Alexander Camaro, Rummelplatz (Wahrsagerin), 1950
Camaros Blick ist so eigenwillig wie einzigartig. Seine Bilder und Texte erzählen von der traurig-schönen Wahrheit der Bühne und Buden, aber auch von verlassenen Festplätzen und der Vereinzelung des Menschen. Zugleich ist es die Würdigung einer gesellscha lichen Gruppe und (womöglich) verschwindenden Kultur, die es zu wahren gilt.
LUNAPARK
Der Maler und Tänzer Alexander Camaro (1901–1992) hinterließ eine bemerkenswerte Anzahl an Werken rund um die Welt der Rummelplätze und Vergnügungsparks. Es ist eine Welt, die er aus seiner Jugend in Breslau kannte, wo er mit Schaustellern, Musikern, Artistinnen und Artisten aus dem Umfeld des Lunaparks in Kontakt kam, und die für ihn auch später im Nachkriegsberlin nichts an Faszinationskra verlor.
Alexander Camaro
LUNAPARK Susanne Riée, o. T. (Karussell), o. J.
Alexander Camaro, Holzpferd, 1946
Alexander Camaro, Schaubude (auch: Der arme Schaubudenbesitzer), 1946
Mit über 75 bislang zum Teil unveröffentlichten Abbildungen.
25 € D
ISBN 978 3 86124 743 2
Alexander Camaro, Kautschuk-Akt, 1950 9
Lunapark_Umschlag.indd Alle Seiten
783861
247432
www.bebraverlag.de
Schaubühne, Budenzauber und Vergnügungswelt
Alexander Camaro, Matrosenkapelle, 1946/47
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Herausgegeben von der Alexander und Renata Camaro Stiftung und Dagmar Schmengler
Gewidmet dem Vorstandsvorsitzenden Dipl.-Ing. Theodor Gentner zum Dank
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LUNAPARK
Alexander Camaro
Schaubühne, Budenzauber und Vergnügungswelt
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Inhalt
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Vorwort
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Frau Luna oder: die Leinwand als Bühne?
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Vergnügliche Welten Berliner Vergnügungsparks um 1900
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ISABEL FISCHER
Zwischen Verzauberung und Entzauberung Schaubudenromantik, Jahrmarktstimmung und Vergnügungswelten in den Texten von Alexander Camaro
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DAGM A R SCH M ENGLER
Momente der Erinnerung Über die Verwendung von ›Versatzstücken‹ in Camaros Bildwelten
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MARIA LUFT
Zurück »in das eigentliche Märchenland«
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Biografie Alexander Camaro Werkliste Ausgewählte Bibliografie Über die Autorinnen und Autoren Bildnachweis Impressum
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Vorwort
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n der Zeit vor dem ersten Weltkrieg lag der Lunapark ›förmlich in der Luft‹, alles war ›Luna‹! Dem ersten Lunapark auf Coney Island bei New York (1903) folgten weltweit über 40 Luna-Parks, insgesamt 13 in Europa und davon fünf in Köln, Leipzig, Hamburg, Breslau und Berlin. In Deutschland hielten sich die Lunaparks bis in die 1930er-Jahre und waren dem nationalsozialistischen Regime, ob ihrer Freizügigkeit, ein Dorn im Auge. In Berlin fiel die Idee, aus dem Lunapark einen ›Propaganda-Park‹ zu machen, letztendlich der Stadtplanung zum Opfer. Eine regimekonforme Interpretation der 1899 uraufgeführten Operette Frau Luna1 versuchte 1941 das vermeintlich rebellische Potential leutselig zu entschärfen. Die Inspirationen und die Anhänglichkeit an die Bildwelt des Lunaparks ist bei Alexander Camaro ein Phänomen, das sich aus seinen frühen Kindheitserfahrungen erklärt. Er greift diese Zeit auch noch 60 Jahre später in einem beeindruckenden Spätwerk wieder auf. Als Kind tauchte er in die Welt der Schausteller, der Artistinnen und Artisten in Breslau-Morgenau ein und definierte später ein erstes künstlerisches Bekenntnis, indem er sich mit nur 16 Jahren als Hochseiltänzer einer fahrenden Zirkustruppe anschloss. Diese Erfahrungen waren prägend für seine Kunstauffassung und die Wertschätzung aller Künste, die er später auch als Professor an der Berliner Hochschule der Künste vertrat. In diesem Band – als Abschluss einer Reihe kunstwissenschaftlicher Publikationen und Ausstellungen – werden Gedanken zu Alexander Camaro
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Vorwort
und dem Phänomen Lunapark von zeitgenössischen Autorinnen und Autoren entwickelt und vielfach hochinteressante Interpretationen zu seinem Werk formuliert. Jedoch geben seine Bilder wie Texte nicht ihr Geheimnis preis, sie sind ein Teil jener künstlerisch-alchimistischen Experimente, denen Alexander Camaro sein Leben widmete: Gefühle und Erinnerungen aus der Vergangenheit zu beschwören und in das Bild zu bannen, sodass sie sich auch noch viele Jahrzehnte später den aufmerksamen Betrachterinnen und Betrachtern mitteilen. Wir danken an erster Stelle der Kuratorin Dr. Dagmar Schmengler und ihrem motivierten Team für ihre engagierte Arbeit an Ausstellung und begleitendem Katalog, besonders Esther Enzian, Đức-Vinh Nguyễn, Nora Kaschuba und Mai Ly Nguyễn. Unser Dank gilt außerdem der Restauratorin Katharina de Keijzer, den Autorinnen der Essays als ausgewiesene Expertinnen zum Thema, dem Fotografen Eric Tschernow und Christiane Schlosser sowie dem gesamten Team der Camaro Stiftung. Schließlich und ganz besonders danken wir dem engagierten Team des be.bra verlags für die umsichtige Begleitung des Projekts und der Aufnahme des Buchs in sein Verlagsprogramm. Wir wünschen viel Freude beim Lesen und Schauen.
