Gesamtverteidigung stärken

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POSITION | SICHERHEITSPOLITIK | RESILIENZ

Gesamtverteidigung stärken

In Sicherheit investieren – Innovation treiben.

23. Juni 2025

Vorwort

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der wachsende Einfluss autoritärer Staaten und tiefgreifende technologische Umbrüche erfordern entschlossenes Handeln. Deutschland muss mehr für seine Sicherheit tun. Gleichzeitig macht die zunehmende Distanzierung der Trump-Administration von der etablierten Sicherheitsordnung deutlich, dass Europa insgesamt stärker gefordert ist, mehr Verantwortung für die eigene Verteidigung zu übernehmen.

Eine hohe Verteidigungsfähigkeit im Verbund mit Partnern und Verbündeten ist entscheidend, damit Deutschland in einer Welt geopolitischer und wirtschaftlicher Umbrüche souverän handeln und Stabilität in Europa sichern kann. Sie bildet das Fundament für Frieden, Freiheit und wirtschaftlichen Erfolg.

Eine starke Gesamtverteidigung geht dabei weit über das Militärische hinaus: Wirtschaft, Industrie, Forschung und Gesellschaft sind unverzichtbare Pfeiler. Alle, die zu unserer Sicherheit beitragen –Soldatinnen und Soldaten, Unternehmerinnen und Unternehmer, Investorinnen und Investoren, Entwicklerinnen und Entwickler sowie Ingenieurinnen, Ingenieure und Fachkräfte – stärken unsere wehrhafte Demokratie. Die Industrie übernimmt dabei eine zentrale Rolle: als technologischer Innovator, Produzent und Bereitsteller kritischer Güter sowie als Garant wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Resilienz.

Im Zentrum aller Bemühungen muss stehen, die deutschen Streitkräfte so auszubilden, auszustatten und zu unterstützen, dass sie ihren Primärauftrag – die Landes- und Bündnisverteidigung – jederzeit erfolgreich erfüllen können. Dafür braucht es neue Ansätze, Geschwindigkeit und strukturelle Reformen. Die Fähigkeiten des gesamten industriellen Ökosystems sollten stärker genutzt werden. Eine glaubwürdige Verteidigungsfähigkeit ist die Grundlage wirksamer Abschreckung. Dies erfordert eine dauerhaft hohe Einsatzbereitschaft.

Eine leistungsfähige industrielle Basis ist dafür unabdingbar. Mehr staatliche Investitionen in Verteidigung sind nicht nur sicherheitspolitisch notwendig, sondern auch wirtschaftlich und gesellschaftlich eine Chance: eine Chance, Innovationen branchenübergreifend voranzutreiben, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und Resilienz auszubauen. Ohne Verteidigung keine Sicherheit, ohne Sicherheit keine Freiheit – und keine prosperierende Wirtschaft. Zukunftsaussichten entstehen nur dort, wo Stabilität, Schutz und Perspektiven zusammengedacht werden Gerade vor dem Hintergrund einer

rückläufigen Nachfrage im Automobil- und Zulieferbereich gilt es, industrielle Fähigkeiten zu erhalten und neu auszurichten. „Auto2Defence“ – also die gezielte Transformation industrieller Kapazitäten –kann dabei ein Aufbruchsignal sein, um Exzellenzfähigkeiten der deutschen Industrie in sicherheitsrelevante Wertschöpfung zu überführen.

Militärische Stärke allein genügt nicht. Die Bedrohungslage ist heute komplexer und vielfältiger als je zuvor. Klassische Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit verschwimmen angesichts hybrider Angriffe, die gezielt kritische Infrastrukturen, Lieferketten und gesellschaftlichen Zusammenhalt ins Visier nehmen. Verteidigungsfähigkeit ist daher umfassend zu denken – über Truppenzahlen und reine Rüstungsproduktion hinaus.

Das traditionelle Konzept einer Trennung von innerer und äußerer Sicherheit sowie von Krieg und Frieden greift unter diesen Bedingungen zu kurz. Deutschland ist als Mitglied von NATO und EU täglich Angriffen ausgesetzt – von Cyberattacken über Desinformation bis hin zu Sabotageakten – ohne dass ein klassischer Kriegszustand besteht. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ist daher unerlässlich.

Die sicherheitspolitische Architektur Deutschlands bedarf einer Neuausrichtung und strukturellen Stärkung – als gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern sowie im engen Schulterschluss mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Der Schutz kritischer Infrastrukturen, der Aufbau belastbarer Versorgungsstrukturen und die gezielte Stärkung verteidigungsrelevanter Industriekapazitäten sind zentrale Bausteine einer wehrhaften Demokratie. Abhängigkeiten, die uns im Krisenfall schwächen, gilt es gezielt zu reduzieren – oder, wo möglich, vollständig zu beseitigen.

Deutschland ist gefordert, in Europa Verantwortung zu übernehmen – mit einer starken Industrie als Rückgrat, motiviert und gefördert durch eine zielgerichtete, schlanke Verwaltung und sinnvolle gesetzgeberische Rahmenbedingungen. Jetzt gilt es, konkrete Maßnahmen zu schaffen, mit denen Resilienz, Handlungsfähigkeit und Innovationskraft umgehend gestärkt und langfristig gesichert werden. Sicherheit ist daher ganzheitlich zu denken und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen. Dazu gehört, sich stärker auf eigene Kräfte und dauerhaft verlässliche Partner zu stützen. Es braucht ein grundsätzlich neues Mindset.

1. Einleitung

Russland will die europäische Landkarte und damit die bestehende Sicherheitsordnung Europas mit militärischer Gewalt verändern Der russische Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen die Ukraine begann bereits im Jahr 2014. Seitdem verteidigt die Ukraine nicht nur ihr eigenes Land, sondern auch unsere Freiheit, unsere Sicherheit und die gemeinsamen Werte Europas. Wir sind direkt betroffen –aktuell durch hybride Angriffe, u. a. auf die Energie- und Wasserversorgung, das Gesundheitswesen, auf Behörden, Verkehrswege und digitale Netze. Wenn wir nicht entschlossen in glaubwürdige Abschreckung und Resilienz investieren, droht uns weitaus mehr. Zugleich machen die USA unter der zweiten Trump-Administration deutlich, dass die Europäer im Rahmen der NATO zumindest auf der konventionellen Ebene ihre Rüstungsverantwortung selbst übernehmen müssen – eine Entwicklung, die mit deutlich höheren Aufwendungen als bisher verbunden sein wird.

Klar ist: Sicherheit hat nicht nur eine militärische, sondern auch eine wirtschaftliche und technologische Dimension. Sicherheitspolitik und Industriepolitik müssen daher konsequent zusammengedacht werden. Staatliche Investitionen in Verteidigung sind eine Chance. Richtig gestaltet treiben sie Innovationen an, die weit über den militärischen Bereich hinausreichen – von neuen Technologien bis zu Effizienzgewinnen in der gesamten Industrie.

Doch mehr Geld allein greift zu kurz. Erst strukturelle Reformen – etwa bei Vergabeverfahren, Kapazitätsplanung und industriepolitischer Steuerung – schaffen den notwendigen Handlungsspielraum, damit Investitionen ihre volle Wirkung entfalten können. Für eine wehrhafte Sicherheitsarchitektur sind militärische Fähigkeiten ebenso essenziell wie eine leistungsfähige, innovationsfähige, technologieorientierte und resiliente Industrie und Wirtschaft, die in eine insgesamt resilient aufgestellte Zivilgesellschaft eingebettet ist Unternehmen sind ein zentraler Pfeiler der Verteidigungsfähigkeit Mit technologischer Stärke, Knowhow, industrieller Innovationskraft und Fertigungsfähigkeiten liefern sie Lösungen, die Bundeswehr, Nachrichtendienste und unsere Partner für Abschreckung, Schutz und Einsatzfähigkeit benötigen. Gleichzeitig sind viele Unternehmen selbst Ziel sicherheitsrelevanter Bedrohungen – auch, und besonders dort, wo sie zur Einsatzfähigkeit von Streitkräften und Sicherheitsbehörden beitragen. Zugleich geraten auch Betriebe ins Visier, die essenziell für die Versorgung der breiten Bevölkerung sind – etwa aus der Energie-, Gesundheits- oder Ernährungswirtschaft. Ziel solcher Angriffe ist es oft, Verunsicherung zu schüren, staatliche Handlungsfähigkeit zu untergraben und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schwächen.

In diesem Spannungsfeld kommt den Beschäftigten in Industrie und Wirtschaft eine zentrale Rolle zu: Sie halten nicht nur kritische Produktionsprozesse am Laufen, sondern sichern auch Stabilität und Versorgung im Innern – selbst unter schwierigen Bedingungen. Industriebeschäftigte leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Resilienz – weit über ihre fachliche Rolle hinaus. Zudem stärken Unternehmen mit ihren Mitarbeitenden die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft – durch die Sicherstellung der Grundversorgung, den Schutz Kritischer Infrastrukturen und durch ihr zivilgesellschaftliches Engagement in Krisenzeiten. Eine starke und innovative Wirtschaft ist daher nicht nur eine Voraussetzung für Verteidigungsfähigkeit, sondern auch für gesamtgesellschaftliche Resilienz. Zahlreiche Industriebranchen – leisten hier bereits heute einen zentralen Beitrag

Doch um diese Schlagkraft weiter zu erhöhen, gilt es die Fähigkeit zur Produktion verteidigungsrelevanter Güter und Fähigkeiten in Deutschland systematisch und krisenfest auszubauen – über die gesamte industrielle Breite hinweg. Eine reine militärische Umwidmung bestehender Produktionslinien reicht nicht aus. Alle Wertschöpfungsbereiche - von Vertrieb, Produktmanagement, Qualitätssicherung, Personalwesen und Logistik bis hin zu den Sicherheitskonzepten, müssen mit Blick auf die

gesamtgesellschaftliche Resilienz und Verteidigungsfähigkeit weiterentwickelt und ausgerichtet werden Gerade im Bereich Logistik zeigt der OPLAN DEU, dass industrielle Leistungsfähigkeit, dezentrale Infrastruktur und schnelle Koordination im Verteidigungsfall von ausschlaggebender Bedeutung sind – und bereits heute vorausgedacht und vorbereitet werden müssen. Gleichzeitig gilt es, alle Industriezweige stärker einzubinden, um Sicherheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe fest zu verankern – sowohl im wirtschaftlichen Alltag als auch im Krisen- und Verteidigungsfall. Dafür müssen Hemmnisse zwischen Staat und Wirtschaft abgebaut werden, die bislang eine engere Kooperation und damit die gemeinsame Resilienz, Wehrhaftigkeit und Verteidigungsfähigkeit einschränken.

Die Stärkung dieser Kompetenzen und Kooperationen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die einen Mentalitätswandel und ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Risiken und Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands erforderlich macht. Dieser „Mindset Change“ bedarf der aktiven Unterstützung von Politik, Zivilgesellschaft und Verbänden. Jeder Mensch in der Industrie ist Teil unserer Gesamtverteidigung und Resilienz – als Fachkraft, als Bestandteil funktionierender Wertschöpfungs- und Lieferketten und als Bürger einer wehrhaften Demokratie.

Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten verlernt, Verteidigung und Sicherheit ganzheitlich zu denken und industriell auch darauf auszurichten. Das muss sich ändern – jetzt.

