maria Prinz nämlich, »eigentlich möchte ich wieder ein paar Hendln«.

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Heumilch schmeckt, weil so viel Artenvielfalt in ihr steckt. ● Heumilchkühe erhalten frische Gräser und ● Weide, Auslauf oder Laufstall sorgen für

ausreichend Bewegung. Eine dauernde Kräuter im Sommer und Heu im Winter. Anbindehaltung ist verboten. Vergorene Futtermittel sind verboten. ● Diese nachhaltige Wirtschaftsweise fördert ● Mehr über die jahrhundertealte Tradition auf www.heumilch.com die Artenvielfalt und schützt das Klima. Ausgezeichnet als „garantiert traditionelle Spezialität“.


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ALL THEY CAN DRINK TEXT Thomas Weber

Mutterkuhhaltung eine Form der extensiven Fleischproduktion, oft ohne nennenswerten Kraftfuttereinsatz. Kühe werden nicht gemolken, sondern ziehen auf Grünland Kälber groß, deren Fleisch im ­Jungrindalter (6 bis 12 Monate) vermarktet wird.

E

s ist immer die gleiche Antwort, die Viktoria Hofbauer hört, wenn sie Gäste an den Elektrozaun führt. »Und«, hat sie gefragt, »fällt euch hier am Hof irgendetwas Besonderes auf?«. Es gibt BesucherInnen, die sehen sich erst suchend um, bevor sie etwas sagen; dann fällt ihre Antwort vielleicht zaghafter aus, ist aber doch auch eindeutig: »Nein.« Dabei weidet vor ihren Augen ein Dutzend Milchkühe, einige davon mit einem Kalb an ihrer Seite, am Euter trinkend. Genau dafür möchte die Biobäuerin den Blick schärfen. Denn genau das ist bemerkenswert und besonders an ihrem Weinviertler »Milch.KASino«, einem Hof, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Gottfried bewirtschaftet. Fast alle Gäste stellen sich einen Bauernhof wie aus dem Bilderbuch vor. Deshalb scheint es ihnen völlig selbstverständlich, Kuh und Kalb gemeinsam im Herdenverband zu sehen. Mit der gängigen Praxis hat diese Vorstellung allerdings nur in den seltensten Fällen zu tun. Denn in der modernen Milchviehhaltung werden die Kälber bereits kurze Zeit nach der Geburt von ih-

ren Müttern getrennt. Einerseits verhindert das, dass die Bindung zwischen Mutter und Kind zu innig wird. Findet die Trennung erst nach einigen Tagen statt, bedeutet das Stress für Kuh, Kalb und LandwirtIn. Wer einmal gehört hat, wie eine Kuh um das ihr weggenommene Kalb schreit, wird das Brüllen, das über Tage gehen kann, nie vergessen. Sogar abgebrühte Bäuerinnen und Bauern empfinden das oft als belastend. Andererseits soll die Kuh möglichst schnell wieder viel Milch geben – und zwar nicht ihrem Kalb, sondern dem Melkroboter. In der intensiven Milchwirtschaft werden Kälber ohnehin nur geboren, weil sonst irgendwann der Milchfluss der Mutter versiegt. Männliche Kälber, die später nicht selbst als Milchmaschinen zu gebrauchen sind, gelten oft regelrecht als Abfall. Gerade bei Rinderrassen, die einseitig auf hohe Milchleistung hingezüchtet sind, ist auch die Mast zur Fleischproduktion unwirtschaftlich. Viktoria Hofbauer und Gottfried Rögner halten Fleckvieh, eine Rasse, die sowohl nennenswert Fleisch ansetzt als auch viel Milch gibt.

BILD FA MILIE KURZ

Milch, Butter, Käse und Fleisch werden in Zukunft häufiger mit dem Hinweis auf »muttergebundene Kälberaufzucht« vermarktet werden.


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In der intensiven Milchwirtschaft werden Kälber ohnehin nur geboren, weil sonst irgendwann der Milchfluss der Mutter versiegt.

Die Kälber trinken in der muttergebundenen Kälberaufzucht – hier auf dem Hof der Familie Kurz – wann und so viel sie wollen.

DAS RIND, EIN SÄUGETIER Dass Kühe und Kälber gemeinsam gehalten werden, war aber auch auf ihrem Biohof keine Selbstverständlichkeit. Erst als Viktoria 2013 einheiratete, hinterfragte die gelernte Bürokauffrau, warum die Kälber nicht bei ihren Müttern bleiben. »Für mich als Quereinsteigerin in die Landwirtschaft war ›Das war schon immer so!‹ einfach keine akzeptable Antwort«, erinnert sich Hofbauer. Doch die Schwiegermutter stellte sich quer. Das bereits begonnene Projekt wurde rasch wieder abgebrochen, der Nachwuchs wieder von den Muttertieren getrennt. Erst als die Altbäuerin 2015 nicht nur auf dem Papier in Pension ging, sondern auch ins Ausgedinge übersiedelte, nahm Hofbauer ihr Herzensprojekt wieder auf. »Mittlerweile geht es auch der Schwiegermutter gut damit und sie zeigt ihren Freundinnen stolz die bei ihren Müttern trinkenden Kälber«, sagt Hofbauer. Die Kälber trinken mittlerweile, wann und so viel sie wollen. Ihre Mütter werden trotzdem gemolken – geben aber nur die

Milch, die der eigene Nachwuchs nicht braucht. Auch die männlichen Tiere bleiben als Ochsen zwei Jahre lang am Hof. Kein Kalb verlässt den Hof. Geschlachtet werden nur ausgewachsene Tiere. Das alles verursacht am Hof weniger Arbeit, denn die Kälber müssen nicht e­ xtra gefüttert werden und lernen im Herdenverband von ihren Müttern schnell, selbst Gras und Heu mitzufressen. Eine Unwägbarkeit bleibt allerdings: »Wir wissen nie genau, wie viel Milch wir nächste Woche zur Verfügung haben werden.« Im »Milch.KASino« vermarkten Hofbauer und ihr Mann aber ohnehin alle Milch und den daraus erzeugten Käse direkt. Die Wissenschaft nennt die beschriebene Haltungsform »muttergebundene Kälberaufzucht«. Auf größeren Betrieben gibt es auch die »kuhgebundene Kälberaufzucht« – bei der nicht nur die unmittelbaren Mutterkühe säugen, sondern auch mehrere Kälber bei einer sogenannten Ammenkuh trinken können. Weshalb sich in der Forschung gerade die kuhgebundene Aufzucht als Überbegriff durchsetzt. Gesetzliche Regelungen gibt es weder für die eine noch für die andere Form. Zwar sind beide Haltungsformen selten, doch das Interesse wächst merkbar. Das belegt auch die im Sommer 2021 abgeschlossene Studie »Milk & Calf«, in der das deutsche Thünen-Institut 60 deutsche Milchviehbetriebe und 120 VerbraucherInnen über Beweggründe und Methoden, Wissen und Kaufmotive befragte. »Die kuhgebundene Kälberaufzucht wird fast ausschließlich von Biobetrieben praktiziert. Die Hauptmotivation der LandwirtInnen liegt in der Verbesserung des Tierwohls und der Arbeitssituation«, heißt es im Abschlussbericht.

Kuhgebundene Kälberaufzucht Haltungsform, die Milchkühe und Kälber mehrere Monate nach der Geburt beisammenlässt. Wird von mehreren Initiativen (etwa »Zeit zu zweit«) propagiert. kuhpluskalb.de bruderkalb.bio

Ammenkuh Mutterkuh, die neben dem eigenen Kalb als Ersatzmutter auch (bis zu drei) weitere Kälber säugt.


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T I E R H ALTU N G

Kälber, die bei Müttern oder Ammen trinken dürfen, werden allgemein als gesünder und vitaler beschrieben. Der Herdenverband wird als intensiver erlebt. Dass die Kühe weniger Milch geben – ein Kalb trinkt je nach Alter bis zu 5 Mal täglich 2,5 bis 5 Liter –, wird durch das Wachstum der Kälber zumindest teilweise kompensiert. Denn die bis zu 1500 Kilo Milch, die eine Kuh deshalb weniger gibt, sind nicht verloren, sondern kommen dem Kalb zugute.

UNTERSCHIEDLICHE KRITERIEN UND LABELS

»De oeko Melkburen«, das sind sechs Biolandund Demeter-Höfe aus Schleswig-Holstein, vermarkten ihre Milch aus muttergebundener Kälberaufzucht mit dem Label »Elternzeit für unsere Kühe«. Erhältlich ist sie (u. a.) in regionalen Denn’s-Märkten in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen.

»Das sind die gesündesten, schönsten und wohlernährtesten Kälber, die man sich vorstellen kann«, berichtet auch Julia Kurz, Biobäuerin im niederösterreichischen Hürm. Auch sie ist Quereinsteigerin und wollte sich nicht damit abfinden, dass die Jungtiere von ihren Müttern getrennt werden. »Wir haben einfach das Türl zwischen den Kälbern und den Kühen aufgemacht und auch in unserem 30 Jahre alten Stall hat alles vom ersten Tag an funktioniert«, möchte Kurz andere Betriebe ermutigen, »es einfach auszuprobieren«. Dass die Arbeitsgruppe zum Thema muttergebundene Kälberaufzucht des Verbands Bio Austria mit jedem Treffen größer wird, freut sie sehr. »Ich möchte definitiv klarstellen, dass es unser eigener Wunsch war, die Kälber bei der Kuh zu lassen, und dass das nicht – wie in Fachzeitschriften dargestellt – nur auf Druck der KonsumentInnen passiert ist.« Auch Familie Kurz vermarktet ihre Erzeugnisse – Joghurt, Kräuteraufstrich, Milchreis – vor allem direkt. Auf den Produkten prangt neben dem EUBio-Logo ein Logo mit der Silhouette einer Kuh, vor der ein Kalb steht. Darunter wird, dezent, aber doch, auf die besondere Haltungsform hingewiesen. Das handhaben allerdings nicht alle Betriebe so. Gertraud Magritzer, Biobäuerin im niederösterreichischen Stössing (»Weinkirnhof«), berichtet, dass nur einzelne KundInnen, die ihre Milch ab Hof abholen,

wirklich Bescheid wissen, welche Haltungsform sie durch ihren Einkauf ermöglichen. »Unser Hauptabnehmer ist die Molkerei Berglandmilch, von der unsere Milch zu Ja!-Natürlich-Produkten verarbeitet wird«, weiß Magritzer. »Hier gibt es keinen Hinweis auf muttergebundene Aufzucht.« Auch im Abschlussbericht der »Milk & Calf«-Studie wird darauf hingewiesen, dass nur ein Teil der engagierten Betriebe wirklich aktiv kommuniziert, wie die Tiere gehalten werden. Darin wird aber erwartet, dass zukünftig Produkte aus kuhgebundener Haltung im Handel häufiger zu finden sein werden: »Da viele Akteure ihre eigenen Kriterien und Label entwickeln, wird die Kommunikation nicht einheitlich ausfallen.« In Deutschland berichten die großen Bioverbände, dass sich bereits Edeka und Kaufland für solche Labels und Produkte interessieren, um ihre Tierwohlkampagnen glaubwürdig weiterzuentwickeln. In Baden-Württemberg führt Kaufland bereits in einigen Filialen testweise das Fleisch vom »Bruderkalb«, also von männlichen Kälbern, einiger ausgewählter Demeterund Bioland-Milchviehbetriebe. Auch in Österreich beobachtet man die Entwicklung interessiert. »Wir nehmen wahr, dass sich einige Biobäuerinnen und Biobauern

