B&C Jahrbuch 2013

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AMAG

LENZING

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SEMPERIT

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Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Jahresbrief des Stiftungsvorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Michael Junghans und Patrick F. Prügger im Interview, Michael Fleischhacker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Das Erfolgsmodell am Prüfstand, Andreas Wörgötter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Die Kraft der Leitbetriebe, Herwig W. Schneider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 B&C weltweit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 AMAG Helmut Wieser im Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Facts & Figures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine unendliche Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Made in Austria, Helmut A. Gansterer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Lenzing Peter Untersperger im Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Facts & Figures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Investition mit Symbolkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus gut gemeint wird endlich gut, Alexander Doujak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Semperit Thomas Fahnemann im Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Facts & Figures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Wissen, das im Gummi steckt, Johannes Steiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ohne Wissenschaft keine Innovation, Dietmar Harhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Über die B&C Die Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bericht der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die B&C Gruppe in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geschätzte Leser! 2013 ist viel Berichtenswertes passiert. Daher wollen wir die Tradition unserer Jahr­bücher fortsetzen – wenngleich in neuer Form. Wir lassen unsere Beteiligungsunternehmen selbst zu Wort kommen und bitten Autoren außerhalb unserer B&C Gruppe um ihre Perspektiven für den Industriestandort Österreich. Ohne Illusion stellen wir uns der wirtschaftlichen Realität. Österreich wird konjunkturell nicht wieder zu den Rahmenbedingungen der Jahre bis 2007 zurückkehren. Die Zukunft sieht definitiv anders aus. Aufgrund der Volatilität der globalen Märkte und der geringen Visibilität ist es schwierig geworden, den Kurs der nächsten Jahre vorherzubestimmen. Vielmehr sind Flexibilität und rasches Reaktionsvermögen Bedingung. Und Resilienz. Resilienz sehen wir als Anpassung an das Neue – nicht Widerstand dagegen. Es bedeutet für uns, unseren Beteiligungsunternehmen ausreichend Freiraum zu lassen, um im operativen Tagesgeschäft unter den jeweils gegebenen Bedingungen optimal bestehen zu können. Als Aufsichtsräte unterstützen wir die Vorstände, die für die Unternehmensführung verantwortlich sind, nach besten Kräften, damit die Unternehmen unter

den gegebenen – manchmal widrigen – Umständen langfristig erfolgreich sind. Wie etwa bei Lenzing. Das Unternehmen musste Ende 2013 den alles andere als erfreulichen Beschluss fassen, im Jahr 2014 auch Korrekturen beim Personalstand vorzunehmen. Diese Entscheidung war für alle Beteiligten schmerzhaft, aber notwendig, um die künftige Profitabilität zu gewährleisten und für die weiteren Aktivitäten von Lenzing einen kalkulierbaren Rahmen zu setzen. Dass der Vorstand nicht davor zurückschreckte, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, rechnen wir ihm hoch an.

Michael Junghans, Patrick F. Prügger

Die B&C Industrieholding bietet einen langfristigen Rahmen für das unternehmerische Tun ihrer Beteiligungen und hilft ihren Beteiligungsunternehmen so, langfristig erfolgreich zu sein. Sie steht den Unternehmen als stabiler, verlässlicher Partner, aber auch mit kritischem Blick zur Seite. Den Rahmen füllen, das Bild gestalten müssen die Unternehmen selbst. Mit welchem Erfolg das den B&C-Beteili­gungs­ unternehmen im Jahr 2013 gelungen ist, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Michael Junghans Vorsitzender der Geschäftsführung B&C Industrieholding

Eine interessante Lektüre wünschen Ihnen

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Patrick F. Prügger Mitglied der Geschäftsführung B&C Industrieholding


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Jahresbrief des Stiftungsvorstandes Wiederum ein interessantes, schwieriges Jahr, das Jahr 2013, das wir als „oberster Gesellschafter“ der B&C Gruppe erlebt haben! Es war das dritte Jahr in Folge, in dem prognostiziertes nennenswertes Wirtschaftswachstum in Europa nicht eingetreten ist. Dabei intensiviert sich der globale Wettbewerb weiter. Unsere Kernbeteiligungen Lenzing, Semperit und AMAG haben sich dabei recht unterschiedlich bewährt. Bei AMAG konnten die Auswirkungen des weit unter allen Prognosen liegenden Aluminiumpreises gut abgefangen werden. Belegschaft wie Management sagen wir Dank für diese Leistung! Sehr positiv sehen wir die Nachfolgelösung für Gerhard Falch, der als langjähriger Generaldirektor auch in schwierigen Zeiten souverän auf der Brücke stand. Helmut Wieser, ein international höchst erfahrener Manager der Aluminiumindustrie, verspricht das profitable Wachstum der AMAG weiter voranzutreiben. Semperit ist ein herausragendes Jahr gelungen. Im Industriebereich wurden Marktchan-

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cen klug genützt und mit einer Vertriebsoffensive Kundenrelationen und Absatz verbessert. Im Medizinbereich ist die Integration von Latexx Partners rasch und reibungslos gelungen. Das seit zwei Jahren agierende Vorstands­ team und eine personell erheblich verstärkte zweite Ebene geben den operativen Einheiten starke Impulse und eine neue Dynamik, was sich positiv in den Finanzzahlen niederschlägt. Das Pionierwerk der Ära Zellner wird mutig wie tatkräftig ausgebaut und internationalisiert. Semperit scheint bei schwierigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen das Fundament für eine sehr positive Entwicklung gelegt zu haben. Wir gratulieren und danken dem neu formierten Managementteam und der in Österreich und in vielen Ländern tätigen Belegschaft! Lenzing ist die Kernbeteiligung, die dem global verhaltenen Wirtschaftswachstum ebenso Tribut zollt wie vergangenen großen Erfolgen, die es zuließen, dass das Aufholen der Konkurrenz stark unterschätzt wurde, die noch dazu über weitaus bessere Kostenpositionen verfügt, insbesondere bei den Arbeitskosten.


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Das Zusammenspiel zwischen rapide wachsenden Überkapazitäten im Viskosemarkt einerseits und dem Absinken der Baumwollpreise andererseits führt zu einem bedrohlichen Engpass für Lenzing. Heute bezweifelt niemand mehr die Notwendigkeit der eingeleiteten und von weiteren Kostensenkungsmaßnahmen. Auf der positiven Seite besteht die Hoffnung, dass mit der Investition in die TENCEL®-Produktion am Standort Lenzing wiederum ein Wettbewerbsvorsprung gegenüber den asiatischen Mitbewerbern erarbeitet werden kann. Vorstand, Aufsichtsrat und der LenzingBelegschaft danken wir für die bisherigen Kraftanstrengungen, die für Lenzing schwierige Situation zu meistern, und wünschen uns, dass mit Mut und Zielstrebigkeit die Maßnahmen weitergeführt und gesetzt werden, die es braucht, um die alte Stärke wiederzugewinnen. Die Entwicklungen bei Lenzing belasten und fordern auch uns als strategischen Kernaktionär. In schweren Zeiten wird mit allen Kräften der Vorstand des Beteiligungsunternehmens unterstützt. Das Ziel der B&C Gruppe liegt dabei auf der vollen Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten. Angesichts globalisierter Märkte und weltweiter Wettbewerbsstrukturen muss die B&C darauf achten, dass von ihr gehaltene Kernbeteiligungen stets kompetitiv und profitabel aufgestellt sind. Wir haben nicht die Möglichkeiten, nicht-kompetitive Unternehmen oder deren österreichische Standorte auf Dauer zu stüt-

Erich Hampel Vorstandsvorsitzender

zen. Die im Stiftungszweck festgeschriebene Förderung des österreichischen Unternehmertums bedeutet Unterstützung zur Erlangung – im Fall Lenzing: Wiedererlangung – internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Wenn Beteiligungen den für ein Hochkostenland erforderlichen Wettbewerbsvorsprung nicht erarbeiten können, sind die Möglichkeiten und eigenen Mittel der B&C Gruppe bald erschöpft, dann werden andere Lösungen gefunden werden müssen. Für die kommende Zeit wird das Hauptaugenmerk der B&C Gruppe auf der Entwicklung und Stabilisierung der Kernbeteiligungen liegen. Bei fehlender Vorhersehbarkeit der Entwicklungen der Märkte und gleichzeitig hoher Volatilität heißt es, Risiken mit Vorsicht einzugehen und gegen die Chancen des niedrigen Zinsniveaus sorgfältig abzuwägen. Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit unserer Beteiligungen sind das oberste Ziel. Um die dafür notwendige Kompetenz zu stärken, haben wir einen Beirat eingerichtet und als erste Mitglieder den erfahrenen Industrie-Experten Hanno Bästlein und den Leiter der Abteilung für internationales Steuerrecht an der WU Wien, Josef Schuch, berufen. Wir wollen an dieser Stelle allen Mitarbeitern und den Geschäftsführern der B&C Industrieholding unsere Anerkennung und unseren Dank für ihren fachkundigen Einsatz in Zeiten mit zum Teil auch unerfreulichen Entwicklungen aussprechen. Wir teilen mit ihnen die Hoffnung, dass sich die Früchte ihrer Arbeit auch einstellen werden.

Georg Bauthen Stellvertreter des Vorsitzenden

Wolfgang Hofer Mitglied

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Der Industrie­standort Österreich im 21. Jahrhundert Michael Junghans und Patrick F. Prügger im Gespräch mit Michael Fleischhacker über die Rahmenbedingungen einer industriellen Entfaltung

Die öffentliche Debatte über politische Ökono­ mie wird derzeit von drei Themen dominiert: Erstens halten die Warnungen vor einer Deindustrialisierung des Westens, vor allem Europas, an. Zweitens gibt es in unseren Breiten ein großes Unbehagen über die Quali­ tät des politischen Personals. Drittens erlebt die latent geführte Debatte über Verteilungs­ gerechtigkeit durch Thomas Pikettys Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ eine neue Dynamik. In welcher Weise nehmen Sie an dieser Debatte teil? Junghans: Sie haben Recht, diese Themen sind da, und natürlich beschäftigen sie jeden wirtschaftlich denkenden Unternehmer. Ich sehe in den Themen aber sehr unterschiedliche Schattierungen. Beispiel Umverteilung: Österreich hat laut jüngsten OECD-Daten eine Staatsquote von 50,2 Prozent und eine Steuerquote von 45,3 Prozent. Vor diesem Hintergrund führt man eine solche Debatte

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anders als etwa in den USA, wo diese Werte um gut 20 Prozentpunkte niedriger liegen. In Asien sieht das noch einmal anders aus. Zugleich muss man festhalten: Wir sprechen hier über die Leitplanken unseres unternehmerischen Handelns. Wir müssen diese Leitplanken, die von der Politik gesetzt werden, akzeptieren und innerhalb dieser Leitplanken unseren Kernbeteiligungen die besten Rahmenbedingungen geben, um die Unternehmen optimal zu entwickeln. Zu warten, bis sich die Rahmenbedingungen verändern, ist keine Lösung, bis dahin steht man möglicherweise bereits im Abseits. Was Sie sagen, klingt ein wenig nach Rückzug ins unternehmerische Biedermeier: Da draußen ist alles ziemlich schwierig, wir wollen uns lieber darauf konzentrieren, dass hier drinnen bei uns alles gut ist im gesteckten Rahmen.


links: Patrick F. Prügger, rechts: Michael Junghans

Junghans: Nein, es gibt Interessenverbände wie die Wirtschaftskammer oder die Industriellenvereinigung, die sich für uns mit fundierten Analysen und Kommentaren um die möglichst gute Gestaltung der Rahmenbedingungen kümmern. Das ist der Job der Interessenvertretungen. Unsere Hauptaufgabe als Unternehmer ist es, unsere Unternehmungen zu entwickeln. Wenn Unternehmer beginnen, den Fokus auf diese Aufgabe zu verlieren, können sie schnell Schiffbruch erleiden. Prügger: Ich würde gerne einen vierten Punkt ansprechen, den ich in der gegenwärtigen Debatte zunehmend wichtig finde, gerade auch im Zusammenhang mit dem Thema Deindustrialisierung: die geistige Entvölkerung Europas. Bezüglich der Themen Energie und Rohstoffe haben wir die Wett­ bewerbsfähigkeit ohnehin schon verloren. Aber dass wir nun auch in einem Bereich, in dem wir noch Wettbewerbsvorteile haben,

nämlich im Bereich Innovation, dort, wo es um junge, innovative Menschen geht, an Terrain gegenüber Asien, vor allem China verlieren, das sollte uns Sorgen machen. Angesichts der Dringlichkeit, mit der Sie dieses Problem beschreiben, und auch ange­ sichts der Selbstverständlichkeit, mit der Sie sagen, dass wir in den anderen Gebieten oh­ nehin nichts mehr zu melden haben, fragt man sich natürlich, wieso Sie sich als Unternehmer für unzuständig erklären und darauf vertrauen, dass es die Verbände schon richten werden. Junghans: Sie haben als Unternehmer ja nicht die Möglichkeit, in diesem Bereich als Einzelkraft zu wirken. Sie können nur in Summe wirken. Natürlich könnte man Herrn Prügger und mich idealistisch in die Pflicht nehmen. Aber wir müssen eben zur Kenntnis nehmen, dass die Energiepreise in anderen Regionen nur ein Viertel von unseren aus­

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EIGENTÜMER HABEN DIE AUFGABE, IHRE UNTERNEHMEN ZU ENTWICKELN


Probleme sind – und wie viel Gehör hat er gefunden? Vor ein paar Wochen hat er sich mit einem Spaten in Texas hingestellt. Ich fasse zusammen: Sie haben es aufgegeben. Prügger: Aus meiner Sicht ist ein gewisser Schmerz-Druckpunkt, der gleichzeitig als „Trigger“ tiefergehender Reformen wirkt, noch nicht erreicht. Patrick F. Prügger

Die Alternative zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit ist die Abwanderung der Industrie

machen, dass die Rohmaterialpreise nur halb so hoch sind, dass die Personalkosten teilweise nur ein Zehntel betragen. Diesen Rahmen­ be­dingungen haben sich unsere Kernbeteili­ gungen auch in Österreich aktiv zu stellen. Prügger: Die Alternative zu dem, was Sie uns als biedermeierlichen Rückzug vor der Metternich’schen Staatsführung unterstellen, wäre die Abwanderung. Eine Konsequenz, die ich gut verstehen könnte. Ich stelle die Frage, warum Sie den Vertretungsinstitutionen so sehr vertrauen, ja deshalb, weil es mir sportlich erscheint, sich auf eine Struktur zu verlassen, die in ihrer kor­ poratistischen Durchwirktheit das eigentliche Problem des Landes ist. Sie machen hier doch in gewisser Weise den Bock zum Gärtner. Junghans: Überhaupt nicht. Wir versuchen, beiden Verantwortungen gerecht zu werden. Wir bringen unsere Anliegen ein und versuchen aufzuzeigen, welche Rahmenbedingungen es für eine industrielle Absicherung bräuchte. Gleichzeitig stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Das ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Prügger: Ich gestehe, dass ich ziemlich desillusioniert bin, was die Möglichkeit betrifft, im österreichischen Rahmen mit Sachargumenten zum Ziel zu kommen. Wie lange hat zum Beispiel voestalpine-Chef Wolfgang Eder versucht, mit Sachargumenten auf seine spezifischen Probleme hinzuweisen, die in Wahrheit unser aller

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Das heißt, es geht uns noch zu gut. Prügger: Ja, aus meiner Sicht geht es uns noch viel zu gut. Werden Sie dem Beispiel Wolfgang Eders folgen und Investitionen verstärkt außerhalb von Österreich und Europa tätigen? Junghans: Dieser Trend hält nun ja schon seit Jahren an. Natürlich prägt er auch die vorausschauenden Planungen. Wir hatten in den vergangenen Jahren Kompensationseffekte, die das, was wir eben beschrieben haben, in seinen Auswirkungen gemildert haben: Die europäische Ostöffnung, die Öffnung des asiatischen Raums und die damit verbundene Sonderkonjunktur, die Steigerung der Erwerbsquoten. Aber wir haben es verabsäumt, in diesen guten Zeiten Maßnahmen zu treffen, die dafür sorgen, dass es auch nach dem Wegfall dieser Sondereffekte nachhaltig weitergehen kann. Österreich und Europa geraten gegenüber anderen Regionen ins Hintertreffen, was die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit betrifft. Nun könnte man aber sagen: Wenn das alles wirklich so schlimm ist, wie Sie es beschrei­ ben, haben Sie alle eigentlich erstaunlich wenig darauf reagiert. Gemessen an der Lautstärke der Beschwerden sind die tatsäch­ lichen Konsequenzen vernachlässigbar. Junghans: Das mag für Sie so aussehen, weil Sie es nur daran messen, wie viele Ar­­beits­ plätze von hier anderswohin verlegt wer­den. Aber schauen Sie einmal, wie viele neue Arbeitsplätze wo geschaffen werden. Nicht in Europa und in den Vereinigten Staaten.