Der Vorstand der Alexander und Renata Camaro-Stiftung Paula Anke Theodor Gentner Jacqueline Falk Thomas Frhr. v. Brück
Anmerkung 1 Vgl. den Beitrag von Nora Kaschuba im vorliegenden Band, S. 11–14.
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Kat. 01 Alexander Camaro, Eingang, 1950
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Frau Luna oder: die Leinwand als Bühne? NOR A K ASCHUBA
»Bin Göttin des Mondes / Frau Luna genannt« heißt es in der Operette Frau Luna, die mit Texten von Heinz Bolten-Baeckers und Musik von Paul Lincke 1899 in Berlin uraufgeführt wurde. Drei Berliner Freunde reisen mit einem selbstgebauten Ballon zum Mond und treffen dort auf dessen glamouröse Herrscherin Frau Luna, die für ihre irdischen Gäste fantastische Feste veranstaltet. Das heitere Leben auf dem Mond, der einem großen Vergnügungspark gleicht, wurde mittels aufwändiger Bühnenausstattung und opulenter Kostüme gestaltet. Frau Luna ist eine strahlende und verführerische Dame, die in den meisten Inszenierungen und bildlichen Darstellungen mit üppiger Kopfbedeckung erscheint1 oder aber eine Mondsichel auf der Stirn trägt, welche an antike Darstellungen der Mondgöttinnen Selene und Luna erinnert. Frau Lunas eingängige Melodien und Lieder im Berliner Dialekt wurden zum überwältigenden Publikumserfolg. Bis in die 1920er-Jahre blieb das Stück auf den Theaterbühnen präsent und wurde von Lincke und BoltenBaeckers mehrfach erweitert. Während der nationalsozialistischen Diktatur wurde die Operette weiterhin aufgeführt. In der Nachkriegszeit wurde Frau Luna in verschiedenen Fassungen auf Ost- und Westberliner Bühnen gezeigt. 1941 erschien zudem ein gleichnamiger Ufa-Film von Theo Lingen mit abgewandelter Handlung, der einige von Linckes Musiknummern aufgriff und später auch im Fernsehen gesendet wurde.2 Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Alexander Camaro aufgrund seines persönlichen und professionellen Interesses an Kabarett, Revue, Tanz und
Kat. 02 Alexander Camaro, Mondgöttin, 1952
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Theater sowohl mit dem Film als auch mit den Bühnenfassungen vertraut war. Seit 1951 wurde Frau Luna regelmäßig am Berliner Metropol-Theater gespielt und blieb ein Synonym für die Welt der Jahrmärkte und des alten Berlins, aber auch für die Faszination des Mondes. Vielleicht ist Camaros 1952 entstandenes Gemälde Mondgöttin von der Figur Frau Luna inspiriert? Der Maler interpretierte das Motiv aber frei nach seinen eigenen Vorstellungen. In einem Text dieser Jahre beschreibt Camaro die Transformation zur Bühnenfigur als eine Verwandlung vom Schaubudenmädchen oder Artistin zur Göttin.3 Seine Mondgöttin ist eine anmutige Frauengestalt mit einem auffälligen Kopfschmuck in geschwungener Form. Sie sitzt an eine Wand gelehnt an prominenter Stelle, mit überschlagenen Beinen und den Kopf in die Hand gestützt. In ihrem festlichen Kleid scheint sie Eins mit dem Mondlicht zu werden – fast wirkt es, als wolle der Mond einem Scheinwerfer gleich seine Göttin auf die Bühne locken. Die Mondgöt tin nimmt somit eine transzendente Stellung zwischen Himmel und Erde, zwischen Tag und Nacht ein. Ihre fließende Figur steht im Gegensatz zur geometrischen Form der Mondsichel und dem durch blaue und schwarze Farbfelder gegliederten Hintergrund. Camaro