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Die missbräuchliche Kündigung

Die missbräuchliche Kündigung ist nicht zu verwechseln mit der fristlosen Kündigung. Während bei der fristlosen Kündigung das Arbeitsverhältnis per sofort endet, wird bei missbräuchlichen Kündigungen die vertragliche Kündigungsfrist korrekt eingehalten.

TEXT: Martin Basler, Rechtsanwalt

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Bei der missbräuchlichen Kündigung wird diese jedoch aus einem Grund ausgesprochen, welchen das Gesetz als verwerflich anschaut. In Artikel 336 des Obligationenrechts (OR) finden sich zwei Listen von Gründen, weshalb eine Kündigung missbräuchlich sein kann. Daneben kann eine Kündigung aber auch in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen und aus diesem Grund zu einem Entschädigungsanspruch führen.

In der Schweiz herrscht, anders als zum Teil im nahen Ausland, Kündigungsfreiheit. Ein Arbeitgeber braucht keinen besonderen Grund um eine Kündigung aussprechen zu können. Wird eine Kündigung als missbräuchlich beurteilt, so kann der Richter eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen festlegen, welche die kündigende Partei (üblicherweise die Arbeitgeberin) der gekündigten Partei (üblicherweise dem Arbeitnehmer) bezahlen muss. Diese Zahlung erfolgt zusätzlich zu den üblichen Lohnansprüchen und ist ohne Sozialversicherungsabzüge auszubezahlen.

Der Kündigungsgrund ist nicht immer einfach zu erkennen. Im Zweifel sollte man daher bei der Arbeitgeberin eine schriftliche Begründung der Kündigung verlangen. Die Arbeitgeberin ist hierzu verpflichtet (Artikel 335 Absatz 2 OR). Noch schwieriger ist aber zu erkennen, ob der Kündigungsgrund missbräuchlich ist, weshalb wenn immer möglich rasch rechtliche Unterstützung in Anspruch genommen werden sollte.

Liegt ein Grund vor, der die Kündigung als missbräuchlich erscheinen lässt, müssen zwei verschiedene Fristen unbedingt eingehalten werden.

1. Frist: Spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber schriftlich und am besten eingeschrieben Einsprache gegen die Kündigung erheben (dies mit sinngemässem Wortlaut wie folgt: « … Ich erhebe gegen die Kündigung vom XX.XX.2023 Einsprache und fechte diese an, weil ich sie als missbräuchlich erachte.» Die Einsprache muss spätestens am letzten Tag der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber eingehen. Es reicht also nicht, die Einsprache am letzten Tag der Kündigungsfrist bei der Post aufzugeben. Am besten plant man mindestens eine Woche für die Zustellung ein. Mit der Einsprache kann lediglich die Missbräuchlichkeit der Kündigung geltend gemacht werden, hingegen führt die Einsprache grundsätzlich nicht zu einem Wegfall der Kündigung.

2. Frist: Findet man mit der Arbeitgeberin keine Lösung, muss innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Arbeitgeberin geklagt werden. Hierzu reicht bereits die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens. Zur Einhaltung der 180tägigen Frist reicht die Postaufgabe am letzten Tag der Frist. Es ist auch hier zu empfehlen, die Klage bzw. das Schlichtungsgesuch per Einschreiben einzureichen.

Wird eine dieser beiden Fristen nicht eingehalten, ist der Anspruch auf Entschädigung

MARTIN BASLER, Rechtsanwalt

verwirkt, d. h. auch wenn eine missbräuchliche Kündigung vorliegen sollte, müsste die Arbeitgeberin keine Entschädigung bezahlen.

Fazit: Erhalten Sie eine Kündigung und empfinden Sie diese als missbräuchlich, so sollten Sie sich möglichst rasch rechtlich beraten lassen. Ergibt die Abklärung, dass möglicherweise eine missbräuchliche Kündigung vorliegt, ist (1) umgehend Einsprache gegen die Kündigung zu erheben. Gerade bei kurzen Kündigungsfristen von z. B. einem Monat passiert es nur allzu schnell, dass die Frist zur Einsprache abgelaufen ist. Ist das Arbeitsverhältnis dann zu Ende, sollten Sie sich (2) das Ende der 180tägigen Frist zur Klage fett in die Agenda eintragen. Nur allzu oft, verging die Zeit schneller als gedacht und der Anspruch auf eine Entschädigung löste sich in Luft auf.