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Stimmt. Aber es stehen ja auch immer wieder die Drohungen im Raum, Bestehendes zu ver­lagern. Wenn sogar schon Raiffeisen Ober­ österreich überlegt, seine Zentrale nach Passau zu verlegen, müssten wir doch eigentlich kurz vor dem standortpolitischen Weltuntergang ste­ hen. Aber es passiert dann nichts. Das dürfte die Politik zusätzlich ermutigen, nichts zu tun. Junghans: Unsere Mahnungen führen nicht unmittelbar zu Konsequenzen, das stimmt leider. Erschwerend kommt hinzu, dass Fehlentscheidungen und Nicht-Entscheidungen ihre volle Wirkung oft erst in Jahren und Jahrzehnten entfalten, dann aber umso heftiger.

Aber welche Legitimation, die Sie als Bürger nicht ohnehin haben, bräuchten Sie denn dafür? Man muss doch nicht gewählt werden, um öffentlich seine Meinung zu sagen. Junghans: Das ist richtig. Die Frage ist nur, wo man auch seinen persönlichen Schwerpunkt setzen möchte. Meine individuelle Ent­scheidung lautet: Ich investiere meine Energie lieber in die B&C-Beteiligungen und bringe Ideen und Anregungen zu den bereits genannten Themen, aber auch weiteren Anliegen wie der Entwicklung des Kapitalmarktes oder der Professionalisierung des Aufsichtsrates bei Key-Stakeholdern vor.

Welche der angesprochenen makroöko­ nomischen Rahmenbedingungen hat die unmittelbarste Auswirkung auf das operative Geschäft Ihrer Kernbeteiligungen? Prügger: Das ist schwer zu sagen, weil diese Themen so eng miteinander verflochten sind. Aber neben dem Thema Energiekosten ist es wohl die Saturiertheit im Bildungsbereich, die uns am stärksten zu schaffen macht. Wenn Sie heute den Hunger und das Feuer von chinesischen Uni-Absolventen mit der Ambition einer in der breiten Masse saturierten Jugend in un­seren Gesellschaften vergleichen, wo Sie in Bewerbungsgesprächen zunächst einmal mit Work-Life-Balance-Fragen konfrontiert werden, dann sehen wir, dass eigentlich bei uns die Ba­sis für Innovation mehr und mehr erodiert. Und ja, Sie haben Recht: Etliche der Probleme, die wir in Österreich strukturell haben, sind auch in den Interessenvertretungen, die für uns die Rahmenbedingungen mitgestalten, zu beobachten.

Zusammenfassend könnte man daraus einen positiven Befund formulieren: So schlimm, als dass man diesem Thema der Rahmenbe­ dingungen als Unternehmensführer ernsthaft Zeit widmen müsste, ist es noch nicht. Prügger: Ich sehe natürlich einen persön­ lichen Interessenskonflikt. Aber letztlich sind wir Organe von Kapitalgesellschaften, und wir haben hier fremdes Vermögen zu verwalten. Kann ich in den Versuch investieren, die Rahmenbedingungen zu verändern, oder investiere ich das mir anvertraute Kapital anderswo? Meine Organverantwortung führt mich dann fast zwangsläufig zu einer Entscheidung, die ich persönlich nur ungern treffe. Wir haben da gewissermaßen auch als Volkswirtschaft eine Entscheidung zu treffen: Wollen wir, dass wir eine gesunde industrielle Basis haben? Nur vom gegenseitigen Haareschneiden und Beraten, das haben wir ja im vergangenen Jahrzehnt mehrmals gesehen, wird eine Volkswirtschaft nicht leben können.

Sagen wir es so: Unsere Interessenvertretun­ gen sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems!? Junghans: Das sehe ich differenzierter. Wenn man das diskutieren und ändern wollte, müsste man überlegen, ob man in die Politik oder in einen der Verbände geht, um dort die Legitimation zu erhalten, seine Beiträge zu leisten.

Stichwort Verteilungskampf: Erwarten Sie auch auf der Unternehmensebene härtere Auseinandersetzungen mit den Arbeit­ nehmervertretungen? Junghans: Natürlich, es handelt sich dabei ja um ein europäisches Phänomen, das sich, von Frankreich ausgehend, über die südeuropäischen Länder jetzt auch nach Nord-

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Fehlentscheidungen und Nicht-Entscheidungen entfalten ihre Wirkung oft erst nach Jahrzehnten

Michael Junghans


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MAN MUSS MIT DEN VERÄNDERUNGEN SCHON IN DEN GUTEN ZEITEN BEGINNEN

europa ausbreitet. Dem wird sich auch der Standort Österreich zu stellen haben. Aber man muss festhalten, dass in Österreich die Betriebsräte ein hohes Maß an Verantwortung für das jeweilige Unternehmen empfinden und sich konstruktiv einbringen. Prügger: Die Arbeitnehmervertreter im Betrieb sind meistens wesentlich unternehmerischer als die Interessenvereinigungen, denen sie angehören. Sie müssen dann einen gewissen Spagat in der Umsetzung schaffen. Aber es ist wirklich meine Erfahrung, dass manche Betriebsräte unternehmerischer denken und agieren als so mancher Kapitalvertreter. Junghans: Manche Themen, wie die Möglichkeit, ältere Arbeitnehmer dadurch länger im Arbeitsprozess zu halten, dass man für sie die Lohn­nebenkosten senkt – und sich im Ge­gen­zug im Bereich der Frühpensionen 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro jährlich spart, liegen längst am Tisch, aber es fehlt offenischtlich der Lei­dens­druck, um sie auch wirklich beschleunigt umzusetzen. Es scheint uns also zu gut und gleichzeitig zu schlecht zu gehen: Zu gut, um wirklich etwas zu ändern, aber zu schlecht, um mit den derzeitigen Ergebnissen wirklich zufrieden sein zu können. Junghans: Der Staat ist damit aber nicht allein. Es gibt ganz wenige Unternehmen, die es schaffen, die guten Zeiten für die notwendigen Restrukturierungen zu nutzen. Andy Grove, der damalige Chef von Intel, hat schon Mitte der 1990er Jahre ein Buch mit dem Titel „Only the Paranoid Survive“ geschrieben. Man muss mit den Veränderungen schon in den guten Zeiten beginnen. Staaten fällt das offensichtlich noch viel schwerer als Unternehmen.

Patrick F. Prügger

Was war der schlimmste Fehler, den Sie im abgelaufenen Jahr vermieden haben, kurz bevor er passiert ist? Prügger: Da denken Herr Junghans und ich wohl ans Selbe. Lenzing – als Aufsichts-

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organ zählen wir uns dazu – hat von einem Akquisitionsprojekt in China im Bereich Viskose Abstand genommen. Wir hatten die Erwartung, in einem konsolidierungsrelevanten Bereich eine Rolle spielen zu müssen, wo wir heute sehen, dass wir viel Wert vernichtet hätten. Interessant: Ich frage Sie nach Ihrem schlimms­ ten Fehler, und Sie erzählen mir, welchen Fehler von anderen Sie gerade noch verhindert haben. Prügger: Das ist ein fließender Übergang, denn im Aufsichtsrat sind wir diesen Weg ja auch lange mitgegangen, haben dann aber zu einem bestimmten Zeitpunkt Halt gemacht und gesagt: Nein, eigentlich wäre das keine gute Entscheidung. Was hat die Umkehr ausgelöst? Junghans: Zwei Aspekte. Erstens die Trans­ parenz, die wir uns über die Markt-Wett­ bewerbs-Dynamik verschafft haben. Zweitens die veränderten Erwartungen über die Preisentwicklungen beziehungsweise Differenzierungsmöglichkeiten in diesem Markt. Prügger: Und drittens haben wir gesehen, dass die üblichen Marktmechanismen mehr und mehr von politischen Fragestellungen überlagert wurden. Wir dachten zunächst, dass es sich dabei um ein kurzfristiges Phänomen handeln würde, haben aber noch rechtzeitig gesehen, dass das zumindest mittelfristig so bleiben würde. Die Reaktion auf solche Entwicklungen ist, dass es auch in Europa eine Renaissance des protektionistischen Denkens zu geben scheint. Junghans: Wir müssen uns eben überlegen, ob wir, wenn wir auf die Möglichkeiten von Konkurrenzunternehmen schauen, auf Kosten der Umwelt und der sozialen Standards zu produzieren, für einen fairen Wettbewerb eintreten oder nicht. Prügger: Wobei man in diesem Zusammenhang in den europäischen Stellungnahmen oft ein gutes Maß an Heuchelei identifizieren


kann: Wir werden doch nicht ernsthaft glauben, dass die Dominanz, die Europa und Amerika in den vergangenen drei Jahrzehnten erlangt haben, auf globaler Chancengleichheit beruht hat. Das ging zu Lasten des Wohlstandes anderer. Jetzt, wo wir unser hohes Niveau erreicht haben und die anderen aufholen, reden wir von Chancengleichheit. Man könnte ja die provokante Frage stellen: Vielleicht ist es unter globaler Perspektive besser und rich­­tiger, dass es sechs Milliarden Menschen wir­klich besser geht und die 600 Millionen – Euro­päer und Amerikaner –, denen es während der vergangenen 150 Jahre prächtig ging, jetzt ein wenig zurückstecken müssen. Eine Art ausgleichende Ungerechtigkeit ... Prügger: Letztendlich ist es das, ja. Und vielleicht liegt darin auch wieder eine Chance für uns. Wir werden uns zwar in vielen Bereichen neu erfinden müssen, aber wir sehen auch neue Märkte. Junghans: Der Anpassungsprozess wird aber sehr schmerzhaft werden. Man muss nur in der Geschichte zurückblicken und sich die Frage stellen, ob es möglich sein wird, die Folgen dieses Prozesses friedlich zu bewältigen. Was ist der Lieblingsfehler, den Sie gerade dabei sind zu begehen? Prügger: Dass ich meine Tochter gerade in einen englisch- und nicht in einen chinesischsprachigen Kindergarten schicke. Junghans: Dass wir glauben, die Kom­ plexität des globalen Unternehmertums wirklich noch aus Österreich heraus gesamthaft erfassen und abbilden können. Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass wir das nicht können. Warum würden Sie es denn gerne gesamt­ haft erfassen – weil es Ihnen ein Gefühl der Kontrolle vermitteln würde? Junghans: Weil es die einfachste Möglichkeit wäre, ein globales Unternehmen global

Michael Junghans

zu entwickeln. Aber es gibt diese globalen Kontinuitäten, diese globalen Entwicklungspfade so nicht mehr. Sie sagen „nicht mehr“. Hatten Sie denn je die Erfahrung gemacht, dass es möglich ist? Junghans: Vor 20 Jahren war das Umfeld doch deutlich einfacher, die Globalität der Phänomene war in diesem Ausmaß nicht gegeben.

Jetzt leidet der Westen unter ausgleichender Ungerechtigkeit

Sie hatten das also früher im Griff und heute nicht mehr. Wie reagiert man darauf? Junghans: Man beginnt viel stärker in Szenarien zu denken. Wenn ich es nicht überblicken kann, sind ja aber doch auch die Szenarien allesamt falsch. Junghans: In dem Bewusstsein müssen Sie agieren. Man beruhigt sich also damit, dass man wenigstens agiert hat. Prügger: Man ist vorbereitet, auch wenn man die Dinge nur noch sehr schwer pro­ gnostizieren kann. Interessant: Es scheint also als günstiger zu gelten, eine größere Zahl möglicher Fehler zu begehen. Prügger: Nein! Man stellt sich auf unvor­ her­sehbare Wechselwirkungen ein, die man auch schwer simulieren kann. Es gibt nicht mehr ein Budget, sondern man muss Maßnahmenpläne für eine Vielzahl möglicher Entwicklungen ausgearbeitet haben, eben in Szenarien denken.

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Michael Fleischhacker Chefredakteur der Presse von 2004 bis 2012, arbeitet derzeit am interessantesten Medienprojekt Europas: Er konzipiert eine vom Leser gegen Gebühr zu nutzende Online-Ausgabe des Qualitätsmediums Neue Zürcher Zeitung für den deutsch­ sprachigen Raum.


DAS ERFOLGSMODE AM PRÜFSTAND von Andreas Wörgötter

Kritischer Blick von außen: Perspektiven für die zukünftige Wettbewerbs­fähigkeit des Industrie­standortes Österreich

Österreich zählt zu den wenigen Ländern der westlichen Welt, die seit 60 Jahren auf einen kontinuierlichen Aufholprozess zurückblicken können. Österreich hat im Vergleich mit anderen Ländern Wettbewerbsfähigkeit bewiesen und ständig Produktivitätsfortschritte implementiert. Diese Fortschritte wurden – das ist eine Besonderheit – auf breiter Basis an alle gesellschaftlichen Teilnehmer des wirtschaftlichen Prozesses verteilt: Über Löhne, Gewinne und Steuern profitierten Arbeitnehmer, Unternehmenseigentümer und die Gesellschaft ganz allgemein vom Mehrwert, der in den Unternehmen – vor allem in den Industrieunternehmen – geschaffen wurde. Dieser Wohlstandszuwachs ist objektiv und subjektiv wahrnehmbar, der Befund ist bis in die jüngste Vergangenheit rundum positiv. Die Ökonomen interessiert vor allem die Frage, was dazu beigetragen hat, dass Österreich ohne Impulse von außen, also aus eigener Kraft, diesen beachtlichen Fortschritt erzielen konnte. Ich möchte hier nur einige wichtige Faktoren für das österrei­ chische Erfolgsmodell nennen: Unbestritten hat in der Vergangenheit die

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Sozialpartnerschaft günstige Rahmenbedingungen geschaffen. Der Aspekt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit war bei den Lohnverhandlungen unbestritten prioritär und wurde von allen maßgeblichen Entscheidungsträgern im Auge behalten. Die Wettbewerbsfähigkeit sollte nicht mutwillig über die Kostenseite aufs Spiel gesetzt werden. Die wesentlichen Player zeichneten sich, was die Entwicklungen in den Betrieben betraf, durch eine positive Einstellung zu Produktivitätssteigerungen, Innovation, Effizienz und Rationalisierung aus. Strukturanpassungen wurden durchaus gestaltet, weniger gelitten. Gleichzeitig galt – auch dies eine Besonderheit Österreichs – Vollbeschäftigung als hohes Ziel, und es wurde die – nicht billige – aktive Arbeitsmarkt­ politik von allen gesellschaftlichen Gruppen mitgetragen. Jedem sollte Arbeit ermöglicht werden, und jeder sollte bei seiner Entwicklung unterstützt werden. In Österreich wird jetzt der Ruf nach großen Reformen laut. Doch das österreichische Erfolgsmodell war bisher von der Politik der kleinen Schritte geprägt, und die einzelnen