spielt mit Kontrasten: Der weiche Frauenkörper hebt sich von den geraden Linien der Raumarchitektur ab. Den changierenden Blautönen stehen das Schwarz des leeren Raumes an den Bildrändern und das silbrige Weiß des Mondes gegenüber.4 Bei Camaro ist es häufig zu beobachten, dass sich der Bildraum sowohl nach vorne als auch nach hinten zu öffnen scheint und dadurch die Illusion eines dreidimensionalen Raumbildes entsteht. In Mondgöttin bleibt die Raumstruktur jedoch ambivalent: Während die voneinander abgesetzten blauen Farbfelder sich zu einem perspektivischen Innenraum zusammenschließen, markieren die beiden schwarzen Flächen ein unbestimmtes Außen. Ist hier der Abgrund in ein Nichts gemeint?5 Möchte Camaro auf das Unbekannte und Unvorhersehbare verweisen, das jenseits der Bühne und des Scheinwerferlichts liegt? Die Mondgöttin wird in dieser Raumkonstruktion durch das Netz aus Fluchtlinien ihrer Bodenhaftung enthoben. Camaro verleiht ihr damit eine Unnahbarkeit und Distanz, die eine zweite Interpretationsebene eröffnet: den Rückzug der grübelnden Mondgöttin als eine Art Seelenschau. Bereits in der Antike war die Melancholie nach Aristoteles auch mit positiven Vorzeichen besetzt und als schöpferische Kraft anerkannt.6 Aber spätes-
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tens seit der Aufklärung gehörten die Melancholie, die Introvertiertheit und das Außenseitertum zu den Merkmalen einer wahrhaften Künstlerinnen- und Künstlerexistenz. In der Romantik erfuhr die Stilisierung des einsamen, in sich gekehrten Künstlers ihre Hochphase. Auch der Mond trat oft als Symbol jener erhabenen Kontemplation und eines entrückten, dem Jenseits nahen seelischen Zustandes auf.7 In der Darstellung melancholischer Figuren wurden Attribute wie der in die Hand gestützte Kopf und die Verschattung einer Gesichtshälfte, wie sie auch Camaros Mondgöttin aufweist, typisch.8 So erschließt sich diese zweite Deutungsmöglichkeit für das Gemälde der Mond göttin: Sie wird zur Allegorie des Künstlertums, ihre zum Ausdruck gebrachte Nachdenklichkeit verbindet sich mit einem neuen Einfall des Malers. Zur Entstehungszeit des Bildes um 1952 war Camaro bereits als erfolgreicher Maler in Berlin etabliert. Vielleicht reflektierte er in der Mondgöttin – wenn auch indirekt – die Rolle und den Erfolgsdruck von (sich als) Künstler? Sicherlich war dem belesenen Maler der Diskurs um die künstlerischen Schaffungsprozesse bekannt, in denen die Schwermut und die Rückzugsmöglichkeit in das eigene Selbst die produktiven Momente der Erleuchtung und Imagination bedingen. Durch diese Mehrdeutigkeit sticht Mondgöttin inhaltlich und stilistisch aus Camaros Werk der Nachkriegszeit heraus. Gleichzeitig reiht sie sich aber in seine immer wiederkehrenden Motive aus der Welt der Schaubuden, Artistinnen und Artisten sowie Bühne ein. Camaros Darstellung der Artistin erscheint heute überaus aktuell: Wirft man einen Blick auf zeitgenössische Inszenierungen von Frau Luna, ähneln Ausstattung und Bühnenbild oft der ruhigen, in Blautönen gehaltenen Bild ästhetik der Mondgöttin. Und auch Zirkusshows, etwa vom Cirque du Soleil, präsentieren die Figur der Frau im Mond als eine träumerische, der Gegenwart entrückte Göttin, die stark an Camaros Bildsprache erinnert.9