Von der Bundesregierung erwarten wir, dass sie den dafür notwendigen gesamtwirtschaftlichen Aufbruch von der Spitze her anstößt, koordiniert und konsequent vorantreibt. Dieses Positionspapier liefert dafür konkrete Impulse – für mehr Resilienz, Wehrhaftigkeit, Innovationskraft und industrielle Handlungsfähigkeit. Entscheidend ist, diese Impulse aufzugreifen und daraus ein kohärentes Konzept für eine leistungsfähige zivil-militärische Gesamtverteidigung zu entwickeln. Die Motivation der gesamten Bevölkerung zur Stärkung von Abschreckungsfähigkeit, Verteidigungsbereitschaft und Resilienz zählt zu den zentralen Führungsaufgaben der kommenden Legislaturperiode. Nur wenn dies gelingt, werden wir unser Leben in Frieden und Freiheit wie bisher fortführen können.

Die Verantwortung für Sicherheit und Resilienz liegt indes nicht allein beim Staat. Auch die Wirtschaft ist gefordert, ihre Rolle neu zu definieren – über klassische unternehmerische Verantwortung hinaus. Gesamtverteidigung bedeutet nicht nur, dass der Staat im Ernstfall auf Unternehmen zurückgreifen kann, sondern auch, dass Unternehmen sich aktiv vorbereiten, Strukturen anpassen und gemeinsam mit Behörden Vorsorge treffen. Das gilt für energieintensive Industrien ebenso wie für mittelständische Zulieferer, Transport- und Logistikunternehmen oder die digitale Wirtschaft.

Gesamtverteidigung ist eine gemeinsame Aufgabe – sie braucht eine gemeinsame Haltung.

2. Industrie als Rückgrat der Verteidigungsfähigkeit

Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie – vom Erstausrüster bis hin zum Zulieferbetrieb – trägt maßgeblich zur operativen Einsatzfähigkeit der Bundeswehr, der zivilen Blaulichtorganisationen, sowie ihrer Partner in Europa, der NATO und weltweit bei Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs, veränderter transatlantischer Dynamiken und der verschärften sicherheitspolitischen Lage in Europa ist die schnelle Bereitstellung skalierbarer Fähigkeiten essenziell.

Die Industrie kann durch Investitionen in die Serienfertigung bewährter und neuer Waffensysteme sowie weiterer einsatzrelevanter Technologien und Kapazitäten einen zentralen Beitrag leisten. Dazu gehört die gesamte Bandbreite der Ausrüstung, die Bundeswehr, Partner-Streitkräfte sowie Behörden und Organisationen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben benötigen, unter anderem gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie, Munition, Luftverteidigungssysteme, unbemannte Systeme aller Klassen, SoftwareDefined Defence1, KI-Anwendungen, Kommunikations- und Aufklärungstechnik, Logistiklösungen, maritime Fähigkeiten einschließlich Überwasser- und Unterwasserplattformen, sowie weltraumgestützte Fähigkeiten. Eine traditionell enge Zusammenarbeit entlang der industriellen Wertschöpfungskette –von Systemhäusern über Zulieferer und Mittelstand bis hin zu Start-ups – ermöglicht es, Innovationen rasch zur Einsatzreife zu bringen und Produktionskapazitäten flexibel an veränderte Bedarfe anzupassen. Dabei geht es in einem ersten Schritt um Systeme mit robuster Wirkfähigkeit, die kurzfristig für die Bundeswehr verfügbar gemacht werden können

2.1 Verteidigungsinvestitionen: Impulsgeber für Innovation

Technologische Souveränität sichern – Dual-Use stärken Technologische Souveränität2 ist Voraussetzung für Verteidigungsfähigkeit. Die Reduzierung strategischer Abhängigkeiten stärkt nicht nur die Widerstandsfähigkeit Deutschlands und Europas – auch jenseits des Verteidigungsfalls –, sondern macht uns zugleich zu einem attraktiveren, verlässlicheren Partner in internationalen Allianzen, insbesondere im transatlantischen Verhältnis. Digitale Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Cloud-Systeme, Cybersicherheit und sichere Kommunikation sind dabei grundlegend – militärisch wie zivil. Dual-Use-Innovationen leisten nicht nur einen sicherheitspolitischen Beitrag, sondern stärken zugleich die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. In digitalen Märkten mit starker Konzentration auf wenige internationale Anbieter hat sich über Jahre hinweg eine strukturelle Abhängigkeit aufgebaut. Um hier gegenzusteuern, braucht es eine gezielte staatliche Flankierung – etwa durch eine strategische Rolle des Staates als Ankerkunde für vertrauenswürdige europäische Lösungen. Eine stärkere europäische Technologiekompetenz macht Europa nicht nur resilienter, sondern auch zu einem gleichberechtigteren Akteur in der transatlantischen Sicherheits- und Technologiekooperation. Technologische – und insbesondere digitale – Souveränität ist keine einmalige Zielmarke, sondern eine dauerhafte strategische Aufgabe. Der Staat trägt die Verantwortung, diesen Prozess in seiner Rolle als Ordnungskraft verlässlich zu steuern – durch gezielte Rahmenbedingungen, Förderung vertrauenswürdiger Technologien und die konsequente Durchsetzung hoher Sicherheits- und Qualitätsstandards. Die Fähigkeit, technologische und datensouveräne

1 D.h. durch digitale Anwendungen erbrachte, erweiterte oder kontinuierlich angepasste Fähigkeiten. Diese ergänzen die zuvor oft strikt an bestimmte Hardware gebundenen Eigenschaften von Systemen. Prozessuale Innovationen und kulturelle Anpassungen beschleunigen dies zusätzlich.

2 Technologische Souveränität bezeichnet in diesem Sinne die Fähigkeit zum selbstbestimmten Einsatz von Technologien. Technologisch souveräne Systeme verfügen bei Schlüsseltechnologien und -kompetenzen, entsprechenden Diensten und Plattformen über eigene Fähigkeiten auf internationalem Spitzenniveau. Sie sind darüber hinaus in der Lage, selbstbestimmt und selbstbewusst zwischen Alternativen leistungsfähiger und vertrauenswürdiger Partner zu entscheiden, sie bewusst und verantwortungsvoll einzusetzen und sie im Bedarfsfall weiterzuentwickeln und zu veredeln. Nicht zuletzt sind souveräne Systeme in der Lage, ihr Funktionieren im Innern zu sichern und ihre Integrität nach außen zu schützen.

Handlungsoptionen zu erhalten und auszubauen, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wehrhaftigkeit und die Verteidigung demokratischer Strukturen in einer zunehmend systemisch umkämpften Welt. Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in militärischen Systemen wirft zudem grundlegende ethische Fragen auf – insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von Mensch und Maschine. Diese Fragen sollten frühzeitig, verantwortungsvoll und unter Einbindung von Politik, Gesellschaft und Industrie diskutiert werden.

Innovationskraft als Fundament der Verteidigungsfähigkeit

Deutschland ist gefordert, seine industrielle und technologische Basis konsequent weiterzuentwickeln, um langfristig verteidigungs- und innovationsfähig zu bleiben. Geld allein reicht hierfür nicht. Es braucht vielmehr eine gezielte Erschließung der Innovationskraft des gesamten industriellen Ökosystems –von etablierten Unternehmen bis hin zu Start-ups. Besonders relevant ist dies in Hochtechnologiebereichen wie der Mikroelektronik, Luft- und Raumfahrt, unbemannten Systemen und Robotik, in denen der Technologietransfer zwischen Verteidigung und zivilem Sektor intensiviert werden sollte.

Industrielle Schlüsselbereiche absichern

Die sicherheitsrelevanten Technologien der Verteidigungsindustrie beruhen auf Vorleistungen zahlreicher zivilindustrieller Kernbranchen, etwa dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektro- und Automatisierungstechnik, der Chemie- und Werkstoffindustrie, der Stahl- und Metallverarbeitung, der Optik, der Halbleitertechnik sowie der industrielle Softwareentwicklung. Diese Bereiche liefern elementare Komponenten, Materialien und Baugruppen – sie sind ein elementarer Baustein dafür, dass militärische Systeme entwickelt, produziert und instandgesetzt werden können. Ihre frühzeitige Einbindung, Absicherung und verlässliche Lieferfähigkeit sind zentral für eine funktionierende Gesamtverteidigung. Eine Stärkung des industriellen Standorts ist die Voraussetzung für glaubwürdige Verteidigungsfähigkeit: Strategische Versorgung setzt stabile Lieferketten und industrielle Kapazitäten bereits in Friedenszeiten voraus.

Innovationsfreundliche Strukturen für wirksame Investitionen Ohne strukturelle Reformen bleibt das Potenzial zusätzlicher Mittel weitgehend ungenutzt. Agilität in der Anpassung an technologische Entwicklungen ist für moderne Streitkräfte unerlässlich. Dafür braucht es innovationsfreundliche Rahmenbedingungen, beispielsweise durch den gezielten Abbau bürokratischer Hürden bei öffentlichen Ausschreibungen, die sich auch in der Beschaffung und Finanzierung neuer Technologien widerspiegeln müssen. Planungs- und Beschaffungsprozesse müssen schlanker und flexibler und deutlich innovationsorientierter werden. Eine enge Verzahnung von Verteidigungs-, Sicherheit- und Industriepolitik ist unerlässlich, um technologische Abhängigkeiten zu reduzieren und eigene Fähigkeiten auszubauen. Gleichzeitig gilt es, aus früheren Projekten die richtigen Lehren zu ziehen – mit realistischen Zeitplänen sowie der Bereitschaft, Verfahren agiler, technologieoffen und flexibel umzusetzen – in enger Abstimmung aller beteiligten Partner

Langfristige Finanzierungs- und Beschaffungsprozesse sicherstellen Um das Potenzial unserer Industrie voll auszuschöpfen, sind langfristig stabile Finanzierungs- und Beschaffungsprozesse erforderlich. Die nun zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel für Sicherheit und Verteidigung sind dauerhaft abzusichern und haushalterisch überjährig sowie flexibel nutzbar zu gestalten Langfristige Verpflichtungsermächtigungen sind essenziell, um der Industrie Verlässlichkeit für Investitionen in Kapazitäts- und Fähigkeitsaufbau – einschließlich industrieller und technologischer Reserven – zu bieten. Dazu gehören etwa vorgehaltene Produktionslinien, hochspezialisiertes Knowhow oder resiliente Zulieferstrukturen Ziel ist eine verbindliche, mehrjährige Beschaffungsplanung, die entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette Planbarkeit schafft. Besondere Nischenbereiche, in denen eine langfristig gesicherte Entwicklung notwendig, aber aufgrund begrenzter

Marktgröße nicht wirtschaftlich tragfähig sind – etwa im Bereich des Geheimschutzes – sollten durch gesicherte Abnahmezusagen abgestützt werden.

Höhere Verteidigungsausgaben als Innovationsmotor

Höhere Verteidigungsausgaben eröffnen die Chance, gezielt in eigene und innovative Zukunftstechnologien zu investieren. Entscheidend ist dabei nicht nur das Volumen, sondern vor allem die strategische Ausrichtung und Effizienz der Mittelverwendung. Investitionen in Schlüsseltechnologien und industrielle Kernfähigkeiten mit großer, auch ziviler Anwendungsbreite, schaffen langfristigen volkswirtschaftlichen Mehrwert. Rund 40 Prozent jedes hierfür eingesetzten Euros fließen über Steuern, Abgaben und Wertschöpfung zurück in die Staatskasse – ein Effekt, der bei Auslandsbeschaffungen weitgehend ausbleibt Die Basis für die robuste Nutzung all dieser Technologiebereiche ist zudem ein starkes und vertrauenswürdiges Cybersicherheitsökosystem.

Vergabeprozesse modernisieren und beschleunigen Gleichzeitig müssen Vergabeprozesse reformiert und umfassend digitalisiert werden, um Aufträge schneller und zielgerechter erteilen zu können. Technologische Agilität und eine frühzeitige Einbindung der Industrie, etwa über Innovations- und Fertigungspartnerschaften, sind der Schlüssel dafür, marktverfügbare Technologien schneller einsatzbereit zu machen und Entwicklungszyklen zu verkürzen.