BILD FAMILIE KURZ, DE OEKO MELKBUREN

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sehr ernsthaft mit dem Thema kuhgebundene Kälberaufzucht beschäftigen«, sagt Andreas Steidl, Geschäftsführer von Ja! Natürlich, der österreichischen Rewe-Bioeigenmarke. »Aber Hunderte Höfe und Stall- und Fütterungssysteme umzustellen, das ist nicht leicht. Wir beobachten die engagierten Einzelprojekte, wollen aber nichts Halbherziges überstülpen.« Was wohl heißt: Noch gibt es unter den eigenen LieferantInnen zu wenige Betriebe, als dass sich diese Haltungsform glaubwürdig im großen Stil hinausposaunen ließe. Ihren Gästen gegenüber muss Biobäuerin Viktoria Hofbauer einstweilen tief Luft holen, bevor sie in einem Atemzug sagen kann, was diese im »Milch.KASino« geboten bekommen: »Bioheurohmilch von behornten, silagefrei und kraftfutterfrei gefütterten Kühen mit Weidegang aus muttergebundener Kälberaufzucht ohne Spaltenboden«. Ebenfalls außergewöhnlich: Geschlachtet werden die Tiere gleich in der Ortschaft. Wären da überhaupt noch weitere Verbesserungen möglich? »Ja«, seufzt die Bäuerin, »Gottfrieds großer Traum, der Natursprung«. Um den Tieren auch das Ausleben ihres Sexualtriebs zu ermöglichen, bräuchte es allerdings noch einen Stallumbau und ein weiteres Tier in der Herde. »Da käme dann nicht mehr der Tierarzt mit seinem Spermaröhrchen zur künstlichen Besamung, sondern es gibt einen Stier, der das erledigt, der aber alle drei Jahre gewechselt werden muss, damit es in der Herde nicht zu Inzucht kommt.« Ein mächtiger Stier hinterm Elektrozaun, ist anzunehmen, spränge dann auch den meisten BesucherInnen sofort ins Auge.

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O L I V E N Ö L

Familie Kurz vermarktet ihre Erzeugnisse vor allem direkt. Auf den Produkten prangt neben dem EU-Bio-Logo ein Logo mit der Silhouette einer Kuh, vor der ein Kalb steht.

1979

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*bei allen teilnehmenden Händlern


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F E R ME NTIE R EN

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DO JOGHURT YOURSELF TEXT Samantha Breitler

I

m Handel findet man Naturjoghurts mit vielen unübersichtlichen Angaben zu Inhaltsstoffen und Herstellung. Ein Vorteil eines selbst hergestellten Joghurts liegt also auf der Hand: Man bestimmt selbst, was hineinkommt. Außerdem entsteht durch die durchschnittlich längere Reifung zu Hause auch eine dichtere probiotische Bakterienkultur.

DIE RICHTIGEN BAKTERIEN Für die Herstellung von Naturjoghurt reichen im Grunde zwei Zutaten: Milch und Milchsäurebakterien. Mithilfe einer Mischkultur aus Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus entsteht durch Fermentation aus der Milch ein Joghurt. Der enthaltene Milchzucker (Laktose) wird bei der Fermentation durch die Bakterienkultur teilweise zu Milchsäure (Lactat) abgebaut – wodurch auch der säuerliche Geschmack entsteht. Bei der milden Variante werden weniger stark säuernde Kulturen wie Lactobacillus acidophilus verwendet. Zusätzlich wird industriellen Joghurts oft Magermilchpulver hinzugefügt, um das Joghurt bei einer kürzeren Reifungszeit fester zu machen – wodurch der ansonsten eher niedrige Milchzuckeranteil dieser Naturjoghurts erheblich steigt. Auf dem Etikett muss dieser Zusatz zur Milch nicht ausgewiesen werden. Problematisch ist das vor allem für Menschen mit

Laktoseintoleranz, einige Hersteller weisen Magermilchpulverzusatz daher freiwillig aus. Zu Hause kann man statt Joghurtferment auch ein paar Löffel gekauftes Joghurt verwenden und damit die Milch mit den notwendigen Bakterien »animpfen«. Dabei die richtige Konzentration der Milchsäurebakterien sicherzustellen verlangt schon ein bisschen Erfahrung – oder Glück. Für das erste selbst gemachte Joghurt empfiehlt sich eher ein Joghurtferment aus dem Reformhaus oder Fermentationsfachhandel. Wenn das fertig ist, kann man ein paar Esslöffel zur Weiterkultivierung einsetzen. Da Pflanzenmilch keinen Milchzucker enthält, fermentieren hier andere enthaltene Kohlenhydrate. Um trotzdem eine feste Konsistenz zu erhalten, ist Eiweiß notwendig, daher ist es empfehlenswert, auf Milchalternativen wie Sojamilch zurückzugreifen, die von Natur aus die benötigte Menge an pflanzlichem Eiweiß enthalten. Wer geschmacklich eiweißarme Pflanzenmilch bevorzugt, muss dann für die gewohnte Joghurtkonsistenz Verdickungsmittel zusetzen.

APROPOS MILCH Die klassische Vollmilch hat einen Referenzfettgehalt von 3,5 Prozent – mit dieser wird üblicherweise auch Joghurt hergestellt. Man kann zwar auch problemlos Joghurts mit fett-

B ILD IST OCK.COM/NATALA KRE CHE TOVA, SA MANTHA B RE ITLE R

Ein frisches Joghurt aus Biomilch oder veganer Pflanzenmilch gelingt zu Hause mit oder ohne Maschine.


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reduzierter Milch herstellen, die werden dann aber nicht so fest. Um das Wachstum ungewollter Bakterien zu verhindern, wird die Milch vor der Fermentation erhitzt. Milchsorten wie Frisch- oder Haltbarmilch unterscheiden sich voneinander im Verfahren, welches für die Wärmebehandlung – die Pasteurisierung – ausgewählt wurde. Bei der Kurzzeiterhitzung wird die Milch für 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad erhitzt und danach sofort wieder abgekühlt. So erhält man Frischmilch, bei der es nur zu einem minimalen Nährstoffverlust gegenüber der Rohmilch kommt. Obwohl die im Supermarkt eingekaufte Frischmilch bereits behandelt wurde, wird von einigen Herstellern von Joghurtferment empfohlen, auch diese Milch vor der Eigenherstellung von Joghurt kurz zu erhitzen. Bei Haltbarmilch, die bereits hoch erhitzt wurde, ist das nicht notwendig. Das im konventionellen Handel verkaufte Joghurt wurde aber zum Teil doppelt wärmebehandelt, das fertige Produkt also noch einmal erhitzt. Dadurch wird auch die Mehrzahl der eben auch wertvollen Milchsäurebakterien abgetötet. Dieses Verfahren ist bei der Herstellung von Biojoghurt nicht zulässig, es enthält daher lebende Kulturen.

HEISS-KALT Während das »Stichfeste« im Glas oder Becher reift, wird das »Cremiggerührte« in der Industrie in großen Tanks hergestellt und dort gerührt, damit es eine gleichmäßige Konsistenz erhält. Zu Hause lässt sich unkompliziert mit einem Joghurtbereiter – mit oder ohne elektrische Temperaturregelung – ein stichfestes Joghurt herstellen. Die Kulturen können aber auch im Backrohr reifen. Um das Wachstum von ungewollten Bakterien zu verhindern, ist es empfehlenswert, beim Einsatz von Frisch-, Roh- oder Vorzugsmilch die Milch zunächst bis zum Siedepunkt zu erhitzen. Dann lässt man sie auf 38 Grad auskühlen. Bei allen Schritten müssen die Küchengeräte sauber sein. Die Joghurtgläser (und Deckel) sollten vor der Befüllung ausgekocht und getrocknet werden. Bei ordentlicher Küchenhygiene ist das Joghurt dann ungeöffnet eine Woche im Kühlschrank lagerbar.

SELBSTVERSUCH JOGHURTZUBEREITUNG IM BACKOFEN ZUTATEN • 1 Liter Milch oder Sojamilch • 1 Packung Joghurtferment aus dem Reformhaus • einen großen Topf

• 3–5 Bügel- oder Schraubgläser mit einem Volumen von 200–300 ml • ein Küchenthermometer

Zunächst muss die Milch pasteurisiert werden. Hätte ich mich für H-Milch entschieden, könnte ich diesen Schritt überspringen. Ich aber erhitze Frischmilch bis knapp vor den Siedepunkt und lasse sie dann auf 38 °C abkühlen. Währenddessen heize ich den Backofen schon einmal auf 45 °C vor. Bei 38 °C (kann je nach Hersteller auch etwas abweichen) wird das Joghurtferment sorgfältig in die Milch eingerührt. Ich habe mich für ein mildes Bio-Ferment entschieden. Ich gieße die Mischung dann vorsichtig in die auf dem Backblech platzierten Gläser. Generell soll das Joghurt während des Reifungsprozesses so wenig wie möglich bewegt werden. Im Ofen lasst ihr das Joghurt bei ca. 40–45 °C 8–12 Stunden reifen – abhängig vom gewünschten Geschmack und Festigkeit. Es empfiehlt sich dabei, die Temperatur zusätzlich mit einem Thermometer zu überprüfen und allenfalls die Backofeneinstellung anzupassen. Das fertige Joghurt muss nun im Kühlschrank noch einige Stunden nachreifen.

Stromsparender als im Backrohr geht es mit einem Joghurtbereiter. Während ein Joghurtbereiter nur 0,01 bis 0,04 kWh pro Stunde verbraucht, benötigt bereits die Backofenlampe 0,025 kWh pro Stunde. Es gibt auch Joghurtbereiter, die ohne Strom auskommen und die Milch mittels Wärmeisolierung warmhalten.

Experimentierfreudige probieren es mit einer einfachen Thermoskanne. Wie fest das Joghurt hier wird, hängt allerdings von der Isolierqualität/ Warmhaltedauer ab.


KEIN LEBEN OHNE WASSER Ohne Wasser gäbe es kein Leben auf unserem Planeten, daher steht beim Weltwassertag 2022 besonders der Schutz des Grundwassers im Fokus

BEWUSSTSEIN FÜR (GRUND-) WASSER SCHAFFEN Das Grundwasser ist Teil des Wasserkreislaufs und stammt überwiegend aus Regenwasser und Schneeschmelzwasser, das durch den Boden bis in die Grundwasserleiter sickert und dort unterirdische Hohlräume zusammenhängend ausfüllt. Es hat – neben seiner Relevanz für die Trinkwasserversorgung – auch Bedeutung für die landwirtschaftliche

Produktion, Industrie, Gewerbe und Tourismus. Es gibt also viele Gründe, um (Grund-)Wasser zu schützen. Schließlich trägt seine Absicherung auch dazu bei, dass Österreich die Sustainable Development Goals (SDGs), vor allem das SDG 6 Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen, erreicht. Alle Infos zum Weltwassertag info.bmlrt.gv.at und www.wasseraktiv.at

3 FAKTEN ZUR STUDIE „WASSERSCHATZ ÖSTERREICH“

WASSERBEDARF VON 753 MIO. M³ PRO JAHR

DER AKTUELLE

WIRD SICH BIS 2050 UM 11 % BIS 15 % ERHÖHEN. DIE VERFÜGBAREN

GRUNDWASSERRESSOURCEN SIND AKTUELL 5,1 MRD. M3. DER GESAMTE

JÄHRLICHE WASSERBEDARF IN ÖSTERREICH LIEGT BEI ETWA 3,1 MRD. M³.

