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Worauf man bei Bewerbungsunterlagen achten muss, damit sie auch Maschinen lesen können

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«Computer können keine Bauchentscheide fällen»

Wer sich im neuen Jahr beruflich verändern will, sollte seine Bewerbungsunterlagen richtig vorbereiten. Im digitalen Zeitalter wird die klassische Bewerbung auf Papier immer öfter durch die Online-Bewerbung ersetzt. Ein Gespräch mit dem Dienststellenleiter des Kantonalen Arbeitsamtes Vivian Biner über Künstliche Intelligenz und menschliche Urteilskraft.

INTERVIEW ANDREAS SCHIENDORFER BILDER JEANNETTE VOGEL

Herr Biner, machen schriftliche Bewerbungen im digitalen Zeitalter überhaupt noch Sinn? Vivian Biner: In den meisten Berufen gibt es kaum mehr eine Stelle, um die man sich nicht digital b ewerben kann. Heutzutage werden die Unterlagen normalerweise per E-Mail statt per Post versandt. Bei den grösseren Unternehmen gibt es dazu eigens entwickelte Bewerbungstools. Doch gibt es auch Firmen, welche die Bewerbung noch zugeschickt erhalten wollen. Schriftliche Dokumente vermitteln zusätzliche Informationen über den Bewerber, insbesondere durch die Handschrift, aber auch die Wahl des Papieres, die Art der Darstellung. Für die Beurteilung einer zukünftigen Führungskraft kann dies beispielsweise durchaus sinnvoll sein.

Trotz dieser teilweisen «Ehrenrettung» gibt es wohl keinen Schritt zurück, das heisst wieder weg von den anonym wirkenden digitalen Bewerbungen … Biner: Das ist auch richtig so. Es kommt nicht selten vor, dass sich Hunderte Personen um eine Stelle bewerben. Die Prüfung der Dossiers bindet viele Ressourcen und ist dementsprechend kostspielig. Da macht der Einsatz eines Bewerbungstools durchaus Sinn.

Es ist aber – trotz aller Künstlichen Intelligenz – für manche ein eher unheimliches Gefühl, wenn ein Computer über die eigene Bewerbung entscheidet. Das verstärkt das Gefühl der Ohnmacht … Biner: Es geht bei diesen Tools um eine Vorselektion, um das Aussortieren von Bewerbungen. Es sind immer Menschen, welche die entsprechenden Kriterien definieren: sowohl die unbedingt geforderten Kompetenzen (skills) als auch allfällige ausschliessende Faktoren wie etwa das Alter. Der Roboter überprüft dann die Dossiers nach diesen objektiven Kriterien – unbestechlich und fehlerfrei.

Also aus Ihrer Sicht ein eindeutiges Ja zu den Bewerbungstools. Oder kommt noch ein Aber? Biner: Es kann sein, dass jemand eine der geforderten Kriterien, beispielsweise hinsichtlich der Ausbildung oder der beruflichen Erfahrung, nicht vollumfänglich erfüllt und deshalb bei der Vorselektion aus dem Rennen fällt, obwohl der Kandidat oder die Kandidatin, alles in allem betrachtet, für die Stelle bestens geeignet wäre. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass dies auch bei einer durch Menschen vorgenommenen ersten Selektion passieren kann. Es hat niemand Zeit, alle Dossiers bis ins letzte Detail zu studieren und sich eine ganzheitliche Meinung zu bilden, um einen allfälligen Quereinsteiger zu entdecken. Man sucht ebenfalls nur nach gewissen Stichworten.

Können solche Tools auch weitere Entscheidungsgrundlagen liefern? Biner: Es findet auch auf diesem Gebiet laufend eine Weiterentwicklung statt. Beispielsweise strukturierte Interviews über Skype, bei denen Mimik und Gestik der Person durch einen Roboter analysiert werden.

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Tipps für eine erfolgreiche digitale Bewerbung

Sich mehr mit den eigenen Stärken und Zielen auseinandersetzen als mit den vermeintlichen oder vorhandenen Schwächen. Beim Motivationsschreiben strukturiert und in klarer Sprache vorgehen, weil der Computer möglicherweise Gedankensprünge nicht erkennen kann. Der Lebenslauf sollte lückenlos sein, allfällige Auszeiten sind zu deklarieren. Geben Sie Schreibfehlern überhaupt keine Chance. Dokumente wie Lebensläufe immer als pdf, nie als Word/Excel versenden. Eine sinnvolle Benennung der Datei spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Ein optimaler Dateiname könnte beispielsweise so aussehen: Lebenslauf_Vorname_Name.pdf.

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Doch den letzten Entscheid fällt immer ein Mensch? Biner: Das ist so. Es sind ja nicht nur sogenannte harte Faktoren entscheidend, sondern auch weiche. Wie stark diese gewichtet werden, ist unterschiedlich. Doch die neue Führungskraft, der neue Mitarbeiter muss ja auch ins Team und zum ganzen Unternehmen passen. Das sind Bauchentscheide, die kein Computer fällen kann. Die Frage ist einfach, zu welchem Zeitpunkt man die menschliche Urteilskraft ins Spiel bringt.