Eine Aufweitung der für den Verteidigungsbereich verfügbaren Vergabeverfahrensarten – insbesondere um die Innovationspartnerschaft – sowie die Anhebung der 25-Millionen-Grenze auf mindestens 100 Millionen Euro, unter Berücksichtigung von Inflation und technologischer Entwicklung, sind hierfür zentral.3 Einmal bewilligte Waffensysteme sollten ohne erneute Parlamentsvorlagen um notwendige Komponenten wie Ersatzteile, Bewaffnung und Schulungssysteme ergänzt werden können, um den Prozess zu beschleunigen. Marktverfügbare Technologien müssen zeitnah in die Truppe gelangen. Bei Schlüsseltechnologien, wie sie in der Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsstrategie definiert sind, sollten nationale Vergaben gemäß Art. 346 AEUV in Verbindung mit einer Anpassung von § 107 Abs. 2 GWB proaktiv genutzt werden. Ausbildungsleistungen sollten in den Anwendungsbereich des Bundeswehrbeschleunigungsgesetzes aufgenommen werden, sofern sie unmittelbar der Herstellung von Kriegstauglichkeit und glaubhafter Abschreckungsfähigkeit des Personals dienen.

Industrie, Forschung und Militär vernetzen

Zudem wird eine engere Verzahnung von Forschung, Entwicklung, Produktion, Betrieb und Wartung den Standort Deutschland stärken. Neue Formen der Kooperation zwischen Industrie, Militär und Forschung sind erforderlich, um Synergien zwischen ziviler und militärischer Anwendung besser zu nutzen. Innovationscluster, in denen Forschung, Entwicklung und Anwendung räumlich und organisatorisch eng zusammenwirken, haben sich international bewährt, um technologische Fortschritte beidseitig schneller nutzbar zu machen. Zugleich gilt es, militärisch relevante Forschung strategisch weiterzuentwickeln und gezielt zu fördern – insbesondere in sicherheitskritischen Schlüsseltechnologien. Dazu gehört, die Bundeswehr stärker mit akademischer Forschung zu vernetzen und bestehende institutionelle Hürden, etwa durch sogenannte Zivilklauseln, auf ihre Zukunftsfähigkeit zu prüfen. Die gedankliche und organisatorische Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung sollte überwunden werden. Sicherheit und Innovation gehören zusammen. Die Bundeswehr kann dabei als strategischer Ankerkunde gezielt Innovationen fördern und beschleunigen. Eine strukturierte

3 Die ursprüngliche Vorlagegrenze wurde 1981 bewusst so bemessen, dass marktübliche Einzelbeschaffungen oder kleinere Lose nicht automatisch der Einzelvorlagepflicht unterlagen. Mit den seither deutlich gestiegenen Systemkosten und der technologischen Entwicklung ist diese Logik heute ohne Anpassung nicht mehr anwendbar. Eine Erhöhung der Grenze dient daher der Wiederherstellung praktikabler Verfahren und einer angemessenen Parlamentsbeteiligung.

Forschungsförderung, analog zur zivilen Innovationsförderung, würde militärische Forschung und Entwicklung in Deutschland langfristig verankern und zur technologischen Souveränität beitragen.

Forschungssicherheit ausbauen

In der Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik muss eine Balance zwischen gezielter Förderung und dem Schutz vor Risiken des Technologieabflusses gefunden werden. Forschungsprozesse und internationale Kooperationen müssen sich weiterhin frei entfalten können – gerade um exzellente Ergebnisse in sicherheitsrelevanten Technologien zu erzielen. Eine Sensibilisierung der gesamten Forschungsgemeinschaft für mögliche Risiken ist ebenso notwendig wie der Erhalt der Offenheit und Freiheit der Forschung. Maßnahmen zur Stärkung der Forschungssicherheit sollten deshalb gezielt Risiken adressieren, ohne dabei EU-ansässige Unternehmen zu belasten oder zusätzlichen administrativen und bürokratischen Aufwand zu verursachen.

Innovationen aus dem kommerziellen Bereich nutzen

Agilität in der Anpassung an technologische Entwicklungen ist für moderne Streitkräfte von entscheidender Bedeutung. Die Innovationskraft des gesamten deutschen industriellen Ökosystems, inklusive Start-ups, sollte für die Bundeswehr besser erschlossen werden, insbesondere in Schlüsseltechnologien wie Raumfahrttechnologien und unbemannten Systemen oder Robotik. Dazu braucht es eine agilere, effizientere Beschaffung und gezielte Unterstützung durch die Bundesregierung. Die Beschaffungsprozesse müssen an die Dynamik innovativer Unternehmen angepasst werden – Schnelligkeit, Flexibilität und Kreativität sind entscheidend. Als Ankerkunde kann die Bundeswehr zudem einen wichtigen Beitrag zur Förderung neuer Technologien leisten. Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr sollte vor diesem Hintergrund gestärkt werden. Zudem sollte der Space Innovation Hub der Bundesregierung im Geschäftsbereich des BMVg angesiedelt werden, um kommerzielle Space-Fähigkeiten schneller und effizienter für die Bundeswehr nutzbar zu machen. Die Hubs sollten Aufträge direkt und unbürokratisch vergeben dürfen. Gleichzeitig gilt es sicherzustellen, dass bereits bestehende, marktreife nationale Lösungen gezielt weiterentwickelt und integriert werden. So können vorhandene Innovationspotenziale effizient ausgeschöpft und unnötige Doppelentwicklungen vermieden werden. Darüber hinaus braucht es ergänzende Forschungsinstrumente für sicherheitsrelevante Anwendungen, um technologische Impulse frühzeitig auch für den militärischen Bedarf zu erschließen und zu testen

Das geplante Innovationszentrum der Bundeswehr in Erding ist vor diesem Hintergrund ein Schritt in die richtige Richtung

2.2 Verteidigungsindustrie stärken: gemeinsam in Europa, entschlossen in Deutschland

Europäische Rüstungskooperation strategisch ausbauen

Eine starke, technologisch souveräne Verteidigungsindustrie ist die Basis glaubwürdiger Abschreckung – national und europäisch. Für eine wirksame Sicherheits- und Verteidigungspolitik müssen die EU-Mitgliedstaaten – namentlich Deutschland – die Führung übernehmen, unterstützt durch Anreize und flankierende Maßnahmen der EU. Eine leistungsfähige europäische Verteidigungsindustrie braucht gezielte Investitionen in europäische Produkte und Fähigkeiten sowie eine verlässliche Planung der Mitgliedsstaaten. Ein zentraler Hebel dafür ist die Harmonisierung der Anforderungen und der Nachfrage: Ein abgestimmtes Vorgehen bei der Rüstungsbeschaffung kann Kosten senken, die Interoperabilität verbessern und eine nachhaltige industrielle Basis sichern. Ein klarer politischer Wille der großen EU-Staaten ist notwendig, um die NATO-Ausrüstungsverpflichtungen gemeinsam zu erfüllen. Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Polen sollten einen 20-jährigen „Rüstungs - Bebauungsplan“ entwickeln, in den auch kleinere Mitgliedstaaten als Nutzer, Zulieferer oder Produzenten integriert werden können

Unabhängigkeit durch europäische Zusammenarbeit erhöhen Um Fähigkeiten in Schlüsselbereichen zu erhalten und auszubauen, Fremdleistungen zuverlässig einschätzen und sich verlässlich für deren Nutzung entscheiden zu können, braucht es verstärkte europäische Kooperationen sowie die gezielte Förderung nationaler Produktionskapazitäten und -fähigkeiten zur schnellen Skalierung militärischer Bedarfe. Durch koordinierte Wartungsprozesse in gemeinsamen Instandsetzungszentren lässt sich die Verfügbarkeit militärischer Systeme deutlich verbessern. Möglichkeiten zur stärkeren Harmonisierung relevanter industrieller Standards im Rüstungs- und zivilen Bereich sollten geprüft werden, um insbesondere für mittelständische Zulieferer einen reibungsloseren Übergang in sicherheitsrelevante Wertschöpfung zu ermöglichen. Parallel dazu sollten gezielte Anreize geschaffen werden, um europäische Wertschöpfungsketten in sicherheitskritischen Bereichen abzusichern und den Technologietransfer innerhalb Europas zu erleichtern So wird die Wertschöpfung auf ein breites industrielles Fundament gestellt. Der Beitritt weiterer Länder – etwa Großbritanniens, Italiens oder der Niederlande – zum deutsch-französisch-spanischen Abkommen über Ausfuhren im Rüstungsbereich wäre gerade für die Zulieferindustrie ein wichtiger Schritt hin zu verlässlichen Exportbedingungen. Im Rahmen des Abkommens haben sich die beteiligten Länder auf den Export von gemeinsam entwickelten und hergestellten Rüstungsgütern in Drittstaaten verständigt.

Rüstungsexporte gezielt strategisch nutzen

Rüstungsexporte sind wirtschaftlich bedeutsam und ein strategisches Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik – etwa zum Aufbau und zur Stärkung internationaler Partnerschaften. Gleichzeitig tragen sie zur Auslastung und Vorhaltung nationaler Produktionskapazitäten bei. Die Bundesregierung sollte daher den Rüstungsexport stärker aktiv politisch unterstützen. Dazu sollte sie Government-toGovernment-Instrumente schaffen und Kompetenzen beispielsweise in einer eigenen Rüstungsexportagentur bündeln. Eine stärkere Annäherung an die Exportstandards europäischer Partner kann zudem die Position Deutschlands als verlässlicher Kooperations- und Exportpartner weiter festigen. Nationale, nicht mit den europäischen Partnern abgestimmte, restriktive Sonderregeln bergen das Risiko, dass Deutschland als Partner im Bereich der Rüstungskooperation sowie bei europäischen Forschungs- und Entwicklungsprogrammen gemieden wird. Ein bislang unterschätzter Hebel ist zudem die strategische Nutzung von Fachmessen im In- und Ausland. Sie schaffen Sichtbarkeit und öffnen Türen zu potenziellen Partnern auf sicherheitsrelevanten Märkten. Der Zugang zu außenwirtschaftlichen Förderinstrumenten wie dem Auslandsmesseprogramm (AMP) sollte daher auch für Firmen mit Ausstellungsgütern aus dem Verteidigungs- und Dual-Use-Bereich offenstehen.

Technologische Souveränität europäisch sichern

Deutschland sollte bei europäischen Kooperationen sicherstellen, dass diese nicht zu neuen Abhängigkeiten führen, sondern industrielle Eigenständigkeit und technologische Souveränität gezielt stärken. Stichworte sind hierbei „European preference“ und „Design authority“. Politische und militärische Souveränität beruht wesentlich auf technologischer Unabhängigkeit – insbesondere bei sicherheitsund verteidigungsindustriellen Schlüsseltechnologien wie Informations- und Kommunikationstechnologien, Künstlicher Intelligenz, Marine- und Behördenschiffbau, gepanzerten Fahrzeugen, Sensorik und elektromagnetischem Kampf. Sie zählen zu den Kernfähigkeiten, die für den Erhalt technologischer und wehrtechnischer Souveränität ausschlaggebend sind. Hierbei sollte die Bundesregierung eine aktive Führungsrolle in Europa übernehmen – insbesondere für jene nationalen „Schlüsseltechnologien“, die in der „Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie“ vom Dezember 2024 definiert wurden. Neben der Fähigkeit zur Entwicklung, Produktion und Nutzung ist auch die Fähigkeit zentral, diese mit Technologien vom Weltmarkt zu vertrauenswürdigen Systemen zu integrieren, zu betreiben und weiterzuentwickeln.