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Anmerkungen 1 Paul Lincke. Sein Leben in Bildern und Dokumenten, hg.v. Jan Kutscher, Mainz 2016, S. 45 f.; s. auch Programmheft Frau Luna, hg. v. Theater und Philharmonisches Orchester der Stadt Heidelberg, Heidelberg 2007. 2 Die Erstausstrahlung erfolgte am 26. Januar 1955. Ein weiterer Musikfilm selben Namens wurde (mit Heinz Erhardt) 1964 für das Fernsehen produziert. 3 Vgl. den Beitrag von Isabel Fischer im vorliegenden Band, S. 37–50. 4 Lucie Schauer, »Die Welt zwischen Schein und Sein«, in: Camaro. Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, hg. v. Neuer Berliner Kunstverein e. V., Ausst.-Kat. Berlin 1983, o. S. 5 Die Nichtfarbe Schwarz gilt als Farbe der Melancholie und ist mit ihrer altgriechischen Bezeichnung mélas selbst Teil der Wortherkunft. Vgl. Moritz Wullen, »Black Box. Der schwarze Innenraum des melancholischen Bewusstseins in der Bilderwelt des 20. Jahrhunderts«, in: Melancholie. Genie und Wahnsinn in der Kunst, hg. v. Jean Clair, Ausst.-Kat. Paris/Berlin 2006, S. 496 –501. 6 Vgl. Paul Demont, »Der antike Melancholiebegriff: von der Krankheit zum Temperament«, in: Ausst.-Kat. Paris/Berlin 2006 (wie Anm. 5), S. 34–38. 7 Vgl. Vincent Pomarède, »›Die Lust an der Melancholie‹ (Senancour). Die Landschaft als Zustand der Seele«, in: Ausst.-Kat. Paris/Berlin 2006 (wie Anm. 5), S. 318 –326. 8 Katalogeintrag »Typus Melancholicus«, in: Ausst.-Kat. Paris/Berlin 2006 (wie Anm. 5), S. 149 f. 9 Vgl. u. a. Frau Luna im Theater der Stadt Heidelberg (2007) oder im Staatstheater Cottbus (2019) sowie Amaluna des Cirque du Soleil / Diane Paulus (Uraufführung 2012).
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Vergnügliche Welten Berliner Vergnügungsparks um 1900 JOH A NNA NIEDBA LSK I
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as war in den 1920er-Jahren für ein frisch verliebtes Paar der schönste Ort in Berlin? Im Roman Das Mädchen an der Orga Privat führte ein junger Automechaniker seine neue Freundin, eine Büroangestellte, an einem Frühsommerabend aus. Er zeigte ihr »das Schönste von Berlin«: den Lunapark. Der Vergnügungspark am Halensee hatte gerade erst nach der Winterpause eröffnet, alles »riecht noch ein bisschen nach Renovierung und Vorsicht frisch gestrichen!« Aber die Menschen strömten »in Massen herein« und das junge Paar amüsierte sich: Sie schlenderten »durch den warmen Frühlingsabend, vorbei an den fröhlichen Menschen«, losgelöst »von dem Traurigen und Quälenden«. Sie fuhren mit dem Kettenkarussell und der Gebirgsszeneriebahn, sie bestiegen die wackelnde Shimmytreppe, bestaunten den Auftritt von »Liliputanern« auf einer Varietébühne, gewannen an einer Würfelbude ein Stück geräucherten Aal, kauften sich Schokolade und tanzten, als das Geld nicht mehr reichte, draußen im Freien vor dem Tanzlokal »zu der gedämpften Musik, die aus den teuren Gaststätten und Lokalen summt«.1 Der Lunapark am Halensee war der bekannteste und spektakulärste Berliner Vergnügungspark. Die heitere Atmosphäre, die spielerischen Angebote, das abwechslungsreiche Programm, die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten, sich zu amüsieren, vielleicht auch das schillernde und schwer fassbare Vergnügliche, das den Lunapark auszeichnete – all dies machte ihn für viele Gäste (wenn auch nicht für alle) zum »Schönsten von Berlin«.