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ELL kleinen Schritte waren von Pragmatismus charakterisiert. Ein Bereich, der derzeit Anlass zu echter Sorge gibt, ist der Bildungsbereich, in dem es mehrere Baustellen zu bearbeiten gibt. Ein Aspekt ist, dass es in Österreich viele Kinder mit Migrationshintergrund gibt, die aus „bildungsfernen“ Schichten stammen. Der Wert von Bildung wurde in diesen Fa­milien nicht erfahren und wird daher nicht ge­schätzt. Für solche Kinder – oft mit sprachlichen Defiziten – sind das unzureichende Angebot an Kinderbetreuung mit Bildungsangeboten, Halbtagsschulen und das System der frühen Entscheidung über die Bildungskarriere ein großer Nachteil. Das derzeitige System ist die Rezeptur für eine lebenslange – für die Gesellschaft teure – Beihilfenkarriere und verhindert die aktive Teilhabe an höherwertigen wirtschaftlichen Prozessen. In Skandi­ navien beispielsweise sind die Schulen so organisiert, dass die Lernbereitschaft der Kinder unabhängig vom Elternhaus entwickelt werden kann. Die derzeitigen systemischen Mängel im Bildungssystem könnten Österreich noch teuer zu stehen kommen, weil so die auf Österreich zukommenden Heraus­forderungen des globalen Wettbewerbs

möglicherweise nicht bewältigt werden können. Wenn anderswo Produkte und Dienst­leistungen besser und billiger produziert wer­ den können, ist Bildung der einzige Schutz­ mechanismus. Dabei geht es nicht nur um Wissen, sondern auch um Teamfähigkeit. Österreich hat in den letzten Jahrzehnten – wie es sonst nur der Schweiz, Luxemburg und Norwegen gelang – bei vielen Leis­ tungs­­indikatoren die anderen Länder hinter sich gelassen. Das darf bei der Diskussion um Reformen nicht vergessen werden. Daher sollten jetzt nicht die Mängel des Systems im Fokus des Diskurses stehen, sondern die Frage: Wie kann das System die Herausforderungen, die für die kommenden fünf bis zehn Jahre absehbar sind, annehmen? Ein Bildungssystem, das fragmentiert ist, von mehreren Verwaltungsebenen bestimmt wird und in dem der Schuldirektor zwar den Energielieferanten auswählen darf, aber nicht die unterrichtenden Lehrer, scheint dafür nicht prädestiniert zu sein. Ein zweiter Bereich mit Verbesserungs­ potential ist der Verwaltungsbereich, in dem das Bekenntnis zu Effizienz nicht in gleicher Weise ausgeprägt ist wie in den

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Das österreichische Erfolgsmodell war bisher von der Politik der kleinen, pragmatischen Schritte geprägt


Im öffentlichen Sektor gibt es noch zu wenig Verbündete für Effizienz

Unternehmen. Im öffentlichen Sektor gibt es für Effizienz noch zu wenig Verbündete. Hier steht die „Verwaltung“ im Vordergrund, nicht die Idee, dass es sich um Dienstleistungen handelt. Beispielsweise ist Österreich das einzige Land, das viele Krankenkassen hat, aber keine Wahlmöglichkeit für die Versicherten. Das bindet Ressourcen und verhindert das bessere Erfüllen der Aufgaben. Ein dritter Bereich ist die unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung älterer Personen. Dies verhindert, dass das Pensionssystem auch noch in zwanzig Jahren funktioniert. Hier müsste sich die Gesellschaft zu radikalen Lösungen durchringen – allerdings ist die aktuelle Situation die, dass sowohl die Unternehmen als auch die Arbeitnehmer den frühestmöglichen Antritt des Ruhestands wünschen. Ein wichtiger Schritt in Richtung globaler Wettbewerbsfähigkeit wäre die Angleichung der derzeit zu hohen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Dadurch nehmen Frauen weniger an der

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Wertschöpfung teil und wertvolle Ressourcen und auch Kreativität werden nicht genutzt. Im sich verschärfenden globalen Wettbewerb werden nur Länder bestehen, die alle Talente und Kräfte nutzen. Der Anteil der Industrie an der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist in Österreich höher als in anderen Ländern, auch höher als in Deutschland. Um diesen Wettbewerbsvorteil zu erhalten, muss die Bereitschaft und das gemeinsame Verständnis der Unternehmen und der Belegschaften für Innovation erhalten werden. Der Industrie­ standort kann nur durch Innovationen nachhaltig gesichert werden. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Innovationen nicht nur technologischer Natur sein müssen, sondern auch das Geschäftsmodell oder die sozialen Strukturen betreffen können. Die Österreicher sind flexibel im Organisieren von Synergien, ganz im Gegensatz beispielsweise zu Frankreich, wo das gemeinsame Bekenntnis zum wirtschaftlichen Erfolg und das „Ziehen an einem Strang in die gleiche Richtung“ nicht so ausgeprägt sind. An der


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RATIONALE VERWALTUNGSREFORMEN WERDEN VOM WÄHLER BESTRAFT Fähigkeit zur Adaptivität, die Österreich auszeichnet, muss allerdings täglich gearbeitet werden. Für die Zukunft der Industrielandschaft in Österreich sind auch ein funktionierender Kapitalmarkt und vor allem eine bessere Corporate-Governance-Kultur in den vielen Familienunternehmen erforderlich. In den kommenden fünf Jahren werden in rund zehn Prozent der Unternehmen die Nachfolgeregelungen getroffen werden müssen, und es ist nicht davon auszugehen, dass diese zur Gänze in den jeweiligen Familien erfolgen können. Das Angebot an Business Angels, Beteiligungskapital und Anleihefinanzierungen ist derzeit im Vergleich zu anderen Industriestandorten noch unterentwickelt. Im Bereich des fiskalischen Systems wird in Österreich großer Wert auf Einnahmen aus der Lohnsteuer gelegt. Arbeit und Leistung werden zu hoch besteuert, und auch nied­rige Einkommen sind über die Lohn­nebenkosten mit hoher Steuerlast belegt. Bei flexibler Wahl des Arbeitsplatzes kann dies proble-

matisch werden. Die Differenz der niedrigen Nettoeinkommen zu den Beihilfen ist zu gering. Hingegen ist die Vermögens­ besteuerung in Österreich unterbelichtet. Zu guter Letzt möchte ich den Einfluss der politischen Willensbildung auf die Wettbewerbsfähigkeit nennen: Die Struktur der öffentlichen Ausgaben ist das Ergebnis einer gesellschaftlichen Diskussion, wie viele Eier man in wie viele – und vor allem welche – Körbe legen möchte. Diese Diskussion wird irrational geführt, weil in Österreich beispielsweise rationale Verwaltungsreformen – wie in der Steiermark – vom Wähler abgestraft werden. Unbestritten sollte sein, dass Vorschule und Bildung sowie Innovationen unter Effizienzgesichtspunkten finanziert werden können. Geld alleine löst das Problem allerdings nicht, wie wir am Output der hohen Bildungsausgaben sehen. Das zentrale Kriterium öffentlicher Dienstleistungen muss sein, dass der gewünschte Effekt zufriedenstellend erreicht wird, damit Unternehmen und Bevölkerung am Standort die erforderliche Leistungstiefe vorfinden.

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Andreas Wörgötter Leiter der Division V der Länderberichtsabteilung im Economics Department der OECD, zuständig für die Wirtschaftsberichte über u.a. Österreich und Deutschland. Der habilitierte Volkswirt (TU Wien) leitete die Abteilung Ökonomie am IHS Wien und war Gast­ professor an der Central European University in Budapest.


DIE KRAFT DER LEITBETRIEBE von Herwig W. Schneider

Österreichs Leitbetriebe sind Kristallisationspunkte der Wirtschaft

Leitbetriebe sind die Zentren der Leitbetriebe sind Entscheidungs- und Kom­pe­­wirtschaftlichen tenzzentren meist multinationaler Unter­­ Dynamik nehmen bzw. Unternehmensgruppen und geben als solche wichtige Impulse für die gesamt­­wirtschaftliche Produktion, die Wert­ schöpfung und die Beschäftigung. Durch ihre Investitionen, ihre Forschungsaktivitäten und ihre Innovationen eröffnen sie Zukunfts­ potentiale für den gesamten Wirtschaftsstandort. Durch ihre Kooperation mit Dienstleistern und Lieferanten sind sie nicht nur ein unverzichtbarer Bestandteil gesamtwirtschaftlicher Wert­schöpfungsketten, sondern auch der Frequenzgeber für international wettbewerbsfähige Produktions- und Leistungsnetzwerke. Die Attraktivität einer Volkswirtschaft wird durch Leitbetriebe mitbestimmt

Die Attraktivität einer Volkswirtschaft wird durch Leitbetriebe mitbestimmt. Sie sind Drehscheiben in komplexen Netzwerken. Sie sind Produzenten von Gütern und Dienstleistungen und als Auftraggeber für externe Partner bzw. als Investoren in Maschinen und Systeme wesentlicher Wirtschaftsmotor. Sie setzen Ideen und Visionen in größerem Ausmaß und nachhaltiger als Betriebe mit durchschnittlicher Struktur um. Die fünf Eigenschaften eines Leitbetriebes Laut wissenschaftlicher Definition gibt es fünf wesentliche Eigenschaften zur Identifi-

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kation von Leitbetrieben: • Über ihre Netzwerke verfügen Leitbetriebe über ein gewisses, aber nicht uneingeschränktes Maß an Koordinations-, Leitund Entscheidungsbefugnissen, die über den eigenen Betrieb hinausreichen. • Mit der unternehmerischen Betätigung geht ein Mindestmaß an mittel- und unmittelbarer Wertschöpfungskraft einher. Große Leitbetriebe in Österreich bewirken über Multiplikatoreneffekte eine Wertschöpfungssteigerung in ihrem Umfeld, deren Ausmaß durchaus das Doppelte des eigenen Umsatzes ausmachen kann. • Leitbetriebe weisen ein überdurchschnittliches Maß an Marktmacht und damit an unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten auf Beschaffungs- oder Absatzmärkten auf. • Die grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivität ist ein grundlegendes Kriterium eines modernen Leitbetriebes. • Leitbetriebe sind in der Wahl ihrer Standorte freier und beweglicher als durchschnittliche Unternehmungen, weil sie selbst einen Standortfaktor darstellen. Headquarter großer internationaler Konzerne, die am Standort ausschließlich Verwaltungsund Zentralfunktionen übernehmen, sind – gemessen an der Input-Output-Relation – von geringerem gesamtwirtschaftlichen Wert als „regionale“ Leitbetriebe, die in der Umgebung des Unternehmenssitzes auch industrielle Wertschöpfung erbringen.


Heimliche und unheimliche Wirkungen von Leitbetrieben Seit mehr als einem Jahrzehnt werden österreichische Leitbetriebe vom Industriewissen­ schaftlichen Institut (IWI) erforscht. Ihre Bedeutung für die österreichische Volkswirtschaft lässt sich wie folgt zusammenfassen: Leitbetriebe in Österreich … … entscheiden mit hoher Autonomie über Wert­­­schöpfungsprozesse, die sich sowohl auf das Inland als auch das Ausland er­strec­ken. Die höhere Autonomie bewirkt ein Mehr an Stabilität bei konjunkturellen Schwan­kungen. … sind ein Motor für gesamtwirtschaftliche Produktion, Wertschöpfung und Beschäftigung. Im Durchschnitt generiert jeder in einem österreichischen Leitbetrieb erwirtschaftete Euro im Umfeld einen weiteren Euro an Wirtschaftskraft. Hinsichtlich der ausgelösten Beschäftigungseffekte ist die durchschnittliche Multiplikatorenwirkung mit dem Faktor 3 sogar noch deutlich höher. … sind überdurchschnittlich exportorientiert. Ihr positiver Beitrag zur österreichischen Leistungsbilanz ist signifikant. … lagern zu einem überdurchschnittlich hohen Anteil Dienstleistungen aus und sind dadurch die Triebfeder des Strukturwandels hin zu intelligenter Arbeitsteilung und modernen Produktionsstrukturen. … fragen qualifizierte Arbeitskräfte nach und dynamisieren dadurch den Wissenstransfer. … übernehmen Verantwortung für den For­

schungsstandort über die Angelpunkte „Wis­sens- und Technologietransfer“ sowie „Bil­dung und Qualifikation“. Dadurch wird die Grundlage für zukünftige Produktion, Wert­schöpfung und Beschäftigung geschaffen. … sind belastbare Partner für PPP-Projekte (z.B. Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr oder Energie). … betreiben durch ihre Marken und Unternehmensnamen Standortmarketing. … treten als Sponsoren kultureller, wissenschaftlicher oder sozialer Initiativen auf.

Die Zusammenarbeit mit einem Leitbetrieb erhöht die Wettbewerbsfähigkeit des Umfelds

Die Betriebe im Umfeld der Leitbetriebe nehmen am Erfolg der Leitbetriebe teil: So erhöht die Zusammenarbeit mit einem Leitbe­trieb nachweislich Umsatz und Gewinn der Lieferanten und steigert deren Konkurrenzfähigkeit.

Die Pflege eines Leitbetriebes Kluge und verantwortungsbewusste poli­tische Entscheidungsträger agieren „leit­betrieb-sen­ sibel“ und haben das notwendige Verständnis für grundlegende Zusammenhänge einer mo­dernen Volkswirtschaft. Ist dem nicht so – und darauf deuten derzeit die Ergebnisse sämt­­­licher bedeutender inter­nationaler Stand­­­ort­ rankings hin –, so werden wir alle in Öster­reich verlieren. Denn es gilt: Die Bedeutung von Leitbetrieben liegt nicht nur in der eige­­n­en Performance; im Verbund mit KMUs hal­ten sie den gesamten Wirtschaftsmotor in Gang.

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Herwig W. Schneider Leiter des Industriewissenschaftlichen Instituts, Wien, ist seit vielen Jahren in der außeruniversitären Wirtschaftsforschung tätig, Mitglied verschiedener Expertenarbeitsgruppen sowie Berater in wirtschafts-, rechtswissenschaftlichen und politstrategischen Angelegenheiten. Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen.


B&C weltweit

Produktionsstandorte der B&C Kernbeteiligungen

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AMAG

Ranshofen, Österreich Sept-Îles, Kanada

LENZING

Lenzing, Österreich Mobile, USA Grimsby, Großbritannien Paskov, Tschechische Republik Kelheim, Deutschland Heiligenkreuz, Österreich Purwakarta, Indonesien Nanjing, China

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SEMPERIT

Wien, Österreich Wimpassing, Österreich Sopron, Ungarn Surat Thani, Thailand Hatyai, Thailand Kamunting, Malaysien Odry, Tschechische Republik Waldböckelheim, Deutschland Rovigo, Italien Shanghai, China Belchatów, Polen Argenteuil, Frankreich Bethune, Frankreich Roha, Indien Shandong, China Deggendorf, Deutschland Fair Lawn, USA


AM Die AMAG Austria Metall AG ist Österreichs führender Hersteller von Aluminium­halbzeug- und Gießereiprodukten für die weiter­verarbeitende Industrie. Die Kombination eines hochspezialisierten integrierten Gieß- und Walzwerkes mittlerer Größe mit eigener Primärmetallversorgung ist einzigartig und stellt eine stabile Basis für die Geschäftsentwicklung der AMAG dar.

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MAG bauxit

Aluminerie Alouette Inc. AMAG casting

tonerde

Sept-Îles, Kanada 20 % Beteiligung

Ranshofen, Österreich

strom

elektrolyse

giessen

AMAG rolling Ranshofen, Österreich

walzen

Knetlegierungen

und die kraft von 1.564 mitarbeitern Gusslegierungen

schrott

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produkt


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Österreich wird völlig unterschätzt Spezialisten aus dem „kleinen“ Ranshofen in Oberösterreich sorgen mit smarten Produkten und einem millionen-­ schweren Investitionsprogramm in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten für Furore; AMAGVorstands­vorsitzender Helmut Wieser im Interview

Helmut Wieser ist seit 1. April 2014 neuer Vorstandsvorsitzender der AMAG Austria Metall AG. Wieser hat mehr als 23 Jahre Erfahrung in der Aluminium­­industrie. Vor seinem Wechsel zur AMAG war er Global Executive Vice President von Alcoa, dem weltweit größten Aluminium­hersteller.