Europäische Innovationsförderung wirksam gestalten

Europäische Forschungs- und Entwicklungsprogramme – allen voran der European Defence Fund (EDF) – bieten die Chance, verteidigungsrelevante Zukunftstechnologien systematisch aus Europa heraus voranzubringen. Da nationale und europäische F&E-Investitionen bislang (noch) nicht ausreichend synchronisiert sind, sollte die dafür notwendige nationale Ko-Finanzierung durch einen eigenen, klar ausgewiesenen Bundeshaushaltstitel abgesichert werden. Nur so lassen sich Förderzusagen verlässlich und zügig umsetzen, Synergien mit EU-Mitteln tatsächlich heben und bürokratische Hürden auf nationaler Ebene abbauen. Gleichzeitig kann so mehr Planungssicherheit für Industrie und Forschung geschaffen werden. Darüber hinaus sind verlässliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Beschaffung europäischer Verteidigungsgüter weichenstellend. Die EU-Kommission kann hierbei eine unterstützende Rolle übernehmen – etwa durch die Harmonisierung technischer Vorschriften, Abnahmeprozesse und Anforderungen an Lieferketten. Einheitliche Standards schaffen Vertrauen, senken Kosten und machen europäische Rüstungsprojekte leistungsfähiger und besser skalierbar. Maßnahmen wie der Act in Support of Ammunition Production (ASAP), der European Defence Industry Reinforcement through Common Procurement Act (EDIRPA) sowie die im White Paper und im ReArmPlan vorgestellten Instrumente zur Finanzierung des Kapazitätsausbaus und der gemeinsamen Beschaffung von Fähigkeiten weisen in die richtige Richtung. Entscheidend ist, dass die Mitgliedstaaten dabei in Führung gehen – allen voran Deutschland, gemeinsam mit der deutschen Industrie, als Rahmennation.

Mittelstand durch Bürokratieabbau stärken

Der Mittelstand bildet das Rückgrat der deutschen Industrie und ist ein entscheidender Innovationsmotor. Gezielte Bürokratieentlastungen und realistische Finanzierungsbedingungen, etwa durch eine Anpassung der Vorauszahlungs- und Haftungsregelungen, sind erforderlich, um Planungssicherheit insbesondere für KMU zu schaffen und so deren Beteiligung an verteidigungsrelevanten Projekten zu erleichtern. Für deutsche KMU, die bisher ausschließlich im zivilen oder Dual-Use-Bereich tätig sind, gilt es darüber hinaus, die bürokratischen Hürden zu senken, um Komponenten für die Sicherheitsund Verteidigungsindustrie zu produzieren und innerhalb Europas zu transportieren. Weiterhin erschweren bürokratische Hürden im Rahmen des Forschungszulagengesetzes (FZulG) nationale Forschungsvorhaben. Der Nachweis der Förderfähigkeit hängt stark vom Ermessen der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) ab, was Unsicherheiten schafft. Insbesondere bei komplexen Projekten erfolgt häufig keine eindeutige Zuordnung zu förderfähigen Kategorien, was den Prozess erheblich verlängert. Die Forschungszulage unterstützt die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, die sich durch gezielte Optimierungen – etwa verlässlichere Kriterien, technologieoffene Ausgestaltung und eine Überprüfung der Fördergrenzen mit Blick auf forschungsintensive Vorhaben im sicherheitsrelevanten Bereich noch besser entfalten könnte. Auch kooperative Formate zwischen Industrie und Wissenschaft – etwa im Rahmen der Industriellen Gemeinschaftsforschung – können dabei als technologieoffene Brücke zwischen sicherheitsrelevanter Forschung und industrieller Wertschöpfung dienen.

Regulatorische Belastungen reduzieren

Alle Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere – sind durch Lieferkettensorgfaltspflichten sowie durch „grünes“ Accounting überproportional belastet. Gezielte Entlastungen bei der Anwendung von Regelwerken wie der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), wie sie die EU-Kommission im Zuge einer geplanten „Defence Omnibus Regulation“ für die Verteidigungsindustrie vorsieht, sind notwendig, um negative Auswirkungen auf die Rüstungsproduktion zu vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Zur Erreichung nationaler und digitaler Souveränität ist sicherzustellen, dass ein höherer Anteil der Beschaffungsbudgets – insbesondere bei den in der Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie definierten Schlüsseltechnologien – in

der deutschen Industrie verbleibt. Bei Auslandsbeschaffungen ist eine nationale Beteiligung unerlässlich – etwa über geeignete Liefer- und Leistungspakete sowie durch Sicherstellung der nationalen Betreuungsfähigkeit – um Versorgungssicherheit, Reaktionsfähigkeit und die Einbindung nationaler Schlüsselindustrien in europäische Kooperationen zu gewährleisten.

Darüber hinaus sollten sich rechtliche Rahmenbedingungen für die Zulassung und den Betrieb verteidigungsrelevanter Systeme konsequent am konkreten militärischen Einsatzzweck orientieren – und nicht an zivilen Vorgaben wie der allgemeinen Arbeitsschutzgesetzgebung, die für den Gefechtsbetrieb oft ungeeignet sind. Eine entschlackte, einsatzorientierte Regulierung kann die Systemkosten erheblich senken und gleichzeitig die Einsatzfähigkeit und die Kampfkraft erhöhen

Rüstung als Baustein von Nachhaltigkeit anerkennen

In der EU-Kommunikation zur „European Defence Industrial Strategy“ vom 5. März 2024 heißt es, dass die Verteidigungsindustrie – sofern sie sich auf zulässige, nicht völkerrechtlich geächtete Waffen beschränkt – einen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Sinne der EU-Ziele leistet. Das „Joint White Paper for European Defence Readiness 2030“ vom 19. März 2025 bleibt indes hinter diesem Anspruch zurück. Dort heißt es lediglich: „The EU’s Sustainable Finance Disclosures Regulation (SFDR) does not prevent the financing of the defence sector. However, both the finance and defence sector may benefit from additional clarification on the application of the SFDR. The Commission will provide the necessary clarification in the context of the review of the SFDR, on the relationship of defence with the investment goals of the sustainability framework“ Diese Formulierungen sind zu vage, um Banken und Investmentfonds davon zu überzeugen, dass Rüstung für EU- und NATO-Streitkräfte unmittelbar zur Sicherung von Frieden und Sicherheit – und damit zur nachhaltigen Erhaltung unserer Lebensgrundlagen, auch für kommende Generationen, beiträgt Auch die Reporting-Verpflichtungen nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bedürfen einer Anpassung. Denn Rüstungsgüter können ihren Abschreckungs- und Einsatzzweck oft nur dann erfüllen, wenn sie weiterhin mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Dem sollte durch eine eindeutige Ausnahmevorschrift Rechnung getragen werden. Andernfalls droht, dass sich der Finanzsektor in Europa bis 2050 erneut von der Rüstungsindustrie abwendet – allein, weil deren Beitrag zur Sicherheitsvorsorge nicht mit klassischen Nachhaltigkeitskriterien wie Emissionsreduktion oder Klimaneutralität messbar ist.

2.3 Wirtschaftliches und verteidigungspolitisches Potenzial von Raumfahrt nutzen

Raumfahrt als strategische und gesamtwirtschaftliche Schlüsselbranche Raumfahrt ist von strategischer Bedeutung für industrielle Stärke, technologische Souveränität und geopolitische Handlungsfähigkeit. Ihre Schlüsselrolle reicht weit über den Raumfahrtsektor hinaus: Sie ist Motor für Innovationen einer neuen Generation von Produktionssystemen mit künstlicher Intelligenz, Garant für resiliente Infrastruktur, Grundlage für neue Geschäftsmodelle und Katalysator für Wertschöpfung in nahezu allen Industriezweigen. Die zunehmende Kommerzialisierung und Verzahnung von Raumfahrt mit anderen Branchen werden gemeinhin als NewSpace bezeichnet. Weltraumfähigkeiten sind somit essenziell für die Verteidigungsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität Deutschlands. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Folgen der Abkoppelung von US-amerikanischen Systemen zeigen, von welch entscheidender Bedeutung satellitengestützte Kommunikation, Aufklärung und Navigation für militärische und nachrichtendienstliche Operationen sind. Einsätze der Bundeswehr sind ohne Weltraumsysteme heute nicht mehr denkbar. Ebenso ist eine Vielzahl ziviler Nutzer auf weltraumgestützte Dienste angewiesen – etwa in der Satellitenkommunikation oder bei der GNSS-basierten Steuerung von Industrieanlagen Ein Ausfall dieser Dienste hätte tiefgreifende Auswirkungen auf das digitalisierte Alltags- und Wirtschaftsleben. Deutschland sollte daher gezielt in militärische Raumfahrtkapazitäten sowie in Responsive Space-Fähigkeiten investieren, um Satelliten

und weltraumgestützte Dienste unabhängig, flexibel und bedarfsgerecht einsetzen, ausbauen und auch aktiv im Sinne der nationalen Sicherheit schützen zu können. Um die immer kürzeren technologischen Innovationszyklen und fortlaufende Technologieweiterentwicklungen in die Systeme der Bundeswehr zu überführen, ist der Einstieg in rollierende Beschaffungen für ausgewählte Technologiefelder im Geschäftsbereich BMVg erforderlich.

Europäische Souveränität im Weltraum schaffen

Europa benötigt einen eigenständigen Zugang zum All. Dazu gehören unterschiedliche Trägersysteme und Startmöglichkeiten – auch in EU-Kontinentaleuropa. Die deutsche Nordsee eignet sich geografisch sehr gut für den Start von kleinen Trägersystemen in polare- und sonnensynchrone Orbits, die vor allem für Aufklärungs- und Kommunikationssatelliten relevant sind. Die privatwirtschaftliche Initiative für eine Startplattform in der Nordsee sollte deshalb durch eine staatliche Nutzung gestärkt werden. Sie sollte zudem als Basis für eine deutsche Responsive Space Fähigkeit für Europa genutzt werden Dies würde den europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guyana sinnvoll ergänzen. Darüber hinaus sollte Deutschland seine Investitionen in Raumfahrtanwendungsprogramme wie Erdbeobachtung, Satellitennavigation, Satellitenkommunikation und Frühwarnung deutlich ausbauen. Dies stärkt sowohl die industrielle Wertschöpfung als auch sicherheitsrelevante Fähigkeiten. Auch die Beteiligung an privatwirtschaftlich entwickelten Raumstationen zur Nachfolge der ISS ist zentral, um Europas astronautische Präsenz im niedrigen Erdorbit langfristig zu sichern. Deutschland sollte sich dabei als Ankerkunde gezielt Nutzungsmöglichkeiten sichern und so die Kommerzialisierung der Raumfahrt im Sinne des NewSpace-Ansatzes aktiv vorantreiben. Nicht zuletzt sollte Deutschland eine führende Rolle bei der strategischen Weiterentwicklung europäischer Exploration und internationaler Kooperationen einnehmen – insbesondere mit Blick auf die geostrategische Bedeutung des Mondes und den wachsenden globalen Wettbewerb im All.

Investitionen strategisch ausrichten und erhöhen

Der Abstand in der Raumfahrt zwischen Deutschland und Europa auf der einen Seite und den USA aber auch aufstrebenden Wettbewerbern wie China und Indien andererseits wächst zunehmend. Bleiben ambitionierte Investitionen weiterhin aus, droht Deutschland und Europa ein weiterer Verlust technologischer Souveränität Klar definierte technologische Schlüsselfähigkeiten und nationale Raumfahrtmissionen sollten als Basis für eine kontinuierliche Aufstockung des nationalen Raumfahrtbudgets dienen. Ziel muss sein, Wachstum und Innovation zu fördern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu sichern. Deutschland sollte bei Investitionen in die Raumfahrt auf Augenhöhe mit den anderen großen europäischen Raumfahrtnationen Frankreich und Italien agieren. Als größte Volkswirtschaft in Europa sollte Deutschland auch größter Partner bei der European Space Agency (ESA) sein und daraus entsprechenden Nutzen ziehen Auf der ESA-Ministerratskonferenz gilt es, ambitionierte Entscheidungen zu treffen und strategische Programme zu zeichnen. Gleichzeitig sollte frühzeitig an der Ausgestaltung des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens der EU gearbeitet werden – inklusive eines deutlichen Ausbaus des EU-Weltraumprogramms und der europäischen Verteidigungsinitiativen.