BILD ISTOCK/ AMRIPHOTO , HAUER WO LFGANG

Der Weltwassertag wird jedes Jahr am 22. März begangen. Dieser Tag, eingeführt von den Vereinten Nationen, soll auf die globale Bedeutung von Wasser aufmerksam machen und zum Schutz dieser wichtigen Lebensgrundlage beitragen. Auch Österreich begeht den Weltwassertag, denn auch unsere Gewässer müssen für Mensch und Umwelt geschützt werden. 2022 stand beim Weltwassertag vor allem das Grundwasser und dessen Schutz im Fokus, denn oftmals vergessen wir, welche Bedeutung Grundwasser für unsere Wasserversorgung und die Ökosysteme hat. Aktuell ist der Bedarf an Grundwasser zwar nachhaltig gedeckt, doch die Auswirkungen der Klimakrise können die verfügbaren Grundwasserressourcen bis 2050 um bis zu 23% reduzieren – und das hätte drastische Folgen.


FACHLICHE AUS- UND WEITERBILDUNG:

AQUAKULTUR UND BINNENFISCHEREI Seit den 1950er Jahren besteht am Institut für Fischereiwirtschaft und Gewässerökologie ein umfassendes Kursangebot, um das Know-how für eine erfolgreiche Berufslaufbahn in der Aquakultur und Binnenfischerei zu erwerben.

KURSZEIT IN WOCHEN

JÄHRLICHE AUS-/ WEITERBILDUNGSKURSWOCHEN

»Der Klimawandel ist eine große Herausforderung, da steigende Temperaturen und Wassermangel angepasste Gewässerbewirtschaftung und Aquakulturbetriebsformen nötig machen« Daniela Achleitner, Institutsleiterstellvertreterin am Bundesamt für Wasserwirtschaft Möglichkeiten haben, Fischteiche oder Aquakulturanlagen zu errichten und diese mit eigenem Wasser zu versorgen , so Daniela Achleitner, Institutsleiterstellvertreterin am Bundesamt für Wasserwirtschaft. Die Herausforderungen, die Fachkräfte im Bereich Fischereiwirtschaft und Gewässerökologie aktuell zu bewältigen haben, verändern sich dabei. Daniela Achleitner: In den letzten Jahren sieht man in den Betrieben einen Trend hin zur Fischveredelung und Direktvermarktung. Der Klimawandel ist eine große Herausforderung, da steigende Temperaturen und Wassermangel angepasste Gewässerbewirtschaftung und Aquakulturbetriebsformen nötig machen.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES BMLRT

Vielfalt: Das Ausbildungsangebot umfasst Berufsschulersatzkurse für die Facharbeiterausbildung in der Fischereiwirtschaft ebenso wie die Ausbildung zum/zur FischereimeisterIn. In den letzten 30 Jahren konnten insgesamt 266 FacharbeiterInnen und 153 MeisterInnen ausgebildet werden und seit etwa 2016 ist eine stetig steigende Anzahl an KursteilnehmerInnen zu vermerken. Die Fischerei zählt zu den 15 Landwirtschaftlichen Berufen in Österreich, daher fühlen sich v. a. Personen mit landwirtschaftlichem Hintergrund angesprochen. Besonders interessiert sind jene landwirtschaftlichen Betriebe, die in ihrem Betrieb die


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BR E NNN ESSE L

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PROTEINKRAUT D

Menschlicher und tierischer Urin enthält zahlreiche Stickstoffverbindungen. Da Brennnesseln stickstoffreiche Böden lieben, sollten sie in der Nähe von Spazierwegen über Kniehöhe abgeschnitten und nach der Ernte sehr gut gewaschen werden.

ie Brennnessel, die von vielen als Unkraut bezeichnet wird und besonders gut auf stickstoffreichem Boden wächst, ist voller Vitamine, Mineralstoffe und Proteine. Doch das Wildkraut beschränkt sich in seinem Standort nicht auf nährstoffreiche Waldböden. Auch in der Stadt ist die Nessel in Parks, auf Brachflächen oder auf Grünflächen neben Wohnhäusern anzutreffen. In Wien ist speziell die Donauinsel ein Brennnessel-Hotspot. Die Samen sind das Highlight der Brennnessel – zumindest was den Eiweißanteil angeht, denn sie enthalten drei Mal mehr Protein als Brennnesselblätter und schneiden mit rund 31 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm Samen auch im Vergleich zu anderen pflanzlichen Eiweißquellen gut ab. Brennnesselsamen werden erst von Ende Juli bis November sichtbar und befinden sich sowohl in männlichen als auch in weiblichen Blütenständen. Für den Küchengebrauch sind eher die weiblichen Brennnesselsamen zu bevorzugen, da sie nährstoffreicher sind. Die frühreifen grünen Samen schmecken frisch, die

reiferen bräunlichen Exemplare haben einen nussigen Geschmack. Nesselsamen eignen sich entweder frisch in Pestos oder getrocknet in Salaten, Müslis und Aufstrichen. Außerdem lassen sich mit ihnen Müsliriegel herstellen und gemahlen ergeben sie ein einfach herzustellendes und handhabbares Proteinpulver. Auch wenn Brennnesselsamen einen hohen Eiweißgehalt haben, heißt das nicht automatisch, dass ihre Eiweißqualität gleichermaßen hoch ist. Da sie wie alle pflanzlichen Proteine eine geringere »biologische Wertigkeit« – ein Wert, der angibt, wie gut sich Proteine später in Körpereiweiße umwandeln lassen – als tierische Eiweiße haben, »ist es wichtig, pflanzliche Eiweißquellen gut zu kombinieren«, betont Regine Schönlechner, Lebensmitteltechnologin am Institut der Lebensmitteltechnologie an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Schönlechner zufolge enthält eine gute Kombination für ein eiweißreiches pflanzliches Gericht beispielsweise einen Mix aus Getreide und Hülsenfrüchten. Als Zuga-

BILD

TEXT Florian Jauk

ISTOCK.CO M/MADE LEINE STE INBACH

Manche Nährstoffe wachsen vor der Haustür.


Wenn man mit der Hand den Stiel der Pflanze mehrmals in Wuchsrichtung der Brennhaare entlangstreicht, können die Blätter problemlos gepflückt werden.

Es geht auch anders!

be würden sich hier auch Samen wie jene der Brennnessel eignen.

Die Blätter der Brennnessel sind voller Vitalstoffe und übertreffen dabei so manch andere Pflanze. In 100 Gramm frischen Brennnesselblättern findet sich beispielsweise um ein Vielfaches mehr Vitamin C als in 100 Gramm Zitronen, ihr Kalziumanteil ist deutlich höher als der von Milch. Die Blätter enthalten zudem Silicium, Kalium, Vitamin A und das fettlösliche Vitamin E, auch für Mineralien wie Magnesium und Eisen sind Brennnesselblätter eine gute Quelle, wie das österreichische Gesundheitsministerium bestätigt. Frische Blätter eignen sich für Brennnesselspinat oder in Smoothies und Säften, getrocknete Brennnesselblätter werden für Tees oder Gewürzmischungen verwendet. Junge Blätter haben die höchste Nährstoffdichte und können direkt nach dem Austrieb im April gepflückt werden, sie schmecken besonders frisch und intensiv. Danach werden die Blätter zwar größer, allerdings auch fasriger und der Geschmack lässt nach. Will man die Blätter schmerzfrei pflücken, sollte man zur Ernte Gartenhandschuhe mitnehmen. Doch es geht auch ohne Handschuhe: Die Brennhaare, die ein Schutzmechanismus der Pflanze gegenüber natürlichen Fressfeinden sind, befinden sich hauptsächlich am Stiel und an der Oberseite der Brennnesselblätter. Wenn man mit der Hand den Stiel der Pflanze mehrmals von unten nach oben – mit der Wuchsrichtung der Brennhaare – entlangstreicht, können die Brennhaare inaktiviert und die Blätter problemlos gepflückt werden.

VOLL VERWERTBAR Auch wenn vor allem die Samen und die Blätter der Brennnessel als Lebensmittel genutzt werden, ist im Grunde doch jeder Teil der Brennnessel nutz- und essbar. Die hohe Nährstoffdichte der Nessel stellt so manche Kulturpflanze in den Schatten. Wer das Glück hat, einen Garten sein Eigen zu nennen, sollte sich beim nächsten Unkrautjäten trotzdem lieber zwei Mal überlegen, ob die Brennnessel im Biomüll oder nicht doch lieber auf dem Teller landet.

Johannes Gutmann, SONNENTOR Gründer

Bio-Boden ist kein Dreck Bio-Erde schon? Für eine enkeltaugliche Zukunft müssen wir uns um den Boden kümmern. Ein Drittel aller Böden weltweit ist belastet. Gründe dafür sind Erosion, Versalzung und Verunreinigung durch Pestizide. Das alles passiert, obwohl der Boden eines unserer kostbarsten Güter ist. Er schafft sogar jenes Wunder, an dem die Politik zu scheitern droht – die Regulierung des Klimas. Die biologische Landwirtschaft ist ein wichtiger Wegbereiter für einen gesunden Boden. Vielfalt im Anbau, organische Düngung und Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide wirken sich positiv auf die im Boden lebenden Organismen aus. Bio tut dem Boden gut, ob auf dem Acker oder im privaten Garten – das weiß jeder Regenwurm. Dennoch gelten die klaren Regeln, die es für Bio-Lebensmittel gibt, bei vielen anderen Naturprodukten nicht. Hersteller von Produkten für den Heimgarten können auf diese einfach »bio« draufschreiben – was das bedeutet, ist allerdings nicht geregelt. Im eigenen Garten will man erst recht wissen, was man in den Boden – und sich in Folge auf den Teller bringt. Es braucht gesetzliche Rahmenbedingungen, um Klarheit für die Konsumentinnen und Konsumenten zu schaffen. Damit nicht nur bei Lebensmitteln Bio drin ist, wo Bio draufsteht! www.sonnentor.com/esgehtauchanders

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON SONNENTOR

VITAMINSTATION



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WALD- UND WIESENGESCHMACK Endlich wieder ein anderes Wildkräuterbuch!

BILD ISTOCK/KAS S IIA S ERGACHEVA

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ildpflanzen sammeln und in der Küche verarbeiten ist als Idee noch älter als die ersten Boten des Frühlings in unseren Breiten: der allgegenwärtige Jubel über den Start der Bärlauchsaison. Es häufen sich allerdings nicht erst seit dem Pandemieausbruch einfallsarme Rezeptbücher und substanzarme Ratgeber zur Wildpflanzenküche, umso wohltuender wirkt da das fast 300 Seiten lang fundierte »Wildkräuter. Bestimmen. Sammeln. Zubereiten.« von Martina Merz. Welche Pflanzen sind einfach zu erkennen, wo soll eine Suche in der Stadt beginnen, wo eine am Land? Welche Giftpflanzen sind so gefährlich, dass ich sie mir einprägen muss, bevor ich loslege (Eibe, Eisenhut, Herbstzeitlose, Hundspetersilie, Schierling!) und welche Pflanzen eignen sich andererseits besonders gut, um sie auch mit Kindern zu sammeln. Neben Kräutern gibts auch Wildfrüchtetipps und »Essbare Bäume«, bevor der Hauptteil, der zu den Rezepten, beginnt. Die klassischen Aufstrichvariationen und Salate, die man erwartet, werden auch hier geliefert – aber sie fallen durch Liebe zu Details und Finessen auf. Hinzu kommt jedenfalls ein Fundus aus ganz und gar nicht klassischen Ideen – von Kohldistellasagne bis zu Bärlauchknospen mit Miso, Ramen-Nudeln und Gomasio. Wer vom Bärlauch selbst in dieser Variante genug hat, kann es mit

seiner möglichen Nachfolgerin an der Spitze der Beliebtheitsskala versuchen: mit einem Brennnesselrisotto – frühlingshaft – oder, wie Merz schreibt, mit Safran und Steinpilzen als »Wärmendes Herbstessen nach dem Waldspaziergang«. Wer sich für eine der vielen aktuellen Erscheinungen zum Thema Wildpflanzen sammeln und verarbeiten entscheiden muss, kann diese nehmen – Merz’ Wälzer ist fundiert, lehrreich, kurzweilig.