Sie sind seit 1. April neuer Vorstandsvor­ sitzender der AMAG und verantworten ab jetzt das große Investitionsprogramm am Standort Ranshofen. Wie fühlen Sie sich dabei? Sehr gut. Ich hatte eine gute Übergabe vom langjährigen Vorstandsvorsitzenden Gerhard Falch, der das Programm umsichtig geplant und eingeleitet hat. Die Investitionen in Höhe von 220 Millionen Euro befinden sich jetzt in der Endphase. Sie stellen einen notwendigen und richtungsweisenden Ausbau für den Standort Ranshofen dar, damit die AMAG in Zukunft profitabel wachsen und eine erweiterte Produktpalette am Markt anbieten kann. Damit wird unsere Marktdurchdringung um einiges größer als bisher. Die AMAG folgt damit der Marktanforderung nach größeren Breiten und Dicken bei den Walzprodukten. Unsere Kunden wollen wachsen, und sie wollen mit der AMAG wachsen. Vor allem die Automobil- und die Flugzeugindustrie sehen im kommenden Jahrzehnt kontinuierliches Wachstum. Die Automobilindustrie – vor allem im Premiumbereich – ist mit gesetzlichen Reduk­tionen

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des CO2-Ausstoßes konfrontiert, und die Substitution von Stahl durch Aluminium wird in den USA und in Europa bis 2020 rasch voranschreiten. Die Flugzeugindustrie rechnet mit einer Verdoppelung der Flotte in den kommenden 20 Jahren, und bereits jetzt ist AMAG-Aluminium in einer Vielzahl von Verkehrsflugzeugen enthalten. Die AMAG setzt einen Teil ihrer Produkte in den USA ab. Hat es eine Alternative zur Investition in Ranshofen gegeben? Es gibt immer Alternativen, und wir haben uns alle angeschaut. Die beste Lösung war jedoch die Verstärkung der Kapazitäten und die Ausweitung der Anlagen und somit der Produktpalette in Ranshofen. Der Bau des neuen Warmwalzwerkes „AMAG 2014“ wird heuer abgeschlossen sein. Gibt es darüber hinaus weitere Investitionspläne? Das Strategieprojekt „AMAG 2020“ wird in den nächsten Monaten den Gremien vorgelegt werden. Danach wird über allfällige weitere Investitionen entschieden. Derzeit ist kein Ende des Wachstums absehbar.


WIR MÜSSEN UNSEREN WETTBEWERBSVORSPRUNG STÄNDIG AUSWEITEN

Ist mit diesen Eigenschaften die AMAG stärker als andere Wettbewerber? Ja, aber wir müssen diesen Vorsprung weiter ausbauen. Ranshofen hat ein Re­cyclingsystem wie sonst niemand in diesem Ausmaß. Wir haben eine RecyclingQuote von 80 Prozent, das spart nicht nur Energie­kosten, sondern bringt auch enorme Effizienzvorteile, weil wir sortenrein wiederverwerten können. Damit haben wir einen großen Wettbewerbsvorteil. Aluminium ist ein „infinite material“. Es ist zu 100 Prozent ohne Qualitätsverlust rezyklierbar. Eine gebrauchte Getränkedose ist nach sechs Wochen ohne Verluste wieder im Regal. Derzeit ist der Standort Österreich im Gerede. Wie sehen Sie unter den gegebe­ nen und diskutierten Rahmenbedingungen die Sinn­haftigkeit weiterer Investitionen in Österreich? Jedes Unternehmen braucht vor allem kompetente Mitarbeiter. Das ist die wichtigste Rahmenbedingung für Erfolg, und in Österreich genießen die Menschen eine gute, solide Ausbildung. Als Zweites ist für Helmut Wieser

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den Industriestandort eine hohe Produktivität unabdingbar, und diese muss man täglich verbessern. Bei diesem Wettbewerb wollen wir an vorderster Front bleiben, daher ist mein Motto: Um eine Nasenlänge voran sein! Ein drittes Kriterium ist Wissen und Technologie. Wir haben beeindruckende Kooperationen mit den Universitäten in Leoben und Zürich. Von dort holen wir uns die besten Absolventen. Alles in allem: Ranshofen ist ein sehr guter Standort. Natürlich haben wir hohe Lohn(neben)kosten, die muss man täglich durch steigende Produktivität rechtfertigen und verdienen. Wird der Industriestandort Österreich unterschätzt? Ja, Österreich wird völlig unterschätzt. In Österreich wird viel gejammert, aber mit der Kompetenz der Mitarbeiter können wir in der Industrie weltweit reüssieren. Wenn ich mit unseren Mitarbeitern in Forschung und Produktion spreche, spüre ich einen Drive, den ich in den USA so nicht erlebt habe. Aus diesem Grund sind Investitionsprogramme für Ranshofen die Basis für weiteres profitables Wachstum und die schönste Musik in meinen Ohren.

DER MARKT WÄCHST UND WIR WACHSEN MIT

Derzeit ist der Aluminiumpreis niedrig, und die Gewinne der Wettbewerber sind schwach. Welche Auswirkungen hat das auf die AMAG? Natürlich spüren wir das auch in unserer Bilanz. Aber während Wettbewerber hohe Verluste im 1. Quartal 2014 ausweisen, hat die AMAG zwar schwächere Ergebnisse, ist aber immer noch hoch positiv. Warum? In Kanada produzieren wir zu niedrigen Kosten das Primäraluminium. In Österreich rezyklieren wir mit großen Kostenvor­ teilen, und wir beliefern Kunden­gruppen, die in wachsenden Märkten aktiv sind. Es gilt kein Jammern: Auch bei schwierigen Rahmenbedingungen müssen wir immer führend sein. Wie bewerten Sie die relativ geringe Unter­ nehmensgröße der AMAG?

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Das sehe ich als Vorteil. Wir haben alles unter einem Dach, und wenn ich ein Problem lösen will, ist das ganze Team in einer halben Stunde im Besprechungszimmer. Die kritischen Erfolgsfaktoren für die AMAG sind Flexibilität, Responsiveness auf Kundenanforderungen und Geschwindigkeit, und dafür haben wir genau die richtige Größe – und den arbeitsplätze richtigen Spirit.

bauzeit Auf der einen Seite investieren Sie 220 investition Millionen Euro, anderer­ seits sprechen viele von produktion geringer Visibilität. Wir werden die Invesdimension titionssumme aus dem Cashflow darstellen. Die Visibilität ist für uns daher kein Problem. Außerdem haben wir im Flugzeuggeschäft Verträge mit einem Rahmen von drei bis fünf Jahren, und die Industrie wächst auf lange Frist. Denken Sie alleine an China, da gab es im Jahr 2012 an die 20 Millionen Flugtouristen, im Jahr 2016 werden es 100 Millionen Chinesen sein, die mit dem Flugzeug verreisen. Volkswagen rechnet mit einem Anstieg der jährlichen globalen PKW-Produktion von derzeit 80 Millionen auf 108 Millionen im Jahr 2020. Es wächst also der Markt, und wir wachsen mit. Wird das Wachstum der AMAG immer aus Ranshofen heraus entstehen? Unser Wachstum wird von Kunden generiert. Deshalb schauen wir uns auch die unterschiedlichen Internationalisierungsstrategien anderer Industrieunternehmen genau an. Eines ist klar: Das Wachstum wird immer aus Investitionen kommen, die uns produktiver und besser machen. Das ist auch unsere Strategie: From good to excellent!


Großinvestition in Ranshofen

200 Mitarbeiter

220 Mio EUR 30 Monate

225.000 Tonnen

bisher:

165 x 650 x 12,7 cm

ab 2015:

230 x 1.200 x 15,5 cm

Maximale Plattengröße 220 Millionen Euro werden bis Juni 2014 in ein neues Warmwalzwerk, die Errichtung einer Platten­­fertigung und den Ausbau einer Fertig­waren­halle investiert. Die Produktionskapazität des Walzwerkes

konnte um 75.000 Tonnen auf 225.000 Tonnen erhöht werden. Durch diesen Ausbau werden mittelfristig ca. 200 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die neue Anlage ermöglicht auch eine Ausweitung

des Produktportfolios: In Zukunft können Aluminiumplatten mit deutlich größeren Dimensionen hergestellt werden.

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351. Absatz in Tonnen

Steigerung von 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Vollauslastung ist erreicht.

Kennzahlen

786.445.000 =C

ebitda eigenkapitalquote verschuldungsgrad

122,8 Mio EUR 62,4 % 8,7 %

Umsatz Nach Segmenten 63 % Segment Walzen 24 % Segment Metall 13 % Segment Gießen

Standorte Produktion: Ranshofen/Österreich, Sept-Îles/Kanada Vertriebstöchter: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Tschechische Republik, Türkei, USA, Taiwan, Singapur Handelsvertretungen: Bulgarien, Italien, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Indien, Israel, Korea, Mexiko, Taiwan, China

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.700 100 Mio EUR

Forschung & Entwicklung 6,0

6,2

2010

2011

7,0

maximaler Wert des Großauftrages von EADS an AMAG für Aluminium­platten, -bleche und -bänder für alle aktuellen Airbus-Typen.

8,0

in Mio EUR

2012

2013

+ 50 % Steigerung der Kapazitäten durch das Investitions­programm „AMAG 2014“. Dadurch wird auch eine Erweiterung der Produkt­palette erreicht.

Nach Regionen 51 % 15 % 10 % 18 % 06 %

Westeuropa (ohne Österreich) Österreich Übriges Europa Nordamerika Asien, Ozeanien, Sonstige

> 90 % ist der Anteil rezyklierten Alu­ miniums an „AMAG Green Alu“. Diese Inno­vation wird erstmals bei einer Premium­­­marke eines führenden deutschen Auto­ mobil­herstellers eingesetzt. Es trägt auf­grund des geringeren Gewichts und des hohen Recycling­anteils zur Verringerung des CO2-Ausstoßes bei.

Kurschart 25

40,9 %

24 23

Anteil der B&C Industrieholding am Grundkapital der AMAG; damit größter Aktionär des Unternehmens.

22 21 20 ’13 Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez ’14 Feb Mär Apr Mai

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Eine unendliche Geschichte Ganzheitliches Aluminium-Recycling auf höchstem technischen Niveau

RESSOURCENSCHONUNG DURCH PROZESSOPTIMIERUNG

Aluminium hat viele herausragende Eigenschaften, die das Metall als Werkstoff so wertvoll machen, aber die herausragendste ist vielen unbekannt: Aluminium ist ein „infinites“ Metall, das heißt, es kann unendlich oft rezykliert werden, ohne dass Materialmenge oder -eigenschaften verloren gehen. Diesen Umstand nützt die AMAG seit Jahren und steigert damit ihre Wettbewerbsfähigkeit. Aluminium-Recycling ist eine wesent­ liche Säule des AMAG-Konzerns geworden.

ursprünglichen Energieeinsatzes benötigt, sodass Leichtbau aus Aluminium-RezyklatLegierungen über die positiven Effekte, die während der Produktion, des Betriebes und dann wieder bei der Entsorgung (= Recycling) entstehen, deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Werkstoffen aufweist.

Um den ökologischen Fußabdruck gering zu halten, werden bei der Auswahl von Werkstoffen zum Beispiel für Autos zunehmend die Ergebnisse von Ökobilanzen berücksichtigt. Dabei werden systematisch die Umweltauswirkungen von Werkstücken während der Produktion, der Nutzungsphase und der Entsorgung – also über den gesamten Lebenszyklus hinweg – erfasst.

Die AMAG ist eines der größten AluminiumRecyclingunternehmen in Europa, mit einer Verarbeitungsmenge von mehr als 200.000 Tonnen Aluminiumschrott pro Jahr. In Ranshofen kann aufgrund geeigneter Schmelzaggregate ein sehr breites Spektrum an Einsatzstoffen verarbeitet werden. Somit kann die AMAG von sauberen, blanken Schrotten über kunststoffbehaftete Profile bis hin zu stark oxidhaltiger Ofenkrätze nahezu alle Schrotte verarbeiten. Sortenreines Recycling ist in Ranshofen kein Schlagwort, sondern ein sorgfältig geplantes Geschäftsmodell.

Aluminium liefert in der Nutzungsphase von Automobilen über den durch das geringere Gewicht bedingten verringerten Treibstoffverbrauch einen positiven Effekt auf die CO2-Bilanz des Fahrzeugs. In der Herstellung von Primäraluminium schlägt jedoch ein hoher Energieverbrauch negativ zu Buche. Beim Recycling von Aluminiumlegierungen hingegen werden nur mehr 5 Prozent des

Die AMAG hat in den vergangenen Jahren sukzessive ihr Recycling Center Ranshofen mit der Kompetenz verstärkt, eingesammelte Schrotte aufzubereiten, um die Vorzüge des Wertstoffes Schrott besser und effizienter zu nutzen. Die AMAG ist somit in der Lage, alle Aluminiumschrotte der Kunden zu übernehmen, aufzubereiten und als hochwertige Guss- und Knetlegierungen in

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jeder gewünschten Form, wie zum Beispiel Bleche, Platten oder auch Flüssigaluminium, an die Kunden zurückzuliefern – und das alles aus einer Hand. Die AMAG bietet den Kunden einen geschlossenen Kreislauf an – ein besonderer Beitrag zur Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette. Die Gusslegierungen der AMAG sind nahezu ausnahmslos aus Recyclingmaterial hergestellt – auch die speziell auf Kundenanforderungen abgestimmten Legierungen. Die Walzprodukte der AMAG werden mit einem hohen durchschnittlichen Recyclinggehalt gefertigt, was besonders für hochfeste Legierungen gilt. AMAG Green Alu erfüllt daher die Erwartungen, die an einen nachhaltigen Werkstoff gestellt werden. Die AMAG kann entlang der Wertschöpfungskette wie kaum ein anderes Unternehmen der Branche Erfolge und Wettbewerbsvorteile beim Thema sparsamer Energieeinsatz und CO2­-Bilanz nachweisen. Sie ist mit 20 Prozent am kanadischen Primäraluminium-Erzeuger Alouette beteiligt, der ausschließlich elektrischen Strom aus

Wasserkraft einsetzt. Darüber hinaus ist die Produktion in Kanada aufgrund der angewandten Technologie so effizient, dass sie im Vergleich zu den Mitbewerbern um etwa 6 bis 7 Prozent weniger Energie pro Tonne benötigt. In Österreich werden rund 80 Prozent der gesamten Aluminiumproduktion aus Alu­ Schrott gewonnen. Dafür ist lediglich ein Zwanzigstel der Energie erforderlich, eine Einsparung von 95 Prozent. Die Mitbewerber der AMAG können im Durchschnitt einen Schrottanteil von lediglich 30 bis 40 Prozent aufweisen. Dazu kommt, dass die AMAG der einzige Hersteller weltweit ist, der sämtliche Legierungsfamilien herstellen und somit alle Schrottsorten an einem Standort verwerten kann. Auch nach der Steigerung der Produktionsmenge, die durch die Großinvestitionen ermöglicht wird, soll die hohe Recyclingquote erhalten bleiben. Kreislaufdenken und „Green Aluminium“ sind für die Verantwortlichen in Ranshofen keine Schlagworte, sondern Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg und somit Teil des Geschäftsalltags geworden.

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AMAG Green Alu wird mit einem Rezyklat-Anteil von über 90 Prozent hergestellt


MADE IN AUSTRIA von Helmut A. Gansterer

Das Edel-Prädikat gilt auch für die Austrianer selbst

1. In höflicheren Zeiten gab es das so genannte Legitimationsprinzip. Ein Autor, der die Ehre hatte, einen Essay wie diesen zu schreiben, musste nachweisen, dass ihm das Thema vertraut war. Greifen wir diese noble Übung auf. Ich glaube, über das Selbstbild und das Fremdbild der Österreicher Bescheid zu wissen. Beide lernte ich als Publizist kennen. Das Selbstbild als Kolumnist im eigenen Land. Das Fremdbild als Mitarbeiter ausländischer Medien (GEO, Merian, Focus, Bilanz, du, Berner Tageszeitung) und als Reporter auf zehn Weltreisen, die ich hauptsächlich für trend, profil und autorevue unternahm. Beide Bilder des Österreichers waren lange Zeit falsch. Das Fremdbild wurde im Lauf der Zeit realistischer, beinahe korrekt. Das Selbstbild blieb elend und wirklichkeitsfern.