Raumfahrt durch Aufträge statt Subventionen stärken

Auch im Zeitalter von NewSpace bleibt Raumfahrt ein strategisches Dual-Use-Feld, in dem der Staat als Auftraggeber und Regulator eine zentrale Rolle spielt. Der wirksamste Weg, Innovationen zu fördern, ist die gezielte Vergabe von Aufträgen an private Unternehmen sowie die aktive Vermeidung potenzieller Konflikte zwischen staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen und der Industrie. Bund, Länder und Kommunen sollten verstärkt weltraumgestützte Produkte und Dienstleistungen für ihren eigenen Bedarf nutzen. Die Fähigkeiten des gesamten Raumfahrt-Ökosystems sollten hierfür genutzt werden. Dabei ist besonders auf nationale industriepolitische Souveränität zu achten. Im

Rahmen fairer Wettbewerbsverfahren sollten auch kommerzielle Fähigkeiten stärker einbezogen werden. Dies schafft die Grundlage für ein wettbewerbsorientiertes Raumfahrt-Ökosystem und beschleunigt den Transfer von Innovationen in die Praxis. Gleichzeitig profitieren staatliche Stellen unmittelbar von innovativen Produkten und Dienstleistungen – und treiben so die Digitalisierung in Verwaltung, Infrastruktur und Sicherheit aktiv voran.

Raumfahrt strategisch verankern, politisch umsetzen

Die Entscheidung der neuen Bundesregierung, die Zuständigkeiten für die zivile Raumfahrt in einem Ministerium zu bündeln und dies auch im Namen sichtbar zu machen, ist ein starkes Signal. Sie verleiht dem Thema mehr politische Sichtbarkeit und Gewicht. Im neuen Zuschnitt der Ministerien darf Raumfahrt jedoch nicht vorrangig als Forschungsthema verstanden werden – das wäre ein Rückschritt im NewSpace-Zeitalter. Denn heute sind technologische Innovation, industrielle Skalierung und sicherheitsrelevante Anwendungen eng miteinander verknüpft. Gleichzeitig braucht es eine stärkere Verzahnung ziviler und militärischer Raumfahrtaktivitäten. Die künstliche Trennung zwischen ziviler und militärischer Weltraumforschung und -nutzung sollte überwunden werden. Die geplante Stärkung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) sowie der Ausbau des nationalen Raumfahrtprogramms sind richtige und notwendige Schritte. Sie müssen jedoch mit steigenden Investitionen und einer klaren strategischen Ausrichtung unterlegt werden.

2.4 Rohstoffsicherheit als Grundlage industrieller Handlungsfähigkeit

Strategische Rohstoffversorgung sicherstellen

Rohstoffsicherheit ist von zentraler Bedeutung für die Industrie im Allgemeinen, die Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeit im Besonderen. Aber die Sicherung der Versorgung der deutschen Industrie mit kritischen Rohstoffen ist massiv gefährdet. Deutschland sollte seine Rohstoffstrategie daher ganzheitlich ausrichten und mit klaren Maßnahmen, auch im Bereich der Lieferkettensicherheit und deren Schutzes, unterlegen Hierzu zählt auch, die eigenen Interessen klar im Bereich der Rohstoffversorgung zu benennen und einzufordern.

Einseitige Rohstoffabhängigkeiten reduzieren

Hohe Marktkonzentrationen in risikoreichen Ländern machen Europa anfällig für geopolitische Spannungen und absehbare Angebotsengpässe. Um den steigenden Bedarf an kritischen Rohstoffen für die doppelte Transformation (Digitalisierung und Dekarbonisierung) sowie für den Luft-, Raumfahrtund Rüstungssektor zu decken und Risiken abzusichern, müssen Lieferketten diversifiziert werden

Dazu braucht es eine stärkere staatliche Flankierung.

Heimische Förderung und Weiterverarbeitung ausbauen

Ein zentraler Bestandteil künftiger Rohstoffpolitik ist die Stärkung der heimischen Rohstoffproduktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Gewinnung über die Weiterverarbeitung bis hin zum Recycling. Notwendig sind dafür gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung. Entscheidend ist, dass sich die Rohstoffpolitik nicht auf einige wenige sogenannte „kritische Rohstoffe“ beschränkt, sondern alle systemrelevanten heimischen Ressourcen in den Blick nimmt und fördert. Neben der Absicherung von Risiken und der Diversifizierung von Bezugsquellen eröffnen sich dadurch neue Geschäftsmodelle, zusätzliche Wertschöpfungsketten und zukunftsfähige Arbeitsplätze in strategisch wichtigen Märkten. Ein wesentlicher Hebel ist außerdem der konsequente Ausbau der Kreislaufwirtschaft – insbesondere durch zirkuläre Geschäftsmodelle, die Importabhängigkeiten verringern und so zur wirtschaftlichen Resilienz beitragen.

Kraftstoffe als Fähigkeit denken

Heutige Konflikte zeigen, dass Lieferketten in Krisen nicht mehr zuverlässig und zudem höchst vulnerabel sind. Die gesicherte Versorgung von Streitkräften und Blaulichtorganisationen mit Kraftstoffen ist nicht nur eine kritische Ressource, sondern muss künftig als Fähigkeit gedacht werden: Investitionen in mehrere Standorte zur Produktion von alternativen Kraftstoffen (E-Fuels/power to liquid) stärken die Resilienz Deutschlands und sichern die krisensichere Versorgung von Behörden mit Sicherheitsaufgaben.

Kritische Rohstoffe für die Verteidigungsfähigkeit sichern

Die Abhängigkeit Europas von Rohstoffimporten, insbesondere von geopolitischen Wettbewerbern, stellt ein erhebliches sicherheitspolitisches Risiko dar. Für die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr ist eine staatlich flankierte, strategische Bevorratung kritischer Rohstoffe daher unverzichtbar. Zudem sollte die Bundeswehr nach Vorbild des Defense National Stockpile Center (DNSC) der amerikanischen Streitkräfte eine eigene Lagerhaltung für militärisch besonders kritische Rohstoffe aufbauen. Ergänzend sollte bei der öffentlichen Beschaffung geprüft werden, inwieweit Rüstungsprodukte bevorzugt solche kritischen Rohstoffe verwenden können, die nur aus sicheren Herkunftsländern stammen Auch den gezielten Aufbau industrieller Weiterverarbeitungskapazitäten gilt es mit Hilfe von geeigneten staatlichen Rahmenbedingungen voranzutreiben

Rohstofffonds ausbauen und Investitionen stärken

Rohstoffsicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Investitionen in Minen, Weiterverarbeitungs- und Recyclinganlagen sind sehr kostenintensiv. Aber Rohstoffproduktion entlang der gesamten Wertschöpfungsketten – einschließlich zirkulärer Geschäftsmodelle inklusive der gezielten Rückgewinnung kritischer Rohstoffe durch industrielle Recyclingprozesse – ist ein absoluter Zukunftsmarkt mit enormem wirtschaftlichem Potenzial. Sie stärkt die Versorgungssouveränität, erschließt neue Wertschöpfung und schafft hochqualifizierte Industriejobs. Denn die globale Nachfrage nach kritischen Rohstoffen steigt rapide. Rohstoffmärkte funktionieren zum Teil nicht mehr, Unternehmen stehen staatliche Akteure und autokratische Regime gegenüber. Daher fordert der BDI den Rohstofffonds zu verstetigen und das Volumen signifikant zu erhöhen.

2.5 (Kritische) Infrastruktur und Logistik wehrhaft gestalten

Zivile Widerstandskraft als Sicherheitsfaktor Angriffe auf kritische Infrastrukturen treffen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zugleich. Energie, Wasser, IT, Transport, Entsorgung, Gesundheit und Lebensmittelversorgung sichern staatliche Steuerungsfähigkeit, industrielle Produktion und gesellschaftliche Grundversorgung. Störungen können zu Versorgungsengpässen, Betriebsstillständen und Kontrollverlust führen. Auch der Finanz- und Versicherungssektor ist hochsensibel: Ein Ausfall von Zahlungsverkehr, Banken oder Versicherungen hätte unmittelbare Folgen für Unternehmen, Gehälter, Renten und staatliche Leistungen. Gesamtwirtschaftliche Stabilität wird so zur sicherheits- und verteidigungspolitischen Ressource. Auch Unternehmen außerhalb klassischer KRITIS-Bereiche sollten stärker in eigene Vorsorge zu investieren, etwa durch Notfallpläne, Redundanzen und abgestimmte Konzepte mit systemrelevanten Partnern. Der Staat sollte dies flankieren: durch sektorübergreifende Redundanzstrategien, zivile Verteidigungspläne und eine engere Koordination mit Industrie und KRITIS – auch unterhalb der Schwelle klassischer Kriegführung.

Widerstandsfähige Infrastruktur Robuste Infrastrukturen und verlässliche Logistikketten bilden das Rückgrat der Gesamtverteidigung. Der Krieg in der Ukraine zeigt: Verteidigungsfähigkeit hängt nicht allein von modernen Waffensystemen ab, sondern maßgeblich von langfristiger Versorgbarkeit – durch Mobilität, Nachschub und widerstandsfähige Versorgungswege. Diese Anforderungen betreffen die gesamte Transport-, Energie-, Verwaltungs- und Kommunikationsinfrastruktur und müssen im Sinne des OPLAN DEU gemeinsam gehärtet und krisenfest ausgestaltet werden. Dafür ist eine enge Verzahnung von Bundeswehr, Wirtschaft und Politik notwendig. Das Sondervermögen Infrastruktur bietet die Möglichkeit, Investitionen in zivil genutzte Infrastruktur stärker auch im Hinblick auf ihre sicherheitsrelevante Mitnutzung zu betrachten. Infrastrukturen, die im Krisen- oder Verteidigungsfall eine doppelte Funktion erfüllen können, sollten bei der Planung und Priorisierung ausdrücklich berücksichtigt werden.

Leistungsfähigkeit bestehender Systeme nutzen und Lasten fair verteilen Deutschland verfügt bereits heute über leistungsfähige logistische Strukturen. Die deutsche Industrie nimmt eine führende Rolle in der europäischen Logistik- und Versorgungsinfrastruktur ein – insbesondere im Betrieb komplexer Straßen-, Bahn-, See-, Luft- und Schwerlasttransporte. Diese Kompetenzen sollten gezielt für die Gesamtverteidigung eingebunden werden. Eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und zivilen Logistikunternehmen birgt erhebliches Potenzial, um die Anforderungen der Streitkräfte und ihrer Alliierten an Mobilität, schnelle Verlegefähigkeit und Kosteneffizienz im Inland und im NATO-Raum besser zu erfüllen. Betreiber von Verkehrsinfrastrukturen leisten durch robuste Systeme, vorausschauende Planung und enge Kooperation mit staatlichen Stellen bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung eines grundlegenden Resilienzniveaus gegenüber physischen, cyberbasierten und hybriden Bedrohungen. Wird zivile Resilienz – wie im OPLAN DEU vorgesehen – künftig systematisch um verteidigungspolitische Anforderungen ergänzt, muss

auch die Finanzierung entsprechender Schutzmaßnahmen neu bewertet werden. Solche Maßnahmen sollten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt und verlässlich durch staatliche Strukturen flankiert werden.