BRENNNESSELSAFRAN-RISOTTO MIT STEINPILZEN

TEXT Irina Zelewitz

REZEPT AUS:

ZUBEREITUNG CA. 40 MINUTEN einfach, vegetarisch, glutenfrei, frei von raffiniertem Zucker ZUTATEN FÜR 2–4 PORTIONEN TOPPING • 2 Brennnesselstiele mit reifen Fruchtständen (gibt es ab ca. Mitte Juni) • 1 EL Olivenöl zum Braten • Salz

• 2–4 kleine Steinpilze oder andere Waldpilze • 1 EL Butter oder Olivenöl zum Braten • schwarzer Pfeffer aus der Mühle

» WILDKRÄUTER. BESTIMMEN, SAMMELN, ZUBEREITEN.« von Martina Merz. Becker Joest Volk Verlag, 2022.


KO C H BUCH EM P F E H L U N G

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RISOTTO • 20 getrocknete Safranfäden • 250 ml Weißwein • 1 große Zwiebel • 2–3 große Knoblauchzehen (möglichst frische) • 2 EL Olivenöl • 800 ml Brühe (Gemüseoder Hühnerbrühe) • evtl. 1 kleine Zucchini

(falls es nicht genug Brennnesseln gibt) • 250 g Risottoreis • 1 große Schüssel frische Brennnesselspitzen • Salz • schwarzer Pfeffer aus der Mühle • 2 EL Butter • 100 g frisch geriebener Parmesan

ZUBEREITUNG:

Tipps • Brennnesseln findet man fast immer, auch wenn man bei Pilzen kein Glück hat. • Das Risotto schmeckt auch ohne Pilze, ohne Brennnesselfrüchte und ohne Safran wunderbar.

FÜR DAS TOPPING die Fruchtstände der beiden Brennnesselstiele mit einer Schere von den Stielen abschneiden. In einer Pfanne im Olivenöl vorsichtig anrösten, bis die Samen sich etwas lösen und beginnen zu bräunen. Sofort aus der Pfanne nehmen, leicht salzen und abkühlen lassen, lose Stiele entfernen. FÜR DAS RISOTTO die Safranfäden in eine Schale geben, 100 ml Weißwein darübergießen und einweichen lassen. Die Zwiebel schälen und würfeln. Knoblauchzehen schälen und fein hacken. Beides mit 1 EL Olivenöl in einen Topf geben und golden schmoren, bis die

Zwiebeln ganz weich sind. Während- dessen die Brühe zum Kochen bringen. Falls die Brennnesseln nicht ausreichen, die Zucchini waschen, grob raspeln, mit in den Topf geben und anrösten, bis sie etwas Farbe bekommen. Zucchini und Zwiebeln an den Topfrand schieben, das restliche Öl zugießen, den Reis in die Mitte geben und unter Rühren anbraten, bis die Körner glasig werden. Mit dem restlichen Weißwein ablöschen und rühren, bis der Wein verkocht ist. Nun etwa 250 ml heiße Brühe zugießen, verrühren und auf kleiner Stufe köcheln lassen, dabei immer wieder rühren. Wenn die Flüssigkeit verkocht ist, wieder etwas davon einrühren und von Zeit zu Zeit rühren, bis die Brühe aufgebraucht ist. Währenddessen die Brennnesselspitzen (mit Gummihandschuhen!) in warmem Wasser waschen und harte Stiele entfernen. Nach etwa 15 Minuten Risottogarzeit Brennnesselblätter und Safran- wein hinzufügen, mit Salz und Pfeffer würzen, weiterköcheln und rühren. Inzwischen die Steinpilze säubern, in Scheiben schneiden, gegen Ende der Risottogarzeit in Butter oder Öl kräftig anbraten, sodass sie knusprig braun werden. Erst wenn sie fertig sind, mit Salz und Pfeffer würzen. Butter und etwa 65 g Parmesan in das Risotto rühren und abschmecken. Das Brennnessel-Safran-Risotto in tiefe Teller geben, mit restlichem Parmesan bestreuen, die gebratenen Pilze darauf anrichten und die gerösteten Brennnesselfrüchte darüberstreuen. Fertig!

BILD SANDRA ECKHARDT

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MISCHKULTUR

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Von Würmern, Hörnern und Schafwolle.

it dem Start der Gartensaison wird auch wieder fleißig gedüngt. Oder neue, bereits aufgedüngte Bioerde gekauft. Dass Erden und Dünger nicht der Verordnung für den Biolandbau unterliegen, weiß wohl kaum jemand, der seinen Garten aus Überzeugung biologisch bewirtschaftet. Nur wenn am Sack »Zugelassen für die Verwendung im Bio-Landbau steht« oder »InfoXGen-geprüft«, sind auch alle Inhaltsstoffe wirklich bio. Daher widmet sich diese Mischkultur-Kolumne dem Thema Biodünger und versucht, einen Überblick zu schaffen. Allen, die einen Garten ihr Eigen nennen, sei empfohlen, sich Zeit zu nehmen, einen Komposthaufen anzulegen. Denn zur Grundversorgung der Beete mit Nährstoffen eignet sich dieses Kreislaufprinzip am besten. Für BalkonbesitzerInnen heißt die Alternative Wurmkompostierung – oder gekaufte, mit Wurmhumus aufgedüngte Erde. Dabei hat Regenwurmhumus die fünf- bis siebenfache Düngerwirkung im Vergleich zu herkömmlichem Kompost. Wurmkompost ist vergleichbar mit einer ausgewogenen Vollwertkost bei uns Menschen. Er enthält nicht nur einen hohen Anteil an bereits pflanzenverfügbaren Nährstoffen, er aktiviert auch das Bodenleben, verbessert die Bodengesundheit, erhöht die Wasserspeicherfähigkeit der Böden und enthält wachstumsfördernde Huminsäuren, Enzyme und Botenstoffe. Und ebenso Ton-Humus-Komplexe, wie sie für bereits belebte Böden typisch sind. Durch all diese Inhaltsstoffe stärkt Regenwurmhumus die Pflanzen und beugt boden- und samenbürtigen Krankheiten vor. Die bodenbelebende Wirkung ist nicht von der Menge des eingebrachten Wurmhumus abhängig, sondern wirkt wie eine Impfung. Kurz gesagt: Er macht Böden fruchtbar. Ganz anders verhält es sich mit einem der meistver-

breiteten »Biodünger«: den Hornspänen. Die zerkleinerten Klauen und Hörner von Kühen sind ein reiner Stickstoffdünger und fördern lediglich das quantitative Pflanzenwachstum – also dass Pflanzen rasch und üppig wachsen können. Damit geht es den Pflanzen so, als würde ein Mensch jeden Tag nur Schnitzel essen – oder andere Eiweißkost: Es wäre energiereich, aber unausgewogen und auf Dauer ungesund. Hinzu kommt: Hornspäne sind zwar ein organischer Dünger, doch weit entfernt von regionalen Kreisläufen. Sie stammen aus der industriellen Massentierhaltung und werden meist aus Indien oder Brasilien importiert. Ein regionaler Dünger, den Schafbäuerinnen und -bauern in den vergangenen Jahren entwickelt haben, sind Schafwollpellets. Mit der Verarbeitung zu Schafwollpellets gibt es eine sinnvolle Verwendung für die Wolle jener Schafrassen, für die es aus der Textilindustrie bisher kaum Nachfrage gibt. Vor allem Topf- und BalkongärtnerInnen sei dieser Dünger empfohlen. Denn er kann recht viel Wasser speichern und dann langsam an die Pflanzen abgeben. Übrigens hat auch das Lockern des Bodens eine düngende Wirkung: Denn das Lockern erhöht wieder den Sauerstoffgehalt im Boden und dies fördert jene Bodenmikroorganismen, die für die Nährstoffumsetzung zuständig sind. Und wer seinen Garten schon länger biologisch bewirtschaftet, darf sich auch über einen anderen Kreislauf freuen: In einem zehn Quadratmeter großen Beet leben zirka 3 Kilogramm Regenwürmer, die mit ihrem Wurmhumus direkt das Beet düngen – und gleichzeitig auch noch locker halten. Ja, so ein Regenwurm ist schon ein faszinierendes Tierchen. Er ist eine düngende Grabgabel, die stetig vor sich hin arbeitet. Das muss ihm mal war nachmachen.

TEXT Andrea Heistinger

Agrarwissenschafterin und Gartenbuchautorin Andrea Heistinger weiß, welche Biodünger Pflanzen guttun. andrea-heistinger.at


Alle Abbildungen sind Symbolfotos. An alle Haushalte. Vorbehaltlich Satz- und Druckfehler.

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AMPHIBIEN-MOBILITÄT

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BeTriton: Wohnmobil, Boot und Fahrrad in einem?

BILD AIGARS LAUZIS

s sieht ein bisschen aus wie ein Lego-Spielzeug, doch hinter dem Projekt BeTriton, das bis vor Kurzem noch Z-Triton hieß und aufgrund der negativen Konnotation des Buchstabens Z, der als russisches Militär- und Propagandazeichen im Ukraine-Krieg eingesetzt wird, kurzerhand umbenannt wurde, steckt nicht nur eine Menge Technik, sondern auch ein jahrelanger Entwicklungsprozess. Begonnen hat er 2013, als der Designer und Firmengründer des lettischen Unternehmens Zeltini, Aigars Lauzis, innerhalb von vier Jahren von London bis nach Tokio radelte und dabei eine Strecke von 31.000 Kilometern zurücklegte. Schnell fühlte er sich mit seinem Tourenrad limitiert – beim Überqueren von Wasser war er auf örtliche Fähren angewiesen und auch das tägliche Aufstellen eines Zeltes nervte ihn. Also kam er auf die Idee, an einem platzsparenden und umweltfreundlichen Gefährt zu basteln, mit dem man sowohl an Land als auch auf dem Wasser reisen kann.

ausgeliefert werden. Es ist einerseits ein dreirädriges E-Fahrrad mit sieben Gängen, Scheibenbremsen und einem 1-Kilowatt-Motor als Unterstützung, kann sich andererseits aber auch in ein Elektroboot mit einem 1,15 Kilowatt starken Motor und mit ein paar weiteren Handgriffen zu einer Übernachtungsmöglichkeit für zwei Personen verwandeln. Für den Umbau des Bikes zum Boot müssen die Reifen von Hand in die vorgesehenen Halterungen hochgehoben, Stabilisatoren an den Seiten des mit bis zu 200 Kilogramm beladbaren Bootes aufgeblasen und angebracht und der Elektromotor aus der Unterseite der Kabine hinausgezogen werden. Die E-Unterstützung reicht entweder für 50 Kilometer an Land oder 20 Kilometer auf dem Wasser, danach muss das BeTriton mit einem 220-Volt-Kabel an den Strom angesteckt werden. Es kann sich aber auch rein mit Muskelkraft fortbewegen, das Bike lässt sich auch ohne E-Unterstützung fahren, am Boot gibt es aufsteckbare Ruder.

DREIFALTIGKEIT

AMPHIBISCHES WOHNMOBIL

Nach einem Prototyp steht 2022 das serienreife BeTriton in den Startlöchern. Das 14.500-Euro-Gefährt für Land- und Wasserabenteuer ist vorbestellbar und soll Ende des Jahres erstmals

Der Camping-Modus funktioniert sowohl an Land als auch am Wasser. Zur Ausstattung der 2 Meter langen und 85 Zentimeter breiten Kabine gehören ein Beleuchtungssystem, sämtli-

TEXT Florian Jauk

Kein Bootsführerschein ist in Österreich für nicht gewerblich genutzte Boote unter 4,4 Kilowatt Antriebsleistung auf Binnengewässern und Seestraßen notwendig. In Deutschland dürfen prinzipiell Boote mit einer Antriebsstärke von bis zu 11 Kilowatt auf Binnen-Schifffahrtsstraßen führerscheinfrei gelenkt werden.

