Bioboom 87

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tigkeit: Denn unser Fleischhunger führt dazu, dass Soja, Lupinen und andere pflanzliche Eiweißlieferanten als Tierfutter verbraucht werden. Auch wenn die Schätzungen weit auseinanderliegen, fest steht: Um ein Kilo Fleisch zu erzeugen, braucht es ein Mehrfaches von Soja, Lupine und Co. – effektiv ist anders.

Eiweiß, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien

Die Pflanze, die sich selber düngt

[ L E GU M I NO S E N ]

Schmetterlingsblütler

Wenn wir die leckeren Hülsenfrüchtchen gleich selbst verspeisen, dann ist das nicht nur ökologisch vorteilhaft, sondern auch ernährungsphysiologisch günstig. Kein Wunder, dass sie in der veganen Ernährungspyramide eine wichtige Rolle spielen. Komplexe Kohlenhydrate, jede Menge Ballaststoffe, dazu Vitamine, Mineralien und Spurenelemente – so sieht ein gesundes Lebensmittel aus. Alle Hülsenfrüchte sind übrigens auch glutenfrei. Doch Moment mal, war da nicht was von wegen giftig? Richtig! Finger weg von rohen Hülsenfrüchten, sie enthalten Substanzen, die erst durch Hitze neutralisiert werden (das kennt man ja auch von der Kartoffel). Nur frische grüne Erbsen dürfen auch mal so vernascht werden. An dem Ruf, schwer verdaulich zu sein, der ihnen lautstark vorangeht, ist ebenfalls was dran: Das liegt an Oligosacchariden, Mehrfachzuckern, die erst im Dickdarm verdaut werden und ­dabei Kohlendioxid abgeben – richtige Zubereitung hilft.

Armeleuteessen? In Gesellschaften, in denen traditionell weniger Fleisch gegessen wird, wie zum Beispiel Indien oder in Afrika, spielen Hülsenfrüchte noch heute eine zentrale Rolle. In der deutschen Küche gehören G ­ erichte wie Linsensuppe oder Erbseneintopf zwar zu unserem k­ ulinarischen Erbe, trotzdem haftete ihnen lange der Ruf des ­»Armeleuteessens« an. Wer es sich leisten konnte, aß Fleisch. Kein ­Wunder, dass Hülsenfrüchte in der westlichen Wohlstandswelt der letzten Jahrzehnte immer seltener direkt auf dem Teller landeten. Das Gros wird mittlerweile weltweit für Tierfutter angebaut – die großflächigen Monokulturen in Südamerika, auf denen intensiv g­ espritztes Soja wächst, häufig aus gentechnisch verändertem Saatgut, legen davon ein unrühmliches Zeugnis ab.

Klimafreundlich und gerecht Aber die Zeiten ändern sich. Vegane Ernährung liegt ungebrochen im Trend. Und: Immer mehr Menschen, die eigentlich »Normal­ esser« sind, reduzieren ihren Konsum tierischer Produkte. Zum einen wollen sie damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, denn die CO2-Bilanz pflanzlicher Lebensmittel ist in der Regel deutlich besser. Aber auch aus Gründen der ErnährungsgerechW a re n ku n de

Bioboom Sommer 2020

Noch mal zurück auf den Acker: Auch dort hat der Anbau von Hülsenfrüchten oder Leguminosen, wie sie auch genannt werden, eine Menge Vorteile. Leguminosen sind Schmetterlingsblütler – ihre Blüten, oft dekorativ, bieten Insekten Nahrung. Besonders bemerkenswert ist das, was unsichtbar unter der Erde vor sich geht: Dort geht die Pflanze eine Symbiose mit Bakterien ein und schafft es so, Stickstoff zu binden und im Boden anzureichern. Das ist gut für die Pflanze, denn sie kann auf ausgesprochen nährstoffarmen Böden gedeihen. Es macht sie aber auch zu einer begehrten Frucht für Landwirte, speziell Bio-Bauern. Denn Leguminosen sorgen als Teil der Fruchtfolge dafür, dass es auch ohne Stickstoffdünger geht. Angesichts dessen sollte man meinen, dass es jede Menge regionale Hülsenfrüchte gebe – aber das ist leider nicht ganz richtig. Denn häufig werden Leguminosen als Gründünger und Viehfutter angebaut. Und: Sie haben es gerne warm. Viele Bio-Hersteller aus dem Bereich engagieren sich für den Bio-Soja-Anbau in Deutschland, auch Lupinen sind auf dem Vormarsch. Was die klassischen Hülsenfrüchte angeht, sind es am ehesten Linsen aus heimischem Anbau, die im Bio-Regal zu finden sind – einfach aufs Etikett schauen.

Einweichen, Kochen, Genießen Jedenfalls spricht einiges dafür, öfter mal was mit Hülsenfrüchten auf den Tisch zu bringen. Allerdings: Ein Handicap haben getrocknete Kichererbsen, Kidneybohnen und Co. tatsächlich. Es ist zwar nicht wirklich aufwendig, sie zuzubereiten, aber es kostet Zeit.­ Je nach Sorte müssen sie nämlich sechs bis zwölf Stunden, gerne ­also über Nacht eingeweicht werden – und auch die Kochzeit ist mit ein bis anderthalb Stunden nicht zu unterschätzen (ein 26


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