Wehrhafte Logistik sicherstellen

Neben resilienter Infrastruktur braucht es leistungsfähige operative Logistik Dies erfordert dezentrale, geschützte Lagerkapazitäten für sicherheitsrelevante Güter wie Munition, Ersatzteile und Kraftstoffe. Dual-Use-Logistikzentren in Kooperation mit der Wirtschaft ermöglichen eine flexible Anpassung an Krisen- und Verteidigungsbedarfe und sollten integraler Bestandteil eines vernetzten logistischen Gesamtsystems sein. Gleichzeitig müssen verteidigungsrelevante Lieferketten resilient und redundant ausgestaltet werden, um externe Abhängigkeiten zu minimieren und die Versorgung dauerhaft zu sichern. Andere Länder zeigen, dass bestehende Lagerkapazitäten der Logistikindustrie – auch für hochsensible Güter – bei entsprechender Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen zumindest zeitweise für sicherheitsrelevante Zwecke nutzbar gemacht werden können Jetzt gilt es, zivil-militärische Kooperationen gezielt auszubauen – um im Ernstfall keine Zeit zu verlieren. Um das vorhandene Potenzial der Industrie wirksam zu nutzen, müssen Partnerschaften, Verfahren und rechtliche Rahmenbedingungen frühzeitig und verlässlich ausgestaltet werden.

Lagebild und Schutz logistischer Infrastrukturen

Ein abgestimmtes Lagebild ist die Voraussetzung für reibungslose Abläufe im Krisen- oder Verteidigungsfall. Zivil-militärische Echtzeitinformationen sind entscheidend, um logistische Prozesse effizient zu koordinieren. Genauso wichtig ist der Schutz dieser logistischen Infrastrukturen – und ihrer Betreiber. Gerade angesichts hybrider Bedrohungen ist hier eine systematische Vorsorge notwendig. Der Schutz obliegt in der Regel den Betreibern selbst. Für wirksamen Eigenschutz bedarf es jedoch einer kontinuierlichen und aktuellen Information über Bedrohungslagen. Diese hat vorrangig über die staatlichen Sicherheitsbehörden auf Landes- und Bundesebene zu erfolgen. Dazu braucht es standardisierte, reziproke Meldewege und klare Kommunikationsstrukturen zwischen Behörden, Bundeswehr und Wirtschaft. Geschützte IT- und Kommunikationssysteme sowie abgestimmte Verfahren zwischen zivilen und militärischen Akteuren bilden hierfür die operative Grundlage.

Personal und Ausbildung in der Verteidigungslogistik

Ein leistungsfähiges Logistiksystem steht und fällt mit dem verfügbaren Personal. In Krisenlagen ist mit erheblichen personellen Engpässen zu rechnen. Viele Fahrerinnen und Fahrer, z. B. mit ausländischer Staatsangehörigkeit, könnten beispielsweise aufgrund von Wehrdienstpflichten in ihren Heimatländern oder aus Sicherheitsbedenken nicht einsatzfähig sein. Daher braucht es den Aufbau belastbarer Reservestrukturen, die systematische Integration zivilen Personals in krisenfeste Abläufe sowie regelmäßige Übungen („train as you fight“), möglichst im Verbund mit der Bundeswehr. Digital, praxisnah und modular vermittelt, stärkt dies die Einsatzbereitschaft und das Verständnis für militärische Anforderungen im Ernstfall. Andere Länder zeigen zudem, dass bestehende Lagerkapazitäten der Logistikindustrie – auch für hochsensible Güter – bei entsprechender Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen zumindest zeitweise für sicherheitsrelevante Zwecke nutzbar gemacht werden können.

Materielle Reserven und Vorhalteverträge stärken die Resilienz Spezialisierte Kapazitäten wie Großraum- und Schwertransporte (GST) sind am Markt oft knapp –insbesondere im Krisenfall. Um Versorgungslücken vorzubeugen, sollten die Antragsverfahren für GST modernisiert sowie militärische Anforderungen frühzeitig definiert werden. Gemeinsam mit der Wirtschaft gilt es, belastbare Vorhaltekonzepte zu entwickeln. Kompatible oder baugleiche Systeme erleichtern Betrieb, Instandhaltung und Ersatzteilversorgung im Einsatz. Steuerliche Anreize, langfristige Verträge und klare Regelungen zu Haftung und Vergütung erhöhen die Beteiligungsbereitschaft der Unternehmen. Transparenz und Verlässlichkeit lassen sich zusätzlich durch ein Qualitätsranking und standardisierte Datenbanken schaffen

Digitale Logistik vernetzen und beschleunigen

Die zivilen Logistikstrukturen in Deutschland sind hochautomatisiert und digital vernetzt. Dieses Potenzial ist jedoch bislang nicht systematisch mit den Fähigkeiten Bundeswehr verbunden. Ziel sollte es sein, diese zivilen Kapazitäten mit militärischen Systemen zu einem interoperablen, digital gestützten Logistiknetz zu verzahnen, das auf die Anforderungen des OPLAN DEU ausgerichtet ist. Ein solches Gesamtsystem kann Reaktionszeiten erheblich verkürzen und Ressourcen effizienter steuern – vorausgesetzt, die zugrunde liegenden Prozesse werden digitalisiert und standardisiert. Dies betrifft insbesondere Genehmigungen, Vergütungen und Vertragsabschlüsse, bei denen Abläufe heute oft noch manuell erfolgen und dadurch verzögert werden. Ein durchgängig digitalisiertes Logistiksystem stärkt damit die Verbindung zwischen ziviler Resilienz und militärischer Einsatzfähigkeit – und schafft die Grundlage für ein gemeinsames Lagebild und abgestimmtes Handeln im Ernstfall.

Resilienz digitaler Infrastruktur steigern Telekommunikations- und Kommunikationsnetze sind nicht nur Träger der Logistik, sondern selbst kritische Infrastrukturen. Sie gewährleisten den Betrieb anderer KRITIS-Sektoren – etwa Energie, Transport und Gesundheit. Angesichts zunehmender Angriffe und Störungen müssen sie gezielt widerstandsfähiger werden. Eine prioritäre Energieversorgung der Netzbetreiber bei Krisen- und Katastrophenfällen ist hierfür Grundvoraussetzung, da ihre Funktionsfähigkeit direkt von stabiler Stromversorgung abhängt Weitere Voraussetzungen sind verlässliche Lieferketten, ein funktionierender Infrastrukturwettbewerb und ein hohes Niveau an Cybersicherheit. Dazu zählen der Schutz sensibler Informationen während und nach digitalen Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Anerkennung von Komponenten für Kritische Infrastrukturen als strategisches Asset. Ein abgestimmtes europäisches Vorgehen, insbesondere zum Schutz von Unterseekabeln, trägt zur Netzwerkstabilität im grenzüberschreitenden Europäischen Raum bei

Digitalfunk der nächsten Generation aufbauen Aufbauend auf der physischen und digitalen Logistik bildet ein leistungsfähiger Digitalfunk einen weiteren Baustein vernetzter Resilienz Die innere Sicherheit hängt zunehmend von digitalen Infrastrukturen ab – speziell bei Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Die überzeugendste Lösung liegt hier in der abgesicherten Nutzung der bestehenden kommerziellen Mobilfunknetze durch die Sicherheitsbehörden. Durch sogenannte eigene Network Slices könnten spezifische Anforderungen an Sicherheit und Verfügbarkeit gewährleistet werden, ohne eigene Parallelinfrastrukturen aufzubauen. Gleichzeitig profitieren Behörden von der technologischen Weiterentwicklung der kommerziellen Netze. Negative Auswirkungen auf die Kapazitäten für Endkunden oder Sicherheitsbehörden könnte durch die Bereitstellung des Ultrahochfrequenz-(UHF)-Bandes an den Mobilfunk vermieden werden. Damit entsteht ein integriertes digitales Kommunikationssystem, das sowohl Effizienz als auch Krisenfestigkeit gewährleistet.

3. Sicherheit strategisch angehen: Strukturen reformieren, Kooperation stärken

3.1 Sicherheitsarchitektur im Inneren neu aufstellen

Abwehrfähigkeit gegenüber Hybriden Angriffen stärken

Die sicherheitspolitische Zeitenwende erfordert eine grundlegende Neuausrichtung der deutschen Sicherheitsarchitektur. Die bestehenden Strukturen sind nicht auf die hybride Bedrohungslage ausgerichtet und verhindern eine effektive und vorausschauende Prävention und Abwehr. Hybride Bedrohungen wie Spionage und Sabotage können ohne strukturelle Reformen weder systematisch erkannt noch effektiv bekämpft werden.

Aktive Cyberfähigkeiten für den Bund rechtssicher etablieren

Während Cyberkriminelle global agieren, ist Deutschlands innenpolitische Antwort auf die stetig steigende Cyberbedrohungslage fragmentiert: Sechzehn Ordnungsrechte der Länder sowie zahlreiche Bundesgesetze bilden die rechtliche Grundlage für rechtsstaatliches Agieren im Cyberraum. Das staatliche Instrumentarium an Maßnahmen zur aktiven Cyberabwehr sollte rasch erweitert und auf den Festen des Grundgesetzes und internationaler Verträge rechtssicher eingeführt werden. Die deutsche Industrie sieht im Vergleich zu nationaler Einzelregulierung in einem international koordinierten Ansatz innerhalb der Vereinten Nationen den besten Lösungsansatz. Das übergeordnete Ziel aller politischen Anstrengungen sollte dabei sein, eine Eskalationsspirale im Cyberraum mit negativen Implikationen für die Industrie und die Zivilbevölkerung zu vermeiden. Eine Eskalationsspirale zwischen Staat und nationalen wie internationalen Cyberkriminellen ist dabei unter allen Umständen zu vermeiden. Staatliches Wirken im Cyberraum, ungeachtet ob hierin das Abschalten eines Botnetzes oder ein digitaler Gegenangriff verstanden wird, darf nur von staatlichen Stellen durchgeführt werden. Maßnahmen der aktiven Cybergefahrenabwehr sowie Cybergegenangriffe dürfen kein Instrument der Privatwirtschaft oder von privaten Personen und Einrichtungen sein. Es kann sich vielmehr nur um eine zivile oder militärische Verteidigungsmaßnahme eines Staates im Rahmen seines Gewaltmonopols handeln. Verpflichtende Mitwirkungsregelungen für Unternehmen – etwa für Provider oder andere privatwirtschaftliche Akteure – sollten mit Zurückhaltung geprüft und vermieden werden.

Zersplitterte Zuständigkeiten als Schwachstelle

Ein zersplittertes Zuständigkeitsgefüge mit unzureichend koordinierten Prozessen schwächt Deutschlands Handlungsfähigkeit – insbesondere in sicherheitsrelevanten Krisenlagen. Ein nationaler Sicherheitsrat, wie er in der neuen Legislaturperiode eingerichtet werden soll, kann ein wichtiger Schritt sein, um ressortübergreifende Abstimmung und strategisch vorausschauende Steuerung zu verbessern. Dazu braucht es jedoch auch strukturelle Anpassungen – insbesondere bei Zuständigkeiten und Abstimmungsmechanismen zwischen den beteiligten Ressorts. Dies betrifft vor allem die fehlende strategische Zusammenarbeit zwischen Ministerien – etwa zwischen dem Innen- und dem Verteidigungsministerium, die für eine kohärente zivile und militärische Gesamtverteidigung eng verzahnt sein müssen – sowie die mangelnde Koordination zwischen den Sicherheitsbehörden und die Fragmentierung innerhalb einzelner Ressorts. Auch die zum Teil den Ländern obliegenden Zuständigkeiten in Sicherheitsangelegenheiten müssen enger mit dem Bund verzahnt – oder wo notwendig – neu geordnet werden.