Spezielle Regelungen gelten in beiden Staaten für den Bodensee und den Rhein sowie in Berlin, Brandenburg und deutschen Landesgewässern.


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48 zwei Tage (inklusive einer Nacht) um 120 Euro in Lettland zu mieten. Will man das amphibische Gefährt nicht nur mieten, sondern kaufen, müssen VorbestellerInnen tiefer in die Tasche greifen. 14.500 plus 100 Euro Reservierungsgebühr, die laut Hersteller rückerstattet wird, kostet eine Vorbestellung derzeit. Die 14.500 Euro sind allerdings ein Mindestbetrag, denn um mit dem BeTriton in Österreich und Deutschland auf Reisen zu gehen, braucht es zusätzliche kostenpflichtige Dokumente. All in one: Das BeTriton ist ein E-Bike, das sich in ein Boot und ein Wohnmobil verwandeln lässt.

WELCOME ABOARD Über Stock und Stein fährt das BeTriton rechtlich als dreirädriges Kleinkraftrad. Zum Lenken dieser Fahrzeugklasse braucht man in der EU und in Norwegen, Island und Liechtenstein einen B- beziehungsweise einen AM-Führerschein mit der Eintragung 79.02. Für das Lenken eines Elektrobootes gelten länderspezifische Bestimmungen. Grundsätzlich gilt aber sowohl in Österreich als auch in Deutschland: Das BeTriton-Boot mit einer Antriebsstärke von 1,15 Kilowatt – was 1,56 PS entspricht – darf ohne Bootsführerschein gelenkt werden. Im »Boat Mode« darf das BeTriton also jedeR steuern.

2 Meter lang und 85 Zentimeter breit ist das BeTriton-Wohnmobil, worin laut Hersteller zwei Personen Platz haben.

Lenkerlaubnis Um das BeTriton an Land zu lenken, braucht man einen Moped- beziehungsweise Autoführerschein. Voraussetzung dafür: ein Mindestalter von 15 beziehungsweise 17 Jahren (bei einer L17-Ausbildung), eine abgeschlossene Fahrausbildung und Geld.

che usb-Anschlüsse und ein Bluetooth-Radio. Solarpaneele an der Oberseite sorgen für grünen Strom an Bord. Sogar das Kochen einfacher Gerichte soll dank eines Rauchfangs im Inneren des »Amphibien-Wohnmobils« möglich sein, in dem nach Herstellerangaben Platz für zwei Personen ist – was bei 85 Zentimetern Breite allerdings kaum wirklich praktikabel erscheint. Das Fahrgestell ist aus Sperrholz und Hanffaser-Elementen, viele Teile werden außerdem per 3D-Druck aus Biokunststoff hergestellt. Zeltini gibt an, dass das kleine Wohnmobil gekühlt und beheizt werden kann, und bastelt außerdem an einer individuell gestaltbaren Bausatz-Version, die ebenfalls bestellt werden kann und per 3D-Drucker zum Leben erwacht. Will man das BeTriton testen, so gibt es ab Sommer die Möglichkeit, es über die BeTriton-Website für einen Tag um 60 Euro oder

BILD AIGARS LAUZI S, LAU RIS VIKS NE

BLICKFANG Das BeTriton sieht ein wenig aus wie ein Spielzug und ist es für viele Menschen wohl auch. Dennoch: Auch wenn man die einzelnen Teile des BeTritons – ein E-Bike, ein Elektroboot und ein kleiner Wohnwagen oder, ob des Platzes, wohl eher ein Zelt – separat in teilweise besserer und günstigerer Ausführung bekommt, so gibt es derzeit kein anderes Gefährt, das Fortbewegung an Land, auf dem Wasser und eine Übernachtungsmöglichkeit in einem ermöglicht. Die Zielgruppe des Unternehmens Zeltini sind Familien gleichermaßen wie Pärchen und alleinstehende NaturenthusiastInnen, die unabhängig von anderen Menschen von Ort zu Ort ziehen wollen. Und das, obwohl das Gefährt im futuristischen Look wohl alle Blicke auf sich zieht. Ob es das Geld wert ist, wird sich zeigen, wenn das BeTriton in Serie produziert und verkauft wird, denn bis jetzt ist jedes Modell eine Maßanfertigung. Vorbestellungen gibt es hauptsächlich aus Europa und den usa. Wie viele es bisher gegeben hat, konnte man bei Zeltini auf Nachfrage nicht mitteilen.



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MAR K T PL ATZ KO SM E TIK

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TEXT Irina Zelewitz

BILD Selina Schobel

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NEU ODER NOCH GUT

Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns Weghören und -sehen vergeht.

KATJA DIEHL / »AUTOKORREKTUR« / S. FISCHER, 2022.

ge Behauptungen (Fahren ohne Führerschein würde keine Unfalltoten nach sich ziehen) und kleine Flüchtigkeitsfehler hat Katja Diehl in ihrem Buch und mit ihren Aussagen aber einfach recht: Es braucht stärkeren politischen Willen für eine andere Mobilität, der Lobbyismus in diesem Bereich ist gerade in Deutschland ein großes Problem, mehr Frauen in entscheidenden Gremien und Rollen würden den Wandel wahrscheinlich beschleunigen – und zwar ganz sicher zum Wohle aller. Neue Gedanken finden sich aber zumindest in diesem Buch eben nicht. MARTIN MÜHL

Vorgelesen für am System Automobil Interessierte.

OLIVER DIRR / »WALFAHRT« / ULLSTEIN, 2022.

Katja Diehl hat viele Jahre in der Mobilitäts- und Logistikbranche gearbeitet und beschäftigt sich nun auch »von außen« schon lange mit dem Thema, unter anderem in Podcasts und als Beraterin. Ihr Buch »Autokorrektur« bietet einen breiten und reichhaltigen Einblick in die Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie in diesen Jahren sammeln konnte. Das Auto ist nicht nur ein Umwelt- und Klimaproblem: Der Vorrang des Autos vor allen anderen VerkehrsteilnehmerInnen asphaltiert gesellschaftliche Probleme. Dazu gehören die Benachteiligung von Frauen, die sich auch immer noch mehr um Haushalt und Reproduktionsarbeit kümmern, verminderte Lebensqualität aller in Städten, betonierte Wiesen für Parkplätze außerhalb von Ballungszentren oder auch die Exklusion aller, die nicht Auto fahren können oder wollen. Und dazu gehören Kosten, die die Allgemeinheit trägt – etwa für Infrastruktur oder auch Folgekosten im Bereich Gesundheit. Diehl sammelt dies alles in einer durchaus beherzten Erzähl- und Ausdrucksweise, hat dabei aber jenen, die sich schon grundlegend mit dem Thema beschäftigen, wenig Neues zu erzählen. Und auch im finalen Kapitel des Buches »So geht Mobilität für alle!« – das möglichen Lösungsansätzen kaum 10 Prozent des Buches widmet – bleibt sie beim bekannten Konzept der kurzen Wege oder auch »Superblocks«. Bis auf ein paar schrä-

Vorgelesen für unbewaffnete Walfänger. Wale sind imposante Kreaturen. Und Imposantes sehen Menschen gern. Dass die Meeressäuger immer seltener werden und noch dazu unter Wasser leben, macht die Möglichkeit, sie zu sehen, zum knappen Gut. So sind Wale längst eine touristische Sehenswürdigkeit. Rund um den Erdball gibt es nur wenige Orte, an denen man sie regelmäßig erleben kann. Der Münchner Journalist Oliver Dirr hat ein Buch über seine persönlichen Erlebnisse an diesen Orten geschrieben. Und das ist ihm deshalb gut gelungen, weil er erstens seit einem Jahrzehnt weltweites Whale Watching betreibt und eine Menge darüber zu erzählen hat. Und zweitens,

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53 weil er sein Buch »Walfahrt – Über den Wal, die Welt und das Staunen« auf so unterhaltsame Weise geschrieben hat, dass es Freude am Walebeobachten vermittelt, auch wenn man damit noch keine Erfahrungen hat. Dirrs Buch einen Reiseführer zu nennen ist dabei nicht ganz fair. Sein Buch verbinden Erzählungen in 12 Kapiteln. Dabei erfährt man eher beiläufig, wo touristische Ausflüge zu den Walen wie ablaufen. Im Mittelpunkt stehen humorvolle und feinfühlige Berichte darüber, wie Dirr seine Walfahrten erlebt hat, und jede Menge Wissen über Wale als faszinierende und bedrohte Kreaturen im spektakulären Ökosystem Meer. THOMAS STOLLENWERK

KATHRIN HARTMANN / »MEIN GRÜNER HUND« / BLESSING-VERLAG, 2022.

diejenigen, die sich ihres Leids annehmen, das Wolf Science Center in Ernstbrunn und eine internationale Rassehundeausstellung, um sich mit den Auswüchsen der Qualzucht von Mops und Französischer Bulldogge auseinanderzusetzen. Auch der ausbeuterische Welpenhandel und die überholten Ansätze autoritärer Hundeerziehung bekommen je ein Kapitel. Erst im Anschluss an diese Reportagen, in denen immer wieder Toni als emotionaler Bezugspunkt auftaucht, findet sich das im Untertitel versprochene »Plädoyer für ein faires Leben mit unseren Vierbeinern«. Mit seinen sieben Seiten ist es leider viel zu kurz geraten und hört gedanklich gerade da auf, wo es spannend wird. »Die Sache der Tiere muss unbedingt politisch werden«, fordert Hartmann – und beruft sich auf den US-amerikanischen Verhaltensforscher und Biologen Marc Bekoff, der davon überzeugt ist, dass die liebevolle Beziehung zu Hunden helfen könne, die real existierende »Empathiekluft« zwischen dem Menschen und allen übrigen Tieren zu überwinden. Insgesamt nichtsdestotrotz inspirierend. THOMAS WEBER

JÜRGEN TRAUTNER / »ARTENSCHUTZ.« / ULMER VERLAG, 2020. Vorgelesen für alle, die sich fragen, ob sie sich einen Mischlingswelpen aus dem Tierheim, einen Rassehund oder einen importierten Streuner anschaffen sollen. Wer sich einen Ratgeber mit klaren Empfehlungen erwartet, wird von »Mein grüner Hund« eher enttäuscht sein. Immerhin verspricht die Frage auf der Rückseite – »Wie geht Weltrettung mit Hund?« – die eine oder andere Antwort. Nur das erste Kapitel (»The Wurst Is Over«) widmet sich wirklich »grünen« Themen. Darin stellt sich Hartmann der bitteren Wahrheit, dass tierliebende HundehalterInnen durch die weitestgehend fleischbasierte Fütterung ihrer Lieblinge das Elend der industrialisierten Nutztierhaltung unterstützen und dass Fütterungstrends wie das Barfen weder artgerecht noch ökologisch vertretbar sind. Ihren eigenen Hund, den Zwergschnauzer Toni, füttert Hartmann weitgehend pflanzlich. Stimmt schon: dass eine vegane Fütterung von ausgewachsenen Hunden problemlos möglich ist, sollte sich endlich herumsprechen. Darüber hinaus bietet das Buch eine Aneinanderreihung lesenswerter Reportagen: Hartmann besuchte die Straßenhunde Südosteuropas und

Nachgelesen für alle, die sich systematisch über Artenschutz informieren wollen und dabei nach einem Standardwerk suchen. Es gibt wenige Publikationen, die so eine gute Balance zwischen wissenschaftlicher Aufarbeitung und inhaltlicher Aufbereitung finden. Das Buch ist vor allem aber auch ein Zwischenruf: Denn der Fokus auf die Klimaerwärmung und CO2 drängt paradoxerweise die Diskussion über Artenschutz und Biodiversität an den Rand. Bekannt ist, der Rückgang der Arten und der Biomasse sind dramatisch. Der Autor spricht einleitend von einem »Massenaussterben«. Im Buch geht es folgerichtig darum, die rechtlichen Konzepte des Artenschutzes (für Pflanzen


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INA SPERL / »DER BODEN« / VERLAG GRÄFE UND UNZER, 2019.