Immer später, lautet wohl die Antwort, wenn wir die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz in Betracht ziehen… Biner: Die Antwort lautet: Es gibt keine eindeutige Antwort. Die Bewerbungstools werden laufend verbessert und dementsprechend auch weitergehend eingesetzt. Aber in unserer beruflichen Praxis bemerken wir auch das Gegenteil. Der vierteljährlich stattfindende Jobjäger-Anlass, bei dem man jeweils rund 60 Stellensuchende persönlich treffen kann, erweist sich als ein schöner Erfolg und wird auch von Personalverantwortlichen von Grossunternehmen genutzt. Ich habe selbst darüber gestaunt, wie schnell man sich bei einem persönlichen Gespräch eine Meinung über den Stellensuchenden bilden kann – und wie schnell diese Gespräche von den schematischen Analysen vordefinierter Kriterien abweichen und eine wohltuende Eigendynamik entwickeln. Ich habe es miterlebt, wie der Traum einer Kandidatin, Chefsekretärin bei einem Grossunternehmen zu werden, erfüllt wurde, obwohl sie bei einer digitalen Bewerbung höchstwahrscheinlich bereits bei der Vorselektion ausgeschieden wäre.

«SCHUMMELEIEN WAREN UND SIND NIE AUSZUSCHLIESSEN, DOCH MACHEN SIE LETZTLICH KEINEN SINN.»

Irgendwie haben wir das Gefühl, eine digitale Bewerbungsplattform lade zum Nachbessern ein, etwa mit dem Photoshop oder unechten Zertifikaten. Biner: Schummeleien waren und sind nie auszuschliessen, doch machen sie letztlich keinen Sinn. Wenn es sich um wesentliche Entscheidungsfaktoren handelt, kommen sie früher oder später doch ans Licht und wirken dann kontraproduktiv oder stellen gar eine strafbare Urkundenfälschung dar. Eine Frage, die sich bei uns beim RAV allerdings regelmässig stellt, ist, wie weit man den Be werbern, welche die deutsche Sprache nicht sehr gut beherrschen, helfen soll. Eine Bewerbung muss so gut formuliert sein, dass sie vom Computer und von den Entscheidungsträgern verstanden wird; gleichzeitig muss sie aber dem Bewerber oder der Bewerberin entsprechen. Das ist in der Praxis oft eine Gratwanderung. Ziel muss grösstmögliche Authentizität sein.

Das gilt beispielsweise auch beim Lebenslauf. Bei diesem geht es nicht nur um Schlüsseldaten der Aus- und Weiterbildung, sondern auch um eine Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit und mit den eigenen Stärken. Das hinterlässt einen positiven Eindruck und hilft einem auch selbst.

Können Sie etwas zum Zeitpunkt der Einreichung sagen? Sind eher die früheren Bewerbungen bevorteilt oder eher die späteren? Biner: Für den Computer sollte der Zeitpunkt der Einreichung keine Rolle spielen. Aber für mich als Arbeitgeber wäre es eher verdächtig, wenn eine Bewerbung wenige Minuten nach Aufschaltung eines Inserats hereinkommt. Dann handelt es sich wohl um eine standardisierte Bewerbung, die man gleich im Dutzend an potenzielle Arbeitgeber schickt. Man möchte aber spüren, dass sich der Bewerber mit dem Unternehmen auseinander

VIVIAN BINER, Dienststellenleiter Kantonales Arbeitsamt, sieht den effizienten Einsatz der personellen Ressourcen bei der Online-Bewerbung, doch wird zuletzt immer die menschliche Urteilskraft entscheidend sein.

gesetzt hat und wirklich überzeugt davon ist, sich beim «richtigen» Ort beworben zu haben. Diese Auseinandersetzung fliesst automatisch in die Bewerbung ein, ohne dass man das Rad deswegen völlig neu erfinden müsste.

Können wir eine Art Fazit ziehen? Biner: Die Arbeitgeber sollten bei der Festlegung der Entscheidungskriterien darauf schauen, dass sie Bewerbungen von Quereinsteigern nicht im Vorneherein verunmöglichen. Ich selbst betrachte mich auch als Quereinsteiger. Ich habe meinen beruflichen Wechsel nie bereut, gehe jeden Tag motiviert zur Arbeit und bin überzeugt, immer wieder Neues dazuzulernen. Motivation und Leistungsbereitschaft sind Faktoren, von denen auch der Arbeitgeber profitieren sollte.

Wir Menschen haben einen ausgeprägten Hang zur Selbstkritik, das ist – nicht nur – bei der Stellensuche hinderlich. Die Stellensuchenden sollten sich, statt sich in Selbstzweifeln zu quälen, vielmehr um grösstmögliche Authentizität bemühen, sich mit dem Unternehmen und sich selbst auseinandersetzen – und die Stellensuche mit einer positiven Grundeinstellung angehen. 

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