Helmut A. Gansterer Kindheit: Mit 24 jüngster Chefredakteur Österreichs, ab 29 längstdienender Herausgeber (trend). Branchen-Spitzname: Edelfeder. Jugend: Ab 40 Publizistik-Preise ad Wirtschaft, Poli­ tik, Erfolgs­psychologie, Kunst. Spitzname: Allzweckwaffe. Reife: Ab 60 dreimal „Buchliebling Österreichs“, MagazinEssays, Vortrags-Tourneen, Fotografie, 15-teilige TV-Serie „Gansterer zur Geisterstunde“. Aktuelles Buch: „Darf man sich’s urgut gehen lassen?“ (ecowin) Hauptwerk: „Endlich alle Erfolgsgeheimnisse“ (ecowin)

2. Fremdbild Im alten Jahrhundert verrieten mir berühmte Konzernherrn wie Kaku, Kishimoto, Yamamoto (Japan), Shih (China), Scully, Young, Hewlett, Gates (USA) freimütig die Rezepturen ihrer Triumphe für mein Buch „Endlich alle Erfolgsgeheimnisse“. Grund ihrer Offenheit: Sie sahen in Österreich keine Wirtschafts-Konkurrenz. Sie fanden sogar witzig, dass ein Wiener Journalist

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den Unterschied von Umsatz und Gewinn kannte, als handle es sich um Dur und Moll, was so nebenbei oft ein guter Vergleich ist. Sie waren ganz benommen von der KunstKraft des kleinen Landes Austria. In den 1990er-Hype-Jahren, als Gemälde bis zu 1 Millarde Schilling kosteten, vergötterten sie neben Van Gogh und Picasso auch die Österreicher Klimt und Schiele. Vor allem aber bewunderten sie die Alpenrepublik als ewiges Schöpfungsparadies und Inter­ preta­tions-Hochburg der E-Musik: Mozart, Schubert, Mahler, Bruckner, Korngold, Schönberg, Berg, Symphoniker, Philharmo­ niker. Sie begriffen sogar Beethoven als Österreicher, ich habe nie protestiert. Ein Österreicher war für die Asien & USAKonzernherrn grundsätzlich ein „Tänzer und Geiger“ à la Johann Strauss, niemals Manager oder Unternehmer. Unsere wirtschaftswesentlichen Denker wie Schumpeter (Nationalökonomie), Drucker (Management), Dichter (Motivation) und Watzlawick (Soziologie) wurden als zufälliges Fallobst eines Kunstgartens angesehen. Das war gut so. Österreichs brillante Unternehmen (KMU und kleine Industrie-Riesen) konnten sich in Ruhe als „hidden champions“ entwickeln, zumal man vorwiegend unsichtbare B2B-Produkte und Investitionsgüter herstellte. Dieser „Segen der Stille“ ist vorbei. Österreich ist als Doppelbegabungs-Land enthüllt. Daran


sind auch Endprodukt-Fabri­kanten mit globalem Marketing-Geschick schuld. Beispiele: Red Bull, KTM und die Edel-Winzer. „Made in Austria“ ist „Swiss made“ und „Made in Germany“ ebenbürtig, in Nischen überlegen.

3. Selbstbild Die Österreicher sind die letzten, die von sich überzeugt werden müssen. Auch die meisten Führungskräfte sind Flagellanten. Als Selbstgeißler stufen sie sich niedrig ein. Oder ist das ein Trick, um immer wieder zu verblüffen? Jüngst sagte ich im trend-Interview einem Vorarlberger Unternehmer (wo man den Ball besonders flach spielt): „Mich nerven die niedrigen Ränge, die Sie sich selbst

zu­weisen. Kokette Bescheidenheit ist schlimmer als aufrichtige Prahlerei.“ Grosso modo gilt: Ambitionierte Österreicher sind fleißig, nicht faul. Sie zeigen es nur nicht. Sie haben eine monarchistische Eleganz bewahrt. Sie arbeiten still, aber unverschwitzt, notfalls auch über Nacht. Sie reden nicht über Arbeit, sondern arbeiten. Sie sind auch halbwegs selbstironisch, ziemlich sensibel und extrem kreativ. Die einzige Erklärung dafür: eine günstige Blutmischung der einstigen Kronländer. So wurde man flexibel, einfallsreich und effizient. Etwa so wie auch unter Hunden eine Straßenpotpourrie schlauer ist als ein reinrassiger, nervöser Afghane. Fazit: Österreicher werden gern vom quali­ tätsorientierten Ausland eingekauft, wie brasilianische Fußballspieler.

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„Den ganzen Tag lang hatte ich daran denken müssen, dass ich durchaus berechtigt war, mich für ein Original zu halten“ Paul Theroux: ORLANDO oder die Liebe zur Fotografie


LENZ Die Lenzing Gruppe ist ein international tätiger Viskosefaserproduzent und führender Anbieter in vielen Business-to-Business-Märkten. Die Lenzing Gruppe ist der einzige Hersteller weltweit, der in großindustriellem Maßstab alle drei Generationen von Man-made Cellulosefasern – von der klassischen Viskose- über Modal bis zur Lyocellfaser (TENCEL®) – unter einem Dach vereint.

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ZING Ăśsterreich 45 %

indonesien 29 %

china 13 %

struktur

6.675 mitarbeiter

tschechien 6%

nach Ländern

usa 3%

deutschland

co2-ale r neut

2%

ktion

Produ

grossbritannien 2%

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Ständige Kurskorrektur Nach harten Entscheidungen richtet Lenzing den Blick wieder in die Zukunft; das Geschäftsmodell steht aber ständig am Prüfstand

Herr Untersperger, wie geht man als CEO mit einer plötzlichen Veränderung der Rahmen­ bedingungen in dieser Dimension um? Für die Öffentlichkeit ist der Einbruch unerwartet ge­ kommen, wie haben Sie die Entwicklung erlebt? Das war auch für viele Menschen im Unternehmen ein Schock, und das ist es zum Teil bis heute, obwohl wir seit mehr als zwei Jahren mit fallenden Preisen am Markt konfrontiert sind. Wenn die Preise zum ersten Mal um 10 oder 15 Prozent sinken, geht man davon aus, dass es sich um eine kleine Delle handelt. In der Zwischenzeit – nach 11 Quartalen – ist aber im Markt eine deutliche Schockstarre eingetreten und man hofft, dass es nicht schlimmer wird. Wir haben uns mit

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der Situation auseinandergesetzt und Maßnahmen getroffen: Anpassung der Strategie, Restrukturierung, Neuorganisation, Kostenund Personaleinsparungen. Seit einem Dreiviertel Jahr wirken diese einschneidenden Maßnahmen, und viele – auch der Betriebsrat – fragen sich, ob Einsparungen bei 225 Millionen EBITDA wirklich notwendig waren. Wir sehen aber heute, dass die Maßnahmen unverzichtbar waren und möglicherweise weitere Schritte erforderlich sind. Derzeit beträgt die Visibilität des Marktes nur etwa einen Monat, das ist sehr kurz, besonders im Fasergeschäft. Im Nonwovens-Geschäft – Fasern für Hygieneartikel – beträgt die Visibili­tät immerhin noch drei Monate. Um


IN DER KRISE BRAUCHT MAN EIN GUTES TEAM

Peter Untersperger

auf den Punkt zu kommen: Es ist nicht leicht, mit dieser Marktsituation umzugehen. Wie haben Sie sich als Führungskraft der Krise gestellt? Worauf kommt es an? Am wichtigsten ist, mit sich selbst ins Reine zu kommen und der Realität ins Auge zu sehen. Das war auch für mich nicht so leicht. Aber man entwickelt mit zunehmender Erfahrung die Fähigkeit, sich auf neue Umstände rasch einzustellen. Ist ein Ende des Preisverfalls abzusehen? Momentan gehen wir davon aus, dass der Preisverfall bis 2015 anhalten wird. Wir nehmen zur Kenntnis, dass wir in schlechten Zei-

ten anderen Einflussfaktoren ausgesetzt sind. Wir sind wesentlich abhängiger vom Baumwollpreis. Wir haben auch damit zu kämpfen, dass in China eine Subventionspolitik für Baumwolle herrscht, die sowohl die Angebotsals auch die Nachfrageseite direkt und indirekt massiv beeinflusst. Das ist für uns eine völlig neue Situation. Die Herausforderung besteht darin, neue Lösungen zu finden. Das schafft man nicht alleine, dazu braucht man ein gutes Team. Man braucht das Verständnis der Aktionäre und des Aufsichtsrates. Wir haben über defensive Maßnahmen gesprochen. Wie schaffen Sie in dieser Situ­ ation die Motivation für eine Offensive, damit

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Peter Untersperger ist seit mehr als 25 Jahren bei der Lenzing Aktiengesellschaft tätig. Nach seiner Rückkehr aus Indonesien wurde er 1999 zum Finanzvorstand der Lenzing ernannt; seit 2009 ist er Vorstands­vorsitzender.


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das Team nach neuen Chancen und neuen Produkten sucht? Nach drei Monaten der Innensicht wenden wir unsere Aufmerksamkeit mit ganzer Kraft nach außen. Wir haben seit Anfang 2014 eine völlig neue Organisationsstruktur. Wir gehen noch mehr zu den Kunden, bieten Lenzing als Partner an und schlagen neue Lösungen vor. Wir fokussieren uns auf attraktive Märkte und leistungsfähige Kunden. Sie stehen im Zentrum des Geschehens. Einige wollen, dass Sie weniger harte Entscheidungen treffen. Wie groß ist die Versuchung in solchen Momenten, die Maßnahmen abzufedern? Das ist eine persönliche Herausforderung, und man muss die Durchsetzungskraft dafür haben. Man braucht die Unterstützung der Aktionäre und des Aufsichtsrates, um einen konsequenten Kurs einzuschlagen. Wir wissen noch nicht genau, wie lange die schwierige Marktsituation anhalten wird, aber es werden wieder „normale“ Zeiten kommen. Dafür wollen wir gerüstet sein, um zu unserer früheren Ertragsstärke zurückzukommen. Gleichzeitig investieren wir 150 Millionen Euro am Standort Lenzing – die größte Investition an diesem Standort. Dort ist in den letzten 18 Monaten ein großes TENCEL®-Werk entstanden. Dieses Werk hat Symbolkraft und soll allen Mitarbeitern zeigen: Hier steht die Zukunft. Hier arbeitet eine Anlage, die es in dieser Technologie, in dieser Größenordnung weltweit noch nie gab. Dafür steht Lenzing: große technologische Herausforderungen umzusetzen.

Dafür steht Lenzing: große technologische Herausforderungen umzusetzen

Sie zweifeln also nicht daran, dass Lenzing seine globale Wettbewerbsposition wieder­ erlangen wird? Daran zweifle ich keine Minute. Wir arbeiten massiv an jenen Punkten, die wir verbessern können, beispielsweise an der Kostenstruktur. Und wenn der Markt wieder in Gang kommt, sind wir vorbereitet. Ihr Markt ist zu 60 Prozent in Asien. Wird das Headquarter in Oberösterreich bleiben? Wird Oberösterreich ein industrieller Produktions­ standort bleiben?

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Davon kann man ausgehen, insbesondere da wir in den letzten fünf Jahren 1,2 Milliarden Euro investiert haben, sehr viel davon in den TENCEL®-Standort in Lenzing und die Integration von Zellstoff. Wir stoppen jetzt nicht alle Investitionen, wir investieren zurzeit nur nicht in Viskose. Bisher hat die Balance zwischen Kostenbasis und Produktivität im globalen Wettbewerb gestimmt, weil die hohe Produktivität die Kosten in Österreich kompensieren konnte. Ist diese Balance jetzt in Gefahr? Diese Balance ist durchaus in Gefahr. Die Personalkosten in Österreich verzeichneten im vergangenen Jahr den arbeitsplätze stärksten Anstieg aller EU-Länder – seit 2008 bauzeit sind sie um 18,9 Prozent gestiegen. Selbst in Deutschland war die investition Steigerung nicht so hoch wie bei uns – und wir produktion sind bei der Arbeitszeit­ flexibilisierung zurück. Wo sehen Sie die Quellen der Wertschöpfung in fünf Jahren? Wir werden in den nächsten fünf Jah­ren bei den Spezialitäten wachsen – Modal, TENCEL®, Nonwovens. Bei den ViskosefaserStandorten in China, Indonesien und Lenzing arbeiten wir an der Verbesserung der Kosten. Welche Wettbewerbsvorteile hat Lenzing gegenüber den Mitbewerbern? Wir produzieren und verkaufen weltweit. Wir haben Top-Ingenieure und Entwickler mit Erfahrungswissen. Wir haben eine loyale Mannschaft, auch in China und Indonesien, England und Amerika. Unsere Stärke besteht darin, bei Schwierigkeiten die Ärmel hochzukrempeln, die Dinge beim Namen zu nennen, die Probleme gemeinsam zu lösen und den Blick auf die Kunden zu richten.


Neue TENCEL®Produktionsanlage 140 Mitarbeiter

24 Monate

150 Mio EUR

67.000 Tonnen

Der Bau der ersten TENCEL®-JumboProduktionsanlage am Standort Lenzing liegt trotz der schlechten Witterung zu Beginn 2013 im Zeitplan. Nach einer geplanten Bauzeit von rund 24 Monaten

können voraussichtlich um die Jahresmitte 2014 die ersten TENCEL®-Fasern im neuen Werk produziert werden. 150 Millionen Euro wurden in die neue Anlage investiert, die nach einer Anlaufphase eine Jahres­

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nennkapazität von 67.000 Tonnen TENCEL®-Fasern aufweisen wird. Die TENCEL®-Produktion in Lenzing wird 140 neue hochwertige Arbeitsplätze am Standort Lenzing schaffen.


890. Faserabsatz in Tonnen Steigerung um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Kennzahlen

1.908.869.000 =C

ebitda eigenkapitalquote capex

225,4 Mio EUR 45,5 % 252,1 Mio EUR

Umsatz Nach Segmenten 92 % 03 % 03 % 02 %

Segment Fibers Segment Engineering Segment Sonstige Aufgegebene Geschäftsbereiche

Standorte Produktionsstandorte Faser: Lenzing und Heiligenkreuz/Österreich; Mobile, Alabama/USA; Grimsby/Großbritannien; Nanjing/China; Purwakarta/Indonesien Zellstoff: Paskov/Tschechische Republik, Lenzing/Österreich Produktionsstandorte Technik: Lenzing/Österreich; Nanjing/China Produktionsstandort Acrylfasern: Kelheim/Deutschland

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.700 150 Mio EUR

Forschung & Entwicklung 22,7

27,2

28,3

2010

2011

2012

werden in Lenzing investiert, das ist die größte Investition an diesem Standort. Es entsteht ein TENCEL®-Werk mit einer Anlage, die sowohl technologisch weltweit führend sowie in dieser Größenordnung einzigartig und zukunftsweisend für Lenzing ist.

31,1

in Mio EUR

2013

120 Mio EUR jährlich wird Lenzing bis Ende 2015 durch die Umsetzung des Kostenoptimierungsprogramms exelLENZ 2.0 einsparen.

Nach Regionen 49 % 32 % 09 % 08 % 02 %

Asien Europa (ohne Österreich) Österreich Amerika Restliche Welt

67,6 % Anteil der B&C Industrieholding am Grundkapital der Lenzing; damit größter Aktionär des Unternehmens.