Nachgelesen für alle, die sich auf einen kursorischen Streifzug durch das Erdreich begeben wollen. Eine Biologin erzählte einmal bei einem Rapunzel-Vortrag, dass SchülerInnen, die Pflanzen zeichnen sollen, diese oft nur bis zum Stamm darstellen. Die Wurzeln vergessen sie. Seit der begonnenen Ökologisierung der Landwirtschaft (und unserer Köpfe) dürfte das Erdreich stärker in den Blick gerückt sein. Ein Indiz dafür ist wohl auch, dass ein Verlag wie Gräfe und Unzer, der über Kochen, Heimtiere und Garten publiziert, ein Buch über den Boden macht. »Der Boden« bietet einen Einstieg für alle, die sich für den Boden interessieren, aber noch keine Ahnung haben, wofür genau. Thematisch wird hier viel abgedeckt, jeweils in einer Miniatur. Hier wird in Podsol und Braunerde eingeführt, dort werden Fracking und Versiegelung problematisiert. Man erfährt, dass ulkige Destruenten wie Springschwänze und Fadenwürmer den Boden bewohnen – und auch, wie man Humus für den eigenen Garten produziert. Der Deal für solch eine Publikation ist die kursorische Form – was will man auf knapp 200 Seiten über das Universum zu unseren Füßen erzählen. Dennoch, sehr nett gestaltet, mit Grafiken und Fotos, ideal als erster Querschnitt. GUNNAR LANDSGESELL

CARLA DEL PONTE / »ICH BIN KEINE HELDIN.« / WESTEND 2021.

Nachgelesen für Menschen, die Völkerrecht gerne als persönliche Geschichte erzählt bekommen. Niemand Geringerer als die Chefanklägerin (1999–2007) der ersten beiden Tribunale des Internationalen Strafgerichtshofs liefert hier eine einfach verständliche, schnelle Geschichte des Völkerrechts, die, je näher wir der Gegenwart kommen, immer persönlicher wird. Dazu auch nach wie vor dringend gebrauchten Kontext zu dessen Verständnis von »Genozid« oder »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«. Mit deutlich mehr Meinung und Offenheit gespickt, als Materie und Profession (vor der Pensionierung zuletzt Schweizer Botschafterin) das nahelegen, würdigt die aus der Pension für die Kommission zur Untersuchung der Kriegsverbrechen in Syrien zurückgeholte und von dieser zurückgetretene (»2017 hatte ich die Nase voll davon, gegen Wände zu rennen«) Carla Del Ponte den 2002 dauerhaft institutionalisierten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Die Möglichkeit, in internationalen Konflikten Menschen persönlich zur Rechenschaft zu ziehen, beschreibt sie als Durchbruch – Gerechtigkeit für die Opfer als das Ziel. Dabei klärt sie auf: »Es ist nicht die Kultur, kein jahrhundertealter, ethnischer Hass, der die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien hervorgebracht hat. Sondern es sind Menschen, die diese Verbrechen begehen, und Menschen, die andere dazu anstiften.« – Die abschreckende Wirkung, die von den Gerichtsurteilen hätte ausgehen sollen, habe allerdings nie eingesetzt. Dieses Buch erinnert daran, wie wertvoll, fragil und defekt die zivilisatorische Errungenschaft internationaler Gerichtsbarkeit ist. Es erklärt, inwiefern diese schon in ihrem Tätigwerden aber abhängig von der UNO und deren Sicherheitsrat ist. Del Ponte lässt gleichzeitig keine Zweifel daran aufkommen, dass in ihren Augen nicht russische oder chinesische Politik die bisher größte Gefahr für den noch jungen Gerichtshof in Den Haag darstellt: »Es kann doch nicht sein, dass sich die Geburtshelfer der internationalen Justiz zurückziehen, sobald sie merken, dass auch sie sich ihr beugen müssen.« IRINA ZELEWITZ.

B ILD GRÄFE UND UNZER VE RLAG, WE STE ND

und Tiere) zu thematisieren, Lebensräume und Schutzmaßnahmen fachlich in ein Verhältnis zu setzen, sowie den Blick dafür zu schärfen, was Artenschutz eigentlich leisten könnte. Beim Lesen kommt teilweise durchaus Ärger auf. Oft sind ForscherInnen von den Erfolgen kleinflächig gesetzter Schutzmaßnahmen überrascht, wenn Pflanzen-, Insekten- oder Amphibienbestände sich rasch erholen. Warum passiert nicht mehr? Hier ist das Buch dazu. GUNNAR LANDSGESELL


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JUICY STORIES Was sich Saft nennen darf, ist klar geregelt.

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wischen Saftkuren und Warnungen vor verstecktem Zucker ist die Verwirrung groß: Was steckt hinter dem harmlosen Wort Saft – und was darf gesetzlich gar nicht drinstecken? Eine Einkaufshilfe. Laut EU-Fruchtsaftverordnung besteht ein Fruchtsaft aus reifen, gärfähigen, jedoch nicht gegorenen Früchten, die aus einer oder mehrerer Fruchtarten gewonnen werden. Generell kann man zwischen zwei Arten der Herstellung von Fruchtsäften unterscheiden: Direktsaft entsteht durch Pressen oder Mühlen von reifen, frischen Früchten, während bei einem Saft aus Konzentrat zuerst das Wasser und die Aromastoffe entzogen und ein eingedampftes Konzentrat erzeugt wird. Das Konzentrat wird später mit Wasser rückverdünnt – so können Säfte kostengünstiger transportiert und unabhängig von der Erntesaison angeboten werden. Im konventionellen Handel werden viele Säfte aus Konzentraten hergestellt, dies muss allerdings ausgewiesen werden. Die meisten biologischen Säfte sind dagegen Direktsäfte. Zertifikate von Verbänden wie Demeter oder Bioland erlauben bei Fruchtsäften überhaupt nur Direktsaft. Einen Fruchtsaftgehalt von hundert Prozent haben aber beide. Bei Direktsäften von stark säurehaltigen Früchten, wie der ­Cranberry, die normalerweise nur verdünnt oder gesüßt getrunken werden, wird das Erzeugnis auch Muttersaft genannt.

SAFT AUF DEM PRÜFSTAND Laut dem Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF) sind viele VerbraucherInnen beim Thema Fruchtsaft unsicher und wissen nicht genau, was in Saft enthalten sein darf. Um das VerbraucherInneninteresse zu schützen und den freien Warenverkehr mit Fruchtsäften und bestimmten gleichartigen Erzeugnissen innerhalb der Union zu verbessern, wur-

den eindeutige Richtlinien entwickelt. Nach der Umsetzung der ersten EU-Richtlinie zu Fruchtsäften 2001 konkurrierten die Hersteller von Säften »ohne Zuckerzusatz« zunächst aber noch mit Produkten, die nachgezuckert wurden. Eine Korrekturzuckerung zur Behebung eines »sauren Geschmacks« war zulässig. Seit 2012 dürfen Säfte nicht mehr nachgezuckert werden, sie enthalten nur die aus den Früchten stammenden Zuckerarten: Glukose, Fruktose und Saccharose. Der Hinweis »ohne Zuckerzusatz« auf der Verpackung ist somit hinfällig und wird nur noch aus Marketinggründen verwendet. Von Natur aus sind Säfte zunächst trüb und fruchtfleischhaltig, durch Zentrifugation und Filtration entsteht ein klarer Saft. Verfahren zur Klärung sind nach der EU-Bio-Verordnung zwar prinzipiell erlaubt, in der Regel werden die Getränke aber ungefiltert angeboten. Haltbar gemacht werden Fruchtsäfte und Fruchtnektare ausschließlich auf physikalischem Weg (durch Erhitzung), ohne den Zusatz von Konservierungsstoffen. Hinzugefügte Vitamine müssen gekennzeichnet werden, in Biosäften sind sie aber nicht erlaubt.

NEKTAR UND DIE ANDEREN Und was ist mit den anderen Fruchtsaftgetränken? Manche Früchte wie Bananen haben so viel Fruchtsäure oder Fruchtfleisch, dass sie nur als Nektar angeboten werden können. Hier dürfen im Gegensatz zum Fruchtsaft auch Fruchtfleisch und verschiedene Zuckerarten bzw. Honig bis zu 20% des Gesamtgewichts der Enderzeugnisse hinzugefügt werden. Bio-Fruchtnektare enthalten nur natürliche Süßungsmittel wie Honig, Ahornsirup oder Fructose. Für Fruchtsaftgetränke gilt die Verordnung nicht, sie zählen zu den Erfrischungsgetränken

TEXT Samantha Breitler

»5 am Tag« Die D-A-CH-Referenzwerte der deutschsprachigen Ernährungsgesellschaften empfehlen höchstens eine der fünf empfohlenen Portionen – drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst – durch Saft zu ersetzen.


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Die Monokulturen sind anfälliger für Schädlinge und wirken sich gleichzeitig negativ auf die Biodiversität aus. Wer also normalerweise nur Bioorangen einkauft, aber täglich konventionellen Orangensaft trinkt, der könnte darüber nachdenken, dass die Herstellung von einem Liter ungefähr 10 bis 15 Orangen benötigt.

und müssen je nach Obstsorte auch nur bis zu 30% Fruchtgehalt aufweisen. Neben Wasser mit oder ohne Kohlensäure dürfen hier auch Zucker, Mineralien, Vitamine, Aromen und sonstige Zusatzstoffe rein. Wenn ein Erzeugnis aus einer einzigen Fruchtart hergestellt wird, bezeichnet man es nach dieser. Bei zwei oder mehr Fruchtarten – mit Ausnahme von Zitronensaft oder Limettensaft – werden die Fruchtarten in absteigender Reihenfolge des Volumens im Zutatenverzeichnis gelistet. Wenn es drei oder mehr sind, spricht man von »Mehrfrucht« oder einer ähnlichen Bezeichnung.

AUSGEPRESST Konventionelle und Biofruchtsäfte unterscheiden sich nicht nur in der Erzeugung, sondern auch im Anbau. Bei der Bewirtschaftung des verwendeten Obsts wird auf die Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln verzichtet, stattdessen setzen Biolandwirte auf einen vorbeugenden Pflanzenschutz, Mischkulturen, organische Düngung und den Einsatz von robusten Sorten. Die Pestizide im konventionellen Anbau belasten nicht nur die Gesundheit der ArbeiterInnen, sondern gefährden auch die Böden und Gewässer.

BIL D I STO CK. COM/ZH AN NA ORLOVA,COFFEEKAI

GESUND – ODER NICHT? Doch ist Saft gesund? Auch wenn ein Glas frischer Orangensaft Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe enthält – er enthält von Natur aus leider auch sehr viel Zucker, insbesondere Fructose. Da Fructose insulinunabhängig verstoffwechselt wird, erhält das Gehirn nach einem Glas Saft kein Sättigungssignal und so nimmt man schnell große Mengen an Zucker zu sich. Der Körper wandelt den Überschuss an Fruchtzucker in Fett um, das sich in der Leber einlagert. Gemüsesäfte, die vor allem beim Fasten beliebt sind, enthalten auch nicht notwendigerweise weniger Zucker. In Gemüsesäften ist der gekennzeichnete Zusatz von Zucker im Gegensatz zu Fruchtsäften erlaubt, zusätzlich ist oft Salz enthalten. Außerdem gehen bei der Saftherstellung auch Vitamine, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe verloren. Der Zuckergehalt eines Orangensafts aus 100 Prozent Frucht, mit rund 90 Gramm Zucker pro Liter, ist tatsächlich so hoch wie der einer Limonade. Die von der who empfohlene Grenze von 50 Gramm freiem Zucker pro Tag (ca. 10 Teelöffel) ist so schnell überschritten. Natürlich spricht aber nichts gegen ein Glas Saft als Genussmittel.