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Kat. 03 Der Eiserne See, ein Vorläufer der Autoscooter, und die durch Josef Fenneker expressionistisch gestaltete Gebirgsszeneriebahn, 1920, Foto: Willy Römer
Vergnügungsparks waren fest installierte und mit kommerziellen Inte ressen betriebene Sommergärten, die dem Publikum viele unterschiedliche Attraktionen offerierten. Sie waren in der Regel eingezäunt und verlangten Eintritt beim Betreten des Geländes und zusätzlich für fast alle weiteren Angebote. Damit sie sich rentierten, mussten sie möglichst hohe Besuchszahlen erzielen. Das Angebot der Parks war sehr vielfältig und entsprechend vielfältig waren die Möglichkeiten des Publikums, sich zu amüsieren: Die Gäste konnten schnelle Achterbahnfahrten unternehmen, sich sportlich betätigen, Konzerte hören oder Theateraufführungen anschauen. Sie konnten auf Autoscootern oder sogenannten Teufelsrädern fahren, durch Labyrinthe laufen oder gepflegt speisen und abends ein Feuerwerk betrachten. Keines dieser Vergnügungsangebote gab es ausschließlich in Vergnügungsparks – alle konnten auch andernorts besucht werden. Das besondere an den Vergnügungs-
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Kat. 04 Blick vom T errassenrestaurant aus in den Vergnügungspark, 1911
parks war, dass sie alle diese Angebote an einem Ort zusammenbrachten. Sie zeigten somit die »ganze Welt des Vergnügens«.2 Der Lunapark eröffnete im Mai 1910 und bestand – mit einer Unterbrechung von 1914 bis 1920 – bis Herbst 1933. Aber er war nicht der einzige Berliner Vergnügungspark. Zwischen 1880 und 1930 gab es weitere große Eta blissements, allerdings existierten nie mehr als zwei Parks gleichzeitig. Bereits in den 1880er- und 1890er-Jahren gestaltete ein umtriebiger Unternehmer, Rudolf Sternecker, zwei für die damalige Zeit besonders aufsehenerregende Vergnügungsparks. Der erste befand sich in der Hasenheide in Rixdorf und hieß Neue Welt, der zweite lag am Weißen See nordöstlich von Berlin. Hier gab es ein Theater, das auf Pfählen ins Wasser gebaut war, eine elektrische Kleinbahn, die ein direkter Vorläufer der Straßenbahnen war und aufwändige Feuerwerks-Inszenierungen. Als eine »Beigabe« der großen Berliner
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Abb. 01 Hans Baluschek, Berliner Rummelplatz, 1914, Bröhan-Museum, Berlin
Gewerbeausstellung sollte im Sommer 1896 ein Vergnügungspark zusätzlich Besucherinnen und Besucher in den Treptower Park locken. 1910 eröffnete nicht nur der Lunapark am Halensee erstmals, sondern auch ein weiterer Vergnügungspark in der Neuen Welt in der Hasenheide. Beide Unternehmen wurden von internationalen Geldgebern finanziert und erstmals spielten US-amerikanische Fahrgeschäfte bei der Gestaltung der Parks eine wichtige Rolle. Auch in den frühen 1920er-Jahren gab es zwei große Vergnügungs-
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parks in Berlin, neben dem wiedereröffneten Lunapark einen weiteren am Lehrter Bahnhof, den Universum Landesausstellungspark, kurz Ulap, der mit einer von Hans Baluschek gestalteten Alt-Berliner-Kulissenstadt lockte (vgl. Abb. 01). Die letzte Neugründung war 1931 das Traumland in der Schönholzer Heide mit einer besonders hohen Holzachterbahn (vgl. Abb. 02). Neben diesen großen Vergnügungsparks gab es um 1900 zahlreiche Rummelplätze. Sie waren zumeist deutlich kleiner als die Vergnügungsparks, ihr Angebot war weniger eindrucksvoll, ihre Eintrittspreise niedriger, ihre Besuchszahlen geringer. Sie fungierten als alltägliche Vergnügungsorte der Menschen, die sich den Besuch eines großen Vergnügungsparks nur selten oder gar nicht leisten konnten. Keiner der Berliner Vergnügungsparks um 1900 entstand – wie etwa das Disneyland im Amerika der 1950er-Jahre – auf der ›grünen Wiese‹. Alle Berliner Vergnügungsparks hatten Vorgängeretablissements mit zum Teil jahr-
Abb. 02 Paul Rosié, Traumland, um 1945, Nachlass Paul Rosié