Kurschart 80 70 60 50 40 30 ’13 Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez ’14 Feb Mär Apr Mai

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b&c | jahrbuch 2013 | lenzing

Investition mit Symbolkraft Die größte Investition der Lenzing findet soeben in Oberösterreich statt: die neue TENCEL®-Anlage ist eine technologische Herausforderung

90 Prozent der Produktion der Lenzing AG werden in Asien abgesetzt. Dennoch findet die jüngste – und bedeutendste – Investition der Unternehmensgeschichte in Oberösterreich statt, am traditionellen Standort in Lenzing. Es geht um die Errichtung der neuesten Produktionsanlage für TENCEL®-Fasern, mit einem Volumen von 150 Millionen Euro eine der größten aktuellen Industrie-Investi­ tionen in Österreich und die größte Investition am Standort Lenzing. TENCEL®-Fasern werden derzeit in Heiligenkreuz, Grimsby (UK) und Mobile (Alabama, USA) produziert. Die neue Anlage ist tatsächlich ein technologisches Wagnis. Betrug bisher die Jahreskapazität eines Werkes in der LyocellProduktion maximal 20.000 Tonnen, wird das neue Werk auf einer Produktionsstraße 67.000 Tonnen pro Jahr herstellen können. Die Fertigstellung ist noch für 2014 geplant, danach werden 140 Mitarbeiter dort qualifizierte Beschäftigung finden. „Dieses Werk hat Symbolkraft und soll allen Mitarbeitern zeigen: Da steht die Zukunft. Hier arbeitet eine Anlage, die wir in dieser Technologie, in dieser Größenordnung weltweit noch nie hatten. Dafür steht Lenzing: große technologische Herausforderungen umzusetzen“, fasst CEO Peter Untersperger

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die unternehmerische Dimension dieser Investition in Worte. „Wir stellen uns auf eine schwierige Marktsituation ein, gleichzeitig investieren wir in unsere Spezialitäten wie Modal und TENCEL®, um hohe Qualität in großer Menge herstellen zu können. Das verschafft uns wesentliche Vorteile gegenüber unseren asiatischen Mitbewerbern. Wir bauen Lenzing zum zentralen SpezialitätenStandort der Gruppe aus.“ Lenzing ist weltweit der einzige Produzent, der alle drei Generationen von industriell hergestellten Cellulose-Fasern, Viskose, Modal und TENCEL®, global anbietet. Lenzing ist der einzige Faserhersteller, der TENCEL® in kommerziellem Maßstab produziert, und kann auf eine über 20-jährige Erfahrung in der Produktion der Lyocell-Faser TENCEL® verweisen. Eine der großen Forschungsschwerpunkte von Lenzing ist nach wie vor die Weiterentwicklung dieser Technologie. Lenzing betreibt neben der industriellen Produktion drei Pilotanlagen, an denen neue Anwendungen der TENCEL®-Fasern im industriellen Maßstab getestet werden. Am Standort Lenzing wird ein Forschungs­ zen­trum betrieben, in dem rund 170 Mitarbeiter­innen und Mitarbeiter an der Weiter­­ent­wicklung von Produkten und


Produktionstechnologien arbeiten. Es ist welt­ weit eines der führenden Forschungszentren für Cellulose-Chemie. Lenzing entwickelt auf Basis der Fasereigenschaften immer neue Anwendungsbereiche für seine Fasern. Zudem testet Lenzing das Verhalten der Fasern in der gesamten Wertschöpfungskette selbst aus. Dieselben High-Tech-Maschinen, die bei Kunden von Lenzing zum Einsatz kommen, stehen im Testzentrum. So können die Fasereigenschaften auf die Bedürfnisse der Kunden angepasst werden. Für TENCEL® wird wie bei Viskose der Rohstoff Holz verwendet. Die Cellulose wird herausgelöst, wobei das Lösungsmittel zu 99 Prozent rezykliert werden kann. Um die Verarbeitungseigenschaften der Fasern zu verbessern, werden Avivagen aufgebracht, die vollständig biologisch abbaubar sind. Der TENCEL®-Produktionsprozess ist besonders umweltschonend und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Europäischen Umweltpreis und der Euroblume, dem Europäischen Umweltzeichen. Das optimale Feuchtigkeitsmanagement der TENCEL®-Fasern macht diese für den Einsatz in Heimtextilien wie Bettwäsche, Damenoberbekleidung oder Sportkleidung attraktiv,

auch Jeans werden durch den Einsatz der TENCEL®-Fasern geschmeidiger. Auch in sensiblen Segmenten wie Hygiene, Medizin und Kosmetik sind die Umweltfreundlichkeit und die biologische Abbaubarkeit wesentliche Kriterien für den Absatzerfolg. Dank ihrer hohen Festigkeit und bestimmter physikalischer Eigenschaften kommen TENCEL®-Fasern in einer Reihe von technischen Anwendungen zum Einsatz, etwa als Separatoren in Hochleistungs-Batterien. Aus TENCEL® hergestellte Carbon-Fasern können zudem elektrische Energie speichern – ein völlig neues Anwendungsgebiet, das noch ganz am Anfang steht.

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TENCEL® WIRD CO2NEUTRAL PRODUZIERT


AUS GUT GEMEINT WIRD ENDLICH GUT Sie kennen solche Situationen wahrscheinlich gut: Die Lage einer Organisationseinheit in Die Routine unter-­ Ihrem Verantwortungsbereich ist kritisch. Die brechen, Zukunfts­bilder operativen Ergebnisse verschlechtern sich, und schaffen: der Start strategisch ist absehbar, dass es noch schlimeines Transformations-­ mer kommen wird, die Risikopositionen also prozesses dauert oft steigen. Die Verantwortlichen sind dennoch länger als ursprünglich optimistisch und gehen von besseren Entwickgedacht lungen in den nächsten Monaten aus. von Alexander Doujak

Eine weitere Perspektive: Ein Unternehmens­ bereich ist relativ stabil und liefert beständig Ergebnisse. Ein externer Vergleich mit Wettbewerbern zeigt, dass auf der Umsatz- und Ergebnisseite noch erhebliche Potentiale bestehen. In einer Diskussion mit dem verantwort­ lichen Managementteam werden Relevanz und Vergleichbarkeit in Frage gestellt, ein Veränderungsbedarf wird daher nicht gesehen. Es ist eigentlich paradox: Die Nähe zum „Business“ ist essentiell für jedes verantwortliche Managementteam, um erfolgreich zu

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sein. Diese Nähe scheint in vielen Fällen aber auch zur Folge zu haben, dass strategische Verwerfungen, wie wir sie zum Beispiel 2008 in vielen Unternehmen erlebt haben, eher von Personen(gruppen) gesehen werden, die etwas weiter vom „Business“ entfernt sind. Die Verantwortlichen sehen sprichwörtlich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Auf der anderen Seite geben die etwas weiter weg stehenden Eigentümer, Aufsichtsräte, CEOs, Spartenvorstände und so weiter (oft kombiniert mit externen Beratern) gut gemeinte Ratschläge, die nicht bei den Betroffenen landen. Auch hier sprichwörtlich beschrieben: „gut gemeint“ wird als Gegenteil von „gut“ empfunden. Was oft folgt, sind Polarisierungen, die eines nicht schaffen: Veränderungsbereitschaft und Aufbruchstimmung. Die Kernfrage könnte also lauten: Wie kann genügend Bereitschaft und Fähigkeit zur Veränderung aufgebaut werden, damit sich


die betroffene Einheit nachhaltig verändert und ihr „Spiel-System“ so verbessert, dass eine Krise abgewendet wird bzw. Potentiale ausgeschöpft werden? Systemisch betrachtet liegt die Lösung in dem Aufbau eines „Interventions-Systems“, in das schrittweise Stakeholder integriert werden, die die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit stärken. In einer ersten Phase, die man „Die Routine unterbrechen – wir müssen uns verändern“ nennen könnte, geht es vor allem darum, die Akzeptanz für den Handlungsbedarf aufzubauen. Ich würde raten, mit einer Vielzahl von Maßnahmen vorzugehen: Externe Expertise durch die klassischen Unternehmensberater nur dann, wenn sie wirklich notwendig erscheint, besser sind Interventionen wie die Einbindung von Kunden. Situations-Analysen durch parallel laufende Teams, Workshops, in denen es vor allem darum geht, unterschiedliche Perspektiven einzubringen. Ein deutscher Automobilhersteller hat „Dissens“ als eine von 12 Grundüberzeugungen de­finiert, um gerade das für diese Phase so not­wendige Hinterfragen als Teil der Unternehmenskultur zu fördern. Ein Schlüssel in dieser Phase ist das Finden der notwendigen Schlüssel­personen im Unternehmen, die auch als Personen für die Zukunft stehen. Ist ein getroffener Beschluss zur Veränderung offiziell gemacht und gibt es die notwendige Überzeugung, dass es „so nicht mehr weiter­ gehen soll“, heißt es in der nächsten Phase „Zukunftsbilder schaffen und die Route planen“. Der Start eines Visionsprozesses, also die Diskussion darüber, wohin die Reise langfristig gehen soll, ist sicherlich eine probate Methode für diese Phase. Essentiell ist die Frage der Einbindung von Schlüsselper­sonen. In Krisenzeiten wird eher eine Taskforce zu organisieren sein, bei der Suche nach Potentialen wird es auf jeden Fall zielführend

sein, die zweite und eventuell auch die dritte Managementebene mit einzubinden, über deren tatsächliches Qualifikationsniveau jedoch Klarheit bestehen muss. Neben der rein inhaltlichen Formulierung der Vision ist die kommunikative Umsetzung entscheidend: Wirkt die Vision wie ein Branding-Prozess oder wie eine langfristige Werbe-Kampagne? Leitfragen können sein: Was emotionalisiert und mobilisiert die betroffenen Personen am meisten? Wie kann die Change-Story einfach und wirksam dargestellt werden? Welche Medien eignen sich dafür am meisten? Welches Symbol steht für die Vision? Binden Sie schließlich möglichst viele Stakeholder aktiv ein beziehungsweise lassen Sie diese an der Umsetzung mitwirken. Mitwirkung erhöht die Akzeptanz für die Veränderung, gibt Kraft und Gestaltungsmöglichkeit. Und dies ist schließlich auch das Ziel: Veränderungsbereitschaft und Aufbruchsstimmung.

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Alexander Doujak Gründer und Managing Partner von Doujak Corporate Development, einer international agierenden Unternehmensberatungsgruppe; langjährige Erfahrung als Mitglied und Vorsitzender von Aufsichtsräten. Weiterführende Gedanken zu der oben beschriebenen Thematik sind in dem 2014 in zweiter Auflage erscheinenden Buch „Harte Schnitte/Neues Wachstum“ (Barbara Heitger, Alexander Doujak) enthalten.


SEMP /4 8

semperflex

52 sekto r: in dus tr ie /

sektor: mediz in

%

semperit gruppe

atz s um

Nummer 3–4 Westeuropa

hydraulikschläuche Nummer 3–4 weltweit

atz ms %u

sempermed

industrieschläuche

förderbänder Nummer 3 weltweit

operationshandschuhe

semperform

> 15 % Marktanteil Europa

handläufe

untersuchungshandschuhe

International führend

> 10 % Marktanteil Europa

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sempertrans


PERIT die ersten operationshandschuhe ohne allergene

Semperit ist eines der traditionsreichsten Industrieunternehmen Europas. Die frühen Anfänge der Semperit AG Holding reichen bis ins Jahr 1824 zurück. Die international ausgerichtete Unternehmensgruppe konzentriert sich in ihrem Produktportfolio auf bewährte Kompetenzbereiche, in denen sie zu den Marktführern gehört: die Herstellung von medizinischen und industriellen Produkten aus Kautschuk und Kunststoffen.

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INNOVATION IST DAS WICHTIGSTE REZEPT FÜR UNSEREN ERFOLG

Thomas Fahnemann

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b&c | jahrbuch 2013 | semperit

Forschung und Produktion verflechten Semperit hat nahezu sämtliche Forschungs­ aktivitäten in Niederösterreich konzentriert. Was qualifiziert Wimpassing zu einem welt­ weiten Kompetenzzentrum für Forschung und Entwicklung? Semperit kann auf eine 190-jährige Un­ter­ nehmensgeschichte zurückblicken, den Standort in Wimpassing gibt es seit über 160 Jahren. Deshalb ist auch hier unsere Forschungszentrale. Denn in Wimpassing wird das „Rezeptbuch“ aufbewahrt, das mehr als 5.000 Anleitungen für verschiedenste Gummi­ mischungen enthält. Das ist der Schatz, unsere Kernkompetenz, unsere Stärke. Außerdem haben wir in Wimpassing mit Ausnahme der Transportbänder eine industrielle Produktion. Wir können also in unmittelbarer Nähe zur Forschung sofort ausprobieren, ob die Entwicklungen auch unter industriellen Bedingungen funktionieren. Wimpassing ist zum Beispiel der einzige Produktionsstandort für Operationshandschuhe in der westlichen Welt. Unsere jüngste Erfolgs­geschichte ist

Sempermed Syntegra UV, ein synthetischer OP-Handschuh, der absolut allergiefrei ist. Das ist eine bahnbrechende Entwicklung, mit der wir nicht nur in den USA sehr erfolgreich sind. Wir sind auch sehr stolz auf das neue Förderband Ecobelt, das 25 Prozent weniger Energie verbraucht. Damit sind wir Lieferant von RWE geworden, ein Türöffner für diese Produktgruppe. Das zeigt, wie wichtig Innovation für unser Geschäft ist. Unser Erfolg beruht darauf, dass wir in Wimpassing die Rezeptur des Gummis entwickeln sowie die Technologie und die Prozesse. Und wir ent­ wickeln auch gleichzeitig die Vermarktung. Semperit bezieht den Rohstoff aus Südostasien, die Produktion zum Beispiel der Handschuhe findet in Österreich, Thailand und Malaysia statt, die Absatzmärkte befinden sich in den USA, Europa und Asien, Forschung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wie kann in Wimpassing Forschung und Entwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelingen?

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In Wimpassing wird das Know-how der weltweiten Produktions­standorte von Semperit gebündelt und weiterentwickelt: ein Gespräch mit Thomas Fahnemann, Vorstandsvorsitzender von Semperit

Thomas Fahnemann ist seit 2011 Vorstandsvorsitzender der Semperit AG Holding. Nach führenden Posi­ tionen bei Trevira und KoSa (USA) in den 1990er Jahren kehrte er 2003 als CEO und Vorstandsvorsitzender der Lenzing nach Österreich zurück. Bis 2010 war er Vorstandsvorsitzender der RHI AG.


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Die Asiaten kopieren Wir bilden unsere jungen Wissenschafter nicht nur, sie sind selber aus. Es gibt in Europa keinen Lehrauch sehr kreativ stuhl für Kautschuk oder Gummi, und außer Conti in Hannover und Semperit in Wimpassing gibt es keine Entwicklungsstätten. Wir rekrutieren junge Wissenschafter aus Polen, Ungarn und Tschechien und haben dabei eine Frauenquote von 60 Prozent, darauf sind wir stolz. Wir schicken unserere F&E-Mitarbeiter auch hinaus zu unseren Produktionsstätten nach Asien, aber entscheidend ist das Zentrum des Wissens hier in Wimpassing, wo alles unter einem Dach stattfindet. Deshalb haben wir auch massiv investiert, über 25 Millionen Euro, und weitere Investitionen werden folgen. Das Wichtigste ist: Forschung und Produktion müssen nahe aneinander sein, denn wir forschen und entwickeln marktnah. Wie stellen Sie bei Forschung und Entwick­ lung die Verbindung zu den großen Absatz­ märkten dar? Die Nähe zu den Absatzmärkten ist – so seltsam das in unserer kundenorientierten Welt klingen mag – nicht die große Herausforderung. Unsere Forscher brauchen die Nähe zur Produktion. In Malaysia gibt es Lehrstühle für Handschuhproduktion, denn dort befinden sich 60 Prozent der Weltmarktproduktion. Natürlich tauschen wir uns mit dieser Institution aus und wir entsenden Mitarbeiter dorthin. In Polen kooperieren wir eng mit den Universitäten im Hinblick auf die conveyor belts, die Förderbänder. In Österreich, das eine gute Infrastruktur im universitären Bereich bietet, können wir unseren Bedarf an Forschern nicht mehr decken – es gibt zu wenige Technikstudenten, zu wenige Naturwissenschafter.

