Die Vermesser Für das Gelingen einer Opernaufführung müssen viele, sehr viele Dinge vermessen werden. In der Spielzeit 2015/16 schildern Mitarbeiter der Oper in MAX JOSEPH ihr Handwerk.
Foto Wilfried Hösl
Text Christiane Lutz
Folge 2: Bühnen-Konstrukteur Peter Buchheit Auch das schönste Bühnenbild zerlegt Peter Buchheit zuallererst in seine Einzelteile. Gedanklich zumindest, denn das ist für seine Arbeit von größter Wichtigkeit. Die entscheidenden Maße, die er dafür im Kopf haben muss, sind 9,50 Meter mal 2,50 Meter mal 2,20 Meter: die Maße der Container, in die die Bühnenteile verladen werden, und in denen sie hin und her transportiert werden zwischen den Werkstätten, dem Lager im Münchner Vorort Poing und der Oper. „So groß die Staatsoper auch ist, sie hat nie genug Platz, alle Bühnenbilder der laufenden Produktionen im Nationaltheater aufzubewahren“. Der Diplom-Ingenieur Peter Buchheit ist Konstrukteur. Das bedeutet, er wandelt die Visionen und Entwürfe der Bühnenbildner in konkrete Zahlen und Maße um und erstellt die Konstruktionspläne für die Bühnenbilder. Diese gibt er an die Werkstätten weiter, wo die einzelnen Teile hergestellt werden. Das Werkzeug, mit dem er Maße ermittelt und technische Zeichnungen erstellt, heißt „Computer Aided Design“, also computerunterstütztes Design, kurz „CAD“, und ist eine Software. In seinem spärlich eingerichteten Büro erstellt Peter Buchheit an zwei Bildschirmen die kompliziertesten Bauteile in 3-D. Zwei Bildschirme sind praktischer, weil er so an einem Monitor Werte berechnen und sie am anderen gleich ins 3-D-Modell einsetzen kann. Berücksichtigen muss er dabei die Bedingungen des Bühnenraumes, also die Bühnenhöhe, -tiefe und -breite, dann die Containergröße, die Größe der Bühnenwägen, auf denen Bühnenteile transportiert werden können und die Wünsche des Bühnenbildners. Viele der übrigen Einzelmaße ergeben sich dann ganz automatisch. Per Mausklick konstruiert Peter Buchheit drehbare Wände, Flugbahnen für Drachen, fahrende Betten und eine Vorrichtung, an der ein purpurroter Vorhang heruntergelassen werden und ein ganzes Zimmer auskleiden kann, wenn gewünscht. So wie im Bühnenbild für Der f eurige Engel. Was dabei geht und was nicht, müssen die Bühnenbildner mit Buchheit aushandeln. „Wenn einer eine zwölf Meter hohe Wand will, kriegt er die, aber dann machen wir irgendwo anders Kompromisse“, sagt er. Zwölf Meter Höhe sind deshalb schwierig, weil das nicht durch die Türen passt, „da muss dann etwas ab- und wieder draufmontiert werden.“ Kunst ist eben immer auch eine Frage des Verhandlungsgeschicks. Und dann ist da noch die Sache mit der Zeit. Ein Bühnenbild muss sich nämlich in etwa zweieinhalb Stunden aufbauen lassen, sonst ist es für den Opernalltag, wo morgens etwas anderes geprobt als abends gespielt wird und ständig Umbauten stattfinden, untauglich. Auch dieses Maß behält Buchheit im Auge. „Der wichtigste Moment für mich ist die Technische Einrichtung, etwa vier Wochen vor der Premiere“. Da werden alle von ihm berechneten Teile zum ersten Mal auf der Opernbühne im Nationaltheater zusammengebaut. „Wenn man sieht, dass alles aufgeht, ist das wunderbar. Wenn nur ein Teil übersteht, dann habe ich mich vermessen.“
Eine Fülle von Maßen muss der Konstrukteur Peter Buchheit berücksichtigen, wenn er die Pläne zum Bau der Bühnenbilder erstellt.
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