«Frauen sollten anormale Blutungen ernst nehmen»

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Gesundheitsguide Krebs bei Frauen

Brustkrebs: Von Wunderknollen und einem cleveren BH Krebserkrankungen sind bei Frauen in der Schweiz die zweithäufigste Todesursache. Am häufigsten erkranken sie an Brustkrebs. Die gute Nachricht: Diagnostik und Therapie haben sich immens verbessert, sodass das Mammakarzinom heute in den meisten Fällen heilbar ist. Tex t: Lena Winther

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twa 6’000 Mal im Verlauf eines Jahres stellen Ärzte in der Schweiz die Diagnose «Brustkrebs». Dahinter stecken 6‘000 Neuerkrankungen und viel mehr noch Frauen, bei denen der Schock tief sitzt. Warum ich? Welche Therapien kommen auf mich zu? Muss die Brust amputiert werden? Muss ich sterben? Das sind Fragen, die Betroffenen blitzartig durch den Kopf schiessen. Nicht alle gewinnen den Kampf, so sterben hierzulande jährlich etwa 1’400 Frauen an Brustkrebs, doch ist er in der Regel nicht die gefährlichste Krebsart und früh erkannt und behandelt stehen die Chancen auf Genesung mit 90 Prozent sehr gut. Die Sterberate sinkt seit einigen Jahren, trotz der steigenden Rate an Neuerkrankungen. Dies ist einer verbesserten Früherkennung, neuen Therapiekonzepten und der interdisziplinären Betreuung in Spitälern und ausgewiesenen Zentren zu verdanken. Risiken im Blick Vor allem das Alter gilt als Risikofaktor: Ab dem 40. Lebensjahr und insbesondere ab 50 ist das Risiko erhöht. Darüber hinaus werden immer

«Jede achte Frau in der Schweiz erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs» wieder andere mögliche Risikofaktoren ins Spiel gebracht, wie eine ungesunde Ernährung, oder wieder ins Rampenlicht gerückt, wie zuletzt das seit Langem kontrovers diskutierte Thema Hormontherapie in den Wechseljahren. Anlass ist eine vor Kurzem von Forschern der Universität Oxford veröffentlichte Studie im Fachmagazin «The Lancet». Die Meta-Analyse kommt zu dem Schluss, dass die Behandlung von Wechseljahresbeschwerden mit Hormonpräparaten das Risiko, an Brustkrebs – genauer gesagt an Mammakarzinomen, deren Wachstum durch Östrogene gesteigert wird – zu erkranken, erhöht – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Kombinationspräparate mit Östrogen und Gestagen oder um reine Östrogenpräparate handelt. Das Ganze sei jedoch auch von der Dauer der Einnahme und dem Gewicht der Frauen abhängig. Starkes Übergewicht erhöht das Risiko. Einfluss von Essgewohnheiten Neben der Vermeidung von Übergewicht gibt es viele weitere Dinge, die man laut Studien tun kann, um das Brustkrebsrisiko zu senken. Dazu muss man, so Wissenschaftler der Universität Buffalo und der Universität von Puerto Rico, einfach beim Kochen häufiger zu Knoblauch und Zwiebeln greifen, wie es Frauen in Puerto Rico aus Tradition tun. Bei ihnen konnte ein geringeres Risiko für Brustkrebs ausgemacht werden. Verblüffend: Um ganze 67 Prozent bei jenen Frauen, die mehr als

einmal am Tag Sofrito, das ist eine landestypische Würzsosse mit viel Knoblauch und Zwiebeln, assen. Als Ursache sehen die Forscher den hohen Anteil an Flavonolen und Organosulfaten mit ihren antikarzinogenen Eigenschaften. Allgemeine Aussagen oder Empfehlungen lässt die Studie, aufgrund der überschaubaren Zahl der Studienteilnehmerinnen und der nicht genormten Zusammensetzung der Sosse, allerdings nicht zu. Früherkennung ist das A und O Als gesichert gilt allerdings, dass das regelmässige Abtasten der Brust, der Gang zur Gynäkologin oder zum Gynäkologen, ab einem gewissen Alter oder bei genetischer Vorbelastung die Mammografie dazu dienen, einen Tumor frühzeitig zu entdecken – und somit behandeln zu können. Allerdings ist auch die Mammografie nicht ganz umstritten. Einige Experten sehen in der kostspieligen und unangenehmen Untersuchung mehr Schaden als Nutzen. Eine Lösung könnte ein neuartiger, intelligenter BH sein, an dem aktuell Forscher aus der Schweiz und Frankreich tüfteln. Er soll mithilfe von speziellen Sensoren in der Lage sein, Brustkrebs frühzeitig zu erkennen. Sollte der sogenannte SBra tatsächlich auf den Markt kommen, könnte ein Stück Stoff gespickt mit cleverer Technologie in Zukunft vielleicht dazu beitragen, die Sterberate aufgrund von Brustkrebs weiter zu senken.