Wie bei anderen österreichischen Weltmarkt­ führern beruht der Erfolg von Semperit auf europäischer Technologie. Gibt es Anzeichen dafür, dass es in Asien Ansätze für neue Lösungen und Verfahren gibt und unsere Technologie­führerschaft in Frage gestellt wird? Wir müssen auf unsere Technologie­ führerschaft sehr achten. Wir dürfen die Asiaten nicht unterschätzen, denn sie kopie-

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ren nicht nur, sie sind auch sehr kreativ. Die Quantität der Wissensproduktion verursacht auch einen qualitativen Unterschied. Wir bekommen in Österreich zehn ausgebildete Verfahrenstechniker pro Jahr, chinesische Universitäten bilden 5.000 Absolventen jährlich aus. Auch die Einstellung zu Leistung und Innovation ist in Asien eine andere. Wir brauchen keine Angst zu haben, aber wir dürfen uns nur nicht ausruhen. Wir müssen uns ständig weiterentwickeln. Derzeit ist aber die Flexibilität das größere Thema, denn wir brauchen jedes Jahr mindestens 3 Prozent Produktivitätssteigerung, alleine um die Erhöhung der Personalkosten zu kompensieren. Wie hoch ist bei Semperit der Anteil der „jungen“ Produkte am Umsatz? Bis gestern lag bei Semperit der Fokus auf Kosten und Prozessoptimierung. Mit dem systematischen Innovationsmanagement fangen wir jetzt erst an, und wir erarbeiten gerade die erforder­lichen Kennziffern. Wir wollen mit unseren Innovationen Geld verdienen, deshalb müssen wir mitarbeiter auch zu vielen Entwicklungsprojekten „nein“ investition sagen. Wir sehen, dass time to market projekte immer kritischer für den Erfolg wird, deshalb produktion sind Mitarbeiter aus dem Marketing und dem Vertrieb Mitglieder der Entwicklungsteams. Wir wollen und müssen deutlich schneller werden. Die Herausforderung ist, dass es nicht nur um Geschwindigkeit geht, sondern auch um das richtige Geschäftsmodell für ein Produkt. Wahrscheinlich muss die Industrie in Zukunft mehr Dienstleistung anbieten, um mehr Kundennutzen und damit Kunden­ bindung zu erzielen.


Forschungszentrum Wimpassing 340 Mitarbeiter

8 Mio EUR

63 Projekte

50 Patentfamilien

Die im Forschungszentrum Wimpassing gesteuerte Forschungs- und Entwicklungs­ tätigkeit der Semperit Gruppe konzentriert sich auf die 3 Säulen der Werkstoff-,

Produkt- und Prozessentwicklung. 340 Mitarbeiter konnten mit einem finanziellen Einsatz von rund 8 Millionen Euro im Jahr 2013 63 F&E-Projekte unterschiedlicher

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Größenordnung zum Abschluss bringen. Über 50 Patentfamilien verdeutlichen die Innovationskraft der Semperit Gruppe.


27.000 Tonnen

globale Jahresproduktion von Kautschuk. Davon entfallen rund 15 Mio Tonnen auf synthetischen, knapp 12 Mio Tonnen auf Naturkautschuk.

Kennzahlen

906.342.000 =C

ebitda eigenkapitalquote cashflow aus dem ergebnis

132,5 Mio EUR 48,3 % 116,2 Mio EUR

Umsatz Nach Segmenten 48 % 21 % 17 % 14 %

medizin: Sempermed industrie: Semperflex Sempertrans Semperform

Standorte Zentrale: Wien, Österreich Sempermed: Österreich, Ungarn, Frankreich, Großbritannien, China, Thailand, Malaysia, Singapur, USA, Brasilien, Chile, Deutschland Semperform: Österreich, Ungarn, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China, Singapur, USA Sempertrans: Österreich, Polen, Frankreich, Indien, China, Singapur, Indonesien, Indien Semperflex: Österreich, Tschechische Republik, Italien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, China, Thailand, Singapur, Indonesien, USA, Brasilien, Indien

50


0.000 ≈ 10.300

Forschung & Entwicklung investitionen mitarbeiter projekte abgeschlossen

Mitarbeiter sind weltweit für Semperit im Einsatz: mehr als 7.000 bei Sempermed, rund 1.500 bei Semperflex, mehr als 1.700 bei Sempertrans und Semperform.

8 Mio EUR 340 63

≈ 40 Mio EUR beträgt das Investitionsvolumen für die Erweiterung der Förderbandproduktion von Sempertrans, das ist die größte organische Investition der Unternehmensgeschichte von Semperit.

Nach Regionen 61 % 22 % 17 %

Europa Nord- und Südamerika Asien, Afrika und andere Länder

100 Mio EUR Auftragsvolumen für die nächsten fünf Jahre umfasst der Großauftrag von RWE. Sempertrans wird damit FörderbandHauptlieferant des deutschen Energiekonzerns.

Kurschart 40

54,2 %

35

Anteil der B&C Industrieholding am Grundkapital der Semperit; damit größter Aktionär des Unternehmens.

30 25 ’13 Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez ’14 Feb Mär Apr Mai

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b&c | jahrbuch 2013 | semperit

Das Wissen, das im Gummi steckt

Von Wimpassing aus setzt Semperit seine weltweite Forschungs­strategie um

Johannes Steiner gehörte zum Gründungsteam der Tageszeitung „Der Standard“, wo er als Wirtschaftsredakteur arbeitete. Steiner verbindet ökonomisches Fachwissen mit einer Leidenschaft für Wissenschaft, Forschung und Innovation.

„Unser Produktionsstandort im tschechischen Odry ist nur drei Autostunden entfernt. Mit E-Mail und Telekonferenzen funktioniert die Zusammenarbeit problemlos“, sagt Roman Hochenauer. Er leitet in der Semperit-Forschungszentrale im niederösterreichischen Wimpassing die Materialentwicklung für die Produktion von Hydraulik- und Industrie­ schläuchen, mit denen der Konzern etwa ein Fünftel des Gesamtumsatzes erwirtschaftet, und koordiniert die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Odry, wo Semperit im Jahr 1998 Europas größte Schlauchfabrik übernommen hat. Die Zusammenarbeit dezentraler Standorte in der Gruppe ist das Organisationsprinzip für Forschung und Entwicklung im SemperitKonzern: F&E-Abteilungen gibt es über Europa und Asien verstreut an den Produktionsstätten. All deren Aktivitäten vor Ort werden aber vom F&E-Zentrum in Wimpassing aus koordiniert und gelenkt. „Jeder Leiter eines Bereichs hier in der Forschungszentrale ist auch verantwortlich für die korrespondierende F&E an den verschiedenen Standorten“, erklärt Armin Holzner, der Konzernleiter für Forschung und Entwicklung. Sie berichten an den Vorstand, entwickeln Jahrespläne für die Forschung in ihren Bereichen und setzen diese mit den Mitarbeitern an den Standorten um.

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Die Philosophie hinter diesem Organisa­ tionsprinzip erklärt Holzner so: „Semperit hat sich mit den Produktionsstandorten auch viel wertvolles Know-how eingekauft. Das soll dort auch weiter wachsen. Unsere Aufgabe ist es, dafür die Richtung vorzugeben – entsprechend unserer Gesamtstrategie.“ Hier am Standort selbst sind 65 Frauen und Männer in der Forschung beschäftigt. Im modernen, futuristisch anmutenden Zentralgebäude etwa arbeiten Chemiker, Physiker, Kunststoff- und Verfahrenstechniker an grundlegenden Entwicklungspotentialen, die alle Produktionsbereiche in der Semperit Gruppe betreffen. Am Firmengelände steht auch noch das Herrenhaus, das sich Firmengründer Josef Reithofer errichten ließ, als er 1852 die erste Fabrik für Kautschukprodukte hochzog. Wenige Jahre zuvor hatte Charles Goodyear die Vulkanisation entdeckt. Vulkanisation macht aus Kautschuk Gummi: Was für den Laien einfach klingt, setzt hoch­ komplexe Prozesse voraus, hinter denen enorm viel Forschung und Entwicklung steckt. „Da“, so Holzner, „geht es etwa um die Opti­ mierung der Mischungsverhältnisse verschiedener Kautschuk- und Russsorten, um Haftungsverhältnisse zwischen Gummi und anderen Materialien oder um die optimale


Methode der Vulkanisation“. Insgesamt wer­ den im Konzern jährlich rund 8 Millionen Euro in F&E investiert, das ist knapp ein Prozent des Umsatzes (2013: 906 Millionen Euro). Europaweit forschen etwa 130 Menschen in der Semperit Gruppe, dazu kommen noch rund 200 Entwickler in den Semperit-Nieder­ lassungen in Indien, China, Thailand und Malaysia. Die daraus resultierende Innova­ tionskraft bemisst sich in rund 50 Patent­ familien, über die die Gruppe heute verfügt. Ein wichtiges Patent kam erst im vergangenen Jahr hinzu. Mit dem „Sempermed Syntegra UV“ wurde ein Operationshandschuh aus synthetischem Latex auf den Markt gebracht. „Dies ist eine wichtige Entwicklung, weil die im Naturlatex enthaltenen Proteine vereinzelt bei Anwendern zu allergischen Reaktionen führten“, erklärt Holzner. Jährlich werden in Wimpassing 130 Millionen Paar dieser hauchdünnen Gummihandschuhe gefertigt. Zusammen mit den vorwiegend in den südostasiatischen Semperit-Niederlassungen produzierten Schutzhandschuhen trägt diese Produkt­sparte die Hälfte des Gruppenumsatzes. Daher liegt hier auch ein wichtiges Feld für die Forschung. „Um etwa die Bildung dieses feinen Gummifilms für die Handschuhe noch besser zu verstehen“, fährt Holzner fort, „müssen wir noch vielen Fragen ganz fundamental auf den Grund gehen.“ Deshalb kooperiert Semperit auch intensiv mit den Technischen Universitäten in Graz und Wien und mit der Montanistischen Uni in Leoben. Auch im Polymer-Kompetenzzentrum PCCL in Leoben ist Semperit mit drei Projekten engagiert. Eines davon gehört zu Hochenauers Aufgabenbereich: „Für den Bereich Festkautschuk, insbesondere in der Produktion von Hydraulikschläuchen, forschen wir gemeinsam mit der TU Graz an der Verbesserung der Haftung zwischen Gummi und Festigkeitsträgern aus vermessingtem Stahldraht. Hier bei Semperit forschen wir nach der

optimalen Mischungsrezeptur für den Gummi, ein Dissertant in Graz beschäftigt sich mit der Modifikation der Metalloberfläche“. Zu den großen Herausforderungen der Konzernforschung von Semperit gehört die permanente Suche nach Einsparungen beim Materialaufwand. „Die Materialkosten betragen rund 60 Prozent vom Umsatz, der effiziente Materialeinsatz wird deshalb zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor“, so Holzner, der mit seinen Teams jedes Jahr versucht, neuerlich einen Vorsprung zu entwickeln.

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Die Materialforschung bringt Semperit den entscheidenden Vorsprung


OHNE WISSENSCHAF INNOVATION von Dietmar Harhoff

Über talentierte Wissenschafter, rebellische Erfinder und kreative Gründer

Die erste Frage, die ich in den Raum werfen möchte, ist: Warum wird einer Forscher? Wo liegt die Triebfeder für die Kreativen? Manche kluge Feuilletonisten meinen, Innovation sei eine erzkapitalistische Angelegenheit. Da sträubt sich was in mir, denn es gibt zwei Aspekte, die darauf hinweisen, dass dieser Satz nicht stimmt. Den ersten Hinweis nennt man „taste for science“ und bedeutet, dass der Forscher in einem unabhängigen Forschungsinstitut einen Abschlag von 30 Prozent auf ein vergleichbares Salär in der Industrie in Kauf nimmt. Die meisten Forscher sind also in der Wissenschaft tätig, weil sie die Freiheit der Forschung über alles schätzen. Den zweiten Hinweis entnehme ich der New York Times aus dem Jahr 2004: Einer Gruppe von Hackern gelang es, den Chip einer deutschen Edellimousine zu knacken. Nicht nur das, die Hacker haben dann auch den Algorithmus optimiert und den Hersteller dies wissen lassen. Sie können sich vorstellen, wie das den deutschen Ingenieuren im Unternehmen unter die Haut ging.

Dietmar Harhoff Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation der deutschen Bundes­­regierung, zwischen 1998 und 2013 Professor an der LMU München, seit 2013 Direktor am Münchener Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Den Hackern ging es in erster Linie darum, ihre Überlegenheit zu beweisen, indem sie die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 250 km/h beseitigten. Aber neben dieser rebellischen gab es eindeutig auch eine konstruktive Motivation. Die Chips wurden verbessert und der Automobil­produzent koope-

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riert mittlerweile mit jenen Leuten, die ihre Fähigkeiten so „rebellisch“ demonstrierten. Ich will damit festhalten, dass das Streben nach Innovation komplexere Treiber hat als reine Profitgier. Wissbegier, spielerische Neugier, unangepasstes Verhalten spielen auch mit. So viel zu Innovation – aber jetzt reden wir über Wissenschaft. In etablierten Unternehmen hat Innovation nicht unbedingt eine gute Reputation. Innovation ist unsicher, rund 50 Prozent aller Projekte schlagen fehl. Und so haben wir seit den 1970er Jahren eine Betrachtungsweise, die Risiken vermeiden möchte. Das Innovationscontrolling entwickelt neue Keyperformance-Indicators. Das zentrale Problem wird dabei ignoriert: Überraschung vorher zu sehen ist nicht möglich, radikale Innovation kommt aber aus Überraschungen. Riskante Projekte verschwinden mehr und mehr aus den Portfolios der Industrie. Nehmen wir als Beispiel den Audi 100, ein im Jahr 1968 entwickeltes Erfolgsmodell, das Audi den Weg in die Liga der etablierten Premium-Hersteller öffnete. Es wurde ohne Wissen des Vorstandes als U-Boot-Projekt von einzelnen Mitarbeitern entwickelt und der VW-Konzernchef setzte die Markt­einführung durch, als er es von seinen intrinsisch motivierten Ingenieuren präsentiert bekam. Es gibt Schätzungen, dass im deutschsprachigen Raum 15 bis 20 Prozent der F&E-


FT KEINE Budgets in solche U-Boot-Projekte fließen. Dies zeigt vor allem das unternehmerische Potential der Mitarbeiter und den Innovations-Drive, der aus „Unzufrieden­heit“ mit der strategischen Planung resultiert. Ich bin nicht sicher, dass dies den Unternehmen schadet. Denn dieses rebellische, unternehmerische Verhalten überwindet das Dilemma der Etablierten: das Dilemma, das den großen Erfolg in einer Technologiegeneration zu einem Hemmnis für Erfolg in den nächsten Generationen macht. Lassen Sie mich an dieser Stelle auf den neuen Innovationswettbewerb eingehen. Also einen Wettstreit der Kreativen, einen Wettbewerb, der sich um die Wissenschafter, um die Erfinder und um die Gründer dreht, und um besonders leistungsfähige Teams. Deshalb gehen europäische Unternehmen mit ihren Forschungsabteilungen nach Asien oder ins Silicon Valley, sie gehen dorthin, wo die besten Talente sind. Und wo gehen die Wissenschafter und Gründer hin? Sie orientieren sich nicht nur an den finanziellen Möglichkeiten, sondern an der Qualität des Arbeitsumfeldes. Sie gehen dorthin, wo die Forschungsmöglichkeiten optimal sind. Bis vor zwei Dekaden war Forschungs- und Innovationspolitik die Domäne von Industrienationen. Heute dreht sich der globale Wettbewerb darum, intellektuelle Kapazitäten aufzubauen, Hochschulen und Forschungsinstitute einzurichten, Patente

und wissenschaftliche Publikationen zu erstellen. Asiatische und lateinamerika­ nische Länder haben in dieser Disziplin die höchsten Wachstumsraten. Probleme wird das alte Europa erst dann bekommen, wenn es versucht, sich vom in­ter­ nationalen Strom besonders talentierter Menschen abzukoppeln. Wir müssen lernen, einen „brain-gain“ zu organisieren, und dafür bedarf es attraktiver Arbeitsmöglichkeiten in der Wissenschaft und international aus­gerichtete Studien. Der Wissenschaftsbetrieb in den USA beispielsweise würde zusammenbrechen, wenn die Ausländer nicht mehr ins Land kämen. Die neuen Innova­tionsnationen in Asien werden Ähnliches tun. Und wir werden uns diesem Wett­ bewerb stellen müssen, und dazu werden wir ein wenig schneller und viel weniger behäbig werden müssen. Wissenschaft wird als Innovationsquelle an Bedeutung gewinnen. Wissenschaft ist ein wichtiges Saatbeet für Wertschöpfung geworden. Um systematisch den Markt­erfolg zu sichern, brauchen wir jedoch ein umfassendes Innovationssystem, das neben einer wirksamen Schnittstelle zwischen Forschung und Industrie auch aus Wagniskapital, Inkubatoren, Gründern und Ähnlichem besteht. Gerade das sind jene Bereiche, in denen wir uns in Österreich und in Deutschland deutlich schwerer tun als beispielsweise die skandinavischen Länder oder die Schweiz.

