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König der Bergwildnis

Heute gibt es wieder etwa 45.000 Steinböcke in den Alpen

Kraftstrotzend steht er da auf dem Felsvorsprung. Das ist sein Reich. Hoch angepasst an die für uns – wenn wir kein Dach über dem Kopf haben – feindlichen Lebensbedingungen, lebt er in der Zone zwischen Baumgrenze und Eis, trotzt extremer Kälte und ernährt sich von dem, was die Natur dort noch zu bieten hat: Alpine Gräser und Seggen, Kräuter, niederes Gesträuch, Moose und Flechten. Solch ein Leben ist nur mit übernatürlichen Kräften zu meistern – glaubte man. So wurden verschiedensten Körperteilen des Steinbocks wundersame Heilkräfte zugeschrieben, ein Hauptgrund, weshalb die Tiere gnadenlos gejagt und nahezu ausgerottet wurden.

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Von der Steppe ins Hochgebirge

Ihr Überleben verdanken sie der Einrichtung eines Schutzgebiets im Gran-Paradiso-Gebiet durch den italienischen König Vittorio Emanuele II im Jahre 1854. Heute sind Steinböcke wieder im gesamten Alpenraum mit geschätzt 45.000 Tieren verbreitet. Ferner gibt es Steinböcke in den Gebirgen Kleinasiens und Innerasiens sowie in Nordafrika im Atlasgebirge. Durch die räumliche Isolierung haben sich Unterarten herausgebildet.

Ursprünglich waren Steinböcke in den Steppen zuhause. Nach der Eiszeit haben sie sich ins Hochgebirge zurückgezogen, und zwar in die offenen Regionen oberhalb der Waldgrenze, bevorzugt in felsiges oder felsdurchsetztes Gelände. Dort bleiben sie auch im Winter. Dann suchen sie jedoch die Südhänge und freigeblasene Matten und Grate auf, wo sie noch karge Nahrung finden.

Krachend prallen die Hörner gegeneinander

Im Gegensatz zu Gämsen, die schlank und leicht daherkommen, wirken Steinböcke eher plump und behäbig. Dennoch sind sie hervorragende Kletterer. Dafür sind sie, außer mit kräftiger Muskulatur, mit besonderen Hufen ausgestattet, deren Außenkanten scharfkantig und hart, die Innenflächen weich und anschmiegsam sind.

Außerhalb der Brunftzeit sind erwachsene Männchen und Weibchen mit den Jungtieren in getrennten Rudeln unterwegs. Zur Brunftzeit von Dezember bis Januar kommen männliche und weibliche Herden zusammen, wobei es immer wieder zu ritualisierten Kämpfen kommt, um den stärksten Bock zu ermitteln. Dabei stellen sich die Rivalen auf die Hinterbeine, lassen sich nach vorne kippen und prallen mit ihren Hörnern krachend gegeneinander. Der Sieger darf sich mit den Geißen paaren. Nach fünf Monaten Tragzeit kommen ein bis zwei Kitze zur Welt, sie werden etwa ein Jahr lang gesäugt, bleiben aber bis zum Erreichen der Geschlechtsreife mit etwa drei Jahren bei den Geißen. Danach sondern sich die Männchen ab und bilden eine eigene Herde.

Text: Karl Heinz Scheidtmann Fotos: Karl Heinz Scheidtmann und Louisa Traser

Steckbrief Alpensteinbock (Capra Ibex)

Verbreitung: Gesamter Alpenraum, außereuropäische Gebirge in Kleinasien, Innerasien und Nordafrika

Lebensraum: Alpine Matten und Felshänge oberhalb der Baumgrenze Nahrung: Moose, Flechten, Kräuter, Gräser und Seggen, Triebe von Büschen und Latschen

Größe und Gewicht:

Männchen: 130-150 cm; 65-120 kg, Hörner bis 130 cm lang und 15 kg schwer Weibchen: 105-125 cm, 40-65 kg, Hörner < 30 cm Beste Beobachtungszeit: Mai bis September Brunftzeit: Dezember/Januar

Tragzeit: fünf Monate Geburt der Kitze: Mai/Juni

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