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WAST E D P O TE N TIA L B EE R

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RESPONSIBLY WASTED TEXT Martin Mühl

Grüne Hauptstadt Europas Dieser Titel wird von der EU an Städte verliehen, die Umweltschutz, Lebensqualität und wirtschaftliches Wachstum verbinden. Und zwar nicht nur für das Jahr, in dem man den Titel bekommt, sondern verbunden mit einem dauerhaften Commitment.

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ie finnische Stadt Lahti liegt am Ufer des Sees Vesijärvi – dessen Name »Wassersee« bedeutet, wie Lahti schlicht »Bucht« heißt. Neben Wasser enthielt der Vesijärvi jedoch auch besonders viele Toxine, unter anderem aus der Holzindustrie. Er galt als eines der am stärksten verschmutzten Gewässer Nordeuropas, 1975 wurde festgestellt, dass er zu kippen droht. Die Nachhaltigkeitsbemühungen der vergangenen Jahrzehnte allerdings haben ihn in einer erfolgreichen Renaturierung zu einem der heute saubersten Seen Finnlands gemacht, der nicht zuletzt Teil des Wasserversorgungssystems ist, das auch die Hauptstadt Helsinki versorgt. Heute liefert der wieder fischreiche Vesijärvi auch das Wasser für die Mikrobrauerei Ant Brew. Sie braut seit 2021 die Serie Wasted Po-

tential Beer; Biere, in denen verschiedene sonst ungenutzte Stoffe verarbeitet werden. Einzelne Zutaten wie das Malz sind zwar biozertifiziert, nicht aber Brauerei und Biere. Andere Zutaten wechseln von Jahr zu Jahr: 2021 kamen Zutaten wie Wildkräuter, Food Waste – Orangenschalen aus einem Saftpressbetrieb in der Region – und Gänsefäkalien aus den Parks rund um den See zum Einsatz. Sie wurden – unbedenklich für Nahrungsmittel – genutzt, um das Malz für ein spezielles Stout zu räuchern. Ein rundes, sanftes Stout mit kräftigem Röstaroma. Anlass der Kreativbiere war, dass Lahti 2021 Grüne Hauptstadt Europas war, ein Titel, der seit 2010 jedes Jahr an eine Stadt in der Europäischen Union verliehen wird. 2022 übrigens an Grenoble in Frankreich. Und Lahti hat noch große Pläne, will bis 2025 CO2-neutral

BILD JUHA-PEKKA-HUO TARI, ANT BRE W, T OIVO HE INIMÄKI

Food Waste und Gänsefäkalien waren gestern. Dieses Jahr kommen Schwimmblasen von Fischen beim Brauen zum Einsatz.


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Aus dem Vesijärvi werden regelmäßig Fische entnommen, um diesen gesund zu halten. Heuer wurden deren Hausenblasen von Ant Brew zur Filtrierung genutzt.

sein – ohne den Kauf von Emissionszertifikaten – und bis 2050 eine »müllfreie Kreislaufwirtschaft« umsetzen. Ein Ziel, das man in der Bewertung der Stadt bereits großteils erreicht hat, allerdings wird nur ein Drittel zu neuem Ausgangsmaterial recycelt, zwei Drittel werden zur Energieerzeugung verbrannt. Die Stadt hat außerdem gemeinsam mit anderen Gemeinden ein Unternehmen gegründet, um Möglichkeiten des Kunststoffrecyclings zu beforschen. Und aktuell arbeitet die große Brauerei Hartwall gemeinsam mit dem Energieversorger Lahti Energia daran, bei der Verarbeitung des Malzes im Brauprozess entstehendes Biogas als Energiequelle in der Region zu nutzen.

LOKALE HAUSENBLASE Bei der Müllvermeidung hilft ein kreativer Umgang mit diversen sonst nicht mehr benötigten Wert- und Werkstoffen. Und so gibt es 2022 ein neues kreatives Bier – für das die Schwimmblasen von Fischen zum Einsatz kommen. Seit Langem werden dem See Fische entnommen, um seinen Nährstoffhaushalt und die rest-

Die Wasted-Potential-Biere mit Wildkräutern oder auch Obstresten.

lichen Fische zu schützen. Die Fische und ­Fischerzeugnisse werden teilweise gratis an die lokale Bevölkerung ausgegeben. Nun werden auch die Schwimmblasen genutzt, und zwar zur Filtrierung des Bieres: Ein Prozess, für den üblicherweise Hausenblase – die getrocknete Schwimmblase – aus internationaler Fischerei gekauft wird. Diese flockt bestimmte Inhaltsstoffe im Bier, die dadurch leichter herausgefiltert werden können, wodurch das Bier klarer wird. Es ist also nicht davon auszugehen, dass das Blonde Ale mit dem Namen »Find the Fish« irgendwie nach Fisch schmeckt – der regionale Rohstoff kann so aber gut genutzt werden.

Imperial Stout Ein aus dem englischen Porter entwickelter Bierstil: dunkel, tendenziell tiefschwarz, oft mit durch geröstete Gerste und Gerstenmalz hervorgerufenen starken Röstnoten nach Schokolade und Kaffee im Geschmack.


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MAR K T PL ATZ DR IN KS

TEX Martin Mühl

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HOPFENSCHIMMER

Im Gegensatz zu Wein ist der Anteil des Biosortiments beim Bier noch sehr klein. Gutes Biobier gibt es trotzdem. Arbeitsweise vorgibt. In den letzten Jahren gibt es immer mehr Brauereien, die auf Hopfen und auch Gerste beziehungsweise Getreide aus regionalem Anbau setzen, Bio ist allerdings auch hier noch lange nicht selbstverständlich. Trotzdem steigt das Angebot an Biobieren kontinuierlich, und das in allen Geschmacksrichtungen – vom klassischen Märzen bis zu ausgefallenen Kreativbieren, von einzelnen Biosorten von sonst konventionell arbeitenden Brauereien bis zu immer mehr werdenden komplett biologisch arbeitenden Betrieben.

BERGKÖNIG, BIO HELLES

ERZBRÄU, SPRINGBOCK

GUSSWERK, DIE ALTE KUH

Dieses Biobier braut Grieskirchner für die Einzelhandelskette Hofer (Aldi Süd) – und setzt dabei auf die Leitlinien für Helles: Süffigkeit und weniger Bitterkeit mit einem im Idealfall runden Körper und Geschmackserlebnis. Wenig Perlage.

Das Springbock von Erzbräu ist ein helles, obergäriges Starkbier. Vom Start weg sind hier Orangen und eine leicht moussierende Cremigkeit gut wahrnehmbar, hintenraus gibt es Restsüße und ein wenig Bitterkeit. Besteht locker neben deftigen Speisen und Desserts.

Der Salzburger Pionier unter den BiobrauerInnen bleibt experimentierfreudig. Für »Die alte Kuh« wurde das Imperial Stout »Die schwarze Kuh« zwei Jahre in alten Sherry-Fässern gelagert. Herausgekommen ist ein erwartbar vielschichtiges Geschmackserlebnis.

BILD ERZBRÄU , GUS SWE RK, NE UFELDNER, NEU MAR KTE R LA MMS BRÄU, OTTA KRI NGER, RI ED EN BURGER, WI LDSHUT, WIMITZBRÄU

E

s gibt viele Theorien, warum der Anteil an Biowein so viel höher ist als der an Biobier. Es kann daran liegen, dass die meisten BrauerInnen keine LandwirtInnen sind und deswegen der Abstand zur Biolandwirtschaft in vielerlei Hinsicht größer ist. Ein anderer ist, dass viele geschmackgebende Hopfensorten tendenziell nur auf dem internationalen Markt erhältlich sind und die Nachfrage nach Bio hier gering ist. Außerdem fehlt beim Bier ein Trend, wie es ihn beim Wein mit dem gut etablierten Begriff Naturwein gibt, der aber bei aller Schwammigkeit eine Richtung in der


NEUFELDNER, HOPTIMIST

NEUMARKTER LAMMSBRÄU, EDELHELL

OTTAKRINGER, BIOZWICKL

Im Vordergrund dieses Bieres aus Oberösterreich steht die gelungene Balance von Malzkörper und der erfrischenden Hopfennote – erreicht durch die Zugabe von Biohopfen aus dem Mühlviertel zum lagernden Bier. Gut trinkbar, aber mit angenehm eigenständigem Geschmack.

Süffig. Der Hopfen hält sich zurück, dafür steht das Malz im Vordergrund, allerdings ohne zu viel Druck zu machen. Optisch macht der weiße Schaum viel her, im Geschmack dominiert ein rundes Geschmackserlebnis mit nur wenig Frucht, das in erster Linie gefallen will.

Die Wiener Brauerei hat noch vergleichsweise wenig Bio im Programm gehabt, nach dem Bio Pur gibt es mit dem Biozwickl aber einen rundum gelungenen Treffer. Leicht trüb und klassisch weniger bitter, dafür aber vollmundig und floral.

RIEDENBURGER, DOLDEN SUD

WILDSHUT, URBIER JG20

WIMITZBRÄU, PALE ALE

Ein absoluter Klassiker ist dieses bayerische ipa. Ein zu jeder Jahreszeit sommerliches Trinkerlebnis, das die geschmackliche Grundidee von ipas perfekt verkörpert: die Verbindung von erfrischender Bitterkeit mit fruchtigen Noten – in dem Fall Pfirsich.

Der Stiegl-Ableger produziert rein bio und in der Breite von leicht Trinkbarem – »Gmahde Wiesn« – über fassgereifte Varianten wie den »Sonnenkönig« bis zu diesem Experiment mit selbst angebautem Urgetreide, gereift in Amphoren und angereichert mit Honig, Datteln und Gewürzen. In der Vorstellung der ProduzentInnen: Bier, wie es vor 5000 Jahren gebraut und getrunken wurde.

Die Kärntner Brauerei setzt komplett auf Bio und verschreibt sich der Geradlinigkeit. Neben Märzen, Lemisch, Bock- und Weizenbieren zählt das Pale Ale zum Kernsortiment der Brauerei: fruchtige und leicht bittere Hopfennoten, die aber niemals mit der grundlegenden Süffigkeit ­konkurrieren.

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MAR K T PL ATZ F O O D

62 TEXT UND BILD Jürgen Schmücking

SIE LEBEN! Fermentierte (K)östlichkeiten.

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eim Thema Fermentation hatte Europa – und im Speziellen Deutschland und Österreich – einiges an Aufholbedarf. Die teils jahrtausendealte Tradition ist eher in anderen Teilen der Welt beheimatet. Aber wir haben aufgeholt. Und wie. Wir sprechen hier nicht von den Klassikern, die auch bei uns einiges an Geschichte vorweisen können. Also von Bier, Wein oder milchsauer vergorenen Essiggurkerln. Eher von Dingen, die wir von unseren Besuchen im Fernen Osten oder im Asia-Restaurant kennen. Hier wie dort haben sich findige Geister inspirieren lassen. Eine kleine Auswahl.