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zehntelanger Tradition. Sie entstanden aus Ausflugslokalen, aus Sommerund Biergärten, die, wie Sternecker am Weißen See, von einem Unternehmer, oder, wie der Ulap oder der Lunapark, von einer GmbH oder Aktiengesellschaft zu einem Vergnügungspark ausgebaut wurden. Auf dem Gelände des späteren Lunaparks gab es bereits seit den 1880erJahren ein populäres Wirtshaus, das hoch über dem Halensee thronend Ausflugsgäste aus dem damals rasant wachsenden Berlin anzog.3 In diesen Jahren wurde der Kurfürstendamm zum Prachtboulevard im neuen westlichen Stadtzentrum ausgebaut. Seit 1886 verkehrte eine Dampfstraßenbahn auf dem Kurfürstendamm vom Zoologischen Garten bis zum Halensee. Sie diente einerseits der Anbindung der neu entwickelten Wohngebiete, zum Beispiel der Villenkolonie Grunewald. Andererseits nutzten immer mehr Städterinnen und Städter die Bahn für einen Ausflug in den Grunewald; zeitgenössische Zeitungsartikel beschrieben einen sonntäglichen Massenansturm auf Waldgebiete, Seen und Gasthäuser. Das Wirtshaus am Halensee genügte bald
Kat. 05 Terrassen am Halensee, um 1920, Foto: unbekannt
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Kat. 06 Anzeige anlässlich der Eröffnung des L unaparks aus der Vossischen Zeitung, 13.5.1910
nicht mehr: Ein größeres und spektakuläreres Lokal sollte den wachsenden Ansprüchen der Großstadtbevölkerung entgegenkommen.4 Die 1904 eröffneten Terrassen am Halensee machten trotz ihrer Größe keinen pompösen Eindruck. Das dreistöckige Terrassengebäude bot Platz für bis zu 7.000 Gäste. Die zwei rechtwinklig angeordneten Flügel des Gebäudes waren jeweils fast 100 Meter lang und die beiden pagodenartigen Türme gaben dem Gebäude »einen fremdländischen, fast märchenhaften Reiz.«5 Die Türme waren mit bunten Glassteinen versehen und konnten von innen illuminiert werden. Außerdem zierten Obelisken, Statuen, Wasserspeier und eine bunte Bemalung das Terrassengebäude. Das Terrassenlokal blieb eine Hauptattraktion, auch nach der Eröffnung des Lunaparks 1910 durch eine GmbH, die aus englischen, amerikanischen und belgischen Investoren bestand. Der Name Lunapark war zwar direkt vom 1903 eröffneten Vergnügungspark auf Coney Island bei New York übernommen worden. Aber Berlinerinnen und Berliner erinnerte er ebenso an die 1899 uraufgeführte Operette Frau Luna des Komponisten Paul Lincke; die Assoziation mit Amüsement und Unterhaltung lag quasi in der »Berliner Luft«.6 Die Lunapark-Direktion spielte im ersten Betriebsjahr auch bewusst mit dieser Assoziation und schaltete Anzeigen mit einer auf dem Mond sitzenden Dame: Frau Luna.7 Die Gäste betraten den Lunapark durch ein monumentales Portal am Kurfürstendamm. Hier bezahlten sie das Eintrittsgeld: 1910 betrug dies
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50 Pfennige. Bei diesem Betrag blieb es aber nicht. Der Schriftsteller und Journalist Fedor von Zobeltitz erinnerte sich: »Aus reiner Gewissenhaftigkeit habe ich jedes Sondervergnügen im Lunapark extra genossen, und da jedes Sondervergnügen auch extra kostet, so schwollen die fünfzig Pfennig Gesamtentree schließlich zu einem vollen Goldstück an.« Ironisch fügte er hinzu: »Dafür habe ich freilich ungeheuer viel gehabt.«8 Hinter dem Eingangsportal schloss sich ein Säulengang an, der an den Brandmauern der angrenzenden Wohnbauten entlang auf einen der Türme des Hauptrestaurants zuführte. Dieses architektonische Ensemble erzeugte einen Spannungsbogen. Erst nachdem die Besucherinnen und Besucher den Gang und anschließend den Turm des Terrassengebäudes passiert hatten, öffnete sich das Gelände: Der Vergnügungspark, der Halensee und der angrenzende Grunewald breiteten sich vor ihnen aus. Eine vier Meter breite Freitreppe führte in den Vergnügungspark hinab. Von der Spitze der Freitreppe aus boten sich den Gästen ein buntes Bild und eine beeindruckende Geräuschkulisse. Aus Musikpavillons erklang Unterhaltungsmusik, am Fuß des Terrassengebäudes sprühte eine Leuchtfontäne Wassermassen in die Luft und aus dem Bayerischen Dorf ertönten Gläserklirren und Gelächter. Hinter dem Terrassengebäude befanden sich die Jahrmarktsattraktionen. Auch von dort wehten Geräuschfetzen herüber: das Rattern der Räder auf den Metall- und Holzkonstruktionen, der Motorenlärm der Antriebsmaschinen, das Kreischen der Mitfahrenden und die gegrölten Anpreisungen der Rekommandeure. Schritten die Gäste die Freitreppe in den Park hinab, hatten sie die Wahl, ob sie im vorderen Teil, dem sogenannten Konzertgarten, verweilen, am See promenieren oder im Terrassenlokal speisen wollten. Die andere Möglichkeit war, sich auf den Vergnügungsplatz zu begeben und sich aus dem breiten Angebot an Jahrmarktsattraktionen ein Vergnügungsprogramm zusammenzustellen. Eine Hauptattraktion des Lunaparks war die Gebirgsszeneriebahn: eine Achterbahn, deren Holzkonstruktion von einer bemalten Kulisse verdeckt war. Insbesondere in den 1920er-Jahren sorgten jährlich wechselnde