Unklare Abgrenzungen innerhalb der Ministerien Im Innenministerium beispielsweise sind die Zuständigkeiten für Öffentliche Sicherheit, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz in einem Bereich angesiedelt, während Cybersicherheit, zivile Gesamtverteidigung und KRITIS-Schutz jeweils getrennt davon organisiert sind. Hinzu kommt ein eigener Bereich für hybride Bedrohungen, was eine übergreifende strategische Steuerung erschwert. Parallel dazu fehlen

klare Schnittstellen zu den sicherheitsrelevanten Ressorts – insbesondere dem Verteidigungsministerium, Wirtschaftsministerium und Auswärtigen Amt.

Ganzheitlicher Sicherheitsansatz erforderlich

Ein ganzheitlicher Sicherheitsansatz ist erforderlich, der staatliche Akteure enger vernetzt und integrierte schlankere Strukturen der staatlichen Akteure sowie eine stärkere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ermöglicht. Kritische Infrastrukturen, Wertschöpfungs- und Lieferketten und industrielle Kapazitäten und Fähigkeiten müssen als integraler Bestandteil der nationalen Sicherheit betrachtet werden. Dazu braucht es nicht nur organisatorische Reformen, sondern auch den verstärkten Einsatz moderner und souveräner Technologien – etwa Künstlicher Intelligenz, digitaler Kommunikationsplattformen und Automatisierung. Sie ermöglichen es, Prozesse in Echtzeit schlanker zu gestalten, Sicherheitsbehörden und Unternehmen spürbar zu entlasten – und zugleich neue Abhängigkeiten zu vermeiden.

3.2 Nationalen Sicherheitsrat etablieren, Sicherheit ganzheitlich steuern

Zuständigkeiten und Koordination neu ordnen

Eine Neuordnung der Zuständigkeiten und Koordinierungsprozesse im Bereich der Sicherheit ist ein wichtiger Schritt. Der vorgesehene Nationale Sicherheitsrat kann hierbei eine zentrale Rolle spielen. Entscheidend ist jedoch seine konkrete Ausgestaltung – insbesondere die enge Zusammenarbeit und der verlässliche Schulterschluss zwischen Innen-, Außen- und Verteidigungspolitik, um Sicherheit als gesamtstaatliche Aufgabe wirksam zu steuern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bisherige strenge Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit nicht mehr zeitgemäß ist, da diese Grenzen in dieser Form nicht mehr existieren. Aktuelle Konflikte sind gekennzeichnet durch einen fließenden Übergang von der Friedenslage, über hybride Angriffe hin zu einem verdeckten und ggf. offenen Kriegszustand. Entsprechend sollten die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen überdacht und neu geordnet werden, um diesen neuen Bedrohungen entschlossen, mit angemessenen Mitteln und zügig begegnen zu können.

Dimension Wirtschaft im Nationalen Sicherheitsrat mitverankern

Der BDI begrüßt ausdrücklich die geplante Weiterentwicklung des Bundessicherheitsrates zu einem Nationalen Sicherheitsrat. Gleichzeitig gilt: Strategische Entscheidungen in der Sicherheitspolitik können nicht losgelöst von wirtschaftlichen Interessen und Abhängigkeiten getroffen werden. Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen machen deutlich, wie eng Wirtschaft, Sicherheit und politische Stabilität miteinander verflochten sind. Ein zukunftsfähiger Nationaler Sicherheitsrat sollte dieser Realität Rechnung tragen – und der ökonomischen Dimension nationale wie internationale Priorität einräumen. Nur so lassen sich Sicherheit und wirtschaftliche Resilienz nachhaltig gewährleisten.

Strategische Analysefähigkeit aufbauen

Dem Nationalen Sicherheitsrat sollte eine strategische Analyseeinheit zugeordnet werden, die zentrale Fragen wirtschaftlicher Sicherheit strategisch bewertet – etwa im Hinblick auf Standortrisiken, Technologiekontrolle, Investitionssicherheit, Lieferkettenstabilität und industrielle Resilienz. Gleichzeitig müssen Bedrohungen wie organisierte Kriminalität, Sabotage, Spionage, Desinformation, hybride Angriffe und Cyberattacken systematisch erfasst und eingeordnet werden. Dafür ist eine ressortübergreifende Einbindung wirtschaftlicher Expertise unerlässlich.

3.3 KI und Cybersicherheit national und international stärken

Stärkung der KI-Sicherheitskompetenz in Deutschland

Weltweit entstehen spezialisierte KI-Sicherheitsinstitute, deren Aufgabe es ist, KI-Sicherheitsforschung zu betreiben, KI-Anwendungen zu testen und Politik, Behörden und KI-Anwender zu beraten. Beispiele sind Institute in den USA, UK, Kanada, Japan, Singapur, sowie für die EU-Kommission das EU AI Office. Auch Deutschland sollte gezielt eigene Fähigkeiten in diesem Bereich stärken, um Politik, Behörden und Anwender systematisch bei der sicheren Entwicklung und sicheren Nutzung von KI zu unterstützen. Hierfür bietet sich der Auf- und Ausbau bestehender Institutionen wie des Bundesamts für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) an oder gezielte Forschungskooperationen. Ziel sollte eine praxisnahe, technisch fundierte Beratung und Bewertung von KI-Anwendungen sein.

Globale KI-Governance vorantreiben

Neben regulatorischen Initiativen sollte der Fokus auf den internationalen Standardisierungsbemühungen liegen. Deutschland sollte sich daher aktiv an internationalen Initiativen zur Regulierung und Förderung von KI (z.B. der Hiroshima Prozess) einbringen, um globale Standards zu setzen und den internationalen Austausch zu fördern.

Verantwortbaren Einsatz militärischer KI ermöglichen

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist in der militärischen Lagebilderstellung, Sensorik-Auswertung und Gefechtsfeldsteuerung bereits Realität. Auch mögliche Gegner der NATO nutzen KI-gestützte Technologien, um eine optimale militärische Wirkung zu erzielen. Um technologisch anschlussfähig zu bleiben, muss Deutschland im Rahmen völkerrechtlich zulässiger Formen der Verteidigung in der Lage sein, KI-Anwendungen in militärischen Systemen zu entwickeln und einzusetzen. Dies ist nicht nur sicherheitspolitisch erforderlich, sondern auch aus Gründen der Interoperabilität mit Partnernationen und Bündnissystemen unerlässlich.

Konsequente globale Harmonisierung der Cybersicherheitsstandards

Wir plädieren für gegenseitige Anerkennung vergleichbarer Testierungs- und Zertifizierungsregime, Harmonisierung der EU-Cybersicherheitsstandards auf Basis des Cyber Resilience Act (CRA) und NIS2 und langfristig für globale Standardisierung. Staatliche Akteure als Angreifer - Stärkung der internationalen Normen und Diplomatie: Die UN sollte Cloud-Dienste und Dienste der Informations- und Kommunikationstechnologie als kritische Infrastruktur anerkennen, die nicht von staatlichen Akteuren ins Visier genommen werden dürfen.

3.4 Sicherheitsrelevante Informationen teilen – strategisch, vertraulich, wirksam

Fehlendes Lagebild als Schwachstelle

Deutschland verfügt bislang über kein einheitliches Lagebild für Bedrohungen der äußeren und inneren Sicherheit. Dabei stehen Wirtschaft, Gesellschaft und kritische Infrastrukturen zunehmend im Zentrum hybrider Angriffe – von Cyberattacken über Desinformation und Spionage bis hin zu Sabotage. Ein strukturierter, vertraulicher und kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen Staat und Wirtschaft ist essenziell, um Bedrohungen frühzeitig zu erkennen, Risiken besser einzuschätzen und gemeinsam wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Unternehmen sind auf aktuelle Lageinformationen angewiesen – gleichzeitig verfügen sie selbst über sicherheitsrelevantes Wissen, das bislang kaum systematisch erfasst wird. Strukturelle und rechtliche Hürden behindern diesen Austausch. Eine resiliente Sicherheitsarchitektur setzt voraus, dass Informationen in beide Richtungen fließen – schnell, sicher und verantwortungsvoll. Der OPLAN DEU unterstreicht ausdrücklich die Bedeutung eines lagebildgestützten Ansatzes für die nationale Führungs- und Reaktionsfähigkeit – diese Erkenntnis ist nun in eine

verbindliche, institutionalisierte Austauschstruktur zwischen Staat, Wirtschaft und Sicherheitsbehörden zu überführen

Nationales Lagezentrum als Arbeitsmuskel aufbauen

Ein Nationaler Sicherheitsrat kann nur wirksam steuern, wenn ihm ein belastbares, aktuelles Lagebild vorliegt. Dafür braucht es ein dauerhaftes nationales Lagezentrum, das Sicherheitsbehörden, Bundeswehr, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vernetzt. Es dient als krisenunabhängige Plattform für den kontinuierlichen Informationsaustausch, bündelt Analysen und ermöglicht im Ernstfall schnelle, abgestimmte Reaktionen. Ohne diese operative Basis bliebe der Sicherheitsrat im Ernstfall weitgehend handlungsunfähig.

Funktion eines nationalen Lagezentrums

Einheitliches Lagebild

▪ Tagesaktuelle sicherheitsbereichsübergreifende Analysen, die zivile und militärische Akteure verbinden und fundierte Entscheidungen ermöglichen.

Vernetzte Zusammenarbeit

▪ Enge Abstimmung zwischen Behörden und kritischen Wirtschaftssektoren, um Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und gezielt darauf zu reagieren.

Krisenunabhängige Funktionsfähigkeit

▪ Ein permanenter, strukturierter Austausch, der unabhängig von akuten Bedrohungen funktionsfähig bleibt und als integraler Bestandteil des Nationalen Sicherheitsrats agiert.

Behörden rechtlich zum Austausch mit der Wirtschaft befähigen

Die Sicherheitsbehörden müssen rechtlich befähigt werden, sicherheitsrelevante Informationen strukturiert, vertraulich und auch präventiv mit der Wirtschaft zu teilen. Der Schutz von Unternehmen, angelagerter Wissenschaft und kritischen Infrastrukturen vor Spionage, Sabotage und hybriden Bedrohungen sollte explizit als sicherheitsbehördlicher Auftrag verankert werden. Eine belastbare rechtliche Grundlage für einen geregelten Austausch zwischen Unternehmen und Behörden wie dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dem Bundesnachrichtendienst (BND), dem Bundeskriminalamt (BKA), dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), der Bundespolizei, den Länderpolizeien und der Bundeswehr ist dafür zwingend erforderlich. Frühzeitige Reaktionsfähigkeit gelingt nur, wenn sicherheitsrelevante Erkenntnisse ressortübergreifend und bidirektional fließen.

Verlässlicher Geheimschutz als Schlüssel strategischer Resilienz Dort, wo besonders schutzbedürftige Informationen betroffen sind, braucht es einen leistungsfähigen, modernen Geheimschutz. Dieser ist kein Selbstzweck und kein bloßer Verwaltungsakt – er ist entscheidender Faktor für Vertrauen, Sicherheit und gemeinsame Handlungsfähigkeit. Staat und Wirtschaft müssen hier kontinuierlich Hand in Hand arbeiten. In Zeiten hybrider Bedrohungen, Spionage und Sabotage ist es wesentlich, geheimhaltungsbedürftige Erkenntnisse, Verfahren und Objekte im nationalen Interesse zu schützen. Es geht um den Schutz des Wohls von Bund und Ländern – und damit um das Herzstück der Sicherheit unseres Staates, seiner Bürgerinnen und Bürger und seiner freiheitlichen Ordnung. Ziel ist, den Geheimschutz leistungsfähig, digital und zukunftsfest auszugestalten. Zuständigkeiten sind zu bündeln, Überprüfungsverfahren zu beschleunigen und die personellen Kapazitäten in den zuständigen Stellen entsprechend auszustatten. Mögliche Hebel sind der Einsatz vorhandener (digitaler) Technologien, ein besserer behördlicher Austausch sowie die Harmonisierung

und gegenseitige Anerkennung der Sicherheitsüberprüfungen in Deutschland. Nur so lässt sich der Austausch sensibler Informationen mit der Wirtschaft verlässlich gestalten – als integraler Bestandteil einer modernen Gesamtverteidigung.