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Wir sind die B&C Alexander Steffel Sigrid Engleitner Susanna Gvozdenovic Nora Dvorak Andreas Schmidradner Edina M贸dos Thomas Zimpfer Mathias Breuer Silvia Wieselmayer Michael Hofner Mariella Schurz Brigitte Trebos Patrick F. Pr眉gger Michael Junghans Sonja Reichinger



b&c | jahrbuch 2013

Bericht der Geschäftsführung Der globale Wettbewerb ist härter geworden, und er wurde im Jahr 2013 nicht nur zwischen Unternehmen ausgefochten, sondern auch mit Instrumenten von Währungspolitik und Rohstoffpreisen zwischen den Wirtschaftsregionen. Für exportorientierte bzw. global tätige Unternehmen – wie sie für Österreich typisch sind – bedeutet dies eine Zunahme der Komplexität und der Risiken. In Zusammenhang mit den sich verschlechternden Rahmenbedingungen in Österreich (Stichworte: Energiepreise, Lohnnebenkosten) ist das Führen und Entwickeln von Unternehmungen mit ständig steigenden Herausforderungen verbunden. Die rapide Veränderung des Wettbewerbsumfeldes unserer Kernbeteiligung Lenzing Aktiengesellschaft war eines der Haupt­ themen für die B&C Industrieholding im ver­ gangenen Jahr. Für die Organe der Lenzing galt es darum, das Unternehmen an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Der Faserpreis – ein wichtiger Parameter für Gewinn oder Verlust bei Lenzing – ist seit 2012 um rund 30 Prozent gesunken, wobei offen ist, auf welchem Niveau eine Bodenbildung erfolgt. Angesichts der Personalkosten, die in China ein Siebentel und in Indonesien ein Zwölftel des österreichischen Niveaus

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betragen, gilt es Maßnahmen zu entwickeln, die für Lenzing rasch und nachhaltig ein profitables Geschäftsmodell ermöglichen. Die Maßnahmen sind hart und scheinen auf den ersten Blick nicht für alle Stakeholder verständlich, sie zeigen jedoch ihre positive Wirkung. Wir sind zuversichtlich, dass damit und im Zusammenspiel mit der neuen TENCEL®-Produktion in Oberösterreich Lenzing einen Teil seiner Wettbewerbsstellung wieder zurückgewinnen kann. Als Aufsichtsräte und Mehrheitseigentümer haben wir gemeinsam mit den anderen Aufsichtsräten den Vorstand bei der Umstrukturierung und der Neuausrichtung unterstützt und ihn gemeinsam mit unseren Kollegen konsequenterweise auch personell verstärkt. Das wird Aufgabe bleiben. Bei der AMAG Austria Metall AG mit Sitz in Ranshofen hat die B&C Gruppe ihre Anteile von 29,9 auf rund 38 Prozent aufgestockt. Eine über Syndikate strukturierte, von der B&C angeführte Gruppe bestehend aus B&C, Oberbank und Arbeitnehmerprivatstiftung kontrolliert mehr als die Hälfte der Stimmrechte, so dass die Kontrolle über die Gesellschaft langfristig abgesichert ist. Die AMAG konnte das große Investi­tionsprogramm fortsetzen sowie die Technologieführerschaft


b&c | jahrbuch 2013

absichern und wird dadurch sowohl die Kapazitäten als auch die Angebotspalette erweitern. Die Investitionen am Standort Ranshofen sind Voraussetzung für die Fortsetzung des profitablen Wachstums­kurses, den die AMAG unter dem langjährigen Generaldirektor Gerhard Falch eingeschlagen hat. Mit der Bestellung des international erfahrenen Aluminium-Managers Helmut Wieser zum CEO konnte die Voraussetzung für eine synergetische Weiterentwicklung der erfolgreichen Unternehmensstrategie geschaffen werden. Die Semperit AG Holding konnte die bedeutende Akquisition des Jahres 2012, Latexx Partners Berhad mit Sitz in Kamunting im nördlichen Malaysia, erfolgreich integrieren. Der Umbau und die Verstärkung des Management-Teams des Semperit-Konzerns konnte unter Führung von CEO Thomas Fahnemann abgeschlossen werden. Somit wurde auch die personelle Basis für die weitere Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gelegt. Das Rekordergebnis des Jahres 2013 schließt an die Erfolge der vergangenen Jahre an und die solide Bilanzstruktur ist die Basis für die kontinuierliche Umsetzung der Wachstumsstrategie, vor allem auch im Industriegeschäft.

Lotterien GmbH beobachten wir aufmerksam die Diskussion über eine mögliche Neuordnung des Glückspielgeschäftes in Österreich. Als Kernaktionär von drei global tätigen Industrieunternehmen achten wir besonders auf die zunehmende Geschwindigkeit, mit der sich Rahmenbedingungen verändern. Im laufenden Jahr 2014 wird einerseits die Transformation der chinesischen Wirtschaft und deren Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum, andererseits die Auswirkung der möglichen Änderung der Politik der Fed auf Währungen, Zinsen und damit verbunden auf die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie­ standorten und Investi­tionsentscheidungen im Fokus der Beobachtung stehen. Unter diesen Perspektiven haben wir in der B&C Industrieholding die Aufgabe, unter Beibehaltung unserer langfristigen Strategie in erster Linie dem Erhalt und dem Ausbau der Stärke und der Beweglichkeit unserer Kernbeteiligungen Aufmerksamkeit zu schenken.

Im Bereich der B&C Non-Core-Beteiligungen wurde die Minderheitsbeteiligung an der VA Intertrading AG im Jahr 2013 an eine Tochter einer österreichischen Privatstiftung verkauft. Bezüglich der Österreichische

Das Jahr 2013 war herausfordernd und brachte neue Aspekte in unsere Arbeit, die teilweise von großer Anspannung geprägt war. Wir wollen uns bei unseren Mitarbeitern für ihre Unterstützung und ihren großartigen Einsatz bedanken, bei den Führungskräften und Aufsichtsratskollegen unserer Beteiligungsunternehmen für die gemeinsame Verfolgung langfristiger Ziele und beim Vorstand der B&C Privatstiftung und unseren Aufsichtsräten für Unterstützung und Vertrauen.

Michael Junghans Vorsitzender der Geschäftsführung B&C Industrieholding

Patrick F. Prügger Mitglied der Geschäftsführung B&C Industrieholding

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b&c | jahrbuch 2013

Die Organe der Gesellschaft

Geschäftsführung Michael Junghans Patrick F. Prügger

| Vorsitzender der Geschäftsführung | Mitglied der Geschäftsführung

Aufsichtsrat Erich Hampel Georg Bauthen Werner Floquet Wolfgang Hofer Josef Krenner

| | | | |

Vorsitzender des Aufsichtsrates Stellvertreter des Vorsitzenden des Aufsichtsrates Mitglied des Aufsichtsrates Mitglied des Aufsichtsrates Mitglied des Aufsichtsrates

Die B&C und ihre Beteiligungen

Kernbeteiligungen

Weitere Beteiligungen

AMAG Austria Metall AG

Österreichische Lotterien GmbH

40,9 %

Lenzing Aktiengesellschaft

67,6 %

B&C

Semperit AG Holding

7,9 %

Vamed AG

54,2 %

10 %

Beteiligungen der B&C Industrieholding per 30.06.2014 Beteiligung am Grundkapital in Prozent

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Kennzahlen der B&C Gruppe (nach IFRS, Konzern)

in Mio EUR

2009

2010

20111

2012

2013

Veränd. VJ in %

Betriebsleistung 1.926,5 2.647,3 3.109,1 3.067,3 3.333,0 EBITDA 299,0 517,1 545,9 479,1 440,8 EBITDA-Marge 15,5 % 19,5 % 17,6 % 15,6 % 13,2 % 180,2 378,7 395,5 317,3 126,3 EBIT EBIT-Marge 9,4 % 14,3 % 12,7 % 10,3 % 3,8 % Ergebnis nach Steuern 239,5 23,53 aus fortgeführten Geschäftsbereichen 101,8 263,5 241,02 Bilanzsumme 2.707,4 3.124,0 3.467,2 3.939,0 4.480,1 Eigenkapital 632,9 922,7 1.647,1 1.779,1 2.038,4 Eigenkapitalquote 23,4 % 29,5 % 47,5 % 45,2 % 45,5 % 16,1 % 34,0 % 18,8 % 13,7 % 2,2 % Return on Equity 12,6 % 22,2 % 18,0 % 11,9 % 3,4 % Return on Capital Employed Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt 13.137 13.460 14.137 15.062 18.434 Investitionen in immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen 177,3 231,2 245,7 361,6 466,9

8,7 % -8,0 % – -60,2 % –

1 Rückwirkende Anpassungen: Die Werte für 2011 wurden angepasst. Die Werte für 2008 bis 2010 wurden nicht angepasst. Ab 2012 wird das Ergebnis aus assoziierten Unternehmen im EBIT und nicht mehr im Finanzergebnis ausgewiesen. Vorzeitige Anwendung IAS 19 in der Semperit Gruppe 2 Enthält eine außerordentliche Abschreibung aufgrund von Wertminderung bei assoziierten Unternehmen iHv 49 Mio EUR 3 Enthält eine außerordentliche Abschreibung aufgrund von Wertminderung bei Firmenwerten iHv 95,7 Mio EUR

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-90,2 % 13,7 % 14,6 % – – – 22,4 % 29,1 %


b&c | jahrbuch 2013

Kurzfassung Konzernbilanz zum 31. Dezember 2013 (Auszug aus der IFRS-Bilanz)

in TEUR

31.12.2013

31.12.2012

AKTIVA

4.480.133

3.938.988

Langfristiges Vermögen Immaterielle Vermögenswerte Sachanlagen Anteile an assoziierten Unternehmen Andere Finanzanlagen Forderungen aus laufenden Ertragsteuern Forderungen und sonstige Vermögenswerte Aktive latente Steuern Kurzfristiges Vermögen Vorräte Forderungen aus laufenden Ertragsteuern Forderungen und sonstige Vermögenswerte Wertpapiere Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente Zur Veräußerung bestimmte Vermögenswerte

2.658.815 370.627 2.073.848 72.316 42.933 18.002 26.762 54.327

2.329.462 382.523 1.551.600 278.257 76.849 9.057 11.064 20.112

1.821.318 660.852 19.952 568.113 29 569.943 2.429

1.609.526 442.052 21.164 492.140 2.059 646.472 5.639

in TEUR

31.12.2013

PASSIVA Eigenkapital 2.038.421 468.442 Stammkapital Kapitalrücklagen 159.325 Rücklagen aus sonstigem Ergebnis -14.453 449.059 Gewinnrücklagen -16.940 Anteil der Gesellschafter der B&C Gruppe am Konzernergebnis Anteil der Gesellschafter der B&C Gruppe am Eigenkapital 1.045.433 992.988 Nicht beherrschende Anteile Investitionszuschüsse 26.025 Langfristige Schulden 1.539.313 183.651 Verpflichtungen gegenüber Dienstnehmern Rückstellung für latente Steuern 80.021 Andere Rückstellungen 48.716 1.064.278 Finanzverbindlichkeiten 41.184 Andere Verbindlichkeiten Kündbare nicht beherrschende Anteile 121.463 Kurzfristige Schulden 876.374 Verpflichtungen gegenüber Dienstnehmern 9.074 44.032 Rückstellung für laufende Steuern Andere Rückstellungen 176.141 253.783 Finanzverbindlichkeiten 392.863 Andere Verbindlichkeiten Kündbare nicht beherrschende Anteile 481 Schulden in direktem Zusammenhang mit zur Veräußerung gehaltenen Vermögenswerten 0 4.480.133

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31.12.2012

1.779.101 468.442 159.325 2.977 337.912 134.078 1.102.735 676.366 28.952 1.376.085 153.566 47.828 38.557 964.414 32.663 139.057 736.154 6.654 85.343 104.092 228.061 312.004 0 18.696 3.938.988


b&c | jahrbuch 2013

Konzern-Gewinn-und-Verlust-Rechnung für das Geschäftsjahr 2013 4 (nach IFRS)

in TEUR

31.12.2013

31.12.2012

Umsatzerlöse Bestandsveränderungen Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge Betriebsleistung

3.189.794 14.045 54.546 74.630 3.333.015

2.920.346 6.291 59.327 81.382 3.067.346

Materialaufwand und Aufwand für bezogene Leistungen Personalaufwand Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte Sonstige betriebliche Aufwendungen Ergebnis aus Anteilen an assoziierten Unternehmen Ergebnis aus Erstkonsolidierung Ergebnis aus Endkonsolidierung Betriebsergebnis (EBIT)

-1.997.486 -549.195 -314.583 -408.572 17.959 19.260 25.865 126.263

-1.804.857 -441.463 -161.834 -370.255 21.846 0 6.507 317.290

Sonstiges Finanzergebnis Auf kündbare nicht beherrschende Anteile entfallendes Ergebnis Finanzergebnis Ergebnis vor Steuern Steuern vom Einkommen

-40.765 -6.347 -47.112 79.151 -36.287

-21.432 2.308 -19.124 298.166 -64.051

Konzernergebnis davon entfallend auf Gesellschafter der B&C Gruppe davon aus aufgegebene Geschäftsbereiche

42.864 -16.940 19.404

234.115 134.078 -5.378

4 Gemäß § 281 (2) UGB weisen wir darauf hin, dass es sich bei dieser Konzern-Gewinn-und-Verlustrechnung um einen Auszug aus dem in gesetzlicher Form erstellten Konzernabschluss handelt, der geprüft und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen wurde. Die Veröffentlichung des Konzernabschlusses ist noch nicht erfolgt, sie wird beim Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien sowie im Amtsblatt der Wiener Zeitung erfolgen.

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B&C Industrieholding GmbH Palais Ephrussi, Universitätsring 14 1010 Wien, Ă–sterreich Tel. +43 1 531 01-0, Fax +43 1 531 01-102 E-Mail office@bcholding.at www.bcholding.at

Fotos Christina Anzenberger-Fink, Toni Anzenberger, Hertha Hurnaus, AMAG Austria Metall AG, Lenzing Aktiengesellschaft, Semperit AG Holding Illustrationen Masha Manapov/carolineseidler.com, Artur Bodenstein/carolineseidler.com Grafische Gestaltung Robert Six Gesamtverantwortung Scholdan & Company Redaktionsschluss: 30. Mai 2014

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