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Kat. 07 Der Eiserne See, ein Vorläufer der Autoscooter, und die durch Josef Fenneker expressionistisch gestaltete Gebirgsszeneriebahn, 1921, Foto: Willy Römer
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Kat. 08  Bei einer sogenannten Araberschau im Lunapark tanzt ein Fakir auf einem Nagelbrett, 1929, Foto: unbekannt
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ulissengemälde für Abwechslung und Gesprächsstoff: Es gab zum Beispiel K abstrakt-expressionistische Kurven, üppige Urwaldbilder oder eine futuristische Stadtszenerie. Auch eine Wasserrutschbahn, mehrere Karussells oder eine große Wackel- oder Shimmytreppe gehörten zum Angebot, ebenso ein Tanzsaal oder eine ›Völkerschau‹ (Kat. 08). Die Gäste des Lunaparks konnten – so sie wollten – durchgeschüttelt, durchnässt, gedreht und geschleudert werden. Sie konnten schnelle Fahrten, ungewohnte Höhen, Fliehkräfte und optische Illusionen auf sich wirken lassen. Sie konnten bunte Tanzshows und ›exotisch‹ erscheinende Menschen anschauen sowie ihr Glück und ihre Geschicklichkeit an Glücks- und Schießbuden erproben. Sie konnten auch einen Sommernachmittag bei Konzertmusik am Ufer des Halensees verbringen, im Terrassenrestaurant speisen oder im Bayerischen Dorf Bier trinken. Bei Dunkelheit zeigte sich der Park im Licht von 50.000 Glühlampen und viele Abende endeten mit einem prächtigen Feuerwerk. Das Publikum der Vergnügungsparks kam, anders als das Publikum der Rummelplätze, aus vielen gesellschaftlichen Schichten: Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Angestellte besuchten den Lunapark ebenso wie Angehörige des Bürgertums, des Adels oder Touristinnen und Touristen aus dem In- und Ausland. Möglich war diese soziale Vielfalt, weil sich die Gäste auch innerhalb des Geländes voneinander abgrenzen konnten. Zum einen gab es unterschiedlich gestaffelte Eintrittspreise, etwa verbilligte »Volkstage« oder teurere »Elitetage«, an denen ein aufwändigeres Programm geboten wurde. Zum anderen hatten die Vergnügungsparks mit ihrem bunt zusammengewürfelten Angebot das Potenzial, für ein schichtenübergreifendes Massenpublikum interessant zu sein, denn alle Gäste konnten Attraktionen individuell und nach eigenen Vorlieben aussuchen und dabei auch das jeweilige Budget berücksichtigen, das für den Besuch zur Verfügung stand. Aber so individuell wie das Vergnügungsprogramm auch gewesen sein mag, Geschmack ist immer auch Ausdruck sozialer und gesellschaftlicher Unterschiede. Einige Attraktionen kamen einem ›gehobenen‹ Geschmack eher entgegen als andere. Die individuell ausgewählten vergnüglichen Erlebnisse waren also auch Ausdruck einer auf Geschmack beruhenden ›inneren‹ Distinktion und damit Ausdruck sozialer Unterschiede und Spielfeld für das Aushandeln gesellschaftlicher Positionen.
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Auch die Rezeptionshaltung, mit der die Parks aufgesucht wurden, war ein Teil dieser inneren Distinktion des Publikums. Manchen Gästen ›sagte‹ das Gebotene gar nichts. Vor allem Intellektuelle wie der Journalist Fedor von Zobeltitz spotteten über die Belanglosigkeit der Angebote. Andere hingegen regte zum Beispiel eine Fahrt auf einer Achterbahn durchaus zu weitergehenden Betrachtungen, etwa über den Zustand der modernen Großstadt, an. Und wieder andere gaben sich – wie etwa das Pärchen im eingangs zitierten Roman – ästhetischen oder sinnlichen Freuden hin. Durch diese Offenheit konnte ein Besuch im Vergnügungspark von verschiedenen Gästen ganz unterschiedlich wahrgenommen und anschließend unterschiedlich verarbeitet werden. Von außen betrachtet mögen die Parks von einem heterogenen Massenpublikum besucht worden sein. In der Auswahl der Attraktionen gab es jedoch Unterschiede, die stets Ausdruck der sozialen Stellung der Gäste waren. Die Vergnügungsparks mit ihrem Sammelsurium an Attraktionen profitierten davon. Sie boten Vergnügen für jeden Anspruch, jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel