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Ein Programm für das ganze Land
from Eine Prise Funkgeschichte Fünfzig Geschichten aus hundert Jahren Rundfunk (Leseprobe)
by BeBra Verlag
Bereits in den frühen 1920er Jahren gab es die Idee eines Rundfunksenders für ganz Deutschland. Der 1926 in Königs Wusterhausen in Betrieb genommene Deutschlandsender war die erste Umsetzung dieser Idee. Doch sein sprödes, durch hochwertige Bildung und Information geprägtes Programm war bei den Hörern nicht wirklich beliebt.
Am 1. Januar 1962 ging mit dem Deutschlandfunk wieder ein Sender für ganz Deutschland in Betrieb. Als gemeinschaftliches Rundfunkprogramm der ARD organisiert, war es die Reaktion auf die Wiederinbetriebnahme des Deutschlandsenders durch die DDR. Der erste gesendete Programminhalt des Deutschlandfunks waren Nachrichten, und das war Absicht. Deutschland war mittlerweile durch eine Mauer geteilt. Elektromagnetische Wellen aber halten sich nicht an Mauern und Grenzen. Der Auftrag des Deutschlandfunks bestand darin, ein Informationsprogramm insbesondere für die Deutschen im Osten zu sein. Und als das Programm 1964 rund um die Uhr gesendet werden konnte, war der Deutschlandfunk der erste deutsche Radiosender mit stündlichen Nachrichten.
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Das Programm der ersten Sendejahre war ein Abbild des Kalten Krieges. Auf der einen Seite diente der Deutschlandfunk vielen Bürgern der DDR als zuverlässige Informationsquelle. Als im August 1968 russische Panzer den Prager Frühling beendeten, war es der Deutschlandfunk, der berich
tete, was die offizielle DDR-Politik lieber verschwiegen hätte. Für die politische Führung der DDR war der Deutschlandfunk andererseits eine willkommene Zielscheibe medialer Angriffe und diente zur Bestätigung der eigenen Politik.
Anfang der 1970er Jahre änderte sich mit dem Abschluss der Ostverträge das politische Klima zwischen den beiden deutschen Staaten deutlich. Die harte Rhetorik gegen die DDR stand nun auch im Deutschlandfunk zunehmend in der Kritik. Das Programm begann sich inhaltlich zu öffnen und gewann so auch im eigenen Land an Bedeutung. Wer etwas zu sagen hatte, der wollte in dieses Programm. Mit einem live gesendeten Morgeninterview schuf der Deutschlandfunk dafür eine völlig neue Plattform. Und auch wenn die morgendliche Stunde bei einigen Gesprächspartnern nicht sonderlich beliebt war – Herbert Wehner und Hans-Diedrich Genscher haben sie genauso genutzt wie Johannes Rau, Norbert Blüm oder Joschka Fischer.
Mit dem Ende der DDR verlor auch der Deutschlandfunk seine Berechtigung und wurde am 1. Januar 1994 Teil einer einmaligen Rundfunkvereinigung. Der Deutschlandfunk der Bundesrepublik, der RIAS 1 mit amerikanischen Wurzeln und der ostdeutsche Deutschlandsender Kultur wurden unter dem Dach des Deutschlandradios zusammengefasst. Damit entstand die einzige nationale, öffentlich-rechtliche Hörfunkeinrichtung in der deutschen Medienlandschaft. Seit einer Programmreform im Jahr 2017 sind deren Programme als Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova bundesweit zu empfangen.
Die Programme des Deutschlandradios haben heute täglich etwa drei Millionen Zuhörer. Die Sendungen haben Fans in der gesamten Bundesrepublik und weit darüber hinaus – ganz anders als der erste Sender für Deutschland.
Über den Entwicklungspfad Deutschlandsender (1926), Deutschlandsender (1949), Stimme der DDR (1971) und Deutschlandsender Kultur (1990) ist der heutige Deutschlandfunk Kultur das einzige Rundfunkprogramm, dessen Wurzeln bis an die Wiege des Rundfunks reichen.
((Hier Bild: Zeichnung_02_Sender37_Mast17_sw))