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BIO-SOJASAUCE, HANS REISETBAUER/ ROLAND TRETTL

Genau genommen sind Hans Reisetbauer und Roland Trettl das Gegenteil dessen, was sie mit ihrer Biosojasauce geschaffen haben. Beide sind keine leisen, subtilen Charaktere. Eher im Gegenteil. Der eine, Hans Reisetbauer, ist Schnapsbrenner und dabei einer der besten des Landes. Der andere, Trettl, war einer der besten Köche. Ist er wahrscheinlich immer noch, hat aber die Küche gegen die (TV-)Showbühne getauscht. Gemeinsam haben sie eine subtile, elegant-filigrane Biosojasauce entwickelt, die sich echt sehen lassen kann. roland-trettl.com

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KÜRBISKERNMISO, LUVI FERMENTE

Hinter Luvi Fermente steckt eine Crew junger Leute, die sich auf eine permanente Suche nach neuen Geschmäckern machen. Diese Crew, das sind Fischzampano Lukas Nagl, Fermentationsfanatiker Viktor Gruber und Christine Brameshuber, die die Fäden in der Hand und alles zusammenhält. Fermentiert wird so gut wie alles (Mögliche): Fischreste aus dem Traunsee, Mohn aus dem Waldviertel, Gemüse aus der Nachbarschaft. Zum Beispiel dieses Biokürbiskernmiso aus gerösteten (steirischen, no na) Biokürbiskernen, Biogerstenkoji und Salz. luvifermente.eu

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GARUM (AUS DER SCHATZKAMMER), LUVI FERMENTE

Vor ein paar Jahren war ich in Südkorea. Auf dem Programm stand der Besuch einer Spezialistin für Fischsaucen. Weit im Süden des Landes, im Garten hinter ihrem Haus, hat sie ihre Leichen vergraben. Tonamphoren mit einem Fassungsvermögen von etwa 30 bis 50 Litern, randvoll mit verwesten und verwesenden Fischköpfen, Gräten und Sojaziegeln. Den Geruch bekommt man nicht mehr so schnell aus dem Kopf. Den Geschmack der fertigen Sauce aber auch nicht. In Österreich und Deutschland versuchen sich ein paar Freaks an Garum. Sobald sich eine Gelegenheit bietet, ein paar Tropfen habhaft zu werden: zuschlagen! Ohne Wenn und Aber. Zum Beispiel bei Luvi Fermente. luvifermente.eu

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BIO FERMENT GELBE RÜBE, BIO-LUTZ

Seit Kurzem fermentiert auch der Lutz in Wieselburg. Gut so, weil das Gemüse immer schon exorbitant gut war. Super Grundlage also. Das Vorliegende heißt zwar Gelbe Rübe (immerhin mit dem Hinweis »scharf«), ist aber eine kleine Komposition aus weißem Rettich, Ingwer, Knoblauch, Kohlrabi und Chilipulver. Das Ganze milchsauer vergoren, nicht erhitzt (wozu auch?) und unpasteurisiert. Einziger Nachteil: Bei so einem 300-Gramm-Glaserl sind Wickel (Konflikte) beim Nachtmahl vorprogrammiert. bio-lutz.at

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KIMCHI, SANJAY BÖSCH/ BACTERIOSAPIENS

Wenn sich Sanjay Bösch vorstellt, erinnert das ein bisserl an das mit den Jedi-Rittern und den Medichlorianern bei Star Wars. Er spricht dann eigentlich von den vielen Mikroorganismen, die in ihm, diesem komischen sapiens, wohnen. Irgendwie eine wilde Vorstellung. Passt aber zu Sanjay und seinen Abenteuern im Bereich der Fermentation. In den Gläsern in seiner Werkstatt lebt und verändert sich alles. Vom ziemlich besten Kombucha, der in Österreichs Kellern vor sich hinblubbert, über Shoyu hin zum sensationellen Kimchi. Diesem hier. bacteriosapiens.com

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BIO-NATTO, FARMENTO

Farmento hat schöne Gläser. UND: In einem dieser Gläser bekommt man österreichisches Bionatto. Das ist eine kleine Sensation, denn die Anbieter davon kann man an einer halben Hand abzählen. Natto sind vom bacillus subtilis natto zersetzte Sojabohnen, ziehen fürchterlich anmutende schleimige Fäden und gehören zur Grundausstattung der japanischen Küche. Man kann es mit rohem Ei mischen und hat das köstlichste exotische Frühstück, das man sich vorstellen kann. farmento.at


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AU S D E M VE R L AG

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MAGAZIN

OUT SOON!

UND SONST SO, IM BIORAMAUNIVERSUM ...

Die neunte BIORAMA-NiederösterreichRegionalausgabe erscheint im Juni.

MAGAZIN

WUNSCHAUSGABE

Ausgabe verpasst? BIORAMA-Einzelexemplar direkt in deinen Briefkasten!

5,50

Du weißt genau, was du willst, und das ist eine bestimmte Ausgabe unseres Magazins? Wir bieten – mit begrenzter Verfügbarkeit – auch Einzelexemplare an. Solange der Vorrat reicht, schicken wir dir gerne deine Wunschausgabe – druckfrisch oder aus unserem Archiv ab dem Jahr 2015 – zum Pauschalpreis zu dir nachhause oder in dein Büro oder an deine FreundInnen in der Europäischen Union. biorama.eu/abo

Niederösterreich und die inmitten liegende Bundeshauptstadt Wien sind kommunizierende Gefäße – und untrennbar miteinander verbunden. Dennoch feiern die beiden Bundesländer 2022 ihre Trennung als Verwaltungseinheit im Jahre 1922. Niederösterreich feiert seine Unabhängigkeit vielleicht ein bisschen mehr. Und weil man die Feste feiern soll, wie sie fallen, feiern wir in unserer Regionalausgabe mit. Außerdem sehen wir uns darin zum Beispiel an, was von der einst so reichen Textiltradition im Norden des Landes geblieben ist.

Einstweilen zum Nachlesen: BIORAMA Niederösterreich #8 biorama.eu/noe8

ABO

EDITION BIORAMA

VORBILDERBÜCHER Edition BIORAMA

Das Leben der 1931 in Wien geborenen, von den Nazis ins KZ verschleppten und 2020 in den USA verstorbenen Literaturwissenschafterin und Dichterin Ruth Klüger soll in Erinnerung bleiben. Die neue Edition BIORAMA erzählt in einem Kinderbuch vom Leben einer beeindruckenden Frau – mit Text von BIORAMA-Herausgeber Thomas Weber und Illustrationen von Florine Glück: »Die Geschichte von Ruth Klüger – Wie ein kleines Mädchen am Leben blieb« bildet den Auftakt zur Beschäftigung mit vorbildhaften Menschen und Geschichten in Buchform. Infos unter: edition.biorama.eu

BIORAMA IM ABO

25,–

Jährlich sechs Ausgaben von BIORAMA direkt in deinen Briefkasten! Auch wenn BIORAMA ein Gratismagazin ist, kannst du es abonnieren. Für 25 EUR im Jahr bist du dabei und unterstützt unsere unabhängige redaktionelle Arbeit.

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E LT E R NAL LTAG

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MAL WAS ANDERES!

Ausmalen ist das neue Basteln. Wenig verwunderlich, dass ein Thema gar nicht so skurril sein kann, als dass es dazu keine Ausmalbilder gibt.

Autorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.

E

s hat irgendwann mit Autos und Baggern angefangen. Der große Sohn wollte Ausmalbilder davon. Keine Malbücher, bitte nicht, er wollte es einzeln ausgedruckt haben. Es war ein teilweise langer und zermürbender Prozess, in Google »Aussam Minions (sehr viele gelbe Stifte), malbild Traktor« einzugeben und durch die vielen, Pokémon und Brawler, die Stars aus dem vielen Seiten Ergebnis der Bildersuche zu klicken, Handyspiel. Da begann ich mich langsam bis der richtige Traktor erschien. Nein, der hat eizu wundern. Egal, was ich suche, und wenn nen Anhänger, bei dem sind die Räder nicht unes der Krixikraxi-Supergaxi dritter Generaterschiedlich genug, er muss aber von der Seite tion aus der Sonne-Mond-und-Sterne-Serie sein und so weiter. Mein einfühlsames Drängen, mit dem unschlagbaren Dreifach-Gold-Skin er möge sich bitte für eines entscheiden, er müsist: Ich finde ein Ausmalbild dazu! Egal, wie se ja nicht den Rest seines Lebens damit versophisticated die Interessen der Kinder sind, bringen, verklang wirkungslos zwischen den es gibt offenbar so großen Bedarf, diese DinOhren des damals etwa Vierjährigen. ge durch ein Ausmalbild nochmal zu verwursEndlich ein Ausmalbild gefunden und ausgedruckt, begann » Meine Rufe nach einem das Prozedere, das sich bis heute nicht verändert hat. Es wird regenbogenfarbenen möglichst schnell und möglichst Traktor verhallten.« in den echten Farben ausgemalt – meine Rufe nach einem regenbogenfarbenen Traktor verhallten ebenfalls – ten, dass irgendjemand da draußen ein Ausmalbild und anschließend akribisch mit der deswegen produziert und es als Download zur VerSchere ausgeschnitten. Zum Schluss fügung stellt. landet das Bild, mit Tixo an der Wand Inzwischen ist der große Sohn fast zwölf Jahre über dem Bett festgeklebt, in einer Art alt und immer noch erarbeitet er sich alles, was ihn Galerie des Wahnsinns. Die Traktobeschäftigt, durch Ausmalbilder. Zurzeit ist es Amerenbilder spannten sich inzwischen rican Football. Die Ausmal-Galerie über dem Bett ist über alle Phasen des sich wandelninzwischen so voll, dass es eigene Hefte gibt, in die er den Interesses: Nach Traktor und die ausgedruckten, ausgemalten und ausgeschnittenen Auto kam Konkreteres wie ein Fiat Logos der Teams der US-amerikanischen National Foot500 Abarth oder eine Kawasaki ball League eingeklebt hat. Ninja. Dann kamen das sprechenIch bin wirklich gespannt, was da noch alles kommt. de Auto Lightning McQueen und Meine Tipps für die folgenden Jahre: Band-Logos, BierModelle von Hotwheels-Autos. marken, Hanfblätter, Nackige. Ich bin mir ganz sicher, dass Lego Ninjago war längere Zeit es auch dafür Ausmalbilder gibt, trau mich aber noch nicht Thema, dann auch schon langzu suchen.

ILLUSTRAT ION NANA MANDL

TEXT Ursel Nendzig


10 0 % ÖST E R R E I C H I S C H E S

ST E H T F Ü R HÖC H ST E S T I E RWOH L Unsere Ja! Natürlich Bio-Produkte stehen immer schon für höchstes Tierwohl. Ginge es doch allen Hühnern so gut wie unseren Bio-Hennen und -Gockeln! 10 Quadratmeter Freiland für jeden von ihnen. Geschützt von Bäumen und Sträuchern, genießen sie die Freiheit, nach bestem heimischen Bio-Futter zu scharren, sich feine Wiesenkräuter herauszupicken und sich gelegentlich ein Sandbad zu gönnen. Schließlich geben auch sie uns ihr Bestes. Vorbildliches Tierwohl ist eben für alle ein Genuss.

Gut für uns. Und die Tiere, natürlich!

Mach dir selbst ein Bild! janatürlich.at

Gibt’s nur bei:


Das A1 Netz ist seit 2014 CO2-neutral. Aber das reicht uns noch nicht. Jetzt wir.

Schon seit 2014 betreiben wir unser A1 Netz zu 100 % CO2 -neutral. Aber das ist uns noch lange nicht genug. Wir arbeiten kontinuierlich daran weiter, die CO2 -Emissionen zu reduzieren, um als gesamtes Unternehmen bis spätestens 2030 klimaneutral zu sein. Für eine gesunde Umwelt. Jetzt Du. Im A1 Giganetz.


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