und wurden dadurch zu einem Ort ›für alle‹. In Berlin gibt es schon lange keinen Vergnügungspark mehr. Der Lunapark schloss im Herbst 1933, nachdem seine Betreibergesellschaft zahlungsunfähig geworden war. Zwar bestand zunächst vonseiten nationalsozialistischer Unternehmer durchaus Interesse den Park in ihrem Sinne umzubauen. Aber letztendlich scheiterten die Pläne, denn höhere Priorität hatte nun der Bau einer neuen Straße, der Halenseestraße, die, auch im Hinblick auf die bevorstehende Olympiade und den Ausbau des Reichsportfeldes, quer über das Gelände des ehemaligen Lunaparks gebaut wurde. Damit endete die Ära des Vergnügens am Halensee.9 In der Nachkriegszeit eröffneten zwar einige kleinere Rummelplätze, Ausflugs- und Tanzlokale wieder, zum Beispiel der Saalbau in der Neuköllner Neuen Welt, einen Vergnügungspark im Grünen gab es in West-Berlin aber nicht wieder. In Ost-Berlin eröffnete zwar 1969 ein Vergnügungspark im Plänterwald, der VEB Kulturpark Berlin. Aber seine Organisation unter den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft unterschied sich grundlegend von den Vergnügungsparks um 1900 und seine Geschichte müsste unter anderen Fragestellungen betrachtet werden. Die seit den 1950er-Jahren auch in Westdeutschland entstehenden Freizeitparks à la Disneyland waren keine urbanen Vergnügungsorte. Sie entstanden
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Vergnügliche Welten
außerhalb von Großstädten auf der ›grünen Wiese‹ ohne unmittelbare Vorläuferetablissements. Nicht mehr eine Erreichbarkeit mit öffentlichem Nahverkehr, sondern eine gute Anbindung an Autobahnen und die ausreichende Bereitstellung von Parkplätzen Parkplätzen war nun wichtig. Sicherheit und Sauberkeit spielten eine zentrale Rolle und fortan standen Kinder als Zielgruppe im Mittelpunkt. Mit diesen Neuausrichtungen transformierten sich die urbanen Vergnügungsparks in suburbane Themen- oder Freizeitparks. Anmerkungen 1 Rudolf Braune, Das Mädchen an der Orga Privat, Frankfurt a. M. 1930, S. 133 f. 2 So der Titel des Buches, das Grundlage dieses Aufsatzes ist. Für ausführliche Informationen und weitere Fakten und Thesen: vgl. Johanna Niedbalski, Die ganze Welt des Vergnügens. Berliner Vergnügungsparks der 1880er bis 1930er Jahre, Berlin 2018. 3 Lebhafte Schilderungen des Ausflugsgeschehens finden sich z. B. bei Theodor Fontane, Frau Jenny Treibel oder ›Wo sich Herz zum Herzen findet‹, Erstveröffentlichung als Buch Berlin 1893, oder bei Julius Stinde, Die Familie Buchholz. Aus dem Leben der Hauptstadt, Erstveröffentlichung Berlin 1884. 4 Außerdem hatte das Lokal neue Besitzer: Es gehörte nun August Aschinger, der sich zu dieser Zeit anschickte, mit seinem Bruder zusammen den größten Gaststätten- und Hotelkonzern Berlins aufzubauen. Er war zwar für den Bau verantwortlich, betrieb allerdings die Terrassen am Halensee nicht selbst, sondern verpachtete sie an Bernhard Hoffmann, einen anderen Berliner Großgastronomen. 5 Berlin und seine Bauten, hg. v. Architekten- und Ingenieurs-Verein zu Berlin, Teil VIII Bauten für Handel und Gewerbe, Band B Gastgewerbe, Berlin/München/ Düsseldorf 1980, S. 73. 6 Das ist die Berliner Luft ist ein Marschlied von Paul Lincke, das zunächst als Titelmelodie einer 1904 uraufgeführten gleichnamigen Operette komponiert worden war und 1922 in die erweiterte Version der Operette Frau Luna aufgenommen wurde. 7 Vgl. den Beitrag von Nora Kaschuba im vorliegenden Band, S. 11–14. 8 Fedor von Zobeltitz, Ich hab so gern gelebt. Die Lebenserinnerungen von Fedor von Zobeltitz, Berlin 1934, S. 167. 9 Das Traumland in der Schönholzer Heide, das in den 1930er-Jahren fortbestand, wurde im Zweiten Weltkrieg zu einem großen Zwangsarbeiterlager. Seit November 1942 mussten hier fast 2.500 Menschen in Baracken und ehemaligen Vergnügungslokalen ›wohnen‹ und in der Fabrik des Waffenkonzerns DWM am Reinickendorfer Eichborndamm arbeiten. Der (Ost-)Berliner Maler und Zeichner Paul Rosié setzte dem Traumland im gleichnamigen Gemälde ein Denkmal. Rosié war 1949 auch Mitglied des berühmten Berliner Kabaretts Die Badewanne, zu dessen Gründern Alexander Camaro gehörte.
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Kat. 09  Alexander Camaro, Luftschaukel (Triptychon), 1986
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