Digitale Plattform für einheitliche und sichere Meldestrukturen Um Doppelstrukturen zu vermeiden und bestehende Ressourcen optimal zu nutzen, sollte das bereits im Aufbau befindliche BSI Information Sharing Portal als Nukleus für einen zentralen Single Point of Contact (SPOC) dienen. Dieser wird direkt in das Lagezentrum integriert und fungiert als zentrale Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Behörden für alle sicherheitsrelevanten Vorfallsmeldungen in beide Richtungen. Das BSI und das BBK sollten die Verwaltung des Sharing Portals als zentrale, sichere Plattform für sicherheitsrelevante Meldungen aus Wirtschaft und Behörden übernehmen. Betreiber Kritischer Infrastrukturen sowie relevante Wirtschaftsunternehmen erhalten Zugriff auf die Plattform, um schnell und unbürokratisch Meldungen einzureichen. Einheitliche Meldewege für KRITISund Nicht-KRITIS-Unternehmen nach dem Prinzip des Need-to-know vermeiden Doppelstrukturen und reduzieren den administrativen Aufwand. Ergänzend sollte der SPOC mit ressortübergreifenden Analysefähigkeiten ausgestattet werden, in die auch zivile Expertise aus Wirtschaft und Wissenschaft einfließt. Durch den Austausch gemeinsamer Datenlagen entsteht ein gemeinsames Lageverständnis, das ein modernes Frühwarnsystem gegen hybride Bedrohungen ermöglicht.

Gemeinsames Lageverständnis als Motor für Handlungsfähigkeit Eine widerstandsfähige Sicherheitsarchitektur erfordert mehr als technische Schutzmaßnahmen – sie braucht ein gemeinsames, aktuelles Lageverständnis über staatliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Bereiche hinweg. Sicherheitsmeldungen dürfen nicht als regulatorische Last empfunden werden, sondern müssen als gemeinsamer Beitrag zur Gefahrenabwehr und Resilienz verstanden werden. Nur wenn sicherheitsrelevante Informationen strukturiert, vertraulich und in beide Richtungen fließen, kann Deutschland im Ernstfall koordiniert reagieren. Der OPLAN DEU zeigt den Weg: Nationale Führungsund Reaktionsfähigkeit erfordert ein lagebildgestütztes Handeln. Jetzt gilt es, diese Erkenntnis durch ein verbindliches, ressortübergreifendes Lagezentrum und klar geregelte Austauschprozesse mit der Wirtschaft in Struktur zu überführen – als strategisches Element moderner Gesamtverteidigung. Ein solches integriertes, resilientes Sicherheitskonzept stärkt nicht nur die Widerstandsfähigkeit gegen hybride Bedrohungen, sondern sichert zugleich die wirtschaftliche und technologische Souveränität des Standorts

3.5 Ganzheitliche Schutzkonzepte für Unternehmen – Resilienz als Teil der Gesamtverteidigung

Unternehmen als tragende Säule der Resilienz und Verteidigungsfähigkeit

Unternehmen sind ein zentraler Pfeiler der gesamtstaatlichen Sicherheit – durch ihre Rolle in kritischen Infrastrukturen, zivile und militärische Wertschöpfungs- und Lieferketten sowie in der Entwicklung sicherheitsrelevanter Technologien. Darüber hinaus sind sie als Leistungserbringer eine tragende Rolle in nahezu allen Bereichen der Gesamtverteidigung, wie sie in den am 05. Juni 2024 erlassenen „Gesamtverteidigungsrichtlinien“ aufgezeigt wird. Gleichzeitig sind sie zunehmend Ziel hybrider Angriffe, etwa durch Spionage und Sabotage. Die Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit ist daher essenziell für die Resilienz und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.

Krisen-, Katastrophen-, Spannungs- und Verteidigungsfall gemeinsam denken Eine widerstandsfähige Sicherheitsarchitektur muss alle Lagen systematisch berücksichtigen – vom Krisen- und Katastrophenfall bis hin zum Spannungs- und Verteidigungsfall. Versorgungssicherheit, Logistik, digitale Infrastruktur und industrielle Produktion sind dabei wesentliche Säulen der Resilienz. Unternehmen, die über robuste Strukturen und Notfallmechanismen verfügen, leisten einen tragenden Beitrag zur Stabilität in Krisenzeiten. Auch Unternehmen, die nicht als KRITIS-Betreiber gelten, sind vielfach auf stabile Infrastrukturen angewiesen. Eine sektorübergreifende Resilienz muss deshalb auch die wirtschaftlichen Dominoeffekte eines KRITIS-Ausfalls frühzeitig mitdenken und branchenübergreifend in die Vorsorgeplanung einbeziehen. Dies gilt für Staat und Unternehmen gleichermaßen. Gerade kritische Zulieferunternehmen – etwa aus dem Maschinen- und Anlagenbau für die Lebensmittelversorgung, der Chemie- und Pharmabranche, der industriellen Steuerungstechnik oder der Elektroindustrie mit sicherheitsrelevanten Komponenten für Energie- und Versorgungssysteme – sollten dabei strukturell in sicherheitsrelevanten Gremien stärker berücksichtigt werden. Ein sinnvoller Schritt wäre, die bestehende Zusammenarbeit im Rahmen des „UP KRITIS“ (Unabhängige Partnerschaft Kritischer Infrastrukturen) gezielt auf relevante Zulieferer auszuweiten. So lassen sich Lieferkettensicherheit und Resilienz effektiver und abgestimmter sicherstellen.

Resilienz beginnt im Betrieb

Um Krisenfestigkeit zu stärken und Verwundbarkeiten zu verringern, braucht es nicht nur staatliche Strukturen – auch die Wirtschaft steht in der Verantwortung. Unternehmen in Deutschland sollten ihre eigene Resilienz regelmäßig überprüfen, krisenfeste Notfallpläne etablieren, systemkritisches Personal identifizieren und in sicherheitsrelevante Ausbildung sowie physische und digitale Schutzmaßnahmen investieren. Gesamtverteidigung beginnt nicht erst im Ernstfall – sie muss im Betriebsalltag verankert, geübt und gelebt werden. Branchenübergreifender Austausch und die Förderung eines neuen unternehmerischen Selbstverständnisses für Sicherheit und Resilienz können durch die verfasste Wirtschaft flankiert und weitergetragen werden.

Notfall- und Krisenplanung für Unternehmen

Versorgungssicherheit gewährleisten

▪ Strategien für eine möglichst autarke Energie- und Kommunikationsversorgung sichern den Betrieb auch bei Ausfällen kritischer Infrastrukturen.

Schutz der eigenen Infrastruktur

▪ Physische und digitale Sicherheitsvorkehrungen, Wachschutz und Zugangssicherung reduzieren die Anfälligkeit gegenüber Sabotage, Cyberangriffen und anderen Bedrohungen.

Personalplanung für Krisenzeiten

▪ Identifikation von betriebsrelevantem Personal sowie Mitarbeitenden, die bspw. als Reservisten, THW-Helfer, Feuerwehrkräfte oder LKW-Fahrer im Kriseneinsatz benötigt werden, ermöglicht eine gezielte Ressourcensteuerung.

Entscheidungsketten in Krisensituationen sichern

▪ Klare Notfallprozesse und Stellvertreterregelungen gewährleisten Handlungsfähigkeit, auch wenn Entscheidungsträger und/oder Mitarbeitende nicht erreichbar sind oder Kommunikations- und Stromnetze ausfallen

Kapazitäten für die nationale Sicherheitsvorsorge

▪ Unternehmen verfügen über Produktionskapazitäten, logistische Strukturen und Ressourcen, die im Krisenfall staatliche Strukturen unterstützen können. Eine frühzeitige Abstimmung erhöht die Einsatzfähigkeit.

Institutionalisierte Kooperation für mehr Sicherheit

Eine enge institutionalisierte Kooperation zwischen Sicherheitsbehörden, Bundeswehr und Wirtschaft stärkt die Widerstandsfähigkeit Deutschlands gegenüber hybriden Bedrohungen. Ein frühzeitiger Austausch sicherheitsrelevanter Informationen ermöglicht es Unternehmen, Risiken besser zu bewerten und gezielte Schutzmaßnahmen umzusetzen. Gleichzeitig entsteht durch die Verzahnung wirtschaftlicher und staatlicher Strukturen eine leistungsfähigere Sicherheitsarchitektur. Insbesondere im Umgang mit hybriden Bedrohungen, die gezielt auf wirtschaftliche und technologische Strukturen abzielen, bietet eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat einen klaren Mehrwert.

4. Fazit

Die Gesamtverteidigung Deutschlands und seiner europäischen Partner braucht eine leistungsfähige, innovationsgetriebene Industrie – mit robuster, verlässlicher Leistungskraft auf allen Technologiefeldern der gewerblichen Wirtschaft. Eine moderne Sicherheitsarchitektur erfordert eine enge Verzahnung von Staat, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft - denn Resilienz und Wehrhaftigkeit sind keine rein militärischen Aufgaben, sondern gesamtgesellschaftliche Herausforderungen.

Jetzt ist der Zeitpunkt für entschlossene Schritte, um Deutschlands Handlungsfähigkeit und Innovationskraft konsequent zu stärken und so die Verteidigungsfähigkeit rasch – noch vor dem Ende des Jahrzehnts – signifikant zu erhöhen. Freiheit und Sicherheit sind keine Selbstverständlichkeit – sie erfordern klare Prioritäten, Investitionen und Mut zur Veränderung. Deutschland muss seine Rolle in Europa klar definieren – als industrieller Anker sicherheitspolitischer Resilienz und als Innovationsmotor für Sicherheits- und Verteidigungstechnologien.

Höhere Verteidigungsausgaben sind nicht nur eine Notwendigkeit angesichts der aktuellen Bedrohungslage, sondern auch eine Chance, technologische Innovationen voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Industrie zu stärken. Die deutsche Industrie ist bereit, die technologischen Bausteine für eine sichere und zukunftsfähige Wirtschaft zu schaffen und einen maßgeblichen Beitrag zur Stabilität in Krisenzeiten zu leisten. Dafür braucht es einen echten Schulterschluss von Staat und Wirtschaft - auf Augenhöhe, im engen Austausch, mit klarer Verantwortung auf beiden Seiten. Gesamtverteidigung gelingt nur als gemeinsame Aufgabe - nicht durch Einzelmaßnahmen, sondern durch vernetzte Strategien und abgestimmtes Handeln.

Jetzt gilt es, mutig zu handeln – Chancen zu nutzen, anstatt sich von Risiken lähmen zu lassen. Unsere Sicherheit müssen wir selbst in die Hand nehmen.

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu

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Lobbyregisternummer: R000534

Redaktion

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Abteilungsleiter Internationale Zusammenarbeit, Sicherheit, Rohstoffe und Raumfahrt

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Kerstin Petretto

Senior Managerin Sicherheit und Verteidigung

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T: + 49 30 2028-1523 s.heckler@bdi.eu

Philipp Schweikle

Referent Digitalisierung und Innovation

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Stefan Steinicke

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Anne Lauenroth

Stv. Abteilungsleiterin Internationale Zusammenarbeit, Sicherheit, Rohstoffe und Raumfahrt

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Anja Mundt

Stv. Abteilungsleiterin Recht, Wettbewerb und Verbraucherpolitik

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a.mundt@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D 2098

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