Dickdarmkrebs 2'400 Lungenkrebs 2'600

Prostatakrebs 6‘100

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Häufigste Krebsarten nach Geschlecht Anzahl der Neuerkrankungen pro Jahr (Inzidenz) Alle Krebsarten: Männer Frauen 22'000 18’500

Lungenkrebs 1’700 Dickdarmkrebs 1’900

Brustkrebs 6’000

Quelle: Krebsliga Schweiz (Stand: Dezember 2018), Nationales Institut für Krebsepidemiologie und -Registrierung NICER (massgeblicher Zeitraum: 2011–2015)

Interview

«Frauen sollten anormale Blutungen ernst nehmen» Jedes Jahr erkranken hierzulande rund 900 Frauen an Gebärmutterkörperkrebs. Dr. Hansjörg Huemer vom Bethesda Spital in Basel erläutert, welche Risikofaktoren es gibt und welche Rolle die Wächterlymphknoten spielen. Herr Dr. Huemer, wie ist Gebärmutterkörperkrebs im Vergleich zu anderen Tumoren der weiblichen Genitalorgane einzuordnen? Gebärmutterkörperkrebs oder im medizinischen Begriff als Endometriumkarzinom bekannt ist die häufigste Krebsform im Genitalbereich der Frau, noch vor dem Ovarialkarzinom und Gebärmutterhalskrebs. Dieser war früher neben Brustkrebs die häufigste gynäkologische Erkrankung. Dank der sehr guten Vorsorge und der HPV-Impfung haben wir Gebärmutterhalskrebs fast ausgerottet. Gerade im Vergleich zum Ovarialkarzinom, das oftmals erst spät entdeckt wird und sehr aggressiv auftritt, fürchten wir aber den Gebärmutterkörperkrebs nicht so sehr, weil wir ihn zumeist in einem frühen Stadium entdecken.

Dr. Huemer im Gespräch mit einer Patientin

Woran liegt das? In den meisten Fällen tritt das Endometriumkarzinom in der Postmenopause auf. Das mittlere Erkrankungsalter liegt um das 65. Lebensjahr. Betroffene Frauen berichten von unnormalen Blutungen, die sie zeitnah gynäkologisch abklären lassen sollten. Es gibt aber auch jüngere Frauen, die daran erkranken. Wichtige Anzeichen können unregelmässige oder sehr starke Blutungen sein. Gibt es Risikofaktoren? Es besteht vor allem eine Assoziation mit dem metabolischen Syndrom. Hierbei handelt es sich um übergewichtige Frauen, die vermehrt zu Bluthochdruck und Diabetes neigen. Dies ist ein grosser Risikofaktor, der vor allem auf die Ernährung und zunehmenden Bewegungsmangel in unserer Wohlstandsgesellschaft zurückzuführen ist. Zudem ist man im Vergleich zu früher – auch dank einer Vielzahl von Therapiemethoden – zurückhaltender mit Gebärmutterentfernungen, sodass die meisten Frauen ihre Gebärmutter auch noch im Alter haben.

Auch wenn das Gewebe unauffällig ist, raten wir aufgrund des positiven Ultraschallbefunds zu einer zusätzlichen Gebärmutterspiegelung und einer allfälligen Ausschabung des Gewebes, einer sogenannten Kürettage. Wie stellen Sie den Ausbreitungsgrad fest? Steht die Diagnose fest, wird zur Abklärung des Ausbreitungsgrads eine sogenannte StagingOP durchgeführt. Dabei werden Gebärmutter, Eierstöcke und Eileiter entfernt. Zusätzlich werden sogenannte Wächterlymphknoten entnommen. Dies kennt man schon länger vom Brust- und Hautkrebs und hat sich jetzt auch beim Endometriumkarzinom in gewissen Stadien etabliert. Die Frage, ob sich Tumorzellen abgesiedelt haben oder nicht, ist entscheidend dafür, ob eine Anschlusstherapie in Form einer Strahlentherapie notwendig ist.

«Übergewicht ist ein grosser Risikofaktor»

Wie diagnostizieren Sie ein Endometriumkarzinom? Hat eine Frau atypische Blutungen, wird zunächst ein Ultraschall gemacht. Besteht auch nur geringer Verdacht, untersucht der Gynäkologe das Gewebe histologisch. Hierbei entnimmt man mithilfe einer Pipelle Gewebe der Gebärmutter.

Was das Wächterlymphknotenkonzept angeht, haben Sie am Bethesda Spital in Basel grosse Erfahrung. Sie waren eines der ersten Teams, welches diese Methode angewandt hat. Wie läuft der Eingriff ab? Wir suchen laparoskopisch, also per Schlüssellochtechnologie, auf beiden Seiten im Becken die Wächterlymphknoten auf, die am nächsten bei der Gebärmutter liegen. Konzentriert man sich nur auf diese Lymphknoten, besteht die Möglichkeit,

IM INTERVIEW Dr. med. Hansjörg Huemer Chefarzt Gynäkologie Leitung Klinik für Frauenmedizin Bethesda Spital AG www.bethesda-spital.ch

noch viel detaillierter mit vielen Schnitten, auch kleinste Tumorabsiedelungen zu analysieren. Sind die Wächterlymphknoten frei von Tumorzellen, ist davon auszugehen, dass die Lymphknoten, die dahinterliegen, auch unauffällig sind. Welche Vorteile bieten sich durch die alleinige Analyse der Wächterlymphknoten? Es gibt weniger Komplikationen als beim Entfernen aller Lymphknoten. Hierzu zählen ein schlechterer Lymphabfluss, die mögliche Entwicklung von Lymphzysten oder auch geschwollene Beine. Dadurch, dass wir laparoskopisch operieren, ist der Eingriff für die Patientin zudem erheblich schonender. Zumeist steht die Patientin am selben Tag wieder auf den Beinen und kann ein oder zwei Tage nach der OP wieder nach Hause. Wie gross sind die Heilungschancen? Beim frühen Endometriumkarzinom haben die Patientinnen sehr gute Heilungschancen. In sehr vielen Fällen ist keine Anschlusstherapie notwendig.


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