Georg Elser (rechts) mit seiner Freundin Mathilde Niedermann und seinem jüngeren Bruder Leonhard auf der Insel Mainau (Bodensee), um 1929.
27 »13 Minuten zu spät«, in: Der Spiegel 46/1996 vom 11.11.1996. 28 Ebenda.
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Als sie im Frühjahr 1930 schwanger wurde, reisten Mathilde Niedermann und Georg Elser nach Genf, um dort eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Die Schwangerschaft war jedoch bereits zu weit fortgeschritten. Am 11. September 1930 kam Elsers einziger Sohn, Manfred, zur Welt. Die Partnerschaft zerbrach kurz nach der Geburt; Mathilde Niedermann musste ihr Kind allein aufziehen. Sie behielt nur einen Holzkasten mit kunstvollen Intarsienarbeiten als Erinnerung an Georg Elser. Sie heiratete später Hans Bühl, der Manfred seinen Namen gab. Hans Bühl fiel als Soldat an der Front im Januar 1945. Ein Bericht im »Spiegel« beschrieb 1997 die weitere Geschichte von Manfred Bühl: »Bühl war sieben, als ihm die Schulkameraden beim Baden im Bodensee erzählten, dass der Vater die Mutter wegen einer anderen Frau verlassen hätte. Drei Jahre später erfuhr er von denselben Jungen, dass sein Vater den Führer hatte umbringen wollen: ›Da war es sehr schwer für mich.‹ Niemand verspottete ihn wegen der Tat des Vaters, aber Manfred hat sich dennoch gegrämt: ›Hitler war für uns wie ein Herrgott‹, erinnert er sich – nach dem Attentat wurde sein Vater daheim vollends zur Unperson. Das Schweigen über Elser war in Bühls Elternhaus fortan Gesetz. Die Mutter hatte inzwischen einen Handwerker namens Hans Bühl geheiratet. Mit dem Adoptivvater verstand sich Manfred sehr gut, ›aber nach dem Elser hab’ ich mich ihn nicht zu fragen getraut‹. Dabei haben sich Adoptiv- und leiblicher Vater wahrscheinlich gekannt, denn beide spielten Zither im Konstanzer Verein. Seit ein paar Jahren besitzt – und spielt – der Sohn jene Zither, die einst Johann Georg Elser gehörte. Der Häftling hat sie auch im Konzentrationslager bei sich gehabt; irgend jemand, wahrscheinlich ein KZ-Wächter, legte sie nach dem Krieg bei Elsers Bruder Leonhard vor die Haustür.«27 Mathilde Bühl heiratete erneut und lebte weiterhin in Konstanz, in derselben Straße, in der einst auch Georg Elser gewohnt hatte. 1957 wandte sich Maria Elser an Mathilde Bühl; es kam zu einem Treffen zwischen ihr und der Großmutter ihres Sohnes, aber danach nicht zu intensiveren Kontakten. Mathilde Bühl starb 1980, ihr Sohn Manfred 1997. Er konnte die Rehabilitierung seines leiblichen Vaters noch erleben. Er war »endlich stolz auf meinen Vater«.28 Elser gehörte unter anderem dem Trachtenverein »Alpenrose« in Konstanz an, mit dem er 1929 an einem Trachtenfest in Sankt Gallen teilgenommen haben soll. 1929/30 engagierte er sich in der Schweiz zudem im »Freien Abstinentenverein Kreuzlingen«.
GEORG ELSER – EIN LEBENSBILD
25.09.2008 13:19:46 Uhr